Mikado von Hotepneith (Von Verwechslungen, Irrtümern und sonstigen Fehlern) ================================================================================ Kapitel 1: Kagome ----------------- Die Hauptstraße der Provinzhauptstadt Shuto war dicht mit Menschen bestanden. Sie alle wollten den Zug sehen, der die Verurteilten durch das Stadttor zu dem unheimlichen Todeswald bringen würde. Auch ein siebzehnjähriges, schwarzhaariges Mädchen war dabei. Kagome schätzte Hinrichtungen nicht und weigerte sich für gewöhnlich zuzusehen, aber sie hatte gehört, dass dies Fremde seien, Jäger, die einen Dämon getötet hatten. Und darauf stand nicht nur hier im Bezirk Teien die Todesstrafe. Schließlich regierten Dämonen das gesamte Reich, ja, der Kaiser selbst war einer, ebenso wie ihr Provinzfürst Naraku. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie mächtig Menschen sein mussten, denen es gelang einen Dämon zu töten. Überdies hatte sie nie zuvor Menschen aus anderen Bezirken getroffen und war neugierig, wie diese wohl aussehen würden. Nicht ein einziges Mal in ihrem Leben hatte sie die schützenden Mauern Shutos verlassen. Sie schob sich ein wenig vor, um besser hingucken zu können, als sie das dumpfe Trommeln vernahm. Zuerst kamen zwei Menschen, die solcherart warnten, den Weg freizugeben, dann Narakus Dämonenkrieger. Zwei von ihnen trugen einen Mönchsstab, ein Schwert und einen überdimensionierten Bumerang. Dahinter kamen die beiden Verurteilten und Kagome ertappte sich bei Mitleid. Sie waren ein Paar, nicht viel älter als sie selbst, ein Mönch und eine junge Frau in einem eng anliegenden, schwarzen Kampfanzug. Beide waren gefesselt, schritten aber fast gelassen dahin. Wussten sie nicht, dass sie sterben würden noch ehe die Sonne wieder aufging? Sie drängte sich zurück, um auf die Stadtmauer zu gehen. Auch dort standen bereits Leute, aber sie würde schon noch ein Plätzchen finden. Viel würde man allerdings nicht sehen können. Statt zu einer gewöhnlichen Hinrichtung hatte der Provinzfürst die beiden dazu verurteilt in den Todeswald gebracht zu werden. Dies war ein Waldstück etwas außerhalb der Stadt, in dem ein Ungeheuer hausen sollte. Seit undenklichen Jahren war der Wald von einem hohen Gitterzaun umgeben, zusätzlich mit Bannsprüchen gesichert. Früher, weit vor ihrer Geburt, sollten des Öfteren Verurteilte dort hineingeschickt worden sein, von denen man nie wieder gehört hatte. Ein Entkommen war durch das Gitter ja auszuschließen. Kagome sah genau zu, wie die Dämonenkrieger mit ihren Gefangenen immer weiter auf den Wald zugingen, das Tor dort im Gitter öffneten, ehe sie zwischen den Bäumen verschwanden. Die meisten Menschen wandten sich daraufhin ab, aber sie beobachtete weiter, bis die Krieger wieder herauskamen, ohne die Jäger und deren Waffen. Warum nur hatten sie sie ihnen gelassen? Halfen diese etwa nicht gegen das sagenhafte Ungeheuer? Oder war es Hohn? Hatten sie die beiden gefesselt gelassen, ihre Waffen in Sicht, ohne sie nutzen zu können? Es wurde Zeit, dass sie zu ihrer Übung ging. Mutter hatte so viel Geld bezahlt, um sie auf die Priesterinnenschule schicken zu können, da musste sie auch gute Leistungen abliefern. Nur die besten Schüler kamen an Tempeln in der Stadt unter, die ihren Lebensunterhalt garantieren konnten. Die anderen mussten zusehen, wo sie blieben, zumeist in irgendeinem Dorf. So stand sie nur eine halbe Stunde später mit den anderen Mädchen und Jungen auf dem sandigen Platz der Priesterschule und übte die Bewegungen des Segnens und des Verbeugens, später würde Blumenkunde kommen. Die Sonne stand schon tief und sie musste unwillkürlich an die beiden Jäger denken. Es hieß, sobald es dunkel wurde, käme das Ungeheuer aus seiner Höhle und würde sie fressen. Erneut spürte sie Mitleid, gleich, was auch immer die Zwei getan hatten. „Kagome!“ Sie schrak zusammen, als sie ihren Lehrer vor sich sah. „Du träumst!“ „Verzeiht, Meister. Ich war in Gedanken....“ Aber die würde er wohl kaum verstehen. „Konzentriere dich besser.“ „Ja, Meister.“ Sie bemerkte, dass dieser plötzlich angespannt hinter sie blickte und drehte sich selbst um. Zwei Dämonenkrieger kamen direkt auf sie zu. Instinktiv wollte sie zurückweichen, aber der alte Priester hielt sie. „Kagome Higurashi?“ fragte einer der Dämonen: „Auf Befehl Fürst Narakus. Du bist verhaftet.“ „Aber....warum?“ fragte sie vollkommen verwirrt, fühlte sich jedoch gepackt und mitgenommen: „Das....das ist ein Irrtum.“ „Fürst Naraku irrt sich nicht.“ Das war die einzige Antwort, die sie bekam, bis sie in den Keller des Fürstenschlosses gebracht wurde, durch stickige Gänge geschleift wurde. Rechts und links erkannte sie Käfige, in denen Menschen aber auch Dämonen saßen. In jäher Panik versuchte sie sich zu befreien, aber der Kraft zweier Dämonen hatte sie nichts entgegenzusetzen. Eine Tür wurde vor ihnen geöffnet und sie erstickte fast an ihrem eigenen Atem. Sie hatte gehört, dass es so etwas geben sollte, aber sie hätte nie gedacht einmal einen solchen Raum zu betreten. Diese ganzen Gerätschaften....oh nein, sie wollte gar nicht wissen, zu was das alles benutzt wurde. Und wer war der Mann in weißer Kleidung, der fast ebensolche Haare besaß und sie lächelnd betrachtete? Er schien doch jung zu sein, so alt wie sie. „Kettet sie hier an.“ Sie spürte, dass ihre Arme nach oben gerissen wurden: „Was...was soll das?“ „Nun lasst uns allein,“ befahl der Unbekannte und die Krieger gehorchten. „Bitte,“ sagte sie verzweifelt: „Ich begreife nicht, was das soll...ich habe doch nichts getan....“ „Kagome.“ Er klang freundlich: „Es hat meinen verehrten Vater, Fürst Naraku, einige Mühe gekostet deinen Namen herauszufinden. Mein Name ist übrigens Akago. Ich bin sein jüngster Sohn. - Du weißt nicht, was dir vorgeworfen wird? Oh, komm schon. Du musst nur sagen, dass du es warst. Ohne Geständnis darf man niemanden verurteilen.“ Verstört und verschreckt stammelte sie: „Was...was soll ich denn getan haben?“ „Vor einer Woche warst du mit ein paar anderen Mädchen auf der Grünanlage vor dem Schloss.“ Sie musste nachdenken. „Ja,“ gab sie dann verwirrt zu. Sie hatte mit einigen Freundinnen Ball gespielt und Bogen schießen geübt – das war doch nicht verboten? Sie wiederholte den Gedanken laut. „Nebenbei hast du Hochverrat begangen.“ „Nein! Ganz sicher nicht, ich meine....“ „Du hast einen Pfeil abgeschossen, der über die Schlossmauer flog.“ Das stimmte, und sie hatte sich wegen ihrer mangelnden Treffgenauigkeit den Spott der anderen Mädchen anhören müssen: „Ja, er...ich bin abgerutscht. Sie haben mich ausgelacht.“ „Abgerutscht, so so. So gut abgerutscht, dass du Fürst Naraku getroffen hast.“ Sie wurde blass: „Wie bitte?“ hauchte sie fassungslos. „Hätte mein verehrter Vater nicht sein großes Juwel um den Hals getragen, wäre er nun tot. So ist nur das Juwel zersplittert. Bedauerlicherweise war es übrigens ein magisches Juwel und hat sich wohl über das gesamte Land verteilt. Es wird uns viel Mühe kosten, es wieder zusammenzusetzen. Aber nun gut. Vater ist nichts geschehen.“ „Ja, das ist gut....“ Ach du liebe Güte! Das war Hochverrat. „Wer hat dich beauftragt?“ „Niemand, ich sagte doch, es war ein Unfall....ich wusste doch gar nicht, dass Fürst Naraku dort ist. Und ich bin wirklich eine lausige Schützin.“ Akago lächelte erneut: „Du gibst also zu, dass du den Pfeil auf den Fürsten abgeschossen hast?“ „Äh, nein. Ich meine, ich habe einen Pfeil über die Mauer geschossen, ja, aber....“ „Du hast hier etwas nicht verstanden, Mädchen. Entweder, du gestehst den Hochverrat und das Attentat, oder ich werde Befehl geben diese ganzen netten Gerätschaften an dir auszuprobieren. Zunächst an dir und dann an deiner Mutter, deinem Bruder, deinem Opa...Bis ihr alle vier wegen Hochverrates dran seid. Ich kann mir vorstellen, dass du das nicht möchtest. Falls übrigens deine Phantasie nicht ausreichen sollte....“ Er begann zu erklären, was alles mit ihr geschehen würde. Kagome überlief ein kalter Schauder nach dem anderen. Sie wollte doch nicht sterben! Und das würde sie sicher, wenn sie Hochverrat gestehen würde. Aber Mutter, Opa, Souta....sie würden dafür büßen müssen, wenn sie nicht gestand, was gar nicht zu gestehen war. Überdies wagte sie ehrlich zu bezweifeln, dass sie den Mund halten konnte, wenn ihr diese Schmerzen erst einmal zugefügt wurden. „Hört auf!“ schrie sie mit Tränen in den Augen, als sie vergeblich versuchte, sich die Ohren zuzuhalten: „Das...das ertrage ich nicht.“ „Du kannst schon nicht einmal zuhören? Was würdest du dann erst machen, wenn du es spürst?“ Akago musterte sie. Er hatte schon viele Verhöre geführt und wusste, dass ihre Angst, ihre Verzweiflung, echt war. Nun, auch der Mönch und die Jägerin hatten freiwillig gestanden – allerdings hatte es da auch genügend Zeugen gegeben, dass sie einen Dämon ausgetrieben hatten. Zwar bloß einen Wurmdämon, aber Vater war dieser Vorwand nur zu recht gewesen. Er mochte keine Fremden aus anderen Provinzen in der seinen, ebenso, wie er den Handel mit den anderen Bezirken unterbunden hatte. Kein Informationsaustausch, ehe der große Plan Erfolg hatte. „Also, wenn ich dich jetzt hochbringen lasse, wirst du vor meinem Bruder Hakudoshi gestehen, dass du ein Attentat begangen hast.“ „Und...dann?“ brachte sie hervor. Akago lächelte fast verträumt: „Ach, Kagome. - Nun, du wirst hingerichtet. Aber deine Familie bleibt unbehelligt, das kann ich dir versprechen.“ Sie war die Einzige mit magischen Fähigkeiten, das hatte Vater schon überprüfen lassen. Und es war wohl wirklich reiner Zufall gewesen, dass sie ihn getroffen hatte. Dennoch – das ging so nicht an. „Aber für die Zerstörung des Juwels möchte Fürst Naraku ein Exempel statuieren.“ Kagome schluckte trocken. Exempel, das klang nicht gut, gar nicht gut. „Wie...wie soll ich....“ „Sterben? Nun, das weiß ich nicht, aber dein rasches Geständnis spricht für dich. Also, du wirst vor Hakudoshi gestehen?“ Sie nickte. Was hätte sie schon tun können? Früher oder später würde sie alles bekennen, jede Lüge, die verlangt wurde, sagen – und so wäre wenigstens ihre Familie sicher. Eine seltsame Stimmung hatte sie erfasst. Wie in Trance ließ sie sich emporführen, zu diesem Hakudoshi, der seine Ähnlichkeit mit Akago nicht verleugnen konnte. Sie unterschrieb ein Papier, das ihr vorgelegt wurde, ohne eine Ahnung zu haben, was dort überhaupt stand. Widerstandslos ließ sie sich wieder hinabbringen, in einen dunklen, mit schmutzigem Stroh ausgelegten Raum. Nun erst begann sie zu weinen und rollte sich zusammen, sich wie schutzsuchend an ihre eigenen Knie klammernd. Zum Tode verurteilt! Sie! Warum nur? Nur wegen des einen, abgerutschten Pfeiles? Es war doch einfach ein Kinderspiel gewesen. Wie würde sie wohl sterben müssen? So wie die beiden Jäger heute Nacht in dem Todeswald? Oder durch das Schwert des Henkers, wie sie es auch schon erlebt hatte? Sie spürte, dass ihre Zähne zu klappern begannen und wusste, dass dies in hilfloser Todesangst war. Was würde sie erst tun, wenn sie sie holten...? Sie entsann sich, wie ruhig die beiden Jäger heute geblieben waren. Daran würde sie sich ein Beispiel nehmen, beschloss sie. Und seltsamerweise fühlte sie sich besser. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Sie hatte nie eine schlimmere Umgebung gehabt als diesen stinkenden, schmutzigen, dunklen Raum, aber das war ihr gleich. Wichtig war, dass ihre Familie am Leben blieb, unbehelligt blieb. Hoffentlich würde ihr Tod schnell gehen. Aber Akago hatte doch gesagt, dass bei der Todesart auch berücksichtigt würde, dass sie rasch gestanden hatte....das machte ihr Hoffnung. Die Tür wurde geöffnet und sie richtete sich auf. „Kagome.“ „Ja?“ Das helle Licht von außen ließ sie nicht erkennen, wer dort stand. „Komm. Es ist Zeit.“ Sie gehorchte. Da waren vier Dämonenkrieger, die sie sofort umringten, ihr die Hände auf den Rücken banden. „Wie...“ brachte sie hervor. „Wir bringen dich zum Todeswald. Fürst Naraku beschloss, dem Ungeheuer dort nach den Jägern ein weiteres Festmahl zu geben.“ Sie wäre fast zusammengebrochen, aber ein Dämon hielt sie. Also sollte sie gefressen werden? Lebendig, womöglich? Etwas wie Wut stieg in ihr auf. Naraku, so also rächte er sich für ein Versehen? Nun gut, sie hatte wohl irgendein Juwel kaputtgemacht, aber das konnte doch unmöglich ihren Tod verlangen, noch dazu so....? Gleich. Sie richtete sich auf, als irgendetwas in ihr erwachte, von dem sie nicht geahnt hatte, dass es überhaupt da war. Die beiden Jäger hatten auch gewusst, was auf sie wartete, und sie wollte ebenso ruhig durch die Straße gehen, wie diese. Nicht, sich schleifen lassen, schreiend, weinend, um Gnade flehend. Nein. Ihre Familie sollte irgendwie auf sie stolz sein können. Für die drei. Es wurde ein langer Weg für Kagome. Die Sonne stand schon tief, es musste später Nachmittag sein, als sie durch die Straßen geführt wurde. In der Menschenmenge entdeckte sie einige bekannte Gesichter, manche mitleidig, die meisten nur neugierig. Sie nahm sich zusammen und ging ruhig zwischen den Kriegern, hinter den beiden Trommlern her. Ob Mutter hier war? Oder hatten sie sie doch auch gefangen genommen? Mama....Am liebsten hätte sie geweint, aber sie schaffte es mit aller Selbstbeherrschung, das nicht zu tun. Der Todeswald. Sie starrte auf das Tor vor sich. Der Gitterzaun und das Tor waren zusätzlich mit schweren Bannsprüchen gesichert. So weit war ihre Ausbildung doch schon vorangeschritten, dass sie das erkennen konnte. Der vorderste Dämonenkrieger hütete sich auch dem Gitter zu nahe zu kommen. Daher öffnete es ein Mensch. Die beiden Trommler blieben allerdings draußen, als die vier Krieger Kagome in den Wald führten. Er war dicht mit Unterholz bewachsen. Man konnte nur den schmalenWeg erahnen, der vom Tor weiter in die Tiefe führte. Sie schluckte trocken, als sie erkannte, dass die Dämonen um sie nervös wurden, die Hände an die Schwerter legten. Was auch immer hier lebte war etwas, das selbst diesen mächtigen Wesen Furcht einjagte. Sie wusste nicht, wie weit sie gegangen waren, als sie eine Lichtung erreichten. Dort war ein anscheinend alter Pfosten angebracht, mit einem Ring ungefähr in Hüfthöhe. Dunkle Flecken an dem Holz zeugten von getrocknetem Blut. Sie zuckte unwillkürlich zurück, aber die Dämonen banden sie mit dem Rücken zu dem Pfahl und ihre Handfesseln an den Ring an. „Niemand weiß, wer hier haust,“ sagte einer der Krieger: „Nun, du wirst es bald wissen. Von den Jägern ist ja auch nichts übrig geblieben.“ „Komm, es wird schon dunkel,“ meinte ein anderer: „Und, wenn die Sonne untergeht, will ich lieber auf der anderen Seite des Gitters sein.“ Sie liefen förmlich davon und ließen das Mädchen allein. Kagome, der nun erst wieder das ganze Elend ihrer Situation zu Bewusstsein kam, begann zu weinen. In der Tat, keine Spur war mehr von den beiden Jägern zu erkennen, nicht einmal Gewand oder die Waffen, ja, auch nur Blut. Und es wurde merklich dunkler, selbst hier auf der Lichtung. Bestimmt würde gleich das Monster kommen, ihr Untergang, ihr Tod. Oh ihr Götter, hoffentlich würde es sie erst töten, ehe es sie auffraß. Es wurde Nacht. Ängstlich und mit verweinten Augen blickte sich Kagome um. Jeder Windhauch verursachte ein Rascheln und ließ sie zusammenzucken. Da – leuchtete da nicht etwas zwischen den Sträuchern? Augen? Aber wieso reflektierten sie das matte Sternenlicht? Weil es keine menschlichen Augen waren, erkannte sie dann panisch. Hektisch versuchte sie von ihrer Fessel freizukommen. „Oh, Mann,“ sagte eine junge, männliche Stimme: „Wenn Naraku das hier so weitertreibt, muss ich eines Tages noch wegen Überfüllung schließen.“ Kagome starrte den Jungen vor ihr an. Er war kein Mensch, auch, wenn er durchaus menschenähnlich aussah. Dazu waren seine Haare zu lang und zu schneeweiß – und kein Wesen ihrer Art trug Hundeohren auf dem Kopf. Seine Augen leuchteten auch so seltsam gelblich. Das, was er gesagt hatte, klang allerdings gar nicht nach Fressgier oder auch nur Mordlust. „Äh...wer bist du?“ erkundigte sie sich daher. „Inu Yasha. - Und du?“ „Kagome.“ „Ich mach dich mal los. Wollte Naraku, dass ich dich fresse?“ „Äh, das Ungeheuer des Waldes...bist das etwa du?“ Nun, wie ein Nichtmensch sah er schon aus, aber Ungeheuer? Mit diesen niedlichen Öhrchen? „Er meint es wohl. Komm, Sango und Miroku warten schon.“ „Das...das sind die Jäger?“ „Ja. Na, komm schon.“ Ohne Weiteres packte er ihre Hand und zog sie mit durch den Wald. Vor einer Erdhöhle warteten zwei Menschen, die sie erkannte. Ja, das waren die Jäger von gestern. Inu Yasha hatte sie also nicht gefressen, wie es der Fürst wohl gedacht hatte. Aber, wer war er dann? Und warum lebte er hier? „Hier, mein nächstes Opfer,“ verkündete Inu Yasha: „Sie heißt Kagome. Miroku und Sango.“ Die Jägerin lächelte: „Kagome, komm, setze dich. Hattest du auch solche Angst?“ „Ja, schon. Ich meine, wenn einem gesagt wird, dass man gefressen werden soll...“ gestand sie und nahm Platz: „Aber, ich meine, was jetzt?“ „Wieso wollte dich Naraku denn umbringen?“ erkundigte sich Miroku. „Uns warf er vor, einen Wurmdämon ausgetrieben zu haben.“ „Ich...mir rutschte ein Pfeil bei einer Schießübung aus und machte ein Juwel von ihm kaputt.“ Da sie die Drei anstarrten, ergänzte sie kleinlaut: „Ich bin keine gute Schützin. Jedenfalls hieß es Hochverrat.“ „Das kann ich mir vorstellen!“ Inu Yasha lachte laut auf: „Du hast DAS Juwel kaputtgemacht? Na, herzlichen Glückwunsch. Kein Wunder, dass er sauer war.“ „Vielleicht erklärst du mir auch, was so erheiternd daran ist?“ Jetzt, da sie wusste, dass er sie nicht fressen würde, wurde sie eher wütend. „Das war das Juwel der Vier Seelen, ein sehr magisches Stück, das seine Macht vermehrte. Es war seit Jahrhunderten im Besitz der Fürstenfamilie, bis er es an sich brachte. Und prompt den letzten Fürsten ermordete. Jetzt hat der Gute ein Problem, wenn ihm irgendwer mit Magie auf den Pelz rückt.“ „Wer sollte das schon tun?“ fragte Sango nüchtern: „Er ist hier der Provinzfürst und damit unantastbar. Außer durch den Kaiser.“ „Und den interessiert Teien nicht,“ erwiderte Inu Yasha sofort. „Sonst hätte er doch etwas unternommen, als Naraku an die Macht kam.“ „Sag mal,“ begann Kagome: „Wieso lebst du eigentlich hier im Wald, so als Ungeheuer?“ Er zuckte die Schultern: „Weil ich leben wollte. Nach Mutters Tod scheute sich mein lieber Onkel doch etwas mich umzubringen und schickte mich hierher. Frei rumlaufen lassen konnte er mich auch nicht. Immerhin hatte er sich mein Erbe unter den Nagel gerissen.“ „Dein Erbe?“ fragte Miroku prompt. „Ich...nein, du hast etwas menschliches an dir....“ „Ich bin halb Mensch, halb Dämon. Meine Mutter war ein Mensch, mein Vater ein Hundedämon. Er starb aber noch vor meiner Geburt.“ Inu Yasha sah zu Boden: „Aber Menschen haben es nicht so mit Halbdämonen. Dämonen übrigens auch nicht.“ Das erklärte sein Aussehen, dachte Kagome: „Dann bist du wohl irgendwie mit der Fürstenfamilie verwandt, wenn dein Onkel dich hier herbringen lassen konnte?“ „Irgendwie. Meine Mutter war Prinzessin Izayoi. Zuerst machte der liebe Onkel Takemaru nur die Regentschaft für sie und mich, aber als sie starb, verfrachtete er mich hierher. Ich war da...na, sagen wir nach menschlichen Maßstäben, acht oder zehn. Ehrlich gesagt, als ich hörte, dass Naraku ihn umgebracht hat, hatte ich nicht vor Blumen zu seiner Beerdigung zu schicken.“ „Das ist nicht nett,“ sagte sie prompt. „Es war auch nicht nett, ein kleines Kind hier in dem Wald auszusetzen,“ erwiderte er: „Und ehrlich gesagt bin ich mir bis heute nicht sicher, ob er nicht bei Mutters Tod nachhalf. Aber egal. Dieser dämliche Naraku scheint sich jedenfalls seit Neuestem einzubilden seine Delinquenten mir zu schicken. Wie gesagt, ich muss hier noch wegen Überfüllung schließen. Oder ihr haut ab.“ „Dein Wald ist von einem Gitter umgeben, das auch noch Bannsprüche hat,“ meinte Miroku: „Das könnte Probleme machen. Nicht, dass ich hier bleiben möchte. Ein Todesurteil reicht mir für diese Woche.“ „Das Gitter wäre kein Problem,“ sagte der Halbdämon: „Aber die Bannsprüche. Ich habe nun einmal Dämonenenergie.“ „Die Bannsprüche könnte ich versuchen aufzuheben,“ erklärte Kagome: „Ich meine, ich lerne Priesterin.“ „Ich kann das auch.“ Der Mönch nickte: „Das müssten wir doch hinbekommen, zumal zu zweit. Willst du nicht auch mitkommen, Inu Yasha?“ Der zuckte die Schultern, ohne erkennen zu geben, dass ihn diese Frage freute, wie überhaupt dieses Reden und die ungewohnte Gesellschaft: „Wohin? Glaubst du, ich bin irgendwo gern gesehen?“ „Zum Mikado. Wenn Teien dein Erbe ist und Naraku es widerrechtlich hat – es gibt niemanden, der ihn absetzen kann, außer dem Kaiser.“ Und er persönlich würde sich gern für die geplante Hinrichtung rächen, in dem er den Provinzfürsten hinhängte. „Der ist ein Dämon, oder? Dämonen mögen keine Halbdämonen, heißt es.“ Aber Inu Yasha sah sich um: „Naja, den Wald kenne ich auswendig. Mal etwas anderes sehen, wäre nett. Wo lebt denn der Mikado?“ „Machi.- Das liegt an der Westküste. Sicher drei Wochen von hier.“ „Gut. Dann gehen wir.“ ** Ein Fehler, sich nicht genau darüber zu informieren, wer das Ungeheuer vor der Haustür ist... Kapitel 2: Flucht ----------------- Kagome war ein wenig überrascht, mit welcher Selbstverständlichkeit sich Inu Yasha im finstersten Wald bewegte, und kam sich laut und ungeschickt vor. Sie tröstete es nur, dass er vermutlich hier jeden Schritt kannte – und auch Miroku und Sango sich mit ihr an den Händen hielten, während der Halbdämon voranging und sie hinter sich herzog. Dabei spürte sie seine Krallen nur zu gut – nein, er war kein Mensch. Aber eben auch kein Dämon. „So,“ flüsterte er und blieb stehen: „Hier ist gleich das Gitter. Aber leise – ich kann einen Wächter wittern.“ „Wittern?“ erkundigte sich das Mädchen, wenn auch leise, mehr als irritiert. „Naja, riechen.“ „Ja, schon klar.“ Ihr fiel ein, dass er ja erwähnt hatte, sein Vater sei ein Hundedämon gewesen. Waren Dämonen und ihre tierischen Verwandten sich doch so ähnlich? Irgendwie hatte sie nie daran gedacht. Es klang lustig, irgendwie. „Leise!“ zischte Inu Yasha prompt: „Also, jetzt macht was mit den Bannkreisen.“ Miroku und Kagome fassten das zu Recht als Aufforderung auf und gingen nahe heran. „Hu,“ murmelte sie: „Das ist heftig.“ Der Mönch nickte, ehe ihm einfiel, dass sie ihn wohl nur schlecht sehen konnte: „Gib mir deine Hand.“ Als sie ihn etwas zögernd berührte, wusste er, dass sie in der Tat ein magisches Juwel zerstören konnte. Auch, wenn es ihr wohl nicht bewusst war, so besaß sie erstaunliche eigene Zauberkraft – stärker, als er bei mancher ausgebildeten Priesterin gesehen hatte. Nun, so sollte es kein Problem sein, diesen Bannkreis hier zu beseitigen, zumal zu zweit – als Menschen. Für einen Dämon oder eben auch einen Halbdämon wäre es unmöglich. „Konzentriere dich auf mich,“ flüsterte er. Kagome, die durchaus schon gehört hatte wie so etwas ablief, bemühte sich, sich seiner Aufmerksamkeit und Magiebündelung anzupassen. Nur Sekunden später erlosch der Zauber, auf einige Schritte im Umkreis. „Schnell,“ sagte Miroku leise: „Damit wir nicht auffallen, Los, Inu Yasha.“ Er gab Kagome frei, die sich etwas verwirrt nach dem Halbdämon umsah. Soweit sie das im Dunkeln erkennen konnte, nahm er einfach zwei metallene Gitterstäbe und bog sie auseinander. Wie stark war er? Und wie stark war dann erst ein echter Dämon? Sie hatte sich nie zuvor Gedanken darum gemacht. Inu Yasha sprang hinaus: „Ich kümmere mich um den Wachposten, der kommt her!“ Und verschwand in der Dunkelheit. „Bring ihn nicht um,“ wollte Kagome noch sagen, aber er war schon weg. So blieb ihr nichts, außer mit den beiden Jägern ebenfalls durch das entstandene Loch zu steigen und draußen auf den Halbdämonen zu warten, der nur Sekunden später wieder auftauchte. „Hast du ihn....?“ begann die Priesterschülerin zögernd: „Das ist Mord.“ „Er war gerade dabei, Alarm zu schlagen. Und erzähle mir nicht, dass du Sehnsucht nach Narakus Kerker und der nächsten Hinrichtung hast.“ Mama hatte ihm schließlich zwar Menschen ans Herz gelegt, aber nie Dämonen, eher vor ihnen gewarnt. Und das, wo sie doch mindestens einen näher kennengelernt hatte. Überdies hatte er in den letzten Jahrzehnten die Tiere, die ihm in den Wald gebracht worden waren, töten müssen, um überleben zu können – irgendwie machte das wenig Unterschied. Sango griff ein: „Wir müssen hier weg. Denn wenn uns einer findet, werden wir Drei ganz sicher umgebracht, was mit Inu Yasha passiert, daran will ich nicht mal denken.“ Es war nur vernünftig und so liefen die Vier, sich wieder an den Händen haltend, unter der Führung des Halbdämonen durch die Nacht, froh, dass hier kein dichter Wald war, sondern mehr Äcker und Wiesen. Inu Yasha war fürsorglich genug, sich an letztere zu halten, damit seine menschlichen Begleiter nicht stolperten. Er war irgendwie froh, nicht mehr allein zu sein, auch, wenn es ihn nach wie vor etwas ärgerte, dass Naraku in ihm ein menschenfressendes Ungeheuer gesehen hatte. Hatten diese Idioten im Schloss denn gar nichts über ihn aufbewahrt? Oder nahm dieser Volltrottel schlicht an, Halbdämonen würden derartige Nahrungsgewohnheiten haben? Jedenfalls war es interessant einmal etwas anderes als den eigenen Wald zu sehen. Ob ihn der Kaiser wirklich anhören würde? Das konnte er sich eigentlich kaum vorstellen. Der Herr über alle Dämonen des Reiches – und ein Halbdämon. Aber einen Versuch wert war es schon. Immerhin war Teien sein Erbland, durch seine Mutter. Zum ersten Mal stellte er sich die Frage, ob ihm eigentlich auch ein Erbteil von seinem Vater zustehen würde. Aber über den wusste er nur, dass er ein Hundedämon gewesen war. Das wäre wohl kaum hilfreich. Jetzt sollte er erst einmal zusehen, dass er seine neuen, einzigen Freunde in Sicherheit brachte. Fürst Naraku lehnte sich nachlässig ein wenig zurück: „Mein lieber Hakudoshi, das ist nicht dein Ernst. Soll das heißen, dieses Ungeheuer hat es geschafft einen mit überaus starken magischen Sprüchen versehenen Gitterzaun zu brechen, an meinen überaus wachsamen Posten vorbeizukommen und zu fliehen?“ Er selbst hatte das Monster aus dem Todeswald nie gesehen, aber der ehemalige Fürt Takemaru hatte ihm gesagt, dass es ein seltenes Wesen sei, wohl ein Tier vom Kontinent, vermutete er. Nun, was ging ihn das an. „Ja, verehrter Vater.“ Der junge, weißhaarige Mann sah unbeweglich zu Boden. Ihm war klar, wer die Schuld dafür bekommen würde. Schließlich war es seine Idee gewesen, auch diese Kagome dem Ungeheuer vorwerfen zu lassen – ohne Absprache mit dem Fürsten. Und Vaters Strafen waren stets phantasievoll – und überaus schmerzhaft. „Dann fang es wieder ein. Schnell. - Ich muss nach Machi.“ „In die Hauptstadt? Darf ich fragen...“ Aber eigentlich war es gleich. Es würde keine Bestrafung geben, wenn es ihm gelang das Ungeheuer wieder einzufangen. Und es hatte nur wenige Stunden Vorsprung.... „Ja, ich muss die Heirat deiner Schwester vorantreiben. Sie braucht für mich zu lange.“ „Ist der Shogun noch nicht immer willens?“ „Wir wollen doch seinen vollen Titel nennen. Seii Taishogun, Sieger über die Barbaren, großer General.“ Naraku lächelte fein: „Der Arme wird ihn nicht mehr lange tragen, so ehrenvoll er ihn nach seinem Sieg über die Invasionsarmee auch erhalten hat.“ „Ich habe nie begriffen, warum der Mikado nicht selbst ging.“ „Eine Prüfung für den Sohn und Erben, vermute ich. Und die hat er erfolgreich bestanden. Bedauerlicherweise. Immerhin hatte es mich einige Mühe gekostet, die Barbaren zum Einfall zu bewegen. - Nun, bestehe deine Prüfung, mein Sohn.“ „Ja, verehrter Vater.“ Das war ein Wink mit mehr als einem Pfahl gewesen. Er musste dieses Ungeheuer wieder einfangen, koste es, was es wolle – oder Vater würde ihn umbringen. Hakudoshi gab sich nicht der Illusion hin, der Fürst würde ihn als Ältesten verschonen. Schon früh in seinem Leben hatte ihm dieser gesagt, dass er ihn jederzeit ersetzen könnte. „Dann gehe. Ich werde für die Zeit meiner Abwesenheit dir die Vollmacht erteilen.“ „Danke.“ Hakudoshi verneigte sich noch einmal tief, ehe er das Zimmer des Fürsten verließ. Das war das erste Mal. Anscheinend vertraute ihm Vater doch einigermaßen. Die Jagd auf das Ungeheuer durfte er folglich nicht vermasseln. Der Fürst sah ihm nach. Seine Gedanken waren seltsam vielschichtig: Das Ungeheuer, mochte es auch entkommen sein, war unwichtig. Sein Schwerpunkt lag in der Hauptstadt, genauer, bei der geplanten Hochzeit seiner Tochter Kagura mit dem Shogun, dem Erben des Kaisers. Da dieser allerdings bedauerlicherweise noch zögerte, müsste er neue Pläne schmieden, neue Verbündete suchen. Der Mikado hatte sich aus den Amtsgeschäften weitgehend zurückgezogen, das regelte nun alles sein Sohn. Der war relativ unerfahren und könnte manche Falle übersehen. Ja, zweigleisig fahren, oder sogar noch mehr Pläne in der Schublade haben... Sollte das Ungeheuer aus dem Todeswald doch tun, was es wollte. Vermutlich war es nun auf den Geschmack von Menschenfleisch gekommen und würde draußen auf die Jagd gehen wollen. Umso einfacher war es zu finden. Akago sollte Hakudoshi überwachen, dann war der Jüngere auch genügend beschäftigt. Seine Söhne besaßen beide Ehrgeiz und stritten um seine Gunst – noch konnte er das gut gebrauchen. Der Fürst sah auf: „Heda!“ Sofort kam ein Diener herein und warf sich zu Boden. „Ich will Akago sprechen.“ „Sofort, Herr?“ Naraku hob die Augenbrauen: „Ein Problem für dich?“ „So...soweit ich informiert bin, mein Fürst, befindet sich der junge Herr momentan im Kerker.....“ „Sofort.“ „Ja, Herr.“ Der Fürst von Teien musste nur fünfzehn Minuten warten, ehe sein Jüngster hereinkam und sich tief verneigte, ehe er niederkniete, ohne seine Besorgnis zu zeigen. War er seinem Vater nicht schnell genug bei der Wiederbeschaffung der Juwelensplitter? Die ersten Stücke waren einfach gewesen, aber es sollte ja auch unauffällig sein, und selbst, wenn Naraku ihm einige Orte der Splitter in und um Shuto genannt hatte, so benötigte es doch Zeit, wie gewünscht behutsam vorzugehen. Tote Dämonen in gewisser Anzahl würden doch auffallen.... „Lieber Akago, ich gönne dir deine sadistischen Spielchen. Du kannst auch gleich zurück.“ „Danke, mein Fürst und Vater.“ Das klang nicht nach Tadel und Bestrafung. Akago atmete unwillkürlich auf. „Ich reise in die Hauptstadt. In der Zwischenzeit habe ich Hakudoshi zum Regenten ernannt. Er sollte allerdings voll und ganz mit der Jagd nach dem entflohenen Ungeheuer beschäftigt sein.“ Er sah durchaus, dass sein jüngerer Sohn aufmerkte. „Ich möchte, dass du mir später berichten kannst, was er sonst noch so alles trieb. Natürlich mit Beweisen. Aber keine Aussagen. Ich kenne dein Talent für Verhöre unter Folter.“ „Danke, verehrter Vater.“ Akago hatte den Hinweis durchaus verstanden. Hakudoshi war der Regent – aber er sollte ihn überwachen. Vater vertraute ihm also mehr. Nun, es würde kaum ein Problem darstellen, den lieben älteren Bruder des Verrates zu überführen. Hakudoshi neigte dazu Befehle nicht so ganz wörtlich auszuführen. War er tot, wäre er, Akago, der einzige überlebende Sohn und Erbe. Und da Vaters Pläne weit über Teien hinaus reichten auch der Erbe des Reiches. Alles, was er tun musste, wäre zu warten. Hakudoshi besaß nicht die dafür notwendige Geduld. Und er schon. „Dann geh wieder an dein Vergnügen. Oh, und sorge dafür, dass die Leiche gründlich entsorgt wird. Menschen reden gern und ich will die einfache Bevölkerung nicht verschrecken.“ „Ja, danke, Vater.“ Akago verneigte sich, ehe er aufstand und ging. Dieser kleine Taschendieb war seiner vollen Aufmerksamkeit eigentlich nicht würdig, aber nichtsdestotrotz diente so etwas stets seiner Weiterbildung. Naraku stand auf und reckte sich ein wenig. Die beiden Söhne spurten. Mal sehen, wer von ihnen den anderen ausstach. Jetzt wurde es Zeit, sich einmal um die verlorene Tochter zu kümmern. Dachte Kagura eigentlich, dass er sie ohne Grund als Hofdame untergebracht hatte? Der Platz war teuer genug gewesen. Und noch immer hatte sie es nicht geschafft, den Shogun von ihren Vorzügen zu überzeugen. Allerdings hatte Kanna, seine zweite Tochter, bestätigt, dass sich Kagura Mühe gab. Nun, entweder nicht genug, oder aber der gute Sesshoumaru war nicht an Frauen interessiert. Wie peinlich für den Kaiser – und was für ein Skandal, wenn das herauskam. Auch das würde er in der Hauptstadt in die Wege leiten, neben einigen anderen Kleinigkeiten. Und Kanna wäre dabei eine wichtige Hilfe. Er schätzte es immer, mehrere Spiele gleichzeitig offen zu halten, das erhöhte nicht nur seine Chancen auf den Sieg, sondern schützte ihn auch vor Entdeckung. Kleinigkeiten fielen weniger auf als eine große Aktion – und hinterließen weniger Spuren. Inu Yasha blieb stehen, als die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont kamen, und gab Kagome frei, die etwas erleichtert auch Sango losließ, die wiederum den Mönch. „Wohin müssen wir?“ erkundigte sich der Halbdämon. „Nach Westen,“ erwiderte Miroku: „Nordwesten, um genau zu sein.“ „In dieser Richtung leben auch meine Leute,“ meinte Sango: „Auf halbem Weg. Dort werden wir Zuflucht finden. Aber zuerst einmal müssen wir aus dem Bezirk Teien hinaus. Sobald Naraku deinen Ausbruch bemerkt, Inu Yasha, wird er die Jagd eröffnen.“ „Vermutlich,“ murrte der: „Aber ich werde schon damit fertig.“ „Ach, und wir?“ fragte Kagome: „Naraku mag ja denken, dass wir gefressen worden sind, aber wir existieren trotzdem.“ „Schon klar.“ Inu Yasha zuckte die Schultern: „Dann sollten wir hier keine Wurzeln schlagen.“ „Und ich habe mein Schwert und Bumerang, Kagome,“ tröstete Sango: „Damit werde ich auch mit Dämonenkriegern fertig, glaube mir. Und Miroku hier hat eine Geheimwaffe.“ Das Mädchen sah fragend zu dem Mönch. Der hob etwas die Linke: „Die Gebetskette hier ist keine Verzierung, Kagome. Geheimwaffe, nun ja. Es ist ein tödlicher Fluch, der mich früher oder später umbringen wird.“ „Redet unterwegs.“ Der Halbdämon setzte sich in Bewegung, nicht daran gewöhnt, mit anderen Leuten zu reden oder gar zuzuhören: „Die Sonne ist aufgegangen und wenn das keine Idioten sind, wird jemand bei der Wachablösung merken, dass da ein Posten fehlt.“ „Ich habe dir doch gleich gesagt, dass ein Mord keine gute Idee ist!“ fauchte Kagome prompt. „Das ist es nie!“ „Das kannst du Menschen sagen, aber nie Dämonen.“ Inu Yasha ging energisch voran: „Im Übrigen: wenn ich den Kerl nicht umgelegt hätte, wärst du jetzt schon tot.“ Das mochte stimmen, aber ….irgendwie fand sie es nicht richtig. Naraku musterte die Hauptstadt des Reiches, als er, begleitet von Dämonenkriegern, in seiner Sänfte von der dafür gedachten fürstlichen Station nach Machi getragen wurde. Bis hierher war er selbst gelangt. Der Kaiser hatte das Fliegen innerhalb der Residenz allerdings verboten – außer seinen eigenen Boten. Der Wohlstand der Metropole war kaum zu übersehen, ebenso wenig wie die Händler und Märkte. Eines musste man dem Mikado lassen: er verstand es, Handel zu fördern, Reichtum zu schaffen. Wie, das würde er wohl auch seinem Sohn beigebracht haben. Der Fürst von Teien hatte die Absicht diesen Reichtum für sich zu nutzen und den Adel, gerade die Provinzfürsten, zu entmachten. Sicher, auch er musste sich vor dem Kaiser und dem Shogun beugen, aber zuhause konnte er im Endeffekt machen, was er wollte. Entweder der Mikado hatte das übersehen oder aber eher, es war ihm gleich. Er war alt geworden, wohl auch schwach, und hatte seinem Erben die de-facto-Macht überlassen. Der Weg zur Macht führte also über den Shogun, nicht über den Kaiser, und Naraku war entschlossen, das zu nutzen. Die Sänfte wurde in den Hof seines Stadtpalais getragen. Da war ja auch seine treue Tochter. Kanna. Sie war zu jung, um als Hofdame arbeiten zu können, aber genau deswegen war sie als Spionin für ihn so erfolgreich. Niemand verdächtigte ein Kind, selbst, wenn sie einmal auffiel. Er stieg aus. „Kanna..“ „Willkommen, verehrter Vater.“ Sie klang monoton wie immer. Er wusste, dass das sozusagen ein Geburtsfehler war. Sie besaß kaum Gefühle, geschweige denn, dass sie sie zeigen konnte. „Komm, gehen wir hinein in mein Arbeitszimmer. Ich warte auf deine neusten Informationen. Kagura ist nicht hier?“ „Sie hat Dienst im Hause des Shogun.“ „Als Hofdame.“ „Ja.“ In seinem Arbeitszimmer setzte er sich: „Warum geht da nichts vorwärts?“ „Ich weiß es nicht, verehrter Vater. Kagura ist auch verzweifelt. Nichts, was sie unternimmt, scheint den Shogun zu rühren. Sie möchte nun, wenn es Euch gefällt, sehen, dass sie als Hofdame dem Mikado zugeteilt wird. Wenn der Kaiser befiehlt, muss auch Sesshoumaru gehorchen.