Von gleicher Natur von Re-belle ================================================================================ Kapitel 10: Veränderung ----------------------- Sie hatten sich mehrmals durch das Geäst gekämpft und Eleonora hatte ihrem Bruder den Weg zur Lichtung so lange gezeigt, bis er ihn auswendig konnte. Nach kurzer Zeit hatten die beiden herausgefunden, dass auch er den Übergang problemlos passieren konnte, sogar ohne ihre Hilfe. So hatten sie sich darauf geeinigt, dass er erstmal alleine an dem Baumhaus bauen wollte und ihr Bescheid sagen würde, wenn er ihre Hilfe bräuchte - wozu es aber bisher nie gekommen war. Er war schneller und arbeitete besser allein und konnte so zumindest ohne schlechtes Gewissen hemmungslos fluchen, wenn ihm etwas gegen den Strich ging. Er stürzte sich mit Leib und Seele in sein neues Projekt und schien das Heimwerkern sehr zu genießen, denn er kam und ging immer mit einem zufriedenen Lächeln. Er werkelte jetzt schon seit zwei Wochen herum ohne Eli auch nur ein Wort verraten zu haben wie der aktuelle Stand war. Sie war so aufgeregt, dass sie kaum stillsitzen konnte, deswegen entschloss sie sich an diesem Morgen dazu ihm heimlich zu folgen und einfach einen kurzen Blick auf das Baumhaus zu werfen. Sie streifte ihre leichten Stiefeletten über, denn mit diesen konnte sie am leisesten laufen, was natürlich Voraussetzung dafür war, wenn man unbemerkt hinter jemandem herschleichen wollte, und nahm ihren gewohnten Weg einige Minuten nachdem ihr Bruder das Haus verlassen hatte. Flämmchen schlief noch in ihrem Schmuckkästchen, Eli hoffte, dass ihre kleine Freundin es ihr nicht allzu übel nehmen würde, dass sie sie nicht mitgenommen hatte. Aber die kleine Candelatia hatte, wenn ihr langweilig war, ständigen Redebedarf. Was wiederum nicht nützlich war bei ihrem Vorhaben. Sie würde ihr einfach eine Hand voll von den violetten Beeren mitbringen, die an den Büschen um den Teich herum wuchsen. Das waren zur Zeit ihre Lieblingsbeeren und es gab sie nur dort in der Parallelwelt. Sie sahen ein bisschen aus wie übergroße Johannisbeeren, wuchsen nur nicht so vielsamig wie diese. Der Geschmack glich eher dem der Blaubeeren, aber Eleonora hätte es nicht genauer beschreiben können. Den ganzen Weg hing sie den Gedanken über die Beeren nach und wäre beinahe mitten auf die Lichtung gelatscht, wenn sie nicht kurz vorher einen rüden Fluch über die Vorfahren irgendeines Werkzeugs vernommen hätte, der sie daran erinnert hatte, dass sie ja eigentlich gerade in heimlicher Mission unterwegs war. Erschrocken hüpfte sie hinter den nächstgelegenen Baum und schlinzte vorsichtig an dessen Seite vorbei um einen Blick auf das Baumhaus zu erhaschen. Der Anblick der sich ihr jetzt bot verschlug ihr vollkommen die Sprache. Ihr klappte buchstäblich die Kinnlade herunter als sie das perfekte, kleine Baumhaus sah, dass ihr Bruder von einem Ast aus bearbeitete. Sie wollte ein Stück näher heranschleichen um das Prachtwerk in voller Ansicht betrachten zu können. Dummerweise lag genau dort, wo sie ihren Fuß hinsetzte, ein kleiner Ast, der lautstark zerbrach, als sie drauftrat. Mit großen Augen starrte sie nach unten und danach in Richtung Etienne, der ruckartig den Kopf drehte und sie im selben Moment entdeckte. "Eli! Och nein!" rief er und ließ den Hammer sinken, mit dem er zuvor einen der Fensterrahmen bearbeitet hatte. "Wir hatten doch gesagt, dass ich Dich hole, wenn ich Deine Hilfe brauche..." Er kletterte geschickt vom Baum und lief ihr grimmig dreinblickend entgegen. Schuldbewusst hatte sie den Blick gesenkt und kam hinter den Büschen hervor auf die Lichtung gelaufen. "Du hast mich auf die Folter gespannt, ich war so neugierig... Tut mir leid..." "Ich wollte Dich überraschen, wenn es fertig ist. Du hättest nur noch bis morgen warten müssen..." Sie hob den Kopf und sah ihrem Bruder in die Augen. "Ich weiß, dass es keine wirkliche Entschuldigung ist, aber ich bin auch jetzt schon total überrascht!" Er presste die Lippen aufeinander und schnaubte. Einige Momente standen sie still da, dann rüttelte er sanft an ihrer Schulter. "Na gut, Du hast ja Recht. Komm, dann zeig ich Dir mal alles und Du kannst hier und da noch mithelfen dem Ganzen den letzten Schliff zu verpassen!" Sie wusste nicht wie, aber er hatte aus ihrem groben Grundbau ein echtes, kleines Meisterwerk