Bitte bleib bei mir! von _Shirley (BBC Sherlock) ================================================================================ Kapitel 8: So war das nicht geplant ----------------------------------- 8. So war das nicht geplant „Wo bitte sind Sie den ganzen Tag gewesen?“ Sherlock legte Schal und Mantel ab und hoffte Johns Wut würde sich ein wenig legen, ehe er sich ihr stellen müsste. Doch der saß mit verschränkten Händen auf dem Sofa und musterte Sherlock böse. „Ich hatte zu arbeiten“, erklärte Sherlock geduldig, wollte aber nichts mehr hinzufügen. Warum sollte er sich rechtfertigen oder seine Arbeit thematisieren? Tat er sonst auch nicht und John hatte das zu akzeptieren, ob Krank oder nicht. „Ich hab mich gelangweilt!“ teilte John mit, als wäre das ein schlagkräftiges Argument. Belustigt blickte Sherlock ihn an, ließ sich auf einem Sessel in Johns nähe nieder und legte genüsslich die Beine hoch. „Ich bin nicht Ihr Unterhalter oder dazu verpflichtet Ihnen die Zeit zu vertreiben. Etwas Gutes hat die ganze Situation jedoch, Sie verstehen jetzt bestimmt wie es mir ohne Fall immer ergeht.“ John lachte, verraucht war all die Wut und machte der Erleichterung platz, das Sherlock wohlbehalten wieder hier war. „Das unser werter Herr Nachbar Mr. Clarks Sie nach dem Spaziergang hier hoch getragen hat, war sehr freundlich von Ihm. Da ich zu arbeiten habe, sollten Sie bei wichtigen Dingen auf Ihn zurückgreifen. Was nicht bedeuten soll, dass ich mich meiner Verantwortung entziehen will, die Ihre Pflege mit sich bringt, doch ich kann auch keinen potenziellen Mörder frei durch London laufen lassen, besonders da ich mich diesbezüglich mitschuldig fühle. Er hätte gar nicht erst entwischen dürfen.“ Verdattert suchte John an sich nach Hinweisen die Sherlock zu dieser waghalsigen, aber richtigen Theorie gebracht hatten, dass Mr. Clarks ihn wieder nach oben getragen hatte. Sherlock redete derweil einfach weiter. „…solange es dauert, aber auch nicht länger. Zurück zu Ihrer Langeweile, ich könnte Ihnen all die Dinge aufzählen, die Sie mir jedes Mal vorschlagen, wenn ich mich langweile. Eine Litanei an normalen, uninteressanten, Albernheiten, die mit ihren bedeutungslosen Inhalten gerade gut genug sind, um dem Pöbel die Zeit zu vertreiben, sie mir allerdings nur stehlen würde und somit…John, hören Sie mir überhaupt zu?“ „Hmm, ja klar. Warum Clarks? Ich meine…“ „Oh bitte, John!“ seufzte Sherlock gespielt theatralisch. „Das ist Elementar, mein lieber John, elementar.“ Er ließ seine Beine vom Tisch fallen, auf welchem er sie der Bequemlichkeit halber abgelegt hatte und ging in die Küche. Derweil überlegte John was so Elementar war und brachte Sherlock damit laut zum Lachen, als dieser mit einer kleinen Flasche Wasser aus dem Kühlschrank wieder im Wohnzimmer erschien. „Sie sehen aus als ob Sie angestrengt nachdenken. Hören Sie…“ damit ließ er sich wieder in den Sessel fallen, schraubte das Wasser auf und trank einen großzügigen Schluck. „Es ist klar das Mrs. Hudson Sie nicht tragen konnte, genau wie alle anderen Frauen in unserer näheren Nachbarschaft. Kommt nur ein Mann infrage, schließt man alle Rentner aus, sowie die Leute welche körperliche Gebrechen haben, oder sich einfach am Nachmittag noch in der Arbeit befinden, bleibt schlussendlich nur Mr. Clarks, unser Arbeitsloser Umzugsunternehmer, dessen Firma erst vor zwei Monaten Konkurs anmeldete. Wer käme besser dafür in Frage?