The darkest thrill von Porzellan_Puppe (NaruSasu) ================================================================================ Kapitel 14: Louder than bombs ----------------------------- Naruto hat keine Zeit, darüber nachzudenken, wieso er in einer Wanne aufwacht (und sein Gedächtnis zeigt sich bei der Sache nicht gerade kooperativ), denn die Tür zum Badezimmer schwingt auf und Sasuke strauchelt herein. Er hat schonmal besser ausgesehen, definitiv, aber wer weiß schon, seit wann er nur noch von Stimulantien wachgehalten wird. Naruto hat jedenfalls keine Ahnung, wie spät es ist. Musik dröhnt vom Wohnzimmer aus herein, das wahrscheinlich schon ausgebrannt ist oder halb leergeräumt, aber als sich Naruto aufsetzen und einen Blick erhaschen will, schlägt die Tür zu, weil Sasuke sich dagegen fallen gelassen hat. Es dauert nicht lange, bis offensichtlich wird, weshalb sich Sasuke ins Bad geflüchtet hat, denn noch während er abschließt, greift eine unruhige Hand in seine Hosentasche hinein und bringt zum Vorschein, was von seinem Kokainvorrat übrig geblieben ist. Das Tütchen raschelt verheißungsvoll, der pulvrige Inhalt leuchtet unschuldig weiß und Naruto fragt sich, wie lange es wohl noch dauern wird, bis Sasuke bemerkt, dass er nicht allein im Zimmer ist. Aber der interessiert sich gerade nicht für das, was um ihn herum passiert, denn er ist damit beschäftigt, einen kleinen Hügel Kokain in hübsche, ordentliche Linien aufzuteilen. Das macht er mit großer Sorgfalt und nimmt sich mehr Zeit dafür, als eigentlich nötig wäre, obwohl seine Hände schon ganz unruhig sind. Naruto schaut ihm zu, wie er ein zweites Mal in die Taschen greift und einen zerknickten 5-Pfund-Schein herauszieht, den er ungeschickt zusammenrollt, bevor er sich über die zwei weißen Lines beugt. Den Moment wählt Naruto, um Sasuke endlich auf sich aufmerksam zu machen. Mit mehr Mühe als gewohnt setzt er sich auf und faltet seine Arme auf dem Wannenrand, wo er es sich mit seinem Kopf bequem macht. "Gib mir was ab", nuschelt er schläfrig gegen seinen Bizeps und fängt fast an zu lachen, als sich Sasuke erschrocken umdreht, bis sein gescheuchter Blick Naruto findet und er sichtbar entspannt. "Ah. Du bist's nur", murmelt er und packt seine Utensilien wieder zurück in seine Hosentaschen. Naruto hat eigentlich damit gerechnet, dass er defensiver reagiert und vielleicht ein bisschen wütend wird, aber es scheint ihn nicht besonders zu stören. Im Gegenteil, er wirkt sehr zugänglich und hat wohl beschlossen, Naruto ein wenig Gesellschaft zu leisten, denn er lehnt sich mit angewinkelten Beinen an die Wand gegenüber und schaut ihn aus wachen Augen an. "Wie lange liegst du schon hier?" "Keine Ahnung. Ich hab kein Zeitgefühl mehr", gibt Naruto zu und rauft sich die Haare bei dem Gedanken an jede einzelne Weise, auf die er sich im Vollrausch blamiert hat—jedenfalls an das, woran er sich erinnern kann. Er ist immer noch nicht ganz nüchtern, aber die paar Stunden Schlaf (waren es überhaupt so viele?) haben seinen Kopf wieder etwas gerade gerückt. Sasuke scheint das irgendwie zu amüsieren. "Suigetsu und Karin waren zwischendurch mal hier drin. Nicht mitbekommen?" "Ugh", macht Naruto und verzieht angewidert das Gesicht. "Warte. Karin ist doch deine rothaarige Ex-Nachbarin? Was macht sie hier?" "Ich ... weiß es nicht. Sie war auf einmal da." "Uh-oh. Ich fürchte, du hast dir einen Stalker zugelegt, Sasuke." "Oder irgendjemand hat sie zufällig