Run fast, breathe slow von abgemeldet ================================================================================ Prolog: You were so charming but the future was alarming -------------------------------------------------------- Hallo, meine Lieben. Für alle unter euch, die sich wundern: Ja, den Prolog zu dieser Geschichte gab es schon mal im Sommer 2011. Da hatte ich diese Story als Wettbewerbsbeitrag geplant, allerdings ohne Sinn und Verstand, daher ist sie später auch wieder verschwunden. Jetzt hatte ich Zeit, ein bisschen darüber nachzudenken und hab eine grobe Idee, daher: Alles auf Anfang. Regelmäßige Updates sind bei mir leider keine Garantie, aber ich werde mich auf jeden Fall bemühen. Viel Spaß beim Lesen. ______________________________________________________________ You were so charming but the future was alarming Hey Leute, ich hoffe, ihr hattet allesamt abgefahrene Semesterferien. Da ihr Säcke ja alle nicht da wart, musste ich also selbst aus der Sintflut von Bewerbern euren vorübergehenden Mitbewohner aussuchen. Keine Angst, ich hab schon ein wenig darauf geachtet, dass er in unser — euer — paradiesisches Heim passt. Wir wollen ja keine Bitchfights, right? Die Eigenschaften, die auf euren Zuwachs zutreffen, habe ich auf eurer epischen Liste (Srsly, WTF? Ihr habt doch echt einen Dachschaden…) abgehakt. Alles andere müsst ihr entweder selbst herausfinden oder euch mit deren Mangel anfreunden. Okay, okay, da ihr wahrscheinlich vor schierer, überwältigender Neugierde schon halb am Abkrepeln seid, hier ein paar Infos zu ihm: Er heißt Duniel, ist dreiundzwanzig, und studiert Jura im vierten Semester. Laut eigener Aussage hatte er selbst ziemlich lange einen Hund, daher ist das kein Problem; er ist ziemlich ordentlich, hat er gesagt, und ihr müsstet euch keine Sorgen um Putzpläne machen. Kochen kann er aber absolut nicht und so. Na ja, ich will euch ja nicht alles vorweg nehmen und damit den ganzen Spaß verderben. Er wird euch ja jetzt ein halbes Jahr mit seiner Anwesenheit beehren. Seid also lieb zu ihm, immerhin muss er die sechs Monate meine Miete zahlen. Stay excellent. Oliver P.S. — Elisa, ich hätte um deinetwillen gern einem Mädel zugesagt, damit du nicht mit zwei Gestörten und einem möglicherweise ebenfalls Durchgeknallten ausharren musst. Aber leider war keine dabei, die mir den Eindruck vermittelt hat, dass sie es sechs Monate in unserer persönlichen Irrenanstalt aushalten würde. I started running but there's nowhere to run to ----------------------------------------------- So, da ist das erste Kapitel. Ich werde versuchen, möglichst jeden Mittwoch ein neues Kapitel online zu stellen, aber - wie gesagt - leider keine Garantie. Ich hab für den Rest des Semesters auch noch haufenweise Unizeug zu erledigen. Viel Spaß beim Lesen. ________________________________________________________________________ I started running but there’s nowhere to run to Warum war ich doch gleich direkt von meiner Mutter zur Uni gefahren, mit all meinem Zeug, anstatt noch einmal zu Hause vorbeizuschauen? Keine Ahnung. Geistige Umnachtung war meine Stärke. Vielleicht sollte ich beizeiten mal einen Ratgeber dazu verfassen — oder auch nicht. Ich wollte immerhin niemanden darin unterstützen, aber Abhilfe schaffen konnte ich auch nicht. Schnaufend und mit einem Tritt beförderte ich meine Reisetasche in den Spind, stopfte eilig meine Jacke hinterher und legte das Schloss an. Durch die Zugverspätung war ich spät dran. Mit einem Blick auf die Uhr verfluchte ich die offen-anonyme Bahngesellschaft, der ich meinen Zeitdruck zu verdanken hatte, und sprintete die Stufen zum Erdgeschoss des Unigebäudes hinauf. Halb auf dem Weg die Treppe hinauf wurde mir bewusst, dass ich sowohl Block als auch Kugelschreiber in der Reisetasche gelassen hatte. Ich fluchte auf die Bahn, auf meine schwache Entscheidungsleistung, auf einfach alles und jeden, während ich mich mitten auf der Treppe wieder umdrehte, um zurück zum Spind zu gehen. Dabei stieß ich allerdings frontal mit einem anderen Kerl zusammen, der direkt hinter mir gewesen war. Hastig trat ich einen Schritt von ihm zurück und hob entschuldigend die Hände. »Sorry«, sagte ich, bevor ich einen Blick auf mein unfreiwilliges Opfer warf. Ein nachsichtiges Grinsen lag auf seinen Lippen. Er zuckte nur kurz mit den Schultern. Für einen Moment vergaß ich, dass ich spät dran war, dass ich noch mein Zeug holen und dann in die Treppen in den vierten Stock rennen musste. Ich konnte das sichtliche Amüsement erkennen, das ihm im Gesicht geschrieben stand. Seine schwarzen Haare fielen ihm leicht in die Stirn und die ebenso dunklen Augen musterten mich neugierig. Ich konnte mich zusammenreißen, bevor ein Sabberfaden den Weg aus meinem Mundwinkel fand. Schnell huschte ich an ihm vorbei, um meinen Krempel zu holen, bevor ich mich schließlich und endlich ohne Zwischenfälle in den Seminarraum begab. »Alter«, begrüßte Julian mich augenrollend, während er gleichzeitig seine Tasche vom Stuhl neben sich nahm. »Wo bist du gewesen? Ich dachte schon, dass du mich sitzen lassen willst.« Nach Luft ringend ließ ich mich auf den frei gewordenen Platz fallen und knallte Block und Kugelschreiber auf den Tisch, bevor ich ihm einen angesäuerten Blick zuwarf. Er musterte mich mit gerunzelter Stirn, als wäre er sich nicht sicher, ob ich ansprechbar war oder nicht. Ich schnaubte. »Die verschissene Bahn hatte Verspätung«, sagte ich nur. Ungefragt griff ich nach Julians Wasserflasche, um mich reichlich zu bedienen. Wahrscheinlich war das sowieso eine von meinen, die er sich mal wieder geschnorrt hatte, weil er selbst zu faul war, welche zu kaufen. »Ich hab mich mit meiner Mutter verquatscht gestern und dann war es schon zu spät.« Julian schüttelte nur grinsend den Kopf. »Mann, was bei dir immer los ist. Wir haben gestern auf das Semester angestoßen und du WG-Trottel warst nicht da.« »Ihr habt es überlebt«, gab ich leicht genervt zurück. »Ist doch nichts dabei.« Julian hob die Augenbrauen. »Es wär trotzdem cool gewesen, wenn du dabei gewesen wärst. Duniel war auch schon ziemlich gespannt. Na ja, dann seht ihr euch heute Abend.