Die Lippen meiner kleinen Schwester können unmöglich so sanft sein von kentasaiba ================================================================================ Kapitel 2: Meine kleine Schwester könnte niemals so ehrlich sein ---------------------------------------------------------------- Es ist das normalste der Welt, Schritt für Schritt die Straße entlang nach Hause zu gehen. Unwillkürlich und selten beabsichtigt beobachtet man die Familien mit ihren Kindern in den Nachbarsgärten, sieht zu wie sie Schaukeln, sie Fußball spielen oder einfach nur im Garten herumtollen. Man spürt das Glück, die Unschuld, die diese Kinder verströmen. Es ist schön, Teil einer Familie zu sein, doch was wenn sich einem die Möglichkeit bietet selbst eine zu schaffen, mit der Person die man am meisten liebt? Es ist nichts falsch daran, oder? Wer würde bei etwas so Schönem schon denken, dass es falsch sein könnte? Und wenn es das doch ist… was genau ist wirkliches Glück dann? Es war der letzte Tag an dem noch einmal der Stoff für die kommende Prüfung wiederholt werden sollte. Kyousuke hätte seinen Kopf am liebsten so oft wie möglich gegen das Pult geschlagen, solange, bis er zerplatzt wäre. Es war Manamis aufmunterndes Lächeln, das seine Stimmung etwas hob. Er hatte ihr nichts von Kirinos Verdacht erzählt, obwohl seine kleine Schwester sonst immer das Thema Nummer 1 bei ihnen war. Gerade deshalb wollte er sie nicht mit diesem Problem nerven, das vermutlich gar keines war. Manami schob ihm nun ihren Notizblock zu und Kyousuke nahm ihn erstaunt entgegen. „Ich weiß doch, wie es dir am einfachsten fällt zu lernen. Ich habe alles so notiert, dass du auch zurechtkommen müsstest, wenn ich dir nicht zur Seite stehe.“ Kyousuke warf einen raschem Blick auf die Notizen und musste ihr rechtgeben. Alles war Ordentlich und so logisch wie er es von seiner Freundin kannte auf Papier gebracht worden. „Wow, du hast dir solche Mühe für mich gemacht? Ich weiß gar nicht wie es dir zurückzahlen kann.“, sagte er etwas reumütig. Manami schüttelte schnell den Kopf und kehrte an ihren Platz zurück. „Nicht nötig, versprich mir einfach, dass du mich möglichst bald zum Essen einlädst. Dann holen wir alles nach.“, schlug sie vor. Kyousuke stimmte unverzüglich zu, gleich nachdem er das neuste Problem seiner kleinen Schwester gelöst hatte. Er wollte Manami am Ende des Unterrichts danken, bemerkte dann aber, dass diese nicht mehr zugegen war. Seltsam, normalerweise verabschiedete sie sich immer von ihm. War sie etwa doch etwas eingeschnappt gewesen und Kyousuke hatte es nicht gemerkt, ja sogar darüber hinweggesehen? „Yo, endlich habe ich meinen Ersatzspieler für das Basketball-Match gegen die Parallelklasse!“ Der Arm fuhr so schnell um Kyousukes Schultern, dass er ihn nicht sofort wieder abschütteln konnte. Natürlich erkannte er seinen Klassenkamerad Koumei Akagi sofort, auch wenn dies keine Erklärung oder gar Rechtfertigung für sein verhalten war. „Basketball? Wovon redest du?“, hakte er nach und befreite sich schließlich von der Umklammerung. Er erinnerte sich, dass Akagi in der Basketball-AG war, doch was hatte er bitteschön damit zu schaffen? „Einer unserer Leute ist krank und da dachte ich, mein Kumpel Kousaka hat bestimmt Zeit.“, rückte er mit der Sprache heraus. Doch Kyousuke schüttelte unweigerlich den Kopf. „Tut mir leid, dafür habe ich keine Zeit, ich muss zur Gamer-AG.“ Akagi betrachtete ihn, als hätte er gerade einen Tanzkurs oder Lern-AG erwähnt. „Bist du etwa immer noch dort eingeschrieben? Ich nahm an, du besitzt keinen blassen Schimmer vom programmieren.“, erwiderte er dann. Kyousuke nickte langsam, aber zustimmend. „Schon, aber es sind nette Leute dort und ich muss mich nicht wegen etwas anstrengen.“, suchte er nach einer Ausrede. Akagi seufzte nur. „Aber meine Schwester ist dort doch auch eingeschrieben, oder? Es muss schwer für dich sein.“. glaubte er sagen zu müssen. Kyousuke stimmte ihm innerlich zu, der Umgang mit Sena Akagi war manchmal wirklich sehr anstrengend. „Aber es gibt auch noch andere nette Leute. Wie den Clubpräsidenten, Makabe, oder auch Ruri…“ Kyousuke zuckte und Akagi bemerkte es natürlich. Er hatte gerade eine Tür aufgestoßen… na gut nur etwas angetippt, die sich jetzt bestimmt nicht mehr so einfach schloss. „Ah, deine Freundin, richtig. Das hatte ich völlig vergessen.