eingeladen, weil du jedem gesagt hast, dass sie auch ihre Freunde mitbringen können." "Haha ja, das war vielleicht keine so gute Idee", lacht Naruto und kratzt sich schuldbewusst am Hinterkopf. "Was machen die da draußen eigentlich? Steht alles noch?" Es ist nicht so, dass er und Sasuke sonderlich viel besitzen, was kaputt gehen könnte, aber Naruto beschließt, sicherheitshalber doch mal lieber nachzufragen. "Deine Playstation ist Schrott." "Was?! Im Ernst?!" "Hah, nein, beruhig dich. War'n Witz. Alles noch ganz." "Du Wichser", grummelt Naruto und fühlt sich gleichzeitig furchtbar lächerlich, dass er es so ernst genommen hat. "Seit wann machst du Witze?!" Sasuke zuckt nur mit den Schultern, als wüsste er darauf selbst keine Antwort oder vielleicht will er auch einfach nichts sagen, weil sie den Grund sowieso beide kennen. Er hat inzwischen angefangen, an seinem Feuerzeug herumzuspielen, ein glitzerndes neonpinkes Plastikteil, das Naruto ihm vor einiger Zeit mal vom Einkaufen mitgebracht hatte, und er ist überrascht, dass Sasuke es tatsächlich verwendet. Die kleine Flamme flackert in unregelmäßigen Abständen auf und setzt die tiefen Schatten unter seinen Augen noch mehr in Szene. Seine gewöhnliche Attraktivität ist an diesem Punkt nur noch vage zu erahnen hinter einem Schleier aus Übernächtigung und Achtlosigkeit, aber Naruto würde diesen imperfekten Sasuke jederzeit gegenüber einem vorziehen, bei dem keine Strähne von ihrem rechten Platz weicht. Er sieht zwar nicht so aus, als würde er auf Hochglanzseiten passen, aber genau hier in Narutos Blickfeld mit den nicht mehr ganz weißen Badezimmerfliesen gehört er hin. "Ich hab's übrigens ernst gemeint. Gib mir was ab." Sasuke starrt ihn mehrere ungemütliche Sekunden lang einfach nur an, mit einer hochgezogenen Augenbraue, 'Bist du dir sicher?', aber er hakt nie verbal nach. "Okay", meint er dann schließlich und krabbelt zu Naruto auf die andere Seite des Raumes. Es fühlt sich irgendwie surreal an; für den größten Teil seines Lebens hätte Naruto es nie für möglich gehalten, dass er einmal hier sitzt und darauf wartet, wie diese potentiell fatale Substanz für ihn präpariert wird. Er erinnert sich vage daran, wie vor Jahren einmal ein Junge aus der Nachbarschaft mit einer Überdosis ins Krankenhaus gebracht werden musste und seine Eltern ihm aus gegebenem Anlass und Sorge einen langen Vortrag gehalten haben. Damals hat er mit tiefer Überzeugung und ohne Zögern versprochen, niemals nie etwas Illegales anzurühren, aber es ist mitten in der Nacht, da können Prinzipien schonmal abhandenkommen und Sasuke würde ihm auch nie etwas geben, das ihm wirklich Schaden zufügt. Er zerkleinert das Pulver auf dem Wannenrand mit seiner Oystercard, vor Narutos Augen, wie so ein japanischer Koch in diesen schicken Restaurants, die er sich nicht leisten kann, und achtet sogar darauf, dass am Ende nicht ein winziger Klumpen mehr übrig ist. Es sieht ein bisschen aus wie gesiebtes Backpulver, harmlos irgendwie, eher wie etwas, das er finden würde, wenn er seiner Mutter beim Kuchenbacken über die Schulter schaut, und das hilft ihm, seine Hemmungen beiseite zu schieben. Mit Sasukes abwartendem Blick auf ihm gibt es sowieso keine wirkliche Wahl mehr. Es nicht angenehm, aber nur halb so schlimm, wie er sich das vorgestellt hatte. Seine Nase fühlt sich ein bisschen taub an, aber ansonsten spürt er kaum einen Unterschied. "Es wirkt nicht", stellt er enttäuscht fest, denn