« Duniel. Richtig. Der Zwischenmieter von Olivers Zimmer. Den hatte ich fast vergessen. Als ich zuletzt in der WG gewesen war, hatte Duniel sein neues Quartier noch nicht bezogen. Fast bereute ich es, dass ich die Nacht über bei meiner Mutter geblieben war. Aber daran war jetzt auch nichts mehr zu ändern und ich hatte immerhin noch sechs Monate, um wohngesellschaftliche Zeit mit unserem vorübergehenden Neuzugang zu verbringen. »Übrigens haben wir etwas beschlossen«, eröffnete Julian mir schließlich. Ich konnte ihm ansehen, dass er sich diebisch darüber freute. Zweifelnd zog ich die Augenbrauen zusammen. Jetzt kommt’s, dachte ich. »Duniel hat angeboten, dass er das Putzen übernimmt, wenn jemand für ihn kocht. Das Angebot haben wir angenommen, aber du bist Chefkoch, daher bist du für das Kochen zuständig, Maître.« Ich schnaubte empört. Bitte? »Und das habt ihr einfach mal so über meinen Kopf hinweg entschieden?«, fragte ich pampig. »Schön, dass Elisa und du dann fein raus seid.« »Kein Grund sackig zu werden«, meinte Julian gelassen. »Elisa und ich kümmern uns ums Wäsche waschen und Geschirr spülen. Außerdem ist die Sache mit dem Kochen für dich doch sowieso kein Problem. Das machst du doch eh immer.« »Es wäre trotzdem nett gewesen, wenn ihr mich vorher gefragt hättet«, sagte ich. Julian boxte mir gegen den Oberarm. »Stell dich nicht so an, Joris«, erwiderte er munter. »Verlangt ja niemand etwas Unmögliches von dir. Wir haben nur ein bisschen die Arbeitsbereiche verschoben, mehr nicht. Und wir hätten dich auch gefragt, wenn es etwas Großes gewesen wäre. Immerhin kennen Elisa und ich dich gut genug, um einschätzen zu können, womit du einverstanden wärst und womit nicht. Mal abgesehen davon: Denk doch mal nach. Sechs Monate lang sind wir befreit vom Putzen! Das ist doch nur fair.« Da hatte Julian nicht ganz Unrecht. Julian und ich hatten uns zwar inzwischen mit unserem leidigen Schicksal, dass wir im Wechsel mit Elisa und Oliver die Wohnung putzen mussten — und auf unserer Etage auch das Treppenhaus — aber es war ausgesprochen verlockend, dass ich mich ein halbes Jahr lang nicht mit Reinigungsmitteln, ranzigen Lappen und nach Latex riechenden Handschuhen herumschlagen musste. »Wo du Recht hast…«, murmelte ich mit einem versöhnlichen Grinsen. Julian hielt mir seine Faust entgegen, die ich mit meiner eigenen anstieß. »Und, wie ist dieser Duniel so?«, fragte ich Julian schließlich, nachdem ich neugierig auf unseren neuen Mitbewohner geworden war. Wer übernahm denn bitte freiwillig den Putzdienst? Ich hätte das unter keinen Umständen gemacht. Mir reichte es schon, dass ich das alle zwei Wochen mit Julian zusammen machen musste. Julian zuckte mit den Schultern. »Sympathischer Typ«, antwortete er. »Elisa ist bereits Feuer und Flamme für ihn. Mit Kiki hat er sich auch gut gestellt. Ich mag ihn sowieso. Er putzt die Bude. Damit hat er mein Herz gewonnen.« Ich musste mir ein lautes Auflachen verkneifen. Wenn ich schon kein Fan vom Putzen war, dann konnte man sagen, dass Julian sogar lieber Geld aufbringen würde, um jemanden fürs Putzen zu bezahlen. Das hatte er bei mir tatsächlich auch schon ein paar Mal versucht, aber das war es mir nicht wert gewesen. »Also hat Oliver eine gute Wahl getroffen«, fasste ich belustigt zusammen. Julian nickte. »Absolut«, versicherte er begeistert. Ich stützte den Kopf auf meine Hand. Dann musste ich mir wohl keine Sorgen machen. Julian und ich, so stellte ich fest, als wir nach Hause kamen, hatten montags am längsten Uni. Elisa saß und lag halb auf der Couch, rührte in ihrem Kefir und studierte dabei höchst konzentriert die Fernsehzeitung der Woche. Allerdings ließ ihr beinahe mürrischer Blick erkennen, dass wohl nichts Anständiges an den Abenden lief. Sie hob den Kopf, nachdem sie umgeblättert hatte, und augenblicklich erhellte sich ihre Mimik. »Hey, hey«, sagte sie und schwang die Beine vom Sofa. »Alles paletti?« Elisa strich sich die blonden Haare aus dem Gesicht, als sie aufstand. Leichtfüßig kam sie zu uns herübergelaufen und umarmte mich kurz. »Ich wollte schon fast eine Vermisstenanzeige aufgeben«, witzelte sie und kniff in meine Seite. Ich verdrehte die Augen. »Du wusstest doch, dass ich Daheim war.« »Ich hab aber früher mit dir gerechnet«, meinte sie amüsiert, während sie an mir vorbei in die Küche ging und dabei mit großen Schlucken aus dem Becher trank. »Es war gestern niemand da, der für uns gekocht hat. Ich bin fast verhungert!« »Also bitte«, schnaufte ich, während ich meine Zimmertür öffnete und meine Reisetasche achtlos hineinwarf. »Es ist ja nun nicht so, dass du nicht kochen kannst. Und wenn Julian sich sehr konzentriert und anstrengt, dann kriegt er auch Nudeln hin.« Julian drückte sich in diesem Moment an uns vorbei und verschwand in der Küche. Ich hörte, wie er den Kühlschrank öffnete. Elisa verdrehte nur die Augen, bevor wir Julian in die Küche folgten und uns an den Tisch setzten. »Du weißt genauso gut wie ich, dass Julian für so gut wie nichts zu haben ist, dass mit Anstrengung und Konzentration zu tun hat«, sagte Elisa und sah Julian dabei zu, wie er sich eine Salamischeibe nach der anderen aus der Packung nahm und in sich hineinschob. Ich kam nicht umhin, ihr zuzustimmen. Julian mochte es lieber gemütlich, unkompliziert und stressfrei. Einmal ganz abgesehen davon, dass er ein halb ausgegorenes Aufmerksamkeitsdefizit zu haben schien in manchen Bereichen… kochen zum Beispiel. »Hey!«, sagte er. Es sollte wohl so klingen, als wäre er empört, aber dadurch, dass er sich zwei Salamischeiben auf einmal in seine Luke schob, ging der Effekt total daneben. »Ich stehe direkt neben euch!« Elisa und ich warfen ihm zweifelnde Blicke zu. »Volleyball!«, maulte Julian kauend. Das war bis her sein einziges Argument, wenn wir seinen Hang zum Zurück-lehnen-und-machen-lassen diskutierten. Bisher schien ihm noch nichts anderes eingefallen zu sein, außer uns immer wieder vorzuhalten, dass er ja aktiv Volleyball spiele und das sehr wohl Anstrengung und Konzentration bedurfte. Elisa und ich verdrehten beinahe zeitgleich die Augen. »Wo ist eigentlich meine Geliebte?«, fragte ich dann, um vom Thema abzulenken — um Julians willen. »Und Duniel?« »Duniel ist mit ihr raus«, antwortete Elisa gelassen, trank die Reste ihres Kefirs und beförderte den leeren Becher mit einem gezielten Wurf in den gelben Sack. »Die beiden haben sich ausgesprochen schnell angefreundet. Immer schwirrt er um sie herum. Kiki hat sogar bei ihm im Zimmer geschlafen die ganze Zeit.