“ Enttäuscht darüber wie einfach die Lösung doch war und frustriert nicht selbst auf diese Schlussfolgerung gekommen zu sein, fuhr John sich durch sein kurzes Haar und seufzte tief. „Wie immer ist es lächerlich einfach, wenn Sie es erst einmal erklärt haben. Und so sitze ich hier und frage mich, warum ich nichts zu demselben Schluss gekommen bin.“ „Sie haben gesehen, aber nicht beobachtet“, tadelte Sherlock und rutschte tiefer in seinen Sessel und schloss für einen Moment die Augen. Er fühlte sich müde, obwohl dieser Tag nicht wirklich anstrengend gewesen war. Wahrscheinlich hatte er einfach schon zu lange keine Nacht mehr durchgeschlafen. Das zerrte auf Dauer sogar an seinen Kräften. „Sie sehen erschöpft aus, wann haben Sie das letzte Mal eine ganze Nacht lang geschlafen?“ Tja, möglicherweise zog John nicht aus Beobachtungen seine Schlussfolgerungen, sondern aus der ärztlichen Sorge um seine Mitmenschen. Sherlock schmunzelte, „das ist eine gute Frage…“ „Wenn Sie über die Antwort nachdenken müssen, dann ist es definitiv ungesund lange her“, tadelte John. „Da wir beide müde sind, lassen Sie uns zu Bett gehen, was halten Sie von diesem Vorschlag?“ Sherlock setzte sich ruckartig in seinem Sessel auf, erschreckte John mit dieser schnellen Geste und lächelte seinen Freund gerissen an. „Geben Sie es zu, Sie können es gar nicht mehr erwarten mit mir ins Bett zu gehen!“ Ungewollt wurde John rot im Gesicht und schaute betreten zur Seite. „Was für ein Unsinn!“ schimpfte er, als er seinen Freund siegreich Lachen hörte. „Sie überschätzen sich“ setzte John zum Kontern an, „ich war schon mit weitaus attraktiveren Männern im Bett, als Sie einer sind.“ Augenblicklich trat Stille ein. Keine von der angenehmen Sorte, sondern ein peinliches, betretenes Schweigen, das einer jeden unbedachten Äußerung folgte, die ohne Nachzudenken einfach in den Raum geworfen worden war. Jetzt komplett rot im Gesicht, sah John zu Boden und begutachtete seine Zehen. Er spürte Sherlocks Blick auf sich und wusste er müsste jetzt etwas sagen. Er könnte die Situation ja ins lächerliche ziehen, es als Scherz tarnen. Ober einen mutigen Schritt nach vorne machen und gestehen, dass Sherlock nicht der erste Mann war, mit dem er das Bett geteilt hatte. Für Sherlock war die Aussage erst einmal verwirrend. Zu viele Gedanken auf einmal schwirrten ihm durch den Kopf. Klar, warum sollte John nicht schon mal ein Bett mit einem anderen Mann geteilt haben? Musste ja nicht zwangsweise in Intimitäten ausgeartet sein. Schließlich war er auch beim Militär gewesen und da gab es ja überwiegend Männer. Außerdem war es in der heutigen Zeit auch nicht mehr all zu ungewöhnlich oder gar etwas, für das man sich schämen musste. Obwohl der Satz schon deutlich auf männliches Interesse anspielte, das John so noch nie erwähnt hatte. Eigentlich hatte er sich zu keiner der beiden Seiten öffentlich bekannt, zumindest konnte sich Sherlock noch gut an ihr Gespräch diesbezüglich erinnern. Seine Beobachtungen waren offensichtlich nicht vollständig genug gewesen um Johns Interesse für beide Seiten zu erkennen. War er wegen der vielen Frauen doch einfach davon ausgegangen, das Johns Neigungen rein einseitiger Natur waren. Und lag nicht auch ein wenig Beachtung von Seiten Johns auf seiner Person? Man konnte aus dem Satz durchaus schließen, dass John ihn nicht abstoßend oder uninteressant fand. Zwar zählte er ihn