Vergangenheit? Zukunft? Oder beides? von moe_rikyou (Bakura x Yami) ================================================================================ Kapitel 6: Zusammen in Paris ---------------------------- „Auf geht’s“, sagte Bakura und trat in den Vorflur der Loge, wobei er in seiner Aufregung die Tür nicht richtig zuzog und diese so einen Spalt offen blieb. Yami, der trotz oder gerade wegen seiner Nervosität seine Neugier nicht zügeln konnte, stellte sich dicht davor und begann zu lauschen. Oh, bitte, bitte, bitte…! Bakura ging derweil mit gestrafften Schultern auf Ryou zu, der ihn mit einem Lächeln empfangen hatte. „Bitte melden Sie Ihrer Kaiserlichen Hoheit, der verehrten Mutter des Zaren, dass ich ihren Enkel gefunden habe, den Großfürsten Anastasia.“ Er deutete auf die Tür. „Er wartet dort hinter der Tür“ Ryou, immer noch lächelnd, streckte einen Arm aus und versperrte Bakura so den Weg zum Balkon der Loge, bei welchem die Vorhänge jedoch zur Seite geschoben worden waren, so dass die Zarinmutter alles hören konnte. „Tut mir sehr leid, junger Mann“, begann Ryou. „aber ihre Kaiserliche Hoheit möchte niemanden sehen…“ Dann zwinkerte er, trat zur Seite und machte eine einladende Verbeugung, als Zeichen, dass Bakura zum Balkon hindurchgehen sollte. Die Zarinmutter, die zwar zugehört, es aber als nicht nötig befunden hatte, sich umzudrehen, machte eine unwirsche Handbewegung. „Du kannst diesem impertinenten jungen Mann sagen, dass ich so viele Großfürsten Atemu gesehen habe, dass es mir für mein Leben reicht!“, sagte sie bestimmt und in einem Ton, der das Thema für beendet erklärte. Diesen Ton machte auch Ryou aus und er spürte, dass das nun auch gut schief gehen konnte. „Es ist besser, wenn Sie gehen…“, meinte er dieses Mal ernst und sah Bakura an. „Bitte lasst mich nur einen Mome-“, setzte Bakura an und wollte auf den Balkon gehen. Doch die Zarinmutter unterbrach ihn und drehte sich in ihrem Sitz zu ihm um. „Wenn Sie mich nun endlich allein lassen würden. Ich wünsche den Rest meines Lebens in Frieden zu verbringen!“ Dann wandte sie sich wieder der Bühne zu. Ryou nahm das als Anlass die Kordeln der Vorhänge zu lösen und die Vorhänge zuzuziehen. Zwar mochte er Bakura, Yami war wirklich überzeugend und ja, er hatte Marik einen Gefallen tun wollen, aber seine Loyalität lag schlussendlich nun mal bei der Zarinmutter. Und auch, wenn es schade war, dass sie sich weigerte, so musste er doch den Wunsch respektieren. „Kommen Sie zur Tür“, meinte er und ging selbst du die Tür zu, im Glauben Bakura würde ihm folgen. Doch hatte er die Rechnung ohne Bakura gemacht. Er nutzte nämlich diesen Moment und huschte durch den Vorhang. Wieder straffte er die Schultern und hob die Hände. „Eure Majestät, ich habe nichts Böses im Sinn“, erkärte er mit einem charmanten Lächeln und setzte sich dann auf den Platz neben der Zarinmutter. Diese sah ihn ungläubig über so viel Dreistigkeit an. Doch Bakura ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Mein Name ist Bakura Beljajew. Ich habe damals im Palast gedient“ Fast fing die alte Dame an zu lachen. „Also das habe ich noch nicht gehört. Das muss ich schon sagen!“ Doch ehe Bakura ein weiteres Wort sagen konnte, war sie aufgestanden und machte sich daran die Loge zu verlassen. Bakura stolperte durch die Stühle hindurch hinterher. „Wartet! Geht nicht, bitte!