« Ich staunte nicht schlecht. Offenbar hatte Kiki mich gar nicht vermisst und hatte Ersatz gefunden in meiner Abwesenheit. Dass sie offenbar dennoch so gut mit Duniel auskam, wunderte mich nach der kurzen Zeit, die er in der Wohnung war, doch. Kiki war zwar nicht scheu, aber so richtig treuherzig wurde sie erst nach einer gewissen Gewöhnungsphase. Elisa nahm Julian die fast leere Salamipackung aus der Hand. »Geh dich fertig machen, du Scheunendrescher, wir müssen gleich los.« Julian schaffte es gerade noch, sich eine weitere Scheibe aus der Packung zu fischen, bevor er lachend in sein Zimmer ging. Die beiden gingen immer zusammen zum Volleyball spielen. Daher wusste ich auch, dass Julian beim Volleyball tatsächlich Einsatz zeigte und nicht wie sonst eher alles gemütlich anging. »Kannst du heute Abend wieder deinen leckeren Salat für uns machen?«, fragte Elisa und lächelte mich zuckersüß an. Ich seufzte theatralisch, willigte aber ein. Keine fünf Minuten später hörte ich Elisa und Julian im Flur über Salami und Käse diskutieren, als die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Unter die Stimmen meiner altbekannten Mitbewohner mischte sich eine neue. Ich lauschte kurz, bevor ich schließlich aufstand und Duniel ebenfalls begrüßen ging. Julian und Elisa warfen noch ein »Tschö!« in die Bude, ehe sie verschwanden. Duniel stand mit dem Rücken zu mir, zog sich Jacke und Schuhe aus. Kiki, meine Cocker Spaniel Hündin tänzelte um seine Füße herum. Sie schien mich nicht einmal zu bemerken, auch dann nicht, als ich in die Hocke ging. »Kiki«, rief ich sie beinahe ein wenig bockig. Sie wandte mir zwar den Kopf zu, bewegte sich aber kein Stück auf mich zu. In diesem Moment drehte auch Duniel sich um und beugte sich zu Kiki, um ihr einmal der Länge nach über Kopf und Rücken zu streicheln. Erst danach kam sie auf mich zugelaufen. Ich konnte mir ein beleidigtes Schnauben nicht verkneifen. Ach, da hatte Madame also einen neuen Anbeter gefunden und ich war weg vom Fenster. Kiki stimmt mich versöhnlicher, als sie ihren Kopf in meine Hand schmiegte. Ihre Rute schwang energisch von einer Seite auf die andere. Ich nahm meine zweite Hand zum Streicheln und Kraulen dazu. Erst dann sah ich auf, um Duniel genauer zu betrachten. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, dass er mir bekannt vorkam, bis die Erkenntnis mich ziemlich unvorhergesehen traf: Der Kerl, den ich heute Morgen beinahe umgerannt hätte, war Duniel gewesen. Er grinste mich amüsiert an und schien wenig überrascht, was aber auch eventuell daran gelegen haben konnte, dass er mich nicht als den ungewollten Pöbler von heute Vormittag erkannte. Ich starrte ihn ein wenig perplex an. »Hallo«, gaben meine Stimmbänder schließlich ohne mein großes Zutun von sich. Duniels Grinsen wurde ein bisschen breiter. »Hi«, erwiderte er schlicht. Ich erhob mich und reichte ihm zusätzlich die Hand. »Joris«, stellte ich mich vor. Er griff nach meiner Hand. Duniels Händedruck war angenehm kräftig. Das verbuchte ich als positiven Punkt auf seinem Konto. Ich kannte zu viele Leute, die keinen ordentlichen Händedruck hatten. »Duniel«, sagte er. »Wir sind uns ja heute Morgen schon mal begegnet.« Er konnte mich also doch zuordnen. »Ja. Sorry noch mal. Ich war in Eile«, entschuldigte ich mich. Duniel winkte nur ab. Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte. Für peinliche Stillen bei sozialer Interaktion war ich sowieso immer zu haben, wenn ich jemanden nicht kannte und keine Gesprächsthemen hatte. Smalltalk war auch etwas, das nicht in meinem Kompetenzbereich lag. Daran sollte ich wohl mal arbeiten, aber irgendwie… »Danke, dass du mit Kiki draußen warst«, fiel mir dann noch ein, als ich einen Blick auf meine Geliebte warf. Sie saß neben mir und schaute mich aus dunklen Augen heraus an. Ich beugte mich noch einmal zu ihr und strich liebevoll über ihren Kopf. Duniel trat ebenfalls an sie heran, ging in die Hocke und fuhr mit gespreizten Fingern durch Kikis Fell unterhalb ihrer Schnauze. Es gab keinen Zweifel daran, dass sie es sich gut gehen ließ. Ich konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. »Kein Thema«, erwiderte Duniel und sah mich an, Kikis Streicheleinheit nicht unterbrechend. »Es ist wirklich schön, wieder ein Tier um sich zu haben. Ich hab das sehr vermisst. Deswegen war ich umso begeisterter, als Oliver erzählt hat, dass es einen Hund in der WG gibt.« Er lächelte mich aufrichtig an. »Wie alt ist sie?« »Zwei Jahre«, antwortete ich, bevor ich mich wieder aufrichtete und Kiki mit mir in die Küche winkte. Duniel folgte uns, nachdem er auch aufgestanden war. »Ich hab sie einige Monate vor meinem ersten Semester bekommen.« Ich holte in der Küche aus einem der Schränke eine Tüte mit Hundeleckerlis, um eins davon Kiki zu geben. Vorsichtig nahm sie es zwischen die Zähne, als ich es ihr hinhielt, dann lief sie davon, um es in Ruhe zu fressen. »Ist das nicht stressig? Ich meine, so ein Hund braucht ja auch viel Zeit und Aufmerksamkeit«, meinte Duniel. Er hatte sich an den Tisch gesetzt und schaute mich abwartend an. Ich blieb an der Anrichte stehen und stützte mich mit den Händen seitlich ab. »Ja, schon. Als ich die WG hier gegründet habe, war es mir sehr wichtig, dass die Leute, mit denen ich einziehe, nichts gegen einen Hund haben und eventuell auch bereit wären, sich hin und wieder ein bisschen um das Tier zu kümmern«, erzählte ich nachdenklich. Ich hatte die Verantwortung für Kiki natürlich nicht abschieben wollen, aber ich wollte sicher sein, dass sie rechtzeitig ihr Futter bekam, wenn ich mal nicht pünktlich zu Hause sein konnte. »Elisa, Julian und Oliver waren da sehr entgegenkommend. Inzwischen ist es schon so, dass sie ungefragt auch selbst mal mit Kiki raus gehen, sie füttern oder mit ihr spielen oder so, auch wenn ich hier bin. Das ist echt sehr hilfreich, nicht nur für mich, sondern auch für Kiki selbst. So bekommt sie immer genug Aufmerksamkeit geschenkt.« »Ich finds echt cool, dass ihr hier solche Verhältnisse habt«, sagte Duniel mit Bewunderung in der Stimme. »So was ist nicht selbstverständlich.