The Fall of Ideals von Yayoi ================================================================================ Kapitel 6: The Fall of Frontiers -------------------------------- „Komm schon, Colt! Wir sind spät dran!“, rief Fireball von draußen und hupte. Trotz der Eile strich Liz noch einmal über Colts frisch rasierte Wange und entfernte nicht sichtbare Staubflocken von seiner Uniformjacke. Sie wollte, dass er perfekt aussah an diesem wichtigen Tag und sie verstand nicht, wie er so lässig sein konnte. „So siehst du super aus“, beendete sie schließlich zufrieden ihr Zurechtzupfen. „Ich sehe immer super aus“, spaßte Colt, bevor er nach seinem Hut griff und ihr einen kleinen Kuss aufdrückte. „Also dann bis später, meine süße Hexe.“ „Colt! Der bleibt hier!“ Gerade noch rechtzeitig schnappte Liz den Stetson aus seiner Hand und hängte ihn wieder an den Haken. „Wir haben einen Deal, falls du dich erinnerst“, tadelte sie ihn, konnte aber nicht ganz so streng wirken wie sie sein wollte. Das war so typisch für den Cowboy, aber genau deswegen liebte sie ihn so sehr. „Du wärst doch enttäuscht gewesen, hätte ich es nicht versucht“, zwinkerte er ihr zu, bevor er zum Auto ging. „Die Delegation landet in dreißig Minuten“, begrüßte Fireball ihn und gab direkt Gas. Er trug ebenfalls eine Star Sheriff-Uniform und hatte sogar versucht, seine sonst so wirre Frisur unter Kontrolle zu bringen, was ihm halbwegs gelungen war. „April hat mir gerade gesagt, dass das ganze Yuma-Center schon von tausenden Reportern belagert ist.“ „Das ist ja kein Wunder. Sabers Pressemitteilung über das Hilfegesuch der Outrider ist eingeschlagen wie eine Bombe! Seitdem sind alle im Neuen Grenzland aufgedreht wie ein Bienenschwarm.“ „Und ich schätze, das ist erst der Anfang. Wenn die Friedensverhandlungen erst einmal am Laufen sind, dann wird das Ganze bestimmt noch schlimmer.“ „Dahin müssen wir erst einmal kommen“, erinnerte Colt, der sich an einen Griff festhielt, als Fireball mit quietschenden Reifen eine Kurve nahm. Wie Colt es von dem Rennfahrer gewohnt war, fing er den Wagen geschickt ab und er machte sich keine Sorgen darüber, dass sie unpünktlich sein würden. „Ich bin froh, dass du dich auch dazu entschieden hast, den Outridern zu helfen, Partner“, sagte Fireball und lächelte ihn an. „Was blieb mir schon groß für eine Wahl, hm? Gefallen tut es mir allerdings nicht so recht. Ich hoffe nur, dass sie uns diesmal nicht an der Nase herumführen, so wie damals. Und glaub mir, ich werde ein Adlerauge auf die werfen, ganz besonders auf Jean-Claude und Jesse. Diese Typen bleiben mir suspekt und sollte einer von ihnen nur eine falsche Bewegung machen, sind sie fällig.“ Colt fiel es nach wie vor schwer, sich an den Gedanken zu gewöhnen, den Outridern zu helfen. Liz zuliebe wollte er es jedoch versuchen und spielte deswegen mit. Außerdem vertraute er Saber Rider, und Fireball konnte er einfach nicht lange böse sein, so dass ihm nur diese eine Möglichkeit geblieben war. „Das werden sie nicht, da bin ich sicher.“ „Wir werden sehen“, widersprach Colt, als Fireball das Tempo drosselte, denn sie waren am Raumhafen angekommen. Etliche Reportermassen hatten sich am weithin abgeriegelten Eingang versammelt und versuchten Informationen zu ergattern und Fotos zu schießen. In ganz Yuma City bot sich ein ähnliches Schauspiel und die Reporter schienen sich stündlich exponentiell zu vermehren. Fireball hielt an dem Kontrollposten an, bevor es auf das Gelände des Yuma-Raumhafen ging, denn alle Fahrzeuge und Insassen wurden auf mögliche Sprengkörper und Waffen überprüft. Fireball reichte dem Posten ihre Erlaubnis, die sie dazu befähigte, Waffen zu tragen. Trotzdem mussten sie aussteigen, damit jede einzelne Tasche ihrer dunkelblauen Uniformen untersucht werden konnten, dann durften sie endlich passieren. Ihre Aufgabe war es, die Delegation aus der Phantomzone, die aus Jean-Claude, Lilly und Jesse bestand, in Empfang zu nehmen und mit einem kleinen Gleiter zum Yuma-Center zu bringen, wo die Friedenskonferenz stattfinden würde. Colt wäre zwar lieber in seinem Phoenix dorthin geflogen, aber er hätte nicht alle Personen darin unterbringen können. Darüberhinaus war es eine Prinzipsache, dass er keinen Outrider an Bord seines Schiffes haben wollte, auch wenn er jetzt nach außen hin eine andere Meinung vertrat. Er wusste, dass er das Richtige tat, aber es fiel ihm selbst verdammt schwer, daran zu glauben und die alten Vorurteile abzuwerfen. Auf dem Vorfeld war bereits ein großes Begrüßungskomitee zusammen gekommen, nur auf den sonst bei Staatsbesuchen üblichen roten Teppich hatte man verzichtet. „Ich glaube, sie haben das ganze Kavallerie-Oberkommando einschließlich aller Kadetten hierher beordert“, stellte Colt bei dem Anblick leise fest. „So viele Star Sheriffs hab ich noch nie auf einem Haufen gesehen.