“ Er schaffte es tatsächlich vor der Dame am Vorhang zu sein und versperrte ihr mit ausgestreckten Armen den Weg. „Hört mich bitte an!“ Doch nun wurde die Zarinmutter langsam zornig. Hatte sie sich denn nicht klar genug ausgedrückt?? Wütend hob sie den Finger. „Ich weiß, was sie beabsichtigen! Ich kenne das zur Genüge!“ Dann schob sie sich an ihm vorbei und ging durch den Vorhang und zog an einer weiteren Kordel, woraufhin ein Läuten ertönte und fuhr fort: „Männer die den Jungen adlige Manieren beibringen…!“ „Aber euer Gnaden!“, versuchte es Bakura zunehmend verzweifelt weiter. „Wenn Ihr doch nur zuhören-“ „Haben Sie nicht zugehört??“, unterbrach ihn die Zarinmutter wieder und ihre Gesten zeugten von ihrem aufgebrachten Gemüt. „Es reicht mir jetzt! Es ist mir gleich wie gut Sie diesen jungen Mann vorbereitet haben, damit er so aussieht wie er, so klingt wie er, sich so benimmt wie er…! Am Ende ist er es doch nicht!“ „Aber dieses Mal ist er es!“ Dann traf es die Zarinmutter wie einen Schlag. Bakura Beljajew…Jetzt fiel ihr wieder ein, woher sie diesen Namen kannte. „Bakura Beljajew…“, sagte sie mit grimmiger Genugtuung, hob den Zeigefinger und begann um ihn herum zu laufen. „Ich habe von Ihnen gehört…Sie sind dieser Schwindler aus Memphis, der junge Männer vorsprechen ließ um einen Atemu-Doppelgänger zu finden!“ Sie setzte sich auf das Sofa, zufrieden, dass sie den Scharlatan endlich entlarvt hatte. Bittend kniete sich Bakura vor sie. Er musste sie dazu bringen, mit Yami zu sprechen…Er wünschte sich so sehr seine Familie zurück…! „Bitte, Eure Hoheit…Wir sind den ganzen Weg aus Memphis gekommen…“ „Und andere kamen sogar aus Timbuktu…“, entgegnete die Dame unbeeindruckt, woraufhin Bakura frustiert die Hände hob. „Ach…aber so ist das alles nicht...“ Dann wollte er die Hände auf die ihren legen. Doch sie stand sofort abrupt auf. „Wie viel Schmerz wollen Sie einer alten Frau noch zufügen, nur für Geld??“ Gerade im diesen Moment kamen die durch die Klingel gerufenen Sicherheitsleute in die Loge. „Entfernt ihn“, orderte sie schlicht und wandte sich ab. Bakura wurde sogleich von den zwei bärigen Männern gepackt und hinausgezerrt. Jedoch leistete er mit aller Kraft Widerstand. „Aber er ist Atemu! Ich versichere es Euch! Er ist der Großfürst! Sprecht mit ihm, dann werdet Ihr es sehen!“, rief er, während er gegen die Männer ankämpfte, die ihn jedoch erbarmungslos nach draußen schleiften und grob aus der Tür warfen, so dass er unsanft auf dem Boden landete. Yami hatte zwar nicht allen hören können, doch den letzten Teil der Unterhaltung hatte er mitbekommen. Und kein Schlag in die Magengrube hätte heftiger oder schmerzhafter sein können. All diese Dinge über Bakura zu hören, zu erfahren, dass er nur ein Mittel zum Zweck gewesen war, um an eine Menge zu gelangen…zu erfahren, dass all die Hoffnung, die Bakura ihm gegeben hatte, nur ein Schwindel war, hatten ihn so erschüttert, dass er das Entsetzen nicht hatte verbergen können. Wie hatte er sich nur so in Bakura täuschen können…?! Als dieser hinausgeschmissen wurde, landete er direkt vor Yamis Füßen. Vor Bakura jedoch wollte er nicht zeigen, wie sehr ihn das alles verletzte und er setzte eine kühle Maske auf, während Bakura sich aufrappelte. „Es war alles gelogen, nicht wahr?“, fragte er kühl. Doch nun kam neben dem Schmerz auch die Wut in ihm hoch. „Du hast mich benutzt…du hast mich nur benutzt, um an ihre Geld zu kommen…!