“, entgegnete er vielsagend. Kyousuke presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. „Sie ist nicht meine Freundin! Nicht… mehr…“ Akagi musterte ihn eingehend und Kyousuke wich seinem Blick aus. „Ach richtig, sie hatte dich abserviert.“, schien er sich zu erinnern. Kyousuke wollte erwidern, dass es nicht so war, doch… das wäre eine Lüge gewesen. Seit der Kurzzeitbeziehung in die ihn Ruri gedrängt hatte, war einige Zeit vergangen, inzwischen gingen sie auch wieder völlig normal miteinander um. Kyousuke hätte es ihr aber auch nicht verdenken können, wenn sie ihn ab jetzt hasste. Sie waren für mindestens eine Woche ein Paar gewesen, doch er selbst hatte nie mehr als Freundschaft darin gesehen und Ruri damit nur zusätzlich verletzt. Ihm selbst war es nie klar gewesen, dass er so eine schlechte Entscheidung getroffen hatte. Er wollte Kirinos Freundin eine Freude bereiten, immerhin musste er dafür nicht viel tun, hatte er erwartet. Doch Ruri hatte sich mehr versprochen, etwas das Kyousuke ihr nicht hatte geben können. „Na, wenn es unbedingt sein muss. Dann frage ich eben jemand anderes. Bis Morgen und grüß Sena-chan von mir.“, ließ Akagi von ihm ab und Kyousuke verabschiedete sich. Er packte seinen Rucksack und schritt in Richtung Korridor. Er musste lediglich das Stockwerk wechseln um vor der Tür des „Game-Forschungs-Clubs“ zu stehen. Er dachte daran anzuklopfen, hörte aber bereits die Soundgeräusche verschiedener Shooter und RPGs von draußen. Niemand würde das Klopfen hören, es spielte also keine Rolle. Er öffnete die Tür und stieß einen Gruß aus. Niemand achtete auf ihn, alle schienen bereits am Testen ihrer neuen Spiele zu sein. Er sah die Zwillinge, die zeitgleich an einem Science-Fiction Game arbeiteten, sowie Makabe, der sich gerade um die Verpflegung der Club-Mitglieder kümmerte. Auch der Präsident war in seinen Laptop vertieft und schenkte Kyousuke nur einen abwesenden Blick. „Oh, Kousaka-kun, schön, dass du uns heute wieder beehrst.“, grüßte ihn zumindest Wakabe und Kyousuke erwiderte diesen. „Ahhhh!“ Der Schrei kam aus Richtung der noch offenen Tür, doch keiner machte Anstalten sich umzudrehen. Zu eindeutig war die Stimme und die Reaktion für alle. Die Zwillinge hauchten ein ‚Pssst’ heraus, doch Sena Akagi, die jüngere Schwester von Kyousukes Klassenkameraden, ließ sich nicht bremsen. „Ich hatte gehofft, heute auf dich zu treffen!“, verriet sie und Kyousuke trat instinktiv zurück. In Senas Gesicht war ein Grinsen aufgetaucht, das er nicht richtig werten konnte. Man konnte nie vorhersagen, was im Kopf dieses Mädchens vor sich ging. Nicht, dass Kyousuke jemals den Wunsch gehegt hätte, in den Kopf einer Fujoshi sehen zu wollen… Ohne Vorwarnung zog sie nun einen Fotoapparat aus ihrem Schulranzen und hantierte damit herum. Kyousuke überlegte, ob er sich wegdrehen sollte, doch dann war es bereits zu spät. Sena hatte mehrere Aufnahmen von jedem nur möglichen Winkel geschossen. „Hey, kannst du mir erklären, warum du Fotos von mir machst?“ Senas Grinsen verschärfte sich nur und sie kicherte heisern. „Das musst du nicht wissen…“, murmelte sie in sich hinein. „Natürlich, muss ich das!“, erhob Kyousuke seine Stimme, doch gegen Sena kam er nicht an. Sie verstaute den Apparat wieder in ihrem Ranzen und der Junge konnte nur hoffen, dass Sena nichts Unmoralisches mit den Fotos anstellen würde. „Bereite dich schon einmal darauf vor, zum Gespött der Schule zu werden.“ Kyousuke war so mit Sena ins Gespräch vertieft, dass er die weitere Person nicht wahrnahm, die den Club betreten hatte. „Hey…“, brachte er lediglich heraus. Auch Sena war ihre Rivalin nicht entgangen und schon stellte sie sich ihr in den Weg. „Was hältst du von mir? Das ist lediglich für meine Privatsammlung, hast du verstanden?“ Man konnte die Funken zwischen ihr und Ruri förmlich spüren. „Das macht es nur leider nicht besser…“, ermahnte Kyousuke, wurde aber weitestgehend ignoriert. Dasselbe galt nun auf für Sena, denn Ruri setzte sich und begann ein mitgebrachtes Buch zu lesen. „Na wie ihr meint, ihr wisst wahre Kunst einfach nicht zu schätzen. Ich muss dann los, man sieht sich!