“ „Keine Ahnung, dieses ganze Tamtam und Brimborium hab ich nie kapiert“, murmelte Fireball. Neben den ganzen Star Sheriffs waren ausgewählte Reporter der größten Zeitungen des Neuen Grenzlandes anwesend, die die Ankunft live übertragen und fotografieren würden. Sämtliche Einwohner der Galaxie richteten in diesem Moment ihre Aufmerksamkeit auf Yuma City und warteten gespannt auf die neuesten Übertragungen aus der Hauptstadt. „Captain Wilcox, Captain Hikari, wie stehen Sie zu dem Ganzen?“ Immer wieder versuchten die Reporter in ihrer Nähe ihnen irgendwelche Kommentare aus der Nase zu ziehen. Langsam war Colt genervt, aber sein Kollege schien sich nur darüber zu amüsieren. „Jetzt weißt du mal wie es mir im Rennzirkus erging“, grinste Fireball. „Man bekommt immer wieder die gleichen Fragen gestellt. Ignoriere sie einfach, und wenn du Glück hast, geben sie irgendwann von selbst auf.“ „DA KOMMEN SIE!“, brüllte ein Reporter, der sich etwas weiter weg postiert hatte. Er deutete in den Himmel, und tatsächlich waren die Umrisse eines Gleiters zu sehen, der langsam herab sank. Colt beobachtete den Landeanflug der Delegation genauso gebannt wie alle anderen. Nacheinander stiegen sie aus und Colt sah, dass ihre Gesichter ernst aussahen. Ihre Kleidung war ähnlich förmlich wie ihre eigene und falls sie unsicher waren, ließen sie es sich nicht anmerken. Fireball setzte sich in Bewegung und ging auf sie zu, um sie in Empfang zu nehmen. „Herzlich willkommen im Neuen Grenzland, Jean-Claude“, begrüßte er sie und reichte ihnen nacheinander die Hand. Colt tat es ihm gleich und bemühte sich, sein Gesicht nicht allzu geringschätzig aussehen zu lassen. „Saber erwartet euch im Yuma-Center und hat uns gebeten, euch dorthin zu bringen.“ „Danke, Fireball“, sagte Jean-Claude schlicht und folgte Fireball mit Lilly zum anderen Gleiter, während Colt mit Jesse die Nachhut bildete. „Du hast deinen Botschafterumhang vergessen, Jesse“, spottete Colt mit einem freundlichen Lächeln, um für die Kameras die Form zu wahren. Die Reporter würden dies allerdings nicht hören können, da sie einen gewissen Sicherheitsabstand zu ihnen einhalten mussten. „Er ist nicht mehr in Mode“, konterte Jesse schlagfertig und ein typisches Blue-Grinsen zuckte um seine Mundwinkel. Colt schob es darauf, dass er diese Farce genauso lächerlich fand wie er selbst. Sie würden sich nie ausstehen können, Frieden hin oder her; wenigstens darin waren einer Meinung. Fireball setzte sich hinter das Steuer, holte die Starterlaubnis und hob in Richtung Yuma-Center ab, nachdem alle auf ihren Plätzen saßen. Alles wurde peinlich genau von den Reportern dokumentiert. „Ich hoffe, ihr habt eure Waffen zu Hause gelassen“, bemerkte Colt spitz, nachdem sie gestartet waren und sie damit nicht mehr durch die Reporter unter Beobachtung standen. „So wie es vereinbart war“, bestätigte Jean-Claude ruhig, der derartige Provokationen erwartet hatte. „Ich hoffe, dass wir hier das Richtige tun“, sagte Colt nur halb zufrieden. Er konnte sich diese Bemerkung nicht verkneifen, zu sehr reizte ihn die Situation an und er musste die Spannung loswerden und sei es nur durch eine solche Unmutsäußerung. „Colt! Das haben wir doch schon tausendfach durchgekaut“, bemerkte Fireball vorwurfsvoll. „Schon gut“, ging Jean-Claude dazwischen. „Ich kann verstehen, dass Colt so denkt und er wird bei weitem nicht der Einzige sein. Es liegt jetzt an uns, das Gegenteil zu beweisen. Das wird ein harter Weg, aber wir scheuen uns nicht davor.“ „Leere Worte“, schnaubte Colt. „Wir werden das Gegenteil beweisen“, versprach Lilly entschlossen, ehe die Situation zu eskalieren drohte. „Es ist uns ernst.“ Jean-Claude war dankbar dafür und lenkte ab, indem er in die Ferne deutete, wo dunkler Rauch zwischen den Hochhäusern aufstieg. „Ich nehme an, dass schon einige Demonstrationen wegen es Treffens stattfinden.“ „Stimmt“, bestätigte Fireball seufzend. „Seit Saber vor einer Woche vor die Presse getreten ist, wird über nichts anderes mehr berichtet. Die alten Geschichten werden aufgewärmt und breitgetreten. Sabers Telefon steht nicht mehr still und die Bevölkerung hat Angst. Es hat schon einige Unruhen gegeben, aber bisher verlief zum Glück alles glimpflich.