Every girl's a target von Flordelis (And some boys too?!) ================================================================================ Kapitel 1: Incoming ------------------- Er versuchte, sich kein Stück zu bewegen. Zusammengekauert hinter einer Barriere, beobachtete er über den Rand hinweg, ob sich Feinde in der Gegend aufhielten. Die Sicht war klar, lediglich die Dunkelheit schränkte diese ein wenig ein, aber der Vollmond hob es fast schon wieder auf. Der braune Boden des Lanseal-Trainingsgeländes war festgetrampelt von unzähligen Rekruten, die hier ihr Training vollzogen hatten, Wachstum gab es schon lange keines mehr, abgesehen von den bestimmten Bereichen in denen es gewünscht war, damit die Rekruten sich tarnen konnten. Der Ohrstecker seines Funkgeräts, dem er ständig lauschen musste, fühlte sich nach all diesen Stunden bereits unangenehm in seinem Ohr an, die blechernen Stimmen, die daraus erklangen, bereiteten ihm langsam Kopfschmerzen. Immerhin war die Juni-Nacht warm, so dass keiner von ihnen sich eine Erkältung zuziehen würde – auch wenn das im Moment sein geringstes Problem war. Er war müde und er war hungrig, aber dennoch kniete er hier und wartete darauf, dass etwas geschah. Nächtliche Einsätze gehören verboten, grummelte er innerlich. Er war sich absolut sicher, dass er als einziger noch wach war und alle anderen eingeschlafen waren – nun, abgesehen von Franca und Nichol, die sich angeregt über den Funk miteinander unterhielten. Wie üblich nahm Franca das alles wesentlich ernster als jeder andere. Deswegen mochte er sie nicht, sie konnte einfach nie locker sein, nicht einmal außerhalb der Klasse oder abseits der Übungen und echten Missionen. Er wunderte sich, wie Nichol es mit ihr nur aushalten konnte. Seine Gedanken schweiften fort, während er sich umblickte und nichts entdecken konnte. Er dachte an das Brot, das Alicia backte – vermutlich würde sie in weniger als einer Stunde damit anfangen –, an das Abendessen in der Mensa, von dem er wesentlich mehr gegessen hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass sie in dieser Nacht rausgehen würden und er dachte an sein Bett, das einsam und allein in seinem Zimmer darauf wartete, dass sich jemand hineinlegte. Beinahe wäre er über all diesen Gedanken eingeschlafen, als er plötzlich eine Stimme direkt neben sich hörte: „Pete! Schläfst du etwa?!“ Er fuhr erschrocken zusammen und wandte dann den Kopf nach rechts. Zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass es lediglich Zeri war, der ihn mit gerunzelter Stirn musterte. Seine sonst so wachen blauen Augen wirkten hinter der Brille ebenfalls müde, aber dennoch brannte ein geradezu beneidenswertes Feuer in ihnen, das verriet, dass er ein großes Ziel besaß. Pete grinste verschmitzt. „Tut mir Leid, Bro, ich bin eben einfach müde.“ „Das hier mag nur eine Übung sein,“, tadelte Zeri ihn, „aber wenn du schon während einer solchen schlappmachst, wirst du einen frühen Tod auf dem Feld sterben!“ Es klang zwar nicht danach, aber Pete wusste, dass die Sorge aus seinen Worten sprach, deswegen störte er sich nicht daran, sondern entschuldigte sich lediglich noch einmal. Zeri tat es mit einem Seufzen ab. „Es wird Zeit, dass du wieder in Bewegung kommst, also verlässt du das Lager.“ Pete warf einen stummen Blick zu der Flagge, die kennzeichnete, dass es sich hierbei um das Hauptlager handelte, aber Zeri schüttelte mit dem Kopf. „Das Lager ist nicht in Gefahr, es ist kein Feind in der Nähe, ich habe mich umgesehen.“ Es gab keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln, daher nickte Pete. „Geht klar.“ Sie fassten ihre Maschinengewehre fester, zählten beide bis drei und liefen dann gleichzeitig los. Naturgemäß war Zeri ein wenig schneller als Pete, was diesen nicht störte. Es war etwas anderes, das ihn irritierte, während er dem anderen folgte. Da waren auch Schritte hinter ihm. Fragend wandte er den Kopf, um nach hinten zu sehen, aber in der Dunkelheit konnte er niemanden entdecken. Dennoch war er sich sicher, dass dort jemand war. Also blieb er stehen und zielte in die Finsternis. Sein Anhalten blieb nicht unbemerkt, Zeri tat es ihm nach und blickte deutlich genervt zu ihm. „Pete! Wir haben keine Zeit mehr!“ „Aber da ist jemand!“ Wenn es ein Feind war, der ihr Lager einnehmen würde, wäre die gesamte bisherige Zeit verschwendet gewesen, sie mussten einfach aufmerksam sein. Seine Augen starrten in die Dunkelheit, versuchten, diese zu durchdringen, aber es war ihm nicht möglich. Zeri ließ den Blick schweifen und schüttelte dann mit dem Kopf. „Da ist niemand, du musst dich irren.