“, meinte sie und trat den Rückzug an. Niemand hielt sie auf, weshalb auch? Kyousuke räusperte sich und setzte sich auf den leeren Stuhl neben seiner Ex-Freundin. „Na? Was hast du heute noch so vor?“, versuchte er ein Gespräch zu beginnen. Ruri antwortete prompt, ohne ihn aber direkt anzusehen. „Nicht viel, etwas lesen und was sonst noch anfällt.“ Es war Mittwoch und Kyousuke wusste, dass an diesem Tag immer Ruris Lieblingsserie Maschera ausgestrahlt wurde. Doch er beschloss diese Tatsache lieber nicht anzusprechen, denn seit die Serie abgesetzt wurde, reagierte sie jedes Mal gereizt auf dieses Thema. „Und was ist mit dir?“ Kyousuke lächelte verlegen und begann von Kirinos Einladung zu erzählen, sie am Set zu besuchen. Die Tatsache, dass er dafür extra die Lerneinheit mit Manami verschoben hatte, verschwieg er natürlich. „Du… kannst mitkommen.“, schlug er schließlich vor. Nun funkelte Ruri ihn doch an und zwar mit einem kühlen, ungläubigen Blick. „Ich werde wir nun exakt 300 Dinge aufzählen die ich lieber tun würde.“, begann sie, doch Kyousuke konnte sie noch rechtzeitig bremsen. Er zweifelte keine Sekunde daran, dass dem Mädchen wirklich so viele Dinge einfallen würden, doch darauf konnte er lebhaft verzichten. „Vergiss einfach was ich sagte. Aber wenn ich hier nicht mehr gebraucht werde, verabschiedete sich mich auch gleich wieder. Viel Erfolg noch, allesamt.“ Makabe und die Zwillinge ließen sich tatsächlich dazu herab ihn zu verabschieden, während Ruri distanziert blieb und der Clubpräsident ohnehin in seiner eigenen Welt verweilte. Draußen auf dem Gang blickte er auf die Uhr und bemerkte, dass ihm noch eine Stunde blieb, bis Kirinos Fotoshooting beginnen würde. Anders als sein Vater war er nie bei einem zugegen. Er fragte sich innerlich, wie es sich wohl anfühlen würde. Als er endlich am Park ankam, wo das Fotoshooting stattfand, fühlte er sich reichlich deplatziert. Er hatte erwartet sich irgendwo setzen und dem Treiben zusehen zu können, aber nein, er musste zusammen mit den anderen schaulustigen am Rand stehen bleiben und zusehen. Mit den anderen Schaulustigen… als ob er irgendjemand wäre. Er war der Bruder des Models, Kirino hatte ihn schließlich extra gebeten hier in Erscheinung zu treten. Aber ein Gutes hatte die Position in der er sich befand. Niemand verdächtigte ihn, sollte Kirino wirklich einen heimlichen Stalker haben, könnte er die Leute in aller Ruhe beobachten. So hatte er es sich zumindest gedacht. Die Scharren an Leute wechselten ständig und einige zogen ihre Handys um das Shooting selbst zu fotografieren. Meinte Kirino diese Kerle als sie sagte, sie glaubte heimlich fotografiert zu werden? Keiner von ihnen sah auf irgendeine Weise besessen aus, bildete sich seine kleine Schwester also alles nur ein? Er hatte Kirino im Blickfeld und wunderte sich einmal mehr über eines ihrer Talente. Ständig drehte sie sich und lächelte in die Kamera. Aber war dieses Lächeln nur aufgesetzt? Nein, Kyousuke wusste, dass seine kleine Schwester wirklich Spaß dabei hatte. „OK! Schluss für heute!“, rief der Redakteur dazwischen und auch die Schaulustigen verzogen sich einer nach dem anderen. Kyousuke brummte und schritt mit weiten Schritten auf Kirino zu. Unerwartet schob sich ein Angestellter vor ihn und hielt ihn auf. „Tut mir leid, geschlossene Veranstaltung.“, erklärte er dem Schüler. Kyousuke wollte sich gerade rechtfertigen, doch scheinbar kam ihm jemand zuvor. „Nein, das geht schon in Ordnung. Kyousuke-kun ist Kirino-chans großer Bruder, ich verbürge mich für ihn.“ Der Angestellter wirkte sofort besänftigt, doch Kyousuke brauchte etwas um den Jungen zu identifizieren, der nun zusammen mit Kirino in seine Richtung schritt. „Mikagami…richtig?“, stammelte er nun. Der Schönling grinste und reichte Kyousuke die Hand. „Schön, dich einmal wieder zu sehen.“ Kirino wirkte immer noch angespannt und wühlte in ihren Sachen. „Gleichfalls… aber was hast du hier zu suchen?“, hakte Kyousuke nach. Das erzeugte Überraschung in Mikagamis Gesicht, die er schwerlich verbergen konnte. „Kirino-chan, hast du ihm nicht erzählt, dass ich ebenfalls als Model tätig bin?