“ Er steuerte den Gleiter durch die zahlreichen Helikopter, die den Luftraum über Yuma absicherten und landete schließlich auf dem Dach des Yuma-Centers. Bevor er die Türen öffnete, drehte er sich zu den anderen um und lächelte seine Begleiter der Reihe nach an. Ihnen allen stand die Anspannung ins Gesicht geschrieben, jetzt, wo sie nicht unter Beobachtung der Medien standen. Gleich, wenn sie ausstiegen, mussten sie wieder eine professionelle Miene aufsetzen. „Ich wünsche uns allen, dass unser Vorhaben gelingt“, sagte er. „Das wünsche ich uns ebenso, Fireball“, nickte Jean-Claude und drückte ihm kurz die Hand. „Kommt schon, bringen wir es hinter uns“, drängte Colt, dem diese Gespräche zu unrealistisch und fremd waren. Er konnte sich einfach nicht an den Gedanken gewöhnen und trotzdem spielte er das Spiel mit. Immerhin - als er an seine Liz dachte, fiel es ihm sogar ein bisschen leichter. Nacheinander stiegen sie aus und diesmal ging Colt voraus. Auf dem Dach war ein blauer Teppich ausgerollt, der zum Eingang führte, als Eingeständnis an das Protokoll, das es bei Staatsbesuchen zu beachten galt. Auch hier gab es eine Reihe Militärs, die salutierten, als sie sie passierten. Obwohl sich alle formell anstandslos verhielten, meinte Jesse deutlich den Hass zu spüren, der ihnen entgegengebracht wurde. ‚Das war schon mal ein kleiner Vorgeschmack dessen, was uns noch bevorsteht’, dachte er grimmig und behielt nach außen seine unbeteiligte Fassade. „Der hat Nerven hier aufzutauchen“, hörte er einen der Star Sheriffs sagen, kaum dass sie das Gebäude betreten hatten. Lilly sah ihn erschrocken an und auch Fireball drehte sich zu ihm um. Sie hatten es also auch gehört. Sein Blick warnte ihn und die anderen, das auf sich beruhen zu lassen und einfach weiterzugehen. Leicht nickte Jesse, presste seine Lippen zusammen und ging weiter. Ihm war zwar bewusst, dass er nichts anderes zu erwarten hatte, trotzdem schmerzte es ihn, dies in der Realität zu spüren. Er war sicher, dass Jean-Claude und Lilly ebenso empfanden. Vor einer hohen Tür mit zwei Flügeln hielt Colt. „Das ist der Konferenzsaal. Jetzt wird es ernst.“ Jean-Claude schluckte trocken und er spürte wie sich seine Anspannung steigerte. Er erinnerte sich an die seine Frage, die er im Red-Wing-Gefängnis gestellt hatte, nachdem April und Lilly ihre Idee vorgebracht hatten. „Was soll es bringen, wenn ich die Bitte wiederhole?“, hatte er gefragt, woraufhin Saber ihn mit einem undefinierbaren Blick ansah. „Es ist eine Prüffrage an die Menschheit: Glaubst und vertraust du der Menschheit? Entweder wir schaffen das oder wir scheitern. Wenn wir scheitern, wird die Menschheit auch irgendwann daran zugrunde gehen.“ Nicht nur ihm war es eiskalt den Rücken hinunter gelaufen. „Seid ihr bereit? Dann lassen wir den Spaß beginnen“, sagte Colt und schob die beiden Flügel auf. Schlagartig wurde es still im Saal und alle Augen richteten sich auf sie. „Saber, Jean-Claude Cody und seine Delegation aus der Phantomzone sind eingetroffen“, verkündete Colt, obwohl jedem einzelnen Anwesenden klar war, wer hier gerade angekommen war. „Danke, Colt“, nickte Saber und kam ihnen entgegen. „Jean-Claude, Lilly, Jesse, ich heiße euch herzlich willkommen auf Planet Yuma“, begrüßte er sie nacheinander in aller Form. Zuvorkommend bot er ihnen Plätze neben seinem an. Colt und Fireball blieben an der Tür stehen, wie sie es mit Saber besprochen hatten. Sie würden nicht aktiv an den Gesprächen teilnehmen, aber sie sollten anwesend sein, so wie April, die ihre Aufgabe als Sabers rechte Hand wahrnahm. Jesse fühlte die feindlichen Blicke der einzelnen Vertreter der Planeten wie Dolche auf sich, fast wie damals, als er den Waffenstillstand ausgehandelt hatte. In jenen Tagen war er ein anderer Mann gewesen, selbstsicher, egoistisch, fehlgeleitet. Heute hielt er sich selbst für einen besseren Menschen, zu dem er nicht zuletzt wegen seines missglückten Rachefeldzugs geworden war. Vieles hatte ihm die Augen geöffnet und er bedauerte aufrichtig die Fehler, die er in seiner Vergangenheit gemacht hatte. Er nickte Admiral Eagle und April zu, bevor er sich setzte und sah in die Runde. Kaum ein Gesicht sagte ihm etwas, nur Prinz Roland vom Königreich Jarr hatte er schon einmal auf Bildern gesehen. Wenigstens sah dieser nicht ganz so unfreundlich zu ihnen, eher neugierig und interessiert mit einer gehörigen Portion Skepsis. „Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihr zahlreiches Erscheinen angesichts des Hilferufs aus der Phantomzone, der uns vor einer Woche ereilt hat. Zunächst möchte ich Sie bitten, sich unseren Gästen vorzustellen“, forderte Saber den Rat auf. „Admiral Eagle, würden Sie bitte beginnen?