geschaffen. Die Form war erhalten geblieben, wirkte nur alles in allem deutlich stabiler und hochwertiger. Um hineinzukommen musste man an einer Strickleiter hinaufklettern, die man oben zusammenrollen und festbinden konnte, so dass niemand anderes einem ins Haus folgen konnte. Der erste Durchgang war mit einem klappernden Holzperlenvorhang verziert, darauf folgte eine Art kurzer Flur an den die eigentliche Eingangstür grenzte. Hier konnte man gut Schuhe abstellen oder Getränke kühlen, fand sie und fing direkt an zu planen. Das Innere des Häuschens bestand nach wie vor aus einem Raum, der aber deutlich besser aufgeteilt war und insgesamt größer wirkte. Außerdem hatte ihr Bruder ihr eine zweite Etage geschaffen, die sie auf ihrer gedanklichen Liste direkt als Schlafbereich deklarierte. "Ich würde sagen hier kommt eine kleine Küchenzeile hin. Das Fenster, das ich noch einsetze, kann man dann super öffnen, wenn man beim Schnibbeln oder Kochen frische Luft braucht." sagte Etienne und riss sie aus ihren Gedanken. Er deutete auf die Wand vor ihnen, auf die man sah, wenn man den Raum betrat. Dann drehte er sich ein Stück und zeigte in die Ecke: " Und hier vielleicht ein Esstisch oder eine gemütliche Sitzecke. Die Wand könnte man außerdem mit Regalen oder Schränken pflastern, wo du Klamotten oder Bücher oder was Du halt so brauchst reinpacken kannst." Er drehte sich noch ein Stück und zeigte auf die nächste Wand, in der ein großes Loch prangte, was auch Eli in ihrem Erstversuch als Fenster eingeplant hatte. "Hier würde ich an Deiner Stelle einen Schreibtisch hinstellen. Es gibt kaum was Schöneres als einen sonnigen Arbeitsplatz." Er zwinkerte ihr zu und ging zu einem schlichten Stützbalken, der genau in der Mitte des Raumes prangte. "Siehst Du die Holzstücke hier?" fragte er eher rhetorisch und deutete auf die quer an den Pfeiler angebrachten Stiegen. "Die sind Deine Leiter ins Obergeschoss. Komm!" er kletterte hinauf und grinste ihr über die Kante hinweg zu. "Das hier ist mein Lieblingsplatz. Wenn Du hier ein paar Matratzen hinlegst kannst du eine supergemütliche Schlaflandschaft schaffen. Ein Haufen Kissen dazu.... perfekt!" Als sie oben angekommen war lag er mit hinter dem Kopf verschränkten Armen auf dem Boden. "Oh, das Fenster!" rief sie erfreut aus. Das einzige Fenster, dass schon eingebaut war, war dieses. Es war rund und die Sonne schien bezaubernd durch das Blattwerk und die Scheibe hindurch. Sie hatte den perfekten Blick auf unendliches Grün und hörte das sanfte Rauschen des Windes, der durch die Baumkronen tanzte und die Blätter streichelte. Dass sie hier großartig schlafen würde, bezweifelte sie nicht. Sie ging in leicht gebückter Haltung, die Schräge der Decke ließ es nicht anders zu, zu dem Fenster und betrachtete die Aussicht. "Da vorne ist im Übrigen noch eine kleine Luke, durch die Du aufs Dach kommst!" erwähnte Etienne beiläufig. "Eine Luke?" Eli drehte sich ruckartig um und stieß sich den Kopf an der Decke. "Au... Uh, da muss ich mich erstmal dran gewöhnen..." nuschelte sie und rieb sich die gestoßene Stelle. "Am besten krabbelst Du hier nur auf allen Vieren rum, dann passiert das gar nicht erst." grinste ihr Bruder. "Schau, hier vorne." er rutschte geschickt über den Boden zu dem Platz von dem aus man die Luke am besten öffnen konnte. Decke und Boden bildeten zusammen geschätzerweise einen Winkel von 40°, es war also ziemlich eng. Für den seltenen Fall, dass man mal aufs Dach müsste, dachte Etienne, reichte das aber auf jeden Fall aus. Außerdem konnte man die Fläche so noch anders benutzen. Vielleicht für eine kleine Kleidertruhe oder ein niedriges Regal. Er robbte auf seinen Ellenbogen weiter und werkelte an dem Verschlussriegel herum. Mit einem lauten Quietschen schob er ihn zurück und drückte die Luke nach Außen auf. Einige Blätter fielen ihm entgegen und verirrte Sonnenstrahlen schienen auf sein Haar, das im plötzlichen Wind zu wehen begann. "Ist das nicht grandios hier? Eigentlich wollte ich versuchen die Luke als praktisches Gimmick zu verkaufen... Weil man ja auch mal alte Blätter herunterfegen muss. Aber ich glaube das ist auch ein ganz netter Ort zum Entspannen hier, so versteckt zwischen den Ästen und Blättern..." Er klappte die Luke komplett nach Außen auf und kroch hinaus. Eli starrte ihm verwirrt hinterher. Er hatte gar nicht