Every girl's a target von Flordelis (And some boys too?!) ================================================================================ Kapitel 2: Friendly Fire ------------------------ Das Gefühl kehrte nicht wieder, weswegen Pete schon bereit war, es zu vergessen. Offenbar war es keinem Spion gelungen, sich einzuschleichen, also gab es nichts, was er herausfinden müsste und er kehrte zu seinem eigentlichen Leben zurück. Das bestand unter anderem aus dem Nachhilfeunterricht, den Zeri ihm erteilte. Ganz zu Anfang hatte Zeri ihn dafür in seinem Zimmer aufgesucht, war aber ob der Unordnung entsetzt direkt rückwärts wieder hinausgestolpert und hatte hoch und heilig geschworen, es nie wieder zu betreten und falls möglich nicht einmal mehr in die Nähe zu kommen. Also musste Pete ihn nun immer in seinem Zimmer aufsuchen, das geradezu spießig aufgeräumt und sauber gewischt war, so dass er sich kaum traute, sich irgendwo hinzusetzen, aus Furcht, aus Versehen etwas unordentlich zu machen. Einmal hatte er diese Befürchtung mit Zeri geteilt, in Erwartung, dass sie beide darüber lachen könnten, aber die nüchterne Erwiderung des anderen war „Ich mache hier sowieso jedes Mal sauber, sobald du wieder draußen bist“ gewesen und seitdem sprach Pete lieber nicht mehr darüber. An diesem Tag wurde es spät, bis Pete sich schließlich von Zeri verabschiedete und sich auf den Weg in sein eigenes Zimmer machte. Es war kurz vor der Sperrstunde und dementsprechend leer war der Gang auch, da sich die meisten bereits in ihren Zimmern befanden. Kaum war die Tür geschlossen, blieb er lauschend stehen, um herauszufinden, ob Zeri wirklich saubermachte – und die geschäftigen Geräusche im Raum verrieten ihm, dass dem tatsächlich so war. Mit gerunzelter Stirn lief er schließlich weiter und fragte sich dabei, ob er auf Zeri wirklich einen so unordentlichen und ungepflegten Eindruck machte, dass dieser erst einmal einen solchen Aufwand betreiben müsste. Aber der Gedanke war schnell vergessen, als er die Hand in eine Tasche seiner Uniformjacke steckte und feststellte, dass sich darin ein Bonbon befand. Viele der Mädchen, nicht nur aus Class G, betrachteten ihn als süß und auch wenn ihn das ein wenig störte, so freute er sich doch über die Süßigkeiten, die sie ihm deswegen zusteckten. Gerade als er die Hand wieder hervorzog, stellte er fest, dass sich noch etwas anderes in seiner Tasche befunden hatte. Er stieß einen erschrockenen Schrei aus, als sich ein wild protestierender Jarde aus seiner Tasche erhob und eilig davonflatterte. Wortlos konnte er Avans Vogel nur hinterherblicken, bis dieser aus seiner Sicht verschwunden war. Manchmal ist er so nervig. Aber immerhin hat er mir mein Bonbon gelassen. Lächelnd blickte er auf seine Hand – und stellte fest, dass diese leer war. Sein suchender Blick entdeckte das Bonbon allerdings nicht weit entfernt an einer Ecke des Ganges. Hastig ging er hinüber und bückte sich danach – und im selben Moment spürte er wieder dieses Gefühl, dass sich noch jemand bei ihm befand. Er hob den Blick und zuckte erschrocken zurück, als er die Person vor sich erkannte. Es war eine Schülerin dieser Akademie, noch dazu eine aus seiner Klasse, wie er auf den zweiten Blick bemerkte. Das schwarze Haar, in dem sich eine grüne Schleife befand, war ihm deutlich in Erinnerung. „Melissa?“ Sie lachte, was ihm einen Schauer über den Rücken jagte. In diesem Moment war er davon überzeugt, dass sie auch die letzten beiden Male diejenige gewesen war, die ihn beobachtet hatte. „Was tust du hier?“, fragte er weiter. „Das hier ist der Jungentrakt, du dürftest gar nicht hier sein.“ Sie lachte noch einmal, was bei ihr kein heller Laut, sondern ein dunkler, rauchiger war, der sie noch unheimlicher werden ließ. „Ich habe ein Rendezvous mit Zeri.“ Pete runzelte die Stirn. „Gerade eben war ich noch bei ihm, da sah es nicht so aus als hättet ihr ein Date oder so.“ „Wir sind immer zusammen“, hauchte sie. „Wir sind ein Paar.