« Ich nickte zustimmend. »Es gab damals viele unter den Leuten, die ebenfalls hier mit rein wollten, genug, die mir ’nen Vogel gezeigt haben, als ich von Kiki erzählt habe.« »Aber du hast ja glücklicherweise Elisa, Julian und Oliver gefunden… und Oliver mich«, meinte Duniel grinsend. Er zwinkerte mir amüsiert zu. Das Zwinkern hätte er wohl lassen sollen. Jetzt, wo der Überraschungseffekt abgeklungen war, fühlte ich mich in meinen Gefühlszustand von heute Morgen zurückversetzt, als ich beinahe vergessen hatte, dass ich schleunigst zum Seminar musste. Da saß er nun, der feuchte Traum von einem Kerl, und sah gut aus. Ich seufzte innerlich. »Hast du eigentlich einen Freund?«, fragte Duniel mich unvermittelt. Für einen Augenblick war ich überrascht, aber dann fiel mir ein, dass Toleranz ja ein Aufnahmekriterium war. Wer mit Kiki damals bei der WG-Gründung einverstanden gewesen war, den hatte nicht selten meine Homosexualität in die Flucht geschlagen. Mehr oder weniger zumindest. Die wenigsten von den Leuten, die hier gewesen waren, hatten ein astreines Pokerface gehabt. Das hatte für mich schon gereicht, um den Namen direkt von der Liste zu streichen. Ich konnte mich noch gut erinnern, dass Elisas, Julians und Olivers Reaktionen die gewesen waren, die mich im Endeffekt auch dazu getrieben hatten, ihnen zuzusagen. Es war also kein Wunder, dass Duniel wusste, dass ich schwul war. Ich hatte Oliver explizit darum gebeten, jedem der Bewerber davon zu erzählen, immerhin wollte niemand von uns böse Überraschungen. Das hätte alles nur komplizierter gemacht, als es eigentlich war. Was mich allerdings ein wenig wunderte war, dass Duniel mich so offen ansprach. Das machten die wenigsten. »Nein«, erwiderte ich mit gerunzelter Stirn. »Momentan nicht.« »Warum nicht?«, fragte er gleich weiter. Ich zog die Augenbrauen hoch. Was war das denn für eine Frage? Ich zuckte mit den Schultern. »Ich kann mich nicht zwischen all den Typen, die bei mir Schlange stehen, nicht entscheiden«, antwortete ich und hob noch einmal kurz die Schultern. Duniel lachte ausgelassen. Na, schön, dass einer von uns seinen Spaß hatte. Ich schnaubte gedanklich ein wenig genervt. Verarschen konnte ich mich allein, aber ich brauchte keine Diskussion gleich bei meinem ersten Treffen mit meinem neuen Mitbewohner. Duniel feixte mich breit an. »Besteht die Chance, dass du dich für mich entscheidest, wenn ich mich in diese Schlange einreihe?« Ich starrte ihn fassungslos an. Mir war nicht ganz klar, ob er sich weiter über mich lustig machen wollte oder ob das sein Ernst war. Der schelmische Ausdruck auf seinem Gesicht ließ mich stutzen. Fieberhaft versuchte ich festzustellen, wie er diese Frage meinte. »Hast du ein Problem mit mir?«, fragte ich gereizt zurück. Der erheiterten Züge verschwanden aus Duniels Gesicht. Er lehnte sich ein wenig zurück und musterte mich abschätzend. Offenbar wurde ihm jetzt klar, dass ich mir ein wenig verscheißert vorkam. »Nein«, sagte er schlicht, aber aufrichtig. »Das war eine ernstgemeinte Frage und es wäre schön, wenn ich eine ebenso ernstgemeinte, ehrliche Antwort kriegen würde.« Ich beäugte ihn skeptisch, während mir langsam dämmerte, dass er wohl auch schwul war… oder zumindest bi. Aber wenn dem tatsächlich so war und seine Frage kein Witz gewesen war, dann bedeutete das… Dann bedeutete das, dass er gerade Interesse bekundet hatte. Oder nicht? Auf gewisse Art und Weise verunsicherte mich diese Situation, was ich nur sehr ungern zugeben musste. Der Gründe waren eigentlich schlicht: Duniels gelassene Offenheit; die Tatsache, dass ich mir immer noch nicht hundertprozentig sicher war, ob er mich nicht doch auf den Arm nehmen wollte; und allem voran auch weil ich ihn sehr anziehend fand. Da wäre der Fall wohl umso härter gewesen. Ich entschied mich schließlich, ihm zu glauben. Entspannend holte ich tief Luft und atmete aus. »Wer weiß«, antwortete ich vage. Ich kannte ihn zu wenig, um wirklich ja oder nein sagen zu können. Wäre es nach der Optik gegangen, wäre es ein klares Ja, aber da hinter der schönsten Fassade ein hässliches Innenleben liegen konnte, gab es im Moment für mich keine eindeutige Antwort. Duniel lächelte undurchsichtig. »Ich bin mir sicher, dass ich eine Chance bei dir habe«, sagte er dann. Anmaßend, überheblich und ein übergroßes Ego — eindeutig keine erstrebenswerten Eigenschaften. Ich musste angesichts dieser Aussage wieder schnauben. Offenbar war ich in Duniels Augen leichte Beute. Gerade tendierte ich mit einer Antwort zweifelsohne in Richtung nein. Wenn er dachte, er könnte mich so einfach um den Finger wickeln, dann litt er an grenzenloser Selbstüberschätzung. »Ich wette, dass du keine Chance bei mir hast«, sagte ich giftig und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du könntest die Richtung der Erdumdrehung ändern und ich würde dir nicht verfallen.« Duniel betrachtete mich abwägend, dann zog sich sein linker Mundwinkel nach oben und er streckte mir seine Hand hin. »Ich wette dagegen.« Misstrauisch beäugte ich ihn. Er wollte ernsthaft mit mir darum wetten, dass er mich rumkriegen würde? Das gesamte positive Bild, das ich mir durch Julians und Elisas schwärmerische Berichte aufgebaut hatte, riss Duniel gerade hingebungsvoll mit dem Arsch ein. Das war alles andere als wünschenswert, nicht zuletzt weil ich sechs Monate mit ihm klar kommen musste. Ich belächelte spöttisch Duniels mir hingestreckte Hand. »Ich wette doch nicht wirklich mit dir um so etwas.« Duniel ließ seine Hand sinken. »Natürlich nicht«, sagte er übertrieben gelassen und zuckte mit den Schultern. »Du weißt ja offensichtlich selbst, dass du verlieren würdest. Unter den Umständen würde ich auch nicht wetten.« Bitte? »Entschuldige mal. Ich denke ganz und gar nicht, dass ich die Wette verlieren würde. Ich denke einfach nur, dass es wahnsinnig albern und kindisch wäre, so eine Wette einzugehen, schon gar nicht so eine!«, zischte ich ihn gereizt an. Er hielt sich wohl für wahnsinnig unwiderstehlich. Oh Gott, was für einer Katastrophe hatte Oliver da nur sein Zimmer überlassen? »Klar«, meinte Duniel lässig und zuckte wieder gelangweilt mit den Schultern. Er lehnte sich zurück. »Du hältst dich wirklich für so toll, dass du überzeugt davon bist, dass was zwischen uns laufen könnte?