“, knurrte er und kam auf Bakura zu, der jeweils immer einen Schritt zurückwich und abwehrend die Hände hob. Wieso nur, musste Yami das alles mit anhören…das war doch wirklich ein riesiges Missverständnis…!, dachte Bakura verzweifelt. „Nein…nein…Nein, nein, nein!“, murmelte er und suchte Yamis Blick. Doch dieser hatte nun wirklich genug. Er wollte nur noch weg von diesem Mann!, dachte er, machte auf dem Absatz kehrt und stürmte davon. Bakura lief ihm hinterher. „Es mag so angefangen haben…aber jetzt ist alles anders…denn du bist wirklich Atemu!“, rief er und versuchte positiv zu klingen. „Du bist es wirklich!“ Abrupt blieb Yami stehen und drehte sich um. „Hör auf damit!, fauchte er mit geballten Fäusten. Dann schubste er ihn vor sich her und Bakura stolperte zurück. „Du hast von Anfang an nur gelogen!“, rief Yami und ließ seiner Wut nun freien Lauf. „Und ich habe dir nicht nur geglaubt…“, Wieder stieß er Bakura vor die Brust und brachte ihn so dazu weiter rückwärts zu stolpern. „Ich habe es sogar….aargh!“ Er blieb nun wütend auf sich selbst stehen und warf den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Er war dumm gewesen…! Er wandte sich wieder von Bakura ab und ging wieder weg von Bakura. Nur weg! Doch wieder lief Bakura ihm hinterher und als er aufgeholt hatte, rückwärts vor ihm her, denn Yami dachte gar nicht daran stehen zu bleiben. „Yami, bitte…Als du die geheime Tür in der Wand erwähnt hast und den kleinen Jungen…Hör doch mal zu!“, Er packte Yamis Hand um ihn dazu zu bringen, stehen zu bleiben. „Nein!“, stieß Yami wütend aus, entriss ihm seine Hand und versuchte an ihm vorbei zu kommen. Doch Bakura hielt ihn an der Taille fest. „Ich will nichts davon hören, was ich gesagt, oder woran ich mich erinnert haben will! Lass mich in Ruhe!“ Er machte sich los und versuchte wieder an Bakura vorbeizukommen. Doch dieses Mal griff Bakura nach seinem Oberarm. Da lief in ihm das Fass über, er drehte sich herum und verpasste Bakura einen ordentlichen Kinnhaken. Davon völlig überrumpelt stolperte Bakura einige Schritte zurück und Yami nutzte dies um davon zu rauschen. Erneut versuchte Bakura ihm hinterherzulaufen. Doch die umstehenden Leute, versperrten ihm den Weg. „Yami, bitte! Du musst die Wahrheit erfahren…!“ Aber Yami war bereits fort… Dennoch war Bakura nicht bereit aufzugeben. Sie hatten so viel durchgemacht. Er würde nicht zulassen, dass Yamis Glück durch seinen Egoismus in der Vergangenheit kaputt zerstört wurde…! Bakura beschloss also vor der Oper zu warten. Er stand abseits und abgewandt, so dass man ihn nicht erkennen würde. Als die Zarinmutter nach Ende der Veranstaltung als eine der letzten die Oper verließ, wartete er noch bis der Chauffeur der alten Dame die Wagentür öffnete und sie hinten einstieg, ehe er schnell auf den Fahrersitz huschte, den Wagen startete und losfuhr. Hinter sich konnte er noch den verwirrten und entsetzten Ruf des Fahrers hören. Doch darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen! Mit einem durchaus waghalsigen Fahrstil fuhr er nun zu dem Hotel, in dem er, Marik und Yami untergebracht waren. „Ilia! Fahr langsamer…“, forderte die Zarinmutter, die noch nicht bemerkt hatte, dass nicht ihr üblicher Fahrer am Steuer saß und überrascht war, dass er fuhr als sie der Teufel hinter ihm her… Kurz wandte Bakura den Kopf um und sah sie grimmig an. „Ich bin nicht Ilia. Und ich werde nicht langsamer fahren.