The darkest thrill von Porzellan_Puppe (NaruSasu) ================================================================================ Kapitel 8: Through hell and high tide ------------------------------------- Es dauert nicht lange bis zur ersten Auseinandersetzung.   Das ist nichts Ungewöhnliches, denn es ist nicht die erste überhaupt, aber die erste in ihrer neuen Wohnung und dabei sind sie noch nicht einmal richtig eingezogen.   Jiraiya war so nett und hat Naruto morgens samt seiner wenigen Habseligkeiten bei der Wohnung abgesetzt, bevor er für irgendwelche zweifelhaften Recherchen in die Innenstadt gefahren ist, während sich Sasuke auf den Weg zu einem Freund gemacht hat, bei dem seine ganzen Sachen untergebracht waren. Ihr neues Zuhause liegt ein bisschen zentraler, ist ein bisschen größer als Sasukes alte Wohnung, was aber nicht viel heißt, denn es gibt nur zwei Zimmer, für mehr reicht das Geld nicht. Sie hat ihre besten Jahre schon hinter sich, aber Naruto findet das irgendwie charmant und Sasuke schien bei der Wohnungssuche sowieso keine Meinung zu haben, solange er einen Raum für sich hat, in den er sich zurückziehen kann, wenn Naruto seine Toleranzgrenze für den Tag überschreitet.   In der Theorie wollte Naruto als erster ankommen, die neue Erweiterung an seinem Schlüsselbund fest in der Hand haltend, und sich mitten in das zukünftige Wohnzimmer setzen, direkt vor die Tür, um Sasuke voller Stolz zu begrüßen, sobald er seinen ersten Schritt auf den abgetretenen Fußboden macht. Aber als die Tür schließlich aufgeht, fällt Narutos Gesichtsausdruck von Erwartungsfreude herunter zu Unglauben und Ärger, das geplante "Willkommen in unserer Wohnung!" stirbt in seiner Kehle, stattdessen gibt es nur ein leise grollendes "Sasuke… wo ist dein Zeug?".   Als Antwort erhält er eine halbherzig vor sich hin genuschelte Erklärung, die es nicht ganz schafft zu überzeugen (Freunde mit Autos sind nicht zwangsläufig besonders gute Freunde, wie es scheint) und an sich ist Naruto ein Fan von Spontaneität und dem Unerwarteten und überraschenden Wendungen, aber nicht, wenn es das bedeutet.   "Meinst du das wirklich ernst?", fragt er vorsichtshalber nach, in der Hoffnung, es ist nur ein schlechter Scherz auf seine Kosten und Sasuke wird ihn gleich dazu auffordern, mit nach draußen zu kommen und beim Einräumen zu helfen. Aber der zieht es vor zu schweigen und die Glühbirne zu studieren, die an einem Kabel von der Decke baumelt.   Es ist wirklich erstaunlich, findet Naruto, woher Sasuke immer wieder das Talent nimmt, andernfalls perfekte Tage zu ruinieren. Heute sollte der Start eines neuen verheißungsvollen Kapitels seines jungen Lebens werden und anstatt vor Glück zu strahlen, muss er die nagenden Zweifel zurückdrängen, wie er in Zukunft mit Sasuke zusammenleben soll, wenn er schon nach wenigen Minuten eigentlich nur gehen möchte. Dafür, dass er Unkompliziertheit und Gelassenheit als sein Aushängeschild benutzt, wirft ihn das hier mehr aus der Bahn als er gerne hätte, aber er hat sich so gefreut und wenn er Sasuke jetzt ansieht (der seinem Blick noch immer ausweicht), ist da nur Wut und Frust.   "Was zur Hölle sollen wir jetzt tun? Auf dem Boden schlafen? Dachtest du, das wäre 'ne gute Idee, oder was?!"   "Lass es gut sein—"   "Nein, werde ich nicht! Du hattest diese eine Aufgabe und jetzt haben wir 'ne leere Wohnung!"   "Warum bleibt alles an mir hängen?! Wieso konntest du dich nicht um irgendwas kümmern?!"   "Weil ich gedacht hab, dass du das tust!"   "Werd erwachsen, Naruto! Wenn ich irgendein Kerl wäre, hättest du da einfach nichts mitgebracht? Nein, aber weil ich es bin, denkst du, du kannst rumsitzen und ich hab alles, was du brauchst!"   "Whoa, fick dich! Versuchst du gerade, mir die Schuld zu geben? Ich hab nicht mal Möbel, die ich hierher schleppen könnte!"   Das hilft nicht weiter, beschließt Naruto und geht einen Schritt zurück, sich zu streiten nützt niemandem etwas und es ist besser, wenn er sich beruhigt, bevor die Sache eskaliert, denn er ist sich nicht sicher, ob er in der Situation auf Sasukes Vernunft zählen kann. Deshalb atmet er ein paar Mal tief durch und läuft haareraufend Kreise, bevor er sich wieder dazu im Stande fühlt, in Sasukes Gesicht zu schauen ohne den Impuls, seine Faust darin zu versenken.   "Okay. Was machen wir jetzt?"   Sasuke zuckt mit den Schultern, als wäre die Angelegenheit nicht weiter wichtig, nichts, worüber er sich Gedanken machen müsste.   "Keine Ahnung. 'Ne Matratze würde ja vorerst reichen."   "Ich kann Jiraiya anrufen, wenn er wieder zu Hause ist."   "Ja, mach das."   Zwei Stunden später gibt es zwar eine Schlafmöglichkeit (Narutos alte Matratze, auf der es schon dicht an Hinata gekuschelt sehr eng war), aber das ist in seinen Augen nur marginal besser als auf dem Boden zu schlafen—da gäbe es wenigstens genug Platz. Das Auspacken ist auch schon erledigt, denn es fehlt ja jeglicher Stauraum bis auf Küche und Bad, und seit ein paar Minuten sitzt Naruto nur noch auf seiner Matratze, die ein bisschen verloren wirkt in dem großen Raum, der eigentlich relativ klein ist und nur so groß erscheint, weil er komplett leer ist. Was Sasuke macht, weiß er nicht, und es interessiert ihn auch nicht genug, um aufzustehen und nachzusehen. Morgen hat er die ganze Sache wahrscheinlich schon wieder vergessen, denn Naruto ist nicht nachtragend, auch wenn er ihm im Moment lieber aus dem Weg geht.   Aber Naruto wäre nicht Naruto, wenn er der Situation nicht auch etwas Positives abgewinnen könnte. Nach zähen Minuten an die Wand starren und Gedanken wandern lassen, fällt ihm auf, dass es keinen besseren Zeitpunkt für eine Einweihungsfeier gibt, denn was nicht da ist, kann auch nicht kaputt gehen. Die Idee trägt er sofort Sasuke vor, der vielleicht doch ein kleines bisschen schuldbewusst ist und nichts dagegen hat. Vorbereitungen zu treffen lenkt ihn ein wenig von seiner Misere ab und andere Menschen um sich zu haben, schadet sicher auch nicht. Zum Glück ist am Ende der Straße ein kleiner Off-licence-Shop und Naruto muss nur drei Mal hin und zurück laufen, bis er alle Getränke und sonstigen Einkäufe in der Wohnung verstaut hat. Dann geht er seine Kontaktliste durch, um kurzfristige Einladungs-SMS zu verschicken. Bei einem Namen gerät er allerdings ins Zögern.   "Stört es dich, wenn Hinata kommt?", fragt er, ohne den Blick von seinem Handydisplay zu heben.   "Sie ist deine Freundin. Du kannst sie schlecht nicht einladen."   Das beantwortet zwar nicht seine eigentliche Frage, verrät ihm aber trotzdem, was er wissen will.   Gefüllt mit Menschen wirkt der kahle Raum ein bisschen weniger trostlos. Anfangs hallen die Musik und Gespräche zwar sehr, aber es wird besser, je mehr Leute kommen, auch wenn Naruto einige von ihnen noch nie gesehen hat. Wahrscheinlich sind es Freunde von Sasuke, der erstaunlich gut gelaunt ist, aber nicht immer präsent. Naruto achtet allerdings auch nicht besonders auf ihn, denn Hinata ist durch den Alkohol ein bisschen forscher als sonst und seine eigene steigende Trunkenheit besorgt den Rest. Irgendwann hört er auf zu denken und reagiert einfach nur noch.   