“ Kyousukes kleine Schwester presste ihre Lippen zusammen und zuckte mit den Schultern. Kyousuke wusste natürlich, dass Kirino von alleine nie auf die Idee kommen würde ihm von ihrem Leben zu erzählen, ließ es aber auf sich beruhen. Und auch, dass Mikagami im Modelgeschäft tätig war, war nichts Erstaunliches. Selbst seine Mutter war ganz hin und weg von ihm gewesen, als es einmal dazu gekommen war, dass er Kirinos Freund hatte spielen müssen. „Ich hatte nicht erwartet, dass du dich so für Kirino-chans Arbeit interessierst.“, flötete Mikagami nun. „Ich auch nicht.“, erwiderte Kyousuke unschuldig und sah dann zu seiner kleinen Schwester. „Du weißt, die Leute fotografieren solche Attraktionen ständig! Bist du sicher, dass einer davon zu weit gehen könnte?“ Mikagami brauchte etwas, um den Faden aufzufangen. „Geht es etwa um den Typ der letztens weggerannt ist, als wir den Heimweg angetreten sind?“, hakte er nach und Kirino nickte schwach. „Jetzt sag nicht wieder, dass es nur ein Kind gewesen sein könnte. Gestern war es nämlich schon das zweite Mal!“, rechtfertigte sie sich. Mikagami schwieg, da er scheinbar nicht wusste, wie er sie beruhigen sollte. „Ihr beide verlasst das Set also immer gemeinsam? Warum brauchst du denn mich, Mikagami scheint doch ein würdiger Beschützer zu sein.“, wand Kyousuke ein und brachte das männliche Model so in Verlegenheit. „Nur, dass Mikagami-kun nichts ernst nimmt!“, beschwerte sie sich. „Gut, dann schlage ich vor, dass wir langsam den Heimweg antreten. Ich begleite euch bis zur Bahn-Haltestelle, einverstanden?“, schlug Mikagami vor und die Geschwister nickten zustimmend. Es war schneller dunkel geworden als einkalkuliert und Kirino sah sich nach allen Seiten um. Dann fuhr sie sich mit den Händen an den Oberarmen entlang und presste die Lippen zusammen. „Hier…“ Skeptisch sah sie erst zu Mikagami, dann zu ihrem Bruder. Beide hatten fast zweitgleich begonnen ihre Jacken abzustreifen. „Nein danke.“, erwiderte sie kühl und beschleunigte ihren Schritt. Kyousuke sah zu Mikagami, doch nichts konnte dessen Lächeln bremsen. Und dann das Geräusch. Es klang, als wäre der Deckel eines Abfalleimers hinabgefallen. Nur eine Katze, oder… „Ihr bleibt hier!“, befahl Kyousuke und begann zu laufen. „Hey warte!“, wollte sich Mikagami dies nicht gefallen lassen und folgte ihm. „Ihr lasst mich einfach so zurück?“, konnte es Kirino nicht fassen. Kyousuke und Mikagami waren inzwischen um die Ecke gebogen, und fanden den Tatort vor. Nichts Seltsames war daran zu erkennen und Kyousuke wollte bereits umkehren. Doch Mikagami bückte sich und hob etwas auf. „Ist das… ein Handyanhänger?“, glaubte Kyousuke fragen zu müssen. Mikagami nickte schwach, es war ein rotes Band mit dem Gesicht eines männlichen Animecharakters darauf. „Ahhh!“ Der Schrei stammte eindeutig von Kirino. So schnell die beiden ihre Beine trugen, hasteten sie zurück und standen kurz darauf vor ihr. „Hilfe! Verjagt ihn!“, kreischte Kirino weiter. Kyousuke wand seinen Blick und starrte skeptisch in die Augen eines schwarzen Labradors. Dieser ließ lässig die Zunge heraushängen und wiegte den Kopf. „Kirino-chan, ich denke nicht, dass du dir wegen dem Sorgen machen musst.“, redete Mikagami beruhigend auf sie ein. Doch als Kirino keine Anstalten machte, den Labrador einfach zu ignorieren, schritt Kyousuke auf ihn zu und winkte mit der Hand. „Los, hau schon ab. Husch husch!“ Keine Regung, der Labrador schien ihn nicht zu verstehen, worauf Kyousuke näher schritt. „Ich sagte Husch…“ Dann geschah es. Kyousuke reagierte zwar instinktiv und zog seine Hand zurück, doch der Labrador hatte bereits danach geschnappt. „Verdammt!“, fluchte der Oberschüler und taumelte zurück. „Das Ding ist ja gefährlich!“ Mikagami stürzte zu ihm, doch der Hund schritt nicht näher. „Das wohl kaum, durch deine Handbewegung nahm er an, dass du ihn füttern wolltest.“, klärte er das Missverständnis auf. Kyousuke fluchte nur. „Aber doch nicht mit meiner Hand!“ Er betrachtete sie eingehend, es blutete, wenn auch nicht stark. Der Hund hatte inzwischen die Flucht ergriffen und Mikagami blickte auf seine Armbanduhr. „Tja, Reinfall. Wir können den Spaß ja gerne Morgen wiederholen, aber ich muss jetzt meinen Zug erwischen. Du solltest die Wunde desinfizieren, es ist ja nicht mehr weit bis zu eurem Haus.“, meinte er und verabschiedete sich dann von den Geschwistern. „Man… du bist wirklich nutzlos. Du solltest dem Kerl eine Lektion erteilen und dann legst du dich auch noch mit einem harmlosen Köter an!