bemerkt, dass sie ihn seit einigen Minuten schon so angesehen hatte. "Äh, Etienne..?" rief sie ihm hinterher. "Komm schon raus, es ist echt schön hier!" Sie schüttelte den Kopf und versuchte sich einzureden, dass sie es sich nur eingebildet hatte, dann kletterte auch sie aufs Dach hinaus. Dort setzte sie sich neben ihren Bruder, traute sich aber nicht ihn anzusehen. "Und?" fragte er. "Hmmm." "Was ist?" "Mmhhhh." ihr Blick huschte hin und her, aber sie sah ihn noch immer aus den Augenwinkeln. "Eli... Ich erwarte euphorische Freude! Also... das ist der Moment wo Du mich mit Dankeshymnen überschütten solltest!" er stubste sie sanft an die Schulter. Ruckartig drehte sie sich zu ihm, aber ihr jetziger Ausdruck verwirrte ihn. Ihre Augen waren vor Aufregung geweitet, doch ihre Brauen zusammengezogen und ernst. "Es ist alles absolut wundervoll, Etienne! Ich liebe dieses Haus, es ist grandios, fantastisch, umwerfend, einfach perfekt! Aber..." ihr Blick wanderte von seinen Augen zu seinen Ohren und sie sog scharf die Luft ein: "...warum hast Du spitze Ohren?!" Er erwiederte ihren Blick einige Momente, dann brach er in Gelächter aus. "Was redest Du denn da?" er hielt sich den Bauch vor Lachen. "Spitze Ohren, was hast Du gefrühstückt? Oder bist Du dem komischen Pilz zu nahe gekommen?" Wütend boxte Eleonora ihm gegen die Schulter. "Du Idiot! Fühl doch einfach mal oder schau Dich im Spiegel an!" grimmig verschränkte sie die Arme und wandte sich ab. Sie drehte den Kopf weg, so dass ihre offenen Haare ihr über die Schulter fielen. "Sagt die, die sich heimlich die Haare gefärbt hat. Steht Dir aber!" er zog ihr leicht an einer Haarsträhne, dann hob er reflexartig die Hand um sein linkes Ohr zu betasten. "Haare gefärbt?" erst jetzt sah sie, dass ihre Haarspitzen in ein sanftes Grün verliefen. "Was um alles in der Welt..." verblüfft strich sie alle Haare auf einer Seite nach vorn und starrte sie an. Im selben Moment kam ein erstickter Schrei aus Etiennes Richtung. "Eli, meine Ohren sind spitz!" Sie sahen sich mit großen Augen an. "Eli, verdammtnochmal, Deine Ohren sind AUCH spitz!" Etiennes Stimme hatte sich im Verlauf der letzten Momente immer weiter gehoben, inzwischen schrie er fast. "Ich glaub ich werd wahnsinnig!" rief er, sprang auf und hastete ins Baumhaus zurück. Eli folgte ihm so schnell sie konnte, genauso schockiert und überrascht, wie ihr Bruder. Im unteren Teil des Raums angekommen fand sie ihn in seiner Tasche wühlend vor. Er holte einen kleinen, runden Gegenstand heraus und hob ihn hoch. Ihr fiel gar nicht auf, dass es irgendwie komisch und untypisch war, dass er einen Handspiegel dabeihatte, aber das ignorierte sie in dem Augenblick. Etienne starrte sein Spiegelbild an und zupfte sich an den spitz zulaufenden Ohren. "Das ist doch unmöglich. Wie kann sowas passieren? Eli, seit wann ist das so? Das muss an dieser komischen Welt hier liegen. Wieso ist mir das noch nicht vorher aufgefallen?" die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus. Eleonora stand derweil einfach so herum und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Eigentlich fand sie es ziemlich cool, dass sie nun solche Ohren hatte. Das musste doch heißen, dass sie irgendeine Art Elfe war... Oder? _______________________________________________ Vergangenheit: 5 Jahre früher - in den Traumbergen Leise kichernd huschten sie gemeinsam durch den Gang zu Taras Wohnräumen. Durch Taras schmerzenden Knöchel gestaltete sich dies aber etwas schwerfälliger, als gewöhnlich. "Hast Du seine Grimasse gesehen, als er gemerkt hat, dass Du heute nicht seine Vorspeise sein würdest?" Ophelia hing an ihrem Rücken, die Ärmchen halb um den Hals geschlungen. Vor lauter Gekicher konnte sie nicht mehr richtig geradeaus fliegen. Tara schloss auf, schlüpfte durch den Spalt und schloss die Tür schnell wieder. "Puh, ein Glück aber auch!" antwortete sie ihr. "Freu Dich mal nicht zu früh, Tara." ertönte es in kaltem Tonfall hinter ihr. Sie drehte sich abrupt um, Ophelias kleine Finger gruben sich vor Schreck in ihren Nacken. Auf dem Diwan saßen, verlegen lächelnd, Luri und Vinn, Kela stand mitten im Raum und hatte die Arme verschränkt. Sie waren offensichtlich irgendwie hier eingebrochen, aber bei Kelas Gesichtsausdruck wurde diese Tatsache nebensächlich. "Hallo auch an das freche Ding da. Ich wusste doch, dass da was