“, sagte er entschlossen und sah wieder nach vorn. „Erst, wenn Ihr mir zuhört“ Erschrocken erkannte die Zarinmutter Bakura. „Sie…! Wie können Sie es wagen…! Halten Sie den Wagen sofort an! Halten Sie an!“, rief sie zornig und klopfte wütend mit ihrem Gehstock auf den Boden des Wagens. Doch Bakura hörte nicht auf sie und fuhr einfach weiter. Vor dem Hotel angekommen, hielt er an und stieg aus dem Wagen. Er umrundete das Fahrzeug und öffnete die hintere Wagentür. Die Zarinmutter saß derweil mit erhobenem Haupt, ihre Hände auf den Stock gestützt, im Wagen und sah stur nach vorn. Sie mochte entführt worden sein, doch ihre Haltung würde sie bewahren, komme was wolle! „Ihr. Müsst. Endlich. Mit ihr reden!“, presste Bakura zwischen den Lippen hervor und deutete mit dem Finger auf sie. Doch die Dame schloss nur die Augen und reckte die Nase noch etwas höher. „Seht sie Euch doch an! Bitte…“, flehte er, halb wütend, halb verzweifelt und wild gestikulierend. Nun öffnete sie doch die Augen und sah ihn kalt an. „Ich wünsche nicht mehr länger von Ihnen belästigt zu werden.“ Nun fiel Bakura wirklich nichts anderes mehr ein als seinen letzten Trumpf zu ziehen. Er hockte sich vor der Tür hin und zog Schmuckkästchen aus seiner Innentasche und hielt es der Zarinmutter hin. „Kennt Ihr das hier?“ Die Dame erstarrte, denn sie erkannte den Gegenstand sofort. Sie nahm es in die Hand und betrachtete es eingehend. Es war so lange her…ein anderes, glücklicheres Leben… „Woher haben Sie das…?“, fragte sie langsam und ohne den Blick vom vermeintlichen Schmuckkästchen zu heben. „Ich weiß, dass man Euch gekränkt hat…“, erklärte Bakura nun ruhig, da sie ihm endlich zuhörte! „Aber…es wäre doch möglich, dass er genauso verloren und einsam ist, wie Ihr…“ Sie sah ihn an, aber ihr Blick war wieder kühl. „Sie schrecken wohl vor nichts zurück, nicht wahr…?“, fragte sie eisig. Aber man merkte ihr an, dass sie sich der Situation ergab. Bakura zeigte ein schiefes Lächeln. „Ich bin wahrscheinlich genauso dickköpfig, wie Eure Hoheit…“ Dann stand er auf und trat zur Seite, um die Zarinmutter aussteigen zu lassen. Im Hotelzimmer war Yami derweil dabei, seine Sachen zu packen. Noch immer trug er den Anzug, wobei er jedoch das Jackett ausgezogen, die Fliege abgelegt und die zwei obersten Knöpfe des Hemdes geöffnet hatte. Er wollte nicht eine Minute länger als nötig hier in Paris bleiben. Dabei entdeckte er auch die Rose, die Bakura ihm einige Stunden zuvor ans Revers gesteckt hatte. Er nahm sie in die Hand und hielt sie einen Moment gedankenverloren hoch. Ja, für einige Momente hatte er sogar geglaubt, Bakura hätte…romantische Gefühle für ihn. Doch wahrscheinlich war auch das nichts weiter als eine Lüge gewesen. Wütend pfefferte er die Rose in den Mülleimer. Dann klopfte es an der Tür. „Ich will dich nicht sehen, Bakura“, sagte Yami ruhig, aber laut und entschlossen genug, dass Bakura es draußen hören musste und er packte weiter. Dennoch ging die Tür auf. Genervt richtete sich Yami auf und drehte sich um. Was war denn daran so falsch zu verstehen…? Als er jedoch sah, wer dort im Türrahmen stand, erstarrte er. Vor ihm stand die Zarinmutter. „Oh…! Ich bitte um Verzeihung! Ich dachte, Ihr wäret…“ Er ließ den Satz unvollendet. „Ich weiß sehr wohl, für wen sie mich gehalten haben…“, sagte die Zarinmutter kühl und langsam weiter ins Zimmer. „Wer sind Sie wirklich?