“, warf ihm Kirino vor, als Mikagami verschwunden war. Kyousukes Stirn zog sich in Falten. „Was soll das den bitte heißen? Ich bin nur hier um dir zu helfen und das ist der Dank?“, keifte er zurück. Kirino drehte zickig ihren Kopf weg und setzte ihren Weg fort. Kyousuke presste seine heile Hand auf die verletzte und begleite seine Schwester das restliche Stück bis zu ihrem Haus. „Ich bin in meinem Zimmer.“, informierte sie ihn und Kyousuke seufzte nur. Was hatte er von diesem Tag schon erwartet? Er sah sich um, doch Mama und Papa schienen noch nicht zu Hause zu sein. Wo verdammt, hatten sie Desinfektionsmittel, oder Jod? Er sah im Bad nach, fand es aber nicht. Also gab er auf und beschloss sich in seinem Zimmer einfach ein Pflaster überzukleben. Kaum hatte er sich auf sein Bett fallen lassen, sprang seine Tür auf und Kirino stand vor ihm. „Man, lauf nicht ständig weg. Das Desinfektionsmittel lag im Keller herum.“, verriet sie ihm und schritt näher. Ungläubig beobachtete Kyousuke wie seine kleine Schwester nun etwas aus der Flasche auf ein Stück Watte tropfte und dann näher kam. „Halt still!“, beschwor sie ihn und dieser folgte brav. Es brannte, als Kirino das Mittel auf die Wunde tropfen ließ. Wie ein Feuer, das sich schnell über Kyousukes Hand ausbreitete. Aber nur für einen Moment. Kirino hatte schnell ein Pflaster parat und klebte es auf die Wunde. „So… das dürfte wohl reichen.“, befand sie und wollte wieder gehen. „Hey… jetzt warte doch mal!“, hielt sie ihr Bruder auf. „Was?“, fragte Kirino, etwas eingeschnappt klingend. „Ach, nur… danke.“, brachte er heraus und ließ Kirino dann ziehen. Er ließ sich in sein Bett fallen und betrachtete das Pflaster. Obwohl er erst vorhin von einem aggressiven Hund – na gut, einem missverstandenen Hund – angefallen worden war, schlich sich ein Lächeln über sein Gesicht. „Kirino, damit ist nicht zu spaßen! Du solltest dich nicht in der Nähe dieses Perversen herumtreiben!“, warf ihr Ayase vor. Kirino wehrte aber schnell ab. „Achwas, vielleicht habe ich mir das ja auch alles nur eingebildet.“, wollte sie ihre beste Freundin nicht beunruhigen, auch wenn sie es selbst nicht glaubte. „Nein, ich spreche natürlich von Onii-san! Nachts allein mit deinem Bruder durch die Straßen zu schleichen… was da alles passieren könnte!“ Kirino ließ ihren Kopf auf die Tischplatte fallen. „Er wollte mir nur helfen. Und Mikagami-kun war ja auch noch dabei.“, glaubte sie anmerken zu müssen. „Weißt du was, ich werde dich heute begleiten.“, schlug Ayase vor, doch Kirino wehrte sofort ab. „Nein, du bist für dieses Shooting gar nicht eingeteilt und hast ohnehin viel zu tun.“, erinnerte sie ihre Freundin. Doch Ayase wollte sich damit nicht zufrieden geben. „Ich lasse meine beste Freundin doch nicht einfach so im Stich!“, beharrte sie. Kirino ergriff ihre Schultern und nickte ihr zu. „Du übertreibst! Mein Bruder begleitet mich heute wieder nach Hause, das musste er mir versprechen. Stell dir vor, es wäre wirklich ein Perverser hinter mir her, dann würde er sich zuerst auf dich stürzen!“ Dieser Gedanke gefiel Ayase natürlich wenig und natürlich war Kyousuke ein wesentlich bessere Beschützer als sie selbst. Schließlich willigte sie ein, nichts zu unternehmen und wünschte Kirino viel Glück für das Shooting. Eine Stunde nach der Schule war es dann wieder soweit. Die Arbeit fiel Kirino heute sichtlich schwerer, etwas belastete sie. War es wirklich dieser Stalker, oder… Sie blickte zu den Passanten und runzelte die Stirn. Sie konnte ihren Bruder nirgends entdecken. Doch, ganz hinten, völlig unscheinbar schlich er entlang und beobachtete die Leute. Sie musste grinsen, auf Kyousuke konnte sie sich verlassen wenn es darauf ankam. Seine bloße Anwesenheit schien ihr neue Kraft zu geben und den Kameraleuten das zu geben, wonach zu gierten. Als das Shooting endlich fertig war, war sie es auch. Mikagami hatte heute nicht arbeiten müssen, dieser Glückspilz. Kyousuke trat diesmal nicht auf sie zu, er wartete brav an der Seitenlinie und winkte ihr zu, als sie endlich im Begriff war zu gehen. „Ich weiß, du musst ziemlich stolz auf deine kleine Schwester sein.