faul ist." grimmig sah sie den beiden entgegen und winkte sie dann näher, ganz nach Manier der Chefin. "Tara, weißt Du eigentlich in was für einem riesengroßen Dunghaufen Du gerade steckst? Und Du kommst hier kichernd angerannt! Mit einem Alpträumchen im Schlepptau! In den verdammten Wohnanlagen! Du weißt, dass das verboten ist. Du weißt das alles. Warum kannst Du Dich nicht an die verfluchten Regeln halten, meine Güte!" Vor lauter Überraschung stand sie nur da und starrte ihren Freundinnen stumm entgegen. "Ich wusste, dass das nicht ewig so weitergehen kann..." flüsterte Ophelia, die sich immer noch hinter ihr versteckte. "Was machen wir nur?" wimmerte sie weiter. "Ich... ich ähm..." stotterte Tara. "Was... was ist denn passiert...?" betreten sah sie von Augenpaar zu Augenpaar und senkte dann den Blick auf den Boden. "Du kannst Dir das Meiste eigentlich schon denken. Ich kann echt nicht fassen, dass Du Dich so dämlich verhalten würdest..." fluchend lief Kela durch den Raum, hob gedankenversunken verschiedene Gegenstände auf und legte sie wieder hin. "Naja, aber Kela, manchmal hat man ja plötzlich eine Verbindung zu jemand anderem..." fiel Luri ihr ins Wort und versuchte so die Stimmung etwas aufzubessern, was ihr aber nicht gelang. "Jetzt nimm sie nicht noch in Schutz! Sie kennt die Regeln genauso gut wie jeder andere Daoine! Wir lernen das von klein auf, damit genau sowas niemals passiert. Und doch gibt es immer wieder Idioten, die sich darüber hinwegsetzen!" bei dem letzten Satz bedachte sie Tara mit einem wütenden Blick. "Kela, komm runter. Wut hilft uns jetzt hier auch nicht weiter, außerdem kannst Du ja auch mal versuchen Dich in ihre Lage zu versetzen! Im Gegensatz zu Dir kann ich das nämlich!" erwiederte Luri. Sie war eigentlich immer eher still und ruhte in sich, aber wenn es sein musste konnte sie sich auch streiten. "Erinnerst Du Dich noch an Delyra*? Na, das sagt Dir was, nicht wahr? Auch wenn sie ein Träumchen war, war da doch von Anfang an eine Verbindung, die Tara mit dem Alpträumchen vielleicht auch hat." "Das ist nicht das Gleiche!" "Im Grunde ist es sehr wohl das Gleiche!" Luri war inzwischen aufgestanden und erwiederte Kelas funkensprühenden Blick mit kaum geringerer Heftigkeit. "Schwachsinn, versuch doch nicht vom eigentlichen Punkt abzulenken!" "Wer lenkt denn hier ab, hm?!" "HALTET DIE KLAPPE!" schrie Vinn dazwischen und ließ alle Anwesenden zusammenzucken. "Das ist ja nicht auszuhalten hier. Luri - setz Dich wieder hin. Kela, geh da rüber. Tara, Alptraum, kommt mal zu mir." dirigierte sie jetzt. Völlig perplex folgten alle ihren Anweisungen, wussten aber nicht genau warum. Vielleicht war es der durchdringende Ton oder die Schärfe in ihrer Stimme, die sie dazu veranlassten. Zumindest herrschte jetzt Stille, auch wenn Luri und Kela noch immer heimlich wütenden Blicke austauschten. "Okay, hör mir zu. Einigen ist aufgefallen, dass im Wohnbereich eigenartige Schwingungen sind und so kam das Eine zum Anderen und der Rat weiß Bescheid, dass ein Alptraumwesen hier ein- und ausgeht. Tara, die wissen auch, dass Du dafür verantwortlich bist. Die Mütter allein wissen, wie auch immer sie das rausgefunden haben. Egal... Du hast, im Gegensatz zu anderen, die einmalige Chance jetzt selbst zum Rat zu gehen und Deinen guten Willen zu beweisen. Resaria hat angeboten, dass Dein Prozess dann öffentlich abgehandelt wird und die Chance besteht, dass durch die Reaktionen der anwesenden Zuschauer das Urteil gemildert wird." sie fasste Tara an den Schultern und sah ihr eindringlich in die Augen. Taras Kopf war völlig leergespült und sie starrte nur ausdruckslos zurück. "Hast Du das verstanden?" Sie nickte. "Du musst jetzt also sofort zu Resaria oder einem anderen Mitglied des Rates. Und überleg Dir auf dem Weg dahin einige passende Aussagen, okay? Sieh verdammtnochmal zu, dass Du nicht verbannt wirst!" "Ja, bitte..." stimmte Luri zu. "Ich möchte das auch nicht..." sagte auch Kela, die sich wieder halbwegs beruhigt und neben Luri auf den Diwan gesetzt hatte. "Deine kleine Freundin kannst Du so lange bei uns lassen. Wir passen auf, dass sie nicht abhaut. Das ist wichtig für den Prozess..." fügte Vinn hinzu. "Ophelia." hauchte ein Stimmchen hinter Taras Rücken. "Wie bitte?" "Ich heiße Ophelia... und ich werde nicht abhauen. Wenn ich Tara damit helfe, werde