“ Naraku dachte kurz nach: „Noch nicht. Der Einfall an sich ist zwar nicht schlecht, aber das ist noch der Plan B. Ich habe selbst eine Idee. - Du bist sicher, dass sich Kagura Mühe gibt.“ „Ja, verehrter Vater.“ „Du überwachst sie unauffällig.“ Er sah ihr hauchdünnes Lächeln: „Gut. - Betrachte in deinem Spiegel auch deine Brüder. Vor allem, Akago. Hakudoshi wird genug mit dem Ungeheuer beschäftigt sein.“ „Ja.“ „Und wirf, vor allem nachts, einmal einen Blick auf den lieben Sesshoumaru. Wenn er nicht allein liegt – wer ist bei ihm?“ „Ja.“ „Dann kannst du gehen.“ Der mächtige Shogun beachtete die Dämonen und Menschen nicht, die sich vor ihm rechts und links in den Gängen des Palastes zu Boden warfen. Er war in Gedanken. Wie jeden Abend würde er seinem Vater Bericht erstatten, was das Tagesgeschäft so ergeben hatte, gemeinsam weitere Entwicklungen besprechen. Seit geraumer Zeit, genauer nun mehr als hundert Jahren, hatte sich der Kaiser zurückgezogen, trat nicht mehr in der Öffentlichkeit auf. Vater hatte das offiziell damit begründet, dass er, Sesshoumaru an die Regierung und vor allem das Militärwesen herangeführt werden sollte. So war er auch der Befehlshaber der Armee gewesen, die das Invasionsheer des Festlandes zurückgeworfen hatte, eine Tat, die mit seinem neuen Titel belohnt worden war – und mehr Macht. Gleichzeitig war ihm jedoch klar, dass diese Macht auch Verantwortung bedeutete. Und er hätte es lieber gesehen, wenn sein Vater ihn mehr unterstützt hätte. Aber das konnte er wohl nicht. Seit langen Jahrzehnten war es, als ob ein Schatten über der Seele des mächtigsten Dämons liege. Würden Wesen seiner Art krank werden könnten, so hätte er dies vermutet. Diener rissen die Türen vor ihm auf, bis er direkt vor dem Arbeitszimmer des Mikado angekommen war. Die dort Wache stehenden Hundedämonen verneigten sich tief, ehe einer die Tür einen Spalt öffnete: „Der mächtige Shogun ersucht um Audienz.“ „Lasst ihn ein.“ So fand sich Sesshoumaru bald allein mit seinem Vater. Er verneigte sich höflich und nahm auf dessen Wink hin Platz. „Nun, mein Junge? Gibt es Wichtiges?“ „Nein. Und ja. Die Tochter des Fürsten von Teien, diese Kagura, beginnt, mir auf die Nerven zu gehen. Am liebsten würde ich sie nach Hause schicken, aber der Provinzfürst könnte das als Beleidigung auffassen.“ „Möglich. Diese Hofämter sind in der Regel teuer. Und es sollte dich nicht wundern, dass die Damenwelt hinter dir her ist. Abgesehen von der Tatsache, dass du gut aussiehst und ein starker Dämon bist – Macht macht auch sonst attraktiv.“ In der Stimme des Kaisers lag eine seltene Emotion: „Man sollte sich nie darauf verlassen. Hättest du denn eine andere im Blick?“ „Noch nicht, verehrter Vater.“ Sesshoumaru zögerte etwas, ehe er meinte: „Ihr würdet nicht in Erwägung ziehen, einmal wieder in der Öffentlichkeit zu erscheinen?“ „Ist es notwendig?“ „Es laufen im Land erste Gerüchte um, dass Ihr nicht mehr am Leben seid und ich das nur verheimliche, um weiterhin regieren zu können.“ „Diese Gerüchte werden von jemandem gestreut, der deine Erbfolge in Zweifel setzen will.“ „Davon ist auszugehen. Nur wer? Ich habe unsere Agenten darauf angesetzt. Aber es ist schwer.“ „So werden wir gemeinsam....sagen wir, einen großen Tempel einweihen. Welcher ist als nächstes fertig?“ „Ich weiß es nicht auswendig, verehrter Vater.“ „Oder, noch besser, Truppenschau halten. Falls irgendjemand Gerüchte ausstreut, sollte ihn diese kleine Machtdemonstration erst einmal ruhig stellen.“ „Das dürfte kein Problem sein. Der Kern des Heeres befindet sich momentan keine Woche von hier zu Übungszwecken. Ich werde sie zurückrufen.“ „Gut. Was liegt sonst noch an?“ Eine Stunde, nachdem ihn sein Sohn verlassen hatte, erhielt der Mikado eine Nachricht. Ein winziger Flohgeist kam durch das Fenster herein, sichtlich müde und erschöpft. „Myouga.“ „Mein Herr...“ Der Kleine sprang auf die Schulter: „Ich habe wichtige Neuigkeiten.“ „Du hast sie gefunden?“ Der Kaiser richtete sich abrupt auf. Seit fast hundert Jahren schickte er seinen Vertrauten immer wieder auf eine bestimmte Suche – aber das Reich war groß und ein Flohgeist klein. „Ja, leider, sozusagen. Sie ist tot.“ „Was....“ Er atmete tief durch: „Natürlich, Menschen sterben so schnell...Hat sie noch Verwandte? Wo hast du sie gefunden?“ „Sie war eine Prinzessin von Teien.“ „Dann ist sie mit Fürst Naraku verwandt gewesen?“ „Sicher nicht. Sie waren Menschen, die Fürsten von Teien, bis Naraku kam. Aber Prinzessin Izayoi war die Tochter des vorletzten Fürsten. Ihr Halbbruder hatte dann die Macht übernommen. Er starb und Naraku wurde Fürst.“ „Hat er...Izayoi..?“ „Nein, sie war schon tot, ehe Naraku kam. Aber, Herr.....Es hieß in den Unterlagen, dass die Prinzessin einen Sohn hatte, dessen Vater sie verschwieg. Angeblich sei er verstorben, also, der Sohn.“ Der Mikado verkrampfte unwillkürlich seine Rechte: „Einen Sohn?“ „Einen Halbdämon. Was aus ihm wurde, weiß ich nicht. Niemand im Schloss kann sich mehr an ihn erinnern, die Menschen sind tot und die Dämonen kamen mit Naraku, und es gibt auch keine weiteren Unterlagen. Allerdings auch kein Grab. Nur das von Prinzessin Izayoi.“ „Einen Sohn. Ich habe einen zweiten Sohn – und keiner weiß, was aus ihm wurde.“ Der Kaiser atmete erneut tief durch: „Als sie von hier verschwand, muss sie doch bereits gewusst haben, dass sie schwanger ist. Warum nur hat sie nichts gesagt? Ich hätte ihr doch helfen können.“ Er hätte alles für sie getan – und ihr scheinbarer Verrat, der zweite Verrat der zweiten Frau in seinem Leben, hatte ihn tief getroffen. „Herr, ich fürchte, die junge Dame meinte es gut. Eine menschliche Geliebte hätte Euch vermutlich keinen Respekt eingetragen. Und ein halbblütiger Sohn erst recht nicht. Bedenkt die dämonische Gesellschaft. Übrigens auch die menschliche. Beide stehen derartigen gemischten Verbindungen nicht sehr offen gegenüber. Und bedenkt, dass sie Euch gegenüber sich auch als einfaches Mädchen ausgab. Sie erwähnte doch nie, dass sie eine Fürstentochter wäre. Womöglich hatte sie auch Angst, dass Ihr das herausfinden könntet.“ „Wir haben uns ja auch nie offiziell getroffen.“ Auf einem seiner seltene Waldspaziergänge waren sie sich über den Weg gelaufen, dort hatten sie sich auch immer getroffen – bis sie nicht mehr gekommen war. War sie verschwunden, weil sie erfahren hatte, wer er war? Er hatte sich ihr nur mit seinem kleinen Titel als Heerführer der Hunde, vorgestellt – hatte sie irgendwie erfahren, dass er der Kaiser war? Und aus Schreck oder falsch verstandener Rücksicht ihn verlassen? Was war mit ihr dann geschehen? Und mit seinem Sohn? Sollte er Naraku fragen? Nein, eher nicht. Der war kein Mitglied der menschlichen Fürstenfamilie und was Myouga herausgefunden hatte, war alles, was man aus den Unterlagen ersehen konnte. Er müsste sich wieder mehr an der Regierung beteiligen, zum einen, um Sesshoumaru zu entlasten und das Gerede zu beenden, zum anderen, um seinen zweiten Sohn zu finden, so er vielleicht doch noch am Leben war. Aber davon sollte sein Ältester noch nichts wissen. Er schätzte Menschen nicht und würde wohl auch an einem halbdämonischen Bruder keine Freude haben. Und das war noch milde ausgedrückt. ** Es kann ein Fehler sein, seinen Kindern zu misstrauen – oder weise Erkenntnis. Kapitel 3: Tessaiga ------------------- Die vier Flüchtlinge erreichten unbemerkt die bewaldeten Täler des westlichen Teien. Hier, wo nur vereinzelt Menschen und kaum Dämonen lebten, hofften sie weiterhin in Sicherheit zu sein. Sango und Miroku hatten die Führung übernommen. Sie waren diese Wege erst vor wenigen Wochen gegangen, als sie in die Provinz gekommen waren. „Was wolltet ihr denn eigentlich bei uns?“ erkundigte sich Kagome: „Ich meine, Dämonen zu töten ist doch sicher überall verboten.“ „Dämonen schon, aber wir jagen ja nur Geister und Wurmdämonen,“ erklärte Sango etwas irritiert, ehe sie sich daran erinnerte, dass das Mädchen wohl nie aus Shuto herausgekommen war: „Dämonenjäger schützen Menschen davor. Dafür werden wir auch bezahlt. Auch Mönche, Priester und Priesterinnen machen das. Das sind keine Dämonen wie die Krieger oder auch Fürst Naraku oder gar der Shogun und der Kaiser. Eher Ungeziefer.“ „Dämonenjäger streifen durch alle Bezirke und nehmen Aufträge an,“ erläuterte Miroku weiter: „Ich bin zwar keiner, aber ich habe mich ihnen angeschlossen, da ich keine Familie mehr habe. Ich bin nicht unfähig. Und suche eine Mutter für meine Kinder.“ Er lächelte Kagome, die nicht so ganz wußte, wie sie reagieren sollte, zu und Sango funkelte ihn an. „Reiß dich zusammen. - Mach dir nichts draus, Kagome. Er spielt gern den Idioten.“ „He!“ protestierte der Mönch. „Könntet ihr mal die Klappe halten?“ Inu Yasha sah sich um und seine Begleiter schwiegen, als er sich sorgfältig orientierte. Kagome bemerkte dabei zum ersten Mal, dass seine Öhrchen auf dem Kopf wie echte Hundeohren zuckten, als er lauschte. „Was ist?“ erkundigte sich Sango leise: „Krieger?“ Der Halbdämon zuckte die Schultern, sah sie jedoch an: „Seid ihr sicher, dass ihr hier gegangen seid?“ „Eigentlich schon, warum?“ „Ein ganzes Stück vor uns liegen heiße Quellen und es stinkt nach Schwefel und anderem.“ „Ein Vulkan? Nun ja, da war etwas, ein leichtes Erdbeben, aber wir sind hier im Tal geblieben, da war nichts weiter. - Du bist sehr aufmerksam.“ Er wollte nicht zugeben, dass ihn das Lob freute und murrte nur: „Kunststück, oder? Was glaubst du, macht Naraku, wenn er einen echten Halbdämon in die Finger bekommt? Ich meine, ich weiß darüber ja immer nur das, worüber sich die Leute unterhielten, die entweder an meinem Wald Wache standen oder sonst wie in die Nähe kamen, aber er scheint nicht gerade besonders nett zu sein.“ Kagome wollte pflichtbewusst diesem Urteil über ihren Fürsten widersprechen, ehe sie bedachte, dass sie in dessen Augen eigentlich schon tot war: „Nun ja, aber wer mag es schon, wenn ein Attentat auf ihn verübt wird. Ich meine, ich habe nun einmal das Juwel kaputtgemacht.“ „Nicht nur dieses Urteil,“ meinte Inu Yasha, wollte aber anscheinend dazu nicht mehr sagen, da er sich wieder auf den Weg machte. Die drei Menschen folgten ihm. Als es Abend wurde, suchten sie sich einen Platz abseits des kaum sichtbaren Weges als Nachtlager. Der Halbdämon blieb stehen und musterte den dunklen Wald. „Was ist?“ erkundigte sich Sango: „Verfolger?“ „Nein, keine Krieger. Aber jemand ist da. Ein ganzes Stück weg, aber....“ Er zuckte etwas die Schultern: „Ich gehe mal nachsehen. Bleibt hier.“ „Ist das nicht gefährlich?“ fragte Kagome prompt, aber da war er bereits in der Dunkelheit verschwunden. „Er ist nicht gerade vorsichtig.“ „Er ist immerhin ein halber Dämon,“ meinte Sango: „Und keiner von uns weiß, wie stark er ist, was er überhaupt so kann.“ „Stimmt, er hat die Gitterstäbe einfach verbogen.“ Die Priesterschülerin erinnerte sich mit gewissem Gruseln daran. Was könnte Inu Yasha ihr antun, wenn er wollte? Zum Glück schien er doch recht nett zu sein, wenn auch vorlaut. Ihre Lehrer hätten ihm das nie so durchgehen lassen. Der Halbdämon war mit weiten Sprüngen den Berg emporgerannt, viell schneller, als er es mit seinen neuen Freunden vermocht hätte. Seine Nase verriet ihm, dass es dort außer vulkanischen Aktivitäten noch eine andere gab: es roch nach glühendem Metall, und, wenn er sich an seine Kindertage im Schloss recht erinnerte, nach einer Schmiede. Da musste ein Dämon hausen. Keinem Menschen, sei er auch Schmied, würde es doch einfallen, sich zwischen flüssiger Lava und Schwefelgasen niederzulassen. Er blieb stehen, als er in der Nacht im Schein der vulkanischen Erscheinungen vor sich ein riesiges Skelett entdeckte. In dessen Maul brannte ein Feuer und saß ein Mann, sicher ein Dämon, mit wenig Haaren, die er zu einem Zopf zusammengebunden hatte. Er hielt ein Schwert in die Flammen. In der anderen Hand hatte er einen Hammer. Inu Yasha stufte ihn als ungefährlich ein. Der Schmied sah auf: „Wer ist da?“ Er hatte ihn entdeckt? Nun, da konnte er auch mit ihm reden. Langsam schlenderte der Halbdämon näher: „Hallo, du alter Zausel.“ „Was für eine unhöfliche Begrüßung, Lausebengel! Hat dir keiner Manieren beigebracht?“ „Keh! - Arbeitest du für Naraku?“ Dann müsste er vorsichtig sein. Der Schmied ließ den Hammer sinken und legte die glühende Klinge neben die Flammen: „Ich arbeite nur für Leute, die mir gefallen. Du bist ein Hund....nein ein halber, oder?“ „Mein Vater war ein Hundedämon.“ gestand Inu Yasha murrend: „Das „halb“ kannst du vergessen, Metallbieger.“ Der winkte etwas ab: „Ich habe nichts gegen Hundedämonen. Einer meiner besten Freunde ist einer. - Ich bin Toutousai. Du hast sicher schon von mir gehört.“ „Nein, nie.“ Der Halbdämon war ehrlich, wenn auch nicht sehr höflich: „Du machst Schwerter?“ „Sieht man doch, oder?“ Der Schmied deutete auf die Hinterwand seiner Behausung, wo sechs oder sieben herumlagen, nur eines in einer Scheide. „Ich will mit ein paar Menschen in die Hauptstadt zum Kaiser. Da wäre ein Schwert recht....“ „Kannst du denn überhaupt mit einem umgehen?“ „Das schaffe ich schon,“ erklärte Inu Yasha selbstsicher: „Das kann doch wohl jeder.“ Der Schmied kratzte sich am Kopf: „Naja...mit meinen Schwertern umzugehen erfordert schon ein bisschen was. Ich bin kein Anfänger.“ Der Halbdämon seufzte: „Was willst du denn für so ein Schwert haben? Ich meine, ich habe kein Geld....Aber ich könnte dir Holz hacken oder so.“ Jetzt seufzte Toutousai: „Ehrlich, Hundebengel, für das, was ich schmiede, müsstest du dein Leben lang....“ Er drehte den Kopf: „Tessaiga?“ „Was?“ fragte sein Besuch verwirrt zurück. „Äh, gleich, Bengel, gleich.- Hm. Hundedämonenblut hast du?“ „Ja, mein Vater war einer.“ War der Alte denn völlig verrückt? „Das könnte es erklären. Na schön. Tessaiga will zu dir. Also kriegst du es. Umsonst!“ Inu Yasha betrachtete die Schwerter im Hintergrund: „Du...redest mit ihnen?“ „Natürlich.“ Das wurde ja immer merkwürdiger. Aber, wenn er ein Schwert umsonst bekommen konnte.... „Es heißt also Tessaiga?“ „Ja, das da in der Scheide. Nimm es dir.“ „Das ist ja ganz verrostet....“ murmelte der Junge enttäuscht. „Du siehst auch nur das, was du willst, Hundebengel! Das ist eines meiner mächtigsten Schwerter! Zieh es mal, aber draußen.“ Inu Yasha tat es. Zu seiner Überraschung verbreitete sich die Klinge sofort, viel größer, als sie in der Scheide Platz gefunden hätte: „Das ist ja riesig – und schwer.“ „Hör auf zu maulen. Ich schenk es dir!“ „Äh, ja, klar. Und wie wird das wieder kleiner?“ „Steck es in die Scheide zurück.“ Tessaiga hatte sich ja einen lustigen Besitzer ausgesucht. Ob das gut gehen würde? Aber Toutousai war nicht erst seit gestern ein, in der Tat recht bekannter, Dämonenschmied. Seine Klingen besaßen alle eine Seele und besondere Fähigkeiten, auch, wenn er nur wenige herstellte für noch weniger Kunden. Eine Bedingung war, dass er sie mögen würde. Die zweite, dass sein Schwert sich seinen Besitzer aussuchte. Und das hatte Tessaiga getan, auch, wenn er beim besten Willen nicht wusste, was dieser ahnungslose Halbhund damit anfangen wollte. Nun, die Geheimnisse des Schwertes würde der selbst herausfinden müssen. Oder Tessaiga es ihm zeigen, das war ja auch möglich. „Wenn du das Schwert nicht mehr brauchst, bringe es zu mir zurück.“ „Ja, das liegt dann sowieso auf dem Heimweg. Ich meine, wir wollen zum Kaiser und dann will ich wieder nach Hause.“ „Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass euch der Kaiser empfängt. Das macht er schon länger nicht mehr. Die Audienzen und die Regierung regelt der Shogun.“ „Und wer ist das?“ „Sein Sohn und Erbe. Heißt Sesshoumaru. Schon mal davon was gehört?“ „Nein. Aber ich...naja. Ich lebte etwas abseits.“ Das stimmte zwar, klang aber bei einem Gegenüber, der einsam auf einem Vulkan hockte, eigenartig. „Du weißt das...“ „Ja, ab und an kommen Freunde vorbei, aus der Hauptstadt.“ Der alte Metallbieger hatte Freunde? Bestimmt waren die ebenso kauzig wie er selbst. „Naja, jedenfalls habe ich jetzt ein Schwert.“ Inu Yasha steckte sich die Scheide in den Gürtel: „Noch etwas dazu?“ „Das wirst du schon selbst herausfinden müssen. Tessaiga kann einiges, aber das muss der Besitzer höchstpersönlich merken.“ „Keh!“ Der alte Schmied fand sich allein und rief noch hinterher: „Ein Danke hätte auch gereicht! - So ein unhöfliches Hundebaby! Warum sich wohl Tessaiga für ihn entschied?“ Immerhin war es das Beschützerschwert, dazu erschaffen, Schwächere, vor allem Menschen, zu schützen. Eines seiner Meisterwerke, dessen Zwillingsschwert in höchsten Kreisen lebte. Ups. Toutousai spürte, wie ihm kalt wurde. Das könnte noch Ärger geben. Da gab es jemanden, der zusätzlich zu seiner eigenen Klinge Tessaiga hatte haben wollen, unbedingt, und nur durch den direkten Befehl des Kaisers davon Abstand genommen hatte. Falls der Mikado dazu nicht mehr in der Lage war – was sollte er seinem Besucher dann sagen? Nun, die Wahrheit. Dann sollte der doch zusehen, ob er irgendwo das Hundebaby fand. Und er selbst sollte, sobald die Nachricht vom Tode des Kaisers eintraf, ohne Hinterlassung einer Adresse verschwinden. Die drei Menschen staunten nicht schlecht, als Inu Yasha mit einem Schwert zu ihnen zurückkehrte: „Ja, da auf dem Vulkan wohnt ein Schmied. Nennt sich Toutousai und ist anscheinend etwas verrückt. Jedenfalls schenkte er mir das Schwert hier. Heißt Tessaiga.“ „Es sieht etwas verrostet aus,“ meinte Kagome: „Das musst du wohl erst einmal putzen.“ „Ja, aber guck mal, wenn ich es ziehe...“ Die Klinge verbreitete sich rasch. „Oha, das ist ein Dämonenschwert!“ Miroku betrachtete es mit gesundem Respekt: „Zum Glück bist du ein Halbdämon und hast diese Energie. Sonst wäre die Klinge wirklich nur rostig und nutzlos.“ „Kannst du denn damit umgehen?“ erkundigte sich Sango: „Hast du schon einmal Schwertkampf geübt?“ „Nein, aber das kann doch nicht so schwer sein.“ Der Halbdämon schob Tessaiga zurück. „Nun ja.“ Die kampferfahrene Dämonenjägerin zuckte die Schultern: „Wir üben dann einfach die nächsten Tage, immer, wenn wir rasten. Dann wirst du es ja sehen. Denn ein Schwert nur spazieren zu tragen wäre absoluter Unsinn.“ „Ja, wenn du magst.“ Inu Yasha hätte nie zugegeben, dass er das sehr nett fand. Miroku nickte: „Dabei werden wir ja auch sehen, wie du es verträgst.“ „Hä?“ Für wie schwach hielt ihn dieser Mönch denn? „Ich sagte ja, ein Dämonenschwert. Und die sind oft mächtige, magische Waffen. Allerdings darf ein Mensch sie nicht auch nur tragen, denn sie fressen die Seele ihres Besitzers buchstäblich auf.“ „Na, danke.“ Der Halbdämon warf einen Blick auf seine Neuerwerbung: „Aber der alte Zausel sagte, Tessaiga habe sich für mich entschieden, da wird es mir schon nichts tun.“ „Und du bist kein ganzer Mensch,“ warf Kagome ehrlich ein: „Glaubt du wirklich, wir brauchen noch ein Schwert? Sango und Miroku sind bewaffnet....“ Die Jägerin nickte: „Vor uns liegen noch gute achtzehn Tage bis zur Hauptstadt und da wir die Straßen besser meiden sollten, oft querfeldein und durch Berge. Da leben allerlei einfache Dämonen, aber manchmal auch Banditen, menschliche oder dämonische, je nach dem, wie der zuständige Fürst mit ihnen fertig geworden ist.“ Sango seufzte etwas: „Es wäre einfacher, die Straßen zu gehen, die lässt der Kaiser bewachen. Aber da dürfte uns Naraku als erstes suchen.“ „Wie lange brauchen wir denn noch, um aus Teien zu kommen?“ erkundigte sich Inu Yasha. „Wenn wir weiter nach Norden gehen würden, müsste hinter den Bergen dort schon der Bezirk Tonoo liegen, aber das ist zu gefährlich. Da sind endlose Reis- und Teefelder, eine große Flussebene. Wir würden garantiert auffallen, und ich habe keine Ahnung, ob die Fürsten sich nicht bei der Suche nach flüchtigen Verbrechern helfen. - Besser ist es, nach Nordwesten zu gehen, hier am Fuß der Berge zu bleiben. Das bedeutet zwar, dass wir noch vier oder fünf Tage in Teien sind, aber danach kommen wir zu dem Passweg über den Takayama. Und wenn wir darüber sind, liegt mein Dorf nur noch zwei Tage weg. Dort werden wir sicher Zuflucht finden.“ „Nicht, dass ich deine Geografiekenntnisse in Zweifel ziehe, Sango, ich bewundere sie, aber...“ Der Mönch zuckte ein wenig die Schultern: „Auf dem Herweg haben wir den Takayama umgangen, weil er noch voll Schnee war.“ Eine rasche Handbewegung über Sangos Hinterteil brachte deren Finge unverzüglich mit Schwung in sein Gesicht. Ohne weiter auf den Zwischenfall einzugehen, erklärte sie: „Ja. Aber da waren wir auch nicht gesuchte Schwerverbrecher und konnten der Heerstraße nach Süden folgen. Es ist der schwere Weg, aber auch der sichere.“ „Das Gebirge des Takayama....“ Kagome dachte schon die ganze Zeit nach: „Das ist sehr hoch, nicht wahr? Und grenzt Teien nach Westen hin ab. War da nicht auch ein Sumpf oder so? Ich glaube gehört zu haben, dass kein Feind da durch kann.“ „Kein Heer, das stimmt wohl. Sie haben normalerweise Pferde dabei oder Dämonen schwere Rüstungen und Waffen.“ Sango seufzte etwas: „Nein, leicht wird es nicht, aber vermutlich haben sie auf uns – oder vor allem auf Inu Yasha - schon die Jagd eröffnet. Das hängt davon ab, ob sie annehmen, das er uns gefressen hat oder nicht.“ „Das ist gleich,“ meinte Miroku: „Wenn sie uns lebendig finden, brauchen wir uns keine Sorgen mehr um unser Leben zu machen. Dann holen sie die Todesurteile gleich und anders nach. - Schlafen wir jetzt. Wenn die Sonne aufgeht, müssen wir weiter. Irgendetwas zu essen werden wir dann schon finden für die Mittagspause. Und dann übt Sango mit Inu Yasha.“ Während sich die drei Menschen hinlegten, bemerkte Kagome, dass der Halbdämon sitzen blieb, sein Schwert samt der Scheide im Schoß: „Bist du nicht müde?“ „Keh! Ich bin kein Mensch. Irgendwann muss ich mal schlafen, aber jetzt halte ich lieber Wache.“ „Danke, das ist nett,“ murmelte sie, ehe sie so tat, als ob sie einschlief. Tatsächlich kreisten ihre Gedanken um ihre Lage, die sich in wenigen Tagen vollständig verändert hatte. Von der Priesterschülerin mit ordentlichem Lebenslauf zum Futter für ein Ungeheuer, zu einer flüchtigen Verbrecherin...und noch dazu mit einem Halbdämon unterwegs. Warum hieß es wohl so und nicht Halbmensch? Wäre er dann nicht das Ungeheuer des Waldes gewesen? Aber er hatte ja gesagt, dass es um die Macht in der Provinz gegangen war – und er nur ein Kind gewesen war. Wie gemein, solch ein Kind mit so niedlichen Ohren als Ungeheuer auszugeben. Moment mal. Wenn seine Mutter eine Prinzessin war und sein Onkel der Fürst – dann musste er doch eigentlich auch ein Prinz sein? Ein halber Menschenprinz. Auch, wenn er sich nicht so benahm und schon gar nicht so redete – aber er war ja auch lange mutterseelenallein da in dem Wald gehockt. Armer Kerl... Das war das Letzte, das sie bewusst dachte. Inu Yasha hörte nur zu gut, dass seine drei Begleiter eingeschlafen waren: ihr Atem ging gleichmäßig und ihre Herzen schlugen nur mehr leise. Sie vertrauten ihm, und das machte ihn irgendwie froh. So lange war er allein gewesen und nun waren sie zu viert. Die drei behandelten ihn nicht als Ungeheuer, eher als gleichrangig und das fand er nach den langen einsamen Jahren sehr angenehm. Gesagt hätte er es freilich nie. Er musterte sein Schwert im Schoß. Tessaiga. Dieser Metallbieger hatte ja gemeint, dass es so einiges auf der Pfanne hatte, aber anscheinend war das ein Geheimnis. Nun gut, er würde es eben herausfinden.Schließlich liefen alle Dämonen, so gut wie alle, mit Schwertern herum, da konnte es kein Problem darstellen. Immerhin besaß er ja auch Dämonenblut, Hundedämonenblut, um korrekt zu sein, und so, wie das der komische Toutousai gesagt hatte, war das noch einmal etwas Besonderes. So wanderte die Gruppe kurz nach Sonnenaufgang bereits wieder am Fuß der Berge entlang durch den dichten Laubwald Richtung Nordwesten. Mittags bereiteten Kagome und Miroku ein mageres Mahl aus Pilzen zu. Das Mädchen hatte keine Ahnung vom Leben in der Wildnis und war froh, etwas dazulernen zu können. Auch, wenn sie Mamas Küche sehr vermisste. Sango zeigte Inu Yasha unterdessen erste Bewegungen mit seinem, zugegeben, riesigem Schwert. Das störte die Dämonenjägerin allerdings weniger, schleppte sie doch einen mindestens ebenso gewaltigen Bumerang mit sich. Sie hatten gegessen und wollten weiter, als in der Ferne etwas wie Donnergrollen zu hören war – obwohl der Himmel fast wolkenlos blau glänzte. „Ein Gewitter?“ Kagome sah sich besorgt um. Nass zu werden hätte ihr jetzt wirklich noch gefehlt. „Ärger.“ Inu Yasha sog prüfend die Luft ein: „Da scheint wer zu kämpfen.“ „Dämonen?“ erkundigte sich Miroku nur: „Ich meine, weit vor uns solche Energien zu spüren. Und jetzt sind sie erloschen.“ „Scheint vorbei zu sein. Naja, liegt sowieso auf unserem Weg.“ Der Halbdämon ging voran und Kagome kam, wie schon gestern, an seine Seite, die beiden Dämonenjäger machten den Abschluss. So kamen auch ab und an leise Unterhaltungen auf. Nach über einer Stunde erreichten sie einen Platz, an dem die Bäume umgestürzt waren, zum Teil verbrannt worden waren. Inu Yasha witterte erneut. „Hier hat wohl dieser Kampf stattgefunden, den wir hörten,“ erklärte Miroku: „Das muss ganz schön zur Sache gegangen sein.“ „Ja, hier waren Dämonen, ein Kampf und...“ Kagomes Aufschrei unterbrach ihn: „Da liegt etwas!“ Sie wandte sich würgend ab, hoffend, dass es nicht das war, was sie glaubte. Sango war nüchterner und ging näher: „Das ist ein toter Fuchsdämon. Er wurde förmlich gegrillt – und jemand hat ihm sein Fell abgezogen.“ „Füchse sind stark in ihrer Magie.“ Miroku kam zu ihr: „Wer immer ihn umgebracht hat, war kein Dämon vom letzten Haken.“ „Das Fell abgezogen...“ flüsterte Kagome entsetzt. Natürlich wusste sie, dass Pelze getragen wurden, von Menschen und Dämonen, aber... „Und seht nur, da ist doch Blut?“ Der Halbdämon kam zu ihr: „Ja, Fuchsblut. Und die Spur von zwei Dämonen, die sich hier anscheinend in Luft aufgelöst haben. Naja, eher sind sie wohl geflogen. Da an den Bäumen hängt eine Witterung...“ Sango und Miroku kamen ebenfalls herüber: „Blut?“ sagte die Dämonenjägerin: „Dann muss noch ein zweiter Fuchs hier gewesen sein. Der dort konnte sicher nicht mehr bluten.“ „Entweder die Füchsin oder ein Kind.“ Miroku sah in den Wald: „Soweit ich weiß, schätzen es Fuchsdämonen nicht, außerhalbt der engen Familie zu leben. Jedenfalls ist das frisches Blut, also, eines Lebenden.“ „Ein Kind?“ Kagome war alarmiert: „Das entführt wurde? Dem müssen wir helfen.“ Inu Yasha schüttelte den Kopf: „Keh, wenn du hier alle retten willst, kommen wir nie in die Hauptstadt.“ „Da hat er Recht,“ sagte Miroku: „Was glaubst du, warum es solche Dämonenjäger wie Sango und ihre Familie gibt? In den Wäldern hausen manche recht unnetten Wesen.“ „Aber ein Kind!“ setzte sie nach. „Inu Yasha, denk doch dran, als man dich allein im Wald ausgesetzt hat und hier ist kein zaun, der ihn beschützt – und die hier haben noch seine Mutter oder seinen Vater ermordet!“ „Keh! - Na schön, gucken wir nach. Aber nur diesmal!“ „Danke.“ Sie umarmte ihn froh – und merkte dann sein Erstarren: „Äh, schon gut....“ Natürlich war der arme Kerl nicht gewohnt, dass ihn jemand anfasste. Sango nahm ihren Bumerang: „Aber, Kagome, das heißt, Kampf. Wer auch immer den Überfall hier begangen hat, wird nicht begeistert sein, wenn ihm die Beute entrissen werden soll.“ „Ja, ich fürchte es ja auch...Und ich bin weder bewaffnet noch eine Kämpferin. Na schön, ich werde mich bemühen, euch nicht im Weg herumzustehen.“ Sie warf allerdings einen Blick auf den Halbdämon. Der hatte doch vorhin das erste Mal so etwas wie Schwertübung bekommen. Ein ausgebildeter Kämpfer war etwas anderes. Aber dazu sollte sie wohl besser nichts sagen. Es würde für die beiden Dämonenjäger schwer genug werden – nur, weil sie ihren Dickkopf durchgesetzt hatte. Hoffentlich ging alles gut. Inu Yasha lief voran, die Nase hoch im Wind und versuchte, die kaum wahrnehmbare Spur der Entführer zu folgen. Wer war denn so feig und machte sich an eine Mutter mit Kind heran? Oder auch Vater mit Kind? Eine Jagd, um etwas Fressbares zu finden war das sicher nicht gewesen, sonst hätten sie den getöteten Dämon nicht da liegen lassen. Ein ganzes Stück bergauf endete der Wald und der Halbdämon blieb unter den letzten Bäumen stehen. Seine Gefährten schlossen auf. Vor ihnen lag ein grünbewachsener Hügel und ein großes Haus, das man fast als Schloss hätte durchgehen lassen. Um das Schloss allerdings wirkte die Wiese an vielen Stellen wie verkohlt, als habe jemand Blitze dort gezielt einschlagen lassen. „Das gibt Ärger,“ murmelte Sango: „Solche Attacken kenne ich nur von wenigen Dämonen. Und zwei davon sollen hier in Teien leben. Die Donnerbrüder. Sie sollen schon einiges auf dem Kerbholz haben, wurden aber nie gefasst oder abgeurteilt.“ „Klar, wenn sie sich hier in der Einöde verstecken.“ Miroku nickte und fasste seinen Mönchsstab fester: „Wer soll sie hier auch finden.“ „Keh!“ Inu Yasha musterte das Haus: „Wir haben sie gefunden. Die Donnerbrüder, also?“ „Ja. Ihre Namen fallen mir gerade nicht ein, aber sie arbeiten mit Blitzen, also, zumindest einer von ihnen.“ Sango ließ ihren Bumerang von der Schulter gleiten, als ein Schrei aus dem Haus zu hören war, der jammernde, klagende Aufschrei eines Kindes. „Papa!“ Jemand lachte und Inu Yasha presste die Zähne zusammen: „Das wird mir hier echt zu bunt. Denen zeige ich es!“ „Was hast du denn für einen Plan?“ erkundigte sich Kagome. „Na, ich geh hin, bring die Typen um und hole den Kleinen.“ Die Dämonenjäger und Kagome sahen sich kurz an, ehe Miroku meinte: „Das geht bei dir ja wie das Brezelbacken – du denkst schon daran, dass die Donnerbrüder den Kleinen als Geisel haben?“ Daran hatte der Halbdämon in keinster Weise gedacht, murrte aber nur: „Und deiner?“ „Kagome...sie ist ein Mensch und unbewaffnet, verfügt aber über eine gewisse spirituelle Macht. - Wenn du blumenpflückend über die Wiese gehst, müssten sie eigentlich auf dich aufmerksam werden. Inu Yasha, du könntest sie beschützen und Sango und ich schnappen uns den anderen Donnerbruder oder noch besser den kleinen Fuchs.“ „Ich soll den Köder spielen?“ Kagome war nicht begeistert. „Es war deine Idee, den Fuchs herauszuholen!“ knurrte der Halbdämon sofort. „Und ich passe schon auf dich auf, keine Panik.“ „Ja, schon gut.“ Es war ihre Idee gewesen, das stimmte, und nun musste sie auch mitmachen. Tief einatmend machte sie sich auf den Weg. ** Ein Irrtum, ein berühmtes Schwert einem Unbekannten auszuhändigen - mit Folgen. Kapitel 4: Die Donnerbrüder --------------------------- Kagome war sehr aufgeregt, als sie scheinbar harmlos über die Wiese schlenderte. Sie wusste zwar Inu Yasha hinter sich, im Wald , und ihr war auch klar, dass sich die beiden Jäger von der anderen Seite an das Haus heranpirschen würden, aber diese Zwei hatten keine Deckung außer der Ablenkung durch sie. Und alles, was sie von den beiden Dämonen, die hier hausten, gehört hatte, war nichts, was sie beruhigen konnte. Sie musste sich vor Augen halten, dass in dem Haus ein verzweifelter kleiner Fuchs war, ein entführtes Kind, um sich zusammenzunehmen. Solch ein Abenteuer kannte sie nur aus Büchern. Sie war bemerkt worden, das wusste sie. Der Energie der Dämonen vor ihr war angestiegen. Sie hatte so etwas nur sehr selten gespürt, aber das musste es sein. Miroku hatte ja schon gemeint, dass sie spirituelle Fähigkeiten besaß, nun ja, in ihrer Ausbildung als Priesterin hatte es bessere Schülerinnen in dieser Hinsicht gegeben, Kikyou und Kaede, zum Beispiel. Tatsächlich trat ein junger Mann aus dem Haus, einen Stab in der Hand. Sie starrte ihn überrascht an. Er sah nicht schlecht aus, fand sie, und seine Kleidung war recht vornehm – aber solche Stäbe besaßen eigentlich nur Mönche. War er einer? Nein, das war doch ein Dämon? „Ein Mensch, noch dazu ein Mädchen! Na, das wird meinen kleinen Bruder aber freuen.“ Kleiner Bruder? War das die Kinderstimme gewesen, die sie gehört hatten? Hatten sie sich geirrt und es war gar kein Fuchs entführt worden? Sie war erstarrt stehengeblieben. Näher heran durfte sie wohl nicht, um nicht zu weit von Inu Yasha weg zu sein, der ja hinter einem Baum versteckt war. „He, Manten, guck mal, wer uns hier auf dem Präsentierteller begegnet.“ Ein zweiter Dämon trat aus dem Haus, wesentlich hässlicher als der Ältere, dachte Kagome. Aber, was sie so erschreckte, war die Tatsache, dass er ein Fuchsfell um die Hüfte gebunden hatte – und ein Fuchskind am Schwanz mit sich trug. Der Kleine schien zu weinen. War das etwa das Fell seiner Mutter oder seines Vaters? Sie spürte, wie ihr heiß vor Zorn wurde. „Ein Mädchen, tatsächlich, Hiten. Und guck nur, wie viele Haare sie hat.“ Kagome griff sich unwillkürlich an ihren schwarzen Schopf. Ja, der jüngere der Donnerbrüder hatte praktisch keine mehr, aber wieso interessierten ihn ihre? „Du wirst gut schmecken,“ verkündete Hiten. „Und mein kleiner Bruder kann deine Haare sicher gut brauchen.“ „Träum weiter!“ fauchte sie prompt, zumal sie erleichtert bemerkte, dass sich Sango und Miroku schon auf der anderen Hausseite befanden. Sie würden gleich diesen Manten überfallen können, um den kleinen Fuchs zu retten. Alles, was sie noch tun musste, war, zu verhindern, dass die Donnerbrüder in diese Richtung sahen. Was trieb eigentlich Inu Yasha? In der nächsten Sekunde bekam sie die Frage beantwortet. Hiten hob seinen Stab und starrte hinter sie. Fast im gleichen Moment landete der Halbdämon neben ihr. „Hier wird niemand gefressen!“ Inu Yasha hatte Tessaiga gezogen, willens, die Dämonenbrüder von Sango und Miroku abzulenken, und natürlich vor allem von Kagome. Hiten sah ihn spöttisch an: „Verhebst du dich nicht etwas an diesem großen Schwert?“ „Lass das mal meine Sorge sein, Blödmann. - Kagome, geh zur Seite.“ Zu seiner Verwunderung gehorchte die Priesterschülerin, die er bislang nicht unbedingt als folgsam erlebt hatte. „Oh, dein Schätzchen? Wie ungewöhnlich. Ein Dämon und ein Menschenmädchen. - Nein, du bist ja gar kein Dämon, nur was Halbes und nichts Ganzes. Na, das hier wird schnell vorbei sein und dann werde ich mir die Kleine schmecken lassen.“ „Man, so viele Irrtümer in einem Satz!“ Inu Yasha warf nur einen Blick zum Haus, wo Sango sich bereit machte, ihren Bumerang zu werfen, ehe er sich dem Älteren der Donnerbrüder zu wandte. Der hob seinen Stab. Also war das eine Waffe. Nur, welche? Verteidigung oder Angriff? Einen solchen Kampf hatte er nie zuvor bestritten – nun, eigentlich gar keinen, außer der Übung mit Sango. Im nächsten Augenblick erfuhr er es schmerzhaft. Aus dem Stab schossen Blitze auf ihn zu, die trotz seines an sich feuerfesten Gewandes Brandwunden verursachten. Er taumelte etwas zurück. „Das ist mein Blitzstab!“ Hiten hatte erfreut bemerkt, dass diese halbe Portion anscheinend keine Ahnung von einem Schwertkampf unter Dämonen hatte, geschweige denn seine Blitze abwehren konnte. Schon jetzt zeigten sich auf dessen roten Gewand schwarze Brandflecken. Erstaunlich genug, dass der noch stehen konnte. Da konnte er mit ihm noch etwas spielen, ehe er sich die Kleine schnappte. Das würde für ihn sicher ebenso amüsant sein wie für seinen kleinen Bruder. Vor dem Haus sah Manten mit einem gewissen Lächeln dem Kampf seines älteren Bruders zu. Keiner hatte eine Chance gegen diesen und seinen Blitzstab, das war ihm klar, und so schwenkte er den kleinen Fuchs an seinem Schwanz, um ihn, ohne auf dessen Wehklagen zu achten, unter den Arm zu klemmen. „Hör schon auf, es ist gleich vorbei. Und dann ist zuerst dieses schwarzhaarige Mädchen dran, dann erst du. So viele schöne Haare....“ Im nächsten Moment traf ihn etwas schmerzhaft am Kopf. Er taumelte seitwärts und fing sich nur mühsam ab, dabei das Fuchskind fallen lassend. „Mist,“ murmelte Sango, die ihren Bumerang geworfen hatte. Der Kerl hatte einen stabileren Kopf, als sie angenommen hatte. Das war nur gestreift gewesen. Der kleine Fuchs sah sich ängstlich, ja, panisch, um und rannte dann einfach los, auf Kagome zu. Hoffentlich würde die ihn einfangen, dachte die Dämonenjägerin noch, ehe sie bemerkte, dass Manten sie entdeckt hatte. Sie musste wieder zu ihrem Bumerang und das schnell, war er doch die einzige Fernwaffe, die sie besaß. Ihr Schwert würde bedeuten, nah zu ihm heran zu müssen. Was hatte der Dämon denn eigentlich? Er hielt sich den Kopf, aber nicht, als ob er schwer verletzt wäre... Da schrie, eher grollte, er: „Meine Haare! Du hast meine letzten Haare ausgerissen! Dafür werde ich mir deine nehmen!