«, fragte ich sauer. Es war unglaublich, wie sehr er meinen Ärger mit seiner gespielten Gelassenheit anfachte. Duniel grinste mir dreist entgegen. »Auf jeden Fall«, meinte er und setzte sich wieder gerade hin. Seine ganze Haltung hatte auf einmal etwas Herausforderndes. Ich fuhr mir mit beiden Händen über das Gesicht und atmete tief durch, um nicht auszurasten. Warum musste ich eigentlich ständig an sich selbst überschätzende Idioten geraten, die dachten, sie würden alles mit einem Fingerschnippen bekommen? Dahin ging jegliche Begeisterung, die ich bis vorhin noch empfunden hatte. »Schön«, meinte ich schließlich ruhig. Duniel reichte mir wieder grinsend seine Hand und ich schlug ein. Doch, als ich ihn wieder loslassen wollte, hielt er mich fest. Amüsiert schaute er zu mir auf. »Wir sollten vielleicht ein paar Regeln festsetzen«, meinte er, während seine Finger fest um meine Hand lagen. Nicht schmerzhaft, aber bestimmend. »Anmachen ist erlaubt, aber Zwang oder die Ausnutzung von unvorteilhaften Situationen gilt nicht. Und es muss freiwillig sein. Das muss von dir ausgehen.« Ich war beinahe perplex, dass diese Regel von ihm kam, wenn sie eigentlich seinem Vorteil gedient hätten. Aber das brachte ihm einen von seinen zahlreich verloren gegangen Sympathiepunkten zurück. »Okay. Die Wette gilt für die nächsten sechs Monate. Bis das Semester vorbei ist«, legte ich fest. Duniel benickte dies lediglich. »Was gilt genau gilt denn als ›verfallen‹? Küssen? Rummachen? Sex?« »Rummachen, mindestens. Aber dir steht frei auch alles, was darüber hinausgeht, zu tun«, erwiderte er mit einem dreckigen Grinsen auf den Lippen, das ich ihm am liebsten aus dem Gesicht gewischt hätte. »Schön«, sagte ich wieder und als ich diesmal versuchte, meine Hand loszumachen, ließ Duniel mich los. »Schön«, meinte er mit einem zuversichtlichen Lächeln. Ich funkelte ihn an, dann rief ich nach Kiki und stampfte sauer in mein Zimmer. Das war doch wohl die Höhe…! Dieser Bastard! Was dachte der sich eigentlich? Als ich die Tür hinter mir schloss, bereute ich es schon, diese Wette eingegangen zu sein. Ich konnte nicht fassen, dass ich darauf hineingefallen war, dass ich mich von Duniel soweit hatte treiben lassen. Aber schließlich musste ich mir auch keine Gedanken machen, denn Duniel hatte ja alle seine Vorzüge bereits verloren. So if the answer is no can I change your mind --------------------------------------------- So viel zum Thema jeden Mittwoch ein Update. Sorry, meine Lieben. Ich hoffe, ihr seid mir nicht allzu böse. Viel Spaß mit dem Kapitel und danke für euer Feedback. ____________________________________________________________________________ So if the answer is no can I change your mind »Soll ich dir vielleicht ein Beil besorgen, Joris?«, fragte Elisa mich und legte dabei ihr Kinn auf meine Schulter. »Und ein paar Holzscheite dazu, damit du unser Schneidebrett nicht zerhackst?« »Ich brauch keine Scheite, ich brauch einen Kopf«, erwiderte ich schnaubend. Ich konnte Duniels amüsiertes Lachen hinter mir hören. Er saß am Tisch und schnitt Brot in kleine Würfel. Natürlich wusste er, dass ich ihn meinte. Natürlich fand er das wahnsinnig lustig, während ich mich bevorzugt aus dem Fenster geworfen hätte. Ich war so ein Trottel. Duniel war so ein Trottel. Überhaupt, warum musste ich mich eigentlich immer so leicht provozieren lassen? Warum konnte ich Sachen nicht einfach auf sich beruhen lassen, cool bleiben, über den Dingen stehen, die Gelassenheit eines Gänseblümchens auf einem weiten Feld haben? Nein, ich musste blindlings und mit offenen Armen ins Chaos stürzen. Aber, wie heißt es doch so schön? Genies vermochten das Chaos zu überblicken. Ich war also eindeutig genial. »Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«, wollte Elisa dann wissen und trat von mir zurück, um die Salatblätter zu waschen. Ich schnaubte, unschlüssig, ob ich sie wirklich aufklären sollte oder nicht. Schließlich entschied ich mich dagegen. Es wäre eine Schmach gewesen, ihr zu verraten, dass ich mich zu so einer schwachsinnigen Wette hatte verleiten lassen. Das sollte ruhig zwischen diesem Bastard und mir bleiben. »Ich«, sagte Duniel dann aber und machte damit meine Pläne ungefragt und unautorisiert zunichte. In Gedanken sah ich mir dabei zu, wie ich mich umdrehte und das große Kochmesser, das ich in der Hand hatte, nach ihm warf. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie Elisas Blick zwischen Duniel und mir pendelte. Offensichtlich wartete sie auf eine genauere Erklärung. Ich wagte stark zu bezweifeln, dass Duniel jetzt die Klappe halten würde, aber ich hatte auch nicht vor, Elisa detaillierter in Kenntnis zu setzen. Wie schrecklich gut, dass er mir diese Aufgabe, selbstlos wie er war, abnahm. »Wir wetten«, fügte er mit einem vor Amüsement triefenden Ton in der Stimme. Ich hackte konzentriert auf die Lauchzwiebeln ein, um mich weiterhin zu beschäftigen. Wer wusste schon, auf was für dumme Ideen ich sonst gekommen wäre. »Ah ja«, meinte Elisa skeptisch. »Und worum wettet ihr?« Für einen kurzen Moment bildete ich mir ein, dass die Lauchzwiebeln wie eine Zunge aussahen. Duniel sagte zunächst nichts. Ich war froh, dass ich ihn gerade nicht direkt vor Augen hatte. Wahrscheinlich bereitete ihm die ganze Sache so große Freude, dass er sowieso geplatzt wäre, wenn er es nicht erzählen konnte. »Wir wetten, dass Joris sich innerhalb von sechs Monaten in mich verliebt«, sagte Duniel schließlich. Das war zu viel. Ich wirbelte herum. »Du wettest, dass ich dir verfalle! Von verlieben war nie die Rede!«, zischte ich und deutete mit der Messerspitze auf diese heuchlerische Kröte. Duniel hielt das Brotmesser umklammert und sah beinahe so aus, als wäre er jede Sekunde bereit, sich zu verteidigen, wenn es sein musste. Trotzdem sah er reichlich erheitert aus. Er zuckte nur mit den Schultern. »Also, soweit ich mich erinnern kann, ging es um ›eine Chance haben‹«, erwiderte Duniel schlicht. »Für mich bedeutet das — zumindest mehr oder minder — verlieben.« »Pffffft!