ich bleiben und mich stellen." sie kam jetzt langsam hervor und huschte dann zu der in der Ecke stehenden Wasserschale, wo sie sich einkringelte und besorgt in den Raum und die sie beobachtenden Augenpaare starrte. Vinn umarmte Tara plötzlich und so fest, dass ihr fast die Luft wegblieb. Auch Kela und Luri kamen zu ihr und drückten sie. "Viel Glück..." sagte Kela, die anderen nickten zustimmend. Tara atmete tief ein und aus, dann nickte auch sie, drehte sich um und lief auf direktem Weg zum Rhiagraum, dem Versammlungsraum des Rates, wo sie die Mitglieder zu dieser Uhrzeit vermutete. Ihren schmerzenden Knöchel, der inzwischen schon leicht angeschwollen war, hatte sie situationsbedingt verdrängt. ____________________________________________________ Gegenwart: Arcane Woods Etienne saß alleine auf dem Steg und starrte gedankenversunken ins Wasser. Eleonora lag in der Mitte der Lichtung auf der Wiese und beobachtete die Wolken. Wenn Flämmchen jetzt hier wäre, hätte sie sicher entweder irgendwelche Informationen oder zumindest eine bissige, aufheiternde Bemerkung parat. Obwohl sie im Grunde gar nicht so schockiert war. Überrascht, natürlich. Aber sie fasste die ganze Situation deutlich positiver auf als ihr Bruder, der im Moment lieber alleingelassen werden wollte um in Ruhe über alles nachdenken zu können. Wahrscheinlich dachten sie beide gerade sowieso über das Gleiche nach. Wieso veränderte sich ihr Aussehen in dieser Welt? Betraf es speziell nur sie beide oder wandelten sich alle hier? Möglichkeit zwei, wurden dann alle nur zu so einer Art Elfen oder gab es da wiederum Unterschiede? Moglichkeit eins - und da wollte sie eigentlich am wenigsten drüber nachdenken - wenn die Veränderung nur sie betraf, lag es dann in der Familie? Waren ihre Mutter und Großmutter auch beide Elfen? Waren sie überhaupt Elfen? Was war sie, wenn sie kein Mensch war? "Urgh, Blahhhh!" rief sie, schnaufte laut, drehte sich um und drückte ihr Gesicht in die weiche Wiese. "Ja, ich bin ungefähr genauso weit gekommen." Etienne war vom Steg zurückgekommen und ließ sich jetzt neben sie fallen. "Zu viele Informationen. Overload error... Wollen wir zurückgehen und Ma fragen, was sie weiß?" Sie setzte sich auf und sah ihn müde an, das Gesicht voller geknickter Grashalme und Erdstückchen. Sie bot einen lustigen Anblick, so zerknirscht dreinblickend mit dem Farbverlauf in den Haaren, den spitzen Ohren und dem schmutzigen Gesicht. "In Wirklichkeit bist du keine Elfe sondern ein Kobold oder Org oder sowas." lachte er. Sie boxte ihm wieder gegen die Schulter. "Du Arsch. Aber ich finde auch, das wir nach Hause gehen sollten. Wir brauchen Antworten und die finden wir nicht hier. Zumindest nicht in diesem Moment." Er brummelte zustimmend, stand auf, half ihr hoch und räumte zügig die Umgebung auf. Die Strickleiter rollte er mit einem speziell dafür angefertigten Gerät auf (eine Art Teleskopstange), welches er danach zusammenschob und in seinen Ruckstack packte. Sie machten sich gemeinsam auf den Rückweg und versuchten sich geistig auf die kommenden, möglicherweise erschütternden Informationen einzustellen. _____________________________________________________ Vergangenheit: 5 Jahre früher - in den Traumbergen Atmen. Laufen. Schritt für Schritt. Nicht stolpern. Nicht durchdrehen. Schmerzen ignorieren. Taras Gedanken rasten unkontrolliert durch ihren Kopf. Natürlich hatte es so kommen müssen, aber die Hoffnung stirbt ja immer zuletzt. Immerhin hatten Ophelia und sie es geschafft fünf Jahre mehr oder weniger unentdeckt zu bleiben. Jetzt standen sie vor einem gewaltigen Abgrund, auch nur ein falscher Schritt würde sie beide in ihr Verderben fallen lassen. Was sollte sie nur sagen? Egal wie sie es drehte und wendete, etwas anderes als die Wahrheit würde sie verunsichern und ins Trudeln bringen. Aber was brachte ihr die Wahrheit in dieser Situation? Niemand würde sie verstehen und niemand würde auf ihrer Seite stehen. Oder? Luri hatte sich vorhin auch für sie eingesetzt. Vielleicht gab es unter den anderen noch mehr, die mit den alten Regeln nicht mehr einverstanden waren und für eine Neuauflage kämpfen würden. Spekulationen über Spekulationen. Je mehr sie nachdachte, desto größer wurde die Unruhe und Panik, die sich unaufhaltsam in ihr ausbreitete. Als sie endlich vor der alten, massiven Tür des Rhiagraumes