“ Zeri hatte nie etwas davon erwähnt, nicht einmal an diesem Abend, deswegen fiel es Peter schwer, sich das vorzustellen. Andererseits war er aber möglicherweise auch nur niemand, der über solche Sachen sprach und sie waren wirklich ein Paar, das würde erklären, warum Pete sich immer nur dann beobachtet gefühlt hatte, wenn Zeri bei ihm gewesen war. Das Mädchen, das er bislang nie weiter beachtet hatte, flößte ihn in diesem Moment ein wenig Furcht ein, weswegen er zurückwich. Doch ehe sie noch etwas tun konnte oder er in der Lage war, etwas zu sagen, erklang die Glocke, die verkündete, dass die Ausgangssperre aktiv wurde. Sie lächelte amüsiert. „Damit endet ein weiteres Rendezvous mit Zeri.“ Mit diesen Worten huschte sie davon und schon nach kurzer Zeit war es so als wäre sie nie da gewesen. Irritiert blickte er ihr hinterher, dann machte er sich weiter auf den Weg in sein Zimmer und ließ das vergessene Bonbon auf dem Boden liegen. Pete erwachte am nächsten Morgen überraschend früh. Noch vom Schlaf umnebelt, richtete er sich für das Frühstück und den darauf folgenden Unterricht, ehe er das Zimmer verließ. Nach wenigen Schritten entdeckte er das Bonbon auf dem Boden – und erinnerte sich schlagartig wieder an die Begegnung der letzten Nacht. Sofort blickte er sich nach Melissa um, aber von ihr war nichts zu sehen. Sie war ein äußerst guter Scout, wie er wusste, möglicherweise lag es daran, dass sie nicht sichtbar war, außer sie wollte entdeckt werden. Bedeutete das etwa, dass sie von ihm gesehen werden wollte? „Guten Morgen, Pete.“ Er stieß ein überraschtes Keuchen aus, als er herumwirbelte und gleichzeitig eine abwehrende Haltung einnahm – nur um festzustellen, dass sich kein Feind hinter ihm befand. Zeri runzelte die Stirn, als er das beobachtete. „Was sollte das denn? Ich habe dir nur einen guten Morgen gewünscht.“ Er lachte verlegen. „Tut mir Leid. Ich bin wohl ein wenig... paranoid.“ „Ein wenig?“ Zeri hob eine Augenbraue, aber sein Ton verriet, dass er keine weitere Antwort wollte, deswegen verzichtete Pete darauf und stellte lieber eine andere Frage, die ihn beschäftigte: „He, Bro, hast du eigentlich viel mit Melissa zu tun?“ Der Gesichtsausdruck des anderen wandelte sich tatsächlich in Verwunderung. „Melissa Dalen? Aus unserer Klasse?“ Pete nickte, war dabei aber doch ein wenig überrascht, dass Zeri sich sogar an den Nachnamen des Mädchens erinnerte. Andererseits war es auch typisch für ihn, der immer perfekt vorbereitet und organisiert war. Mit Sicherheit kannte er auch die Nachnamen ihrer anderen Mitschüler und auch den ein oder anderen aus den sonstigen Klassen. „Eigentlich nicht“, antwortete Zeri schließlich auf die Frage. „Ehrlich gesagt sehe ich sie selten außerhalb des Klassenzimmers. Oh, aber ich habe zu Beginn des Schuljahres einmal die Schleife gefunden, die sie verloren hat. Sonst aber...“ Er verstummte und schüttelte mit dem Kopf, um zu zeigen, dass er sie ansonsten wirklich nicht kannte und er sah nicht so aus als würde lügen. Also war wohl Melissa diejenige, die nicht die Wahrheit gesagt hatte. „Aber warum fragst du?“ „Oh, ich habe mich nur gewundert, weil ich sie auch noch nie außerhalb des Klassenzimmers gesehen habe.“ Besser er fragte Zeri nicht nach der Sache mit dem Rendezvous, denn offenbar wusste er nicht einmal etwas davon, also war es unnötig, ihn darüber in Panik zu versetzen. Er würde lieber anders mehr darüber herausfinden. „Gehen wir lieber frühstücken, bevor Avan uns alles wegfuttert“, meinte Zeri schmunzelnd und ging bereits voraus, während Pete noch einen Moment stehenblieb. Wenn er ehrlich war, empfand er das alles als recht unheimlich, wenn er zu lange darüber nachdachte, lief ein Schauer über seinen Rücken. Während er noch da stand, hörte er plötzlich ein leises Kichern hinter sich, das ihn dermaßen erschreckte, dass er einen panischen Sprung machte und im nächsten Moment losrannte, um so schnell wie möglich aus diesem Gang fortzukommen. Wie Zeri prophezeit hatte, war Avan wieder einmal damit beschäftigt, das Frühstück hinabzuschlingen, als hätte er seit Wochen nichts mehr zu essen bekommen. Früher war er nicht so gewesen, daran erinnerte Pete sich noch, aber früher war sein Leben auch bei weitem nicht so anstrengend gewesen. Wenn Pete daran zurückdachte, fand er die Feldarbeit wesentlich erholsamer als alles, was er hier tun musste. Normalerweise schloss er sich Avan beim Hinabschlingen des Essens an, aber an diesem Tag war ihm absolut nicht danach. Die Furcht saß ihm noch immer im Nacken und wollte ihn einfach nicht mehr loslassen, obwohl er nicht glaubte, dass Melissa anwesend war – oder sie versteckte sich einfach nur besonders gut. Er zweifelte nicht daran, dass sie in der Lage dazu wäre. Allerdings fiel Avan tatsächlich auf, dass Pete ein wenig zurückhaltend war, weswegen er mitten im Kauen plötzlich innehielt. „Wasch losch, Pete?