“ „Ich…ich hatte gehofft, Ihr könntet mir das sagen…“, erklärte Yami unsicher unter dem prüfenden Blick der alten Dame. „Mein Lieber…ich bin alt…und ich bin es leid, betrogen und belogen zu werden…“, erklärte sie und ging an Yami vorbei und sah zum Fenster hinaus. „Ich will Sie nicht belügen“, versicherte Yami aufrichtig und sah sie an. Doch die Zarinmutter wandte sich um und sah ihn leicht spöttisch an. „Und ich nehme an, das Geld interessiert Sie wohl auch nicht….“ Sie ging zum Fenster und sah hinaus. Es war doch immer das Gleiche… „Ich möchte nur wissen, wer ich bin…“, erklärte Yami ein wenig hilflos. „Und…ob ich zu einer Familie gehöre…zu Eurer Familie…“ Hoffnungsvoll sah er die Dame an. Diese wandte sich ihm wieder zu und ihr Blick war abschätzig. „Sie sind ein guter Schauspieler. Der Beste bisher. Aber…ich habe genug davon“ Sie machte eine unwirsche Handbewegung und ging zur Tür. Als sie an Yami vorbei ging, stieg ihm ein Geruch in die Nase. Den kannte er irgendwoher… „Pfefferminz…?“, fragte er verwirrt. „Ein Öl. Für meine Hände…“, erklärte die Zarinmutter und war bereits im Türrahmen. Doch Yami hörte ihr kaum zu. Der Geruch rief Erinnerungen in ihm wach. „Ja…ich habe mal ein Fläschchen davon verschüttet…es landete alles auf dem Teppich…und von an roch er für immer nach Pfefferminz…Genau wie Ihr…“ Überrascht hielt die Zarinmutter inne. Das war auch seinem Atemu passiert…Konnte es tatsächlich sein…immerhin war dies keine allgemein bekannte Information gewesen…Überwältigt von dieser Möglichkeit stützte sie sich auf ihren Stock und setzte sich, während sie Yami mit großen Augen ansah. Yami, der mittlerweile – wie immer, wenn er in Gedanken war – mit seinem Medaillon um seinen Hals spielte, erzählte weiter. „Ich habe damals auf dem Teppich gelegen…weil…ich…jemanden so vermisst habe, als sie fort gegangen war…und zwar hierher…“, erklärte er und ihm dämmerte langsam, was das bedeuten konnte. „nach Paris…“ Immer noch verwirrt und etwas überfordert, griff er sich an die Stirn und suchte den Blick der Zarinmutter. Sie deutete auf den Platz neben sich auf der Sitzbank. Da fiel auch der Zarinmutter das Medaillon auf. „Was ist das da?“ Sie deutete darauf. Konnte es wirklich sein, dass es das Medaillon war, welches er damals Atemu geschenkt hatte? Leich lächelnd nahm Yami es in die Hand. „Das…? Das…das hatte ich schon immer…schon bevor ich mein Gedächtnis verloren habe… „Darf ich?“, fragte die alte Dame sanft. Yami nickte, nahm die Kette mit dem Medaillon von seinem Hals und reichte es der Zarinmutter. Diese las sofort die eingravierten Worte. ‚Zusammen in Paris‘ Mit ihren Gefühlen kämpfend griff sie sich an die Brust. „Es…war unser Geheimnis…das meines Atemus und meines…“ Sie sah Yami an und er konnte schon sehen wie Tränen in ihren Augen schimmerten. Dann holte sie das heraus, was Bakura als Schmuckkästchen identifiziert hatte. „Ah! Die Spieluhr!