ankam, pochte ihr Herz so heftig, dass es ihr wahrscheinlich bei dem geringsten Schreck aus der Brust gesprungen wäre. Sie lehnte sich kurz gegen die beruhigend kühle Steinwand und schloss die Augen um einen Moment in sich zu gehen. Mochten die guten Geister der Steine und die Traummütter mit ihr sein, wenn sie sich vor den Rat begeben würde und Ophelia und sie vor dem fast unausweichlichen Unheil bewahren. Sie atmete noch einige Male tief ein und aus, dann klopfte sie, so energisch es ihr in diesem Moment möglich war, gegen das dunkle, harte Holz der Tür. Selbstsicher sein. Keine Angst zeigen. Stark sein! Die Antwort, die sie erwartet hatte, kam nicht, also klopfte sie erneut, diesmal noch etwas lauter. Stille. Plötzlich knirschte es dicht hinter ihr, jemand kam näher. Im selben Moment, in dem sie sich umdrehte, sagte Resaria: "Gut, dass Du Dich entschieden hast zu kommen. Ich befürchte, dass Du mir nun erstmal zu den Zellen folgen musst." mit diesen Worten machte die alte Frau kehrt und entfernte sich wieder von Tara, die vollkommen perplex noch immer wenige Zentimeter vor der Tür stand. Sie hatte sich unendlich viele Argumente und Antworten auf die verschiedensten Fragen und Situationen überlegt. Keine davon spielte sich so ab, wie die Realität es gerade tat. Hektisch hastete sie Resaria hinterher, so schnell es ihr mit der Verletzung möglich war. "Ich... Resaria, bekomme ich nicht irgendwie die Möglichkeit mich zu verteidigen?" fragte sie verzweifelt, als sie die Rätin, die trotz ihres so hohen Alters noch unerwartet flink war, eingeholt hatte. Ohne stehenzubleiben und ohne sie anzusehen antwortete sie: "Natürlich bekommst Du die Möglichkeit. Morgen im Forum oder der großen Halle beim Prozess. Bis dahin müssen wir darauf bestehen, dass Du Dich in Gewahrsam begibst. Du kennst ja den Ablauf, nehme ich an. Zu meiner Zeit wurde einem das noch in der Schule beigebracht." Bei dem letzten Satz warf sie Tara über die Schulter einen scharfen, schneidenden Blick zu. Sie hatte noch nie viel mit Resaria zu tun gehabt, trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie sie nicht mochte, schlimmer noch, sie verachtete. Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend und wie leer gespültem Kopf folgte sie der hohen Rätin durch die Gänge und ließ sich in eine der kleinen Arresthöhlen schließen. Bisher war sie immer nur in den Verwahrungsbereich für Alpträume gekommen und hatte nie auch nur daran gedacht, sich selbst mal in solch einer Situation befinden zu können. Nun saß sie dort, mit dem Rücken an der grob zurechtgeglätteten Steinwand und blickte durch das leicht changierende Energiefeld, dass ihren Bereich von dem Gang und den anderen Zellen abschnitt und jegliche Ausbruchsversuche im Keim erstickte. Würde sie versuchen hindurchzukommen, bekäme sie einen heftigen Schlag, der sie nach hinten schmettern und wahrscheinlich ohnmächtig werden lassen würde. Sie hatte ein Mal mitbekommen, wie Luri nach dem Pflegen der Alpträumchen eine solche Schranke übersehen hatte. Sie war nur ganz leicht mit der Schulter dagegengekommen, landete aber trotzdem drei Meter entfernt mit voller Wucht auf dem Hintern. Unnötig zu erwähnen, dass sie danach zwei Wochen von der Arbeit befreit worden war. Auch ohne die Wirkung des Energiefelds hätte Tara es niemals in Erwägung gezogen zu fliehen. Sie wusste, dass die Idee abgrundtief dumm gewesen wäre. Damit hätte sie alles nur noch viel schlimmer gemacht und hätte es wohl besser gehabt einfach freiwillig in die Verbannung zu gehen. Trotzdem tauchen solche Gedanken und Bilder ja immer unweigerlich auf, sobald man anfängt nachzudenken, auch wenn man ihnen keinen Wert zuspricht. Sie konnte jetzt nur abwarten und hoffen, dass der Prozess möglichst früh stattfinden würde, so dass sie nicht mehr allzu lange hier warten müsste. Die Einsamkeit in der Zelle ließ sie nur noch intensiver über ihre Lage nachdenken und plötzlich auch den pochenden Schmerz ihres verletzten Knöchels spüren. Sie war so wütend und hilflos, fühlte sich irgendwie verraten, obwohl sie wusste, dass sie selbst diejenige war, die alle anderen als Verräterin abstempeln würden. Kurz bevor sie endgültig in ihre depressiven Gedanken abtauchen und still vor sich hin weinen konnte hörte sie, wie sich jemand näherte. Sie schluckte schnell ihr emotionales Chaos herunter