“ Nacheinander stellten sich die fünfzehn Vertreter der besiedelten Planeten vor, obwohl man das anhand der vor ihnen aufgestellten Namensschilder erkennen konnte. Die dazugehörigen Wimpel der jeweiligen Planeten steckten in Haltern und Jesse erkannte einige, die neu für ihn waren. Demnach hatte das Neue Grenzland expandiert. Die Stimmung im Raum waberte vor Anspannung, Feindseligkeit und Neugier, die nur durch das Korsett der Förmlichkeit im Zaum gehalten wurde, das eine solche Sitzung mit so hochkarätigen Landesoberhäuptern mit sich brachte. „Vielen Dank“, sagte Saber zufrieden und entspannte ein wenig. Das Eröffnungsszenario hatten sie schon einmal ganz gut über die Bühne gebracht. „Ich übergebe nun das Wort an Jean-Claude Cody, der sein Anliegen vortragen wird. Bitte, Jean.“ Jean erhob sich und sah in die Runde. „Meine Damen, meine Herren, zunächst einmal möchte ich Ihnen danken, dass Sie uns hier empfangen haben“, begann er ruhig und Jesse bewunderte seine Souveränität, mit der er die Situation meisterte und sich nicht von den feindlichen Gesichtern aus dem Konzept bringen ließ. „Mein Name ist Jean-Claude Cody und ich bin zu Ihnen gekommen als der amtierende König der Phantomzone. Meine Begleiter sind Lilly de Winter und Jesse Blue. Mein Anliegen ist recht einfach erklärt“, sagte er und schaute in die Runde. „Bitte retten Sie mein Volk vor dem sicheren Tod.“ „Das ist unverschämt!“, beschwerte Präsident dos Santos vom Planeten Pecos aufgebracht, ein wohlgenährter Mann mit dunklen Augen und wenigen Haaren. „Wie können Sie so eine absurde Forderung stellen!“ „Das sehe ich genauso!“, stimmte die Präsidentin Paylynn von Parge zu, die in ihrem grauen Kostüm konservativ wirkte wie eine unnachgiebige Lehrerin. Ihre schmale Brille und die strenge Frisur trugen dazu bei, diesen Eindruck zu verstärken. Saber wollte sofort dazwischen gehen, aber Jean-Claude meisterte diese Einwürfe ruhig. „Ich bitte Sie darum, mein Anliegen erläutern zu dürfen“, bat er. „Nichts weiter wünsche ich mir gegenwärtig von Ihnen.“ „Denken Sie, Sie können ihm dies gewähren?“, hakte Saber nach und als kein Widerspruch kam, nickte er seinem Nebenmann auffordernd zu. Wie zuvor im Red-Wing-Gefängnis gab Jean auch in dieser Runde einen umfassenden Bericht über die Geschehnisse in der Phantomzone und die gegenwärtigen Zustände. Damit sie alle einen Eindruck davon bekamen, hatte er Bildmaterial mitgebracht, das Lilly vorführte. Nach einer halben Stunde kam er zum Ende. „Aus diesen Gründen ersuche ich Sie ergebenst um Ihre Hilfe“, schloss er, und im Saal war es still. „Wieviele Einwohner hat die Phantomzone?“, richtete Roland schließlich das Wort an den Outrider, der nach dem Tod seines Vaters den Thron des Königreichs Jarr bestiegen hatte. „Wir sind knapp 70.000“, antwortete Jean. „Es werden täglich weniger.“ Jedem im Saal war bewusst, dass das Neue Grenzland eine Einwohnerzahl hatte, die um ein Vielfaches größer war. Allein von dieser Warte aus betrachtet, waren die Outrider nicht als Bedrohung einzustufen. Andererseits konnte auch eine kleine Gruppe im Untergrund einen Krieg vorbereiten. Diese Angst konnte den Menschen keiner nehmen, und Jesse verstand die Skepsis. „Was ist, wenn sie einen Hinterhalt planen? Wer gibt uns Sicherheit?“, warf Präsident Rutherford aus Dakota ein, ein recht junger Präsident, etwa in Sabers Alter. Er wirkte auf Jesse etwas nervös und schien überfordert mit der Situation, weshalb er wohl auf diese Weise reagierte. „Und wenn wir uns dazu entschließen sollten, wie soll die Form der Hilfe aussehen?“ „Ich denke, wir alle haben gesehen, welche Zustände in der Phantomzone herrschen“, antwortete Saber. „Demnach sollte die Art der Hilfe deutlich geworden sein. Es fehlt an Wasser, Nahrung, Medikamenten und Unterkünften. Eine hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben, aber ich für meinen Teil möchte meine Vorurteile nicht darüber entscheiden lassen, ob ein Volk ausstirbt.“ Rutherford presste seine Lippen zu einer schmalen Linie und ballte seine Hand zur Faust. Saber musste vorsichtig sein, er machte sich gerade einige Feinde. „Für mich steht nicht zur Diskussion, ob wir Hilfe gewährleisten oder nicht“, meldete sich Admiral Eagle zu Wort. „In unserer gemeinsamen Verfassung der Vereinten Planeten haben wir alle die Menschenrechte akzeptiert. Diese Charta beinhaltet ebenfalls das Gewähren humanitärer Hilfe. Daran sollten wir uns erinnern!