jetzt, wo er sich überwunden hat, hätte er auch gerne einen Effekt. Sasuke schaut ihn währenddessen an, als würde ihm ein Vorschüler gegenüber sitzen. "Du musst schon ein paar Minuten warten, Idiot." "Oh. Achso", grinst Naruto verlegen, denn eigentlich wollte er es nicht so offensichtlich machen, wie wenig er sich auskennt. Aber dafür ist ja Sasuke da und vielleicht ist es leichtsinnig, aber das reicht ihm, um sich in Sicherheit zu wiegen. "Lass uns hier bleiben, Sasuke, ja? Da sind so viele komische Leute draußen, die wir nicht eingeladen haben, und hier ist es wirklich bequem, ich will nicht aufstehen." "Die Badewanne ist bequem?" "Ja, ehrlich! Setz dich zu mir, dann siehst du's." "Das hättest du wohl gerne", neckt Sasuke nonchalant und Narutos erste Reaktion ist, es mit einem Lachen abzutun, denn Sasuke hat das nicht ernst gemeint, aber dann überlegt er nochmal, denkt an Sasukes Beine, die sich Platz zwischen seinen eigenen suchen, Berührungen, die sich nicht vermeiden lassen und wenn er ehrlich ist... "Ja. Ja, da hast du recht." Sasukes Blick flirrt kurz zu Naruto herüber und da ist so etwas wie Panik in seinen Augen, aber das ist mehr wirres Raten als irgendwas anderes, weil wer weiß schon, wie sich solche Emotionen in Sasukes Gesicht übersetzen. Pseudo-Flirten ist harmloses Terrain und manchmal lässt sich Sasuke sogar animieren, auf seinen Nonsens einzugehen, wenn er sich sicher genug ist, dass Naruto nur scherzt. Aber sobald sich auch nur ein Funken zu viel Aufrichtigkeit zwischen seinen Worten versteckt, scheut er zurück und das ist ein kleines bisschen frustrierend, denn Naruto ist sich nicht sicher, ob er ausdrücken könnte, welche Wirkung Sasuke auf ihn hat, ohne dass es furchtbar falsch klingt, dabei ist es so wichtig, dass er versteht. Seine Augen sind unfixiert und wandern überall im Raum herum, nur nicht zu Naruto. Wenn er mehr Kontrolle darüber hätte, würde Naruto ohne Zögern zu dem Schluss kommen, dass Sasuke seinem Blick ausweicht, aber so lässt es sich nicht mit absoluter Gewissheit sagen. Narutos Beine fangen an zu kribbeln und er rutscht unruhig auf dem Wannenboden herum, bis er eine Position gefunden hat, in der sie nicht einschlafen. Aber der Rest seines Körpers ist hellwach, sein Herz schlägt schnell und stetig, und zum ersten Mal fällt ihm so richtig auf, wieviel leichter es geworden ist, seine Augen offen zu halten. "Ich glaube, ich merk was", verbalisiert Naruto den ersten Gedanken, der ihm in den Sinn kommt und Sasuke sieht fast schon dankbar aus für den Themenwechsel. "Ich hab dir nicht so viel gegeben, weil du dich vorhin fast ins Koma gesoffen hast, also musst du schauen, wie gut es wirkt. Sonst kannst du nachlegen. Ich stell es dir auch nicht in Rechnung." "Wow, wie nobel von dir", lacht Naruto augenrollend. "Bei mir gibt es eh keinen Penny zu holen. Ich bin fast pleite und es ist nichtmal die Hälfte des Monats. Es wird Zeit, dass wir berühmt werden und endlich genug Geld verdienen! Ino meinte, in spätestens zwei Jahren sind wir ganz oben und wenn du mich fragst, sie hat recht." "Aber niemand fragt dich. Und Ino hat die ganze Zeit geschleimt." "Du kannst sie nur nicht leiden, weil sie versucht hat zu flirten. Oder weil sie dir wertvolle Zeit mit mir gestohlen hat. Ich bin noch am Überlegen." "Du laberst noch mehr Mist als sonst", stellt Sasuke kopfschüttelnd aber amüsiert fest. Naruto verzichtet auf den Kommentar, dass sie beide eigentlich genau wissen, wie