Ein paar Stunden später schwört sich Naruto, nie wieder Gastgeber von irgendwelchen Partys zu sein, als er langsam nüchtern wird und ihm auffällt, dass das Bad nach Gras riecht und sein frischgekaufter Vorrat an Instantsuppen weg ist. Bierflaschen stehen überall herum oder liegen in Scherben verteilt und der Fußboden klebt. Kopfschüttelnd beschließt er, das Aufräumen auf den nächsten Tag zu verschieben, wenn Sasuke wach ist und mithelfen kann. Vor einiger Zeit hat er sich in das andere Zimmer zurückgezogen, allerdings nicht zum Schlafen, wie Naruto feststellt, denn selbst mit dem wenigen Licht, das von der geöffneten Tür einfällt, kann er sehen, dass Sasuke mit wachen Augen an die Decke starrt. Umso besser, denkt Naruto und lässt sich auf seine Hälfte der Matratze fallen, so braucht er wenigstens nicht mehr extra leise zu sein, um Sasuke nicht aufzuwecken.   Das Einschlafen gestaltet sich als schwierig, denn sobald er die Augen schließt, fährt sein Gleichgewichtssinn Karussell und dann ist da noch Sasuke, der wohl genauso wenig schlafen kann, wenn das ständige hin und her Wälzen etwas zu bedeuten hat. Irgendwann ebbt das Schwindelgefühl ab und er beginnt, in tiefere Bewusstseinsebenen hinunter zu sinken, aber dann bewegt sich Sasuke schon wieder und streift ihn versehentlich mit der Schulter und er ist so hypersensibilisiert auf jede kleine Berührung, dass es fast denselben Effekt hat wie ein Eimer Eiswasser ins Gesicht. Langsam wird es ihm zu viel, er ist müde und will schlafen und wieso kann Sasuke nicht fünf Minuten lang ruhig liegen?   Genervt dreht sich Naruto herum und stößt ihn unsanft weg, in der Hoffnung, dadurch all seine Probleme zu lösen, aber er hat nicht damit gerechnet, im nächsten Moment auf dem Boden zu liegen, Sasuke wütend und aufrecht sitzend.   "Was ist dein Problem?!", zischt er und Naruto kann nicht glauben, dass er das ernst meint.   "Was ist dein Problem?! Ich versuche nur zu schlafen!", donnert Naruto noch während er sich aufrappelt. "Du drehst dich alle paar Minuten rum, obwohl es verdammt eng ist, die ganze Situation ist scheiße und das ist deine Schuld!"   Falls es Sasuke etwas ausgemacht hat, lässt er sich das nicht anmerken. Vielmehr sieht er aus, als würde er Naruto jeden Moment angreifen und nur auf das eine Wort, den einen Funken warten, der das Pulverfass trifft. Naruto weiß nicht, wie sie überhaupt an diesen Punkt gekommen sind, aber er weiß, dass er nicht im selben Raum mit Sasuke bleiben kann. Eigentlich hatte er sich vorgenommen, solidarisch zu sein, egal, was passiert, aber gerade klappt das nicht, gerade ist er übermüdet und gereizt und will einfach nur schlafen. Ungeschickt tastet er im Dunkeln nach seinem Handy und stürmt aus dem Raum, als er es gefunden hat.   Sasuke sinkt erschöpft auf die Matratze zurück und hört zu, wie sich Naruto mehrmals bei Hinata entschuldigt, dass er sie um diese Zeit anruft, und dann pathetisch um Asyl bettelt (mit einer reichlich überzogenen Darstellung der Ereignisse, wie Sasuke findet). Keine drei Sekunden später ist er wieder im Zimmer und stopft die nächstbesten Klamotten in einen Rucksack, bevor er ohne ein Wort verschwindet. Die Wohnungstür fällt mit einem laut hallenden Klicken ins Schloss, dann wird es still und Sasuke atmet aus.   