offenkundig nicht zu seinen attraktivsten Bettgenossen, aber auf dieser Aussage konnte man trotzdem aufbauen, wenn… Sherlock schellte sich einen Narren, John hatte das Ganze bestimmt nicht so schlüpfrig gemeint, wie es geklungen hatte. Außerdem war er mit seiner Arbeit verheiratet und brauchte und wollte gar keine feste Beziehung zu einem anderen Menschen. Er hatte in seinem Leben alles was er brauchte, seine Arbeit, die Drogen und namenlosen Sex wann immer es ihm danach gelüstete. Ein Leben, das er sich genau so ausgesucht hatte, weil es genau das war was ihm entsprach. Niemals hätte er gedacht, jemanden in seine kleine, heile Welt einzulassen. John, der hatte sich eingeschlichen und war irgendwie ein Teil davon geworden. Nun, das und die Aussage von John…vielleicht, wieso auch nicht…nein…nein, das konnte und würde nicht gut gehen. Sherlock erhob sich und jetzt blickte auch John wieder auf. Verlegen sahen sich die Beiden an, dann endlich fand John seine Sprach wieder. „Ich wollte Sie damit nicht beleidigen…“ begann er und wusste doch nicht, wie er Weitersprechen sollte. „Schon gut, ich bin ja nur Ihr Krankenpfleger, es ist für diese Aufgabe nicht notwendig, dass Sie mich attraktiv finden.“ „Gut, ich dachte schön Sie könnten das ganze falsch verstehen“, meinte John erleichtert. „Was soll man bitte an so einer Aussage falsch verstehen? Es ist Ihre Sache ob Sie neben Ihren vielen Verehrerinnen, auch noch männlichen Bekanntschaften frönen. Wie ich schon mal erwähnt habe, stört mich nichts daran.“ „Ja das haben Sie gesagt, ich meine nur…ich wollte nur nicht das Sie jetzt glauben…“ wieder geriet er ins Stocken. „Was soll ich nicht glauben?“ fragte Sherlock und beugte sich zu dem sitzenden John hinab. „Na das Sie mein Typ wären…“ Verdammt, wieder hatte er gesprochen ohne über den Inhalt nachzudenken. Den Satz konnte Sherlock nur falsch verstehen! Wie hatte er sich nur wieder in diese Situation manövriert? Jetzt hatte er schon zugegeben, dass er auch der männlichen Gesellschaft nicht abgeneigt war und Sherlock hatte es ohne weiteres aufgenommen, und dann so etwas! Wie hatte er das nur sagen können? Für einen winzigen Augenblick glaubte er, eine Verletzlichkeit in Sherlocks Gesicht zu sehen, die ihm das Herz schwer machte. Wahrscheinlich hatte er sich aber geirrt und es war nur ein Schatten gewesen, der über das völlig ausdruckslose Gesicht seines Freundes gehuscht war. Trotzdem war diese Aussage unüberdacht gewesen, besonders weil er gänzlich anders fühlte. Immer Bemüht diese unpassenden Gedanken für Sherlock auszublenden, ihn nicht nahe genug an sich heran zu lassen, um sich ja nicht zu verraten. Und das hatte er hiermit geschafft, denn er hatte sich jetzt jede mögliche Chance beraubt, Sherlock jemals nahe zu kommen. Möglicherweise war das auch besser so, wahrscheinlich würde eine Beziehung zwischen ihnen nur phänomenal scheitern und all das zerstören, was sie bisher verbunden hatte. Ja, vielleicht war es wirklich gut so. Sherlock bemühte sich, eine versteinerte Mine zu präsentieren. Kurz hatte ihn diese Aussage getroffen, aber offensichtlich hatte John wirklich kein sexuelles Interesse an ihm. Gut, das sollte ihm nur recht sein, hätte es doch ohnehin alles kompliziert. Ihr Leben würde so bleiben wie es war, und trotzdem schmerze es Sherlock viel mehr, als ihm lieb war. „Ich bringe Ihnen das T-Shirt von gestern und die Jogginghose. Ist das okay?