«, brachte ich lediglich zustande und drehte mich wieder meinem Gemüse zu. Heldenhaft, wirklich, heldenhaft. Immer, wenn es darauf ankam, fiel mir natürlich kein schöner Konter ein. Stattdessen musste ich mich mit Lauchzwiebeln herumschlagen. Und einem Narzissten. Eine Chance haben, äffte ich ihn gedanklich nach und verzog dabei das Gesicht. Das konnte alles und nichts heißen. »Moment«, mischte sich nun wieder Elisa ein. Sie legte die gewaschenen Salatblätter neben mir ab. »Duniel wettet, dass du dich in ihn verliebst… und du wettest dagegen?« »Verfallen«, korrigierte ich sie stoisch. »Er ist so von sich selbst überzeugt, dass er meint, ich würde mich ihm zu Füßen werfen.« »Ich hab ihn nur gefragt, ob ich eine Chance bei ihm hätte«, verteidigte Duniel sich gelassen. »Darum geht’s.« Tse. »Findet ihr das nicht ein bisschen… albern?«, fragte Elisa mit gerunzelter Stirn. »Seid ihr euch nicht selbst peinlich?« »Ich hab nicht damit angefangen«, giftete ich nur, während ich dazu überging, die Salatblätter zu zerrupfen. »Wenn man es genau nimmt, hast du zuerst gewettet. Ich bin nur eingestiegen«, meinte Duniel und ich hörte wieder diesen abscheulich amüsierten Unterton in seiner Stimme. Was war es nur in meinem Leben, das mich nicht zur Ruhe kommen lassen wollte? Duniel schien es sich jedenfalls zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, mich in den Wahnsinn zu treiben und mich nicht nur vor mir selbst sondern gleich vor der gesamten Welt bloßzustellen. »Irgendwas ist bei euch echt schief gelaufen…«, murmelte Elisa kopfschüttelnd. Ich zwang mich mit aller Gewalt damit, einfach nichts mehr dazu zu sagen, denn alles, was ich sagte, benutzte Duniel gnadenlos gegen mich. Also war es besser, wenn ich schlicht die Klappe hielt. Ich hatte keine Lust, mich weiter mit dieser dämlichen Wette auseinanderzusetzen. Es war wohl das Beste, wenn ich so tat, als gäbe es sie nicht. Das ersparte mir eine Menge Stress. Keine halbe Stunde später hingen wir zu viert im Wohnzimmer und aßen den Salat. Julian stellte seine Schüssel ab. Er lachte so sehr, dass der Salat drohte herauszufallen. Natürlich hatte Elisa ihm brühwarm aufgetischt, was sie eben in der Küche erfahren hatte. Duniel grinste vergnügt, während er sich großzügig meine selbstgemachten Croutons über den Salat streute. Elisa hingegen wirkte noch immer nicht sonderlich angetan — und irgendwie war mir ihre gerunzelte Stirn lieber als Julians Lachen. »Was gibt’s denn da zu wetten?«, fragte Julian röchelnd, nachdem er sich halbwegs wieder beruhigt hatte und die Salatschüssel ohne zu schütteln in der Hand halten konnte. Er zog die Augenbrauen hoch und schaufelte eine überproportional große Menge Salat auf seinen Löffel, bevor er ihn sich in den Mund schob. »Junge D mag Junge J. Junge J mag Junge D. Boom.« Er zog einen Knutschmund und machte ein kleines Schmatzgeräusch. Ich schnappte mir eine Handvoll Croutons und schmiss sie ihm ins Gesicht. Allerdings hinderte es Julian natürlich nicht daran, in einen neuerlichen Lachflash auszubrechen, was aber nur dazu führte, dass er sich ordentlich verschluckte. Geschieht ihm recht, dachte ich schadenfroh. Jetzt grinste auch Elisa. Kiki sah die verstreuten Croutons als Einladung sie aufzufressen und machte sich mit der Nase auf dem Boden auf die Suche nach den kleinen Stücken. »Junge J ist völlig indifferent gegenüber Junge D!«, knurrte ich angesichts der anmaßenden Tatsache, dass Julian ernsthaft dachte, ich würde auf Duniel stehen. »Du bist meilenweit entfernt von ›indifferent‹, mein Lieber«, sagte Elisa kopfschüttelnd und äffte mich dabei nach. »Blackout!«, rief ich schließlich und sah zuerst Elisa und dann Julian an. Sie sahen mich beide abschätzend an, während Duniel irritiert wirkte. »Schisser«, meinte Julian nur und widme sich wieder seinem Salat. Elisa sagte nichts. Stille trat ein. Oliver, Julian, Elisa und ich hatten uns beim Einzug auf Anhieb sehr gut verstanden und waren auch ziemlich schnell ein enger Kreis geworden. Wir sprachen nicht über alles miteinander, was uns beschäftigte — jeder hatte Dinge, über die er nicht reden wollte —, aber im Allgemeinen waren wir doch sehr offen miteinander. Aber unsere Meinungen und Ansichten stimmten selbstverständlich nicht immer über ein. Und wenn der Problembelastete, der das Thema auf den Tisch gebracht hatte, meinte, die Einmischung durch die anderen wurde zu viel, dann rief er »Blackout«. Das bedeutete, dass das Thema erledigt war und wir nicht mehr mit den anderen darüber sprechen wollten. Völlig unabhängig davon, ob das Problem nun gelöst und beseitigt wurde oder nicht. Ich weiß nicht mehr, wie wir überhaupt darauf gekommen sind, aber es hatte sich etabliert und wir berücksichtigten es. »Was bedeutet ›Blackout‹?«, fragte Duniel schließlich in die Stille. »Dass wir nicht mehr über eure bekloppte Wette reden werden«, antwortete Elisa ruhig. Dann erklärte sie ihm in kurzen Worten, was insgesamt dahinter steckte. Duniel gab ein verstehendes »Ach so« von sich, danach verfielen wir wieder in Schweigen. Es war eine sehr unangenehme Ruhe. Zumindest empfand ich es so. Ich gab es nur ungern zu, aber Elisa hatte Recht. Ich war meilenweit von indifferent entfernt. Ich war alles andere als indifferent. Aber ich hatte mir diese Situation selbst zuzuschreiben, das war mir auch klar. Und ich wünschte, ich hätte die Zeit zurückdrehen können, um diese dumme Wette ungeschehen zu machen. Aber sie jetzt abzubrechen — keinen Tag, nachdem sie begonnen hatte — stand außer Frage und ging gegen meinen Stolz. Es war albern und kindisch und hirnamputiert, natürlich, aber ich wollte nicht derjenige sein, der kniff. Nach dem Essen verabschiedete Julian sich zu seiner Freundin Katharina, Elisa verschwand in ihrem Zimmer und ich ging mit Kiki raus. Die Abendluft war kühl und frisch, es dämmerte bereits. Auch ohne die Knospen an den Bäumen und Büschen zu sehen, war klar, dass der Frühling sich allmählich breit machte. Kiki lief mir voraus, schnupperte hier und dort und blieb gelegentlich stehen, um sich nach mir umzuschauen. Ich nutzte die Zeit, um den Kopf ein bisschen frei zu kriegen. Als ich mich noch heute Morgen mit Julian über Duniel unterhalten hatte, war ich überzeugt gewesen, dass ich mich bestens mit unserem vorübergehenden Mitbewohner verstehen würde. Doch wir hatten uns nicht einmal eine halbe Stunde gekannt und ich war mir schon sicher, dass die kommenden sechs Monate die reinste Hölle würden. Jetzt, an der frischen Aprilluft, sah die Situation wieder anders aus. Ich war