Recht er damit hat, und kehrt stattdessen wieder zu seinem Thema zurück. "Jedenfalls, was ich sagen will, hasse Ino nicht! Sie hat uns zu Shikamaru und Choji geführt, immerhin. Ich kann es kaum erwarten, dass wir endlich alle zusammen proben, das wird bestimmt richtig gut! Bald reißen sich alle Plattenfirmen um uns, ich kann es schon sehen! Und Fans—wir werden so viele Fans haben, Sasuke, wie denn auch nicht bei guter Musik und zwei attraktiven Frontmännern!" "Ich kenne nur einen", entgegnet Sasuke, und Naruto versucht sich einzureden, dass es bloß die schiere Arroganz in seiner Stimme ist, die ihn sprachlos werden lässt, und auf keinen Fall Sasukes seltenes Grinsen mit seinen lächerlich perfekten Zähnen. Narutos Herz hämmert gegen seinen Brustkorb, aber daran ist wahrscheinlich die Droge schuld. "Mir ist warm...", murmelt er, weil es das einzige in seinem Kopf ist, dem er einen Namen geben kann. Am Rande ist ihm bewusst, dass es in dem Kontext irgendwie seltsam klingt. "Das ist normal." Sasukes Lächeln verschwindet und ein alarmierter Ausdruck verirrt sich in seine Augen, aber das merkt Naruto nicht mehr, weil sich sein Blick eigentlich kaum noch von Sasukes Lippen hebt. Und vielleicht … vielleicht wäre es ja gar keine so schlechte Idee? Sasuke ist schon die ganze Zeit so unglaublich nahe, wenn er sich nur ein kleines bisschen weiter rüber beugt— Abrupt hält Naruto inne und lässt sich wieder zurücksinken. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass er sich so weit nach vorn gelehnt hatte, bis auf einmal sein Brustkorb mit dem Wannenrand kollidiert und ihn mit einer stummen Warnung wieder zurück in die Realität holt. Leise lachend fährt er sich mit einer Hand übers Gesicht. "Wow, ich glaube, ich bin immer noch ganz schön betrunken. Oder kommt das vom Koks?" "Was meinst du?" Er schaut auf und sieht Sasuke zum ersten Mal seit einer langen Zeit in die Augen, die ihm viel größer vorkommen als er sie in Erinnerung hatte. Es ist unmöglich zu sagen, wo Sasukes Pupillen enden, er hat Augen wie Schallplatten, glänzende schwarze Kreise, in die so viele Melodien eingraviert sind, aber Naruto kann sie nicht zum Singen bringen. "Nur so ein Gefühl..." Es ist schmerzhaft offensichtlich, dass Sasuke ganz genau weiß, was Naruto meint. Er kann sich auch nicht vorstellen, wie der Bruch in der Atmosphäre einfach an ihm vorübergegangen sein sollte, denn seine Gedanken sind so aufdringlich und laut genug, dass sie eigentlich überall zu hören sein müssten, aber der einzige, der zurückgewichen ist, ist Naruto. Sasuke lehnt noch immer gegen die Badewanne, er hat seinen linken Ellbogen auf den Rand gestützt und streift seine Fingerspitzen durch die feinen Haare in seinem Nacken, während er ein bisschen abwesend auf irgendeinen Punkt hinter Narutos Schulter schaut. Das ist keine fremde Situation. Naruto hat sie schon öfter durchlebt, als er zählen kann, in achtlosen Momenten, in Träumen, jeden Tag, jede Stunde Minute Sekunde, und das, was ihn am meisten erschüttert, ist, wie wenig eigentlich anders ist. Ja, da schaukeln sich Wellen aus künstlichen Glücksgefühlen in ihm auf, aber es nimmt ihm nicht die Sicht, im Gegenteil, er hat noch nie so klar gesehen wie jetzt. Nur ist dieses Mal keine Stimme mehr da, die ihm jeden einzelnen Grund aufzählt, warum es besser ist, die Finger von Sasuke zu lassen ("das letzte Mal ist nicht gut ausgegangen, du hast eine perfekte Freundin, Sasuke ist unberechenbar, was