Limerance von Alyeskah (The initial thrill of falling in love) ================================================================================ Kapitel 5: Razbliuto -------------------- - The feeling one has about a person they onced loved, but no longer feel anything for - 25. März 13:20 Ich habe Sam schon mal nach Hause geschickt und warte nun auf Chris. Hoffentlich hat er wirklich mit Lucy geredet … Und dabei keine böse Überraschung erlebt! Jetzt, im Nachhinein, finde ich die Idee, dass er alleine mit ihr spricht, immer schlechter. Warum habe ich zugestimmt? Warum nur? Ich weiß selbst nicht, was in mich gefahren ist, aber ich würde es verdammt gern rückgängig machen. Wenn Chris jetzt etwas passiert, ist es allein meine Schuld. Fast schon automatisch fahre ich mit der Hand in meine Haare und ziehe ein paar aus der Kopfhaut. Die rote Farbe lässt nach, aber irgendwie habe ich keine Lust, sie nachzufärben. Und nach fast vier Jahren wieder die normale Farbe annehmen zu können, tut meinen verbliebenen Haaren vielleicht ganz gut. Irgendwelche Idioten gaffen mich an, aber ich ignoriere sie. Wäre ich einer von ihnen, würde ich wohl auch denken, so ein Typ, der allein auf dem Schulhof steht – und das nach Schulschluss – und sich schlecht gelaunt Haare rausreißt, der muss doch einen an der Klatsche haben. Als sie aber stehen bleiben und starren, werfe ich ihnen meine finstersten Blicke zu. Ich bin doch kein Ausstellungsstück! Bevor ich aber etwas sagen kann, kommt Chris. 13:28 „Solange, wie ihr geredet habt, muss ja etwas Produktives dabei rausgekommen sein“, begrüße ich ihn. Die Gaffer wechseln ihre, schließlich ist es Chris Rehberg, mit dem ich da rumstehe. Halleluja, die sollen sich bitte Hobbies suchen. „Na ja, nicht wirklich… Ich habe noch Svea getroffen“, gesteht er und schaut mich ein bisschen reumütig an. Ob es wegen meiner offensichtlichen Abneigung gegen seine Freundin oder der Tatsache, dass er sich nicht an den Plan gehalten und mich unnötig hat warten lassen, ist, weiß ich nicht und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht. Ich bin schon gereizt genug. Meine Wut kann ich aber nicht an ihm auslassen … Der Ausdruck in seinen Augen hält mich davon ab. „Sie hat ihrer Schwester wirklich die Haare abgeschnitten“, flüstert er erstickt. „Ich habe Mira gesehen. Früher waren sie hüftlang und jetzt sind sie so kurz wie die eines Jungen.“ „Was hat Lucy dazu gesagt?“ „Nicht viel. Dass ich einen Fehler mache. Dass sie mich noch liebt. Dass sie der einzige Mensch auf Erden ist, der alles von mir weiß. Und so weiter. Dabei hatte sie so ein gruselige Funkeln in den Augen.“ Er verzieht das Gesicht. „Dass sie alles weiß …?“, wiederhole ich langsam und mir kommt ein erschreckender Gedanke. „Hat sie auch etwas wegen Svea gesagt?“ „Dass sie mich nicht verdient hat, nicht gut genug für mich ist und so einen Mist.“ „Glaubst du, sie will … also, glaubst du, sie will ihr etwas … antun?“, frage ich vorsichtig. Wahrscheinlich würde Svea mir sogar leidtun. Sie kann ja nichts für … alles. Und ich habe keine guten Gründe, sie zu verachten. Verdammt, ja, ich weiß es, aber … Chris … Ach, scheiße. Was soll’s. Svea hat es nicht verdient, dass Lucy so eifersüchtig ist. Chris erstarrt und wird leichenblass. „Ich hoffe nicht“, sagt er leise, „bitte, bitte nicht.“ Ich beiße mir auf die Zunge und wende mich ab. „Wir sollten nach Hause gehen.“ 16:40 Svea ist da. Sie und Chris sitzen in seinem Zimmer und ich kann hören, wie sie sich küssen, wie sie lachen. Anscheinend hat Chris seine Angst vergessen, während ich mir Sorgen um ihn mache und über Lucy nachdenke. Warum mache ich das eigentlich? Wütend werfe ich ein Kissen gegen die Wand, die mein Zimmer von seinem trennt, aber sie bemerken es nicht. Oder wollen es nicht bemerken. 17:03 Sie stehen vor dem Haus, im perfekten Winkel, sodass ich sie von meinem Fenster aus sehen kann. Chris‘ Lippen müssen ja süchtig machen, so wie Svea an ihnen klebt. 17:05 Und ich hatte Angst um sie, wegen Lucy? Pff. Soll sie doch verschwinden! 