“ fragte er in sehr ruhigem Tonfall. „Ja klar, danke“, kam es mehr beiläufig von John. Kaum war Sherlock verschwunden – sah fast wie eine Flucht aus – kämpfte John gegen das Bedauern an. Was hatte er nur getan? Hätte Sherlock vielleicht doch? Nein! Jetzt war es zu spät um etwas zurück zu nehmen. Und um ehrlich zu sein, das Ganze hätte auch viel schlechter laufen können. Alles blieb beim Alten, sie waren Freunde und würden das bleiben. Einfach nur beste Freunde. In ihm schrie eine schrille, kleine Stimme dass er auch hätte mehr haben können, das er mehr haben wollte und John begann zu wanken. Ihm wurde übel von all dem Hochs und Tiefs seiner Gefühlsachterbahn. Er würde sich jetzt auf der Stelle entschuldigen und klarstellen, das er Sherlock attraktiver fand, als gut für ihn war. Ja, genau das würde er machen! Sherlock hatte seinen Kopf geleert, alle unerwünschten Gedanken darin einfach vorübergehend in er Schwärze seines Geistes eingesperrt und würde sich, sobald John eingeschlafen war, seiner Geige zum nachdenken bedienen. An eine Nacht ruhigen Schlafes war nicht mehr zu denken. Mit den Sachen unterm Arm ging er die Treppe wieder hinunter. John saß schweigend auf dem Sofa, hatte sich bereits seines Pullovers entledigt und nahm Sherlock das beige Shirt ab, das er ihm reichte. „Legen Sie sich hin“, bat Sherlock – John tat wie ihm geheißen – und er ließ sich neben John nieder. Heute zitterten seine Finger nicht, als er Johns Hose öffnete. Nein, heute war er völlig ruhig. Kaum war John angekleidet, hob er ihn hoch. Gerade als Sherlock fragen wollte, ob sie noch einen Zwischenstopp im Badezimmer einlegen sollten, bemerkte er das John an ihm schnüffelte. Wie ein kleiner Hund, der einen interessanten Geruch aufgenommen hatte. „Komisch, Sie riechen heute Abend sehr eigenartig. Das ist nicht Ihr Deo, zumindest nicht das, was Sie heute Morgen getragen haben und auch definitiv nicht ihr Aftershave.“ Sherlock erschrak, eigentlich hatte er sich gleich nach seinem Eintreffen duschen wollen! Warum war ihm das entfallen? Es wäre so wichtig gewesen! „Warum riechen Sie nach einem anderen Mann?“ fragte John betont beiläufig und ja, so musste er sich gestehen auch ein wenig enttäuscht und eifersüchtig. „Ich war doch den ganzen Tag verkleidet in London unterwegs“, versuchte er sich rauszureden. „Keine Sorge, ich werde noch duschen bevor ich mich zu Ihnen ins Bett lege.“ Tapfer zeigte er ein scherzhaftes Schmunzeln. „Aber Sie haben so gerochen wie immer, als Sie heute Morgen aus dem Bad kamen. Warum hätten Sie sich noch mal frisch machen und ein anders Aftershave benutzen sollen? Dieser Peters weiß doch gar nicht wie Sie riechen.“ Warum musste John gerade jetzt so scharfsinnig sein? „Wollen Sie weiter unsinnige Deduktionen aufstellen, bis Sie mir zu schwer werden und ich Sie fallen lasse, oder liegen Sie nur gerne in meinen Armen?“ „Nicht wenn Ihnen der Duft von jemand anderem anheftet, sonst schon“, sagte John halb ernst, halb scherzhaft. „So, darf ich auf die Toilette? Wir werden uns auch irgendwas fürs Zähneputzen überlegen müssen. Das Waschbecken hat für den Rollstuhl die falsche Höhe.“ Das brachte Sherlock in die Realität zurück und sogleich trug er John hinaus in ihr gemeinsames Badezimmer. ******* „Hier sind Ihre Tabletten, ich stelle das Glas mit Wasser hier hin.