“ Tatsächlich war das Gefühl plötzlich verschwunden. Er fühlte sich zwar immer noch verfolgt, aber das waren nur noch die Nachwirkungen der Situation, das Gefühl der gegenwärtigen Bedrohung war allerdings nicht mehr spürbar. Also stieß er ein leises Seufzen aus und wandte sich dann wieder an Zeri, der ihm zu verstehen gab, dass sie weiterlaufen würden. Pete folgte ihm sofort und kümmerte sich vorerst nicht mehr weiter um das Gefühl, auch wenn er es dennoch nicht vergessen konnte. Die laute Stimme des Drill Instructors Rodriguez noch in den Ohren, kehrten die Schüler nach Ende der nächtlichen Übungseinheit in die Umkleideräume zurück. Jeder von ihnen schien müde zu sein, selbst Zeri bewegte sich ungewohnt schwerfällig, während er sich aus der Militäruniform schälte, um in seine Schuluniform zu wechseln. Pete verzichtete auf seine Krawatte, da er sich ohnehin gleich wieder umziehen und dann ins Bett fallen würde. Die Uhr verriet ihm allerdings, dass ihm nur noch sechs Stunden Schlaf blieben. Avan seufzte schwer, ehe er lautstark gähnte. „Ich frage mich, wie Rodriguez selbst um diese Zeit noch so laut sein kann.“ „Da sagst du was“, stimmte Joachim mit ein. „Der Kerl ist wie ein Roboter, ich sag's euch. Der braucht bestimmt keinen Schlaf, den schließen sie nachts an eine Steckdose an.“ Reiner stieß ein bellendes Lachen aus. „Da würde ich glatt meinen Kopf drauf verwetten.“ Während die anderen ein wenig müde lachten, schob Zeri seine Brille zurecht. „Wenn manche von euch so viel Energie in ihr Lernpensum und die Übungen stecken würden, wie ihr es für eure hanebücheren Geschichten macht, würde der Klassendurchschnitt ganz anders aussehen.“ Pete bemerkte, dass Sigrid, der sich wie üblich im Hintergrund hielt, zustimmend nickte und selbst Heinz, der sonst wohl eher Glasscherben frühstücken würde als einem Darcsen zuzustimmen, kam nicht um ein angedeutetes Nicken herum. Pete stimmte zwar nicht zu, aber... „Das ist mein Bro, immer um die anderen besorgt.“ Immerhin waren seine Noten dank Zeri auch schon um einiges besser geworden. Aber wie üblich akzeptierte er dieses Lob nicht, sondern schnaubte stattdessen. „Ich will nur nicht, dass ihr mich auf meinem Weg nach oben behindert.“ Aber als er sich abwandte, bemerkte Pete doch den leichten Rotschimmer, der ihm sagte, dass Zeri nur nicht mit einem derartigen Lob umgehen konnte und es fast schon aus Gewohnheit ablehnte. Er quittierte das mit einem Grinsen – und im selben Moment stellten sich die Haare auf seinem Nacken auf, ein eisiger Schauer lief über seinen Rücken. Jemand durchbohrte ihn geradezu mit hasserfüllten Blicken, so fühlte es sich an. Aber als er sich umdrehte, um nachzusehen, woher sie kommen könnten, entdeckte er niemanden. Die Spinde jenseits von seinem waren unbenutzt, daher stand dort gerade niemand davor, aber das Gefühl, dass ihm jemand dort Hass entgegenbrachte, schwand nicht. Irritiert neigte er den Kopf ein wenig. Wäre es ihm nur einmal passiert, hätte er sich noch einreden können, dass dies nur das Ergebnis seiner lebhaften Vorstellungskraft war, aber da es in dieser Nacht schon das zweite Mal vorkam, war er davon überzeugt, dass sich dahinter noch mehr verbarg. Nur was? „Was ist los, Pete?“ Avans Stimme riss ihn wieder aus den Gedanken. Er fuhr herum, ehe er antwortete: „Ich dachte gerade, da wäre jemand.“ Automatisch wurden alle für einen Moment still und blickten in die verlassene Ecke des Umkleideraumes, wo immer noch nichts zu sehen war. Für Pete hätte nur noch der obligatorische Strohballen gefehlt, der vom Wind durch das Bild geweht wurde, um die Lächerlichkeit der Szene zu unterstreichen. Wie ein Segen erklang schließlich Helmuts wie üblich gefasste Stimme: „Also ich sehe dort niemanden.“ Die anderen nickten zustimmend, aber bevor einem von ihnen einfallen könnte, sich über Pete lustig zu machen, klopfte Avan ihm auf die Schulter. „Du bist wohl genauso müde wie der Rest von uns. Ich kann es jedenfalls kaum erwarten, endlich ins Bett zu kommen.“ Pete lachte verlegen. „Ja, das muss es sein, ich bin immerhin todmüde.“ Damit wandten sich alle wieder von ihm ab und ihrer Kleidung zu als wäre das eben nie geschehen. Auch das Gefühl war wieder verschwunden und hatte lediglich seine unangenehme Nachwirkung zurückgelassen. Das war es auch, was ihn nicht glauben ließ, dass er sich das alles nur einbildete. Aber er verstand immer noch nicht, was eigentlich vor sich ging. War es einem feindlichen Spion gelungen, sich einzuschleichen? Aber falls ja, warum sollte er dann gerade Klasse G beobachten und ihr solch einen Hass entgegenbringen? Nein, es musste irgend etwas anderes sein und er würde versuchen, dahinterzukommen – aber erst nach dem morgigen Frühstück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)