ihr habt ist platonisch und das ist gut und eigentlich denkst du doch gar nicht auf diese Weise über ihn"), sondern da sind nur anfachende Gedanken und worauf wartet er noch? Weil es kommt ihm vor wie die beste Idee, die er je hatte und er weiß, was ihn bisher davon abgehalten hat, aber das ist nicht mehr wichtig, denn er weiß auch, was er jetzt will und er sieht keinen Grund, weshalb er sich das nicht nehmen sollte. "Was machst du da?", dringt Sasukes verwirrte Frage an sein Bewusstsein, aber er sagt es mit einem Lächeln in der Stimme, auch wenn es sich nicht auf sein Gesicht überträgt. Naruto hat von ihm schon genug abblockende Reaktionen bekommen, um zu wissen, wie sich sowas anhört und das ist die deutlichste Einladung, die er jemals von Sasuke bekommen wird. Denn alles ist so klar und simpel und... "Naruto—" Es ist seltsam, Sasuke zu küssen (und zwar richtig, nicht wie das letzte Mal eine scheue verwirrte Berührung), so antiklimatisch, ohne Engelschöre und Schmetterlinge und lebensverändernden Realisationen. Das sind einfach nur ein paar feste trockene Lippen, gegen die er seine eigenen bewegt, und natürlich stellt es etwas an—sein Herz pocht wie verrückt, aber das tut es schon die ganze Zeit, und irgendwo ist auch der Reiz, über die klare sichere Freundschaftslinie zu treten, einfach weil er es kann. Er ist froh, dass der Alkohol seine Geschmacksnerven betäubt hat, denn gerade schmeckt sicher keiner von beiden einladend, nach Bier und Zigaretten und mitten in der Nacht. Aber es ist nicht schlecht, entscheidet Naruto und zieht ihn ein bisschen näher. Sasukes Augen sind offen und das nimmt dem Ganzen die Romantik, wenn es sowas überhaupt je gegeben hat, aber es macht alles realer, irgendwie, kein schwarzes Nichts hinter seinen Lidern, das von Fantasien und Trugbildern infiltriert werden kann, sondern Sasuke direkt vor ihm und jetzt kann er auch endlich den dünnen dunklen Ring um seine Pupillen sehen, in denen er sich spiegelt. Es wirft ihn völlig aus der Bahn, wie gut er sich fühlt; Euphorie schwappt in Wogen über ihn hinweg, bis er nicht mehr anders kann, als sich von der Flut wegschwemmen zu lassen und er weiß nicht einmal, ob seine Gefühle überhaupt echt sind, aber er ist zu verstrickt, um sich dafür noch zu interessieren. Es braucht nicht viel, um jeglichen Zweifel aus Sasuke zu treiben; eine Hand an seiner Wange und ein leichter Zug am Handgelenk genügen und er lehnt sich Naruto so weit entgegen bis der Wannenrand in seine Magengrube schneidet. Bevor er begreifen kann, was passiert, verschwindet der warme Druck auf seinen Lippen und für den Bruchteil einer Sekunde stürzt Naruto ins Bodenlose, aber dann klettert Sasuke zu ihm und seine kognitiven Funktionen schalten ab, als er ein unvertrautes Gewicht auf seinem Schoß spürt und zwei Hände auf seiner Brust, die ihn unzeremoniell zu Boden drücken. Der Funken einer Emotion flackert durch Sasukes Blick und er weiß nicht, was es ist; Verlangen, Verzweiflung, Rausch, vielleicht auch alles auf einmal oder etwas völlig anderes, bevor sich Sasuke zu ihm herabbeugt. Eigentlich ist eine Badewanne der letzte Ort, der für gehetzte, aufgedrehte Koks-Küsse geeignet ist, mit den ganzen abgerundeten Kanten und der glatten Oberfläche, an denen ungeschickte Hände keinen Halt finden, viel zu wenig Raum für zwei ausgewachsene Männer und den boshaften Wasserhahn, an dem man sich so leicht stoßen kann. Aber das ist ein bisschen in den Hintergrund