“ „Aber das sind Outrider!“, erinnerte Rutherford mit zornesgeröteten Wangen. Jesse, der es bis zu einem gewissen Teil gewohnt war, solchem Hass zu begegnen, sah zu Lilly, die mit versteinerter Miene neben ihm saß. Er konnte sehen, dass ihr das alles sehr nahe ging und er tat etwas, was er bis vor ein paar Wochen nicht getan hätte – er strich über ihren Arm und zwinkerte ihr aufmunternd zu. Sie war verwirrt und lächelte unsicher zurück. „Und was ist mit ihm?“, rief Paylynn dazwischen und deutete anklagend auf Jesse. „Er hat das Neue Grenzland schon einmal verraten! Vielleicht ist es ein neuer Trick!“ „Stellt ihn vors Kriegsgericht!“, verlangte dos Santos. ‚Das hab ich kommen sehen’, dachte Jesse und seufzte innerlich, bevor er sich mit gestrafften Schultern erhob. Natürlich war er auf so etwas vorbereitet. „Wir sind nicht hier, um über Jesse Blue zu urteilen“, sagte Saber und erhob sich ebenfalls. Er legte ihm die Hand auf die Schulter und gab ihm damit zu verstehen, dass er diese Angelegenheit klären würde, so wie es sich für den Präsidenten des Neuen Grenzlandes gehörte. Jesse verstand den Wink und würde sich hüten, Sabers Autorität vor allen infrage zu stellen, indem er sich ihm widersetzte; daher ließ er sich wieder auf seinen Platz sinken. „Wenn wir uns dazu entschließen – und ich möchte hinzufügen, dass sich für mich diese Frage nicht stellt – den Outridern zu helfen, werde ich persönlich für Jesse Blues Überwachung sorgen.“ „Er soll hängen!“, verlangte dos Santos und Saber schenkte ihm einen finsteren Blick. „Ich möchte daran erinnern, dass der Galgen im Jahr 2035 abgeschafft und verboten wurde, wie die Todesstrafe im Allgemeinen“, fügte Saber neutral hinzu, wofür ihm eine abgrundtiefe Hasswelle des Pecos-Präsidenten entgegen schlug. Doch Saber wäre nicht Saber, wenn er seine Anliegen mit Gewalt durchbringen wollte. Er war ein geschickter Rhetoriker. „Ich weiß genau wie Sie fühlen“, setzte er an. „Und ich weiß sehr genau, dass wir schon einmal einen Friedensvertrag mit den Outridern eingegangen sind, der schon bald gebrochen wurde. Admiral Eagle war damals dabei, er war in den Fängen der Outrider gewesen und hat einen Einblick in ihre Lebensweise bekommen. Mein Team“, er deutete auf April, die schweigend neben ihrem Vater saß, dann auf Colt und Fireball an der Eingangstür, „hat damals die entscheidende Schlacht siegreich beendet. Wir sind verantwortlich für den Zustand, in dem die zivilisierte Bevölkerung der Outrider heute leben muss. Sie sind hierher gekommen mit einer ehrlichen Bitte um Hilfe, weil sie vom Aussterben bedroht sind. Wer von Ihnen möchte für den Genozid verantwortlich sein, dann melden Sie sich hier und jetzt!“ Saber wählte diese drastischen Worte bewusst, denn die Verhandlungen wurden live übertragen. Sich hier zu melden, bedeutete, sich in aller Öffentlichkeit als Mörder und Gesetzesgegner zu outen. Es war ein geschickter und gefährlicher Schachzug. „Ach darum geht es, Sie wollen Ihr Gewissen beruhigen“, schnaubte Paylynn. „Keineswegs. Die Vergangenheit ruht und ist abgeschlossen. Vielmehr stehen wir nun an einem Neuanfang“, antwortete Saber ruhig. „Es liegt an uns, diesen in unser aller Interesse zu gestalten. Sie haben mich als Präsidenten des Neuen Grenzlandes gewählt und mir damit Ihr Vertrauen ausgesprochen. Nun bitte ich Sie darum, mir dieses Vertrauen durch Ihre Taten zu beweisen. Ich bin bereit, den Outridern - unseren ehemaligen Feinden - meine helfende Hand zu reichen. Wenn wir diese Chance nicht ergreifen, lastet entweder die Tatsache, Genozid begangen zu haben auf unser aller Gewissen oder wir werden, sollten die Outrider überleben, mit größter Wahrscheinlichkeit auf einen neuen Krieg zusteuern. Vielleicht nicht in unserer Generation, vielleicht nicht in der unserer Kinder. Aber, eventuell haben ihn schon unsere Enkelkinder? Wer weiß das schon! Selbst, wenn dieses Ereignis nicht eintreten sollte, so würden Generationen mit dieser immerwährenden Angst leben. Soweit darf es nicht kommen und ich bitte Sie alle, Ihre Antwort gründlich zu überdenken und die Auswirkungen auf unsere Zukunft und auf die der Outrider mit einzubeziehen, einschließlich unserer Nachkommen.“ Eindringlich sah er jeden einzelnen am Tisch an. Manche Gesichter zeigten erste Anzeichen von Zustimmung, andere waren trotzig und verkniffen. Wieder andere waren überfordert und unentschlossen. „Ich denke, Sie müssen sich mit Ihren Parlamenten kurzschließen und wir sollten die Konferenz an dieser Stelle unterbrechen und vertagen. Da diese Entscheidung zwar sorgfältig getroffen werden muss, die Zeit aber ebenfalls drängt, erwarte ich Ihre Ergebnisse morgen Mittag um 12 Uhr. Das ist im Moment alles. Vielen Dank.