und wischte sich mit dem Ärmel über die feuchten Wangen, als auch schon der Schatten des Besuchers auf den Boden des Ganges vor ihrer Zelle fiel und im nächsten Moment ihre Großmutter Edna vor ihr stand. Sie blickte von der anderen Seite des Energiefelds traurig zu ihr herüber. "Tara..." sagte sie. In ihrer Stimme schwang neben der Trauer und Angst eine ebenso große Hilflosigkeit mit, wie sie sie selbst in sich spürte. "Wir haben versucht das alles zu verhindern, aber das wäre nicht Regelkonform gewesen. Du weißt, dass wir keine Ausnahmen machen dürfen. Gerade für Familienmitglieder nicht..." sie senkte den Blick und seufzte laut. "Ich wollte es gar nicht glauben, als mir gesagt wurde, dass Du diejenige bist..." sie hob den Blick wieder und sah sie fragend an. Offensichtlich erwartete sie irgendeine Art Rechtfertigung oder Erklärung, aber Tara brachte keinen Ton heraus. Wenn sie jetzt etwas gesagt hätte, wäre der geistige Damm, ihr innerlicher Schutz der sie bisher vor dem Zusammenbruch gerettet hatte, eingebrochen und sie hätte die nächsten Stunden nur hemmungslos geweint. Das konnte sie sich nicht erlauben. Sie wollte es nicht. Stumm sahen sie sich noch einige Augenblicke an, dann ergriff Edna erneut das Wort: "Ich muss jetzt wieder gehen. Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein, aber ich wollte Dich nochmal sehen. Kind, hab Vertrauen in Dich und Deine Entscheidungen. Hab Vertrauen in Deine Familie und Freunde und in die anderen Daoine. Wenn Du beim Prozess bist wie Du bist..." sie machte eine kurze Pause und sah ihr eindringlich in die Augen "...dann wird schon alles gut gehen." Ihre Großmutter legte die rechte Faust auf ihre Brust, an die Stelle, wo ihr Herz war, dann öffnete sie sie und ließ sie wieder sinken. "Denk daran, was die Steine letzte Woche für Dich prophezeit haben." Mit diesen Worten verschwand sie eilig wieder aus dem Arrestbereich. Tara wusste nicht genau, was es war, aber irgendetwas an dieser letzten Geste zusammen mit der versteckten Botschaft ihrer Worte, beruhigte sie ungemein. Es würde schon alles gut werden. Vertrauen haben. Vertauen in sich selbst. Vertrauen in die Steine. Tara lehnte sich wieder zurück und schlief im nächsten Augenblick ein. Sie schlief tief und traumlos, fühlte sich am nächsten Tag aber trotzdem mehr als unwohl und erwachte panisch, als sie von einem unfreundlichen Aufseher geweckt wurde. Ein grober Klotz, den sie ein paar Mal in der großen Halle gesehen und von Anfang an nicht gemocht hatte. Sie ignorierte ihre Abneigung und rang sich dazu durch ihn anzusprechen. "Gibt es schon mehr Informationen, wanns hier weiter geht?" Er sah sie unverändert an, sein Gesicht war eine eigenartige Maske aus Teilnahmslosigkeit, Verachtung und Genervtheit. "Nein." antwortete er knapp in gereiztem Tonfall. "Wieso bist Du dann hier?" "Normaler Tagesablauf. Hier werden alle um die Uhrzeit geweckt." Er wandte sich um und ging den Gang weiter. Mit einem an einem Neartórd, einem an einen Hammer erinnernden Gegenstand, der anscheinend gut isoliert worden war, donnerte er gegen die Energiefelder der Zellen und machte einen dermaßenen Krach, dass keiner der Daoine, die hier waren, weiter hätte schlafen können. Auf dem Rückweg hielt er vor Taras temporärer Unterkunft inne, sah sie abschätzend an und sagte dann, lauter als nötig gewesen wäre, so dass jeder andere es mitbekam: "Hier gibts keine Sonderbehandlungen. Auch nicht für eine Soillòran*. Oder die Töchter von Ratsmitgliedern." Er legte seinen Kopf schief und grinste sie unaufrichtig an, dann verließ er schnellen Schrittes den Kerker. Taras Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen verengt, ihre Mundwinkel wanderten immer weiter hinab. Angewiedert starrte sie noch immer auf die Stelle, wo das Gesicht des Wärters vor wenigen Momenten noch gewesen war. Dieses schleimige Ekelpaket würde sie ab sofort ausnahmslos ignorieren. Was nahm der Kerl sich raus, sowas zu sagen und damit allen Anwesenden ein negatives Bild von ihr zu vermitteln? Ihre Annahme, dass er sie weckte um sie in die Große Halle zu geleiten, war doch vollkommen verständlich gewesen. "Mach Dir nix draus, der is' immer so." ertönte es dumpf aus einiger Entfernung. Aus ihren Gedanken gerissen suchte sie den Ursprung der Worte und fand ihn in dem Insassen der Zelle, die der ihren gegenüber lag. Sie