geraten. Denn Sasukes Lippen sind auf Narutos und seine Zunge ist in seinem Mund und alles ist genau so, wie es sein soll. Warme raue Finger tasten sich seine Rippen entlang und die Realisation trifft Naruto wie ein Schlag—das ist Sasuke, der ihn da berührt, Sasuke, unter dessen T-Shirt er seine Hand schiebt und alles rastet ein. Während er seine Finger in schwarze Haare krallt und seinen Unterkörper nach oben drückt, fragt er sich für einen kurzen Moment, ob ihn die Droge so berauscht oder Sasuke oder ob das sowieso nicht mehr auseinander zu halten ist. Die Kanten und Linien unter seinen Handflächen fühlen sich fremd und vertraut zugleich an. An ein paar Details verfängt er sich; der rauere Kiefer, über den er seinen Daumen streicht, die 15 kg mehr, die ihn in den Wannenboden drücken und der Mangel an Rhythmus mit dem sie sich gegeneinander bewegen, aber gerade in dem Moment ist es alles, was er jemals wollte. Wann hat er angefangen, Sex und Sasuke im selben Gedanken zu verbinden? Denn es ist schwer, jetzt noch an etwas anderes zu denken, wenn er seine Hand unter Sasukes Hosenbund schiebt und seine eigene Jeans mit jeder Sekunde ungemütlicher wird. Er ist klar genug, um zu wissen, was er tut. Wie es um Sasuke steht, kann er nur erahnen, aber es wirkt nicht so, als wäre er willenlos. In einem unbeholfenen Gemenge aus Körpern schafft Naruto es, ihre Positionen zu vertauschen und Sasuke unter ihm festzupinnen. Er hat schon vor einer Weile aufgegeben, sich auf dem engen Raum sinnvoll um Sasuke herum zu koordinieren, also drängt er sich dazwischen, wo auch immer er Platz findet, wie zwei Puzzleteile, die nicht ganz passen wollen. Aber davon lässt er sich nicht beirren, während er Pfade auf seinem blassen Nacken hinunterküsst und Sasukes Atem an seinem Ohr ist schwer, die Finger in seinen Haaren verkrampft. Mit fahrigen Händen öffnet er seine Hose, schiebt sie aus dem Weg und wendet sich dann Sasukes Reißverschluss zu, bis ihn ein lockerer Griff um sein Handgelenk zum Stillstand bringt. "Komm schon, bitte—", macht er fast flehend und würde sich selbst gerade schrecklich erbärmlich finden, wenn er es nicht so bitter nötig hätte. "Weißt du, was du tust?" "Jaja." Trotz erhitzten Wangen und geschwollenen Lippen schafft es Sasuke immer noch irgendwie, zutiefst unüberzeugt auszusehen, aber er lässt seine Hand dennoch herabgleiten und Naruto weiter an seiner Jeans hantieren. Die Hose ist ein bisschen zu eng, um sie elegant von Sasukes Beinen zu streifen und Naruto ungeschickt genug, um an einer Ferse hängen zu bleiben. Er braucht länger als ihm lieb ist, bis er den Fuß von der Jeans befreit hat, also macht er sich für das andere Bein gar keine Mühe mehr. Das muss so reichen und für sinnliches Entkleiden, einander auspacken wie Geschenkpapier, kann er sich ein anderes Mal Zeit nehmen, wenn er nicht so aufgekratzt ist. Naruto hat eigentlich wenig Ahnung, aber er weiß durch Hörensagen in etwa, was er machen muss und streckt sich nach einer Shampooflasche, wobei er die Hälfte ihrer Duschartikel umstößt; ein paar landen auf dem Boden, ein paar rutschen zu ihnen in die Wanne und zwischen ihre Körper, aber darum kann er sich später kümmern. Ungeduldig verreibt er das Gel auf seiner Hand und fängt an, Sasuke zu präparieren, erst ein Finger, dann zwei, dann drei, bis er entscheidet, dass Sasuke entspannt genug ist. Er versucht, nicht genauer darüber nachzudenken, was er gerade im Stande ist zu tun, sondern