“ Das klang nicht gut, dachte Sango. Wo blieb eigentlich Miroku? Der hatte sich um das Haus schleichen sollen, um dann Manten von hinten anzugreifen. Trotz aller lästigen Eigenschaften war er ein wirklich zuverlässiger Kampfpartner. Inu Yasha hatte gesehen, dass Sangos Angriff den kleinen Fuchs befreit hatte, und war etwas erleichtert, dass der zu ihm und der abseits stehenden Kagome rannte. Das wäre schon mal geschafft. Jetzt musste er nur noch mit diesem Idioten hier fertig werden, der ihm mit seinen Blitzen schon einige recht schmerzhafte Verletzungen zugefügt hatte. Für die beiden Dämonenjäger sollte es doch eigentlich kein Problem sein, diesen Manten zu erledigen, den zumindest in die Flucht zu schlagen. Er hatte nicht mit der Fähigkeit des zweiten Donnerbruders gerechnet. Der starrte wütend um sich herum, ehe eine helle Kugel aus seiner Hand auf den fliehenden Fuchsdämon geschleudert wurde. Der und auch Kagome stürzten zum Erschrecken des Halbdämons zu Boden und blieben regungslos liegen. „Verdammt!“ knurrte er. Hiten warf einen Blick seitwärts: „He, Manten!“ schrie er, ohne sich umzudrehen: „Wieso lässt du denn den Kleinen hier frei herumlaufen?“ „Ich will das andere Mädchen haben, großer Bruder,“ gab der zurück und rannte zu Sango, die ihr Schwert zog. Wo steckte nur ihr Partner? Inu Yasha sah sich etwas nervös um. Kagome und Shippou schienen ohnmächtig, dieser dämliche Manten hatte Sango soeben das Schwert aus der Hand geschlagen und sie gegen die Hauswand befördert. Auch die Jägerin war zumindest halb bewusstlos. „He, ich bin dein Gegner, du halbe Portion!“ Hiten schien amüsiert: „Gleich mit zwei Mädchen hier aufzutauchen war ein echt nettes Geschenk für uns!“ „Keh!“ Besorgt erkannte der Halbdämon im Rücken seines Widersachers, dass sich der jüngere der Donnerbrüder über Sango gebückt hatte und auf dem besten Weg war, die zu erwürgen. Aber da kam ja endlich Miroku... Er musste jetzt selbst zusehen, dass er mit diesem Hiten fertig wurde und dann den Jägern helfen. Trotz aller Fähigkeiten, die sie haben mochten – sie konnten Wurmdämonen erledigen, aber nicht Dämonen einer so hohen Klasse wie die Donnerbrüder. Sie waren schließlich Menschen. Da musste schon er ran, allein um Kagome und den kleinen Fuchs zu schützen, die sich zu regen begannen. So lief er mit erhobener Klinge auf den älteren der Dämonenbrüder zu, der den Schlag mit seinem quer gehaltenen Stab abfing. Miroku bog um die Ecke und betrachtete die Lage mit gewissem Erschrecken. Inu Yasha kämpfte gegen einen Dämon und machte keine sonderlich gute Figur, ja, schien verletzt zu sein. Kagome und das Fuchskind waren bewusstlos – und der andere Bruder war gerade dabei, Sango zu erwürgen. Seine Partnerin versuchte, die Hände von ihrer Kehle zu entfernen, aber hatte gegen einen Dämon keine Chance. Warum dachte sie nicht an das Gift, das sie bei sich hatte? Panik? So kannte er sie gar nicht. Oder half es nichts? Aber jetzt war erst einmal wichtiger ihr Luft zu verschaffen. Ohne weiter nachzudenken ging der Mönch näher und ließ seinen Stab mit aller Kraft auf Mantens Kopf niedersausen. Der gab sein Opfer tatsächlich frei und fuhr herum: „Noch einer!“ knurrte er. Sango holte tief Atem, für einen Moment unfähig sich zu rühren, ehe ihr hartes Training sie aufstehen ließ, noch keuchend, aber bereits wieder ihr Schwert in der Hand. Manten schlug Miroku so hart, dass der Mönch nur noch gegen die Hauswand flog. Mit einem Knurren, zufrieden, den Störenfried beseitigt zu haben, wandte er sich wieder seinem Opfer zu, als er erkennen musste, dass sie ihm ihre Klinge in die Brust stieß. Er brach zusammen. „Gib schon auf, Bastard!“ sagte Hiten derweil, der von den Geschehnissen in seinem Rücken nichts mitbekommen hatte, da ihn Inu Yasha permanent zur Ablenkung attackiert hatte. „Wieso? Die Hälfte von euch Brüdern ist schon mal erledigt!“ „Wa...“ Hiten jagte eine Welle an Blitzen auf seinen Gegner, ehe er sich umdrehte: „Manten! Ihr habt meinen kleinen Bruder umgebracht!“ Er wollte auf Sango und Miroku zulaufen, als ihm der Halbdämon in den Weg sprang: „Hiergeblieben. Ich bin dein Gegner.“ „Keiner von euch kommt hier lebend davon,“ knirschte der Dämon: „Mein kleiner Bruder....dafür werdet ihr alle teuer bezahlen.“ Mit einem weiten Sprung kam er auf seinen Widersacher zu und holte mit dem Stab aus. Mehr instinktiv packte Inu Yasha Tessaiga mit beiden Händen um den Angriff abzuwehren. Funken stoben, als der Blitzstab auf das Metall traf, aber der Halbdämon gab nicht nach, hielt Kraft gegen Kraft. Das hing hier jetzt von ihm ab. Immerhin hatten die beiden ihren Part schon mal gut erledigt. Er konnte sich doch nicht von Menschen hintenansetzen lassen. Kagome richtete sich auch wieder auf, den kleinen Fuchs im Arm, Sango und Miroku kamen herangelaufen, schienen aber unsicher, ob sie ihm helfen sollten. Bloß nicht! Das wäre ihm dann doch zu peinlich. Immerhin besaß er doch jetzt ein richtiges Dämonenschwert! Mit einer gewaltigen Anstrengung stieß er Hiten von sich. Der taumelte nur kurz zurück, ehe er sich in die Luft erhob. „He, was...“ brachte Inu Yasha noch hervor, ehe er erkannte, dass der vor Wut rasende Dämon erneut seinen Blitzstab hob. Und er wusste in diesem Moment, wohin der Angriff gehen sollte: auf seine Gefährten und das kleine Fuchskind. Wie sollte er das abwenden? Tessaiga war zwar kein rostiges altes Schwert, aber eben nur ein Schwert... Er sah den Schatten, noch ehe er begriff, dass Sango erneut ihren riesigen Bumerang geworfen hatte, gezielt auf Hitens Füße. Der verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Im nächsten Augenblick war der Halbdämon über ihm und schlug mit aller Kraft zu. Der Donnerbruder fing den Angriff mit dem quer gehaltenen Stab ab. Funken sprühten, als erneut die Kraft eine vollblütigen Dämons gegen Inu Yashas stand. Aber dieser hatte einen Vorteil: Hiten lag nun auf dem Boden, er stand über ihm und so konnte er weitaus mehr Druck einsetzen. Unter der massiven Krafteinwirkung brach sogar der Blitzstab. Inu Yasha fiel fast vornüber, aber da traf Tessaiga auch schon Hiten. Für die Zuschauer sah es so aus, als ob dieser sich in Funken auflöste. Keuchend drehte sich der Halbdämon um: „Alles klar?“ „Ja, danke,“ sagte Kagome höflich, die den kleinen Fuchs noch immer im Arm hielt: „Bei dir auch?“ „Äh, ja.“ Das Fuchskind sprang zu Boden und richtete sich zu seiner vollen Größe auf: „Ich bin Shippou. Und ihr seid die komischsten Leute, die hier je durch unseren Wald liefen. Mönch, Priesterin, was auch immer du bist und....naja, du bist ja bloß ein halber Dämon.“ „Na, für die Donnerbrüder hat es wohl gereicht,“ knurrte Inu Yasha prompt, der sein Schwert wegschob und möglichst unauffällig seine Verletzungen überprüfte: „So was von vorlaut.“ Shippou hatte unterdessen erneut das Fell um die Hüfte des toten Manten gesehen und wurde merklich bedrückter: „Können wir...das da mitnehmen? Das ist von meinem Papa. Sie haben ihn...“ Kagome bückte sich und strich tröstend über die Fuchsohren: „Wir haben ihn gefunden. Ja. Bringen wir es ihm und dann begraben wir ihn, in Ordnung?“ Sie ging mit dem Fuchsjungen hinüber, während Sango ihren Bumerang aufsammelte und Miroku wachsam die Gegend betrachtete. Inu Yasha sah zu der Jägerin: „Ich hätte vorher nie gedacht, dass eine Menschenfrau so ein Ding so locker herumwerfen kann.“ „Jahrelange Übung. Und so schwer ist er auch nicht.“ Sie schwang ihn sich über die Schulter: „Er sieht massiver aus als er ist. Er besteht aus Dämonenknochen.“ „Hm.“ „Nein, sicher von keinem Hundedämon. Wir jagen doch nur diese einfachen, du weißt schon...“ beruhigte sie prompt: „Dann gehen wir und beerdigen Shippous Vater. Und dann nehmen wir ihn erst einmal mit. Der Kleine kann unmöglich hier allein zurückbleiben. In diesem Bergwäldern wird ihn jeder Dämon, der ihn trifft, umbringen.“ Kagome und Shippou,, die mit dem Fell zurückkamen, hatten es gehört. „Oh, ich kann schon was,“ sagte der kleine Fuchs: „Fuchsfeuer und einige andere Attacken.“ „Aber du willst hier kaum allein bleiben, oder? Wo ist denn deine Mutter?“ erkundigte sich die Priesterschülerin. „Sie ist tot, schon vor einigen Jahren. Die hier...“ Er deutete auf die Überreste der Donnerbrüder: „...sagten, sie hätten sie umgebracht, aber...aber das haben sie bestimmt nur gesagt, um mich zu ärgern, oder?“ „Ich weiß es nicht, Shippou,“ gab Kagome bedrückt zu „Hör zu. Wir wollen in die Hauptstadt des Reiches. Vielleicht finden wir auf dem Weg andere Füchse, bei denen du dann bleiben kannst. Oder in der Hauptstadt gibt es ein Waisenhaus für Dämonen oder sonst etwas. Komm nur erst einmal mit uns.“ Shippou warf einen sichtlich zweifelnden Blick auf Inu Yasha, der empört aufschnaufte: „Naja, dann habt ihr wenigstens mehr dämonischen Schutz. Der da ist ja nur ein halber Dämon, ich bin ein richtiger.“ „Halt bloß die Klappe, Kleiner. Dir gehört wohl mal der Hintern versohlt!“ „Inu Yasha!“ sagte Kagome empört: „Er hat gerade seinen Vater verloren!“ „Das ist kein Grund auf mir herumzuhacken.“ Beleidigt drehte sich der Halbdämon weg und ging. Die anderen folgten ihm mit leisem Lächeln. Wie konnte er sich nur von so einem kleinen Kind so ärgern lassen, ja, dessen Worte für ernst nehmen? Hakudoshi, der momentane Regent von Teien, ließ sein weißes Pferd anhalten. Dessen brennende Hufe verrieten nur zu deutlich, dass es sich um kein sterbliches Wesen handelte. Die ausgesandten Später kehrten zurück und er konnte ihnen schon ansehen, dass sie wieder nichts brachten. Verdammt. Das gab es doch gar nicht. Das Ungeheuer aus dem Todeswald war ausgebrochen und hatte keinerlei Spuren hinterlassen? War es so schlau? Direkt an dem Wald hatten Vaters Krieger ein derart Durcheinander an Spuren hinterlassen, dass selbst Hundedämonen die Spur nicht mehr finden konnten, zumal es zwischenzeitlich geregnet hatte. Alles, was man gefunden hatte, waren am Waldrand Fußabdrücke – fast wie von einem Menschen und doch mit Krallen und anderen Zeichnungen. Keiner hatte damit etwas anfangen können, aber das musste die Spur des Ungeheuers sein. Keine Morde in den umliegenden Dörfern, keine zerrissenen Tiere. Entweder dieses Ungeheuer war nach den drei Menschen noch so gesättigt oder aber verflixt vorsichtig. Gleich. Er musste es finden. Fürst Naraku hatte angedeutet, dass das eine Prüfung für ihn sein sollte, und wenn er künftig über Teien regieren wollte, musste er dieses Wesen im Triumphzug nach Shuto bringen und seinem Vater ausliefern. Vorher brauchte er dort gar nicht mehr zu erscheinen. Akago, sein ach so lieber Zwillingsbruder, wartete sicher nur auf einen Fehler seinerseits. Sie hatten sich noch nie vertragen, dazu waren sie sich zu ähnlich, beide zu ehrgeizig in Vaters Nachfolge. Und Akago würde Vater jeden seiner Fehler genüsslich auflisten – das konnte ihm im Zweifel den Kopf kosten. „Hakudoshi-sama...“ sagte einer der Späher. „Hast du etwas über das Ungeheuer?“ „Ich habe eine Idee.“ Es sprach für die Nervosität des nominierten Erben der Provinz, dass er nur sagte: „Ich höre.“ Gewöhnlich hätte er jeden einen Kopf kürzer gemacht, der ihn einfach so anzusprechen wagte. „Da niemand weiß, wie das Ungeheuer aussieht oder auch, wie intelligent es ist – wäre es nicht möglich, dass es sich in einsame Gebiete flüchten will, wo weder Menschen noch Dämonen leben? Das Bergland im Nordwesten, an der Grenze zu Tonoo wäre gut dafür. Oder auch die Sumpfgebiete am Takayama.“ Hakudoshi dachte kurz nach. Wenn das Ungeheuer einigermaßen intelligent war, würde es in der Tat die Wesen meiden, die es eingesperrt hatten, also Dämonen. Menschen dagegen würde es als Nahrung benötigen. Doch, der Idiot hatte recht. Berge oder Sümpfe würden einen gutes Versteck abgeben, von wo aus Dörfer überfallen könnte. Und da gab es einige am Rande des Großen Sumpfes. Direkt im Nordwesten lebten keine Menschen. „Gut. Ihr geht nach Nordwesten und sucht dort im Bergland. Dort leben fast keine Menschen und wenig Dämonen, womöglich findet ihr dort die Spur wieder. Dann geht ihr weiter in Richtung auf die Sümpfe. Wenn das Ungeheuer dort ist, treibt ihr es vorwärts. Ich selbst werde mit sieben Kriegern zum Takayama und den Sümpfen dort gehen, euch dann entgegen. Im besten Fall haben wir das Monster zwischen uns. Ich denke nicht, dass es Teien verlässt. Es kennt sich nicht aus und wird eine gewisse Nähe zu Shuto bewahren wollen.“ Sollte es Teien jedoch verlassen und in den benachbarten Bezirken Massaker anrichten....oh nein, soweit wollte er nicht denken. Vater würde ihn sicher fallenlassen und scheinbar zerknirscht sich an den Kaiser wenden, um dessen Hilfe bei der Jagd bitten. Nein, das würde schon nicht passieren. Er drehte sich um: „Bankotsu, ihr kommt mit mir.“ Der Shogun war mehr als überrascht, als die Tür seines Arbeitszimmers ohne jede Vorankündigung aufgerissen wurde. Es konnte nur eine Person geben, die kam – und Vater hatte seine Räume seit Jahren nicht mehr verlassen. Aber er verneigte sich hastig vor dem eintretenden Mikado. Auf dessen Wink wurden sie allein gelassen und er setzte sich. „Du hast Recht, Sesshoumaru.“ „Ja?“ Sein Sohn richtete sich etwas überrascht auf. „Wenn schon Gerüchte über meinen Tod umlaufen ist es ein Fehler, sich weiter in Trauer zu vergraben.“ In Trauer? Das war das erste Mal, dass sein Vater den Grund erwähnte, warum er sich so schlagartig zurückgezogen hatte. „So werdet Ihr wieder Politik betreiben, verehrter Vater?“ „Sagen wir, ich werde in der öffentlichen Wahrnehmung öfter erscheinen. Und, du hast bislang die Arbeit recht gut hinbekommen. So will ich mich um das kümmern, das man gern vergisst. Die Provinzfürsten.“ „Keiner gab Anlass zur Sorge.“ „Sicher. Aber ich vermute, das wäre nur zu dämonisch oder menschlich, dass sie zuhause einiges treiben, was sie hier verschweigen. Und es wäre nur gut, sie fester an uns, dich, zu binden.“ Sesshoumaru hatte durchaus die Zusage seines Vaters gehört, ihm weiterhin die Zügel der Macht zu lassen: „Natürlich. Ihr seid der Inu no Taishou, der Mikado. Und ich bin Euer loyaler Sohn.“ „Bis auf einen Punkt.“ „Ihr habt meine Mutter lebendig begraben. Nicht, dass ich etwas dagegen sagen möchte...“ „Findest du nicht, dass lebendig begraben ein etwas harter Ausdruck ist? Wenn ich mir allein ihre Schneiderrechnungen der letzten Monate ansehe? Sie lebt, in allen Annehmlichkeiten, wenn auch abseits.“ „Nicht am Hofe, ja, nicht einmal in einer Stadt.“ „Du weißt, warum.“ Der Shogun wusste es in der Tat. Sie hatte versucht, ihn bereits vorzeitig auf den Thron setzen zu können, als Vater mit einem Kriegszug gegen die Nordinsel beschäftigt gewesen war. Er selbst war damals noch zu klein gewesen, aber natürlich hatte man ihm die Gerüchte erzählt, sie habe versucht den Kaiser umzubringen. Ihm gegenüber hatte sie das geleugnet, aber Vater hatte sie verständlicherweise verbannt. Immerhin nicht töten lassen, obwohl er das Recht dazu gehabt hätte. Anscheinend hatte er an der Mordtheorie doch einige Zweifel gehabt. Nun, sie lebte in einem Schloss, umgeben von Dienern und alles, was ihr verboten war, war Kontaktaufnahme mit jemandem in der Hauptstadt. Selbst mit ihm, auch, wenn er alle zehn Jahre einmal das Bedürfnis verspürte, sie zu sehen. Vater erlaubte ihm diese Besuche auch – aber inzwischen wusste er, dass sie immer wieder versuchte, über ihn zurückzukehren. Sie bot sich ihm für die Zukunft als Beraterin an. Klug war sie, ohne Zweifel, aber solange Vater lebte würde daraus sicher nichts werden. War das der Zwischenfall gewesen, auf den der Kaiser angespielt hatte: aus Trauer habe er sich zurückgezogen? „Wie Ihr wünscht,“ sagte er jedoch nur. Sollte sich Vater um die Provinzfürsten kümmern – die wären zwar kaum begeistert, würden danach aber sicher spuren. ** Im nächsten Teil betrachten wir Fürst Naraku und seine Pläne, während Hakudoshi dem Ungeheuer des Todeswaldes nachjagt... Kapitel 5: Fürst Naraku ----------------------- Als Kagura, die Tochter des Provinzfürsten von Teien, in dessen Palais in der Hauptstadt Machi zurückkehrte, wurde ihr bereits beim Hineingehen gesagt, dass ihr Vater eingetroffen sei und sie umgehend zu sehen wünschte. Mit einem unbehaglichen Gefühl ließ sie sich in seinem Arbeitszimmer anmelden. Naraku war niemand, der Versagen duldete. Er sah auf: „Ah, meine teure Tochter....Was soll denn bitte diese weiße Feder hinter deinem Ohr?“ Sie nahm sie ab: „Nach der neuesten Hofmode ist das das Zeichen, dass man in jemanden sehr verliebt ist, eine geheime Liebe.“ „Du versuchst es beim Shogun.“ „Euer Befehl.“ „Ich bin durchaus erfreut, dass du dir Mühe gibst, Kagura. Aber das genügt nicht. Hast du eine Rivalin, an der er mehr Interesse zeigt?“ „Nein, sicher nicht. Ich habe aufgepasst, aber er beachtet alle Hofdamen ungefähr so wie die Wandschirme.“ „Hat er einen engen Vertrauten? Womöglich jung, gut aussehend...“ Er bemerkte ihr unwillkürliches Lächeln: „Was?“ Sie zuckte erschreckt zusammen. Vater war niemand, den man ungestraft verärgerte. So beeilte sie sich zu erklären: „Sein engster Vertrauter und Leiter seines Haushaltes ist ein Krötendämon, keinen halben Meter hoch und sicher viel älter als Sesshoumaru. Er ist fast immer allein. Allerdings ist sein Vater heute bei ihm gewesen.“ Naraku merkte auf: „Der Kaiser? Ich dachte, diese Besuche gehen immer andersherum.“ „Was besprochen wurde, weiß ich nicht, aber das Arbeitszimmer des Kaisers wurde heute wieder möbliert.“ „Sollte sich der von seiner mysteriösen Krankheit erholt haben? Wie...bedauerlich. - Wann hast du wieder Dienst bei Hofe?“ „Erst in einigen Tagen, da soll ein großer Empfang stattfinden. Ihr werdet wohl auch eine Einladung erhalten haben.“ „In der Tat, ja. Das wäre eine gute Gelegenheit, einmal wieder alte Freunde zu treffen. Du kannst gehen.“ Kagura verneigte sich höflich, ohne ihre Erleichterung zu zeigen. Vaters Strafen konnten mehr als unangenehm werden – im schlimmsten Fall tödlich. Aber das war sein Recht. Naraku lehnte sich zurück und nahm sich die aufgelaufene Post vor. Wenn er nicht in der Hauptstadt weilte, wurde diese ihm einmal im Monat nach Teien geschickt. Einladungen, privat und im Kaiserpalast, einige Angebote von Händlern.... Hm Sein ursprünglicher Plan, Kagura sollte den Shogun heiraten, dieser dann plötzlich und unerwartet das Zeitliche segnen und er, Naraku, sich vom Kaiser als neuer Thronfolger adoptieren lassen, schien zu scheitern. Kagura war unfähig – oder Sesshoumaru einfach nicht an Frauen interessiert. Noch oder überhaupt? Das musste er überprüfen. Im letzteren Fall gäbe es einen Skandal, der sich gewaschen hatte. Unter Umständen würde ihm jeder die Fähigkeit absprechen, das Reich zu lenken. Nun, das wäre eine Sache. Die zweite wäre ein militärischer Plan, ein echter Aufstand. Dazu benötigte er allerdings Unterstützung durch mindestens einen anderen Provinzfürsten. Wer war dumm genug, mitzumachen und anzunehmen, der neue Kaiser zu werden, besaß die notwendigen Ressourcen und Krieger? Allein hätte er mit dem recht bäuerlichen Teien keine Chance gegen den Shogun und das kaiserliche Dämonenheer, das hatte ihn die Niederlage seiner Verbündeten vom Festland gelehrt. Und da war nicht einmal der Mikado selbst dabei gewesen. Das war auch noch ein neuer Punkt. Dieser schien sich wieder mehr an der Regierung beteiligen zu wollen – schlecht. Sesshoumaru war unerfahren, aber das konnte man vom alten Taishou sicher nicht sagen. Man müsste den Kaiser ablenken, auf eine völlig falsche Spur setzen – oder den Shogun, am besten beide. Überdies konnte das bedeuten, dass man nicht nur mit dem guten alten Inu no Taishou als Strategen rechnen müsste, sondern auch mit dessen Schwert – das wäre das Dümmste, was man tun könnte: das Höllenschwert zu vergessen. Da gab es doch so eine schwarze Priesterin, die für Geld zu vielem zu haben war...Wie hieß sie nur? Tsubaki? Aber zunächst einmal benötigte er einen dummen, reichen Verbündeten. Ryuichi? Der besaß eine heiratsfähige Erbin namens Abi. Aber mit diesen Vögeln war schon immer schwer auszukommen gewesen. Der Fürst selbst ging ja, aber seine Ehefrau, die die eigentliche Herrin war, neigte eher zu Massakern unter Menschen – nun, hatte geneigt, ehe der Kaiser selbst bei ihnen aufgekreuzt war. Sie würden Abi überdies nie nach auswärts verheiraten – und wenn doch, so könnte er sicher sein, dass sie eine Falle für ihn aufgebaut hatten. Nein, die waren keine Option. Kato? In dessen Provinz gab es Erzbergwerke – also die Möglichkeit der Waffenherstellung. Er hatte einen Sohn, aber auch eine Tochter namens Yura. Wenn er die für seinen Erben, Hakudoshi oder Akago, vorschlug, als Zeichen seiner Verbundenheit? Kato war relativ naiv und stand auf Schmeicheleien, an denen er selbst wohlweislich in dne letzten Jahren nicht gespart hatte, Aber vor allem lag dessen Provinz Nakamura ziemlich in der Mitte des Reiches – ideal, wenn man kleine Raubzüge durchführen wollte. Nun, das würde freilich die Aufmerksamkeit des Shogun erregen, aber in einer Bergprovinz gab es sicher auch genügend Fallen für unter Umständen erfolgende Strafexpeditionen. Kato. Er sollte überprüfen, ob sich dieser im Moment in der Hauptstadt befand oder erst zu dem großen Empfang eintreffen würde. Und sich jetzt erst einmal höflich und pflichtgemäß bei dem Shogun vorstellen. Nur nichts tun, was überflüssige Aufmerksamkeit auf ihn und seine Pläne lenken würde. Womöglich könnte er dabei auch heraushören, inwieweit der gute Sesshoumaru doch an seiner Tochter interessiert war – und, warum der Taishou auf einmal wieder regieren wollte. Fürst Naraku gab zu, ein wenig überrascht zu sein, als ihm Audienz beim Kaiser höchselbst genehmigt wurde. Hatte Kagura wirklich Recht und dieser wollte sich wieder aktiv in das Geschehen einmischen? Das wäre zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt. Ablenkung war in der Tat von Nöten. Aber zuerst einmal sollte er seine Pflicht tun. So verneigte er sich tief und nahm dann erst auf den Wink des Herrschers Platz. Für eine Weile schwieg dieser und Naraku musste an sich halten, nicht aufzusehen. Aber das hätte der Etikette widersprochen und soweit er wusste, war der alte Hundedämon vor ihm da ebenso rigoros wie sein Sohn. „Ich bin erfreut, Euch einmal wiederzusehen, Fürst Naraku.“ „Danke, oyakata-sama.“ „Die Pflichten als Fürst von Teien nehmen Euch wohl viel in Beschlag. - Ihr habt ohne Zweifel von dem Empfang in den nächsten Tagen gehört. Ich hoffe, Ihr werdet mit Eurer gesamten Familie erscheinen, Ehefrau und Kindern.“ Das war ein versteckter Befehl. Naraku verneigte sich höflich, während seine Gedanken rasten: „Ich bitte untertänigst um Entschuldigung, dass dies nicht möglich ist. Meine Gemahlin...ich bin unverheiratet. Momentan,“ ergänzte er eilig. Das fehlte noch, den Taishou auf die richtige Idee zu bringen, dass das nicht seine Kindern sondern nur seine Abkömmlinge waren, entstanden aus ihm selbst. Das war schlicht verboten. „Und meine Söhne halten sich zur Zeit in meiner Provinz auf. Selbstverständlich werde ich mit beiden Töchtern erscheinen.“ „Es wäre an der Zeit, Euren Erben bei Hofe einzuführen.“ Worauf wollte der Kaiser nur hinaus? Dieses Gerede von seiner Familie....hatte Kagura doch Erfolg gehabt? „Ja, in der Tat, oyakata-sama. Sobald ich weiß, welcher meiner Zwillingssöhne der Geeignetere für diese Position ist, werde ich ihn unverzüglich vorstellen. Ich hoffe, dies wird sich bald zeigen. Ich habe beide einer gewissen Prüfung unterzogen, ehe ich abreiste.“ „Ihr seid seit gut fünfzig Jahren der Fürst von Teien, der erste dämonische, wenn ich mich Recht entsinne.“ „Ja. Nach dem Aussterben der menschlichen Fürstenlinie sahen die Dämonen und Menschen in mir, dem ehemaligen Ratgeber des verstorbenen Fürsten, die Möglichkeit, eine geregelte Regierung weiterzuführen. Es gab keine Einsprüche.“ Oder hatte sich doch einmal jemand beschwert? Unwahrscheinlich. Er schottete die Provinz seit seiner Machtübernahme ab. „Und die menschliche Fürstenlinie ist ausgestorben? Erstaunlich. Menschen sind doch recht fruchtbar.“ Was interessierte den Kaiser denn plötzlich Teien? Naraku wusste, er bewegte sich auf dünnem Eis: „Der vorige Fürst besaß nur zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen, letzterer von einer Nebenfrau, also nicht voll erbberechtigt. So übernahm er die Regentschaft für seine Schwester. Eine Frau konnte ja unmöglich regieren. Nach ihrem plötzlichen Tod, man munkelte allgemein, sie sei an Liebeskummer gestorben, da sie als Prinzessin von Teien ihren Geliebten nicht heiraten konnte, übernahm er dann das Fürstenamt. Als eine Epidemie in Shuto ausbrach, starb auch er.“ „Ihr seid sicher.“ Izayoi war aus Liebeskummer gestorben? Aber warum hatte sie sich nicht an ihn gewandt? Um ihn zu schützen, wie es Myouga vermutete? „Ja.“ „Ich hörte, Prinzessin Izayoi habe einen Sohn bekommen. Was wurde aus dem?“ Naraku wurde kalt. Welcher Idiot... „Ich...das weiß ich nicht, oyakata-sama. Als ich an die Regierung kam, lebte kein Junge im Schloss, nun, nicht einmal, als ich Berater wurde. Sicher nicht. Der verstorbene Fürst war das letzte Familienmitglied.“ Das konnte er mit gutem Gewissen behaupten. Der Kaiser dachte mit undurchdringlichem Gesicht nach. Izayoi hatte einen Sohn bekommen, seinen Sohn. Was war mit ihm nach dem Tode seiner Mutter geschehen? War der Onkel so weit gegangen den erbberechtigten Jungen umzubringen? Schon gleich zweimal, weil er ein Halbdämon war? Naraku log nicht, das wäre seiner feinen Hundenase nicht entgangen. Aber der war nervös. Nun gut, das war nur zu verständlich. Derartige Fragen beinhalteten ein gewisses Misstrauen. „So gibt es keinen weiteren Erbaspiranten und Ihr könnt Eure Söhne ohne Sorge als Nachfolger einsetzen.“ „Mit Eurer Zustimmung, oyakata-sama...“ beteuerte Naraku höflich. Was sollte dieses Gespräch? Wollte der Kaiser wirklich nur den familiären Hintergrund erfahren, um zu wissen, ob Kagura als mögliche Ehefrau für seinen Sohn in Betracht kam? Oder hatte er noch ganz andere Dinge gehört? Aber er ließ doch nicht einmal Händler durch... Die Dämonenjäger waren auch beseitigt. Niemand konnte..sollte..nein. Er musste ruhig bleiben. Es war sicher alles harmlos und nur seine Pläne ließen ihm diese Reden in anderem Licht erscheinen. „Natürlich. - Dann geht. Wir sehen uns bei dem Empfang.“ „Danke, oyakata-sama.“ Der Fürst von Teien wagte erst aufzuatmen, als er die offiziellen Räume des Mikado verlassen hatte. Nun, an dem Empfang hatte er so oder so teilnehmen wollen. Er sollte aufhören, sich Gedanken um Gesagtes zu machen. Der Herrscher hatte keine Ahnung, konnte keine haben, dass er beim Tod des verstorbenen Fürsten nachgeholfen hatte. Bei der Prinzessin war das nicht nötig gewesen. Sie war so schon buchstäblich verblüht. Er selbst hatte ja ihren Bruder im Verdacht, da nachgeholfen zu haben, aber zu dieser Zeit war er nicht im Schloss gewesen, ja, nicht einmal Berater, und hatte nur den Tratsch darüber später mitbekommen. Einen Sohn? Sie hatte also einen unehelichen Sohn gehabt? Gleich. Dieser besaß kein vollgültiges Recht auf Teien und selbst, wenn sich eines Tages jemand für diesen ausgab, so war das keine Gefahr für ihn als amtierenden Fürsten, als Dämon, nun ja, Halbdämon gegen einen Menschen. Er ließ sich zurück in sein Stadtschloss tragen und sandte einen Diener aus, der überprüfen sollte, ob sich Provinzfürst Kato zur Zeit in der Hauptstadt aufhielt. Die Wahrscheinlichkeit war hoch. Derart große Empfänge waren selten und ein Fürst würde samt seiner Familie schon einen guten Grund brauchen nicht zu erscheinen. Warum hatte Sesshoumaru das angesetzt? Um seine Verlobung anzukündigen oder um die Rückkehr seines Vaters zu feiern? Hatte der Shogun bereits vor Wochen gewusst, dass der Taishou wieder mitspielen wollte? „Oh, und ich brauche noch einen zweiten Boten. An eine ...äh, junge Dame außerhalb. Ihr Name ist Tsubaki. Er bekommt die Adresse von mir, sobald ich den Brief geschrieben habe.“ Natürlich würde er ihr nicht schriftlich geben, dass er von ihr einen netten kleinen Zauber benötigte, ein bestimmtes Schwert nicht ziehen zu können, es in der Scheide sozusagen fest zu schweißen. Nie etwas Schriftliches, keine Beweise hinterlassen, das hatte ihm bislang Erfolg gebracht. Aber einer Einladung, zumal mit ein wenig Gold versehen, würde die schwarze Priesterin nicht widerstehen können. Und sie war die fähigste menschliche Zauberin von der er auch nur je gehört hatte. Gegen das Höllenschwert selbst hätte sie wohl keine Chance, aber die Scheide war bestimmt etwas anderes. Miroku beobachtete Sango, die seit den drei Tagen auf der Flucht sichtlich daran Spaß fand, den Halbdämon das Kämpfen mit dem Schwert beizubringen. Er selbst konnte das nicht und spürte eine vage Regung von Eifersucht. Er schätzte die Tochter des Anführers der Dämonenjäger, aber ihm war auch klar, dass sie einen ihres eigenen Stammes heiraten würde und müsste. Es war sowieso schon mehr als freundlich gewesen, dass die Dämonenjäger ihn, den heimatlosen Wandermönch, aufgenommen hatten, wohl um seiner Austreibungsfähigkeiten Willen. Da der Anführer bald bemerkt hatte, dass er und Sango gut harmonierten,hatte er sie auch immer wieder gemeinsame Aufträge gesandt. So auch nach Teien. Dort hatte er zum ersten Mal Sango zittern gesehen – nun, auch er selbst war wohl nicht so ruhig gewesen, wie er es sich gewünscht hätte. Niemand blieb jedoch unbeteiligt wenn er verfüttert werden sollte – auch, wenn sich das sagenhafte Ungeheuer des Todeswaldes als vorlauter, aber eigentlich ganz friedlicher Halbdämon entpuppt hatte. Davon war kaum auszugehen gewesen. Mischwesen zwischen Menschen und Dämonen sollte es zwar immer wieder geben, waren aber selten – und überlebten noch weniger, sei es, dass es „Unfälle“ durch Dämonen gab, aber oft starben sie noch als Baby durch die so unterschiedlichen Körper. So hatte er es jedenfalls in seiner Ausbildung gelernt. Umso erstaunlicher war es, dass Inu Yasha sich mit seinem Körper ganz gut zurechtfand. Er war zwar stärker als ein Mensch, schneller, und sein Aussehen hatte einige un-menschliche Teile wie die Ohren oder die Fangzähne, aber er konnte eigentlich als Mensch durchgehen. Fast, korrigierte sich Miroku, als er den hohen Sprung bemerkte, mit dem der Halbdämon auf die Jägerin zukam und sein riesiges Schwert durchzog. Sango parierte mit jahrelang antrainierte Geschicklichkeit und wich zurück: „Ja,“ rief sie: „So ist es schon ganz gut. Du musst nur deine Klinge noch höher halten, wenn du kannst.“ Dieses Tessaiga sah ganz schön schwer aus. Aber wenn sie es in der Hand hatte wirkte es nur wie eine verrostete Klinge. Ohne dämonische – oder halbdämonische - Energie zeigte es nichts von seinen Fähigkeiten. „Keh! - So? Ich bin doch kein Schwächling!““ fragte er zurück: „Und, Kagome, ist das Essen endlich fertig?“ „Gleich,“ gab die zurück, die den Braten auf dem Feuer gemeinsam mit dem kleinen Shippou bewachte. Zuerst war sie etwas entsetzt gewesen, von dem Halbdämon ein Wildschwein samt Fell vorgelegt zu bekommen, aber Sango und Miroku hatten es fachgerecht ausgenommen und zum Braten hergerichtet und sie wollte nicht als heikel dastehen. Immerhin hatte Inu Yasha etwas zu Essen besorgen können, das war wichtig. Und noch schienen sie nicht verfolgt zu werden. Sie durfte nicht vergessen, dass sie eine Verbrecherin war, der es gelungen war, dem Todesurteil zu entkommen. Da musste man schon Kompromisse machen. Zum Glück war der kleine Fuchsdämon wirklich nett und sie fühlte sich an einen jüngeren Bruder erinnert. Souta. Wie es dem und dem Rest ihrer Familie wohl ergangen war? Hoffentlich hatte sich Fürst Naraku nicht an sie gehalten – aber nein, er würde ja denken, dass das Ungeheuer des Todeswaldes auch sie gefressen hatte. Inu Yasha. Ja. Er war etwas schroff, oft genug fühlte sie sich durch seine Bemerkungen geradezu beleidigt, aber Sango hatte wohl recht. Wenn der arme Kerl tatsächlich Jahre dort einsam in dem Wald gesessen hatte – mit wem hätte er auch nur reden sollen? Miroku stand auf, nicht unbedingt wegen des Essens, sondern, weil er glaubte, unten im Tal zwischen den Bäumen etwas gesehen zu haben: „Still!“ befahl er und die anderen vier kamen prompt zu ihm. „Was ist?“ erkundigte sich die Dämonenjägerin, die in den zwei Jahren Zusammenarbeit gelernt hatte ihm zu vertrauen. Bis auf die Tatsache, dass er seine Finger nicht bei sich behalten konnte, war er eigentlich in Ordnung. Und er akzeptierte ja ihre Ohrfeigen auch wortlos. „Ich dachte, ich hätte da unten etwas blitzen sehen. Dort, im Tal.“ „Metall?“ Sango war sofort alarmiert: „Verfolger?“ Es war nichts mehr zu sehen. „Und wir haben Feuer an!“ Inu Yasha drehte sich um: „Wenn das Dämonen sind, riechen sie es.“ „Kagome, Shippou, macht es aus,“ sagte Miroku sofort: „Schnell. Wenn es Dämonenkrieger sind, können das nur Narakus Leute sein.“ Während die beiden gehorchten, meinte der Halbdämon: „Shippou könnte doch nachsehen gehen. Ein Fuchskind – da denkt keiner an uns.“ „Du kannst doch nicht den Kleinen in Gefahr schicken!“ protestierte Kagome prompt. Shippou richtete sich auf: „Das ist doch keine Gefahr für einen wirklichen Dämon!“ Er warf einen Seitenblick zu Inu Yasha: „Das bekomme ich schon hin. Und die Gegend hier kenne ich noch gut. Ich bin viel schneller als einer von euch.“ „Gut,“ meinte Sango versöhnlich: „Dann lauf in das Tal und sieh nach, ob das Dämonenkrieger sind, wie viele, und vielleicht auch, wohin sie gehen.“ „Aber passe auf dich auf!“ warnte die Priesterschülerin noch, dann war das Fuchskind verschwunden. Sie wandte sich an den Hauptschuldigen: „Inu Yasha, bist du von allen Geistern verlassen? Du kannst doch nicht den Kleinen zu Kriegern schicken!“ „Keh! Der ist ein Fuchs, hier ist sein Wald. Selbst, wenn sie ihn sehen werden sie ihn nicht jagen, sondern denken, dass er sich nur aus Neugier angeschlichen hat. Wenn sie dagegen einen von uns sehen würden, wäre sonst etwas los.“ „Da hat er tatsächlich Recht, Kagome,“ meinte Miroku: „Shippou ist übrigens ja wirklich ein vollwertiger Dämon, und er kann sich sicher auch gut im Wald verstecken. Dämonenkinder werden anders erzogen und sind anders als Menschen.“ Sie wusste, dass sie sich damit zufrieden geben musste, warf dem Halbdämon jedoch noch einmal einen bösen Blick zu. Shippou wusste tatsächlich, wie er sich verstecken konnte. Ein Stück Wegs vor den Kriegern verwandelte er sich in einen, wenn auch etwas großen, Pilz. Nur der buschige Schwanz verriet noch, dass hier ein Fuchsdämon stand. Seine neuen Freunde wurden von Fürst Naraku gesucht? Was die wohl angestellt hatten? Sie waren doch so nett, hatten ihn befreit und Papa begraben, ja, die beiden Donnerbüder getötet, die schon lange hier die Gegend unsicher gemacht hatten. Eiwei, das waren ja vierzehn Männer, alle bewaffnet. Und alle hinter Kagome und den anderen her? „He, Miro!“ schrie der zweite nach vorne: „Wann müssen wir abbiegen?“ „Bald. Da läuft ein alter Handelspfad nach Nordwesten,“ gab der erste zurück: „Aber ich finde hier bislang keine Spuren von einem Ungeheuer.“ „Dann nehmen wir den Handelspfad, wenn der zu den Großen Sümpfen geht.“ „Ja, tut er. Aber Menschen ziehen hier schon längst keine mehr lang. Keine Spuren, keine Witterung.“ „Wir jagen auch keine Menschen sondern das Ungeheuer des Todeswaldes.“ Sie gingen weiter und der kleine Fuchs verwandelte sich zurück, ehe er so schnell und steil wie möglich den Berg wieder emporraste, zu seinen Freunden. Diese hatten das gebratene Fleisch schon eingepackt und warteten nur auf ihn. Keuchend berichtete er. „Das Ungeheuer? Keh!“ machte Inu Yasha und verschränkte die Arme: „Haben die etwa vor mir Angst?“ „Immerhin scheinen sie nicht mitbekommen zu haben, dass wir drei noch leben.“ Kagome bückte sich: „Ich trage dich, Shippou. Du bist ja so müde.“ „Jedenfalls sollten wir uns beeilen.“ Sango warf einen Blick in den Wald: „Wir befinden uns auf diesem alten Handelspfad. Wenn wir abweichen wollen, müssten wir uns buchstäblich durch die Wildnis schlagen, das ist viel anstrengender und zeitraubender. Wenn sie dort unten abbiegen, wie wir gestern, haben wir einige Stunden Vorsprung. Aber anscheinend haben sie Fährtenleser dabei, jedoch keine Hundedämonen.“ „Dann gehen wir hintereinander, Inu Yasha voran,“ riet Miroku: „Drei menschliche Spuren müssten die deinen dann etwas verwischen. - Wie weit ist es noch zum Pass, Sango?“ „Zwei Tage sicher, je nach dem, wo dieser Weg bei den Sümpfen endet.“ „Dann mal los.