Für ein paar Tage herrscht Funkstille. Sasuke meldet sich nicht, davon ist Naruto aber sowieso nie ausgegangen, und er selbst hat es auch nicht besonders eilig, in seine kleine leere Wohnung zu seinem untragbaren Mitbewohner zurückzukehren. Denn Hinatas Bett ist so bequem und groß, sie selbst ist lieb wie immer und jeden Tag gibt es leckeres Essen. Aber Naruto hat nicht für einen langen Aufenthalt gepackt, sondern nur die paar Kleidungsstücke, die er im Dunkeln auf die Schnelle finden konnte und schon bald ist sein Vorrat an sauberen Klamotten erschöpft.   Mit großem Unbehagen macht er sich deshalb auf die Reise zu seiner Wohnung und bereitet sich den ganzen Weg in der U-Bahn schon gedanklich auf die Konfrontation vor, die er eigentlich gerne weiter hinausgeschoben hätte. Nur, dass sie nie kommt—nachdem er ein paar Mal in falsche Straßen eingebogen ist und beschämt Passanten nach dem Weg zu seiner eigenen Wohnung fragen musste, steht er voller Staunen im Wohnzimmer, ohne Sasuke, dafür mit Möbeln. Es sieht alles noch sehr provisorisch aus, seine Kartons liegen in einer Ecke zusammen mit seiner Matratze und Sasuke wird bestimmt nie ein erfolgreicher Innenarchitekt, aber das spielt keine Rolle. Er fährt sofort zu Hinata zurück, aber nur, um sich zu verabschieden und seine Sache zu packen, denn jetzt steht dem richtigen Einzug in sein neues Zuhause nichts mehr im Wege.   Narutos anfängliche Bedenken lösen sich mit jedem Tag ein bisschen mehr in Luft auf. Auch wenn er eine Zeit lang überzeugt war, dass es nur in einer Katastrophe enden kann; mit Sasuke zusammen zu wohnen hat einige Vorteile. Wenn er zum Beispiel irgendwo einen coolen Song entdeckt, muss er nur ein bisschen betteln und Sasuke tabt ihn für Naruto, hilft ihm sogar beim Lernen, wenn er gut gelaunt ist. Außerdem schreibt ihm niemand mehr vor, was er zu tun hat. Seine neugewonnene Freiheit lebt Naruto gnadenlos aus, Dinge wie Ordnung und Regelmäßigkeit existieren nicht mehr in seinem Wortschatz, und Sasuke lässt ihn machen, er beschwert sich nicht einmal, wenn Narutos Socken überall verteilt liegen, er kickt sie höchstens beiseite und Naruto findet sie nie wieder. Es braucht drei Wochen und eine verschüttete Chipstüte, bis ihm überhaupt auffällt, dass sie keinen Staubsauger besitzen; der ist mit seinem entwaffnenden Charme aber schnell von den Nachbarn ausgeliehen. Sasuke schaut vom Sofa aus zu und lacht ihn aus, als er über das Kabel fällt.   Die Küche ist praktisch unbenutzt, nur Toaster und Wasserkocher sind im Einsatz, denn keiner von beiden ist wirklich gewillt zu kochen (oder überhaupt in der Lage dazu). Naruto brüstet sich mit der Fähigkeit, die perfekte Instantsuppe kochen zu können und für Sasuke ist es ein guter Tag, wenn sein Toast nicht angesengt ist. Wahrscheinlich fällt das nicht unter das, was Leute eine gesunde und ausgewogene Ernährung nennen, aber was weiß Naruto schon, mit dem Thema hat er sich bisher noch nie auseinander gesetzt und wird jetzt bestimmt nicht damit anfangen.   Zum Kochen oder Aufräumen oder allgemein Ordnung halten hätte Naruto auch überhaupt keine Zeit (und Sasuke hilft erwartungsgemäß wenig mit), denn er muss immer noch sein Leben jonglieren zwischen Job, Studium und Hinata, die er eigentlich nur mitbringt, wenn er weiß, dass Sasuke nicht zu Hause ist. Aber das ist kein Problem, nichts ist mehr ein Problem nach Narutos Definition, denn alles, was er anpackt, geht in letzter Zeit erstaunlich leicht von der Hand, nur seine Leber hat gelegentlich mehr zu arbeiten.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)