immer noch wütend. Wütend, dass ich mich auf dieses dumme Kinderspiel eingelassen hatte. Wütend, dass ich mich so blind von meinem Ärger hatte leiten lassen. Duniel war nicht einmal angriffslustig oder beleidigend gewesen. Er hatte einen bescheuerten Spruch vom Stapel gelassen, ja, aber von denen hatte ich sicher auch genug auf Lager. Was mich störte, war seine Überheblichkeit und die Selbstsicherheit, mit der er davon ausging, er würde bekommen, was er wollte. Seufzend fuhr ich mir mit einer Hand durch die Haare. Ich nahm mir vor, nicht zu versuchen das halbe Jahr schlimmer für mich zu machen, als es sein musste. Vielleicht konnte ich es schaffen, eine halbwegs umgängliche Beziehung zu Duniel aufzubauen ohne bei jeder Unterhaltung auszuticken. Vielleicht würde es mir sogar gelingen über diese dämliche Wette hinwegzusehen und so zu tun, als gebe es sie gar nicht — immerhin war das Thema fürs erste begraben. Außerdem, mal ehrlich, wie schwer konnte es schon sein, diese Wette zu gewinnen? Ich nahm mir also vor, mich wie ein erwachsener Mann zu benehmen und mich nicht von Duniel auf die Palme treiben zu lassen. Nachdem ich mit Kiki Gassi gegangen war, setzte ich mich mit einem Text für meine erste Vorlesung ins Wohnzimmer. Kiki hüpfte neben mich auf die Couch und legte sich auf ihre Decke. Sie legte ihren Kopf auf meinen Oberschenkel. Während ich die ersten paar Zeilen der Lektüre überflog, streichelte ich behutsam über ihren Rücken. Ich fuhr fast zusammen, als Duniel wie ein Irrer um die Ecke ins Wohnzimmer geschlittert kam. Zwischen seinen Lippen klemmte ein Schokoriegel, dessen untere Hälfte noch mit Papier umwickelt war. Er schaute mich ein wenig überrascht an, als er mich auf der Couch sah. »Was machst du?«, wollte er wissen, als er zu mir herüberkam. Er biss vom Riegel ab. Ich hob die Blätter des Textes und wedelte damit herum. »Lesen.« »Oh«, machte er dann. Unschlüssig, wie es schien, stand er vor mir. »Ich wollte jetzt eigentlich die Tagesschau sehen.« Ich hob die Augenbrauen in purer Überraschung. »Du schaust Nachrichten?« Zugegeben, das hätte ich ihm nicht zugetraut. Duniel zuckte nur die Schultern. Ich griff nach der Fernbedienung für den Fernseher, die auf der Sofalehne neben mir lag, und reichte sie an ihn weiter. »Mach ruhig, es stört mich nicht«, sagte ich dann. Duniel setzte sich neben mich. Dichter als normal. Dichter als nötig. Dichter, als es mir lieb war. Aber ich rief mir ins Gedächtnis, dass ich nicht sofort wieder hochgehen wollte, und atmete tief durch. Ich ließ ihn machen und tat so, als würde es mich nicht interessieren. Auch, als er seinen rechten Fußknöchel über sein Knie legte, schwieg ich und ignorierte dabei auch die Tatsache, dass er meine damit mehr oder minder ebenfalls als Ablage benutzte. Ich fragte mich, ob er so etwas wie Intimsphäre überhaupt kannte. Offensichtlich nicht. Ich blendete Duniel und die Tagesschau aus und las einfach meinen Text. Bis er mir einen Schokoriegel direkt vor die Augen hielt. »Duplo?«, fragte er mich, als ich ihn ansah, und musterte mich mit großen, aufmerksamen Augen. »Wo hast du den denn jetzt her?«, war das erste, das mir dazu einfiel. Ein breites, schmutziges Grinsen legte sich auf seine Lippen. Ich wollte die Flucht ergreifen, mich in meinem Zimmer verbarrikadieren und ihm nicht noch einmal über den Weg laufen. Er war immer noch so nah. »Den hab ich gerade aus meiner Hosentasche gezaubert«, antwortete er mit wippenden Augenbrauen. Ich verdrehte die Augen, dann lehnte ich den Riegel ab. Der Fernseher lief immer noch, aber die Tagesschau war offensichtlich vorbei. Duniel hatte umgeschaltet, aber es lief Werbung. Duniel sagte nichts, er ließ mich zwar in Ruhe, rückte aber auch nicht von mir ab. Gelegentlich landete entweder sein Kopf auf meiner Schulter oder sein Arm. Ich schüttelte ihn immer wieder ab, aber er ließ sich nicht beirren. Irgendwann hatte ich genug davon, von ihm betatscht zu werden, und kniff ihm so fest ich konnte in die Seite, als er wieder versuchte seinen Arm um meine Schulter zu legen. Er japste. Sofort war sein Arm verschwunden und hielt stattdessen die Stelle, die ich getroffen hatte. »Hackt’s?«, fragte er mich empört. Ich hob den Blick und legte meinen Text, den ich gerade durchgelesen hatte, weg. Es war das erste Mal, dass er mich sauer ansah. Ein ehrlicher Ausbruch und nicht diese überhebliche Maske. Ich grinste. »Behalt deine Griffel halt bei dir«, verteidigte ich mich und zuckte mit den Schultern. Duniel schnaubte vorwurfsvoll, dann schob er sein Oberteil hoch, um die Stelle, an der ich ihn gekniffen hatte, zu begutachten. Ein ordentlicher blauer Fleck begann sich dort zu bilden. »Du bist ja gemeingefährlich. Attackierst du jeden, der deine Nähe sucht?«, wollte er wissen und ließ den Saum seines Shirts sinken. Er war ein kleines Stückchen von mir abgerutscht, aber in Anbetracht der Menge an Platz, die er noch bis zur anderen Armlehne hatte, war der Abstand zwischen uns nur minimal größer geworden. »Jeden, dessen Nähe nicht autorisiert ist«, erwiderte ich mit einem hämischen Grinsen. Duniel rieb sich die Seite. »Ich bin zumindest nicht körperlich aggressiv«, schnaube er dann. Ich lachte los. »Ach nein?«, sagte ich dann und machte eine verbindende Handbewegung zwischen uns. »Und wie nennst du das? Du missachtest die private Distanz total und fällst in meine Intimsphäre ein. Erzähl du mir mal nichts von körperlich aggressiv!« »Intimsphäre?«, echote Duniel und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wenn ich in deine Intimsphäre einfallen würde, würdest du jetzt nicht mit klarem Verstand auf der Couch sitzen, sondern—!« »Halt die Klappe!«, schnauzte ich laut, bevor er seinen Satz beenden konnte, und stürzte mich dabei auf ihn und presste ihm beide Hände auf den Mund. Er krachte mit dem Kopf gegen die Armlehne, es gab ein dumpfes Geräusch, aber wenn es ihm wehgetan hatte, dann zeigte er es nicht. Stattdessen sah Duniel mich mit großen Augen ziemlich perplex an, während ich über ihm hockte, die Hände immer noch über seinem Mund. Er fing sich schneller als ich. Das wurde mir in dem Moment klar, als ich seine Zunge an meiner Handinnenfläche spürte. Mit einem Ruck zog ich meine Hände zurück und setzte mich zurück auf die Couch. Langsam richtete auch Duniel sich wieder auf. Sein Gesicht war verzerrt von einer Mischung aus Schmerz und Amüsement. Er fuhr sich über den Hinterkopf. »Du gehst aber ran«, kommentierte er belustigt. »Ich sollte vielleicht anfangen, darüber Tagebuch zu führen, wie viele Verletzungen du verursachst. Zwei gleich an unserem ersten Tag. Ich hab bestimmt eine Gehirnerschütterung.