“, rief Yami aus, der es nun endlich wiedererkannte. Er nahm es in die Hand und betrachtete es. „Die mich in den Schlaf singen sollte, wenn Ihr in Paris seid…“ Er nahm das kleine Medaillon, welches gleichzeitig den Schlüssel zum Öffnen und Aufziehen der Spieluhr diente und zog die Spieluhr auf. Gleichzeitig begann er die Melodie zu summen. „…über Meere und Länder…“ „bald bist du zuhaus bei mir…bald schon bald…im Dezember…“, stimmte nun auch die Zarinmutter mit ein, welche ihr Glück kaum fassen konnte. Er war es wirklich! „Oh Atemu…“, hauchte sie und sah ihn liebevoll an. „Mein Atemu…“ Sie umarmte ihn fest und Yami, nein Atemu, erwiderte die Umarmung ebenso fest. Er hatte seine Großmutter gefunden…! Nach all den Jahren hatte er nun endlich seine Familie wieder…! Bakura stand derweil draußen vor dem Hotel und sah zu Yamis Fenster hinaus. Er wusste, nun würde für ihn ein neues Leben beginnen… Er warf ihm eine Kusshand hinauf, ehe er den Mantel enger um sich schlang, den Zylinder aufsetzte, und davon ging. Er hatte hier nun nichts mehr verloren… Noch am gleichen Abend zog Atemu in das Stadtpalais zu seiner Großmutter und auch Marik wurde auf Wunsch Ryous dorthin eingeladen. Natürlich konnte nicht geheimgehalten werden, dass der rechtmäßige Thronerbe Kemets nach langen 10 Jahren gefunden worden war und so stand es bald in allen Klatschspalten. Ein weiterer Grund war, dass seine Großmutter darauf bestand, ihn in die Gesellschaft einzuführen und nun innerhalb von zwei Wochen ein großer Ball zu Atemus Ehren stattfand. Am Abend vor dem großen Fest saßen Atemu und seine Großmutter, beide schon in ihren Schlafanzügen, in kleinsten Salon vor dem prasselnden Kamin. Die Großfürstin saß entspannt auf einer Chaiselongue während Atemu neben ihr auf dem Boden kniete und gemeinsam betrachteten sie alte Erinnerungsstücke, die seine Großmutter damals hatte retten können. Sie lachten viel und versonnen strich Atemu über ein Familienportrait. „Ich erinnere mich jetzt wieder…wie sehr ich sie geliebt habe…“, meinte er mit einem Anflug von Wehmut. Mit den Erinnerungen war auch der Schmerz über ihren Verlust zurückgekehrt. Sanft legte seine Großmutter ihm eine Hand auf den Unterarm. „Sie würden nicht wollen, dass wir in der Vergangenheit leben…Besonders jetzt nicht, wo wir uns gefunden haben…“ Sie sah zur Kiste und ihr fiel eine Kinderzeichnung ins Auge. „Oh, sieh nur! Die Zeichnung, die du mir geschenkt hast! Erinnerst du dich?“, fragte sie und reichte sie ihm. Atemu nahm sie in die Hand und als das gemalte, pummelige Mädchen auf einem Hocker sah, erkannte er es und betrachtete es lachend. „Ja! Olga hat mich ganz wütend gemacht. Sie hat gesagt, sie sieht aus wie ein Schwein, das auf einem Esel reitet…“ Er hielt das Blatt etwas weiter von sich und betrachtete es kritisch. „Sie hatte Recht!“ Daraufhin musste auch seine Großmutter lachen. Sie griff nach seiner Hand und zog ihn mit sich hoch und trat mit ihm vor einen der Spiegel im Raum. „Wenn du so lachst, höre ich wieder meinen Akunumkanon, deinen lieben Vater…“ Sie wandte sich zu einem kleinen Tischchen neben dem Spiegel und öffnete den darauf stehenden Schmuckkasten. Zum Vorschein kam eine prunkvolle Krone, deren Edelsteine im Schein des Feuers funkelten. Atemus Augen weiteten sich und er sog scharf die Luft ein. Er erkannte die Krone. Er hatte einmal seinen Vater damit gesehen…Sollte sie jetzt etwa ihm gehören…? „Aber die Ausstrahlung hast du von deiner Mutter…“ Seine Großmutter lächelte, nahm die Krone heraus und setzte sie Atemu, der vor Ehrfurcht nicht wagte sich zu bewegen, aufs Haupt. Sie war wie erwartet ziemlich schwer und nur langsam drehte er sich zum Spiegel und betrachtete sich darin. Er erkannte sich kaum wieder… Dieser Eindruck wurde am nächsten Tag noch viel stärker als er sich seine festliche Kemetische Uniform dazu angezogen hatte und den dazugehörigen pelzbesetzten Umhang übergeworfen hatte. Ryou hatte ihm dabei geholfen und dieser war entzückt. „Du siehst absolut umwerfend aus!