17:11 Ich komme gerade aus dem Bad, als Chris an mir vorbeiläuft. Er nickt mir zu, mit dem typischen Strahlen eines Verliebten. Am liebsten würde ich ihm das Grinsen aus dem Gesicht wischen, aber die Worte bleiben mir im Hals stecken. Er braucht mich nicht, um glücklich zu sein. 18:33 „Chris, kommst du mal bitte?“ Auweia. Ich erkenne diese Tonlage genau – ruhig, sachlich. Wenn meine Mutter so spricht, hat das nichts Gutes zu bedeuten. Schnell stehe ich auf, lege meinen Skizzenblock beiseite und gehe in die Küche, um zuzuhören. 18:35 „Kannst du mir erklären, was das ist?“ Meine Mutter wedelt mit einem Briefumschlag vor Chris‘ Gesicht herum. Ich kann mir denken, was es ist und bete, dass nichts allzu schlimmes drinsteht. „Nein“, antwortet er in der gleichen ruhigen Tonlage, aber ich sehe seine Anspannung, „gib ihn mir.“ „Christian! Da stehen Drohungen, mit so etwas ist nicht zu spaßen!“ Sie weiß, wovon sie redet. Viel zu oft habe ich solche Briefe bekommen und mein blaues Wunder erlebt. Darum bin ich eigentlich froh, dass sie das Ding gefunden hat. Jetzt muss er ihr alles erzählen und dann kann sich Lucy auf etwas gefasst machen. „Hast du noch mehr bekommen?“, fragt sie, als er schweigt, den weißen Umschlag fixierend. Chris zögert und schüttelt den Kopf. Warum? Warum zum Teufel sagst du es ihr nicht, du Idiot? „Ehrlich?“, hakt sie nach. Bitte, sag‘ es ihr! „Nein. Gib mir den Brief, Alessa.“ Seine Stimme klingt emotionslos und sie starren sich eine Zeit lang in die Augen. Erst als meine Mutter ihm um 18:40 den Brief gibt, realisiere ich, dass ich die Luft angehalten habe, stoße sie eilig aus und atme ein paar Mal hektisch durch, bis ich mich wieder beruhigt habe. Sie lässt ihn aber nicht los und Chris zieht nicht. „Weißt du, woher der ist?“, will sie wissen. Wieder schüttelt er den Kopf. Ich kralle mir die Fingernägel in die Handfläche, als ich meine Hände zu Fäusten balle. „Hast du Vermutungen?“ „Nein. Vielleicht war es ja ein Missverständnis.“ Ungläubig zieht meine Mutter die Augenbrauen hoch und wirft mit einer ruckartigen Bewegung ihr kupferfarbenes Haar nach hinten. „Erstens steht da dein Name drauf und zweitens kann ich beim besten Willen nichts, rein gar nichts missverständliches an diesem Text erkennen. Verkaufe mich nicht für dumm, Christian!“ Langsam wird ihre Stimme drohend, aber Chris lässt sich nicht einschüchtern und auch er wird deutlich kühler. „Lass los, Alessa. Du bist nicht meine Mutter und hast mir nichts zu sagen, also halte dich aus meinen Angelegenheiten heraus!“ Entgeisterung ist in ihren Augen zu lesen, als sie nachgibt. „Allerdings geht es deinen Vater sehr wohl etwas an und ich werde nicht zögern, ihm davon zu erzählen“, ist das letzte, was sie sagt, bevor sie sich umdreht und die Küche verlässt. Schnell gehe auch ich in mein Zimmer. Chris bleibt stehen und starrt auf das beschriebene Papier, das in seinen Händen bebt. 19:00 Zu gern würde ich wissen, was da stand, aber irgendwie traue ich mich nicht, Chris um den Brief zu bitten. Immer wieder lasse ich das Gespräch zwischen ihm und meiner Mutter Revue passieren und versuche, daraus etwas zu schließen. Eigentlich kann meine Mutter richtig gut mit so etwas umgehen – sie hat schließlich mich zum Sohn – und wenn sie so um Beherrschung kämpfen muss, scheint es eine wirklich ernste Drohung zu sein. Ich bin mal gespannt, was sie mit Robert besprechen wird. 22:00 Das einzige Thema, über das die beiden Erwachsenen heute Abend gesprochen haben, war Roberts Vorstellungsgespräch. Kein einziges Wort ist über Chris gefallen, der sich seither in seinem Zimmer verkrochen hat und jetzt liegen sie alle im Bett und schlafen vielleicht und ich werde von Neugier und Sorge überfallen. Warum sagt er nichts über Lucy? Klar, sie waren mal zusammen, eine ziemlich lange Zeit sogar und fast jeder wünscht sich, mit seinen Exfreunden im Guten zu bleiben. Aber mit Lucy ist das nun mal unmöglich, darum verstehe ich nicht, warum er sie quasi beschützt! Egal, wie in welche Richtung ich überlege, ich komme auf keine Lösung. Am liebsten würde ich zu ihm rübergehen, aber ich weiß nicht, ob er mich sehen will. 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