« »Du bist doch selbst Schuld«, gab ich zurück, aber wem spielte ich denn etwas vor? Dass er sich den Kopf anschlug, war nicht geplant gewesen und keine Absicht. Ich starrte auf meinen Text, der vor mir auf dem Couchtisch lag. Kiki war vom Sofa gesprungen und suchte sich irgendwo eine ruhigere Ecke. Duniel blieb in seiner Ecke der Couch sitzen. Er strich sich immer wieder über den Hinterkopf, sagte aber nichts weiter. Im Fernsehen lief irgendeine Serie, die mich nicht interessierte. Ich blieb dennoch sitzen und sah den Protagonisten teilnahmslos bei ihren Unternehmungen zu. Ich wusste nicht, ob die Serie Duniel interessierte oder ob er sie nur anließ, weil er sich nicht durch die Kanäle auf der Suche nach etwas Besserem zappen wollte. »In welcher Stadt hast du eigentlich vorher studiert?«, fragte ich Duniel in der nächsten Werbepause. Er sah mich fragend an. »Ich hab vor Jura nicht studiert«, antwortete er etwas irritiert. »Oder was meinst du?« »Ich dachte, du wärst von einer anderen Uni hierher gewechselt. Weil du ja jetzt schon im vierten Semester bist und auf Zwischenmiete hier bist…«, begann ich nachdenklich. Ich wusste nicht so recht, wie ich ausdrücken sollte, was ich meinte, aber offenbar verstand Duniel, was ich eigentlich wissen wollte. »Ach so. Ich war bis jetzt immer irgendwo auf Zwischenmiete drin. Ich studiere schon von Anfang an hier«, meinte er dann schulterzuckend. Ich nickte stumm. »Warum suchst du dir keine feste Bleibe?«, fragte ich weiter. »Ist doch scheiße, alle paar Monate die Wohnung zu wechseln und mit anderen Leuten zusammenzuleben.« Duniel zuckte wieder mit den Schultern. »Es gefällt mir ganz gut so.« Ich wartete darauf, dass er noch mehr dazu sagte, aber als nichts mehr kam, fragte ich: »Wieso?« Duniel schaute mich aufmerksam an. Er ließ sich mit seiner Antwort ein wenig Zeit und ich dachte schon, er würde gar nicht mehr mit mir reden wollen. Nachdenklich fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar. »Zum einen, weil ich mich so nicht um Möbel und so einen Schmarrn kümmern muss«, antwortete er schließlich und stützte sein Kinn auf sein Knie. »Als ich Daheim ausgezogen bin, musste ich meine Möbel für meine Geschwister dort lassen und ich hatte kein Geld, um mir neue zu kaufen. Der Ansturm auf die WG-Zimmer hier ist außerdem wie ein Spießrutenlauf, selbst wenn es nur zur Zwischenmiete ist.« »Und die Leute?«, fragte ich wieder. »Es ist ganz spannend, wenn man so auf neue Leute trifft«, erwiderte er nur und setzte sich in den Schneidersitz. Duniel hob die Arme über den Kopf und streckte sich kurz. Ich betrachtete ihn nachdenklich und fragte mich unwillkürlich, wie er eigentlich wirklich drauf war, wenn er nicht seine Überheblichkeit nach außen kehrte. »Mir wäre das zu anstrengend«, sagte ich kopfschüttelnd. »Zu viel Unordnung und Unruhe. Ich könnte das nicht.« »Wieso Unordnung? Wenn du mich fragst, ist das die einfachste Variante, die du wählen kannst. Das einzige, das ich mit mir herumtrage, sind meine Klamotten und mein Unikram. Ich bleibe nie lange genug, um mich über Mitbewohner aufzuregen, mit denen ich nicht ganz so gut auskomme und umgekehrt.« Ich schüttelte wieder den Kopf und versuchte mir mich in seiner Situation vorzustellen. Aber ich wusste, dass ich nicht so leben könnte. Immer zu wissen, dass meine Zeit in einer Wohnung befristet war und ich auch keine Möglichkeit hätte, im Notfall zu bleiben. Das war unvorstellbar. Ich brauchte diese Gewissheit, dass ich jederzeit nach Hause kommen konnte. Dass es mein Zuhause war, dass dort meine Sachen standen. »Aber so ein Vagabundenleben… ich weiß nicht. Was ist denn mit kleineren Sachen? Persönliche Dinge, Fotos, Bilder oder Erinnerungsstücke oder so was? Und günstig an Möbel zu kommen, ist auch nicht sonderlich schwer. Die Leute wollen ständig ihren Kram loswerden«, sagte ich und sah Duniel an. Er grinste wieder, aber diesmal war er nur amüsiert. »Ich gehöre nicht zu den Leuten, die haufenweise Kleinkram horten. Das, was mir an persönlichen Dingen wichtig ist, habe ich bei mir, aber es nicht so, dass es ich in meinem Zimmer ausstellen muss. Ich weiß nicht. Ich glaube, wenn ich mich irgendwo dauerhaft niederlassen würde, dann würde ich eine Wohnung für mich allein bevorzugen.« »Aber du wohnst doch praktisch seit zwei Jahren in WGs«, warf ich verwirrt ein. »Ja, klar. Und eben weil ich immer nur für kurze Zeit in immer wieder neue WGs komme, fällt mir auf, wie es abläuft, wie die Leute ticken, wie sie sich gegenseitig nerven. Mich stören gelegentlich auch einige Sachen, aber ich arrangiere mich damit, weil ich eigentlich nur ein Gast bin und nicht zu meckern habe. Und außerdem bleibe ich ja auch nie wirklich lange«, erwiderte Duniel. Er hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. »Keine Ahnung. Es ist ein innerer Trieb, immer wieder die Umgebung zu wechseln. Bisher hatte ich noch nicht das Bedürfnis, irgendwo einziehen zu wollen und dort auch zu bleiben.« »Hm«, machte ich nur. Duniel lächelte leicht. Wir saßen schweigend auf der Couch. Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte. Zwar konnte ich Duniels Antrieb nicht verstehen und nachvollziehen, aber andererseits fragte ich mich, wie es wohl war, wenn man so lebte wie er. Alle paar Monate mit neuen Leuten unter einem Dach zu wohnen und auch das jedes Mal nur für begrenzte Zeit… Nein, das war nichts für mich. Schließlich stapelte ich mein Unizeug und stand auf, um in mein Zimmer zu gehen. »Sorry, das mit deinem Kopf«, sagte ich, bevor ich das Wohnzimmer verließ. »Das war wirklich nicht beabsichtigt.« Duniel lächelte mich breit an. Seine Augen strahlten. »Schon okay. Dickschädel«, meinte er und klopfte sich gegen den Kopf. Ich konnte nicht anders, als zurückzulächeln. »Gute Nacht«, sagte ich dann. »Gute Nacht, Joris. Schlaf gut«, erwiderte er und winkte kurz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)