sich einfach nur noch von Impulsen leiten zu lassen, denn das funktioniert bedeutend besser und sein Verstand hat sich sowieso längst abgemeldet. Den Rest des Shampoos verteilt Naruto hastig auf sich selbst und schiebt Sasukes Beine beiseite, bis er genug Platz hat, um sich dazwischen sinken zu lassen. Sein Körper fühlt sich an als würde er überdrehen, seine Nervenenden verglühen, es ist so eng und warm und zu viel. Weiße Flecken sprenkeln pochend vor seinen Augen und er lehnt den Kopf gegen Sasukes Schulter, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Es ist alles ein bisschen schneller, alles ein bisschen roher als er gewohnt ist, ohne Finesse, nur Hitze und verschlungene Gliedmaßen und mehrmehrmehr— ... Zum zweiten Mal in 24 Stunden wacht Naruto in einer Badewanne auf, aber diesmal ist sein Gedächtnis nur allzu bereitwillig, die Lücken für ihn auszumalen, an die er sich nicht sowieso schon beim ersten Augenaufschlag erinnern kann. Vielleicht hilft Sasukes halbnackter Körper auch ein bisschen, der in einer Weise um ihn herum drapiert ist, die niemals bequem sein kann. Generell war es wahrscheinlich nicht die beste Idee, an Ort und Stelle einzuschlafen—alles an ihm tut weh und ist übersät mit blauen Flecken—aber gemengt unter den ganzen anderen nicht so guten Ideen, die sie gestern Nacht hatten, fällt es eigentlich kaum ins Gewicht. Vorsichtig steigt Naruto aus der Wanne, um Sasuke nicht aufzuwecken, denn er fühlt sich gerade nicht imstande, mit irgendwelchen unangenehmen Konsequenzen fertig zu werden. So kann er Sasuke wenigstens die Option freilassen, einfach so zu tun, als wäre nichts passiert. Er ist sich selbst nicht ganz sicher, was ihm lieber wäre, das hängt auch ein bisschen von Sasukes Reaktion ab, aber für eine Weile auf Pause zu drücken, bis er sich sortiert hat, ist vermutlich das beste, was er tun kann. Es ist eine seltsame Situation; er bereut, dass er Hinata nun wirklich hintergangen hat, ohne dass sich da noch etwas schönreden lässt, und was das vielleicht mit seiner Beziehung zu Sasuke anstellt, aber es ist schwer, den Sex an sich zu bereuen. Er erinnert sich mit mehr Klarheit als gesund sein kann, an jedes Detail und Gefühl, an die überwältigende Euphorie, die durch seine Venen pulsiert ist bis nichts mehr wichtig war außer er und Sasuke und die hundert Wege, auf denen er der ultimativen Emotion zum Greifen nahe kommen kann. Wobei er nicht sicher ist, ob es an Sasuke liegt oder an seinen wenigen Vergleichsmöglichkeiten, und die eine Line Koks ist vielleicht auch nicht ganz unbeteiligt daran. Irgendwann kommt Sasuke angezogen und mit tropfenden Haaren aus dem Bad, trotz der wachrüttelnden Dusche kann man ihm letzte Nacht problemlos an den Schatten unter seinen Augen ablesen und in der Weise, wie sich seine Lippen verziehen, als er Naruto beim Aufräumen entdeckt. "Können wir das nicht morgen machen? Mir tut alles weh." Naruto hält kurz inne, denn hat Sasuke gerade indirekt anerkannt, was gestern passiert ist? Ihm liegt eine Entschuldigung auf den Lippen, aber das würde es dann vielleicht ein bisschen zu real machen und darum springt er lieber zu einem ungefährlichen Thema. "Theoretisch schon. Ich wollte mir Frühstück machen, aber wir haben kein sauberes Geschirr mehr und hier steht ein Topf auf dem Herd mit—keine Ahnung, was das mal war, aber ich glaube nicht, dass der noch zu retten ist", erklärt Naruto und schabt nachdenklich mit einem Messer an der schwarzen