“ Und auch Atemu musste zugeben, dass er sich so dem bevorstehenden Ball wesentlich besser gewappnet fühlte als noch vor einigen Stunden. Diese Kleidung gab ihm sehr viel mehr Selbstbewusstsein. Unterdessen hatte seine Großmutter noch etwas zu tun, bevor sie sich für den Ball bereit machte. Sie war in ihrem Arbeitszimmer und gerade kam kein anderer als Bakura herein, der einige Meter vor dem Schreibtisch stehen blieb und sich tief verbeugte. „Ihr habt mich herbestellt, Euer Gnaden?“, fragte er höflich, aber kühl, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte. Er hatte in den letzten zwei Wochen alles für seine Abreise vorbereitet und hatte eigentlich schon am Abend zuvor abreisen wollen, doch die Anweisung der Großfürstin war deutlich gewesen. Also war, obwohl sich alles in ihm dagegen sträubte, wieder zum Stadtpalais gekommen. Die Großfürstin stand neben ihrem Schreibtisch und deutete nun auf einen geöffneten Koffer voller Rubel. „Zehn Millionen Rubel, wie versprochen. Verbunden mit meinem Dank“ Bakura hatte seine schwitzigen Hände geballt und streckte die Brust durch. „Euren Dank nehme ich an, Hoheit. Aber das…das Geld will ich nicht“, erklärte er. Er wollte hier so schnell wie möglich raus. Allein das Wissen, dass Yami…nein, Atemu…im gleichen Gebäude war, bereitete ihm Qualen… Bei seinen Worten wurde der Blick der Großfürstin forschend und sie trat einen Schritt näher. „Was wollen sie dann?“ „Unglücklicherweise nichts, was Sie mir geben könnten…“, antwortete Bakura etwas steif. Jedoch entsprach es vollkommen der Wahrheit. Er verneigte sich erneut und wandte sich zum Gehen. „Junger Mann“, wandte die Großfürstin ein und lief ihm nach als er kurz vor der Tür stehen blieb. „Woher hatten Sie die Spieluhr…?“, fragte sie und mit einem Mal dämmerte es ihr. Hatte er in der Oper nicht gesagt, er sei früher Bediensteter im Palast gewesen…? „Sie waren der Junge, nicht wahr? Der Küchenjunge, der uns zur Flucht verhalf…“, sagte sie und suchte seinen Blick. Er versuchte ihr jedoch auszuweichen und wandte immer wieder den Kopf ab. Ja, er wusste, was er getan hatte…Doch änderte das nichts daran, dass Welten zwischen ihnen lagen…Was spielte es also für eine Rolle? „Sie haben ihm das Leben gerettet…und mir! Sie haben ihn mir zurückgebracht! Und dennoch wollen Sie keine Belohnung…?“, fragte die Großfürstin geradezu ungläubig als ihr bewusst geworden war, wie tief sie und ihr Atemu in der Schuld dieses Mannes standen. Doch Bakura, sehr um eine neutrale Miene bemüht, schloss nur kurz die Augen um sich zu sammeln und um zu verhindern, dass ihm etwas Verräterisches rausrutschte. „Nun nicht mehr…“ „Weshalb dieser Sinneswandel…?