“ John lag bereits unter der Decke und sah sich in Sherlocks Schlafzimmer um. Er war zwar schön öfters in diesem Raum gewesen, hatte aber nie die Zeit gehabt, sich wirklich umzusehen. Das holte er jetzt nach. „Danke“, damit nahm er die Medikamente entgegen und begann sich jeweils eine davon aus dem Behältnis zu angeln. „Ich gehe jetzt unter die Dusche, dann komme ich zu Ihnen. Brauchen Sie bis dahin noch was?“ „Danke Sherlock, aber ich bin wirklich müde. Die Schlaftabletten werden ihr übriges tun. Ich glaube nicht das ich Ihre Hilfe in den nächsten Stunden beanspruchen muss.“ Kaum war die groß gewachsene Gestallt von Sherlock verschwunden, ließ John ein Seufzen hören. Eigentlich hatte er sich doch entschuldigen wollen und hatte er nicht auch mit der Idee gespielt, Sherlock die Wahrheit zu sagen und dieses blöde Missverständnis sofort zu klären? John schluckte die Tabletten, stellte dann das Glas auf den Nachttisch zurück und ließ sich ins Kissen sinken. Alles hier roch nach Sherlock, sein so typischer Geruch, vermischt mit Mrs. Hudsons Waschmittel und dem Duft des Shampoos, der so eindeutig zu Sherlock gehören zu schien. Ja, das hier war der Geruch den er so mochte, und er inhalierte ihn kräftig. Trotz der aufkeimenden Müdigkeit fragte er sich, wieso seinem Freund sein höchst eigener Geruch heute Abend nicht mehr angehaftet hatte. Hätte er nach Parfum gerochen, dann wäre alles klar gewesen, gut, eigentlich war auch so alles klar. Aber er sprach hier nicht von irgendeinem Mann, er sprach hier vom einzigen Consulting Detective Sherlock Holmes. Wenn es um diesen außergewöhnlichen Mann ging, war nichts einfach oder normal zu erklären. Oder? Er hoffte es. Langsam wurde er richtig müde, eine Augen waren schwer offen zu halten und umfangen von diesem wunderbaren Duft von Sherlock, kuschelte er sich in die Kissen. Noch ehe das Wasser im Bad zu rauschen aufhörte, war er auch schon eingeschlafen. ******* Sherlock genoss das warme Wasser, das ihm über den Körper rann. Seinen Kopf dem Strahl entgegen gestreckt, stand er einfach nur so da und ließ das Wasser seine reinigende Wirkung tun. Nicht das er sich schmutzig fühlen würde, aber es war durchaus unpassend gewesen, das John ihn auf den fremden Geruch hatte ansprechen müssen. Diese Gedanken beiseite schieben, beendete er die Dusche und stieg dann auf die unangenehm kalten Fließen im Bad und stellte sich vor den Spiegel. Er wischte kurz mit der flachen Hand über die beschlagene Oberfläche und schon sahen ihn blaue Augen an. Wasser tropfte aus seinen nassen Haaren, perlte über seine Haut und rann an ihm herab und bildete eine kleine Pfütze zu seinen Füßen. …ich war schon mit weitaus attraktiveren Männern im Bett, als Sie einer sind… Der Satz spukte ihm ungewollt durch seinen Kopf. Sherlock ließ vom Spiegel ab, zog ein Handtuch aus dem Schrank und rubbelte sich seine dunklen Locken trocken. Dann trocknete er den Rest seines Körpers ab und schlüpfte in seinen weichen Bademantel. Noch einmal sah er in den Spiegel, begutachtete was er sah. Bisher hatte es ihn nie interessiert was er oder die anderen sahen, ob sie ihn hübsch fanden, oder für unattraktiv hielten. Nichts davon interessierte ihn, es war dumm und albern und gänzlich ohne jede Bedeutung für sein Leben. …Sie sind nicht mein Typ… Simple, aber aussagekräftig. So tröstete er sich damit, ja gar keine Beziehung zu wollte. Alles würde beim alten bleiben und er sollte doch eigentlich darüber froh sein. Mit diesem Gedanken verließ er das Bad. John schlief