“, begrüßte sie ihn auf ihre eigene Weise. „Ja ja…“, erwiderte Kyousuke nur und zusammen traten sie den Heimweg an. Beide gingen nur sehr langsam, so dass er genauso schnell dunkel wurde wie gestern. Es war Kyousukes Idee gewesen, er wollte den möglichen Stalker auf frischer Tat ertappen. Noch rührte sich nichts, doch Kirino rieb sich wieder über die Oberarme. „Ist dir kalt?“, hakte ihr Bruder nach, doch Kirino verneinte. „Nein.“ Kyousuke seufte. „Ich sehe es doch. Warte, du kannst meine Jacke…“ Kirino fuhr herum und blickte ihn erbost an. „Kannst du mir nicht zuhören? Ich sagte nein! Mach einfach um was ich dich gebeten habe!“, blaffte sie und nun wurde auch Kyousuke sauer. „Na hör mal, ich versuche dir lediglich zu…“ Weiter kam er nicht. Ein Licht, ein kurzes Aufflackern kam aus einer der Gasse. Eine Kamera, vielleicht? Kyousuke nahm seine Beine in die Hand und Kirino folgte ihm. Beide hörten Schritte die sich immer schneller entfernten. So nicht, dachte Kyousuke. Der Kerl würde ihm nicht entkommen! Er kannte die Örtlichkeiten und wusste, dass der Stalker direkt auf eine Sackgasse zusteuerte. Mit triumphierenden Gesicht erhöhte er sein Tempo um die Überraschung des Typs auszunutzen. „Jetzt habe ich di…“, begann er, stutzte er unverzüglich. Der Stalker war in eine Falle geraten, doch mit dem Anblick der sich Kyousuke und Kirino bot, hatten sie nicht gerechnet. „Hey… dich kenne ich doch…“, fiel es Kirino als erste auf. Kyousuke hob eine Augenbraue und musterte den Typen vor sich. Oder nein, es war kein Typ, sondern ein Mädchen. Eines, das Kyousuke sogar recht gut kannte, da sie denselben Club besuchten. „Sena…san?“, staunte er nicht schlecht. Tatsächlich, vor den beiden presste sich eine panische Sena Akagi gegen die Wand, in einer Hand eine Digital-Kamera. „Kousaka-senpai… Kirino-chan… was für eine Überraschung euch hier zu treffen! Ich war zufällig in der Gegend…“ Zwecklos. „Verkauf uns nicht für dumm! Du hast heimlich Fotos von uns geschossen, es hat keinen Sinn das noch zu leugnen!“, behaarte er darauf. Sena schluckte und beschloss aufzugeben. „Das… war aber nicht meine Schuld! Ich hatte erwartet Mikagami-san hier zu treffen. Warum begleitet er euch heute nicht?“, wurde ihre Stimme schnell aufbrausend. Kyousuke sah sie verwirrt an. Was hatte Mikagami hiermit zu tun? „Er musste heute nicht, arbeiten, warum fragst du?“, hakte Kirino nach. Sena wirkte etwas verlegen, antwortete dann aber doch noch. „Naja… Ich wollte einfach ein paar Fotos von ihm schießen… so ganz natürlich, anders als beim Set, versteht ihr?“ Kirino und Kyousuke verstanden aber kein Wort. „Achso… die letzten Tage hattest du es also auf Mikagami abgesehen und nicht auf meine Schwester?“, schien letzter langsam zu verstehen. Sena nickte immer wieder bekräftigend. Kirino wirkte erleichtert. Aber trotzdem verwirrt. „Aber warum schießt du heimlich Fotos von Mikagami-san?“, wollte sie wissen. Sena kratzte sich verlegen an der Wange. „Nun… von Kousaka-senpai welche zu knipsen ist einfach, da er auf meine Schule geht. Aber bei Mikagami-san wird das schwieriger. Aber ich brauche dringend Fotos von beiden für meinen ähh… meine Foto-Lovestory.“, rückte sie nun mit der ganzen Wahrheit heraus. Kirino wich angewidert zurück. „Foto… was? Was bist du, eine Fujoshi?“, fragte sie perplex. Kyousuke konnte nur resigniert nicken. „Sie ist die Königin der Fujoshis, falls du das nicht wusstest.“, half er ihr auf die Sprünge. Sena trat nun nach vorne und verbeugte sich. „Es tut mir aufrichtig leid! Ich wusste, ihr hättet mir nie erlaubt welche zu schießen, wenn ihr die Wahrheit gekannt hättet.“ „Verdammt, das hätten wir wirklich nicht!“, schrie Kyousuke und schnappte sich die Kamera. In sekundenschnelle waren alle Bilder, die einem zweifelhaften Zweck zur Verfügung gestellt worden wären, gelöscht. Sena brach in Tränen aus, in angebracht ihres gescheiterten Projekts. „Nein! Wie gemein! Das erzähle ich Onii-chan!“, beschwerte sich und trat dann den Rückzug an. Kirino fuhr sich mit der Hand auf die Stirn und seufzte. „Das war es also…“, murmelte sie. „Sieh es doch mal so, es hätte wirklich jemand Gefährliches sein können.“, erinnerte er sie. Kirino nickte und drehte sich dann um. „Wollen wir… nach Hause gehen?“, schlug sie vor. Kyousuke besaß natürlich keinerlei Einwände. „Ja… gehen wir nach Hause.