“ Nacheinander verließen die Ratsmitglieder den Saal, um sich in ihre Räumlichkeiten zurückzuziehen, die man ihnen zur Verfügung gestellt hatte. Draußen wurden sie von Reportermassen bestürmt, die erste Aussagen und Stimmen der Teilnehmer einfangen wollten, auch wenn sie im Moment allenfalls vage Floskeln zu hören bekommen würden. König Roland war der Letzte, der sich erhob und nickte Saber anerkennend zu, ehe er den anderen folgte. Zurück blieben Admiral Eagle, das ehemalige Ramrod-Team und die Delegation aus der Phantomzone. „Eine gute Rede, Saber“, gratulierte Aprils Vater ihm und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. „Danke, Sir“, sagte er mit einem schmalen Lächeln, das seine Anspannung verriet. „Ich hoffe nur, dass ich sie überzeugen konnte.“ „Tja, das wird sich morgen zeigen“, mischte sich Colt ein, „zumindest hast du ihnen ganz schön ins Gewissen geredet.“ Jean drückte Saber die Hand. Er fand keine passenden Worte, um ihm seinen Dank auszudrücken, aber Saber verstand ihn auch so. Sein Blick fiel auf Lilly, die immer noch still auf ihrem Platz saß. „Lilly?“, sprach er sie an und sie sah überrascht auf. „Würdest du einen Moment mit mir auf den Balkon gehen?“ Lächelnd hielt er ihr seine Hand hin und sie ergriff sie zögerlich. Obwohl er nur Augen für sie hatte, spürte er, dass die anderen ihnen neugierig hinterher schauten. Leichter Wind umfing sie, als sie hinaus traten und die Aussicht über Yuma genossen. Nur das knatternde Geräusch der Helikopter, die die umliegenden Straßenzüge wegen möglicher Risiken beobachteten, störte den vermeintlichen Frieden ein wenig sowie die in der Nähe aufsteigenden Rauchsäulen. Er blendete die Geräusche aus und konzentrierte sich nur auf sie. „Verzeih mir, dass ich dir das nicht schon bei unserer letzten Begegnung gesagt habe, aber ich bin wirklich froh, dass du lebst.“ Sanft strich er ihr eine Strähne hinter ihr Ohr und sie ließ es geschehen. „Wie sehr, das ist mir erst bewusst geworden, als Jean dich mitgebracht hat.“ „Es ist oft nicht leicht, Saber“, gab sie zu und schob ihre Brille in ihr Haar zurück, „und besonders heute nicht. Aber ich werde stark sein, so wie du stark für uns bist.“ Sie lehnte sich ein wenig in seine Hand, die immer noch an der gleichen Stelle verweilte. „Ich bewundere dich dafür“, raunte sie und versank in seinen Augen. „Und auch, was du trotz allem für uns riskierst. Du warst schon immer zu gut für diese Welt und …“, sie stockte einen Moment, in dem sie nun ihre Hand an seine Wange legte, „…ich bedaure wirklich sehr, dass ich dich damals betrogen habe. Das wollte ich dir schon immer sagen, und ich bin froh, dass ich endlich die Gelegenheit dazu bekommen habe.“ „Lilly.“ Sabers Mund wurde auf einmal trocken und seine Finger streckten sich in ihr Haar aus. Es gab nur sie und ihn und eine leichte Brise, die durch ihre Haare strich. Er wusste nicht wie es geschah - kam sie einen Schritt näher oder er? – aber schließlich küssten sie sich wie sie es damals schon hätten tun sollen. Worte waren unnötig, er fühlte deutlich, dass ihre Gefühle für ihn echt waren. So etwas konnte man nicht spielen; und ihm war es gleichgültig, dass sie eine Outriderin war.  In der Nacht hatten die Leitungen und Satelliten für die Hypertransmitter Höchstleistungen vollbringen müssen, doch am anderen Tag war die Entscheidung, die Hilfe zu gewährleisten, mit 13 zu 2 Stimmen angenommen worden. Da die Mehrheit gegeben war, waren die anderen Planeten dazu gezwungen, diese mitzutragen. „Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen. Wir werden Sie nicht enttäuschen“, sagte Jean-Claude und verbeugte sich tief und demütig vor dem Rat. Er fühlte eine riesige Last von seinen Schultern fallen und merkte erst jetzt, unter welcher immensen Spannung er gestanden hatte. „Auch ich möchte mich bei Ihnen bedanken“, schloss Saber Rider sich an. „Ich werde sofort veranlassen, dass die ersten Hilfskonvois zusammengestellt werden. Es gilt, keine Zeit zu verlieren.“ „Eine Bedingung stellt der Rat allerdings an Sie“, meldete sich Präsidentin Paylynn zu Wort und Saber hielt inne. „Bitte, fahren Sie fort“, lud er sie ein und ließ sich nichts von seiner Verärgerung anmerken. „Ich dulde es nicht, dass ein Kriegsverbrecher frei herumläuft. Er muss vor Gericht gestellt und verurteilt werden!