“ „Es hatte wohl eher mit dem Herzen zu tun…“, murmelte er, ehe er wirklich begriff, dass er es laut gesagt hatte. Oh Gott…, dachte er und senkte den Blick. Naja, jetzt war eh alles egal.... „Ich muss gehen…“, sagte resigniert, aber mit Nachdruck, neigte noch einmal den Kopf und verließ dann den Raum. Die Großfürstin sah ihm nach und hob die Hand, wollte eigentlich noch auf seine mysteriöse Antwort eingehen, aber dann ließ sie ihn wieder sinken und Bakura gehen. Eigentlich wusste sie um die Bedeutung und sie lächelte nachsichtig. Wie konnte sie es dem Mann verübeln, der ihr so viel Gutes getan und ihr so viel Glück beschert hatte? Bakura eilte die großen Treppen hinunter, den Blick starr auf den Boden gerichtet. Er wollte bloß weg…Dann irgendwann würde auch der Schmerz vorbei sein…So sehr mit seinen Gedanken beschäftigt, bemerkte er nicht, wie ihm jemand entgegenkam. „Guten Tag, Bakura“, hörte er auf einmal Ya-Atemus Stimme und ruckartig blieb er stehen und sah auf. Schräg vor ihm stand Atemu in einer stattlichen Uniform mit einem Umhang und einer unglaublich imposanten Krone auf dem Kopf. Er war kaum wiederzuerkennen. Hatte Bakura vorher Yamis Potenzial nur erahnen können und dem Frack einen Vorgeschmack bekommen, so war er jetzt mit Atemus gesamter Ausstrahlung als Kronprinz konfrontiert und sollte er noch letzte Zweifel gehabt haben, dass er das Richtige tat, so waren sie nun fortgewischt. Ein Abgrund hätte sie nicht stärker trennen können… „Guten Tag“, antwortete Bakura also ruhig und mit regungslosem Gesichtsausdruck. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren… Als Atemu seinerseits Bakura auf der Treppe entdeckt hatte, hatte er nicht verhindern können, dass sein Herz einen Hüpfer machte. Doch dann fiel ihm wieder ein, was und vor allem weswegen er das alles getan hatte und der Anflug seines Lächelns erstarb. Erhobenen Hauptes war er ihm entgegen gegangen und sah ihn nun kühl an. „Und? Hast du dir deine Belohnung abgeholt?“ Bakura hob beide Hände und sah ihn flüchtig an. „Meine Geschäfte sind jetzt abgeschlossen.“, erklärte er selbstbewusst und ging ein paar Stufen an ihm vorbei. Doch in diesem Moment kam ein älterer Bediensteter am Treppenabsatz vorbei und als er Bakura so reden hörte, sah der alte Mann sich gezwungen, einzuschreiten. Dem Großfürsten hatte man mit Respekt zu begegnen! „Junger Mann, Sie haben sich zu verneigen und den Prinzen mit ‚Eure Hoheit‘ anzureden“, sagte er höflich, aber bestimmt. Atemu, dem das nun doch sehr unangenehm war, vor allem nach all den Abenteuern, die sie zusammen durchgestanden hatten, bedeutete dem Bediensteten mit einer Handbewegung einzuhalten. „Nein. Das ist nicht nötig…“ Doch Bakura hob ebenfalls eine Hand und gebot ihm dadurch Einhalt. Es war so das Beste und würde seinem Herz vielleicht dabei helfen, Abstand zu gewinnen… „Bitte!“ Bakura, der nun mit Atemu auf einer Stufe stand, verneigte sich tief. „Euer Hoheit“, sagte er als er sich wieder aufrichtete. „Ich freue mich, dass Ihr gefunden habt, wonach Ihr suchtet“ Atemu, dem wirklich Unbehagen bereitete, diese Hierarchie auszuspielen, strich sich peinlich berührt eine Strähne aus der Stirn. Aber gut, Bakura wollte es ja so! „Das freut mich auch für Sie“, sagte er kühl und reckte den Kopf. „Nun dann…“, meinte Bakura zögernd und jedes folgende Wort schnitt sich in sein Herz. „Lebt wohl…Euer Hoheit…“ Wieder verbeugte er sich und als er aufsah, konnte er nicht anders als Atemu noch ein letztes Mal in die Augen zu sehen, ehe er endgültig die Treppe hinunter ging und dann fast aus dem Stadtpalais rannte, denn er war seiner Emotionen nicht mehr Herr… Atemu sah ihm nach und obwohl Bakura gerade noch einmal alles bestätigt hatte, fühlte er eine seltsame Leere. „Leb wohl…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)