festen Masse, die sich in den Boden des Topfes eingebrannt hat. "Es sind aber noch Eier da. Soll ich dir eins mitbraten?" "Nicht nötig, ich leg mich wieder hin", nuschelt Sasuke, nachdem er eine Weile lang überfordert vor sich hingeblinzelt hat, als wäre eine simple Frage schon zu viel für seinen übernächtigten Verstand. Ohne Naruto einen weiteren Blick zu schenken, schleppt er sich in sein Zimmer und macht sich gar nicht mehr die Mühe, die Tür zu schließen, bevor er vornüber auf sein Bett kippt. Die nächsten Tage zeigen, dass Sasukes favourisierte Strategie tatsächlich Ignorieren ist und Naruto kooperiert bereitwillig. Alles andere wäre vermutlich wie ein Zündholz bei einem Gasleck, auch wenn das Verdrängen dieses Mal nicht ganz so gut klappt. Denn er weiß, wie Sasuke nackt aussieht, so mehr oder weniger, er weiß, wie er sich anfühlt von innen und von außen, er weiß, wie Sasuke schmeckt und riecht und welche Geräusche er macht, wenn er die Kontrolle verliert. Es ist nicht einmal so, dass Naruto auf Wolken schwebt und rosa Brillen trägt oder ihm auf andere Weise die Realität aus den Fingern gleitet, wie sie es gerne tut, wenn er sich verliebt hat. Er glaubt nicht einmal, dass er verliebt ist, aber wenn er nicht aufpasst, springen seine Gedanken immer wieder zu diesem Moment zurück und er war wirklich wirklich glücklich, das ist nichts, was er vergessen will. In schwachen Augenblicken fragt sich Naruto, wie es wäre, wenn sie beide nüchtern sind, und ob er vielleicht irgendwann die Chance bekommt, das herauszufinden, aber er kann seine Gedanken immer stoppen bevor sie eskalieren und erinnert sich wieder daran, dass es eine einmalige Sache war, ein Versehen, und es wird zu einem der Dinge werden, über die er nie ein Wort verliert, außer Jahre später vielleicht nach ein paar Bier zu viel, wenn bereits eine ganze Wiese darüber gewachsen ist und er sich an die Episode aus seiner turbulenten Jugend erinnert, wie er einmal durch zweifelhafte Umstände seinen besten Freund gevögelt hat. Denn wenn es sich nicht wiederholt ... das radiert sein schlechtes Gewissen zwar nicht aus, aber er möchte Hinata nicht für etwas verwerfen, von dem sich Sasuke wünscht, dass es nie passiert wäre. Es dauert nicht lange, bis all seine mühsam zusammengesetzten Vorsätze wieder verworfen werden müssen, denn er hat nie Sasukes sich jedem Schema entziehende Launen in die Gleichung einbezogen. Was tagsüber gut funktioniert, stellt sich mitten in der Nacht nach ein paar Drinks als unhaltbar heraus, in den zeitlosen Stunden vor Sonnenaufgang, als sie den Weg in ihre Wohnung zurückgefunden haben und Naruto nach mehreren erfolglosen Versuchen endlich den richtigen Schlüssel für ihre Tür in den Fingern hält. Als er sich umdreht, ist Sasukes Gesicht viel näher als gut für ihn sein kann, denn seine Gedanken brechen ab und die Hand auf der Türklinke vergisst, was sie eigentlich zutun hat. "Ich glaube, ich bin betrunken...", flüstert er gegen Sasukes warme Lippen, von denen er nicht genau weiß, wann sie hier her gekommen sind. "Okay." Und natürlich ist er das nicht, denn der Raum steht still und er spürt den Augenblick und Sasuke spricht viel zu deutlich. Aber wer achtet schon auf die Details? Sein Alkoholspiegel spielt sowieso keine Rolle, wenn Sasuke sich so an ihn drückt. Er hat ihm noch nie etwas abschlagen können, da lohnt es sich auch nicht, jetzt damit anzufangen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)