hatte ihn vorher gar nicht bemerkt, weil sie so sehr auf sich und ihre missliche Lage konzentriert gewesen war. Der Mann war in den mittleren Jahren, - vielleicht älter, vielleicht auch jünger, sein Äußeres ließ das so schwer erahnen - hager und wirkte durch seine zauseligen Haare und den unrasierten Bart etwas ungepflegt. Seine Augen glitzerten sie freundlich durch die beiden Energiefelder hinweg an und weckten große Symphatie ihm gegenüber in ihr. Sie lächelte verlegen zurück und wusste nicht genau, was sie darauf erwiedern sollte. "Normalerweise lassen die einen hier 'n paar Tage brühen bevors an den Prozess geht, aber wenn Du wirklich in Verbindung zu einem der Räte stehst, gibt's da dann sicher doch 'ne Sonderbehandlung. Die lassen Dich hier schon nicht verrotten." großväterlich lächelte er sie an und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: "Was bringt Dich hierher? Siehst nich' so aus, wie eine, die was verbrochen hat, find' ich." An ihrer Unterlippe nagend starrte sie betreten auf den Boden. "Lange Geschichte..." "Na, ich hab Zeit!" grinste ihr Zellennachbar. Nach kurzem Zögern erklärte sie ihm knapp von ihrer Freundschaft mit Ophelia, wie es dazu gekommen war und warum sie sie als nicht gefährlich für die Daoine einstufte. Nachdenklich brummelte der Duin vor sich hin, nickte schließlich und sagte: "Hört sich richtig an. Also ich kanns wohl nachvollziehen. Deine Entscheidung. Ja und generell auch. Kann mich zwar nicht so ganz in Deine Lage versetzen, weil ich noch nie mit so 'nem Wesen zu tun hatte, aber bin mir sicher, dass es viele geben wird, die zu Dir halten werden." die buschigen Augenbrauen ernst zusammengezogen nickte er ihr weiter zu. "Ich hoffe es..." seufzte Tara. Ihr Blick traf erneut den ihres Gegenübers. Seine Augen waren bernsteinfarben und so zuversichtlich, dass ihre Hoffnung unvermittelt weiter wuchs. "Seid ihr jetzt endlich fertig mit eurem Gerede? Hier gibt's noch Leute, die gerne weiterschlafen würden!" brüllte ein Daoine aus einer entfnernter gelegenen Arresthöhle. Überrascht verzog sich das Gesicht des Alten, dann zuckte er mit den Schultern, lächelte ihr erneut aufmunternd zu und legte sich wieder hin. Kaum, dass er seine Schlafposition einnehmen konnte ertönte das Geräusch der Eingangstür, die grob aufgerissen wurde und darauf folgend die lauten, schweren, sich nähernden Schritte des Aufsehers. Mit dem gleichen hämischen Ausdruck auf seinen herben Gesichtszügen blieb er abermals vor ihrer Zelle stehen und stemmte die Arme in die massigen Seiten. "Aufstehn', Püppi. Ich hab Anweisung bekommen Dich in die Halle zu bringen. Scheint jetzt ernst zu werden für Dich, hm? Aber die Kontakte, die Dich hier so schnell rausgebracht haben werden Dir im Verlauf des Prozesses rein gar nichts nützen." verächtlich stieß er ein kurzes Lachen aus, dann öffnete er mit seinem Neartórd das die Zelle verriegelnde Energiefeld, indem er das Ende des Haltegriffs wie eine Art Schlüssel in die dazu passende Mulde im danebenliegenden Gestein drückte. Das Energiefeld flackerte kurz hell auf, dann verflüchtigte sich der Eindruck und die Barriere war verschwunden. Tara rappelte sich vorsichtig auf, immer noch durch ihren Knöchel eingeschränkt, und humpelte auf den Zellenausgang zu, in dem der Aufseher noch immer breitbeinig und grobschlächtig stand, kein Stück dazu bereit ihr in irgendeiner Weise entgegenzukommen. Sie wollte an ihm vorbeigehen, da griff er rabiat nach ihrem Oberarm und zerrte sie rücksichtslos neben sich her. "Glaub ja nicht, dass ich Dich alleine gehen lasse. Nachher haust Du ab und dann sitz ich wegen Dir in der Klemme. Kannste vergessen." Oh, als ob Du Vollidiot nicht wüsstest, dass ich mit diesem Fuß vor niemandem wegrennen könnte, schon gar nicht vor Dir, Du ungehobelter, wiederlicher, Drecks-... Ihre wütenden Gedanken wurden von der liebenswerten Stimme ihres Zellengegenübers unterbrochen: "Kopf hoch! Wird schon! Hör nicht auf den!" rief er ihr nach. Den gesamten Weg hallten diese Worte in ihren Gedanken nach und ließen sie die nötige Kraft sammeln, die sie für das Bevorstehende so dringend brauchte. * Soillòran: Bezeichnung für die Mädchen und Frauen, die an den Feiertagen singend und in Roben gekleidet durch die Traumberge wandern um die Traummütter zu besänftigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)