“ Der Halbdämon ging bereits voran. Er verspürte nicht die mindeste Lust den Dämonen in die Finger zu fallen. Das Beste, was er da von Naraku erhoffen konnte, wäre, dass der ihn wieder in den Wald einsperrte. Im schlimmsten Fall würde der Fürst von Teien in ihm einen Konkurrenten um die Macht sehen – und das wäre tödlich. Es war zwar nicht gesagt, dass in anderen Provinzen ein Halbdämon willkommener wäre, aber zumindest bei den Dämonenjägern schien es da keine Vorurteile zu geben. Ausgerechnet. Hakudoshi betrachtete das riesige Sumpfgebiet vor sich mit gewisser Verzweiflung. Nicht, dass es ihm etwas ausgemacht hätte – sein Pferd konnte fliegen, aber der Bewuchs und der unsichere Boden würden es einem Ungeheuer nur zu leicht machen sich hier zu verstecken. Er drehte sich zu den sieben Kriegern um, die ihn hierher begleitet hatten, Spezialisten ihrer Gattung. Obwohl sie menschlichen Ursprungs waren, waren sie fast so stark wie Dämonen, mindestens. Er wusste nicht genau, was sein Vater mit ihnen gemacht hatte, sicher war er nur darin, dass sie Teile des von Kagome zersplitterten Juwels in sich trugen. Und das war wohl die Ursache für ihre Stärke – und noch etwas anderes, das er nicht benennen konnte. „Bankotsu.“ Der Anführer kam heran: „Ja, Hakudoshi-sama?“ „Wie groß ist dieser Sumpf?“ Bankotsu unterdrückte seine Bemerkung, warum er sich besser auskennen sollte als der Erbe dieses Gebietes: „Soweit ich weiß, reichen die Sümpfe nach Norden und nach Westen bis zu den Bergen. Und es sollen die größten Sümpfe des gesamten Reiches sein.“ „Ein ideales Versteck für ein Monster, also. Der Fluss, der sie schafft....daran liegen auch Dörfer. Teilen wir uns. Jemand von euch geht mit mir und ich suche den östlichen Rand ab. Welche von euch gehen nach Westen. Dann müssten wir uns im Norden, das ist am Fuß des Takayama, wieder treffen. Und welche von euch suchen die menschlichen Dörfer ab, ob jemand ein Monster gesehen hat.“ „Ja.“ Bankotsu wandte sich um. Nun, in menschliche Dörfer konnte er kaum jemanden seiner Leute schicken, die fielen auf. Das würde er wohl lieber selbst machen. „Jakotsu, du bleibst bei Hakudoshi-sama“ ergänzte er hastig die Höflichkeitsanrede. Der Kerl sah so harmlos aus, aber er war immerhin der Erbprinz. Und er hatte schon gesehen, dass der ohne jede Mühe Dämonen geköpft hatte. „Ich gehe in die Dörfer. Allein. Ihr anderen kontrolliert den westlichen Rand des Sumpfes. Und passt auf. Mancher von euch ist ziemlich schwer, nicht dass ein Unglück passiert.“ Sein Blick streifte Ginkotsu, der eher an einen mechanischen Wagen denn an einen menschlichen Krieger erinnerte, Zeichen vergangener Zeiten. Nicht alle seine Männer waren über diese Aufteilung begeistert, vor allem Jakotsu nicht, der Hakudoshi wenig leiden konnte. Aber keiner sagte etwas, dazu hatte Bankotsu die Zügel zu straff in der Hand. ** Das nächste Kapitel bringt die Flüchtigen zum Großen Sumpf und damit in die Klemme, während Fürst Naraku daran geht, seinen Plan B in die Tat umzusetzen. Kapitel 6: Am Großen Sumpf -------------------------- Fürst Naraku besuchte seinen Amtskollegen Fürst Kato von Nakamura bereits am folgenden Vormittag. Kanna hatte ihm mit Hilfe ihres magischen Spiegels berichten können, was seine Söhne zuhause trieben. War es auch nicht erfreulich, dass es Hakudoshi noch immer nicht gelungen war, das Monster wieder einzufangen, so gab er sich doch Mühe. Das sprach für ihn. Akago versuchte sich unterdessen als Verwalter – was er auch ganz ordentlich machte. Wenn die beiden gewusst hätten, dass ihr Erzeuger keinesfalls plante auch nur einen von ihnen zum Erben einzusetzen, wären sie kaum so eifrig gewesen. Aber der Fürst hatte seine Abkömmlinge aus gutem Grund illegal erschaffen: sie glaubten, seine Kinder zu sein, waren darum loyal, und waren auch leicht zu beseitigen, wenn sie überflüssig geworden waren. Nicht einmal Kanna ahnte, dass er ihre Leben jederzeit beenden konnte. Höflich verneigte er sich leicht vor Kato. Dieser war ein dunkelhaariger Katzendämon mittleren Alters. „Mein lieber Naraku, wie erfreulich, dass Ihr mich aufsucht. Setzt Euch doch. Ich vermute, Ihr seid wegen des Empfanges nach Mashi gekommen?“ „Natürlich. Das wird das Ereignis des Jahres. Es ist schön, wieder einmal alle zu sehen. Darf ich mich bei dieser Gelegenheit nach Eurer Familie erkundigen?“ „Oh, danke, alles passt. - Und bei Euch? Keine neue Fürstin in Sicht?“ „Ach nein. Ihr wisst, ich habe bereits mehrere Kinder, aus dem Alter bin ich raus.“ Naraku lächelte freundlich: „Allerdings wäre es an der Zeit, dass diese heiraten.“ „Ihr habt zwei Töchter und zwei Söhne, nicht wahr?“ „Ja, wobei Kanna noch zu jung für derartige Pläne wäre. Kagura ist dagegen in heiratsfähigem Alter.“ „Ich werde sie ja bei dem Empfang sehen und gewiss erfreut sein.“ Ah, lief er da offene Türen ein? „Und ich wäre meinerseits erfreut, wenn Ihr mir Eure Kinder vorstellen würdet.“ „Natürlich.“ „Nun zu etwas Geschäftlichem....“ Der Katzendämon lächelte sanft: „Auch Heirat ist ein Geschäft, mein lieber Naraku. Nun, was wünscht Ihr“ „Waffen und Rüstungen.“ Mal sehen, wie der Provinzfürst reagierte. Kato starrte ihn an: „Wie meint Ihr?“ Überrascht, aber kein Protest? Nun, dann konnte er, wenn auch behutsam, weitergehen: „Oh, wie auch Ihr, verfüge ich über ein kleines stehendes Heer aus Dämonenkriegern, die auf meine Kosten mit Waffen und Rüstungen ausgestattet werden. Und meine Vorräte gehen zuneige.“ „Ach so, ja, natürlich. Kein Problem. Ihr seid gewiss in der Lage den üblichen Preis zu bezahlen. Obwohl Teien ein bäuerliches Land ist, verfügt Ihr doch über größere Mittel.“ „Man kann auch aus Bauernland etwas machen.“ Naraku hütete sich, von seinem erfolgreichen Schmuggelunternehmungen auf das Festland zu berichten. „Ihr habt gewiss auch Krieger?“ kam er auf sein eigentliches Anliegen zurück: „So ein mächtiger Fürst wie Ihr...“ „Ja, natürlich, die volle Anzahl, die das kaiserliche Gesetz gestattet,“ beteuerte Kato prompt. „In der Tat. Ob dem Kaiser je aufgefallen ist, dass man sein Gesetz umgehen könnte? Immer die volle Anzahl Krieger zu besitzen, diese gegen unerfahrene auszutauschen und so weiter? Er scheint sowieso in der letzten Zeit krank geworden zu sein, man sah ihn angeblich nicht einmal mehr.“ „Ja, das hörte ich auch. Selbst diese Invasionsabwehr kommandierte Sesshoumaru. Seither ist er ja der große General, Taishougun.“ „Ich war nicht dabei, sandte nur Krieger.“ Einige, nicht die volle Anzahl, unter dem Vorwand, dass auch Teien eine Küste hatte und er sicher gehen wollte, dass hier keine Landung stattfände. Tatsächlich hatte er keine Lust verspürt gegen seine Verbündeten zu viele Leute zu verlieren. Kato lächelte in sichtbarem Stolz: „Oh ja. Ich war selbst dabei. Meine Krieger kommandiere ich immer selbst.“ „Das habe ich von einem so mutigen und kriegerischen Fürsten wie Euch auch erwartet. Ich hoffe, Ses....der Kronprinz hörte auf Euren erfahrenen Rat?“ Nun, eher nicht, der junge Hund war sehr von sich eingenommen. Kato schnaubte etwas: „Er hörte mir nicht einmal zu, von Rat ganz zu schweigen. Seine Taktik war überaus primitiv: einfach drauf. Leider hatte er damit Erfolg, ich meine, natürlich war es schön, dass er das Reich so gerettet hat.“ „Natürlich.“ Naraku lächelte ein wenig mitfühlend: „Wie bedauerlich, dass ein so erfahrener Krieger und Fürst vornehmer Herkunft von einem so jungen Prinzen derart missachtet werden kann. Hoffen wir, dass der Kaiser noch ein langes Leben hat. - Wenn ich mich nicht irre, seid Ihr doch sogar mit dem Kaiserhaus verwandt?“ „Dass Ihr das noch wisst, schmeichelt mir. Ja, meine Gemahlin war eine Tochter des damaligen Kaisers, ehe der Inu no Taishou, der jetzige, es wurde.“ „Er hatte eben die ältere der Schwestern geheiratet.“ Und damit den Vorrang erhalten. „Ja, darum ging es.“ Katos Ton ließ keinen Zweifel daran, dass er sich durchaus als ebenbürtig gefühlt hatte. Der Fürst von Teien atmete auf. Das klang ganz so, als ob er unter dem Vorwand weiterer Hochzeitsverhandlungen den guten Kollegen zu Hochverrat bringen konnte. Natürlich hatte er keine Sekunde im Sinn seinen Verbündeten als Kaiser einzusetzen. Waren der Taishou und Sesshoumaru erledigt, mussten auch Kato und sein Sohn daran glauben. Dann hätte er freie Hand, wenngleich diese dann auch etwas röter geworden wäre. Aber man konnte eben kein Omelett machen ohne Eier zu zerschlagen. Schließlich wäre er sonst auch kaum Fürst geworden. Und jetzt sollte er zusehen, dass er sein Treffen mit Tsubaki pünktlich einhielt. Die schwarze Priesterin war da überaus eigen. „Ist das unheimlich!“ Kagome drückte unwillkürlich den kleinen Fuchsdämon näher an sich, als die Flüchtigen den Rand des Großen Sumpfes erreichten. Es war kühl geworden am Nachmittag und dichte Wolken verhüllten die Sonne. Hinzu kam hier eine höhere Luftfeuchtigkeit, die von den Nebeln herrührte, die sich über dem Morast drehten. Sie fror in der dünnen Priesterinnenkleidung. Inu Yasha bemerkte mit einem Seitenblick ihr Zittern und zog ohne ein Wort sein rotes Oberteil aus, hängte es ihr um. Sie starrte ihn überrascht an, da sie nicht mit einer solchen Hilfsbereitschaft gerechnet hatte – immerhin war er doch das Ungeheuer aus dem Todeswald. „Das ist aus dem Haar von Feuerratten,“ erklärte er und zupfte seine helle Unterbekleidung zurecht: „Schützt wie eine Rüstung und hält warm.“ „Danke,“ sagte sie verlegen. Das hatte noch kein Junge für sie getan: „Aber wird dir jetzt nicht kalt?“ „Keh! Ich bin ein Halbdämon, kein schwacher Mensch.“ Damit war es auch schon mit ihrer Dankbarkeit vorbei. Bevor sie einen Kommentar abgeben konnte, der kaum freundlich gewesen wäre, lenkte jedoch Miroku ab – und wurde praktisch: „Sango, wie geht es hier weiter?“ Die Dämonenjägerin deutete nach links: „Dort irgendwo muss der Takayama liegen. Kannst du Felsen wittern, Inu Yasha?“ Der hob den Kopf: „Nein. Hier stinkt alles nach diesem Sumpf. Aber da ist etwas anderes....Ich kann nur nicht sagen, was. So etwas habe ich noch nie gerochen.“ Keiner der drei Menschen oder auch der kleine Fuchsdämon wunderten sich darüber, dass er nichts weiter in die Nase bekam. Je länger sie hier standen, umso intensiver wurde der faulige Geruch des gewaltigen Morastes vor dem sie standen. „Gehen wir lieber“, meinte denn Sango auch: „Unsere Verfolger sind sicher nicht mehr weit hinter uns. Wir haben letzte Nacht Pause gemacht, sie nicht.“ „Vielleicht doch,“ gab Inu Yasha zurück. „Es sind Dämonenkrieger, die brauchen doch keinen Schlaf.“ „Aber Fährten bei Dunkelheit suchen können nur Hundedämonen und Verwandte.“ Er wandte sich jedoch ab: „Na, gehen wir. Ich habe keine Lust auf ein Zusammentreffen mit gleich vierzehn von Narakus Männern.“ Er ging voran, zwischen den Ausläufern des Waldes und denen des Sumpfes, die anderen folgten im Gänsemarsch, denn viel Platz gab es hier nicht. Immerhin schien es sich um einen weiteren alten, zugewachsenen Pfad zu handeln. Ob hier einst Menschen mit Eseln entlanggegangen waren? Kagome ließ Shippou los, um sich das Gewand des Halbdämons überzuziehen. So waren auch ihre Arme bedeckt. Zudem war es einfach noch warm von seinem Körper und irgendwie wurde ihr anders. Es roch so...angenehm. Sie sah voran. Er ging da und schien nicht zu frieren, betrachtete aber immer sorgfältig den Boden, ehe er den nächsten Schritt machte. Wohl zu Recht. Immer wieder merkten sie, dass das scheinbare Gras unter ihren Füßen nachgab, voll mit Wasser gesogen wurde. Und zu allem Überfluss begann die Sonne unterzugehen. In einer halben Stunde würde es dunkel sein – und hier war kein Platz zum Rasten. Überdies waren da vierzehn Dämonenkrieger hinter ihnen. Nein, so gern sie eine Pause oder gar Schlaf gehabt hätte – zum Sterben war das nicht schön genug. Mit Einbruch der Nacht wurde die Wanderung noch schwieriger. Inu Yasha hörte, wie hinter ihm seine Begleiter immer wieder über plötzliche Wurzeln oder verfilztes Gras stolperten, auch, wenn keiner etwas sagte. Sie wussten ja alle die vierzehn Dämonenkrieger hinter sich. Er selbst vermochte bei dieser Dunkelheit durchaus noch etwas erkennen, wenn auch weniger als am Tag. „Inu Yasha!“ Kagome hauchte es nur, aber der Halbdämon drehte sich prompt um. Konnte sie nicht mehr? „Was ist denn los?“ „Da...da war etwas.“ Sie deutete in die Dunkelheit des Sumpfes. Hinter ihr schlossen Sango und Miroku auf, was sie beruhigte, zumal der kleine Fuchs in ihre Arme sprang. „Ich bin ganz sicher,“ flüsterte sie: „Da hat sich was Großes bewegt.“ Alle starrten in die Nacht. Aber nichts außer dem unregelmäßigen Blubbern des Sumpfes war zu hören oder gar zu erkennen, allerdings auch nichts von ihren Verfolgern, was sie beruhigte. „Keh!“ machte der Halbdämon: „Da ist nichts, Kagome. Naja, wer sollte auch in so einem dreckigen Eck hausen.“ „Ich...ich habe mich wohl geirrt,“ murmelte sie: „Aber eigentlich war ich mir sicher.“ „Schon gut,“ meinte Sango: „Lieber zu vorsichtig als tot. - Aber es ist nichts zu spüren, oder, hoshi-sama?“ Miroku, dem diese Anrede galt, schüttelte den Kopf, begriff dann, dass das wohl niemand sehen konnte: „Nein. Also auch kein Dämon. Aber den müsste auch Inu Yasha bemerken.“ „Da ist nichts,“ gab der zurück: „Nichts zu sehen, nichts zu hören, nichts zu riechen. Immerhin scheinen auch diese vierzehn Dämonenkrieger eine Pause zu machen, so halten wir den Vorsprung. Oder will jemand hier am Sumpf übernachten?“ „Wirklich nicht!“ Kagome drückte den Fuchs an sich: „Geh schon weiter. Es ist schwierig, aber besser als wenn sie uns einfangen.“ Der Halbdämon tat, was sie wollte. Nur wenige Minuten später fuhr er wieder herum, da er hinter sich einen Aufschrei hörte. Er hatte Tessaiga bereits in der Hand, als er erkannte, dass etwas Riesiges, Dreieckiges aus dem Sumpf ragte und nach dem Mädchen geschnappt hatte. Wohl nur die Tatsache, dass sie sich sein Feuerrattenhaargewand übergezogen hatte, hatte sie vor den Zähnen bewahrt und die attackierende Riesenschlange irritiert. Das Wesen sehen und mit der Klinge zuschlagen war eines: „Los, Kagome,“ schrie er: „Hau schon ab!“ Gleichzeitig zog er den Kopf ein, um Sangos Riesenbumerang auszuweichen, den die Dämonenjägerin auf den Angreifer geschleudert hatte. Der kehrte zu ihr zurück und sie fing ihn geübt trotz der Dunkelheit auf. Der Schlangenkopf wurde zurückgezogen. „Wir müssen hier weg!“ Miroku hatte seinen Mönchsstab schlagbereit und musterte die für Menschenaugen fast undurchsichtige Nacht. „Bring Kagome hier weg!“ befahl Sango, ihren Bumerang erneut hebend und da sie merkte, dass sie beide männlichen Begleiter ansahen: „Hoshi-sama! Ich decke euch mit Inu Yasha .“ Sie hatte in den vergangenen Tagen mit dem Halbdämon geübt und schätzte doch seine Kraft richtig ein. Miroku war kein Anfänger, das wusste sie nur zu gut, aber das Mädchen war nicht kampferfahren und benötigte erst einmal Schutz. Wobei sich die Dämonenjägerin aus Jahren der Erfahrung sicher war, dass in Kagome nicht zu verachtende spirituelle Fähigkeiten schlummerten. Möglicherweise war sie mit Pfeil und Bogen ausgerüstet eine wirklich mächtige Priesterin. Aber erst einmal mussten sie sich hier um das Monster kümmern. Sie bemerkte, dass Miroku gehorchte und suchte mit den Augen erneut den Gegner in der Nacht: „Wo ist er, Inu Yasha?“ „Keine Ahnung. Ich vermute, der ist untergetaucht,“ gab der Halbdämon zurück: „Der Morast stinkt mehr, bewegt sich irgendwie....“ Er kam nie zu seinem Satzende, denn der Kopf der Riesenschlange schoss erneut auf ihn los und er drosch mit aller Kraft seine Klinge auf die Nase des Angreifers. Sango warf nur etwas verzögert ihren Bumerang gegen den Dreiecksschädel, ehe sie ihn wieder fing: „Die beiden sind weg,“ teilte sie mit, ehe sie ihre Waffe erneut los jagte, das Ziel nur erratend: „Wir sollten auch fliehen!“ „Fliehen? Keh!“ Mit gewisser Wut schlug er erneut zu. „Dämonenkrieger sind sicher nicht taub!“ gab sie zurück: „Das hören die doch, Nachtpause hin oder her. Los!“ Das konnte er nicht leugnen, aber es widerstrebte ihm, jemanden, der ein Mitglied seiner Gruppe, noch dazu Kagome, die er irgendwie sehr nett fand, angegriffen hatte, einfach so laufen zu lassen. Allerdings waren vierzehn Dämonenkrieger auch für ihn ein bisschen viel und so rannte er weiter, gefolgt von der Jägerin. Endlich holten sie Kagome und den Mönch ein, die etwas entfernt vom Sumpf gewartet hatten, an einer Stelle, an der der Wald relativ weit zurückgezogen war und das trockene Land in das Moor reichte. „Alles in Ordnung?“ fragte der Halbdämon. „Ja,“ gaben Kagome und Miroku gleichzeitig zurück, während Shippou krähte: „Was war das denn für eine Schlange?“ „Keine Ahnung,“ gab Inu Yasha zu: „So ein riesiges Vieh habe ich noch nie gesehen.- Sie hat dich gebissen?“ Die Priesterschülerin fand es nett, dass er sich so um sie sorgte. Irgendwie war er wirklich doch nicht so übel, auch, wenn er sie öfter reizte: „Dein Oberteil hat sie anscheinend abgehalten.“ „Ich sagte ja, das ist wie eine Rüstung.“ „Wir müssen weiter,“ drängte Sango: „Die Krieger kommen sicher nachsehen, was da los war!“ „Wir sind zu langsam....“ Miroku nickte: „Ich bin gut trainiert und Sango auch...Inu Yasha, kannst du Kagome und Shippou tragen? Ich meine, auf dem Rücken?“ „Ja, schon...aber ihr seht doch alle im Dunkeln weniger...“ Der Halbdämon hätte nie zugegeben, dass er es irgendwie peinlich fand das Mädchen tragen zu sollen. Umgekehrt sah das freilich ebenso aus: „Ich kann schon noch, Miroku!“ fauchte Kagome daher förmlich. „Macht schon,“ befahl die Dämonenjägerin förmlich, ehe Inu Yasha die Priesterschülerin griff: „Also schön. Komm her, Sango, du dann auch.“ „Übernimm dich nicht!“ warnte der Mönch prompt. „Keh! Willst du Sango tragen?“ „Nein, danke!“ meinte die Jägerin sofort. Wenn schon männliche Hände an ihrem Hinterteil, dann wenigstens welche, die nicht streichelten. Und bei Miroku wäre sie sicher gewesen, dass er die Gelegenheit ausnutzen würde. Inu Yasha würde es hoffentlich nicht tun, zumal er mit der anderen Hand ja Kagome stützte. Shippou hielt sich an seiner Schulter fest. Er hatte irgendetwas von „Fuchsfeuer“ gemurmelt und trug in seiner Hand jetzt einen kleinen, leuchtenden Ball, der den Weg vor ihnen so erhellte, dass der Halbdämon mit seiner Last genügend sehen konnte. Dieser hatte freilich zuvor geknurrt: „Warum hast du das denn vorher nicht getan?“, sich jedoch mit dem Hinweis auf die Krieger zufriedengegeben. Jetzt waren sie auf der Flucht, Sichtung hin oder her. So liefen sie weiter, bemüht, schnell und weit voranzukommen, ehe die vierzehn Krieger am Schauplatz des kurzen Kampfes angelangt waren. Erst eine Stunde später hielten sie wieder an. Rechts von ihnen befand sich nun Fels und der Weg stieg an. „Der Pass,“ bestätigte Miroku auf Inu Yashas Seitenblick. So ließ der Halbdämon seine Last zu Boden: „Dann geht schon mal weiter,“ sagte er: „Shippous Laterne ist auch für euch ganz praktisch.“ „Und du?“ erkundigte sich Kagome sofort. „Ich lauf mal zurück und gucke, was die Krieger treiben. Vielleicht haben sie auch aufgegeben.“ „Das ist verrückt, so schnell...“ Sie brach ab, denn er war bereits in der Dunkelheit verschwunden. So blieb ihr nur zu den anderen zu sehen: „Er kann doch unmöglich die Strecke noch einmal rennen und dann noch einmal...“ „Er ist immerhin ein halber Dämon“, erklärte das Fuchskind prompt: „Das geht schon. Ich leuchte euch weiter.“ „Ja, danke, Shippou. Aber da sind vierzehn Dämonenkrieger, die sicher nicht von Pappe sind.“ „Keine Sorge, Kagome,“ tröstete Sango: „Nur jemand, der nicht nachdenkt, würde sich mit einer derartigen Übermacht anlegen.“ „Du meinst also, jemand wie Inu Yasha?“ „Äh...“ Das stimmte leider. Die Dämonenjägerin nahm sich zusammen: „Gehen wir.“ Inu Yasha rannte zurück, so rasch es ging, erstarrte dann jedoch, als er bei einer Biegung über den Sumpf blicken konnte und Licht erkannte, Fackeln. Das mussten die Krieger sein. Trotz aller Bedenken seiner Gefährten blieb er stehen. Narakus Männer untersuchten die Stelle, an der sie überfallen worden waren. Mist. Dann würden die auch schnell mitbekommen, dass es sich nicht nur um Menschen, womöglich Händler, sondern auch einen Halbdämonen, oder, wie sie glaubten, das Ungeheuer aus dem Todeswald gehandelt hatte. Da schoss aus den Tiefen des Sumpfes die Riesenschlange auf die neuen Störenfriede zu. Inu Yasha erkannte im Schein der Fackeln nur den Schatten, ehe ein Dämon aufschrie und mit in den Morast gezogen wurde. Die anderen reagierten sofort, zogen die Schwerter und griffen an, aber das große Reptil zog sich mit seiner Beute zurück. Puh, dachte der Halbdämon. Hätte sie sich nicht ausgerechnet Kagome als Beute gesucht und diese sein Gewand getragen, so wäre auch sie einfach unter das Moor gezogen worden. Das hätte er ehrlich bedauert. Diese drei Menschen waren so nett zu ihm gewesen, hatten ihm auch geholfen aus dem Wald zu entkommen.... Ein erneuter Angriff der Riesenschlange. Er schätzte, dass sie sicher über dreißig Meter haben musste, wenn er den geradezu monströsen Kopf betrachtete. Im Kampf war ihm das gar nicht so aufgefallen, da war wichtiger gewesen sie zu vertreiben. Kein Wunder, dass die Krieger nun ihrerseits das Reptil attackierten, das versuchte sich den nächsten von ihnen zu schnappen, ehe sie sich eilig in die jenseitige Dunkelheit zurückzogen, möglichst weg vom Sumpf. Gut, dachte der Halbdämon. Die wären erst einmal an der Verfolgung gehindert. Sie würden warten, bis sich die Schlange sicher zurückgezogen hatte. Bis dahin würden seine Menschenfreunde und er doch hoffentlich schon ein gutes Stück auf der Passhöhe sein. Sango hatte ja gesagt, dort oben würde die Provinz Teien enden. Dann dürfte Naraku sie auch nicht mehr jagen lassen. Er drehte um, um möglichst rasch seine Begleiter wieder einzuholen. Zum Leidwesen der nun noch dreizehn Krieger, trafen sie zu Beginn der Morgendämmerung, als sie soeben versuchten, den Angriffsplatz zu überqueren auf Hakudoshi und Jakotsu, die sie eingeholt hatten. Der Provinzerbe war etwas überrascht. „Ihr seid schon hier? Wo ist das Ungeheuer?“ „Im Sumpf, Hakudoshi-sama. Es hat einen unserer Kameraden getötet!“ Ein wenig Genervtheit lag in der Stimme des jungen Prinzen: „Und was habt ihr getan?“ „Wir griffen es unsererseits an, aber es war riesig und hatte so große Zähne, selbst unsere Schwerter schienen ihm nichts auszumachen.“ Hm, dachte Hakudoshi. Er hatte ja schon vermutet, dass sich das Ungeheuer in diese Moorgebiete zurückziehen würde. „Habt ihr es verletzt?“ „Ich weiß es nicht. Vielleicht.“ Er musterte vom Rücken seines weißen Hengstes aus den Boden. Er war aufgewühlt und matschige Spuren zeugten von einem Kampf. Zum Sumpf hin war der Morast förmlich plattgewalzt. Das musste das Ungeheuer gewesen sein. „Schön. Ihr bleibt hier. Wenn sich das Monster noch einmal sehen lässt, bringt es um. - Jakotsu, wir gehen zur Sicherheit weiter nördlich, immer am Großen Sumpf entlang. Vielleicht lässt es sich so aufscheuchen. Überdies treffen wir deine Kameraden dann dort. Und zu siebt werdet ihr sicher mit jedem Ungeheuer fertig.“ „Natürlich!“ Jakotsu warf einen selbstsicheren Blick auf die dreizehn Krieger: „Zusammen sind wir unbesiegbar.“ Immerhin hatte dieser Prinz begriffen, dass er plus diese Leute nicht so fähig wie sie Sieben war. „Gut. - Das hier sind doch Menschenspuren?“ „Ja,“ erklärte der Sprecher der Dämonenkrieger eilig: „Wir folgten ihnen schon seit einem Tag, äh....Tagen. Sie haben wohl die alte Handelsroute entlang der Berge genommen und gehen jetzt zum Pass. Es scheinen Händler zu sein. Das Ungeheuer hat auch sie angegriffen, aber die anderen flohen wohl.“ „Händler?“ Hakudoshi dachte erneut nach. Vater untersagte doch jeden Kontakt nach außen, wenn auch unter Vorwänden. Dann musste er sie einholen und umbringen. „Das dürfen sie nicht. - Zuerst also die, dann das Ungeheuer aus dem Todeswald.“ Das schien ein amüsanter und erfolgreicher Tag zu werden. ** Hakudoshi glaubt also, das Ungeheuer aufgespürt zu haben. Kleiner Irrtum... Das nächste Kapitel bringt für einige einen „Kühlen Empfang“. Ein Hinweis in eigener Sache: nächsten Mittwoch beginnt, immer in vierzehntägigem Wechsel mit „Klingen des Kaisers“ der neue Dämonenkrimi zum Mitraten: Die Dame hängt am falschen Strick. Er bringt Seine Eisigkeit in Mamas Schloss – oder Teufels Küche, denn Prinzessin Tokushima ermittelt. Kapitel 7: Kühler Empfang ------------------------- Der Empfang des Kaisers war überaus gut besucht, auch, wenn die anwesenden Fürstinnen und Prinzessinnen es zum einen bedauerten, dass weder Vater noch Sohn an ihnen weiter interessiert waren, zum anderen, dass keine Dame des Kaiserhauses die neue Mode vorgab. Beides allerdings Punkte, von denen kein anwesendes männliches Wesen etwas erfuhr. Nachdem Naraku und seine Töchter sich pflichtgemäß vor dem Inu no Taishou und Sesshoumaru verneigt hatten, machte er sich in den Räumen des Empfangs auf die Suche nach Fürst Kato, erkannte jedoch rasch, dass dies vergeblich war, da der Türsteher eben diese Familie ausrief. So blieb der Fürst von Teien stehen. „Kanna,“ sagte er leise: „Suche dir einen ruhigen Platz und nimm deinen Spiegel. Ich möchte wissen, ob es Hakudoshi gelungen ist das Ungeheuer zu fassen, und was Akago treibt.“ Sie wurde vorgestellt, also würde ihr Fehlen nicht auffallen. Und er wollte vermeiden, dass seine Söhne etwas gegen ihn unternahmen, womöglich sich sogar verbündeten. Das durfte unter keinen Umständen passieren. Sie waren ihm zu ähnlich geraten. Das Mädchen gehorchte wortlos, wie immer. Fürst Kato verneigte sich ebenso wie seine Ehefrau und seine beiden Kinder tief vor dem Kaiser. „Willkommen, mein lieber Schwager,“ sagte der Inu no Taishou freundlich. Er wusste nur zu gut, dass seine Schwägerin ihm das Schicksal nicht verziehen hatte, das er ihrer älteren Schwester bereitet hatte, als er sie in die Verbannung in die tiefste Provinz schickte. Allerdings wusste er auch, welche Meinung Kato zu ihren Racheplänen geäußert hatte: „Blödsinn!“ Der hatte sie darauf aufmerksam gemacht, dass auf einen Mordanschlag hin Verbannung ein äußerst mildes Urteil war – und der Mikado noch zu ganz Anderem, inklusive grausamsten Toden, das Recht besessen hätte. „Ich freue mich, dich und die Deinen wieder einmal zu sehen. - Deine Kinder sind nun auch schon fast erwachsen. - Teuerste Schwägerin, dein Kleid steht dir hervorragend.“ Das war eine sehr freundliche und ausführliche Begrüßung, auf die die Familie allerdings gewisses Anrecht besaß. Immerhin bestanden verwandtschaftliche Beziehungen zum ehemaligen Kaiser. Selbst Sesshoumaru äußerte daher mehr als nur einige höfliche Worte, ehe die Fürstenfamilie von Nakamura sich den anderen Gästen zuwandte. Naraku hatte sie beobachtet. Nun ja. Seine Töchter hätte er nie so mangelhaft bekleidet herumlaufen lassen, wie dies Fürst Kato und seine Gemahlin bei ihrer taten. Yura trug nur das aller notwendigste und ließ ihre Reize mehr als nur erahnen. Hoffte sie so auf einen Bräutigam? Wäre sie erst einmal mit einem seiner Söhne verheiratet, würde sie schon lernen müssen, wie man sich benahm. Aber einstweilen sollte er gute Miene machen. So neigte er höflich den Kopf als das Ehepaar mit den beiden Kindern zu ihm kam. „Ah, mein werter Naraku. - Du erinnerst dich gewiss an den Fürsten von Teien, meine Liebe?“ fragte er seine Ehefrau höflich. Er selbst hatte die vergangenen Tage, ja zwei Wochen fast mit täglichen Gesprächen mit Naraku verbracht. „Aber ja.“ Der Blick der Fürstengemahlin glitt nicht uninteressiert an dem jung aussehenden Mann auf und ab. „Ich freue mich, Euch nahezu unverändert wiederzusehen.“ Hoppla, dachte Naraku prompt, ehe er mit einem gesitteten Kopfsenken antwortete: „Das jugendliche Aussehen ist in meiner Familie zum Glück erblich. Ich hoffe, dass auch meine Söhne dies besitzen.“ Die weißhaarige Hundedämonin lächelte flüchtig: „Oh ja, Ihr habt ja zwei. Darf ich Euch meine Tochter Yura vorstellen? Man nennt sie auch Yura mit dem langen Haar.“ Lang war es ohne Zweifel, es reichte fast bin zum Boden. Naraku nickte kurz: „Ich freue mich Euch kennen zu lernen.“ Yura lächelte deutlicher als es die Höflichkeit geboten hätte: „Danke, Fürst,“ sagte sie jedoch nur, wohlerzogen: „Darf ich fragen, ob Eure Söhne ebenfalls hier sind?“ „Nein. Ich brachte nur meine Töchter mit in die Hauptstadt. Meine Söhne erledigen derweil anfallende Probleme für mich.“ Sie schien es ja wirklich auf einen Heiratskandidaten anzulegen. Umso besser für ihn und seine Pläne. „Sehen Sie Euch ähnlich?“ erkundigte sich Yura: „Haben sie Euer Haar?“ Was interessierten sie denn Haare? Ein wenig verwirrt meinte er: „Nein, sie haben beide viel hellere, fast weiße – so wie Kanna. Kagura ist die Einzige mit dunklen Haaren.“ „Yura!“ zischte ihre Mutter auch, während Fürst Kato eilig meinte: „Verzeiht, werter Naraku. Yura schwärmt immer von Haaren, ich fürchte, sie teilt danach die Welt ein.“ „Schon gut.“ Was für ein eigenartiges Hobby.... Nun ja, er war wohl der Letzte, der sich über seltsame Angewohnheiten beschweren sollte. Immerhin lauteten seine auf Hochverrat. Und Fürst Kato würde ihm dabei ein wertvoller Verbündeter sein. „Ich bin entzückt, Euch kennenzulernen, Yura. - Ihr seid gewiss Yari, der Erbprinz?“ wandte er sich an den bislang schweigenden Sohn. Dieser fuhr zusammen, sichtlich in Gedanken gewesen: „Ja, Fürst Naraku,“ erwiderte er jedoch höflich. „Ich freue mich, dass Ihr meinen Namen wisst.“ Ah, Yari hatte Sesshoumaru gemustert. War da etwa jemand eifersüchtig? Rechnete sich selbst an diesen Platz? Dann würde Yari seinen Vater gewiss in seiner Richtung beeinflussen. Er sollte sich länger um den Jungen kümmern. Naraku gelang es mit gewinnendem Lächeln und einigen Worten, die beiden Damen wegzuschicken und mit Fürst Kato ud Yari ein weiteres, ernstes Gespräch über die Zukunft der Kinder für den nächsten Tag zu vereinbaren. Einige pflichtgemäß verbrachte, langweilige Stunden später, sah er sich nach seinen eigenen Abkömmlingen um. Kagura stand, wie er es wollte, nahe am Kaiser und damit Sesshoumaru, die sie allerdings beide nicht beachteten, sondern die Menge musterten. Hatten sie auch seine Unterhaltung mit Kato und seiner Familie mitbekommen? Nun, Heiratsverhandlungen waren weder unüblich noch mischte sich der Mikado da ein. Der gute, alte Inu no Taishou. Er ahnte gewiss nicht, dass die ersten Bausteine zu seinem Untergang heute Abend gelegt worden war, zu seinem und zu dem seines auch so arroganten Sohnes. Wo war Kanna und was trieben seine eigenen Söhne? Er fand sie in einem kleinen Gelass, das von Wandschirmen abgeteilt war. Sie sah von ihrem Spiegel auf. „Nun?“ „Akago ist im Schloss und kümmert sich um die Verwaltung. Er studiert die Bücher, die Finanzen.“ Naraku hätte fast gelächelt. Intelligenter Bursche – Akago war klar, dass man so auch auf versteckte Geschäfte kommen konnte. Allerdings war der Kleine noch naiv, wenn er annahm, er, Naraku, habe derartiges in den offiziellen Papieren. „Und Hakudoshi?“ „Er ist am Großen Sumpf. Dort ließ er die Dämonenkrieger zurück, die dort auf das Ungeheuer getroffen sind, und ritt mit einem der sieben Krieger weiter, um die anderen zu treffen.“ „Es kümmert sich also nur bedingt um das Ungeheuer? Gegen seinen Befehl?“ Das war wirklich ungeschickt von ihm. „Er entdeckte, dass Menschen dort über den Pass gelangen wollen und plant sie zu töten, ehe er sich dem Ungeheuer wieder selbst widmet.“ Hm. Das war wohl notwendig. Allerdings kannte er Hakudoshi gut genug, um zu wissen, dass dieser die Menschen durchaus auch zum eigenen Vergnügen töten wollte. Wie immer hart am Rande seines Befehls. Gehorsamer war Akago, ohne Zweifel – aber auch der gefährlichere der beiden Zwillinge, dachte der Erzeuger, ihm selbst ähnlicher. Wenn er wieder einmal Abkömmlinge erschaffen sollte, musste er aufpassen, dass sie nur die Fähigkeiten erhielten, die sie nützlich machten. Ehrgeiz gehörte nicht dazu. Und den besaßen sowohl Akago als auch Hakudoshi im Überfluss. Nun gut. Sollte sich der Junge mit den Händler amüsieren. Bedenklicher war allerdings, dass es Menschen wagten über die Pässe zu gehen, in der Nachbarprovinz zu handeln. Waren seine eigenen Anweisungen, Handel nur über die Hauptstadt zu treiben, denn so undeutlich gewesen oder die Strafen zu mild? Das müsste er wohl noch einmal klarstellen. Das Allerletzte, was er in diesem Stadium seiner Pläne gebrauchen konnte, wäre die Aufmerksamkeit des Shogun oder gar des Kaisers selbst. Trotz seiner ominösen Krankheit der letzten Jahre schien der Inu no Taishou nichts von seiner politischen Intelligenz eingebüßt zu haben. Da er selbst mit der Unerfahrenheit Sesshoumarus gerechnet hatte, musste er nun behutsamer vorgehen. Zum Glück hatte er sich nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt, war stets im Hintergrund geblieben. „Komm, Kanna. Ich möchte dich Yari vorstellen. Du wirst so tun, als ob er dir gefällt. Ich möchte Heiratsverhandlungen beginnen.“ Das sollte Kato im Hinblick auf die gemeinsamen Pläne glauben lassen, dass er an einem zweifachen Familienanschluss interessiert sei – und den Kaiser vor allem ebenfalls. Leute, die Heiratspläne schmiedeten, dachten in aller Regel nicht an Hochverrat. Das Mädchen schob den Spiegel in ihre Kleidung, ehe sie ihm wortlos folgte. Der Mikado sah ebenso regungslos in das Gedränge der Gäste wie sein Sohn, wenn auch mit anderen Gedanken. Während Sesshoumaru den Sinn solcher Feste nicht recht einsah und für Zeitverschwendung hielt, spürte sein Vater entfernt etwas wie Freude seines Schwertes. Aus irgendeinem Grund war die höllische Klinge erfreut und er hatte lange genug mit ihr zusammengelebt, um ein wenig beunruhigt zu sein. Aber, was sollte schon geschehen? Sie befand sich während dieses Festes in seinem Schlafzimmer, der kleine Geist der Scheide, Saya, passte auf, dass das Höllenschwert nichts Eigenständiges unternahm, selbst, wenn sich ein Mensch oder Dämon dort hineinwagen würde. Nein. Die Klinge konnte keine Person übernehmen, dafür war gesorgt. Und solange er selbst dieses wahrhaft höllische Schwert besaß, würde es auch so bleiben. Warum also diese Irritation? Hätte er gewusst, dass just diese Gelegenheit von einer überaus geschickten schwarzen Priesterin benutzt worden war, um die Klinge des Jenseits in seinen Untergang zu verwandeln, hätte er gewusst, warum sich der dunkle Geist so freute. Bei Sonnenaufgang erreichten die Flüchtlinge die Region des Schnees. Kagome fror, aber sie beklagte sich nicht. Zum einen trug sie noch immer Inu Yashas Gewand, das sie wärmte, zum anderen war es ihr Glück gewesen, dass sie in der Priesterschule verhaftet worden war. Das gewöhnliche Kleid der Mädchen in Teien reichte nur bis zum Knie, während die Priesterinnen knöchellange Hosen trugen. Allerdings war sie mehr als müde. Zwar hatte der Halbdämon sie und Sango nach Mitternacht immer wieder etwas getragen, aber sie war derartige schlaflose Nächte nicht gewohnt. Der Wind kam ihnen von oben entgegen, kalt und unfreundlich. Der Takayama war alles andere als einladend. Inu Yasha blieb stehen und drehte sich um, um nach seinen Begleitern zu sehen, die ihm hintereinander folgten, möglichst in seiner Spur bleibend. „Sango, weißt du, wie weit es hier noch ist?“ fragte er laut, um in dem immer weiter auffrischenden Wind gehört zu werden. Die Dämonenjägerin schüttelte den Kopf: „Es scheint noch ein ganzes Stück zu sein. - Wir müssen Pause machen.“ „Ja, das wäre gut. Ich bin nicht müde, aber ihr. Und es kommt ein echter Sturm.“ „Woher weißt du das?“ fragte Kagome verblüfft. Sicher, der Wind wurde immer heftiger, aber zwischen Böen und Sturm war doch ein Unterschied. Als Antwort tippte er nur an seine Nase. Er konnte es riechen? Wieder einmal war sie erstaunt, hatte sie vergessen, dass er eben kein Mensch war. „Bald?“ fragte sie daher bloß. „Ja.“ „Dann gehen wir weiter,“ meinte Miroku: „Wenn wir irgendwie einen geschützten Platz finden, machen wir Rast. Immerhin haben wir auch noch etwas zu essen.“ „Kein Feuer!“ warnte Inu Yasha, setzte sich jedoch bereits wieder in Bewegung. Aber das war auch den anderen klar. Hinter ihnen waren Dämonen her und niemand von ihnen wusste, wie lange die Krieger durch die Riesenschlange am Großen Sumpf aufgehalten worden waren. Zum Glück war das Fleisch, das sie noch von dem Wildschwein übrig hatten, gegart. Bis sie jenseits des Passes in Sicherheit waren, würden sie nichts anderes bekommen. Nach keinen fünfzehn Minuten war der Wind so heftig geworden, dass sie hintereinander gehen mussten, der Halbdämon voran. Zu allem Überfluss wurde der verharschte Schnee immer tiefer und sie sanken stellenweise bis zu den Knien ein. Kagome, die von allen die Untrainierteste war, klammerte sich an den Gedanken, dass es bald Pause geben würde, musste. Inu Yasha entging ihre Müdigkeit nicht. „Soll ich dich noch einmal tragen?