“, verlangte sie. Jesses Herz klopfte schnell und er bedauerte einmal mehr die Fehler seiner Vergangenheit zutiefst. Allein der Gedanke daran, wieder eingesperrt zu sein, machte ihm Angst und erfüllte ihn mit Entsetzen. „Auch darüber habe ich mir Gedanken gemacht“, stimmte Saber zu. „Da Jesse Blue für die Mitarbeit unabdingbar ist, werde ich persönlich für ihn bürgen. Damit sollte Ihrer Forderung Genüge getan sein.“ Jesses Kopf schnellte ungläubig zu Saber herum, ebenso wie Colts und Fireballs. Der stand jedoch einfach nur da und sah die Präsidentin von Parge ruhig an. „Selbst wenn Sie für ihn bürgen, Mr. President, heißt das noch lange nicht, dass wir vor ihm sicher sind.“ Saber biss unmerklich seine Zähne zusammen. Er durfte nicht die Belange des Neuen Grenzlandes und dessen Gesetze außer Acht lassen, aber er brauchte Jesse hier. ‚Im Gefängnis ist er mir viel gefährlicher als hier. Selbst wenn er geschworen hat, dass dieses Geheimnis zwischen uns bleibt, könnte er seine Meinung nach ein paar Jahren ändern. Das Risiko ist zu groß.’ Seine Augen streiften über April, Colt und Fireball, die ihn alle ratlos ansahen. ‚Fireball ist mir eh noch etwas schuldig. Wenn er nicht gewesen wäre, wären wir jetzt nicht in dieser Situation’, dachte er. ‚Und Colt … vielleicht ist es nur zu deinem Besten, alter Junge, auch wenn es dir vielleicht nicht schmeckt. Verzeiht mir, dass ich das nicht vorher mit euch besprechen kann...’ Die beiden merkten, dass irgendetwas in Saber vorging und tauschten ein unbehagliches Stirnrunzeln aus. „Mit einer permanenten Überwachung sollten auch Sie einverstanden sein, Mrs. Paylynn. Meine beiden hochgeschätzten Kollegen des ehemaligen Ramrod-Teams werden diese Aufgaben übernehmen. Ab sofort wird Jesse Blue dem Kommando von Captain Wilcox und Captain Hikari unterstehen und gleichzeitig in den Dienst der Star Sheriffs, und damit in den Dienst des Friedens, eintreten. Mit dieser Maßnahme sollten Ihre Forderungen umfassend erfüllt sein.“ Paylynn hatte ihre Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst. Es war offensichtlich, dass ihr das nicht passte, aber sie kam einfach nicht gegen den Präsidenten an und konnte nichts anderes tun als zuzustimmen. Saber nickte ebenfalls und sah kurz zu Colt und Fireball, die erstarrt waren. Colts Halsschlagader pulsierte, und Fireball sah verwirrt aus, aber April beschwor die beiden mit kleinen Signalen, ruhig zu bleiben. ‚Auf sie ist eben Verlass’, dachte Saber stolz und unterdrückte ein leichtes Lächeln, was die Anwesenden eventuell fehl interpretieren könnten. „Lassen Sie uns nun bitte auf die Planung der Hilfskonvois übergehen“, lenkte er ab. „Die ersten Schiffe müssen so schnell wie möglich starten, am besten schon morgen.“ „Wir sollten unsererseits eine Delegation mitschicken“, gab König Roland zu bedenken. „Ich möchte mir gerne selbst ein Bild von der Lage vor Ort machen.“ „Jean?“, fragte Saber. „Diesem Wunsch steht selbstverständlich nichts entgegen“, stimmte der Outrider zu. „Ich werde Ihnen alles zeigen.“ „Ich selbst werde den ersten Konvoi begleiten“, kündete Saber an. Jesse hörte nicht mehr zu. Was war eben passiert? Und was bedeutete das alles? Er hatte jedes einzelne Wort verstanden, und wagte doch nicht, den Inhalt der Worte zu glauben. Sollte er wirklich Glück haben? Nach all den Jahren? Er sah zu Colt und Fireball, die ebenso verwirrt aussahen wie er sich fühlte.  Nach der Konferenz hatten sie sich in Sabers Villa eingefunden. Wie am Abend zuvor hatte Saber die Delegation hier untergebracht, da er sie weder zurückschicken noch in einem normalen Hotel unterbringen wollte. Jesse befand sich in einem Nebenraum und betrachtete sein Spiegelbild. Dünn und blass sah er aus, aber seine Augen strahlten ihm entgegen. Er fand, dass ihm die Uniform der Star Sheriffs ausgesprochen gut stand und er würde sie stets mit Stolz tragen und erfüllen. Colts Toben drang gedämpft zu ihm. Der Vertrauensvorschuss, den Saber mit seinen Taten in ihn setzte, indem er sich einerseits für ihn verbürgte und ihn zu einem Star Sheriff machte, überwältigte ihn derart, dass er meinte, in seinem Glück ertrinken zu müssen. Nie in seinem Leben war er derart dankbar und befreit gewesen und er wusste nicht, wie er sich Saber jemals für diese Großmütigkeit erkenntlich zeigen konnte. Ihm fielen nicht einmal passende Worte ein, mit denen er ausdrücken konnte, wie sehr er Sabers Tat schätzte. „Ich bekomme wirklich eine zweite Chance“, stellte er gerührt fest und sah seinem Spiegelbild fest in die Augen. „Dieses Mal“, schwor er sich, „mache ich alles richtig.“ „Jesse?