“ Zeri saß an diesem Morgen ein wenig weiter entfernt von ihnen und war gerade in ein Gespräch mit Alexis und Nahum vertieft, so dass er Avan nicht wie sonst für dieses Verhalten rügen konnte. Pete wiederum neigte sich ein wenig zu seinem Freund hinüber, um leiser mit ihm sprechen zu können. Zwar herrschte wie jeden Morgen jede Menge Aufregung im Speisesaal, so dass es ohnehin fast unmöglich war, jemanden zu verstehen, der mehr als ein paar Zentimeter von einem entfernt war, aber er empfand es dennoch als besser, nicht zu laut sprechen zu müssen. Auch wenn er Melissa nicht sah, traute er ihr zu, dass sie sich direkt hinter ihm befand, ohne dass er oder sonst jemand sie bemerkte. „Was denkst du eigentlich über Melissa?“ Plötzlich schien es Pete als könnte er Furcht in den Augen des anderen flackern sehen, aber es verschwand überraschend schnell wieder, dafür erschien ein ungewohnt ernster Aufdruck auf Avans Gesicht. Er schluckte das Essen hinab, dann antwortete er endlich auf die Frage, auch wenn es nicht das war, was Pete eigentlich hören wollte: „Halte dich lieber fern von ihr.“ Es schien ihm als hätte Avan schon ein wenig Erfahrung mit Melissa gemacht, die nicht sonderlich gut ausgefallen waren und die er am Liebsten direkt wieder verdrängen würde – sofern man ihn denn ließe, aber da er jeden Tag mit Melissa konfrontiert war, blieb ihm dafür keine Gelegenheit. „Ist sie denn gefährlich?“, fragte Pete weiter. Avan öffnete gerade den Mund, um zu antworten, da hörten sie beide ein amüsiertes Kichern, das geradezu aus dem Nichts zu kommen schien und im nächsten Moment stand Melissa hinter Avan, als ob sie direkt aus dem Schatten hervorgetreten wäre. Während er einen erschrockenen Schrei ausstieß, konnte Pete sie nur mit vor Furcht geweiteten Augen ansehen. In diesem Moment war er froh, dass sie auf derselben Seite standen und sich nicht auf dem Schlachtfeld als Feinde trafen, aber ein fürchterlicher Schauer, der über seinen Rücken lief, verriet ihm, dass er im Moment glaubte, sie wären Feinde, obwohl sie sich auf derselben Seite befanden. „Hardins“, hauchte Melissa in einem verträumten Ton, der gleichzeitig bedrohlich klang und dafür sorgte, dass sie beide, die sonst so unerschrocken gegen die Rebellen kämpften, das Mädchen anstarrten als wären sie Rehe auf die gerade mit einem Gewehr gezielt wurde. Ehe sie noch etwas sagen konnte, sprang Avan plötzlich auf. „Ich hab ganz vergessen, ich muss noch was erledigen, bevor ich in die Klasse gehe. Bis später!“ Damit stürzte er eilig aus dem Speisesaal und ließ Pete zurück, der ihm nur einen verzweifelten Blick hinterherwerfen konnte. Er war es nicht unbedingt gewohnt, so von meinem seinen besten Freund im Stich gelassen zu werden, ansonsten konnte er sich immer auf ihn verlassen. Warum nur in diesem Fall nicht? Was war nur mit Melissa, dass- Als er ihren Blick auf sich spürte, zuckte er unwillkürlich zusammen und unterbrach sich selbst in seinen Gedanken. Sie lächelte sanft, aber bei ihr sah es eher so aus als wäre sie eine Schlange, die dem Kaninchen vor ihr zu versichern versuchte, dass es nicht gleich gefressen werden würde, weil das Reptil eigentlich plante, sein Opfer im Ganzen hinunterschlingen, statt zu kauen. Doch zu seiner Erleichterung sagte sie nichts mehr, sondern verschwand regelrecht wieder in die Schatten zurück, aus denen sie gekommen war – und zu seinem Unglück war keinem der anderen ihre Anwesenheit überhaupt aufgefallen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)