“ „Nein, du...dir ist doch sicher kalt,“ sagte sie kleinlaut. Immerhin trug sie ja auch noch sein Obergewand. „Keh!“ Aber er prüfte die Luft: „Da scheint eine Höhle oder so etwas zu sein. Dort oben.“ Er deutete nach links. „Gehen wir dorthin!“ schrie Sango von hinten, die die Geste mehr richtig gedeutet hatte, als verstanden, was er sagte. Auch sie war müde und sie konnte sich vorstellen, dass das für die Priesterschülerin härter sein musste. So standen die Fünf kurz darauf vor einer Öffnung im Fels. „Vorsicht!“ mahnte Miroku: „In Höhlen suchen nicht nur wir Schutz!“ Das stimmte und so witterte Inu Yasha, ehe er den Kopf hineinsteckte: „Nichts zu riechen,“ sagte er dann: „Und es scheint kein Gang weiterzugehen. Shippou, mach mal Licht.“ Der kleine Fuchs war stolz, etwas zu können, das sonst keiner vermochte, er nicht nur Ballast für seine neue Freunde war. Kagome hatte ihn bislang getragen, da ihm der Schnee bis zur Nasenspitze reichte: „Fuchsfeuer!“ Er warf eine leuchtende Kugel hinein, in deren Schein auch die Menschen erkennen konnten, dass es eine kleine Grotte war. Im Hintergrund drang Wasser aus dem Fels, das sich einen Weg herausbahnte, um dann unter dem Schnee zu verschwinden. „Übersichtlich!“ sagte Miroku erleichtert. In Höhlen wohnten manchmal sehr unfreundliche magische Geschöpfe, von normalen Gefahren wie Wölfen oder Bären abgesehen. Damit würden sie sicher fertig werden, aber ein Kampf würde sie zusätzlich ermüden. So gingen sie hinein und Kagome setzte sich erleichtert: „Willst du dein Gewand wieder haben, Inu Yasha? Hier ist es doch viel wärmer...“ Nun ja, windgeschützter, aber sie hoffte, dass sich die kleine Grotte durch die Anwesenheit dreier Menschen, eines halben und eines ganzen Dämons bald aufwärmen würde. Shippou sprang auch wieder zu ihr in die Arme und sie genoss die Tatsache, dass er eine deutlich höhere Körpertemperatur als Menschen hatte. So zog sie das rote Obergewand aus und reichte es seinem Besitzer. Inu Yasha nahm es wortlos. Er hätte sich lieber die Zunge abgebissen als zuzugeben, dass es angenehm nach ihr roch. Sie duftete insgesamt so angenehm...Er sah sich noch einmal um, da das auch Sango tat: „Ist was?“ fragte er etwas beleidigt. Er hatte hier doch nichts außer Fels gewittert. „Nein, nicht wirklich,“ sagte die Dämonenjägerin sofort: „Ich habe mich nur gewundert, wie das Wasser hier durch den Fels dringt. Reine Neugier.“ „Das ist eine Quelle, liebe Sango.“ Der Mönch war neben sie getreten und strich beiläufig über ihre Kehrseite. „Hoshi-sama!“ Sowohl Sangos Kommentar als auch ihre handfestere Antwort hatten die anderen drei der Gruppe in den vergangenen Tagen bereits kennengelernt. Ungerührt fuhr sie fort: „Ja, eine Quelle. Aber woher kommt das Wasser, wenn es hier eine Fels ist?“ „Wir sind am Fuß einer Felswand,“ sagte Miroku und hütete sich die Wange zu reiben: „Das Wasser läuft durch das Gestein und hier zusammen. Wo ist dein Problem?“ Sie zuckte die Schultern: „Ich kann es nicht sagen.“ Es war ja nur etwas wie eine Ahnung. Allerdings wusste sie, dass sie durch das Training der Dämonenjäger und die bestandenen Aufträge ihr Unterbewusstsein für derartige Ahnungen geschärft hatte. Da jedoch weder Inu Yasha noch Shippou etwas mitbekamen mochte es auch nur ihre Müdigkeit sein. So setzte sie sich und lehnte sich an die Wand. Miroku tat es ebenfalls, wie auch der Halbdämon und so waren alle bald eingeschlafen. Inu Yasha schreckte auf, als ihn sein Instinkt warnte. Er hatte bereits die Hand an Tessaiga und sprang auf, als ein dumpfes Rauschen, dann Grollen auch die anderen vier weckte. Es war vollkommen dunkel in der Grotte – obwohl der Tag weit vorangeschritten war. „Mist!“ Der Halbdämon ließ sein Schwert los und ging zum Eingang. „Was ist passiert?“ erkundigte sich Kagome in der Dunkelheit: „Ist es schon Nacht?“ „Eine Schneelawine hat den Eingang zugeschüttet,“ erwiderte Miroku und stand ebenfalls auf: „Wir werden uns wohl ausgraben müssen.“ Er tastete sich vor, bis er Inu Yasha berührte, der bereits dabei war, den Schnee auf die Seite zu schaufeln. „Mit bloßen Händen mag das dauern.“ „Ja, und der dämliche Schnee rutscht dauernd nach,“ murrte der Halbdämon: „Das ist wirklich mehr als blöd.“ „Fuchsfeuer? Shippou?“ Der Mönch sah sich um, wo das Fuchskind gerade wieder Licht warf. Der Kleine zuckte die Schultern, kam aber heran: „Ich versuche es. Mit Schnee habe ich es noch nie getan.“ Tatsächlich half das Feuer nur bedingt. Immer mehr Schnee rutschte von oben nach und Shippou wurde müde. „Das war schon sehr gut,“ sagte Kagome tröstend: „So viel kann doch gar nicht mehr nachkommen.“ „Dein Kazaana, hoshi-sama?“ erkundigte sich Sango. Das also hatte sie irritiert. Trotz der Kälte war die kleine Quelle nicht erstarrt – und das Wasser hatte wohl auch oberhalb den schneebedeckten Hang unterspült, den Schnee ins Rutschen gebracht. Der Mönch nickte: „Ja, natürlich. Ich kam nur nicht auf die Idee, weil ich noch nie Schnee eingesaugt habe.“ „Was für ein Kazaana? Ein schwarzes Loch?“fragte Kagome erstaunt. „Ja.“ Miroku hob die Hand: „Hier, der Fluch, den ich mit mir trage. Wir haben es ja schon meine Geheimwaffe genannt. Mein Großvater war der Erste, der es trug und jeder männlicher Nachkomme. Ein Dämon hat ihm das aufgehalst. Die Gebetskette bannt es, aber alles, was es berührt, wird eingesaugt. Und es wächst. Eines Tages wird auch mich das Schicksal meines Großvaters und Vaters ereilen und ich mich selbst einsaugen.“ „Keh!“ machte Inu Yasha: „Was war das denn für ein Dämon? So was Gemeines!“ „Ich weiß es nicht genau. Er hieß Nara oder so. Er hat sich meinem Großvater nicht vorgestellt.“ „Na, fast wie der liebe Fürst.“ „Stimmt.“ Kagome war nicht sonderlich gut auf Naraku zu sprechen, je unbequemer ihr Abenteuer wurde. Überdies hatte sie dem Fürsten von Teien durchaus nicht verziehen, dass er sie an ein Ungeheuer hatte verfüttern wollen. „Mach noch einmal Licht, Shippou!“ Der Mönch fasste eine Gebetskette: „Geh lieber zurück, Inu Yasha. Ich kann nicht kontrollieren, was es alles einsaugt.“ „Noch nicht!“ zischte der Halbdämon und packte das Handgelenk des Mönches: „Da ist etwas, über uns!“ Die anderen Vier erstarrten. Nun konnten es alle wahrnehmen. Eine deutliche, dämonische, Aura strich über sie hinweg. Nur die Tatsache, dass sie hier unter dem Schnee verborgen waren, ließ sie unentdeckt bleiben. Hakudoshi flog mit seinem Schimmel allein über den Pass. Der Wind hatte nachgelassen, aber der Sturm hatte auch ihn aufgehalten. So nutzte er die Flugfähigkeiten seines Pferdes, um rascher voran zu kommen. Aber er fand keine Spur von Menschen, geschweige denn Händlern. Waren sie womöglich im Unwetter umgekommen? Er wusste nicht viel über Menschen, aber eines: sie starben viel schneller als jeder Dämon. Als er die Passhöhe und damit die Grenze der Provinz Teien erreichte, hielt er an. Falls es die Menschen hierher geschafft hatten, waren sie außer seiner Reichweite. Er hatte keinerlei Autorität sie in den Nachbarbezirk zu verfolgen. Abgesehen davon war Vaters Befehl eindeutig gewesen. Er sollte das Ungeheuer des Todeswaldes einfangen. Mochte Naraku auch noch damit einverstanden sein, Händler daran zu hindern die Provinz zu verlassen, so hatte der sicher kein Verständnis dafür, dass er Streit mit dem Nachbarfürsten vom Zaun brach, gar sich dieser beim Kaiser beschwerte. Das würde die Zukunftspläne des Fürsten von Teien empfindlich stören. Und Vaters Strafe in diesem Fall wollte sich Hakudoshi nicht einmal vorstellen. Es war wichtig, überlebenswichtig, für ihn, das Ungeheuer einzufangen, zumal er sicher war, dass sein Zwillingsbruder zuhause eifrig dabei war, an seinem Stuhl zu sägen. Nein. Er durfte sich keinen Fehler leisten. Er drehte um. Die Flüchtlinge hatten angespannt gewartet. Miroku war schon drauf und dran sein Kazaana einzusetzen, als sie erneut die dämonische Aura spürten, diesmal in die umgekehrte Richtung. „Wer auch immer es war, er hat wohl die Verfolgung aufgegeben.“ Sango flüsterte unwillkürlich. „Einstweilen,“ mahnte der Mönch: „Wir müssen hier raus und weiter. Sicher können wir uns erst jenseits des Passes fühlen.“ „Wenn überhaupt.“ Inu Yasha trat zurück: „Ich meine, keine Ahnung, wie weit Naraku geht, um mich wieder einzufangen. Von euch weiß er ja nichts.“ „So interessant bist du nun auch nicht,“ sagte Kagome prompt: „Er hat doch keine Ahnung, dass du ein Halbdämon bist, “ korrigierte sie sich dann, als sie seinen verletzten Blick bemerkte: „Und irgendein Tier solange zu jagen...“ „Immerhin lässt er ihn bis hierher verfolgen,“ antwortete Sango: „Denn das galt sicher ihm. Und denke an die vierzehn Dämonenkrieger...“ „Sind alle weg?“ Miroku war praktischer. Er wartete die kurze Bestätigung ab, ehe er seine Gebetskette entfernte. Der einsetzende Erfolg überraschte die drei der Reisegefährten, die das Kazaana noch nie in Aktion gesehen hatten. Der Schnee wurde eingesaugt und verschwand scheinbar in der Hand des Mönches. Dieser wickelte die Gebetskette hastig wieder um, als der Ausgang frei war. „Wahnsinn,“ meinte Kagome: „Von so etwas habe ich noch nie gehört! Nicht einmal in der Priesterschule.“ „Es ist ja auch ein Fluch,“ erklärte Miroku: „Kommt, wir gehen hier lieber.“ „Wohin verschwindet denn das Zeug?“ erkundigte sich der Halbdämon. „Ich weiß es nicht. Ich habe so auch schon Wurmdämonen aufgesaugt, aber...“ Der Mönch zuckte die Schultern: „Das konnte mir nie jemand sagen.“ Sie traten vorsichtig aus der Grotte und sahen zu dem nun wieder blauen Himmel. „Los jetzt!“ drängte Inu Yasha. Die anderen, so gern sie etwas gegessen hätten, folgten ihm. Der Schlaf musste ihnen eben genügt haben. Die Dämonenaura hatte nur zu deutlich gezeigt, dass noch immer Verfolger hinter ihnen und vor allem dem „Ungeheuer“ namens Inu Yasha her waren. In gut zwei Tagen wären sie im Dorf der Dämonenjäger und in Sicherheit. ** Optimismus oder ein Irrtum? Kapitel 8: Weiterungen ---------------------- Die schwarze Priesterin Tsubaki wagte nicht an diesem Mittag in den Spiegel zu sehen. Sie hatte zwar ihren Auftrag erfüllt, das Höllenschwert an seine Scheide gebunden, aber das Grauen dieser Begegnung hatte sie dazu gebracht sich zum ersten Mal in ihrem Leben mit Sake zu betäuben. Sie musste grässlich aussehen, trotz des Splitters, den ihr der Fürst von Teien als großzügigen Vorschluss überreicht hatte, und der ihre Jugend, wie versprochen, in wenigen Minuten zurückgegeben hatte. Nein. Das Schwert der Hölle... Alles war zunächst so gut gegangen, wie sie erhofft hatte. Auf eine einfach gekleidete menschliche Dienerin mit Wassereimer und Scheuerbürste achtete kein Dämonenkrieger. So war sie in das Schlafzimmer des Mikado gelangt und hatte ES gesehen. Und sofort eine tiefe Stimme in ihrem Kopf vernommen, die sie anwies, es zu ziehen, zu benutzen, zu töten. Es war weniger die Tatsache, dass die Klinge eine eigene Seele hatte, als die geradezu irrwitzige Macht dahinter, die die verstoßene Priesterin so erschreckt hatte. Damit lebte der Kaiser und lief herum? Er musste über ein wahrhaft ausgeprägtes Selbstbewusstsein, -kontrolle und eine solide magische Kenntnis verfügen. Sie selbst hatte jedoch erklärt, ihr Auftrag laute auf den Ruin des Mikado – und sie hatte das Schwert um Hilfe gebeten, ihm dafür versprochen, sein künftiger Träger würde sicher morden. Es hatte eingewilligt. Zu ihrer Überraschung war mitten in der Beschwörung ein winziger Geist aufgetaucht, mit erstaunlichen magischen Fähigkeiten, und hatte verhindern wollen, dass sie Schwert und Scheide unzertrennbar machte. Nur mit Hilfe der höllischen Klinge war es ihr gelungen den Kleinen schlafen zu schicken, letzteres eine Tatsache, die das Höllenschwert merklich erfreut hatte. „Denke nur daran,“ hatte dessen dunkler Geist gesagt: „Ich vermag deinen Bann auch selbst zu lösen. Nur kein Dämon. Betrügst du mich, so wird es dir schlecht ergehen, so sehr ich auch mich über den kommenden Untergang des Taishou freue.“ Tsubaki hatte eilig den Kopf geschüttelt: „Ich bin sicher, ist der Mikado tot, wird mein Auftraggeber oder einer seiner Männer dich führen. Und in den Kriegen um den Thron wirst du Seelen bekommen.“ Dann war sie förmlich geflohen und hatte sich dem Sake in einer Wirtschaft ergeben. Das war riskanter als sie gedacht hatte – und zu dem Splitter sollte Naraku auch mehr als das versprochene Gold herausrücken. Besagter Fürst setzt sich zufrieden in seinen Stuhl. Die Gespräche mit seinem Amtskollegen Kato war mehr als zufriedenstellend verlaufen. Zum einen hatte dieser eingewilligt, seine Tochter Yura mit einem seiner Söhne, sei es Akago oder Hakudoshi, zu verheiraten, zum anderen hatte er willig Andeutungen, er wäre ja eigentlich der rechtmäßige Kaiser, da er noch mit einer Erbtochter verheiratet sei, ein offenes Ohr geschenkt. Und, wie Naraku nur zu gut wusste, würden das auch die Menschen und Dämonen im Lande so sehen, zumindest, wenn der Aufstand erfolgreich war. Nichts war überzeugender als ein Sieg. Dazu musste nur der Inu no Taishou eine Schlacht gegen die Rebellen verlieren. Leider war dieser ein durchaus fähiger Feldherr, auch ohne das höllische Schwert, das hatte er schon des Öfteren bewiesen, aber mit ein wenig Ablenkung würde auch er Fehler machen. Und was war eine bessere oder größere Ablenkung als der Tod seines einzigen Sohnes? Während Kato sich schon einmal den Kopf darüber zerbrach, wie viele Krieger er aufstellen konnte, plante Naraku bereits weiter. Wäre sein Verbündeter der Kaiser, würde auch Yari, sein Erbe, bald das Zeitliche segnen. Und einer seiner Söhne als Ehemann der dann allein erbenden Yura wäre der potentielle Kronprinz. Natürlich hatte der Fürst von Teien nicht die Absicht hinter seinen Abkömmlingen zurückzustehen. Aber in den Augen der Bevölkerung musste alles seine Ordnung haben, das hatte ihn sein Aufstieg gelehrt. Erst nach der Ernennung seines Sohnes würde auch dieser sterben. Und dann natürlich Kato selbst. Aber, dachte Naraku, man sollte nicht das Fell des Hundes verkaufen, ehe man ihn hatte. Wichtig war zunächst einmal, dass Sesshoumaru einem Attentat zum Opfer fiel. Er hatte lange gegrübelt, ob ein Giftanschlag passend wäre, sich dann aber für schiere Gewalt entschieden, die den hoffentlich größeren Schock und das Ende der Legende der Unbesiegbarkeit der Hunde bringen würde. Es gab da eine Bande in der Stadt, die für Geld alles machte. Dieser Bakura und seine Männer waren zum Glück nicht gerade mit kleinlichen Skrupeln geplagt – und kannten ihn, Naraku, nicht unter seinem richtigen Namen, ja, nicht einmal sein Gesicht. Für sie war er nur ein gut zahlender Auftraggeber, dessen Tipps stets stimmten. Und er hatte bereits in Erfahrung bringen können – Kanna war wirklich nützlich – dass der werte Shogun einen einzigen Termin stets allein wahrnahm. Es war zwar Naraku ein Rätsel, was Sesshoumaru ausgerechnet in diesem Wirtshaus suchte, aber es war eine Tatsache, dass er einmal im Monat verkleidet dorthin ging. Und wer wusste schon, ob er da nicht eine Geliebte aufsuchte, die er aus Staatsräson nicht öffentlich machen durfte. Auf dem Rückweg mitten in der Nacht war er jedenfalls ein leichtes Ziel für eine erfahrende Mörderbande. Er müsste Bakura nur deutlich machen, dass es sich um einen starken Dämon handelte, und dieser entsprechende Maßnahmen ergreifen sollte. Der Tod des Kronprinzen und Shoguns sollte genügen, den Vater in Trauer zu stürzen – und ihn Fehler begehen zu lassen. Apropos: was trieben eigentlich seine eigenen Söhne? Er befahl Kanna zu sich. Diese brachte ihren Spiegel mit. „Nun, was ist mit dem Ungeheuer?“ fragte er sofort. „Hakudoshi und die Krieger haben es.“ Sie drehte den Spiegel so, dass er hineinblicken konnte. Naraku runzelte die Stirn: „Unsinn! Das ist eine Sumpfschlange! Und wenn ich etwas über das Ungeheuer weiß, dann, dass es weder Tier noch ein normaler Dämon ist. Zu allem Überfluss ist der Todeswald nicht gerade ein Sumpfgebiet.“ Wollte Hakudoshi ihn betrügen? Oder hatte er einen so schwerwiegenden Fehler begangen? „Und Akago?“ „Er sitzt über den Papieren. Und hat einen Agenten darauf angesetzt, der ihm berichten soll, was Hakudoshi tut.“ Nun gut. Das war entsprechend seinem Befehl. „Kagura?“ „Sie bemüht sich um die Stelle als Hofdame bei dem Mikado selbst.“ „Das kommt mich noch teurer.“ „Der Kaiser gab Anweisung, dass diese Stellungen nicht verkauft sondern nach Fähigkeit besetzt werden.“ „Ganz etwas Neues. Er scheint sich wirklich erholt zu haben. - Geh, Kanna.“ Hakudoshi...hm. Er traute dem Jungen schon seit geraumer Zeit nicht mehr, und anscheinend zu Recht. Aber wo war dieses Ungeheuer hin verschwunden? War es in gewisser Weise intelligent? Ja, sicher. Sonst wäre ihm weder der Ausbruch aus dem Todeswald gelungen noch es bislang auf freiem Fuß. Was war da gewesen? Hakudoshi hatte Menschen, angeblich Händler, bis in die Berge verfolgt? Menschen – oder das Ungeheuer? Hatte es die Fußspuren eines Menschen? In diesem Fall wäre es aus Teien entkommen und Hakudoshi hätte versagt. Nun, das hatte er sowieso. Ihm eine Sumpfschlange als Ungeheuer aus dem Todeswald verkaufen zu wollen! Das Ungeheuer.... Er musste im Schloss in Shuto unverzüglich einmal die alten Unterlagen durchsehen lassen. Ab wann war es im Todeswald gewesen und wie sah es aus? Dann konnte er allein Hakudoshi auf seine Spur setzen, auch, wenn es tatsächlich in eine andere Provinz entkommen war. Alles, was er tun musste, wäre den Kaiser zu informieren und um seine Genehmigung zu bitten. Dann könnten auch die anderen Fürsten nichts sagen. Und, wenn er den lieben Inu no Taishou richtig kannte, wäre dieser sofort dazu bereit Menschen und Dämonen vor einem verfressenen Monster zu schützen. Entweder Hakudoshi erledigte das Ungeheuer – dann stünde er, Naraku, gut da, oder aber das Ungeheuer brachte seinen Sprössling um – dann könnte ihm niemand Vorwürfe machen. So oder so ließ sich bei der Sache nur gewinnen, überdies hatte er dann seine Dämonenkrieger in Shuto und für die sieben Krieger frei für neue Aufgaben. Er rief einen Diener: „Ich brauche einen Eilboten nach Shuto. Am besten jemanden, der fliegen kann.“ „Ja, mein Fürst.“ „Und dann bin ich für einige Zeit außer Haus.“ Er sah zum Fenster. Doch, Bakura und seine Männer wären auf. Ihre Tätigkeit beschränkte sich in der Regel auf die Nacht, da verschliefen sie den halben Tag und wollten durch nichts und niemanden gestört werden. Sesshoumaru hätte Fürst Naraku auch nicht erklären können, was ihn eigentlich seit vier Monaten in dieses Wirtshaus trieb. Wie immer ging er am ersten Tag des neues Monats dorthin, in einen Kapuzenmantel gehüllt, der seine Haare und die für diese Gegend viel zu teure Garderobe verbarg. Jaken, sein Haushofmeister, hatte sich kaum zu beruhigt, als er das erste Mal allein unterwegs war, es dann aber müssen, um sich nicht umbringen zu lassen. Das erste Mal...ja. Da hatte ihn eigentlich Neugier getrieben, einmal zu erfahren, wie Dämonen und Menschen in der Hauptstadt lebten. Und da hatte er sie getroffen – oder eher, sie ihn. Sie hätte ihn umgerannt, wäre er kein Dämon. Ein Menschenmädchen, keine zehn Jahre alt, mit deutlichen Zeichen von Schlägen an sich. Sie hatte sich hastig entschuldigt. Er hatte sie zunächst für eine ungeschickte Taschendiebin gehalten, aber dann war ihr viel älterer Bruder dazu gekommen, wütend schimpfend und sie grob mit sich zerrend. Der mächtige Shogun war ihnen aus einem ihm unbegreiflichen Grund zu dieser billigen Taverne gefolgt und hatte sich dort hingesetzt, einen Becher Wasser bestellt. Die Kleine musste dort arbeiten, erkannte er schnell, ebenso, dass Bruder und Schwägerin sie schlugen, als Plage des Himmels beschimpften. Eigentlich ging ihn das nichts an, aber... Ja, aber. Als sie den Becher Wasser vor ihn hingestellt hatte, hatte sie ihn angelächelt, da sie den Mann erkannte, den sie fast umgelaufen hatte. Und dieses Lächeln hatte ihn fasziniert, obwohl oder weil es von Herzen kam und aus einem verquollenen, verweinten Gesicht. Vier Mal war er seither hier gewesen. Jedes Mal war es ihm schwerer gefallen sie nicht mitzunehmen. Aber ein gewisser Dämonenstolz hielt ihn zurück. Er war der Shogun, der Erbe des Reiches – was sollte er mit einem Menschenmädchen anfangen? Sicher, im Palast würde es für sie Arbeit geben, irgendwie, nahm er an. Genau wusste er es nicht. Damit hatte er sich nie befasst. Sie erkannte ihn immer wieder und lächelte. Keinen anderen Gast lächelte sie so an. Warum ihn? Hatte sie in ihm doch den Kronprinzen erkannt? Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie ihn schon bei offiziellen Gelegenheiten gesehen hatte, zumindest nicht so nah, dass sie ihn wiedererkennen würde. Warum also lächelte sie? Aber ihm war bewusst, als er sich erneut den Umhang überwarf, dass er eigentlich nur in das Wirtshaus ging, um dieses Lächeln zu sehen. Als er heute durch die verwinkelten Straßen des Stadtteils schritt, stellte er zum ersten Mal fest, dass hier fast ausschließlich Menschen lebten. Seltsamerweise hatte er nie einen Gedanken daran verschwendet, dass Menschen und Dämonen zumeist getrennt voneinander lebten. Natürlich war es für Dämonen auch sehr unangenehm in der Nähe derart niederer Lebensformen zu wohnen, aber heute erkannte er, dass es eigenartigerweise auch anders herum war. Wer von den Menschen in ihm einen Dämon erkannte, wich aus – mehr als es der Höflichkeit gegenüber einem mächtigeren Wesen geschuldet gewesen wäre. Er kannte Respekt, als Prinz, er kannte die Angst, die Menschen erfasste, wenn sie mit Dämonen zu tun hatten, aber heute begegnete er zum ersten Mal Widerwillen, ja, Abscheu. Nun, korrigierte er sich, er erkannte sie heute zum ersten Mal. Eigenartig, in der Tat. Da musste er sich einmal dafür interessieren. Ob Vater das so je gesehen hatte? Dieser war ja schon immer recht menschenfreundlich eingestellt und hatte auch in seiner engeren Umgebung welche. Womöglich sollte er einmal mit ihm reden. Schließlich wollte er ja in einigen Jahren über Dämonen und Menschen herrschen, da empfahl es sich, Kenntnisse beider Arten zu haben. Auch eine Entdeckung, die ihm neu war. Er blieb stehen. Ein Lufthauch hatte ihm eine Witterung zugetragen, die sich von den anderen hier unterschied. Metall, Leder und getrocknetes Blut. Auch waren auf einmal hier keine Menschen mehr, sondern Dämonen und Menschen, die rasch auf ihn zukamen. Ein Überfall? Auf den Shogun oder einen zufälligen Passanten? Noch während er sich das fragte, reagierte er instinktiv. Er hob die linke Hand und drehte sich immer rascher um die eigene Achse. Zur Überraschung der Bande erschienen aus seinen Fingern dünne grüne Schnüre, die eine Spirale um ihr potentielles Opfer bildeten. Als der erste Bandit diese berührte, vermochte er es gerade noch aufzuschreien, ehe er zerteilt zu Boden ging. Als auch noch ein zweiter seiner Männer starb, realisierte der Anführer, dass dies kein wehrloses Opfer war, der Auftraggeber durchaus recht gehabt hatte, ihm Vorsicht anzuraten. Nun, dachte Bakura zynisch, er hatte sich bei der hohen Summe eigentlich schon denken können, dass es schwierig werden könnte. „Rückzug!“ befahl er. Seine Leute waren mit Messern und Schwertern bewaffnet, besaßen keine Distanzwaffen. Und man vermochte nur mit Pfeilen oder Speeren durch dieses äußerst interessante Verteidigungssystem zu kommen, Um mehr als nur die Anzahlung zu erhalten, müssten sie anders vorgehen. Dieser Kerl musste jedenfalls sterben, das waren sie schon ihrem guten schlechten Ruf schuldig. Bakura beauftragte einen seiner Männer dem Unbekannten zu folgen und herauszufinden, wo der wohnte und wer er sei. Ein Dämon war es, in der Tat, und keiner vom letzten Haken, da hatte ihr Auftraggeber ebenfalls recht behalten. Sesshoumaru erkannte rasch, dass er verfolgt wurde, aber es kümmerte ihn nicht. Falls dieser einzelne Dämon nicht lebensmüde war, würde er ihn in Ruhe lassen. Tatsächlich blieb der auch außen vor der Taverne. Als der Shogun die Wirtschaft betrat, hielt er unwillkürlich den Atem an. Er benötigte immer einige Zeit, ehe sich seine feine Hundenase an die Gerüche hier einigermaßen gewohnt hatte. Menschen und ihre schmutzigen Angewohnheiten, hinzu der Alkohol....Nein, gern war er nicht hier. Er hörte einen Schlag, dann das Wimmern eines Kindes. Ohne weiter nachzudenken ging er hinter den Tresen, zur Küche dort. Der Mann, eine Frau und das weinende Mädchen starrten ihn an. Der vielleicht zwanzig Jahre ältere Bruder hielt die Kleine am Arm fest und hatte sie geschlagen, das war deutlich sichtbar. Zum ersten Mal allerdings so, dass Sesshoumaru das nicht nur an den Spuren in ihrem Gesicht ablesen konnte, sondern vor seinen Ohren. Ein freiner Streifen Blut rann aus ihrem Mund. „Äh...Herr? Was wünscht Ihr?“ erkundigte sich der Wirt, der trotz des Umhangs einen Dämon erkannte und lieber höflich war. „Das da.“ „Das...meine Schwester?“ „In der Tat. Ich will sie.“ Der Menschenmann starrte in die emotionslosen Augen, ehe sich in seinem Gehirn eine Stelle regte, wo einst Verantwortungsbewusstsein gewesen war: „Sie...sie ist doch noch ein Kind.“ „Ich sehe es.“ Dann begriff der junge Hundedämon, dass da wohl ein gravierendes Missverständnis vorlag: „Ich brauche eine Dienerin. Was willst du für sie als Ablöse?“ „Äh...“ Überfordert dachte der ältere Bruder nach. „Fünfhundert,“ sagte seine Frau rasch, die anscheinend ein Geschäft witterte. „Rin ist ein aufgewecktes Mädchen und...“ „Fünfhundert für eine Plage des Himmels?“ Der Shogun griff jedoch bereits in den Gürtel: „Fünfhundert. Und damit gibst du jedes Recht an ihr auf.“ „Ja....“ Der Wirt sah fasziniert auf das Gold auf seinem Küchentisch. „Dann lass mein Eigentum los.“ „Hm? Oh, ja.“ Er gab seine Schwester frei, die sichtlich verwirrt der Unterhaltung gefolgt war. „Komm, Rin.“ Sesshoumaru drehte sich um und verließ die Taverne, sicher, dass ihm seine neue Errungenschaft folgen würde. An den Banditen, der dies ebenfalls tat, verschwendete er keinen Gedanken. Ein Befehl an die Schlosswachen und dieser wäre schneller im Kerker als er verstehen würde. Dann bekäme er selbst auch heraus, wer es war, der ihn tot sehen wollte. Inu Yasha und seine Begleiter waren froh, als sich ihnen das erste Dorf in der Provinz Shiroi zeigte. Sie hatten weit mehr Zeit, Tage, am verschneiten Pass des Takayama verloren als sie geplant hatten. Kagome war zu erschöpft gewesen und auch, wenn der Halbdämon sie dann getragen hatte, so waren Ess- und Ruhepausen immer notwendiger auch für die beiden Dämonenjäger geworden. Inu Yasha blieb stehen. Er trug Kagome seit Stunden. Ihr Gewicht hätte ihm nichts ausgemacht, aber sie war eingeschlafen und hatte ihre Stirn an seinen Hals gelegt. Ihr Geruch war so angenehm und so nahe bei ihm....Er ertappte sich dabei, Miroku verstehen zu können, musste er sich doch sehr zusammennehmen, um nicht seine Hand, die sie stützte, über sie wandern zu lassen. Ein seltsames Gefühl, das er nie zuvor so gespürt hatte. Sie wachte auf: „Oh, danke, Inu Yasha. Lass mich absteigen, ja?“ „Nur zu gern.“ Oh, dachte sie ernüchtert. Also war sie ihm eine Last. Nun ja, klar. Halbdämon hin oder her, das musste ihn anstrengen. Er hätte sich lieber eine Ohrfeige gegeben, als ihr zu sagen, warum es ihm lieber war, wenn sie auf Distanz ging. Das wäre ja peinlich. Sie war ein nettes Mädchen, ein Mensch – und er eben nur ein halber. Und noch dazu ein Waldbewohner, unwissend und ungebildet. Er hatte durchaus schon bemerkt, dass sich seine neuen Freunde über Dinge unterhielten, die er kaum verstand. Sie erklärten es ihm, wenn sie es bemerkten, aber das machte es irgendwie auch nicht viel besser. Ihm war allerdings klar, dass das kaum sein Fehler war. „Wartet hier,“ meinte Sango nachdenklich: „Inu Yasha, Shippou. Ihr seid doch keine Menschen und die Leute aus dem Dorf könnten erschrecken. Meine Tracht als Dämonenjäger kennen sie und ein Mönch und eine Priesterin können auch zu mir gehören. Außerdem wissen wir nicht, ob Fürst Naraku nicht alle Nachbarn für die Suche nach dem entkommenen Ungeheuer mobilisiert hat.“ „Ich habe keine Boten gesehen, aber natürlich manchmal Vögel....“ Der Halbdämon zuckte die Schultern: „Schon gut. Bringt was zu essen mit.“ Er ließ sich unter einem Baum abseits des alten Weges nieder. Schon lange waren hier keine Menschen mehr gegangen, das hatten sie bei der Bergüberquerung immer wieder festgestellt. Die einstigen Schutzhütten waren verfallen, die schneefreien Wege der tieferen Lagen zugewachsen. „Geht nur ihr beide allein,“ sagte Miroku plötzlich. Und da ihn alle ansahen: „Ich komme von der anderen Seite in das Dorf. Vielleicht erfahren wir so mehr, wenn wir uns scheinbar nicht kennen. Wir wissen ja nicht, was die Dörfler von dem Ungeheuer halten und so.“ „Gut,“ sagte Kagome, da Sango nickte. Die beiden Mädchen gingen auf direktem Weg in das Dorf, während der Mönch einen weiten Halbkreis schlug, um von Norden her einzutreffen. „Wie heißt eigentlich der Fürst von Shiroi, Sango?“ erkundigte sich Kagome unterwegs. „Kisho. Er ist ein Dämon, wie eigentlich fast alle Fürsten. Ich war sehr überrascht, dass vor Naraku in Teien noch Menschen an der Macht waren. Aber außer der Garde des Fürsten gibt es da ja wohl kaum Dämonen. Hochrrangige, meine ich jetzt, keine Wurmdämonen.“ „Ist das hier anders? Du kommst doch aus dieser Provinz?“ „Ja, mein Dorf liegt dort, Richtung Osten. Wir könnten in zwei Tagen da sein, oder auch schon eher, je nach dem.“ „Ich werde es schon schaffen,“ beteuerte die Priesterschülerin eilig. „Das meinte ich nicht. Es kann sein, dass die Dörfler hier einen Auftrag für uns haben, den wir erst einmal erledigen müssten. Und ja, in Shiroi leben einige Dämonen, auch als Herren der Dörfer und so. Ich weiß gar nicht mehr, wie es in dem Dorf dort ist...- Auf dem Hinweg kamen wir hier ja nicht vorbei.“ „Da ist jedenfalls ein Wirtshaus.“ „Ja, das gibt es fast überall. - Zum Glück habe ich noch einiges Geld, da können wir einkaufen, auch für unsere beiden Dämonenjungen.“ Erstaunlicherweise hatten die Krieger Narakus sie nicht durchsucht – nun ja, die Waffen hatten sie ihnen abgenommen, das Geld war wohl uninteressant gewesen. „Wie das klingt. Shippou ist einfach niedlich und Inu Yasha..naja...eben fast ein Mensch.“ „Halb Mensch, halb Dämon. So etwas soll sehr selten vorkommen. Mich würde schon interessieren, wer sein Vater war. Immerhin war seine Mutter eine Prinzessin. Und die Kleidung, die er trägt, ist ja auch die eines Prinzen.“ Die Priesterschülerin war ehrlich überrascht: „Ach? Ich weiß es nicht. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Ich dachte, das ist eben..naja...die Kleidung eines Halbdämons.“ „Nein.“ Sango lächelte etwas: „Das ist die Kleidung, die Mitglieder einer Fürstenfamilie auf Reisen oder zur Jagd anziehen, wenn auch nicht gerade aus Feuerrattenhaar. - Aber genug davon. Uns soll davon keiner reden hören.“ Kagome nickte. Sie mochte die beiden „Dämonenjungen“ eigentlich recht gern und wollte wirklich nicht, dass sie in Schwierigkeiten gerieten. In dem Dorf wurde die Tracht der Dämonenjäger in der Tat erkannt und Sango als Nachbarin begrüßt. Da Kagome Priestergewand trug und in ihrer Begleitung war, wurde auch ihr freundlich zugenickt. In der kleinen Wirtsstube setzten sich die Mädchen und bestellten Waren zum Mitnehmen. Während das in der Küche zubereitet wurde, tranken sie Tee. Wo blieb nur Miroku? Kagome wollte schon fragen, aber Sango schien es zu ahnen und begann eine harmlose Unterhaltung. Erst nach fast zehn Minuten stand sie auf: „Wartest du hier? Ich muss mal eben....“ Sie ging hinaus. Der Mönch mochte ein Schürzenjäger sein und manchmal eine Schande für seinen Stand – aber er war nie unzuverlässig. Wo also steckte er? Sie entdeckte ihn am anderen Ende des Dorfes, mit einer jungen Frau redend. Hatte sie sich wirklich Sorgen um ihn gemacht? Etwas verärgert drehte sie um und kehrte in das Wirtshaus zurück, wo soeben das Esspaket auf den Tisch gelegt wurde. „Hier bitte.“ Die Wirtin, eine junge Frau noch, lächelte: „Das macht dann dreißig.“ Sango zahlte wortlos und sie fuhr fort: „Ihr habt wohl eine weite Reise vor euch?“ „Ja, mehrere Tage,“ bestätigte Kagome prompt, da das Essen, wenn man nicht gerade Dämonen oder Halbdämonen zu versorgen hatte, dafür durchaus gereicht hätte. „Das denke ich mir schon. Ihr müsst nicht nach Teien?“ „Äh, nein, warum? Ach ja, ihr liegt ja an dem alten Handelsweg...“ „Nein, das ist schon lange keiner mehr, sicher fünfzig Jahre. Wer etwas in Teien zu tun hat, geht über die Heerstraße. Die wird ja durch den Kaiser beschützt. Wer sollte da schon durch die Wildnis ziehen. - Nein, ich fragte nach Teien, da Eilboten gestern durch die ganze Provinz geschickt wurden, die schnellsten Läufer und Flieger, die Fürst Kisho zur Verfügung stehen. Er bekam die Mitteilung, dass in Teien ein grausames Ungeheuer entkommen sei, das sich womöglich hierher gewandt hat. Das hat der Kaiser selbst bekanntgegeben.“ Die beiden Mädchen sahen sich an. Das war schlimmer, als sie gedacht hatten. Hoffentlich kam niemand auf die Idee, dass es sich bei diesem sagenhaften Monster um den Jungen mit den knuddeligen Hundeöhrchen handeln könnte. „Nun, wir haben nichts von einem Ungeheuer gesehen,“ sagte Sango ehrlich: „Aber wir könnten uns auch verteidigen.“ „Ja, natürlich. Dämonenjäger. - Was ist denn da los?“ Die Wirtin ging zur Tür: „Oh oh...Streit. Das ist nie gut. - He, was soll euch denn ein Mönch getan haben?“ Miroku! Sango fuhr förmlich zusammen, ehe sie neben die Wirtin trat. Tatsächlich. Einige Männer des Dorfes rannten hinter Miroku her, der eiligst aus dem Ort spurtete. Was war denn da passiert? Nur eine seiner üblichen Frauengeschichten oder etwas anderes? Zum Glück besaß er Verstand genug nach Norden zu rennen. Inu Yasha und Shippou saßen im Süden. Die vier Männer drehten um, redeten kurz miteinander, ehe sie sich wieder trennten. „Ach, die,“ meinte die Wirtin: „Wenn es nach denen ginge, sollten keine Fremden in das Dorf kommen. Unsinn. Wie sollten wir dann unsere Waren verkaufen oder auch ich hier das halten können?“ „Ja, das ist eigenartig. Haben sie denn so schlechte Erfahrungen gemacht?“ „Nicht, dass ich wüsste. Aber sie kommen alle aus Teien, vor.....fünf Jahren? Da vielleicht? Jedenfalls sind sie alle ordentlich verheiratet und so.“ „Das ist dann gut,“ murmelte Sango geistesabwesend. Hatte das etwas zu bedeuten? Hoffentlich konnte Miroku ihr weiterhelfen: „Wir müssen weiter. Komm...“ Sie wollte schon Kagome sagen, ehe ihr einfiel, dass das leichtsinnig sein mochte. Männer aus Teien? Aber ihre neue Freundin stand schon auf und nahm das Essenspaket: „Ja, es wird noch eine lange Reise. - Danke, Frau Wirtin.“ „Ach, dazu bin ich ja da. Ich danke für den Besuch.“ ** Das Ungeheuer von Teien scheint eine gewisse Bekanntheit zu erlangen... Und Naraku hat zu diesem Thema durchaus noch Einfälle. Und ja, Bakura ist eine Anspielung aus „Yugioh“. Kapitel 9: In den Zauberwald ---------------------------- Als die Mädchen zu den wartenden Halb- und Fuchsdämonen kamen, stürzten sich beide gleich begeistert auf das Essen, während Kagome sich neben Inu Yasha setzte und dem kurzen Bericht erstattete. Kauend sah er auf: „Sind diese Männer aus Teien geflüchtet?“ „Das wissen wir nicht.“ Sango blieb wachsam stehen: „Entweder sie sind geflohen – aber ganz so schlimm kam mir Naraku nun auch nicht vor – oder aber er hat sie herbefohlen, um sozusagen diesen Zugang nach Teien unauffällig zu überwachen.“ „Was du alles bedenkst!“ In Kagomes Stimme lag Bewunderung, während Inu Yasha die Schultern zuckte: „Ich habe ja keine Ahnung, was Menschen unter schlimm verstehen. Aber das, was ich so hörte...Und immerhin wollte er euch fressen lassen.“ „Das stimmt,“ gab die Jägerin zu: „Aber Todesurteile gehören eben zu den Aufgaben eines Fürsten. Auch, wenn wir alle drei nicht gerade etwas Schwerwiegendes angestellt hatten. - Oh, da kommt ja mein....geistiger Beistand!“ Diese spöttische Bemerkung galt dem herankeuchenden Mönch. „Was war denn los?“ erkundigte sich Kagome: „Wieso hattest du Ärger?“ „Gleich,“ winkte der ab und ließ sich fallen, um Atem zu schöpfen. Erst dann ergänzte er: „Ich...ich fragte nur, ob sie in letzter Zeit etwas von Teien gehört haben....Die..die Frau, die ich fragte, meinte nein, seit fünf..Jahren nicht mehr.“ Er musste Luft holen. „Da seien vier Männer geflohen und zu ihnen gekommen....Die kamen dann.“ „Und waren wohl nicht freundlich?“ erkundigte sich Sango. „Sie wollten mir die Neugier austreiben,“ gab Miroku zu. „Sinnlos,“ sagte die Dämonenjägerin prompt: „Daran scheitere ich seit Jahren. Aber, Moment mal: wieso reagieren sie auf so eine harmlose Frage so drastisch? Hat doch Naraku sie geschickt? Als scheinbare Flüchtlinge, um zu wissen, wann hier wer den Pass benutzt?