“ Es klopfte und April trat ein. Für einen kurzen Moment war Colts aufgebrachte Stimme deutlicher zu hören. Lächelnd betrachtete sie ihn in seiner Uniform und kam schließlich näher. „Du siehst gut darin aus, Jesse. Ich gratuliere dir!“, sagte sie, und er war so überwältigt, dass er sie einfach fest umarmte. April ließ es geschehen und freute sich mit ihm und für ihn. „Du weißt, wieviel mir das bedeutet“, murmelte er in ihr Haar. „Zumindest ahne ich es. Colt ist mächtig sauer auf Saber. Er wird seine Wut bestimmt an dir auslassen und du wirst ihn immer Captain Colt oder Captain Wilcox nennen müssen“, kicherte sie, als sie sich nach ein paar Momenten von ihm löste. „Meinst du?“, lachte Jesse auf. „Na, wenn er drauf besteht, mache ich das einfach, Hauptsache, ich muss ihm nicht die Schuhe putzen. Allerdings hätte ich auch noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen.“ „So? Was denn?“ „Er ist einfach so in unsere vertrauliche Unterhaltung damals im Red-Wing-Gefängnis reingeplatzt. Das war ziemlich unhöflich von ihm. Vielleicht sollte ich ihn mal auf einen Drink einladen und ihm ein paar Marnieren beibringen.“ „Jesse! Das ist gemein!“ In Jesses Augen blitzte der Übermut und April konnte nicht anders als zu lachen. Inzwischen wusste sie über Colts vergangene Jahre bescheid und hatte sogar seine Liz kennengelernt. „Ich weiß“, zwinkerte Jesse. „Colt und ich werden wohl nie gut miteinander auskommen, aber ich verspreche dir, dass ich mich zurückhalten werde. Das ist eine zweite Chance für mich und glaube mir, die lasse ich mir nicht entgehen und werde beweisen, dass ich nicht der bin, für den mich bisher alle gehalten haben. Saber hätte mich genauso gut vor das Kriegsgericht stellen können und ich bin wirklich froh, dass er das nicht getan hat.“ „Du nutzt ihm und uns mehr, wenn du mit anpackst“, zwinkerte sie und verschwieg ihm die wahren Gründe, die hinter Sabers Handeln steckten. Sie hatte seine Strategie durchschaut und beglückwünschte Saber insgeheim dafür. Mit Colt und Fireball in einem Team wurde Jesse gleichzeitig überwacht und war vor Ort von größerem Nutzen für die Sicherung des Friedens als in einer Zelle. Außerdem bekamen sowohl Colt als auch Fireball dadurch eine neue Aufgabe, die den beiden ein neues Ziel in ihrem Leben gab. Gleichzeitig band Saber sie damit alle an sich und sicherte die Wahrung des Geheimnisses, das sie teilten. Auch April fühlte sich gut. Das Wiedersehen mit ihren Freunden hatte ihr neue Hoffnung geschenkt und sie sah wieder zuversichtlich nach vorne. Saber bot ihr ebenfalls einen Platz an seiner Seite an, den sie ohne zu zögern angenommen hatte. „Komm, wir gehen zu den anderen. Wir wollen über eure Aufgaben und das Einsatzgebiet sprechen“, sagte April und zog Jesse mit. Colt durchlöcherte ihn mit einem finsteren Blick, während Fireball ihn in der Crew willkommen hieß. Trotz aller Widrigkeiten wuchsen Fireball, Colt und Jesse mit der Zeit zu einem echten Team zusammen, und Jesse verstand nach all den Jahren endlich, weshalb die Outrider den Krieg niemals hätten gewinnen können. Wie geplant starteten die ersten Konvois unter Aufsicht von Saber, König Roland und einigen Reportern am nächsten Tag in Richtung Phantomzone, um Nahrungsmittel, Medizin und vor allem Wasseraufbereitungsanlagen zu bringen. Doch schon die nächste Lieferung wurde von Outrider-Gegnern angegriffen und es kamen Leute zu Schaden. Saber verurteilte diese Aktion öffentlich und ließ die nächsten Konvois fortan beschützen, was eine Art Provokation und Bestätigung für die Radikalen darstellte. Das war nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was noch auf sie zukommen würde. Ein weiterer Aufschrei ging durch die Bevölkerung, als Saber Rider ein paar Wochen später seine Verlobung mit der Outriderin Lilly de Winter ankündigte. Er stieß auf Unverständnis und Hass, aber auch auf Bewunderung und Zuspruch. Deutlicher konnte man nicht sehen, dass die Bevölkerung des Neuen Grenzlandes gespalten war. Allen war bewusst, dass nur der Grundstein für einen dauerhaften Frieden und die Völkerverständigung zwischen den beiden Dimensionen gelegt worden war und dass viele Jahrzehnte, wenn nicht sogar ein Jahrhundert ins Land ziehen musste, ehe der Abstand zu dem Phantomkrieg so groß war, dass er für die nachfolgenden Generationen nicht mehr von Belang war, sondern nur ein Kapitel in den Geschichtsbüchern. Bis dahin war es ein weiter, schwieriger Weg, dessen Grundstein die Star Sheriffs am heutigen Tage legten. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)