“ Zu Hause gelang es ihnen sich erstmals von dem Schrecken zu erholen. Ihre Eltern waren auch heute nicht zugegen, sicher weil ihr Vater länger arbeiten musste und ihre Mutter eine Freundin im Haushalt half, nachdem diese erkrankt war. „Du musst Sena verzeihen, sie ist manchmal etwas…“, begann Kyousuke, doch Kirino schien bereits wieder darüber hinweg zu sein. „Ich bin müde.“, sagte sie stattdessen. Kyousuke nickte und sah Richtung Küche. „Ich kann uns noch Tee machen wenn du willst.“, schlug er vor. Kirino zuckte mit den Schultern und schritt dann die Treppe hinauf. Kyousuke hatte es lange aufgegeben ein Bitte oder Danke zu erwarten. Also stellte er eine Kanne heißes Wasser auf und durchsuchte die Schränke nach Tee. In der Ecke fand er einen letzten Vorrat an Fukuyu, einen Tee den Kirino besonders gern wegen seines Dufts mochte. Er nutzte die Gelegenheit um etwas aufzuräumen, dann füllte er den Tee in zwei Tassen und schlenderte die Treppe nach oben. Er klopfte an Kirinos Zimmertür und vernahm ein ‚Mhm’, das er als Eintrittserlaubnis wertete. Seine kleine Schwester schien sich bestens erholt zu haben, denn sie hockte bereits wieder vor dem Laptop und spielte eines ihrer Eroge. „Lass ihn nicht kalt werden.“, meinte Kyousuke und wollte sie dann in Frieden lassen. „Warte… Aniki…“, sagte Kirino darauf und etwas zog sich in Kyousuke zusammen. Es begann nie gut, wenn seine kleine Schwester dieses Wort aussprach. Natürlich, er war ihr großer Bruder, wie sollte sie ihn sonst nennen? Das Verhältnis der beiden war lange Zeit angespannt gewesen, weshalb er sich eigentlich darüber hätte freuen müssen. Doch immer wenn Kirino dieses Wort benutzte, zeigte sie sich offener ihm gegenüber. „Was genau… bin ich eigentlich für dich?“, wollte sie wissen. Kyousuke wich beinahe einen Moment zurück. „Was du für mich bist? Du bist natürlich meine kleine Schwester!“, meinte er selbstverständlich. Kirino wich seinem Blick aus. „Deine… nervige kleine Schwester?“, wollte sie wissen und setzte sich auf ihr Bett. Das überraschte Kyousuke zusehends. „Wie kommst du jetzt darauf?“, hakte er nach. Kirino presste die Lippen zusammen und sah zu Boden. „Du hattest anderes zu tun, aber ich war wie immer selbstsüchtig und habe dir meine Probleme aufgehalst. Und am Ende hat sich herausgestellt, dass ich dich gar nicht gebraucht hätte. Ich meine… ich war natürlich dankbar, dass du dabei warst, nur ich…“ Als Kyousuke plötzlich zu kichern begann, wirkte Kirino reichlich verwirrt. Er setzte sich auf die Bettkante und stupste seinen Finger gegen Kirinos Schläfe. „Ich hatte nicht erwartet, dass dieser vermeintliche Stalker so viel Selbstkritik in dir wachrufen würde.“, meinte er belustigt. Kirino wurde rot und sofort kam die gewohnte Wut in ihr auf. „Man! Du nimmst mich einfach nicht ernst! Dummer Aniki!“, brauste sie auf. Kyousuke hob abwehrend die Hände, zum Zeichen des Friedens. „Ich helfe dir doch gerne, das war kein Problem.“, wollte er keine große Sache daraus machen. Doch für Kirino schien sie das zu sein. „Aber du hast auch dein eigenes Leben und ich kann manchmal wirklich egoistisch sein.“, wand sie ein. Kyousuke war umso überraschter, wie ehrlich Kirino plötzlich war. „Ich sagte doch, es wäre kein Problem, oder? Den Tag mit Manami kann ich jederzeit nachholen und der Club hat auch keine Priorität. Und da Ruri und ich uns getrennt haben, habe ich ohnehin mehr Zeit zur Verfügung.“, stellte er nochmal klar. Kirino betrachtete ihn verdutzt. „Wer… ist Ruri?“, hakte sie nach. Kyousuke stutzte einen Moment. „Na… Ruri eben.“, konnte er dem Ganzen nicht folgen. Kirinos Blick wurde noch verwirrter. „Deine Freundin? Kuroneko?“, startete er einen weiteren Versuch. Kirinos Augenbrauen zogen sich zusammen. „Ach… die heißt in Wirklichkeit Ruri?“, staunte sie nicht schlecht. Kyousuke wich vor seiner eigenen Schwester zurück. „Wa... wa… warte mal! Sie gehört zu deinen Freundinnen und du kanntest nicht einmal ihren richtigen Namen?“, konnte er es nicht glauben. Kirino rollte mit den Augen. „Na und? Es ging doch nur um diese dumme Ziege, da ist der Name nicht so wichtig.“ Kyousuke spürte ironischerweise Erleichterung, dass sich seine wahre Schwester wieder zeigte. Ihr sentimentales Station schien geendet zu haben. Er klatschte sich gegen die Stirn und seufzte hörbar. „Diese Seite an mir… muss dir wirklich zuwider sein, oder?