“ „Keh, ich sag´s doch!“ Der Einwand des Halbdämons blieb ungehört. Miroku nickte etwas, sich langsam erholend: „Und ich bin ganz sicher, dass das zwar Menschen sind, aber eine Militärausbildung bekommen haben. Sie waren als eingespieltes Team gegen mich – hätte ich nicht bei deinen Leuten gelernt, Sango, hätten sie mich nett in die Mangel genommen.“ Auf jeden Fall war ihm der Rückzug gelungen. „Davon sollte Fürst Kisho oder gar der Kaiser erfahren,“ meinte Kagome: „Auch von unseren Urteilen und natürlich von dem armen Inu Yasha. Ich werde von dem Dorf der Dämonenjäger aus auf alle Fälle nach Machi gehen. Vielleicht gibt mir der Mikado keine Audienz, aber ich kann es wenigstens einem hohen Beamten sagen.“ „Der Kaiser oder der Shogun,“ sagte Sango nachdenklich: „Wenn unsere Vermutungen stimmen, macht Fürst Naraku irgendetwas in oder mit Teien, von dem niemand erfahren soll. Und das kann nichts Gutes sein, wenn wir an unseren eigenen Erfahrungen denken.“ Der Mönch stand mühsam auf: „Ich esse im Gehen. Wir sollten hier keine Wurzeln schlagen. Irgendeiner der Kerle meinte etwas von Nachricht...Nicht, dass Narakus Dämonenkrieger schneller hier sind, als uns lieb ist.“ „Das geht nicht. Die Taube muss ja erst nach Shuto,“ sagte Kagome: „Und wie sollte sie dann die Krieger da im Sumpf finden?“ „Du vergisst, dass leider auch einige Dämonen recht schnell fliegen können.“ Die Jägerin schwang sich ihren Bumerang über: „Immerhin war innerhalb eines Tages auch die gesamte Provinz Shiroi über das seltsame Ungeheuer aus dem Todeswald unterrichtet.“ „Keh!“ Inu Yasha stand ebenfalls: „Gehen wir. Aber ich sage euch eines: die einzige Art, wie mich dieser dämliche Naraku wieder in den Todeswald bekommt, ist in Stücken. Immerhin weiß ich jetzt, was außerhalb liegt – und ich habe Tessaiga!“ Als der mächtige Shogun um eine unverzügliche Audienz bat, unterbrach der Inu no Taishou den bisherigen Besuch sofort. Sesshoumaru neigte nicht gerade zu Übertreibungen. So betrachtete er seinen Sohn, als der sich verneigte und setzte. „Was ist geschehen?“ Immerhin war es fast Mitternacht. Der berichtete. Der Kaiser hörte schweigend zu. „Was hast du mit dem Mädchen getan?“ erkundigte er sich dann: „Und was mit deinem Verfolger?“ „Rin gab ich Jaken. Er soll ein anderes Gewand für sie finden und eine Aufgabe bei mir. - Der Dämon ist im Kerker. Ich wollte nun zu ihm gehen und fragen, wer mich tot sehen will. Habt Ihr etwas dagegen, verehrter Vater?“ „Nein. Ich wage nur zu bezweifeln, dass er seinen Auftraggeber verrät.“ „Er wird alles sagen.“ „Ohne Zweifel.“ Der Inu no Taishou kannte seinen Sohn: „Bedenke jedoch, dass er nur sagen kann, was er weiß. Irgendwann beginnt jeder zu lügen, wenn er zu...hart befragt wird. Und an Stelle des Auftraggebers wäre ich schlau genug gewesen meinen Namen, ja, selbst mein Aussehen zu verschweigen.“ „Es war eine ganze Gruppe. Und keine Anfänger, verehrter Vater. Man sollte zumindest diese festnehmen können.“ „Das würde die Stadt etwas sicherer machen. - Ich weiß nicht, ob du die Nachricht schon hörtest. Fürst Naraku von Teien bat um Hilfe. Ihm sei ein Ungeheuer entkommen, das im so genannten Todeswald festgesetzt wurde. Ich ließ die Nachbarfürsten informieren.“ Sesshoumaru zuckte fast unmerklich die Schultern. Narakus Probleme interessierten ihn nicht. „Und, ich dachte, mein Sohn, dass es deinem guten Namen nicht schaden würde, wenn du dieses Ungeheuer eigenhändig zur Strecke bringst. - Natürlich hat der Überfall auf dich Vorrang, aber wenn du diese Gruppe verhaften hast lassen, solltest du dich darum kümmern.“ „Ja, verehrter Vater. Ist dieses Monster stark?“ „In der Tat. Immerhin gelang es ihm vermutlich aus seiner Gefangenschaft und Teien zu entkommen. Myouga wird dir morgen früh den Bericht geben, samt der Beschreibung.“ „Gut. Dann gehe ich und frage den Gefangenen nach seinen Freunden. Und seinem Auftraggeber.“ Der Kaiser beneidete den Dämon nicht darum. Sein Sohn kannte das Wort Erbarmen nicht. Umso erstaunlicher war diese Episode mit dem Menschenmädchen. Er sollte wohl ein Auge darauf haben. Nicht, dass Sesshoumaru noch wegen der Kleinen in einen unverdient schlechten Ruf kam. „Dann gehe. Ich schicke morgen früh Myouga zu dir. Dann kannst du ihm sagen, was du herausbekommen hast.“ Der kleine Flohgeist hatte in den vergangenen Tage erfolglos die Akten der Ministerien und die dortigen Berichte der Fürsten durchsucht. Keine Spur von einem jungen Halbdämon war aufgetaucht. Was war nur aus seinem zweiten Sohn geworden? Lebte der überhaupt noch? Er sollte diese geplante Rundreise durch die Provinzen bald antreten, aber was war mit diesem Ungeheuer? Was mit dem geplanten Mordanschlag auf Sesshoumaru? Und nicht zuletzt mit der ominösen Krankheit, die seit Tagen seinen besten Boten an das Krankenlager fesselte? Irgendetwas bereitete sich unter der friedlichen Oberfläche vor, da war er sicher, und er schwankte was besser wäre: die Reise oder zunächst hier in der Hauptstadt zu bleiben, stets Sesshoumaru auszuschicken. Nun, das Monster würde dem eine gewisse Erholung bieten. „Wie Ihr wünscht.“ Der Shogun erhob sich. Ein starkes Ungeheuer zu jagen könnte in der Tat einmal eine nette Abwechslung nach all der langweiligen Büroarbeit sein. Zunächst freilich war dieser Dämon dran. Inu Yasha blieb kurz nach dem Aufbruch seiner Gruppe bei Sonnenaufgang stehen und sah zum Himmel auf, ehe er sagte: „Mist! Los, unter den dichten Baum da!“ Seine Freunde gehorchten sofort, ehe Kagome leise fragte, was denn passiert sei. Der Halbdämon blickte erneut auf: „Totentanzkrähen!“ „Igitt,“ murmelte Sango: „Aber was meinst du? Sie sollten nichts von uns wollen, wir leben noch.“ „Schon, aber Naraku setzt sie manchmal als Spione ein.“ „Woher weißt du das?“ fragte sie unverzüglich. „Zum einen unterhielten sich die Wachen um den Todeswald immer gern, da konnte ich zuhören und zum anderen leistete mir immer wieder mal ein kleiner, angeberischer Flohgeist Gesellschaft, der mir viel über Dämonen erzählte. Angeblich hat er einen Verwandten am Kaiserhof. Hieß Miki, also, der Flohgeist. Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen. Sein Verwandter fing auch mit M an, aber den Namen habe ich vergessen.“ Inu Yasha zuckte die Schultern: „Aber die Krähen bedeuten, dass Naraku auch hier in Shiroi nach uns suchen lässt.“ „Das war zu erwarten,“ meinte Miroku: „Naraku scheint den Kaiser über unsere Flucht informiert zu haben – und alle angrenzenden Fürstentümer dürften in Alarmbereitschaft sein.“ „Nicht ganz, Hoshi-sama,“ gab Sango zurück: „Zum einen nicht „unsere Flucht“, da sie wohl alle davon ausgehen, dass wir Drei gefressen wurden, zum anderen, nach dem, was die Wirtin sagte, suchen sie ein Monster, keinen Halbdämon.“ „Immerhin etwas,“ murrte das ehemalige „Ungeheuer aus dem Todeswald“ nicht begeistert: „Aber das heißt doch wohl auch, dass wir nicht über offenes Land gehen sollten. Ich meine, wenn diese dämlichen Krähen mich erkennen und euch drei dazu...“ „Ja, dann sind wir geliefert. Immerhin sind wir flüchtige Verbrecher.“ Miroku dachte nach: „Sango, dein Dorf liegt zwei Tage von hier, ungefähr Richtung Osten, nicht wahr?“ „Ja.“ Die Dämonenjägerin seufzte: „Und alles über offenes Land. Wir kommen jetzt in die Flussebene, wo Felder sind. Erst unser Dorf liegt wieder auf einer Anhöhe im Bergwald.“ „Das stimmt nicht.“ Inu Yasha deutete geradeaus: „Da liegt ein Wald, genau Richtung Osten.“ „Oh nein, da gehen wir nicht durch!“ protestierte die Jägerin prompt: „Das ist der Zauberwald. Wer dort hineingeht, kommt nicht wieder!“ „Sagt man,“ ergänzte der Mönch etwas nüchterner: „Aber, Sango: wir haben nur die Wahl zwischen dem Zauberwald und offenem Land.“ Kagome sah zu ihrer neuen Freundin: „Zauberwald? Wer lebt denn da?“ „Wesen, die mit dem Wald leben. Genau weiß ich es nicht. Seltsame Magie soll dort vorhanden sein, die der Bäume und der eigenen Lebensformen, und keine andere wirken. Keine Dämonen, keine Menschen leben dort aber Zauberwesen. Mir wurde immer davon abgeraten reinzugehen.“ „Keh!“ machte Inu Yasha: „Wenn ich daran denke, dass mein Wald auch der „Todeswald“ hieß...Außerdem: wenn wir über die Felder spazieren, sehen uns die Menschen und alle Dämonen!“ „Ja,“ gab Miroku zu: „Es sieht so aus, als haben wir keine Wahl.“ Sango seufzte, nickte jedoch und so meinte auch Kagome: „Wir dürfen dann eben keine Bäume verletzen, also, kein Holz nehmen oder Feuer machen, das sollte schon helfen.“ Shippou brach sein Schweigen: „Ja, das müsste passen. Ich meine, ich bin ein richtiger Fuchsdämon, ich lebte bis jetzt immer im Wald. Was auch immer da ist, ich müsste mich damit verständigen können. Irgendwie, wenn das schon Inu Yasha nicht hinbekommt.“ „He!“ sagte der prompt. Irgendwann würde er diesen kleinen Fuchs..., na, zumindest verprügeln. So etwas von vorlaut. „Lass den Kleinen,“ meinte Kagome sofort. Musste dieser Halbdämon denn immer alles sofort als Beleidigung auffassen? Er konnte so nett sein – und war auch so ein Raufbold! Waren das etwa alle Hundedämonen? Die nächste halbe Stunde überlegte sie sich, wie sie ihm ein Halsband und einen Maulkorb umlegen könnte. Myouga war pünktlich bei Sonnenaufgang in den privaten Gemächern des Shogun eingetroffen. Ein wenig verwundert hatte er in einem Vorzimmer das kleine Menschenmädchen sitzen sehen, das offenbar die Kleidung des jungen Hundedämons untersuchte und nähte. Aber er schwieg wohlweislich. Sesshoumaru neigte nicht dazu, vorwitzige Fragen anders als gewalttätig zu beantworten. Zwar war der Flohgeist der engste Berater des Kaisers, aber das würde ihn nur vor dem Tod schützen. So sprang er in das Schlafzimmer. „Myouga.“ Der Shogun stand am Fenster und sah sich nicht um. „Guten Morgen, Sesshoumaru-sama.“ Lieber höflich als plattgedrückt. „Du kannst meinem verehrten Vater ausrichten, dass die Gruppe, die mich überfallen hat, vollständig im Kerker sitzt. Anführer ist ein gewisser Bakura, ein Dämon ungewisser Herkunft. Mir wurde gesagt, dass das noch herausgefunden wird. Sie wurden von einem Unbekannten beauftragt mich zu töten. Sie wussten weder wer ich bin, noch konnte einer von ihnen angeben, wer dies war. Bakura sprach als einziger mit ihm und erzählte, der Fremde sei in ein Affenfell gekleidet gewesen und habe eine Maske getragen. Vermutlich ein Dämon. Nach der Redeweise durchaus ein vornehmer Mann.“ „Ja.“ Myouga schluckte, wenn er bedachte, was vermutlich jedem Einzelnen dieser Gruppe widerfahren war, gerade auch dem Anführer. Sesshoumaru war niemand, der einen Mordanschlag auf sich als beiläufig zu den Akten legte. „Wünscht Ihr selbst den Prozess zu führen?“ erkundigte er sich jedoch bei dessen Hinterkopf. „Kein Prozess, es sei denn, der Kaiser entscheidet anders, bis auch der Anstifter gefasst wurde. - Was weißt du über das Ungeheuer?“ „Nur die Beschreibung, die Fürst Naraku aus seinen Unterlagen ersehen konnte. Er hat es nie persönlich besichtigt. Es sei eine Art unbekannter Dämon, mit Fangzähnen und rot und weiß. Seine Klauen seien gefährlich und tödlich.“ „Bewaffnet?“ erkundigte sich Sesshoumaru, noch immer aus dem Fenster blickend. „Nein. - Jedoch muss es sowohl intelligent als auch in Magie bewandert sein. Der Todeswald, in dem es gefangen saß, wurde von Dämonen bewacht und mit starken Bannkreisen gesichert, die eigentlich fast jeden Dämon zurückgehalten hätten. Euch nicht und auch sicher nicht meinen Herrn.“ Er kannte den Kronprinzen seit seiner Geburt: „Ein Wächter wurde mit einem Klauenhieb getötet.“ „Warum brach es jetzt aus?“ „Zum ersten Mal wurden ihm zum Tode Verurteilte geschickt. Fürst Naraku vermutet, dass es nun auf den Geschmack von Menschen gekommen sei.“ Darum also war Vater so daran interessiert: „Naraku ließ Menschen ihm vorwerfen.“ „Verbrecher, ja. Der Herr tadelte ihn bereits.“ Das war klar. Hinrichtungen hatten nach Meinung des Inu no Taishou stets möglichst kurz und einfach abzulaufen, und nur, wenn sie notwendig waren. „Wo wurde es zuletzt gesehen?“ „Fürst Narakus Sohn Hakudoshi folgte der Fährte bis zum Großen Sumpf.“ „Das wäre Shiroi oder Tonoo.“ „Das wären die Nachbarprovinzen, ja.“ „Die dortigen Fürsten suchen es?“ „Ja.“ „Gehe und sage meinem verehrten Vater, dass ich morgen aufbrechen werde.“ „Allein?“ Der Thronfolger wandte sich um und Myouga schluckte. Aber der Shogun fragte nur: „Hältst du mich für schwach?“ „Nein, Sesshoumaru-sama,“ beteuerte der kleine Berater hastig: „Ich..nur, wenn der Herr fragen sollte....“ „Geh.“ Der Flohgeist gehorchte eilig. Der so genannte Zauberwald entpuppte sich zunächst als lichter Laubwald. Schon bald allerdings wurde es finsterer. Die Bäume standen enger und die flüchtige Gruppe sah sich gezwungen hintereinander zu gehen. Inu Yasha marschierte voran, sicher, dass er die Richtung gen Osten halten konnte, danach Kagome mit Shippou auf der Schulter, dann Sango. Miroku machte den Abschluss, in der Hoffnung, er und sein Schwarzes Loch könnten einen hinterhältigen Angriff parieren. Gegen Mittag hielt der Halbdämon an. Er konnte nur zu deutlich wahrnehmen, dass Kagome müde wurde. „Machen wir hier Pause.“ Es war eine kleine Lichtung, die mit Gras und einigen Kräutern bewachsen war. Unausgesprochen erleichtert ließen sich die Menschen zu Boden und aßen den Rest ihrer Vorräte aus dem Dorf. Leider konnten sie kein Feuer machen. Es war frisch geworden und hier im Wald hielt sich eine gewisse Feuchtigkeit. „Es ist schon unheimlich hier,“ murmelte Kagome. „Aber es ist auch erst der zweite Wald, in dem ich je war.“ „Du lebtest immer in Shuto?“ erkundigte sich Miroku: „Aber klar, du bist da geboren und aufgewachsen....“ „Ja. - Du warst ja ein Wandermönch?“ „Nicht immer. Als ich geboren wurde, blieb mein Vater kurz in dem Dorf, in dem meine Mutter lebte, ehe er wieder ging – er wollte den Dämon finden, der uns den Fluch mit dem Kazaana angetan hat. Als meine Mutter dann starb, kam er zurück und brachte mich zu einem Bekannten, einem Einsiedlermönch. Er fürchtete, zu Recht, dass er sterben würde, ehe ich erwachsen sei. Als ich alt genug war, begann auch ich umherzuwandern, immer in der Hoffnung, diesen Dämon zu finden. Aber such mal jemanden, den du nicht kennst....So kam ich dann zu den Dämonenjägern und Sangos Vater war so nett, mich aufzunehmen und auch mir weiterzuhelfen. Leider nicht, was die Beseitigung des Fluches angeht...Aber das kann wohl nur der Verursacher oder dessen Tod.“ „Ein schrecklicher Fluch,“ murmelte die Priesterschülerin. „Ich komme damit schon klar,“ sagte der Mönch und freute sich über Sangos rasches Lächeln. Tatsächlich war sie durchaus mit ein Grund, warum er leben wollte. Und dazu musste er den Kerl finden, ja, ihm umbringen, der diesen Fluch ausgesprochen hatte. Das würde er tun – oder zumindest einen Sohn in die Welt setzen, der diese Aufgabe übernehmen konnte. Inu Yasha, der nur halb zugehört hatte, hob den Kopf: „Da ist etwas!“ Er stand auf und schob sich seine Schwertscheide in den Gürtel. „Ja.“ Shippou sprang auf die Schulter des Halbdämons: „Jemand beobachtet uns....“ Auch die drei Menschen erhoben sich alarmiert. Sie besaßen alle drei die Fähigkeit Magie zu spüren und eindeutig war da Zauber um sie. Sango und Miroku griffen zu Bumerang und Mönchsstab. „Wer ist da?“ fragte die Dämonenjägerin laut. Etwas kicherte hinter ihnen, eine weibliche Stimme. Inu Yasha fuhr herum: „Verflixt, ist die schnell.“ Das Laub der Bäume begann zu wehen, Blätter fielen um sie zu Boden, scheinbar harmlos, aber die Gruppe wich zurück, enger zusammen, Rücken an Rücken, um sich gegenseitig zu decken. „Miroku, wie wäre es mit deinem Loch?“ erkundigte sich der Halbdämon gereizt: „Das Zeug hier wird immer mehr.“ „Noch werden wir nicht angegriffen, Inu Yasha!“ tadelte Kagome: „Du kannst nicht einfach Leute umbringen, nur, weil sie mit Laub auf dich werfen!“ „Ach ja?“ knurrte der Angesprochene, die Hand an Tessaiga: „Dann hältst du das also für normal?“ „Nein. Aber wir wissen nichts über die und die nichts über uns.“ „Oh, die Stimme der Vernunft! Und das auch noch von einer Priesterin. Wie erstaunlich.“ Dieser Kommentar kam von einem jungen Mann mit langen, schwarzen Haaren, der sich nachlässig an einen Baum lehnte. Seine Kleidung lag ebenso eng wie Sangos an, aber bestand aus grünen Pflanzenfasern. Seine Schultern wurden allerdings von Metallscheiben bedeckt und ein Schwert hing mit einem Gürtel befestigt an seiner Hüfte. Prompt schob Inu Yasha Kagome hinter sich: „Wer bist du?“ erkundigte er sich gereizt. „Das sollte ich dich fragen. Immerhin seid ihr in unseren Wald eingedrungen.“ „Wir gehen hier nur durch und sind gleich wieder weg. Es sei denn, natürlich, du suchst Ärger.“ „Hm. Du bist kein Dämon, aber der kleine Fuchs ist einer. Du bist aber auch kein Mensch, denn ich erkenne eine Dämonenjägerin, einen Mönch und eine Priesterin. Was bist du?“ „Ein Halbdämon, FALLS du es wirklich wissen musst.“ Kagome entschloss sich einzugreifen: „Inu Yasha, jetzt lass ihn. - Wir wollen hier nur wirklich durch. Das ist alles. Und wir haben auch kein Holz genommen.“ „In der Tat,“ erwiderte der Unbekannte: „Sonst wärt ihr auch schon tot. Wir sind die Wächter der Bäume, ihre Hände, sozusagen. - Du verfügst über eine interessante Macht, Priesterin.“ „Ja,“ bestätigte die weibliche Stimme. Neben dem Bewaffneten erschien eine junge Frau, ebenfalls in grünem Gewand gekleidet, wenn auch in einem bodenlangen Kleid: „Auch der Mönch....Und ein Halbdämon. Was sucht ihr in unserem Wald? Dir, Dämonenjägerin, müsste klar sein, dass der Tod hier auf jeden Störer wartet.“ „Keh!“ Inu Yasha presste die Hand fester um Tessaiga, zog allerdings nicht, da Kagome sein Handgelenk fasste. „Das ist mir bewusst,“ meinte Sango etwas unbehaglich: „Aber wir hatten weder die Absicht zu stören noch blieb uns eine Wahl. Wir werden verfolgt.“ Die beiden Unbekannten tauschten einen Blick, ehe er sagte: „Ich bin Hiroki, ein Baumkämpfer, und das ist Beniko, eine Laubzauberin. Wir werden Euch zur Mutter des Waldes bringen. Dort soll die Entscheidung fallen.“ „Danke,“ meinte Sango hastig, da sie das Gefühl hatte, der Halbdämon würde gleich den Kampf beginnen: „Das ist der Mönch Miroku, Kagome, Shippou, Inu Yasha und mein Name lautet Sango. Wie gesagt, wir wollen weder stören noch Kampf.“ Hiroki warf einen Blick auf den Halbdämon: „In der Tat?“ „Schon gut,“ murrte der und ließ sein Schwert los: „Ich will keinen Ärger – also macht auch keinen. Was seid ihr? Keine Dämonen.“ „Nein, keine Dämonen. Eure Sprache hat keinen Namen für uns.“ Der Baumkämpfer wandte sich um: „Folgt mir.“ Er ging voran und die Gruppe gehorchte, eigentlich kaum überrascht, dass sich Beniko scheinbar in Luft auflöste, selbst für die Nase eine Halbdämons. ** Ob der seltsame Wald Schutz oder Gefahr bedeutet wird sich ebenso zeigen, wie die Antwort auf die Frage, ob Sesshoumaru oder Hakudoshi mit DIESER Beschreibung das Ungeheuer aus dem Todeswald finden können... Kapitel 10: Die Mutter des Waldes --------------------------------- Die Reisegruppe aus Menschen, Halbdämon und Fuchsdämon folgte Hiroki, dem Baumkämpfer, immer tiefer in den Zauberwald. Allen war dabei bewusst, dass auch andere dieser seltsamen Wesen sie beobachteten, wenn nicht die Bäume selbst. Auch Inu Yasha zog es vor, hier nicht zu kämpfen. Er war gern voreilig, agierte, ohne zuvor zu denken, aber das hier war eine zu ungemütliche Lage. Unsichtbare Gegner ohne Witterung war nichts, mit dem er umgehen konnte. Er merkte jedoch, dass sie wieder nach Süden wanderten. Wenn er sich nicht irrte, müssten sie bald wieder an die Berge gelangen, die die Provinzen Shiroi und Teien voneinander abgrenzte. Wollten diese Wesen sie etwa Naraku ausliefern? Endlich blieb Hiroki kurz stehen, ehe er eine große Lichtung betrat. Zum Erstaunen der Besucher befanden sich dort gewiss an die fünfzig dieser fremden Wesen, die weder Dämon noch Mensch waren, aber dennoch Magie beherrschten, anscheinend die Hälfte Baumkämpfer, aber auch einige Zauberinnen und andere, deren Kleidung sie noch nicht gesehen hatten. Hiroki neigte den Kopf, ehe er weiterging. In der Mitte der Lichtung lehnte ein Wesen an einem großen Stein, wie es weder Mensch noch Dämon je gesehen hatten. Es schien eine Frau zu sein, die Gesichtszüge waren weiblich, aber der gesamte Körper bestand aus Holz, ja, Ästen. Auch Beniko, die Laubzauberin, erschien nun neben den Besuchern und verneigte sich vor ihr. „Mutter, wir fanden diese Menschen und Dämonen in unserem Wald,“ sagte sie: „Einer ist sogar ein Halbdämon. Sie achteten das Holz und kämpften nicht als sie uns bemerkten.“ „Mönch und Priesterin,“ ergänzte Hiroki: „Könnten nützlich sein. Sie besitzen magische Fähigkeiten.“ Die Mutter des Waldes hob etwas die Hand: „Dann kommt näher, Fremde. In der Tat. Solche Wesen waren noch nie gemeinsam in meinem Wald, solange ich mich zurückerinnern kann. Sie nahmen kein Holz?“ „Nein, Mutter.“ Hiroki bedeutete den Besuchern sich zu verneigen. Die Menschen taten es. „Oh...“ murmelte Miroku. Die Mutter des Waldes blickte zu ihm: „Was siehst du, Mönch?“ „Du bist krank, nicht wahr?“ „Ja. Seit einigen Tagen. Meine Kinder und die Bäume sind besorgt. Sterbe ich, sterben auch sie. Weißt du, warum?“ „Ich ahne es, ehrwürdige Mutter, aber...Kagome, du müsstest es genauer erkennen können.“ Die Priesterschülerin wollte schon erwidern, dass er doch eine komplette Ausbildung durchlaufen habe, als sie es erkannte. Und sie konnte nicht verhindern, dass sie rot wurde. Das, was an Leuchten an drei Stellen durch das Holz der Mutter des Waldes schimmerte, war helle, läuternde Magie. Und nach allem, was sie erkennen konnte, waren das Splitter. Wie hatte Akago, Narakus Sohn, bei ihrem Verhör gesagt? Die Splitter des magischen Juwels, das sie zerstört hatten, würden sich nun über das gesamte Reich verbreiten? War sie etwa Schuld daran, dass die Mutter des Waldes erkrankt war? Sie musterte den riesigen Körper noch einmal: „Darf ich dich anfassen, ehrwürdige Mutter?“ Sie nahm an, dass die Anrede, die der Mönch verwendet hatte, passte. „Du meinst, dass du mich heilen kannst?“ fragte diese. „Ich glaube zu wissen, was die Krankheit verursacht.“ Sie trat näher und kniete nieder, ohne zu bemerken, dass alle Baumkämpfer die Hände an die Schwerter legten. Inu Yasha hatte es sehr wohl gesehen, verzichtete jedoch darauf Tessaiga zu ziehen, da die Mutter des Waldes sofort den Kopf schüttelte und sich die Kämpfer entspannten. „Die Laubzauberinnen sagen, es sei Fremdes in mir. Aber nichts, das wir kennen.“ „Ja. Ich kann drei Splitter sehen. Splitter eines magischen Juwels. - Hier und hier und hier.“ Kagome deutete auf die drei Äste, die wohl beiden Armen und einem Bein entsprachen. „Ja, hier begann der Schmerz. Weiter.“ „Die Magie dieser Splitter ist es wohl, die....die Krankheit verursacht. Man müsste sie entfernen.“ „Dann tue das.“ „Äh...“ Kagome sah sich hilfesuchend um. Miroku schüttelte den Kopf: „Ich sehe das Leuchten, aber ich kann die Splitter nicht kontrollieren. Du wohl eher.“ Er wollte nicht gerade vor der Leidenden und ihren Kindern sagen, dass es Kagome ja immerhin geschafft hatte, das Juwel zu zerstören, etwas, das ihm selbst nie gelungen wäre. „Ich....“ Sie seufzte, war aber zu hilfsbereit, um nicht zu erklären: „Ich versuche es. Nur, wie kann ich an die Splitter herankommen? Vielleicht kannst du, Hiroki, schneiden...?“ „Nein.“ Der Protest kam von dem Baumkämpfer und der Mutter des Waldes gleichzeitig. Diese fuhr fort: „Keines meiner Kinder oder eine Waffe, die sie tragen, kann mich verletzen, Menschenkind, nicht einmal das Schwert der Dämonenjägerin. Du wirst es tun, Halbdämon, denn dein Schwert hat die Macht. Und ich kenne seine Scheide. Das Holz stammt von einem alten Freund von mir, einem Magnolienbaum weit im Norden. Darum vertraue ich dir.“ „Keh! Ich heiße Inu Yasha.“ Der Halbdämon zog, zögerte aber: „Das wird dir ziemlich wehtun, ich meine, auch, wenn du aus Holz bist....“ Ein Lächeln: „Nichts ist immer das, was es zu sein scheint, Inu Yasha. Schlage getrost zu.“ „Na ja...“ Er kam zu ihr: „Wo, Kagome?“ Sie deutete auf das Bein: „Hier drunter, ungefähr zehn Finger tief.“ „Gut.“ Er hoffte, dass Tessaiga hielt, was sich diese Mutter des Waldes davon versprach, und schlug möglichst genau bemessen zu, soweit er das nach seinen Übungen mit Sango konnte. Immerhin hatte er schon damit geübt, das kam ihm jetzt ebenso zu Gute wie bei dem Kampf mit der Sumpfschlange. Kagome griff sofort hin und nahm den Splitter heraus. Er leuchtete unter ihren Fingern kurz auf, ehe er erlosch: „War es das, ehrwürdige Mutter?“ „Ja. Dann noch die Arme.“ Das seltsame Holzwesen lächelte seine Kinder an: „Sie bereiten mir Schmerzen, aber manchmal ist das nötig, um zu heilen. Macht nur weiter, Priesterin und Halbdämon. Ich möchte dann später nur zu gern wissen, wie ihr alle zusammengekommen seid. Eine solche Reisegruppe gab es noch nie, die zudem meinen Wald betrat.“ Zwei Schläge mit Tessaiga später hatte Kagome alle drei Splitter in der Hand. Sie war erst unschlüssig, was sie nun damit anstellen sollte, ehe ihr einfiel, dass sie ein Medaillon um den Hals trug, das ein kleines Fach besaß. So steckte sie sie hinein, sicher, dass Miroku und schon gar Sango es nicht wagen würden, diese Splitter anzufassen. Warum wohl? Sie war doch eigentlich wirklich nichts besonderes, eine eher durchschnittliche Priesterschülerin. Die Mutter des Waldes atmete durch: „Ja, das war es. Das Andere kann ich heilen. - Seid unsere Gäste, und befriedigt meine Neugier. Ich erfahre wenig aus erster Hand über das Leben außerhalb des Waldes, und noch weniger von Leuten, die ihn respektierten. - Setzt euch. Und, Kinder, bringt ihnen Pilze und Beeren, die sie essen können.“ Hakudoshi flog derweil mehr als wütend über den Großen Sumpf. Vater war ihm erschienen – und es war noch schlimmer gewesen als er erwartet hatte. Das Monster, das er fangen hatte lassen, war nicht das Ungeheuer, das er suchen sollte. Zu allem Überfluss hatte Fürst Naraku die sieben Krieger zu sich befohlen und die anderen zurück nach Shuto gesandt, während ihm allein die Aufgabe blieb, das wahre Monster aus dem Todeswald zu suchen. Das Einzige, das ihm noch als Hilfe gesagt worden war, war, dass es weiß-rot sei und Fangzähne und Klauen habe. Himmel, da konnte ihm die Hexe des Feuerberges nützlicher sein – und die war seit hundert Jahren tot. Vater war zornig auf ihn. Hatte der etwa vermutet, er habe mit Absicht die Sumpfschlange mit dem Ungeheuer verwechselt? Woher hätte er denn wissen sollen, wie es aussah? Und sie hatte seine Krieger angegriffen, ja, welche verschlungen. Erst keine Auskunft bekommen und dann bestraft werden... Daran war sicher nur der liebe kleine Akago schuld. Wenn er dem nur endlich auch einmal eine reinwürgen konnte.Aber der war ja immer der Jüngere, wurde von Vater geradezu wie ein Baby gehätschelt und er selbst wurde den schwersten Prüfungen unterzogen. Sicher, er war der Ältere, der Erbe, aber....manchmal hatte Hakudoshi das Gefühl, dass sein kleiner Bruder durchaus nicht so harmlos sei, wie er immer tat. Vater würde da noch eine böse Überraschung erleben. Jetzt aber sollte er sehen, dass er in groben Rastern über das Gebirge flog, nach Shiroi dahinter. Irgendwo im ´Gebirge oder den Wäldern musste sich das Ungeheuer herumtreiben. Es würde sicher Dämonen meiden – aber auch Menschen? Er musste sich erkundigen, ob es Tote gegeben hatte in den Dörfern am Gebirgssaum oder auch anderswo. Dieses Ungeheuer musste er auftreiben, koste es, was es wolle, denn Hakudoshi hegte keinen Zweifel daran, wie Fürst Naraku ein erneutes Versagen bestrafen würde. Am Beginn des folgenden Tages begleiteten Hiroki und Beniko die Gäste der Mutter des Waldes aus ihrer Heimat. Am Rand der Wiesen blieben sie stehen. „Geht nun in Frieden,“ sagte der Baumkämpfer: „Wie Mutter euch schon sagte: ihr seid hier immer willkommen. Wir stehen in eurer Schuld, gerade in eurer, Kagome und Inu Yasha. Und wenn die gesamte Welt gegen euch ist: hier werdet ihr Zuflucht finden. So sprach unsere Mutter und so soll es geschehen.“ „Danke, das ist sehr nett von eurer verehrungswürdigen Mutter und euch,“ erwiderte Kagome höflich: „Es war eine Kleinigkeit und wir sind froh, dass wir helfen konnten. Und danke für die Pfeile und den Bogen, die ihr mir geschenkt habt.“ Inu Yasha hätte am liebsten etwas ganz anderes gesagt, denn er fand diesen Typen irgendwie schrecklich arrogant, aber er hielt den Mund, als er den geradezu herausfordernden Blick des kleinen Fuchsdämons neben sich sah. Shippou schien schon wieder förmlich auf einen Fehler seinerseits zu warten, um eine dumme Bemerkung anbringen zu können. So nahm sich der Halbdämon zusammen. Es war nicht nötig, dass der Kleine schon wieder darauf herumritt, dass er ein vollwertiger Dämon sei und damit nützlicher als ein halber. „Danke für eure Gastfreundschaft,“ meinte auch Sango: „Ich werde in meinem Dorf allerdings nichts davon erwähnen.“ „Ja, das wäre besser,“ gab die Laubzauberin zu: „Wir leben lieber ungestört. - Geht nun und seid vorsichtig. Die Wurzeln der Bäume unterhalten sich mit denen des Grases. Sie sagen, Blut fließt auf den Wiesen in Richtung Sonnenaufgang. Ihr sagtet doch, ihr werdet verfolgt.“ Die Dämonenjägerin erschrak. Im Osten lag ihr Dorf. Nun, nicht nur, aber es war eine alarmierende Nachricht. Miroku wusste das ebenso: „Danke, Beniko. Dann beeilen wir uns lieber.“ Die beiden Wesen des Zauberwaldes waren schon verschwunden, als sich die Fünf auf den Weg machten. „Ich kann keine Totentanzkrähen riechen,“ sagte Inu Yasha: „Die haben sich wohl geirrt.“ „Nicht nur diese arbeiten für Naraku,“ meinte der Mönch: „Denk an die Dämonenkrieger, die uns verfolgten.“ „Ja, und einige menschliche Krieger hat er auch. Komische Typen.“ Der Halbdämon dachte nach: „Ich habe nur einmal einen gesehen, der zu meinem Wald kam, aber der hatte einen eigenartigen Geruch. Mensch und doch nicht. Es hieß da, es gäbe sieben von ihnen.“ „Menschen und doch keine?“ Kagome rieb sich unwillkürlich die Arme: „Das klingt unheimlich.“ „Vieles, was mit Naraku zu tun hat, ist das, “ meinte Sango: „Ich finde es immer notwendiger dem Shogun oder gar dem Kaiser selbst davon Mitteilung zu machen. Der mächtige Inu no Taishou sollte dem Fürsten auf die Finger sehen.“ „Äh, wer?“ fragte Inu Yasha. „Der Inu no Taishou. Das ist der ursprüngliche Titel des Kaisers, ehe er es wurde. Der Heerführer der Hunde. Seinen richtigen Namen kenne ich nicht. Er war ein Provinzfürst im Westen, als er die älteste Tochter des Kaisers heiratete.“ „Sicher,“ sagte Kagome: „Nur so hatte er die Macht sich ihr zu nähern. Sie hätte bestimmt nichts unter einem Fürsten geheiratet.“ „Ja, ihre Schwester ist mit Fürst Kato von Nakamura verheiratet. Aber das war eben die Jüngere und die zweite der Thronfolge.“ Sango zuckte die Schultern: „Und als Sesshoumaru, ich meine, der Shogun geboren wurde, war es wohl aus mit Fürst Katos Erbrechten.“ „Du weißt ganz schön viel.“ „Ja, das gehört bei mir mit zur Ausbildung. Die Geschichte des Reiches. Hast du so etwas in der Priesterinnenschule nicht gelernt?“ „Nein. - Du, Miroku?“ „Nein,“ gab der Mönch zu: „Erst bei den Dämonenjägern. Und du, Inu Yasha?“ „Dieser Flohgeist fing immer wieder damit an,“ erklärte der Halbdämon: „Aber ich saß da in meinem Wald, das hat mich daher nie interessiert, wer wann wen heiratete.“ „Oh, das ist wichtig für das Erbrecht,“ sagte Kagome prompt: „Und deine Mutter war doch immerhin auch eine Prinzessin. Wieso ist eigentlich Naraku jetzt Fürst? Sie starb doch, ehe er es wurde.“ „Ja. Er hat dann wohl meinen Onkel beerbt. Stimmt eigentlich. Wieso ist der Typ Fürst und nicht ich?“ „Weil ein Fürst viel wissen muss und du nur ein halber Dämon bist,“ krähte Shippou mehr ehrlich als diplomatisch klug. Prompt schlug der Angesprochene zu. „Inu Yasha!“ meinte Kagome empört: „Schämst du dich nicht, ein Kind zu schlagen?“ „Dann soll er die Klappe halten!“ Der Halbdämon verschränkte die Arme und ging demonstrativ an die Spitze der Gruppe. Shippou dagegen genoss die tröstende Umarmung der Priesterschülerin und nahm sich fest vor, weiter auf seinem Bonus als Kind zu bestehen. Fürst Naraku hatte bereits lange nachgedacht, ehe ein geflügelter Bote ihn davon benachrichtigte, dass die sieben Krieger ihren Auftrag in Shiroi erledigt hatten und nun auf einem gewissen Umweg zurück nach Teien und in die Hauptstadt Shuto kehren würden. Überdies war auch Hakudoshi inzwischen in Shiroi – und auf seinen aufmüpfigen Sohn wartete eine Falle. Beide Zwischenfälle würde man ohne Zweifel dem Ungeheuer aus dem Todeswald zur Last legen – und das Augenmerk des Shogun und des Mikado auf diese Provinz lenken. Natürlich bedeutete das auch, dass sein Amtskollege, Fürst Kisho, als unfähig dastehen würde, aber das wäre nur nützlich. Kato, der Herr von Nakamura, sein Verbündeter, hatte ihm mitgeteilt, dass er begonnen habe, Leute anzuwerben, die mit in einen Aufstand gegen den Kaiser ziehen sollten. Das würde dauern, aber in nur wenigen Monaten könnte es soweit sein. Wichtig war nur, dass Vater und Sohn abgelenkt wurden. Und dieses Ungeheuer bot sich dafür geradezu an. Offiziell würde er selbst sich weiterhin hier in Machi, der Hauptstadt des Reiches aufhalten, um die Hochzeiten von Akago und Kanna mit den Kindern Katos vorzubereiten. Was sollte er in Teien, wo Akago seine Interessen vertrat, wenn hier der heimliche Kampf um die Macht längst begonnen hatte. Und Kannas Spiegel hatte interessante Neuigkeiten gezeigt. Ein kleines Menschenmädchen war in die Privaträume des Shogun gebracht worden. Offiziell als Näherin, aber wer wusste es schon. Es war zu auffällig, dass der gute Sesshoumaru kein Interesse an Frauen oder auch nur Männern zeigte – war dies sein Geheimnis? Das wäre ein netter Skandal – allerdings wusste Naraku, dass er vorsichtig sein musste. Gerüchte ausstreuen war eine Sache – offizielle Anklage erheben gegen den zweiten Mann im Reich eine andere. Anklage wäre fataler und wirkungsvoller. Sollten sich Beweise finden lassen, dass die Kleine auch noch andere Dienste versehen musste, wäre der Shogun bereits so gut wie tot. Da könnte ihn auch sein Vater nicht retten. Gab es keine Beweise – nun, die Gerüchte blieben immer. Und diese waren eine nicht zu unterschätzende Macht. Aber gut. Zuerst einmal das Ungeheuer, ehe dieses Menschenmädchen dran war. Die Fünfergruppe um das so genannte „Ungeheuer aus dem Todeswald“ ging über die Wiesen und durch die lichten Haine. Am Horizont zeigten sich bereits die Berge, in denen das Dämonenjägerdorf lag, davor dicht bewaldete Hügel. Alle hofften sie dort in Sicherheit zu sein, Rat und Hilfe zu bekommen. Es war bereits später Nachmittag, als Inu Yasha, der noch immer voranging, erstarrte und die Hand an Tessaiga legte. Vor ihnen erschien scheinbar aus dem Nichts ein hell gekleideter weißhaariger Junge. Erst auf den zweiten Blick erkannte der Halbdämon, dass die Oberbekleidung eine Art Panzer war, umgab den ihm Unbekannten doch eine rot leuchtende Kugel – ein schützender Bannkreis. „Hakudoshi!“ hauchte Kagome hinter ihm. Auch die anderen beiden hatten den ältesten Sohn des Fürsten von Teien identifiziert. „Hakudoshi, also?“ erkundigte sich Inu Yasha: „Was will denn der Erbe von Teien hier in Shiroi?“ „Ich sollte wohl besser fragen, wer du bist, der du mit gleich drei zum Tode Verurteilten herumspazierst. Aber, lass mich raten: rot und weiß: du musst das Ungeheuer aus dem Todeswald sein. Nun ja, du siehst eigentlich ganz manierlich aus. Kein Wunder, dass dich noch keiner fand. Dennoch. Ihr werdet alle vier hier jetzt sterben.“ Shippou fühlte sich zwar ignoriert, legte aber auch keinen Wert drauf, die Aufmerksamkeit des Fremden auf sich zu ziehen. Das sah nach wirklichem Ärger aus, so erschreckt wie Kagome dreinsah. „Sonst noch einen Wunsch?“ Inu Yasha zog, ohne eine Ahnung zu haben, was der andere auf Lager hatte. Hakudoshi lächelte auch spöttisch: „Oh, komm schon, Ungeheuer: kein Schwert, keine Waffe gelangt durch diesen Bannkreis, den mein Vater erschuf. Umgekehrt dagegen: mein Naginata...“ Woher er auch immer die Waffe aus einem langen Stock und einer Sichel daran plötzlich in den Hand hielt: „Wird dich den Kopf kosten. Ich habe schon mehr als einen Dämon damit getötet. Und gleich, was du bist – es wird auch dich umbringen.“ „Träum weiter. - Bleib zurück, Kagome!