bereits, als er sein Schlafzimmer wieder betrat. Tief versunken in den Kissen, die Decke bis unter das Kinn gezogen, schienen ihm die Medikamente einen ruhigen, traumlosen Schlaf zu spendieren. Hoffend, es würde für den Rest der Nacht so bleiben, zog auch Sherlock sich um. Eigentlich wollte er den Raum gleich wieder verlassen, und seine Gedanken mit Hilfe der Musik zu ordnen versuchen, doch Johns schlafender Körper zog ihn magisch an. So schlüpfte er unter die Decke, spürte die angenehme Wärme seines Freundes. Das war eine der wenigen praktischen Seiten, die Sherlock einer Beziehung zugestehen würde. Auf die Ellenbogen gestützt, betrachtete er Johns entspanntes Gesicht. So intensiv hatte er John noch nie beobachten können, so ruhig und ausgeglichen konnte auch nur ein schlafender aussehen. Er mochte Johns Gesicht, besonders jetzt. Irgendwann wurde ihm das bloße Ansehen zu wenig und er zog seine freie Hand unter der Decke hervor und fuhr die Konturen des vertrauten Gesichtes nach. Die Haut war unerwartet weich, die Bartstoppeln kratzten übermäßig, offenbar hatte sich John heute Morgen nicht rasiert. Dann fuhr er hinab zu den leicht geöffneten Lippen. Kurz hielt er inne, überlegend ob er diesen letzten Schritt wirklich wagen sollte. Vorsichtig strich er mit dem Zeigefinger über die Oberlippe, spürte die trockene, leicht spröde Haut und fuhr der geschwungenen Form nach. Dann streifte er die Unterlippe, spielte kurz mit der zarten, rosigen Membran. John bewegte sich nicht einmal, die Schlafmittel halfen wirklich gut. Verloren in seiner Tätigkeit und seinen Gedanken fragte er sich, wie es wohl wäre diese weichen Lippen zu küssen oder von ihnen geküsst zu werden. Sollte er seine Neugierde befriedigen? John würde es nie erfahren. Wieder überlegte er, dann gewann sein Forscherdrang und er beugte sich zu dem Schlafenden. …ich wollte nicht das Sie glauben Sie wären mein Typ… Wo war dieser Satz jetzt wieder hergekommen? Sherlock zuckte zurück, zerstört war die Magie des Augenblick und doch musste er erkennen, das sein Herz heftig schlug. Er reagierte auf John, das konnte er jetzt nicht mehr leugnen. Vielleicht reagierte er doch nicht nur Gelüste halber auf seinen besten Freund? Weshalb hatte sein Besuch im Namenlos nicht die gewünschte Wirkung gehabt? Eigentlich sollte sein körperliches Bedürfnisse für eine Weile gestillt sein. Trotzdem, er wollte John berühren, dieser Wunsch hatte sich real angefühlt und doch nagte wieder dieses seltsame Schuldgefühl an ihm. Lag es daran das er andere Männer so berührte, wie er John zu berühren wünschte? John…was der jetzt wohl von ihm dachte? War ihm klar woher der fremde Männerduft stammte? Kannte John die Wahrheit? Schließlich war er nicht dumm und Sherlock schulte seine deduktiven Fähigkeiten auch noch wann immer es ging. Doch John hatte kein Interesse an ihm, wollte weder von ihm berührt werden, noch Berührungen empfangen. Schließlich war er nicht sein Typ. Sherlocks Herz schlug so laut, das er glaubte John damit womöglich wecken zu können. Er musste abstand zwischen sie bringen. Wie ein Dieb stahl er sich aus seinem eigenen Schlafzimmer, ließ John im Dunkeln zurück und holte seine Geige. Doch nicht einmal sie mochte ihn zu beruhigen. Dennoch legte er sie erst beiseite, als ein gedämpfter Schrei aus seinem Schlafzimmer die Musik übertönte. Hosted by Animexx e.V. 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