“, fragte Kirino nun teils stoisch. Kyousuke musterte sie einen Moment eingehend. „Du bist eben… gewöhnungsbedürftig…“, glaubte er sagen zu müssen. Kirino sah ihm schließlich direkt in die Augen. „Aber du… hast dich an mich gewöhnt? Klar, du bist auch mein Bruder. Man muss sich mit den Eigenheiten seiner Familie arrangieren, egal ob sie einem gefallen oder nicht.“, entkam es ihr. Kyousuke schüttelte unverzüglich den Kopf. „So ist es nicht! Klar, du stellst dich oft über andere, machst was dir gefällt, ohne erst an andere zu denken, bist in allem besser als ich und durch dich habe ich erst erfahren was das Wort Tsundere wirklich bedeutet. Aber… Aber selbst wenn du nicht meine kleine Schwester wärst, würde ich dich unbedingt kennen lernen wollen.“, sagte er mit fester Stimme. Kirino konnte ihren Unglauben nun nicht mehr verbergen. „Aber… wieso? Wieso würdest du in der Nähe von jemandem wie mir sein wollen, wenn du es nicht müsstest?“ Kyousuke öffnete seine Lippen, doch nichts kam heraus. Er hatte es ehrlich gemeint, er würde auf jedenfall bei Kirino sein wollen, ihr jeden Wunsch erfüllen, selbst ohne die Pflicht der Verwandtschaft. Es war diese Gewissheit, die über ihn hereinbrach. „Ich… weiß es nicht.“, sagte er stattdessen. Kirino schluckte und rückte unwillkürlich näher an ihren Bruder heran. „Aber… du hast doch noch diese Brillentussi. Und diese nervige Goth-Loli! Warum würdest du ausgerechnet mich, ihnen vorziehen?“, konnte sie ihm nicht folgen. Kyousuke blickte zur Seite und dachte ernsthaft darüber nach. „Manamis Großeltern wollen uns ständig verkuppeln. Und Ruri sagte mir, sie müsse sich von mir trennen, weil unser beider Gefühle einfach nicht identisch sind.“ Kirino ergriff seine Hand, etwa als eine Art Trost? „Denkst du auch so? Oder wärst du gerne mit ihr zusammengeblieben?“, schien ihr diese Frage äußerst wichtig zu sein. Kyousukes und ihre Blicke trafen sich. „Denkst du… es wäre in Ordnung gewesen, weiterhin mit ihr zu gehen?“, bat er um ihren Rat. Kirino schüttelte leicht, kaum merklich den Kopf. „Wa… warum nicht?“, wollte er es genauer wissen. Kirino drückte seine Hand fester und rückte noch näher. „Darum.“, flüsterte sie und drückte ihre Lippen sanft auf Kyousukes Wangen. Dieser erstarrte auf die eine Sekunde zur anderen zu Stein und war unfähig sich zu bewegen. „Darum.“, flüsterte sie erneut und küsste Kyousukes Mundwinkel. Es war, als stünde er in Flammen und war durch den Schock gelähmt. „Darum.“, flüsterte sie ein drittes Mal und drückte ihre Lippen auf die ihres Bruders. Sie waren so sanft, so unglaublich sanft, dachte er. Kirino hatte ihre Augen geschlossen, Kyousuke dagegen behielt sie weit offen. Ungläubig sah er dabei zu, wie seine Lippen mit denen seiner kleinen Schwester verschmolzen. Das Feuer hatte sie beide eingehüllt, doch es fühlte sich unglaublich schön an. Etwas Schöneres, hatte Kyousuke noch nie zuvor in seinem Leben gespürt. Dieses nie enden wollende Gefühl, nahm nun doch ein Ende, als beiden bewusst wurde, was sie gerade taten. Kirino wand den Kopf ab und stürmte aus ihrem Zimmer. Eigentlich hätte es Kyousuke sein müssen, schließlich gehörte der Raum seiner Schwester. Er überlegte, ob er ihr folgen sollte, doch er wusste ja selbst nicht, wie er ihr gegenübertreten sollte. Langsam strich er sich über die Lippen. Er spürte immer noch den Mund seiner Schwester auf ihnen. Dieses Gefühl sollte sich nie wieder einstellen, obgleich er wusste, wie falsch es war. Er hörte das Wasser im Badezimmer rauschen. Ekelte sich Kirino vor dem, was sie getan hatte? Kyousuke tat dies nicht, ihn ihm drang sich der Wunsch auf, zu Kirino zu laufen und sie in den Arm zu nehmen. Aber sollte er das wirklich? Kirino war nicht ohne Grund weggelaufen. Es war das klügste, wenn er in seinem Zimmer wartete, selbst wenn es ihn auffressen sollte. Kirino müsste selbst zu ihm kommen, wenn sie verstanden hatte, was da gerade zwischen den beiden geschehen war. Zurück in seinem eigenen Reich ließ er sich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Er hatte seine eigene, kleine Schwester geküsst, war er inzwischen völlig verrückt geworden? Aber warum… hatte er es dann so genossen? Die ganze halbe Nacht wartete er vergebens auf Kirino. Dann schlief er schließlich ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)