“ Der Halbdämon sprang voran und schlug mit Tessaiga zu, ohne dass Hakudoshi auch nur eine Hand zur Abwehr hob. Funken sprühten, aber der Bannkreis hielt. „Ich habe es doch gesagt,“ kommentierte der Erbe von Teien spöttisch weitere Versuche, bevor Sango ihren Bumerang warf: „Nein, Dämonenjägerin, auch du wirst hier nicht durchkommen,“ ergänzte er daher, ehe er sein Naginata hob, es in einer raschen Kreisbewegung führte. Die sichelförmige Klinge pfiff um Haaresbreite an Inu Yasha vorbei, den nur sein hastiger Rückwärtssprung gerettet hatte. „Verdammt,“ knurrte der Halbdämon. Das sah aber gar nicht gut aus. Überdies: wo war der Rest? Hakudoshi war doch mit Dämonenkriegern unterwegs gewesen. Wo steckten die? Er sah sich eilig um, konnte aber niemanden entdecken. Miroku hatte den Blick bemerkt: „Sango, er hat Recht,“ zischte er: „Kümmere dich um die Dämonenkrieger, wenn sie auftauchen.“ „Gut. - Kagome, versuche du es doch gegen diesen Bannkreis.“ Die Jägerin wandte sich seitwärts. Die Priesterschülerin hatte, schon, um nicht hilflos zu wirken, den Bogen und einen Pfeil zur Hand genommen, den ihr die Mutter des Waldes geschenkt hatte. Jetzt schoss sie ab. Hakudoshi konnte ein Blinzeln nicht unterdrücken, als der Pfeil hell aufleuchtete und jeder der Zuschauer die läuternde Magie erkannte. Aber der Zauber Narakus hielt und der Erbe von Teien ließ erneut seine Waffe zuschlagen – diesmal gegen Kagome, die er durchaus als gefährlichen Gegner eingestuft hatte. Inu Yasha packte sie um ihre Taille und brachte sie mit einem gewaltigen Satz außer Reichweite. „Jetzt langt es mir, Hakudoshi!“ knurrte er: „Sich feig hinter einem Bannkreis verstecken und dann auch noch dumme Sprüche reißen!“ „Sei lieber du still, Ungeheuer. Denn du wirst als erstes sterben!“ Aus dem Schutz seiner Kugel griff Hakudoshi nun an, immer und immer wieder auf den Halbdämon und dessen Hals zielend. Inu Yasha konnte sich nur mit Stahl auf Stahl verteidigen und es war abzuwarten, wann eine Attacke das erste Mal durchkommen würde. Sango und Kagome ließen Bumerang und Pfeile erneut fliegen, aber das blieb auch wieder ohne Ergebnis. Miroku sah es: „Geht beiseite!“ rief er, bereits nach der um seine Rechte geschlungenen Gebetskette fassend. Seine vier Begleiter gehorchten, auch Hakudoshi schien angespannt zu werden, da ihm klar war, dass es sich um eine ungewöhnliche Waffe handeln musste. Der Sog des Kazaana erfasste seinen schützenden Bannkreis, der sich verformte – aber hielt. „Verdammt!“ knirschte Inu Yasha und griff erneut an, als Miroku etwas resigniert sein verfluchtes Loch versiegelte. Der Kerl musste doch zu knacken sein! Es würde sie alle hier das Leben kosten und er wollte doch seine Freunde, vor allem Kagome, beschützen, auch, wenn er das nie laut zugegeben hätte. Mama hatte gesagt, er sei so stark, er solle Menschen verteidigen, was das bedeutete, hatte er im Wald nie verstanden, erst auf dieser Reise wurde es ihm klar. Hakudoshi schüttelte etwas den Kopf: „Ungeheuer, Ungeheuer – keine Ahnung von Taktik oder Kampf?“ „Keh! Ich sage dir, es war dein letzter Fehler, sich uns hier in den Weg zu stellen.“ Der Halbdämon schlug zu. „Sinnlos....“ Der junge Erbe von Teien hob erneut sein Naginata: „Aber bis du das mitbekommst bist du schon im Jenseits.“ ** Hakudoshi glaubt Glück zu haben: nicht nur das Ungeheuer aus dem Todeswald sondern auch noch drei zum Tode verurteilte Verbrecher kann er Papa überreichen – oder? Kapitel 11: Kämpfe ------------------ „Zurück!“ schrie Inu Yasha zu niemand Bestimmten, als Hakudoshi seine schützende Kugel vorwärtsfliegen ließ. Er bezweifelte keinen Moment, dass dies ein ernster Angriff wurde – und vor allem auf Kagome gehen sollte. So sprang er dazwischen und drosch mit seiner Klinge so heftig auf den Bannkreis ein, wie er nur konnte. Das half nur in soweit, als dass die Kugel anhielt und der Fürstensohn von Teien den nächsten Schlag seines Sichelschwertes aus seiner Deckung heraus gegen den Halbdämon führte. Inu Yasha parierte Stahl auf Stahl, Tessaiga mit beiden Händen haltend, setzte so Kraft gegen Kraft. Hakudoshi erkannte rasch, dass er auf diese Art nicht weiterkam. Zwar schützte ihn der Zauber seines Vaters gegen alle Angriffe, aber er war so gebunden, konnte seinerseits nur aus der Kugel heraus attackieren, war langsamer. Diese halbe Portion von Dämon war stur. Statt sich und seine Freunde einfach umbringen zu lassen, setzte das Ungeheuer aus dem Todeswald auf seine Ermüdung. Keine schlechte Idee – konnte man einen Feind nicht besiegen konnte man ihn erschöpfen und so vertreiben. Ob der liebe Vater mitbekommen hatte, dass es sich bei dem so gesuchten Monster um ein Halbblut handelte? Wie der wohl überhaupt zu seinem Ruf gekommen war? Gleich. Mit einem Ruck warf er sich zurück und entkam mit einem instinktiven Überschlag samt seines Bannkreises Kagomes nächstem Pfeil. Auch die hatte etwas drauf, ebenso wie die Dämonenjägerin, auch, wenn deren Bumerang soeben wieder harmlos gegen seinen Schutz prallte. Diese Menschen waren auch nicht gerade vom letzten Haken. Verdammt, die würden es noch tatsächlich schaffen, ihn, Hakudoshi, zu ermüden, ja, in die Flucht zu treiben. Zum Glück schien Vater ihn nicht zu beobachten, jedenfalls hatte er keine Spione bemerkt, weder die Totentanzkrähen noch die Hölleninsekten. Dann würde der auch von seinem Rückzug nichts bemerken und ihn nicht bestrafen. Heute nicht. Und morgen wäre er besser vorbereitet. Ein erneuter Angriff des Halbdämons unterbrach Hakudoshis Gedanken. Und diesmal gab der Bannkreis nach, ja, verschwand. Vollkommen überrascht sah sich der Erbe von Teien gezwungen, diesmal selbst direkt zu parieren. Zum Glück war die Stange seines Naginata nicht aus Holz. Miroku hatte ebenfalls gesehen, dass der Schutz verschwunden war: „Inu Yasha!“ brüllte er, während er sich bereits die Gebetskette von der rechten Hand riss. Der Halbdämon reagierte sofort und sprang aus dem direkten Kräftemessen, auch die beiden Menschenmädchen wichen eiligst zurück. „Nein!“ dachte Hakudoshi in schierer Panik, als ihn der Sog des Kazaana erfasste. Das war unmöglich! Nichts konnte Vaters Bannkreis aufheben, nichts ihn durchdringen. Im letzten Moment seines Lebens, als er sich bereits verzerrte, begriff er erst, was geschehen war. Miroku verschloss sein Schwarzes Loch eilig wieder und atmete ebenso tief durch wie die anderen. Shippou, der erkannt hatte, dass sein Fuchsfeuer nichts ausrichten würde, kam heran: „Alles in Ordnung?“ fragte er ungewohnt schüchtern. „Ja, danke,“ antwortete Kagome sofort, während sie sich den Bogen überhängte. „Keh!“ Inu Yasha schob Tessaiga weg: „Ich habe ein mieses Gefühl!“ „Er wollte uns umbringen,“ sagte sie erstaunt: „Und du hast bislang eigentlich wenig Skrupel bewiesen, wenn du in diesem Fall jemanden selbst getötet hast.“ Sie musste nur an den Wachposten am Todeswald denken. „Ja, schon klar,“ murmelte der Halbdämon. „Aber....“ „Ich weiß, was du meinst.“ Der Mönch betrachtete seine Hand: „Wir wären nie durch den Bannkreis gekommen. Er sagte ja, das sei Narakus Zauber – und damit ist klar, was passiert ist.“ Sango nickte: „Naraku muss seinen Bannkreis aufgehoben haben. Warum auch immer.“ „Ja.“ Miroku seufzte: „Ich komme mir richtig schmutzig vor. Naraku wollte, dass sein eigener Sohn stirbt – und wir haben dem Mistkerl auch noch dabei geholfen.“ „Ihr seid sicher?“ fragte Kagome: „Ich kann mir solch eine Gemeinheit nicht vorstellen. Ich meine, das eigene Kind...!“ „Keh!“ Inu Yasha sah zu ihr: „Ich weiß nicht, wie es dir geht. Aber jedes Mal, wenn ich etwas von diesem Mistkerl höre, sinkt er in meiner Achtung.“ „Ganz meine Meinung,“ sagte Sango: „Und, ja, Kagome: ein derartiger Bann kann nur von seinem Schöpfer aufgehoben werden. Warum auch immer, wie auch immer: er muss mitbekommen haben, dass Hakudoshi kämpft. Und sich dabei natürlich auf seinen Schutz verlässt. Im gleichen Moment löste sich der Bann auf und opferte den Sohn.“ „Ja....“ Kagome dachte kurz nach: „Eigentlich seltsam. Naraku hat vier Kinder – aber bei öffentlichen Auftritten war nie eine Fürstin dabei.“ „Vielleicht ist sie gestorben.“ Inu Yasha dachte sichtlich an seine eigene Mutter. „Möglich,“ gab Miroku zu: „Aber wenn nicht...ich meine, wir wissen inzwischen, dass der Fürst von Teien recht fähig in Magie und skrupellos ist. Womöglich sind das gar keine richtigen Kinder sondern Abkömmlinge.“ „Darauf steht die Todesstrafe!“ erwiderte Sango sofort: „Obwohl...schon möglich.....Das würde erklären, warum er sie so leicht opfert wie hier Hakudoshi.“ „Abkömmlinge? Davon habe ich noch nie gehört.“ Kagome sah zu den beiden Dämonenjägern: „Aber irgendwie klingt das nach einer unguten Sache.“ „Ist es auch. Da erschafft jemand Leben aus sich selbst. Das sind keine Kinder, keine eigenständigen Wesen, sondern der Erschaffer kann sie jederzeit töten, sogar, wenn sie selbst glauben, seine Kinder zu sein.“ Miroku sah unwillkürlich wieder zu seiner Hand: „Und das ist schon immer streng verboten, ja, geächtet. Wie Sango schon sagte, darauf steht der Tod. Mit Leben spielt man nicht.“ „Na, dann können wir das dem lieben Naraku ja schon mal zutrauen.“ Inu Yasha blickte zum Himmel: „Gehen wir lieber, damit wir noch vor Einbruch der Dunkelheit in eurem Dorf sind.“ Die Fünf machten sich auf den Weg, alle mit nicht sonderlich netten Gedanken über Naraku. Dieser vollendete soeben seinen Brief an Fürst Kisho von Shiroi, der bereits wieder in seine Provinz zurückgereist war. In überaus besorgten Worten erklärte er seinem Amtskollegen darin, dass er seinen Sohn vermisse, der über den Pass des Takayama das Ungeheuer verfolgt habe und nun sich nicht mehr gemeldet habe. Fürst Kisho möge doch daher die Suche nach dem Ungeheuer intensivieren, das offensichtlich äußerst gefährlich sei und es noch mehr werde, da es wohl Geschmack am Töten gefunden habe. Er drückte sein Siegel darauf. Damit sollte der liebe Kisho doch erst einmal beschäftigt sein, damit, und mit der Stufe zwei seines Ablenkungsplanes. Angeblich sollte der Shogun selbst schon Interesse an dem Wesen aus dem Todeswald angemeldet haben und nach Shiroi reisen wollen. Perfekt. Dann wäre der gute Inu no Taishou in der Hauptstadt schon einmal allein. Er sah zu dem Dämon vor ihm auf: „Wie lange brauchst du bis zu Fürst Kisho?“ „Fünf Stunden, Herr.“ „Gut. - Hier ist der Brief.“ Dann müsste der heute Abend ihn bekommen – gleichzeitig mit den anderen herrlich schlechten Neuigkeiten. Die Sonne stand bereits knapp über den Baumkronen als die Reisegruppe ein Waldstück erreichte. Die führende Sango sah sich um: „Inu Yasha.....“ „Was ist?“ Der Halbdämon kam zu ihr. Bislang war er neben Kagome gewandert und hatte sich mit ihr unterhalten. Er wusste ja wenig über das Leben in der Stadt. Und außerdem, aber das hätte er niemandem gegenüber zugegeben, war es schön sich mit ihr zu reden, nahe bei ihr zu sein. „Würdest du hier warten? Ich meine, meine Leute sind Dämonenjäger und ich möchte verhindern, dass es zu einem Missverständnis kommt.“ „Keh! Shippou nicht?“ „Shippou ist ein Kind und zumal, wenn ihn Kagome trägt, werden alle Leute wissen, dass er harmlos ist. Aber du bist eben schon ein junger Mann und bewaffnet.“ „Und ein Halbdämon,“ ergänzte er bitter, so bitter, dass sie eilig den Kopf schüttelte: „Nein. Aber ich fürchte genau darum. Du scheinst ein Dämon zu sein, trägst aber..ungewohnte Kleidung und so. Ich hole dich, wenn alles klar ist, ja?“ „Keh!“ „Bitte, Inu Yasha,“ meinte Kagome: „Sango ist hier zuhause und wenn sie meint, dass es so besser ist...“ „Ja, schön, ich warte. Aber beeilt euch.“ Noch immer etwas grimmig setzte sich der Halbdämon demonstrativ unter einen Baum. „Ja, machen wir,“ bestätigte Kagome: „Wie weit ist es denn, Sango?“ „Von hier aus geht der Weg steil hoch, ich würde sagen, keine zwanzig Minuten. Und der Rückweg geht schneller, da kann ich auf Kirara reiten, das ist meine Katze. - Eine dämonische Katze. Sie kann sich vergrößern,“ erklärte sie: „Und Inu Yasha kann dann auch mit ihr zurück.“ „Gut, also, Inu Yasha, du hast gehört, eine halbe Stunde.“ Er nickte, noch immer etwas enttäuscht, aber Kagomes Lächeln hatte ihn besänftigt. Und, ehrlich gesagt, was wusste er schon vom Verhalten von Menschen? Er war so lange allein in dem Todeswald gewesen – Miki, der kleine Flohgeist, und die gelegentlich belauschten Unterhaltungen der Wachen waren alles, aus dem er hatte lernen können. Ausgenommen die Wanderung mit den drei Menschen jetzt. Er blickte ihnen nach, als sie weitergingen, sich noch einmal zu ihm umsahen, ehe sie zwischen den Bäumen verschwanden. Und er begriff, dass er sich eigentlich nie zuvor so allein gefühlt hatte. Denn seine Gefangenschaft im Wald war für ihn normal gewesen, er hatte es nicht anders gekannt. Seine Erinnerungen an das Schlossleben mit seiner Mutter waren verblasst, nur noch Träume gewesen. Und jetzt vermisste er seine Begleiter wirklich. Miroku ging voran, gefolgt von Kagome, die das Fuchskind trug, und Sango. Vor ihnen, über ihnen zeigte sich bereits das Dorf der Dämonenjäger, umgeben von einer hohen Holzpalisade. Der Mönch blieb stehen: „Sango!“ Die Jägerin war sofort neben ihm: „Was ist?“ Er deutete voran: „Da stimmt etwas nicht!“ Jetzt erkannte sie auch, dass das Tor zwar offen war, aber aus den Angeln gehoben. Was man von der Ansiedlung erblicken konnte, schien alles zerstört und verbrannt, auch die Palisade war geschwärzt. „Oh nein!“ flüsterte sie, ehe sie hastig voranlief, gefolgt von den anderen dreien. Shippou sprang aus den Armen der Priesterschülerin, als er nun den Geruch nach Tod in die Nase bekam. Erschüttert blieben sie auf der Dorfstraße stehen. Hier musste ein erbitterter Kampf stattgefunden haben. Niemand hatte den Angriff überlebt – allerdings zeigten viele tote Wurmdämonen, dass sich die Jäger bis zum Letzten verteidigt hatten. Unter Tränen suchte Sango die Häuser ab, rief nach Freunden, Verwandten – umsonst. „Himmel, was für ein Massaker,“ flüsterte Kagome: „Warum nur? Was ist hier geschehen?“ „Diese Primitivdämonen haben das Dorf angegriffen,“ erwiderte Shippou: „Aber wieso konnten sie gewinnen? Ich meine, sogar ich habe von den Jägern gehört....“ Miroku kam aus einem Haus: „Auch nichts....“ murmelte er niedergeschlagen: „Ja, du hast Recht, Shippou. Wurmdämonen liegen hier tot – aber es muss noch wer anders dabei gewesen sein. Gleich, wie viele sie waren, sie hätten so nicht gewinnen können. - Sango!“ Er rannte zu ihr. Die Jägerin weinte hemmungslos: „Alle...sie sind alle....“ Er legte den Arm um sie: „Ja, alle. Aber es kann noch nicht lange her sein....Komm, wir müssen sie begraben. Das ist alles, was wir für sie noch tun können.“ Sango straffte sich etwas: „Ja, das...das ist wohl unsere Pflicht. Aber wer...wer...“ „Sicher nicht nur die Wurmdämonen.“ Miroku sagte es so nüchtern, wie er nur konnte. Auch er war geschockt von der gnadenlosen Vernichtung des Dorfes, das ihn aufgenommen, ihm eine neue Heimat gegeben hatte. „Da waren noch andere.“ „Ja. Ich..ich fand hinten die Spuren...seltsame Spuren und Feuer, wie es nur künstlich gelegt werden kann. Sie alle....Kinder....Vater.....“ „Alle, ja.“ Miroku gab sie frei und suchte sich ein Brett: „Kommt, wir müssen sie beerdigen.“ Inu Yasha wartete ungeduldig auf seine Freunde, als sich der Wind drehte. Jetzt erkannte seine Nase den Gestank nach Feuer und Tod abseits. War etwa dem Dorf etwas passiert? Sollte er doch hinterher gehen? Dann traf ihn ein anderer Geruch und er fuhr herum um in den Himmel zu blicken. Dort war ein Reitdrache erschienen, wie ihn nur selten jemand von Narakus Männern benutzt hatte. Schließlich waren diese zweiköpfigen und vierfüßigen Drachen teuer. Nur reiche oder mächtige Leute konnten sich einen leisten. Darauf saß ein weißhaariger, vornehm gekleideter Dämon, vermutlich ein Hundedämon, etwas älter als er, schätzte Inu Yasha. Was wollte der Typ von ihm? Denn, dass er sein Ziel war, war klar. Der Unbekannte ließ den Drachen schweben und sprang elegant aus fast zwanzig Meter Höhe auf den Boden. „Du hast Tessaiga!“ stellte er fest. „Und wer will das wissen?“ knurrte Inu Yasha, bereits die Hand am Schwert. Tessaiga war außer seiner Kleidung sein einziger Besitz, dieser komische Schmied hatte es ihm geschenkt – nein, er würde es nicht kampflos herausgeben. Auch, wenn der Kerl ein recht mächtiger Dämon sein musste, denn nur solche trugen Fell über der Schulter. Der Shogun stellte für sich fest, dass ihm eine derartige Frage wirklich noch nie untergekommen war, antwortete jedoch: „Sesshoumaru. - Oh, und du bist ja nichts weiter als ein halber Dämon, sichtlich unwürdig des mächtigen Tessaiga. Wie bist du daran gekommen?“ „Was geht dich das an, Sesshoumaru? Ich habe es geschenkt bekommen.“ „Es steht allein mir zu. Gib es mir oder stirb. Mir ist beides gleich.“ „Träum weiter! - Hast du das Dorf dort oben angriffen?“ „Welches....Das der Dämonenjäger? Interessiert mich nicht. - Nur Tessaiga.“ Sein eigenes Schwert, Tenseiga, hatte zu vibrieren begonnen, als es seinen Gegenpart gespürt hatte. Eigentlich war er ja auf der Suche nach dem Ungeheuer von Teien, aber Tessaiga war in der Tat ein netter Fund: „Gib mir mein Schwert.“ „Nur über meine Leiche.“ Inu Yasha zog. Er wusste nicht, wer dieser arrogante Hundedämon war – aber der würde ganz sicher nicht Tessaiga bekommen. Auch Sesshoumaru tat dies: „Wie du willst. - Sag mir deinen Namen, damit ich ihn auf deinen Grabstein schreiben kann.“ „Inu Yasha. Aber davon wirst du noch in der Hölle träumen.“ Der Halbdämon rannte los und schlug zu, eigentlich nicht überrascht, dass Sesshoumaru Stahl auf Stahl parieren konnte. Während sich beide in verbissenem Kräftemessen gegeneinander stemmten, waren alle zwei überrascht von der Stärke des jeweils anderen. Sesshoumaru meinte jedoch spöttisch: „Das ist alles? Du trägst Tessaiga und kannst nicht damit umgehen? Ohne die Windnarbe wirst du nie siegen.“ Windnarbe? Was sollte das denn sein? Der Halbdämon hätte sich jedoch eher die Zunge abgebissen als nachzufragen. So sprang er nur zurück und ließ diesmal seinen Gegner kommen. Der schlug zu, erneut Stahl auf Stahl, ehe er weiter vorwärts drängte. Was sollte das? Es dauerte einige Minuten, ehe Inu Yasha die Taktik verstand: jedes Mal, wenn die beiden Schwerter aufeinander prallten, zitterte Tessaiga unter dem Schlag. Nun, die andere Klinge eigentlich auch, aber dieser Sesshoumaru drehte sie kurz vor dem Aufprall um sie zu schonen.Verdammt, das konnte er nicht, hatte er doch zu wenig Ahnung von Schwertkämpfen. Und wenn das so weiterging, würde Tessaiga unter den Angriffen schlicht zerbrechen. „Willst du es mir nicht doch geben, Halbblut?“ „Keh!“ „Dann stirb.“ Erneut drückte der junge Hundedämon seinen Gegner zurück. Bevor Inu Yasha begriff, was sein Widersacher vorhatte, hatte dieser erneut mit seinem Schwert zugeschlagen, diesmal jedoch den Druck belassen, Tessaiga so seitwärts gedrückt. Der Halbdämon begriff, dass seine Verteidigung damit geöffnet worden war, noch ehe er eine Faust auf sich zukommen sah, die gegen seine Stirn, sein Nasenbein schlug. Unter dem heftigen Aufprall und dem Schmerz taumelte er zurück. Im nächsten Augenblick traf ihn ein zweiter Schlag mit der anderen Hand. Hatte dieser Idiot von Sesshoumaru sein Schwert fallen lassen? Warum? Aber da setzte ein heftiges Brennen auf seiner Haut, in seinen Augen ein. Seine Nase zeigte ihm, dass es sich um eine ätzende Säure handeln musste. Er konnte nichts mehr sehen. Die Sekunde, die sein Gegner benötigte, um sein Schwert wieder an sich zu nehmen, nutzte er, um zurückzuspringen und zu versuchen sich zu orientieren. Wie sollte er ohne sehen zu können eine Klinge abwehren? Noch dazu, wenn er weniger Ahnung von Schwerttaktik hatte? „Mistkerl!“ knurrte er: „Du greifst zu unfairen Mitteln.“ „Auch, wenn es für dich zu spät ist, Bastard: in einem Kampf auf Leben und Tod ist nie etwas unfair. - Stirb.“ Was war jetzt los? Er konnte nicht sehen, was der Hundedämon trieb, nur seine Nase und seine Ohren fragen. Und das half nicht gerade viel. Doch. Er konnte ihn wittern – er war hochgesprungen, über ihm. Und da war die dunkle Energie, die Dämonen im Unterschied zu Menschen besaßen. Es war nur zu deutlich, wie eine Kugel, ja. Und diese Energie war wie ein Wind, rieb sich an der Luft um sie. Plötzlich spürte er, wie Tessaiga in seiner Hand vibrierte. Das musste es sein. Sesshoumaru hatte etwas von einer Windnarbe gesagt – war es das? Er musste seinem Schwert vertrauen. Es hatte sich ihn ausgesucht.... Er schlug zu, auf der ungesehenen, bislang ungeahnten, Linie zwischen den Winden. Der Shogun erkannte entsetzt, dass die entfesselte Windnarbe auf ihn zuraste. Aus diesem kurzen Abstand war es unmöglich auszuweichen. Das Letzte, das er bewusst wahrnahm, war ein blaues Leuchten, das von dem Schwert in seiner eigenen Hand ausging. Inu Yasha horchte. War es vorbei? Er konnte noch immer nichts sehen und hörte nur mehr seinen eigenen keuchenden Atem. Was war nur geschehen? Er hatte ein Grollen gehört, die Erde zittern gefühlt. Was war passiert? Diese Windnarbe? Kam noch ein Angriff? Aber da war nichts mehr. Erschöpft und noch immer geblendet ließ er sich auf die Knie sinken. Danke, Tessaiga, dachte er. Ihm war klar, dass er ohne das Signal seines Schwertes nicht gewonnen hätte. Und das hatte er, denn, was auch immer mit diesem dämlichen Sesshoumaru passiert war – der Kampf war zu Ende. „Inu Yasha!“ Kagomes Rufen aus Distanz ließ ihn aufsehen – oder er wollte es. Er rieb sich über die tränenden Augen. Das würde heilen, ein Mensch wäre für immer blind: „Kagome?“ Da waren doch Tränen in ihrer Stimme? „Was ist denn hier los? - Das Dorf der Dämonenjäger ist vollkommen zerstört worden!“ Sie schluckte hörbar: „Wir...wir haben angefangen alle zu begraben! Wir wollten dich holen, damit du uns hilfst....Und wer hat dich angegriffen?“ „Keine Ahnung. Ein Hundedämon, nannte sich Sesshoumaru. - Wo sind Sango und Miroku?“ „Hier!“ Die Dämonenjägerin kam heran: „Siehst du uns nicht? Was ist mit deinen Augen?“ Sesshoumaru, der Name sagte ihr doch etwas...? „Der Mistkerl hatte solches Gift, ich kann nichts sehen, kaum etwas riechen. Aber das heilt schon. Liegt er hier nicht herum?“ „Äh, nein.“ Sango blickte sich zur Vorsorge noch einmal um, während Kagome meinte: „Dann solltest du dir die Augen auswaschen. Komm, da drüben ist ein Bach. Das tut dir bestimmt gut. - Huch!“ Ihr Ausruf galt einer kleinen Explosion. Inu Yasha war sofort auf den Beinen, sein Schwert noch immer in der Hand, ehe er den Geruch erkannte: „Oh, Toutousai. Was willst du denn hier?“ „Nach meinen Schwertern gucken, natürlich,“ erklärte der alte Schmied, während er von seinem kuhartigen Reittier glitt: „Na, du hast Tessaiga ja ganz schön rangenommen, Hundebengel.“ „Klappe!“ zischte Inu Yasha: „Der Idiot wollte mich wegen Tessaiga umbringen! Er sagte, es gehöre ihm. Eine Bemerkung dazu, du alter Metallbieger?“ „Er wollte..eiwei...ein Hundedämon?“ „Ja, nannte sich Sesshoumaru.“ „Und, wo ist er jetzt? Ich meine, er geht nie ohne gewonnen zu haben.“ „Keine Ahnung. Vermutlich ist er tot. Ich meine, ich habe etwas ausgelöst...“ „Ja. Und wenn ich mir hier den Boden so ansehe, hast du die Windnarbe gefunden. Nicht schlecht für einen Anfänger, gebe ich zu.“ Der Schmied kratzte sich: „Er ist also tot? Eiwei!“ „He, der Kerl wollte mich umlegen!“ „Schon. Aber, naja...sagen wir, herzlichen Glückwunsch, du hast den Shogun, den Kronprinzen des Reiches, getötet.“ ** Das nächste Kapitel bringt Folgen – denn so viele Irrtümer auf einmal …. Kapitel 12: Folgen ------------------ Nur kurz darauf flogen Toutousai und die Fünfergruppe nach Osten, in Richtung der Hauptstadt Machi, ohne freilich die Absicht zu haben, noch dorthin zu reisen. Sie mussten erst einmal alle gründlich nachdenken, Sango vor allem sich von dem Schock etwas erholen, Heimat und Verwandte zerstört und ermordet zu sehen. So saßen Inu Yasha, der noch immer kaum etwas sehen konnte, und Kagome hinter dem alten Schmied auf dessen Kuh, während Sango und Miroku sich in offensichtlich geübter Manier auf das niedliche Kätzchen schwangen, das sie verletzt im Dorf gefunden hatten – und sich als übergroße, dämonische Katze mit fliegenden Pfoten entpuppt hatte, deren Heilung bereits einsetzte. Shippou hatte sich dagegen zwischen den Halbdämon und die junge Priesterschülerin gequetscht. Lange herrschte bedrücktes Schweigen. Der sonst so selbstbeherrschten Dämonenjägerin liefen immer wieder stumme Tränen über das Gesicht und Miroku, ganz gegen seine sonstige Art, drückte sie nur fest an sich. Auch er fühlte sich alles andere als wohl, die Menschen, die ihm ein neues Zuhause geboten hatte, derart kaltblütig massakriert zu sehen – und überdies vermutlich jede Aussicht verloren zu haben,. dass der Mikado ihre Todesurteile aufheben würde. Das war auch Kagome und Sango klar, und auch dem Halbdämonen dämmerte es, dass er zwar durchaus das Recht gehabt hatte sich und sein Schwert zu verteidigen, die Folgen dieser Tat aber wohl unabsehbar wären. „Gib mir dann Tessaiga, Hundebengel,“ forderte Toutousai plötzlich laut von dem hinter ihm Sitzenden. „Hä?“ machte der Angesprochene verständnislos: „Bist du verrückt, alter Zausel? Ich bringe deswegen den Shogun um und ….“ „Das ist nicht gesagt, je mehr ich darüber nachdenke.“ Jetzt versuchten alle ihn anzusehen. Immerhin war der Mord am Thronfolger ein guter Grund das nächste Todesurteil des Monats einzusammeln. So fuhr der Dämonenschmied fort: „Das ist eine lange Geschichte.....“ „Ja, vor allem würde mich interessieren, wieso ausgerechnet der Shogun wie verrückt hinter meinem Schwert her ist. Man sollte meinen, der hätte genug.“ „Wenn es wirklich dem Kronprinzen gehört, hättest du es Inu Yasha doch gar nicht geben dürfen,“ rief Miroku von Kirara aus rüber. „Ich sag doch, es ist eine lange Geschichte....Da unten kommt ein See. Da landen wir, essen was und ich sehe mir Tessaiga an, um die ganzen Scharten auszubügeln, die dieses unverständige Hundebaby da reingebracht hat.“ Im nächsten Moment fühlte er die Faust de Halbdämons auf seinem Schädel: „He!“ „Hundebaby?“ fragte der empört: „Und überhaupt: der, der dauernd dagegen gedroschen hat, war wohl Sesshoumaru.“ „Ja, schon gut.“ Toutousai verspürte wenig Lust von seiner eigenen Reitkuh geworfen zu werden. Himmel, war der Halbdämon temperamentvoll. Nur kurz darauf saßen alle um ein Feuer am Seeufer. Kagome hatte fürsorglich Sangos Halstuch nass gemacht und Inu Yasha sich die Augen ausgewaschen, so dass er wieder besser sehen konnte. Jetzt meinte er: „Also schön, hier ist Tessaiga, wobei mich schon interessieren würde, wie du hier schmieden willst. Das Feuerchen ist kaum passend.“ „Da hast du sogar Recht, Hundebengel.“ Der alte Schmied stand auf und legte sich zwei Steine zurecht, ehe er die Klinge darüber bettete. „Oh je, mein armes Schwert...“ stöhnte er. „Jetzt schmiede und erzähle!“ verlangte Inu Yasha: „Habe ich Sesshoumaru jetzt umgebracht oder nicht?“ „Eher nicht. - Es ist eine lange Geschichte, aber ich halte sie kurz.“ Zur Überraschung seiner Begleiter schien er nur auf das Metall zu pusten – allerdings war sein Atme glühendes Feuer und die Klinge begann darunter rot zu werden. Selbst der Halbdämon beschloss vorsichtiger gegenüber dem alten Zausel zu sein. Toutousai fuhr fort: „Tessaiga und das Schwert, das Sesshoumaru trägt, Tenseiga, sind praktisch Zwillingsschwerter. Sie stammen aus ein und demselben Metallklumpen, haben auch anderes gemeinsam. Jedes meiner Schwerter hat besondere Fähigkeiten. Eine davon ist, dass es sich seinen Besitzer selbst sucht. Tenseiga erwählte Sesshoumaru, warum auch immer.“ „Darum wusste er auch, dass ich Tessaiga habe?“ „Ja, Hundebengel. Die Schwerter reagieren, wenn das andere in der Nähe ist.“ „Aber,“ fragte Kagome: „Wenn er doch schon ein mächtiges Schwert hat, warum will er ein anderes?“ Der alte Schmied seufzte und polierte die Klinge Tessaigas: „Wie gesagt, jedes Schwert hat besondere Fähigkeiten und er ist mit denen Tenseigas wohl nicht zufrieden. Es kann nämlich niemanden umbringen.“ „Was soll das denn für eine Waffe sein?“ fragte Inu Yasha verständnislos. „Nun ja, dafür hat es eben andere Dinge auf Lager. Ein Schwung mit diesem Schwert kann das Leben von hundert Menschen retten. - Und, wenn man als Träger die richtigen Voraussetzungen mitbringt, kann es auch jemanden ins Jenseits schicken.“ „Du hast doch gerade gesagt, dass es nicht töten kann?“ wandte Miroku ein, ebenso wie die anderen davon überzeugt, dass der Schmied zumindest wunderlich sei. Toutousai sah zu ihm: „Junger Mönch, man muss niemanden töten, um ihm einen Weg in die andere Welt zu bahnen.“ „Das hat er bei mir nicht mal versucht,“ erklärte Inu Yasha, der den leisen Schauder der anderen nicht teilte. „Eben, weil er diese Fähigkeit noch nicht beherrscht, oder zumindest nicht vollständig. Darum will er Tessaiga. Aber dieses Schwert wehrt ihn ab. - Jedenfalls besitzt Tenseiga noch eine Fähigkeit. Inu Yasha, als du die Windnarbe losgelassen hast, hast du da ein Hindernis gespürt? Als ob du ihn zerteilt hättest?“ Der Halbdämon dachte nach. „Nein, eigentlich eher nicht. Ich habe aber auch nicht darauf geachtet. Da war die Windnarbe und dann Ruhe. Und er war weg.“ „Tenseiga, ja. Dieses Schwert, ebenso wie Tessaiga, neigen dazu, ihren erwählten Herrn zu schützen. Deswegen vermute ich, dass er noch lebt. Es hat ihn weggebracht.“ „Eine tolle Fähigkeit,“ gab Miroku zu: „Aber – dann kann man ihn ja nie besiegen.“ „Er ist immerhin der Kronprinz und wird eines Tages der Mikado sein,“ verteidigte sich Toutousai: „Außerdem war es...ach, ist ja egal.“ „Und was kann Tessaiga, außer der Windnarbe?“ erkundigte sich Inu Yasha prompt: „Es wäre vielleicht besser, wenn du deinen Schwertern Zettel dranhängst, was sie so alles können – und wann.“ „Undankbarer Bengel! Ich habe dir Tessaiga geschenkt!“ „Inu Yasha!“ zischte Kagome auch, um freundlicher fortzufahren: „Allerdings stimmt seine Frage: was kann Tessaiga noch?“ Toutousai zuckte die Schultern, ehe er in den Himmel blickte: „Das weiß ich nicht. Ehrlich. Das hängt auch von Fähigkeiten und Eigenschaften seines Trägers ab. Ich könnte es dir aufzählen, aber das nutzt nichts, weil der Hundebengel noch nicht dafür reif ist. - Der Andere auch nicht.“ „Schmiedest du nur für Hundedämonen?“ fragte Sango. „Ich schmiede nur für Leute, die ich leiden kann. - So, hier hast du Tessaiga wieder.“ Das Aufstrahlen im Gesicht des Halbdämons glich einem „Danke“ und so sagte nicht einmal Kagome etwas. „Na, schön,“ meinte er dann, zufrieden sein Schwert wieder im Gürtel zu wissen: „Dann habe ich also nicht den Shogun umgelegt – das heißt, wir können nach Machi und zum Mikado.“ „Du vergisst, dass schon ein Kampf gegen den Thronfolger Hochverrat ist.“ Der Mönch seufzte etwas. „Außerdem sollten Sango und ich zu Fürst Kisho. Er muss von diesem Überfall erfahren. Wer weiß schon, wer dahinter steckt.“ „Wenigstens diesmal nicht das so genannte Ungeheuer,“ murrte Inu Yasha und war erstaunt, als ihn alle anstarrten. „Du bist ein Genie,“ meinte Miroku dann. „Äh, was...?“ Das hatte auch noch niemand behauptet. „Nun ja, sagen wir, dein Talent den Nagel auf den Kopf zu treffen, hat etwas Unheimliches, wenn man bedenkt, wie ziellos deine Schläge sind,“ korrigierte sich der Mönch ehrlich, wenn auhc nicht sonderlich höflich: „Ja, das ist die Erklärung. Hakudoshis Tod und auch das Dorf liegen alle hier in der Nähe des Passes. Drei zu eins, dass Naraku das Ungeheuer dafür verantwortlich macht und auch den Shogun darauf hetzt. Wenn Sesshoumaru nicht dumm ist, wird er bald darauf kommen, dass der Halbdämon, mit dem er sich wegen Tessaiga duelliert hat, und das Ungeheuer ein und dieselbe Person sind.“ „Nein, wieso sollte er? Naraku redet ja immer von einem Ungeheuer und der arme Inu Yasha sieht doch nun wirklich nicht wie eines aus,“ wandte Kagome ein: „Aber das heißt leider nur, dass der Shogun gleich doppelt hinter ihm her sein wird. Uns kennt er ja nicht. Aber klar, ihr müsst zum Fürsten von Shiroi, um den Überfall zu melden. - Dann müssen wir uns trennen?“ „Und vor allem ihr zwei, Inu Yasha und Kagome, meinetwegen auch Shippou, müsst besonders vorsichtig sein.“ Toutousai stand auf und reckte sich: „Dämonenjäger waren die Schützlinge des Kaisers, der wird kaum von dem Überfall begeistert sein und den Schuldigen suchen wollen.“ „Na, Klasse,“ stöhnte Inu Yasha auf: „Vom Mikado abwärts ist alles hinter mir her und ich habe nicht mal was getan...“ „Dann gehen wir derweil zurück zur ehrwürdigen Mutter,“ schlug Kagome vor: „Und dort treffen wir uns wieder. Vielleicht wissen wir dann mehr.“ Da alle zustimmend nickten, trat der alte Schmied zur Kuh. „Ich glaube euch, Kinder. Aber ihr sitzt ganz schön in der Tinte. - Nun ja, ich habe da einen Bekannten in der Hauptstadt, vielleicht kann der euch helfen. Er behauptet zumindest immer, dass er das Ohr des Kaisers habe. Und ehrlich, dem Hundebaby hier kann nur noch der Inu no Taishou helfen – denn der ist der Einzige, der Sesshoumaru zurückpfeifen kann.“ Und das würde vielleicht auch ihn selbst retten, denn so langsam dämmerte ihn, was für Folgen seine etwas unüberlegte Handlung, Tessaiga dem Besitzer zu geben, den es wollte und nicht den, der für es bezahlt hatte, haben würde. Der Shogun erwachte nur mühsam. Sein letzter Eindruck war, wie die Windnarbe auf ihn zugerast kam. Wo war er jetzt? Er sah sich um. Das war sein Schlafzimmer. Noch immer hielt er Tenseiga in der Hand. Als er sich aufrichten wollte, spürte er den Schmerz und ihm wurde bewusst, dass ihn der Glückstreffer dieses Mistkerls schwer verletzt hatte. Das sonst so nutzlose Schwert hatte ihn gerettet. Er starrte die Klinge an. Sollte er sich jetzt etwa bedanken? Er ließ sie fallen. Das Metall klapperte auf dem Holzboden und nur Sekunden später lugte ein kleiner, schwarzhaariger Kopf herein. Er erkannte das Mädchen aus der Taverne: „Rin.“ „Oh, ich habe Euch gar nicht kommen gehört, Sesshoumaru-sama!“ Sie kam herein und lächelte ihn an, wurde dann sichtlich besorgt: „Ihr seid verletzt? Soll ich Euch etwas holen..Einen Heiler?“ Er schüttelte den Kopf. Das fehlte noch, dass ihn jemand so sah. „Lass nur dem Mikado ausrichten, dass ich hier sei.“ „Ja, Sesshoumaru-sama.“ Sie eilte davon. Seltsam, wie glücklich sie immer wurde, wenn er ihr einen Befehl gab. Warum nur mochte sie ihn so gern? Nicht, weil er der Kronprinz war, der Shogun...das hatte sie alles doch zuvor nicht wissen können. Und eigenartigerweise machte ihre offene Zuneigung es ihm einfacher sich einzureden, dass Vaters Interesse an ihm nicht nur dem Erben galt, sondern wirklich ihm selbst. Tatsächlich war der Inu no Taishou erschrocken als er die Nachricht bekam. Er konnte sich nur einen Grund vorstellen, warum ihn sein Sohn nicht aufsuchte sondern ihn so indirekt um einen Besuch bat. Er wurde noch mehr erschreckt, als er ihn erblickte. Rin hatte ihrem Herrn geholfen die Rüstung auszuziehen, die blutige Oberbekleidung, und verschwand jetzt erst auf den Wink des Mikados. „Du hast gekämpft.“ „Gegen Tessaiga!“ Mochte der Inu no Taishou auch den Vorwurf verstehen, so begriff er gar nichts: „Unmöglich! Ich weiß, dass du dieses Schwert immer wolltest, nicht mit dem zufrieden bist, was du hast, aber Toutousai wäre nie so verrückt, Tessaiga einem anderen zu geben als der Person, die ich bestimme.“ Und er hatte im Stillen seit einigen Monaten gehofft, denjenigen zu finden, dem er das Beschützerschwert überlassen konnte. „Genau das habe ich bis dahin auch gedacht, verehrter Vater. Ihr wusstet nichts davon.“ Das glaubte er ihm. Vater log nie. „Aber der ...Besitzer bestätigte mir den Namen und sagte, er habe es geschenkt bekommen.“ „Ich werde wohl einen Schmied herkommen lassen.“ Der Kaiser klang etwas ingrimmig: „Bist du schwer verletzt?“ „Tenseiga half mir.“ Der Shogun warf einen müden Blick auf das Schwert, das nun samt der Scheide in seinem Ständer ruhte: „Sonst wäre ich tot. Diesem Kerl gelang es im letzten Moment die Windnarbe zu finden.“ „Das gefällt mir immer weniger. Jemand, der die Windnarbe beherrscht, wird auch uns gefährlich. Weißt du seinen Namen?“ „Inu Yasha.“ „Nie gehört.“ „Er trug die Jagdkleidung eines Adeligen in Rot, hat weiße Haare und ist jünger als ich...“ Und da war noch etwas, wohl Wichtiges, das er aber zumindest im Moment vergessen hatte. Die Windnarbe hatte ihm mehr zugesetzt, als er geahnt hatte. War da nicht ein Geruch gewesen? Aber alles, was er nun wittern konnte, war sein eigenes Blut. „Ich glaube, Toutousai darf einige Fragen beantworten. - Zu allem Überfluss erreichte mich vor wenigen Minuten ein Schnellbote. Das Dorf der Dämonenjäger in Shiroi wurde vollständig zerstört, alle Einwohner getötet. Fürst Kisho vermutet das Ungeheuer aus Teien dahinter. Überdies wird der Sohn Fürst Narakus vermisst, der auf der Suche nach dem Ungeheuer war.“ Sesshoumaru schloss kurz die Augen: „Ein Attentat auf mich, jemand, der Tessaiga besitzt, ein Ungeheuer, das niemand findet und doch mordet....“ „Ja. Jemand gibt sich Mühe uns zu beschäftigen. - Erhole dich gut, mein Junge.“ Der mächtige Shogun spürte, wie sein Vater seine Hand berührte. Mein Junge – das hatte er zuletzt zu ihm in Welpentagen gesagt. Und es klang so...einschläfernd, ebenso wie das Streichen über seine Stirn... Der Taishou sah beruhigt, dass sein Sohn in den heilsamen Tiefschlaf gefallen war, der Dämonen eigen war. Schon morgen würde er sich erholt haben. So verließ er das Zimmer leise, nicht ohne Befehl an den Haushofmeister, Jaken, zu erteilen, dass niemand den Shogun stören dürfe. Dann ging er selbst in seine Privaträume. Zu viele Zwischenfälle passierten, lenkten seine Aufmerksamkeit auf sich. Seine – oder die des Shogun? Solche Pläne brauchten doch Zeit. Hatte derjenige, der dahinter steckte, mit seinem Sohn als jungen, unerfahrenen Regenten gerechnet? Dann war es nur umso besser, dass sie nun zu zweit waren, er seine eigene Erfahrung aus Intrigen und Machtspielen mit einbringen konnte. Schlimmer war es freilich, dass in einem Monat zwei Attentate auf Sesshoumaru verübt worden waren. Und dieses Letzte, mit Tessaiga, schien auch noch um ein Haar Erfolg gehabt zu haben. Wem in aller Götter Namen hatte dieser vertrottelte Toutousai das Beschützerschwert ausgehändigt? Oder, noch ärger: wer hatte ihn dazu gezwungen? Wo lauerte die wirkliche Gefahr? Shiroi war wohl kaum der Standort einer Rebellion – nicht Kisho und schon gar nicht, weil bislang dort alle Aktivitäten stattgefunden hatten. Es blieben jedoch noch genügend Provinzen. Und das Ungeheuer aus dem Todeswald von Teien. Es musste gejagt und zur Strecke gebracht werden oder der Name des Kaisers und des Shogun wären im gesamten Reich diskreditiert. Sollte sich Sesshoumaru darum kümmern. Wenn ihm dabei erneut der Kerl mit Tessaiga über den Weg lief, würde er ihn töten. Diesmal könnte ihn der Unbekannte nicht überraschen. Er selbst sollte sich deswegen mit Toutousai unterhalten und seinen Sicherheitsdienst anspornen verdächtige Anhaltspunkte auf eine Rebellion zu suchen. Mochte eine Verschwörung auch noch so fein gewoben sein, sie benötigte Waffen und Männer und damit Geld. Und er besaß einige Leute, Menschen, die der Spur des Geldes folgen konnten. Leider bedeuteten diese neuen Entwicklungen auch, dass Myouga hier in der Hauptstadt bleiben musste und und weder sein loyaler Flohgeist geschweige denn er selbst sich auf die Suche nach Izayois und seinem Sohn machen konnten. Wo mochte der Junge nur stecken? Lebte er noch? Und wenn ja – wie? Fürst Kisho schwankte zwischen Mitgefühl und Sorge, als er Sango und Miroku gemeldet bekam. Selbstverständlich erteilte er ihnen sofort Audienz. „Es tut mir sehr Leid,“ beteuerte er. Die beiden verneigten sich höflich vor dem Marderdämon, der ein schwarzes Fell über der Schulter trug. Für Menschen schien er um die Fünfzig zu sein. Er ihr fort: „Mein Schreiber sagte mir, ihr zwei wäret zufällig auftragsbedingt weg vom Dorf gewesen. Wisst ihr, ob noch jemand einen Auftrag hatte?“ Sango schüttelte den Kopf: „Nein, mein Fürst. Mein Vater gab die Aufträge stets persönlich heraus.“ „Oh, natürlich, Ihr seid die Tochter des Anführers.“ Fürst Kisho wurde merklich höflicher: „Wirklich, mein Bedauern. Ich kannte Euren Vater als sehr intelligenten und fürsorglichen Mann. Ich habe bereits die Suche nach dem Ungeheuer verstärken lassen und auch den Mikado, respektive den Shogun, um Hilfe gebeten.“ „Danke, mein Fürst. - Habt Ihr auch in Erfahrung bringen können, wie es diesem Ungeheuer gelungen ist, mein Dorf...ich meine, es waren alle kampferprobt.“ Sie hätte um ein Haar mehr gesagt, kannte sie doch besagtes Ungeheuer – und sie war mehr als sicher, dass Inu Yasha ihr Dorf nicht ermordet hatte. „Nein. Allerdings gab Fürst Naraku höchste Alarmstufe. Auch er weiß nicht, um was es sich handelt, lebte es doch schon vor seiner Amtszeit in dem Todeswald unter strenger Bewachung. Ein Fehler, wie sich nun herausstellt. Man hätte es sofort töten sollen.“ Inu Yasha....Ihr Vater, ihr Bruder, ihre Freunde.....Was war nur los? Wer ging warum über so viele Leichen und Unglücke? Fürst Naraku, es gab niemand anderen. „Es...es gibt keine Beschreibung?“ „Fangzähne und Klauen, dazu rot-weißes Fell...das mag auf viele Dämonen und auch Tiere passen. Niemand weiß jedoch, was dieses Monster ist....Keine Sorge, meine Liebe. Sowohl der Mikado als auch der Shogun als auch meine Wenigkeit werden alles daran setzen, dieses Monster zu finden und umzubringen. Wollt Ihr Euch an der Jagd beteiligen?“ Sie warf unwillkürlich einen Blick zu Miroku, ehe sie sagte: „Ich würde mir lieber die Erlaubnis meines Fürsten erbitten, mit diesem Mönch selbst auf die Jagd gehen zu dürfen. Unabhängig.“ „Natürlich, meine Liebe. Ich weiß, dass Dämonenjäger schon immer unabhängiger als andere Menschen waren. Jagt. Nur, bringt mir Beweise. Und natürlich den Kopf des Täters.“ Sango senkte zustimmend den Kopf: „Ja, mein Fürst.“ Oh doch, sie würde Naraku finden und töten. Und sie war sicher, Miroku und auch Inu Yasha, Kagome, selbst der kleine Shippou würden ihr helfen. Das war ihr Vorteil. Mit ihnen, einer so kleinen Gruppe, würde keiner rechnen. „Ich sage doch, Inu Yasha hat sich verlaufen!“ Der kleine Fuchsdämon verschränkte die Arme und sah zu Kagome in der Suche auf Unterstützung. Die Priesterschülerin holte tief Atem: „Inu Yasha?“ Sie war am Rande der Erschöpfung und auch Shippou schien müde. „Blödsinn.“ Der Halbdämon ging noch einige Schritte voran: „Ja, es ist ein Umweg zum Zauberwald. Aber da ist der Grund. Und wenn Shippou nicht so ein jämmerlicher Fuchs wäre, hätte ihm seine Nase längst gesagt, was los ist.“ Jetzt wurde Kagome aufmerksam und kam neben ihn auf die kleine Lichtung, die an einem Steilabfall endete. Von hier aus konnte man hinunter auf den nebelschwadenumhüllten Großen Sumpf sehen. „Was meinst du?“ Sie flüsterte unwillkürlich. „Da! - Menschen auf der Flucht, in Angst.“ Sie schenkte Shippou einen vorwurfsvollen Blick, ehe sie fragte: „Das scheinen Bauern zu sein, einfache Leute. Und sie haben Kinder dabei.“ „Zwanzig, alles in allem.“ Der Halbdämon witterte: „Was verfolgt sie?“ „Sag jetzt ja nicht das Ungeheuer...Moment, wieso hast du sie so lange schon bemerkt?“ „Wenn Menschen Angst haben, stinken sie.“ Inu Yasha zuckte die Schultern: „Aber was sie da jagt...ich will nicht, dass wieder einer sagt, dass ich das war. Wartet hier!“ Mit gewaltigen Sätzen hastete er den abstürzenden Hang hinunter, kein Mensch hätte das wagen dürfen. Kagome drehte sich zu dem kleinen Fuchsdämon: „Du hast das nicht bemerkt.“ „Äh, nein...“ Shippou fand es besser kleinlaut zu werden: „Hunde riechen eben besser....“ „Dann sag ja nie mehr, dass sich Inu Yasha verlaufen hat!“ „Ja, schon gut.“ Die Bauern und Ihre Familien erstarrten, als sich ihnen ein rot gekleideter, junger bewaffneter Dämon in den Weg stellte. „He!“ sagte Inu Yasha: „Was ist denn hier los? Und ehrlich gesagt: das hier ist Shiroi und ihr stammt doch aus Teien?“ Damit war für die Bauern klar, dass es sich wohl um einen Grenzposten handelte. Erleichtert meinte der Anführer: „Ja, Herr,.das ist uns bewusst...aber wir fliehen nicht nur um unser Leben.....“ Dem Halbdämonen fiel ein, dass Menschen und auch Dämonen nicht einfach so die Provinz wechseln durften: „Was ist denn los?“ wiederholte er. „Hinter uns ist ein....ein....nun, wohl ein Dämon her, der unsere Seelen anderen Dämonen gibt, nicht solchen wie Euch,“ beteuerte er eifrig. Der Halbdämon verstand nicht ganz, aber eines: „Keh! Ihr werdet von jemandem verfolgt, der euch umbringen will und dem gegenüber ihr wehrlos seid?“ Ohne weiteres Wort sprang er voran und blieb auf dem einst gerodeten, nun kaum mehr erkennbaren Pfad stehen. Kagome, die den Dialog nur halb mitbekommen hatte, begriff nur, dass er diese Familien beschützen wollte. Und sie nahm sich fest vor, ihn nie wieder auch nur wegen eines Umweges schräg anzusehen. Er war wirklich ein netter Kerl. Von wegen Ungeheuer. Inu Yasha blieb stehen, während sich hinter ihm die Familien zusammenkauerten. Er wusste, dass dort jemand kam. Dämon und Menschen. Die sollten es nicht wagen sich mit ihm und Tessaiga anzulegen, mit der Windnarbe. Der Anführer der sich nähernden Gruppe von zwölf Männern bemerkte ihn: „He! Wer bist du? Das hier ist noch Teien! Und du von Shiroi.“ „Es ist doch völlig gleich, woher ich komme: du jagst die hier. Und ich schütze sie, die sich nicht verteidigen können.“ „Ich arbeite für Fürst Naraku von Teien. Also...?“ „Also was? - Was willst du?“ „Lass mir diese Menschen.“ „Nein.“ „Ach. Und wer sagt das?“ „Keh! Dein Untergang.“ Das „Inu Yasha von Teien“ hatte er sich gerade noch verkneifen können. „Ich habe zehn Männer und einen Zauberer bei mir.“ „Und ich bin allein. Klasse.“ „Greift ihn an!“ Kagome sah mit angehaltenem Atem, wie die Menschen und der Dämon kampfbereit auf Inu Yasha zustürmten. ** Fürst Narakus Pläne sorgen für Aufregung im Reich. Im nächsten Kapitel bekommt der arme Inu Yasha wieder einen neuen Beinamen – und es wird Neumond. Kapitel 13: Neumond ------------------- Die zehn Menschenkrieger rannten befehlsgemäss nach ihrem dämonischen Anführer auf den unbekannten Jugendlichen in rotem Gewand zu, hinter den sich die Bauern und ihre Familien zurückgezogen hatten. Inu Yasha zog Tessaiga. Vielleicht erriet der eine oder andere der Angreifer in diesem Moment, dass es sich weder um einen harmlosen Jungen noch um ein gewöhnliches Schwert handelte, aber zur Umkehr war es schon zu spät: „Windnarbe!“ Die von oben her zuschauende Kagome hielt unwillkürlich den Atem an. Sie hatte an dem Ort, an dem Inu Yasha gegen Sesshoumaru gekämpft hatte, die tiefen Scharten im Boden gesehen und bereits vermutet, dass dies ein sehr mächtiger Angriff sein musste, aber diese Macht in Aktion zu sehen war schon etwas anderes. „Der kann ja echt was,“ flüsterte auch Shippou neben ihr. Der Halbdämon betrachtete die Leichen vor sich, ehe er Tessaiga zurückschob. Hu. Das war wirklich keine Attacke, der er sich selbst gern in den Weg gestellt hätte. Er drehte sich zu den Bauern um: „Geht zu Fürst Kisho und bittet ihn um eine Ansiedlungsgenehmigung. Vielleicht bekommt ihr sie. Oh, und die Grenze nach Shiroi ist dort oben, wo der Stein rechts steht.“ Die Menschen würden die unsichtbaren Magielinien der Provinzen nicht wahrnehmen können. Selbst er hatte da so seine Probleme. „Das heißt eines noch: warum wollte euch Fürst Naraku festnehmen lassen?“ „Ich...wir wissen nur, was uns der Anführer sagte: unsere Seelen sollten gefressen werden.“ „Keh! - Geht.“ Inu Yasha lief wieder den Berghang hinauf, ehe die Bauern weitere Worte, gar des Dankes, fanden. „Hast du gehört? Er will ihre Seelen verfüttern. Was brütet er da wieder aus?“ Kagome schüttelte den Kopf: „Ich weiß es nicht. Es kann jedoch nichts Gutes sein. Aber, um ehrlich zu sein, davon habe ich auch in der Priesterschule nie gehört.“ „Du hast auch von den Abkömmlingen nichts gehört. - Gehen wir jetzt zum Zauberwald. Naraku dürfte bald mitbekommen, dass diese Jagd ein Misserfolg war.“ „Und er wird wieder dem Ungeheuer die Schuld geben,“ meinte sie: „Du bist sicher bald der gesuchteste Mann im Reich.“ „Bin ich ja jetzt schon. Na, Hauptsache, den Menschen ist nichts passiert. Gehen wir.“ Als Sango und Miroku vier Tage später im Zauberwald eintrafen, wurden sie unverzüglich von einem Baumkämpfer empfangen, den sie nicht namentlich kannten. „Kommt,“ sagte er: „Inu Yasha und Kagome leben bei uns, an einem Ort, der wohl auch euren Bedürfnissen gerecht wird.“ „Sicher, danke.“ Sango glitt von Kirara. Die magische Katze verkleinerte sich sofort und sprang in ihren Arm. „Du hast Glück,“ sagte das Waldwesen: „Wem eine solche Katze folgt, der hat einen treuen Freund. - Kommt.“ Die beiden folgten dem Baumkämpfer durch den Wald. Allein hätten sie sich hier verlaufen. Es gab keinen Weg, keinen Pfad, was auch daran lag, dass die Kinder der Mutter des Waldes sich auf den Bäumen fortbewegten, ja, mit ihnen verschmelzen konnten. Erst zwei Stunden später erreichten die beiden Menschen und der Baumkämpfer ein Felsgewirr. Es wirkte, als habe ein Riese hier wahllos einen Korb mit Steinen ausgeschüttet. Shippou rannte ihnen entgegen: „Sango, Miroku, schön, dass ihr da seid!“ „Dann zeige du ihnen den Weg,“ meinte der Baumkämpfer und wandte sich, nach der höflichen Danksagung der Jäger, ab. Inmitten des Felsgewirrs befand sich eine kleine Lichtung, deren Boden ebenfalls aus Steinen bestand – und eine Grotte. Vier riesige Steine hatten sie gebildet. Kagome saß dort, sprang aber auf: „Sango! Miroku!“ Sie umarmte beide, froh, sie wieder zu sehen: „Da, setzen wir uns in die Grotte. Sie haben uns Strohmatten gegeben, die halten einigermaßen warm und weich. Feuer sollte man ja hier im Zauberwald nicht machen.“ „Lieber nicht,“ gab die Dämonenjägerin zu: „Aber wir haben etwas zu Essen mitgebracht. Wo ist denn Inu Yasha?“ „Der müsste bald kommen. Er geht jetzt jeden Tag zur Grenze und sucht Menschen oder andere Leute, denen er helfen kann. Ich fürchte, dass das zwar nett ist und auch Naraku ärgert, aber ihn als „Ungeheuer“ weiterhin in Verruf bringt.“ Aber natürlich hatte der Dickkopf nicht auf sie gehört. „Das weniger. Da hat er seinen Ruf schon ruiniert – unschuldig.“ Miroku setzte sich: „Aber erzählen wir, wenn er auch da ist. Komm, essen wir erst. Wir haben heute schon einen langen Tag hinter uns.“ Bei Sonnenuntergang tauchte der Halbdämon aus den Schatten zwischen den Felsen auf, nicht überrascht die beiden zu sehen, deren Witterung er bereits wahrgenommen hatte: „Wart ihr bei Fürst Kisho?“ „Ja. Magst du auch etwas essen? Wir haben noch eine Schüssel mit Nudeln als Wegzehrung.“ „Gern. Zwar kalt, aber lieber als immer Beeren.“ Er nahm zwischen Kagome und Sango Platz, nachdem er Tessaiga abgezogen und neben sich gelegt hatte. „Dann erzählt,“ bat die Priesterschülerin. Die Dämonenjägerin seufzte: „Nun, Fürst Kisho bedauert den Überfall und die Ermordung meiner Leute. Er gibt daran dem Ungeheuer aus Teien die Schuld und lässt es jagen. Fast alle seine Krieger suchen dich, Inu Yasha. Zum Glück ist die Beschreibung mehr als ungenau. Außerdem hat er den Shogun um Hilfe gebeten. Da die Dämonenjäger unter dem direkten Schutz des Mikado standen, sind nun auch Krieger des Inu no Taishou in Shiroi, oder auf dem Weg hierher. Sesshoumaru war bei ihm und sagte ihm, dass er das Ungeheuer selbst töten wolle, seither hat er nichts mehr von ihm gehört.“ „Vor sieben Tagen habe ich dem dummen Hund die Windnarbe um die Ohren gehauen....“ Der Halbdämon sah nachdenklich auf: „Also, wenn er noch lebt, sollte er sich erholt haben. Der ist doch sicher in der Lage sich zu regenerieren.“ „Was deine Lage wiederum nicht unbedingt verbessert,“ meinte Miroku: „Außer im Zauberwald kannst du dich in Shiroi kaum mehr sehen lassen.“ „Keh! Wenn mich Kishos Männer oder meinetwegen auch die des Mikados entdecken: wer soll wissen, dass dieser dämliche Naraku MICH mit dem Ungeheuer meint?“ „Mag sein,“ gab Sango zu: „Aber zumindest der Shogun wird dich wiedererkennen – und sicher noch immer Tessaiga wollen. Und er wird deine Beschreibung auch an seine Krieger weitergegeben haben.“ „Naraku wird sicher auch die Grenzen nach Teien abpatrouillieren lassen,“ erklärte der Mönch: „Schon, um seine Glaubwürdigkeit zu wahren, dass er seinen Sohn vermisst und das Ungeheuer sucht.“ „Apropos Naraku...“ Kagome sah in die Runde: „Auf unserem Weg hierher hat Inu Yasha einige menschliche Bauern vor Kriegern Narakus beschützt. Die sollten sie fangen, weil der ihre Seelen verfüttern wollte. Könnt ihr euch so etwas vorstellen?“ „Ja,“ sagten Miroku und Sango gleichzeitig, ehe der Mönch fortfuhr: „Da gibt es schon einige Möglichkeiten – und das ist eine recht widerliche Magie, in aller Regel. Aber...Moment mal. Inu Yasha, du hast Bauern beschützt, die auf der Flucht waren?“ „Ja. Und sag jetzt ja nicht, dass das falsch war. Die hatten auch Kinder dabei.“ Der Halbdämon stellte die Schüssel zurück. „Nein, falsch nicht.“ Sango atmete tief durch: „Gestern Nacht rasteten wir in einer kleinen Stadt. Da wir offiziell im Auftrag des Fürsten unterwegs sind, suchten wir uns Quartier beim Stadtvorsteher. Dabei bekamen wir mit, dass eine Gruppe Bauern ankam, die Audienz suchten und berichteten, dass sie aus Teien wären. Ein paar Krieger erzählten uns dann später, sie seien auf der Flucht vor Leuten gewesen, die sie fressen lassen wollten und ein junger Hundegott, ein Inu Gami, habe sie beschützt.“ „Ein Hundegott?!“ fragte Kagome mit lachbereitem Mund zurück: „Was sie dir alles anhängen.“ „Ein Gott?“ Shippou lachte wirklich los: „Inu Yasha und ein Gott?“ Der knurrte etwas: „Vom Ungeheuer zum Gott und zurück. Na klasse. Für was halten diese Idioten mich als nächstes? Den Sohn des Mikado? - Halbdämonen können doch nicht so selten sein!“ „Ich fürchte doch.“ Miroku lehnte sich an den Stein: „Es hieß in meiner Ausbildung immer, dass Mischlinge – wenn ich das so sagen darf – zwischen Dämonen und Menschen in aller Regel nicht überleben, weil der menschliche Körper die Dämonenenergie nicht aushält. Aber du besitzt ja keinen menschlichen Körper in dem Sinn. Vielleicht ist das auch nur Gerede.“ „Jedenfalls steht zu vermuten, dass sie wegen des Überfalls auf Narakus Krieger jetzt dich auch noch als Hundegott suchen.“ Sango seufzte etwas: „Immerhin einmal wegen etwas, das du getan hast.“ „Und das werde ich auch weiterhin tun,“ sagte Inu Yasha bestimmt: „Wenn dieser Naraku darauf besteht, Menschen oder ihre Seelen zu verfüttern.“ „Das ehrt dich. Aber dazu müsstest du nach Teien zurück. Und da wirst du als Ungeheuer gesucht. Gut, in Shiroi auch....“ Kagome nickte: „Eben. Ich sehe nur die Möglichkeit, dass Inu Yasha, also, wir alle, zum Mikado gehen und ihm alles berichten. Er ist der Einzige, der sowohl Naraku festnehmen lassen kann als auch Sesshoumaru daran hindern, Inu Yasha wegen Tessaiga umzubringen. Und Sango, du kannst doch bezeugen, dass nicht er dein Dorf getötet hat. Wir müssen nach Machi.“ „Machi liegt von hier aus zwei Wochen weg, wenn wir nach menschlicher Art reisen,“ gab Miroku zu bedenken: „Schön, wir können auf Kirara fliegen, da geht es schneller, aber da fallen wir auch mehr auf. Und jeder Dämon, jeder menschliche Krieger in Shiroi und den umliegenden Provinzen ist auf der Jagd nach Inu Yasha. Wir drei werden ja zum Glück von Naraku für tot gehalten – und nur in Teien gilt unsere Verurteilung. Die könnte der Kaiser dann auch aufheben.“ „Es hieß aber, der Mikado trete nicht mehr in der Öffentlichkeit auf und sei krank,“ meinte Sango: „Wer sagt uns, dass wir überhaupt eine Audienz bekommen? Und eine beim Shogun nützt nur uns, aber nicht Inu Yasha.“ „Du meinst, der Kerl will dann Tessaiga? Das kann er gern noch einmal versuchen.“ Der Halbdämon fasste unwillkürlich nach seinem Schwert. „Bloß nicht!“ warnte Kagome: „Du kannst dich nicht in der Hauptstadt mit dem Kronprinzen duellieren. Selbst, wenn du gewinnst, wirst du umgebracht! Da sind doch viele Krieger!“ „Viele ist untertrieben.“ Sango sah zu ihm: „Soweit ich weiß ist der Kern des kaiserlichen Heeres stets dort stationiert. Das sind alles Dämonenkrieger und dem Inu no Taishou treu ergeben. Die stehen kaum mit verschränkten Armen daneben, wenn du seinen Sohn tötest.“ „Keh!“ Aber Inu Yasha sah zu Boden: „Mach doch mal dein Fuchsfeuer an, Shippou, es wird dunkel,“ meinte er dann, um abzulenken. Das durften sie selbst hier. Auf Kagomes Nachfrage hatte eine Laubzauberin als kaltes Feuer bezeichnet und erlaubt. „Dann gehen wir morgen früh in Richtung Machi?“ fragte die junge Priesterschülerin niemand Bestimmten. „Ja. Wir drei, äh, vier, entschuldige, Shippou, reiten auf Kirara,“ sagte Sango: „Und Inu Yasha ist auch so schnell. Wobei, es wäre wohl günstiger, erst nachts aufzubrechen. Die Chance, entdeckt zu werden, ist da doch geringer.“ „Ja, natürlich. Was ist, Inu Yasha?“ Denn der knurrte etwas unglücklich vor sich hin, blickte aber auf: „Nichts...“ „Du kannst dir mit Sesshoumaru nicht noch einmal ein Duell liefern. Er ist der Shogun und du das Ungeheuer von Teien, verdächtig des Mordes an den Dämonenjägern, am Erben von Teien und anderen.“ Kagome schüttelte den Kopf: „Aber der Mikado wird dir sicher helfen, bestimmt. Es heißt immer, dass er gerecht sei.“ „Du hattest auch von Naraku eine gute Meinung,“ gab er zurück. „Da hatte er mir auch nichts getan,“ verteidigte sie sich prompt: „Und von seinen magischen Tücken wusste ich nichts.“ Seit dem Zwischenfall mit den Bauern und der geplanten Seelenverschlingung war der Fürst von Teien bei ihr vollkommen unten durch. Dafür gab es keine Entschuldigung mehr, wobei nicht einmal ihr eine für die Auslieferung seines Sohnes eingefallen war. So brachen die Fünf zu Beginn der übernächsten Nacht auf. Sie hatten möglichst viel am Tag geschlafen und während vier von ihnen auf Kirara ritten, lief Inu Yasha unter der Katze mit den brennenden Pfoten im gleichen Tempo mit. Kagome war zuerst besorgt gewesen, ob er sich nicht übernehme, erkannte aber bald, dass die Geschwindigkeit ihn nicht anzustrengen schien. Sie sollte wirklich aufhören, ihn als Menschen zu sehen. Sie hatten sich höflich von der Mutter des Waldes verabschiedet, die ihnen für ihre Rückkehr erneute Zuflucht versprochen hatte. Allerdings hatte auch sie gemeint, dass der Mikado ihnen helfen könnte. „Ich kenne ihn noch aus vergangenen Tagen, als er nur der Inu no Taishou, der Anführer aller Hunde, war. Ihm könnt ihr vertrauen. Aber niemandem sonst. Politik und Intrigen waren stets eine heikle Sache.“ Die Fünf hatten es ihr versprochen. Es war fast Morgen und die ersten Strahlen der Sonne stiegen über die Flussebene, als sie vor sich eine breite Straße entdeckten. Kirara hielt an und so tat es auch der Halbdämon. Die Katze landete.„Was ist denn los?“ erkundigte er sich. „Das ist die Heerstraße, die durch das gesamte Reich von Nord nach Süd führt, mit Abzweigungen in jede Provinzhauptstadt. Sie wird in aller Regel von kaiserlichen Truppen beschützt, um den Handel und das Reisen zu sichern.“ Sango sah sich forschend um: „Allerdings sehe ich hier keine Krieger. Kannst du Dämonen wahrnehmen?“ Inu Yasha schüttelte den Kopf: „Nein. Vielleicht haben wir Glück und können hier weitergehen. Das dürfte doch der schnellste Weg nach Machi sein, oder?“ „Ja, schon...“ Aber die Dämonenjägerin war unruhig: „Aber den ganzen Tag auf dieser Straße zu bleiben ist gefährlich. Und wir müssen ja auch noch schlafen.“ Inu Yasha hatte daran zwar nicht gedacht, meinte jedoch nur: „Ja, und was essen wäre auch nicht schlecht. Aber wir können ja kaum in ein Dorf gehen, oder?“ „WIR schon,“ betonte Miroku: „Du bist eben unser Lieblingsungeheuer.“ Der Halbdämon warf einen Blick zum Himmel, wo die Silhouette der dünnen Mondsichel verblasste. „Dann machen wir hier Rast,“ schlug er vor: „Und gehen auf der Straße weiter. Nächste Nacht bleibt ihr dann in einem Dorf und ich...naja...bin eben irgendwo.“ „Ach nein, da bleibe ich schon bei dir,“ bot Kagome sofort an und war überrascht, einen funkelnden Blick zu ernten. Manchmal verstand sie ihn wirklich nicht. Hastig sagte er: „Nein, in einem Dorf bekommt ihr was zu essen. Ich muss weder schlafen noch essen, und für euch wird es dann auch zu dunkel. Nächste Nacht ist Neumondnacht.“ „Das sehen wir schon. Jetzt eine Pause zu machen ist sicher gut,“ meinte Sango besänftigend: „Dort, an dem Baum. Von der Straße aus sieht uns niemand. Und wittern...?“ Sie sah zu dem Halbdämon. Der schüttelte den Kopf: „Der Wind kommt aus einer anderen Richtung.“ War er hier der Schnüffler vom Dienst? Aber Menschennasen waren nun einmal deutlich schlechter als die seine. Und dabei war er nur ein halber Hundedämon. Wie mochte dann Sesshoumaru erst riechen können? Moment. Wenn der Shogun ein Hundedämon war musste auch der Kaiser einer sein. Klar. Der Herr aller Hunde war ja sein Titel, ehe er Mikado wurde. Irgendwie fühlte sich das komisch an. So, als ob er tatsächlich irgendwie mit dem Kaiser verwandt wäre. Warum nur hatte er nie daran gedacht? Natürlich gab es auch noch andere Hundedämonen außer seinem Vater. Und der musste ja auch Eltern gehabt haben. Vielleicht existierten die sogar noch. Aber sie würden kaum an einem halbblütigen Enkel Freude haben. Nun, das hätten auch seine menschlichen Großeltern so gesehen. Wenn er sich recht entsann war seine Mutter die Einzige gewesen, die ihn so gemocht hatte, wie er eben war. Das einzige andere Familienmitglied, sein Onkel, hatte ihn ja als Ungeheuer dort in den Todeswald gesperrt. Hatte er ihn womöglich tatsächlich für eines gehalten und war gar nicht so auf den Fürstentitel versessen gewesen? Nun, Onkelchen war tot, dafür hatte Naraku gesorgt, wenn er auf das Geflüster seiner Wachen etwas geben konnte. „Inu Yasha?“ Er schrak zusammen und sah in Kagomes Gesicht „Äh, ja...?“ Auch sie ließ, ebenso wie Sango und Miroku, nie erkennen, dass sie ihn nicht für voll nahm... „Entschuldige. Ich ...du hast wohl mit offenen Augen und im Gehen geschlafen. - Wir wollen doch hier Rast machen.“ „Ja.“ Noch immer etwas verwirrt durch seine Gedankenunterbrechung setzte er sich zu den anderen. Doch, sie waren nett zu ihm und irgendwie seine Freunde. Wenn er schon keine Familie mehr hatte, war das doch ein guter Ersatz. Und viel besser als seine Einsamkeit zuvor. Ohne Zwischenfälle gelangten sie am folgenden Abend zu einem Dorf. Wenn Inu Yasha Händler oder andere Reisende bemerkt hatte, war er rasch seitwärts gelaufen, um nicht erkannt zu werden. Jetzt verabschiedete er sich von seinen Freunden, froh, heute Nacht allein sein zu können. Die erste Neumondnacht, die er erlebte, seit er sie vor fast vier Wochen getroffen hatte. Sie sollten sein Geheimnis nicht kennen. Niemand sollte es je erfahren. Er hasste Neumondnächte, seit er erleben musste, was sie mit ihm, seinem Körper anrichteten. Mit dem Versprechen ihm etwas zu essen mitzubringen, ließen sie ihn unter einem Baum am Rande einer Teeplantage zurück. Unwillkürlich sprang er empor. Heute Nacht war es besser, geschützt zu sein. Jeder streunende Dorfköter, von anderen Gefahren absehen, würde ihn als Angriffsziel schätzen, das wusste er noch aus den Nächten, die er als Kleinkind im Schloss verbracht hatte. Das eine oder andere Mal hatte er Ärger bekommen, ehe Mutter ihm eingeschärft hatte, sein Zimmer nicht zu verlassen. Das war im Todeswald anders gewesen - das Gitter und der Bannkreis hatten ihn in Neumondnächten beschützt. Er saß kaum auf dem Baum, als die Sonne unterging und er die unwillkommene Verwandlung spürte. Seine Klauen, seine Fangzähne bildeten sich zurück, die Hundeohren auf seinem Kopf verschwanden und sein Haar wurde schwarz. Diese äußerlichen Anzeichen der Verwandlung in einen Menschen hätte er noch ertragen. Schlimmer war das Innerliche. Ohne jede dämonische Energie kam er sich immer so schrecklich hilflos und unvollständig vor. Eine Nacht lang, bis die Sonne wieder aufging, musste er nun hier als Mensch herumsitzen, eine scheinbare Ewigkeit. An Schlaf war sowieso nicht zu denken. Die Stunden schienen vorbei zu kriechen und Inu Yasha sah immer sehnsüchtiger nach Osten. Ging denn nicht endlich die Sonne wieder auf? Er besaß nur menschliche Sinne und zuckte zusammen, als er seinen Namen hörte. Das war doch Kagome? Sie stand mit den anderen dreien unter dem Baum und blickte sich suchend um: „Inu Yasha!“ flüsterte sie: „Oh, da bist...was ist denn mit dir passiert?“ Das klang nicht erheitert, sondern besorgt, aber er drückte sich enger an den Baumstamm. „Was ist denn los?“ fragte er zurück. „Du...du hast dich in einen Menschen verwandelt? Aber warum?“ „Das ist eben so,“ knurrte er, unglücklich, dass sie ihn so sahen. Miroku nickte: „Ja, ich hörte davon. Einmal im Monat, zur Zeit seiner Geburt, verliert ein Halbdämon sein dämonisches Wesen und wird zu einem Menschen. Umgekehrt soll es so gut wie nie vorkommen, also, dass er zu einem vollwertigen Dämon wird. Ich vermute, dass das mit der Dunkelheit zusammenhängt, also er sich zurückverwandelt, sobald die Sonne aufgeht. - Komm runter, Inu Yasha, wir müssen gehen.“ „Was ist los?“ wiederholte sich der. „Im Dorf sind kaiserliche Krieger. Darunter auch Hundedämonen. Das fehlte, dass sie dich hier finden. Wir wollten dich sowieso warnen, aber jetzt ist es noch wichtiger, dass wir verschwinden.“ Auch das noch. Ungewohnt mühsam kletterte der Halbdämon von dem Baum und sah etwas verlegen und mürrisch zugleich zu Boden. „Das macht doch nichts,“ meinte Kagome. „Du brauchst dich doch dafür nicht schämen, dass du dich einmal im Monat in einen Menschen verwandelst. Wir sind dauernd welche. Und du siehst so auch niedlich aus.“ „Es ist aber ein Beweis dafür, dass er eben kein richtiger Dämon ist!“ sagte Shippou prompt und war etwas erstaunt, dass ihn alle drei Menschen finster ansahen, selbst Kagome. Diese legte den Arm um den zusammenzuckenden eigentlichen Halbdämon: „Jetzt komm. Die Krieger machten sich zum Aufbruch fertig. Eigentlich ist es ein Glück, dass du im Augenblick ein Mensch bist. So werden sie dich kaum für das Ungeheuer halten.“ „Das werden wir gleich feststellen,“ murmelte Sango und nahm Kirara auf den Arm. Auch Kagome erkannte nun die fünf Dämonen, nur zwanzig Meter vor ihnen in der Dunkelheit, die sich näherten, und fasste nach Shippou. Ohne Zweifel hatten sie sie entdeckt. Flucht war sinnlos. Inu Yasha griff unwillkürlich nach Tessaiga, aber er hatte zuvor schon bemerkt, dass das Schwert ohne Dämonenenergie nur ein altes, verrostetes Stück Metall war. „Reisende?“ fragte einer der Dämonen. „Ja,“ antwortete Sango: „Im Auftrag Fürst Kishos.“ „Ihr habt Dämonen dabei...Mönch und Priesterin....“ „Ja. Wir sind Dämonenjäger. Hier ist der Passierschein des Fürsten.“ Sie reichte ihn dem Sprecher. „Danke. - Wir sind nur überrascht. Es heißt, das Dorf...Oh. Wisst ihr noch gar nichts davon?“ „Ja, wir wissen es. Wir hatten nur einen anderen Auftrag und waren darum nicht dort, als der...der Überfall stattfand.“ Sie nahm den Brief wieder. „Gut. Wir sind auf Befehl des Mikado hier, auf der Suche nach dem Ungeheuer. Seid versichert, dass wir euer Dorf rächen werden.“ Inu Yasha zuckte unwillkürlich etwas zusammen. Das konnte ja noch heiter werden. Zum ersten Mal erfasste er das gesamte Ausmaß seiner Schwierigkeiten. Miroku sah, dass der Dämon das bemerkt hatte und nun den Jungen musterte. So meinte er eilig ablenkend: „Ja, unser Dorf stand unter dem Schutz des mächtigen Inu no Taishou. Fürst Kisho hat uns auch bereits mitgeteilt, dass sich der Shogun höchstselbst auf die Jagd begeben wollte.“ „So ist es. Er hat sich heute Morgen erst von uns getrennt.“ Also war auch Sesshoumaru hier? Das wurde ja immer besser. Inu Yasha klammerte sich förmlich an seinen Schwertgriff. Der Dämon betrachtete ihn noch immer: „Der Junge war wohl noch nie auf so einer Jagd?“ „Fast nie,“ antwortete Sango, in der Hoffnung, der Halbdämon würde jetzt nichts Falsches sagen oder gar tun: „Aber nach der Zerstörung unseres Dorfes...“ Man konnte Hundedämonen nicht anlügen, aber zumindest die Wahrheit umschreiben. „Ja, natürlich. - Gute Reise dann und viel Erfolg.“ „Das wünsche ich auch euch und dem mächtigen Shogun.“ Sango deutete ein Nicken an und die Dämonenkrieger verschwanden im ersten Schein des Tages, der am Horizont die nahende Sonne ankündigte. „Das war knapp,“ murmelte Miroku, als nur zwei Minuten später die ersten Strahlen auf den Halbdämon trafen und sofort die Verwandlung auslösten: „Und wir sollten gut nachdenken. Mit den Kriegern und dem Shogun auf den Fersen wird der weitere Weg nach Machi schwer. Es wäre besser zu warten bis sie sich wieder zurückgezogen haben.“ „Du meinst, ich soll zurück in den Zauberwald? Keh! Mit diesen Kriegern und auch Sesshoumaru werde ich schon fertig.“ Inu Yasha hob etwas den Kopf, auf dem wieder zwei Öhrchen saßen, die Kagome zum Knuddeln animierten. Aber sie ließ es lieber sein. „Halten wir Kriegsrat,“ meinte sie stattdessen: „Aber verstecken wir uns lieber. Wenn der Shogun hier vorbeikommt, sitzen wir in der Tinte. Nicht, dass ich daran zweifle, dass du ihn besiegen kannst, Inu Yasha,“ ergänzte sie hastig: „Aber wir sähen da wohl ziemlich alt aus.“ „Zumindest scheinen sich unsere Todesurteile noch nicht herumgesprochen zu haben,“ sagte Sango: „Und der Passierschein Fürst Kishos schützt uns. Gehen wir zurück, gestern habe ich in der Teeplantage eine Erntehütte gesehen. Da ist zu dieser Zeit sicher keiner und wir können in Ruhe planen.“ ** Irgendjemand sollte der reisenden Teenie-Gruppe wirklich Rat und Hilfe geben.... Im nächsten Kapitel planen fast alle Beteiligten neu. Kapitel 14: Pläne ----------------- Sesshoumaru ließ seinen Drachen relativ ziellos über die Provinz Shiroi fliegen. Er suchte weniger nach dem Monster von Teien als nach dem Jungen mit Tessaiga. Das hatte er freilich keinem gesagt. Sollten sich doch die Krieger mit dem sagenhaften Ungeheuer beschäftigen, das irgendwie noch niemand zu Gesicht bekommen hatte. Er bezweifelte, dass Narakus Beschreibung sehr vollständig gewesen war, hatte der es doch nie gesehen. Nur die Toten, die es hinterließ, waren echt. Sicher, ein Kampf gegen eine derartige Bestie würde ihn reizen, aber noch mehr dieser Junge mit dem mächtigen Schwert. Da war eine beschämende, erstmalige Niederlage und die Tatsache, dass er selbst Tessaiga nur zu gern besitzen würde... Toutousai war sich wohl nur zu bewusst, was er da angerichtet hatte, denn Vaters Bote, der den Schmied in die Hauptstadt beordern sollte, war ergebnislos zurückgekommen. Der alte Dämon war ohne Hinterlassung einer Adresse verschwunden – und wohl auch in der Annahme, dass der Zorn des Mikado verrauchen würde, verginge etwas Zeit. Da irrte er sich freilich. Vater konnte eines nicht leiden: hintergangen zu werden. Eine Eigenschaft, die er mit ihm teilte. Toutousai war in der Tat in der Hauptstadt, wenn auch im Verborgenen. Ihm war nur zu bewusst, mit welchen Gefühlen ihm der Inu no Taishou und sein Erbe begegnen würden. So hatte er es vorgezogen selbst nach Machi zu gehen, zu einem Zeitpunkt, an dem er noch nicht zur Fahndung ausgeschrieben war. Jetzt würde ihn hier niemand suchen, nicht bei seinem alten Freund Myouga, dem engsten Berater des Kaisers, in dessen Zimmer im Palast. Dieser war soeben hereingekommen und hatte mit vorwurfsvoller Stimme und Schweißperlen auf der Stirn gesagt, dass ein gewisser Schmied wegen Hochverrates überall im Reich gesucht werde. Toutousai seufzte: „Ja, das war mir klar.“ „War dir auch klar, dass du mich mit hineinziehst? Soll ich dem Herrn vielleicht berichten, dass du seit Tagen mein Gast bist und vergessen hast mir zu sagen, dass du ihn betrogen hast? Das kostet mich mein Amt, mindestens, wenn nicht meinen Kopf.“ „Ich habe ihn nicht betrogen!“ protestierte der Besucher: „Ich habe nur das Schwert, das er in Auftrag gegeben hatte, einem anderen überlassen.“ „Na, wie nennst du das dann?“ „Der Junge kam zu mir. Und Tessaiga entschied sich für ihn. So war das und auch der Herr wird wissen, dass meine Schwerter sich ihren Besitzer aussuchen.“ „Wer war der Junge?“ „Ein halber Dämon, fast noch ein Baby.“ Ein Baby? Das erstere hatte er überhört, aber es war wohl auch unwichtig: „Jedenfalls kann er mit Tessaiga umgehen.“ Myouga rieb sich hektisch die Stirn: „Der Herr war äußerst besorgt, denn Sesshoumaru wurde schwer verletzt. Durch die Windnarbe und dein Schwert!“ „Woher hätte ich denn wissen sollen, dass der Kleine nicht nur sehr schnell die Windnarbe findet sondern auch noch verrückt genug ist sich Sesshoumaru auf eine Schwertlänge gegenüberzustellen?“ „Da ist etwas dran,“ gab der Flohgeist zu: „Aber, was soll ich denn jetzt nur machen? Wenn dich hier jemand sieht...“ „Wird schon nicht. Kannst du nicht mit dem Herrn reden?“ „Und was soll ich ihm sagen? Dass du senil geworden bist und deswegen seine Schwerter verschenkst?“ Myouga winkte ab: „Das sag ihm schön selbst.“ „Er ist wohl immer noch sehr sauer? Aber, wie gesagt, das mit Sesshoumaru konnte ich nicht wissen. Und Tessaiga wählte den Jungen.“ Der Schmied kratzte sich am Kopf: „Naja, er kam mir ja nicht gerade wie ein würdiger Träger vor, aber meine Schwerter irren sich nicht. Und er hat die Windnarbe gefunden. Mal sehen,was er sonst noch so an Fähigkeiten ausgräbt.“ Der Flohgeist hob alle vier Arme: „Ach du lieber Himmel! Und das sagst du so seelenruhig? Sesshoumaru ist unterwegs, sicher weniger um das Ungeheuer zu jagen als diesen Jungen zu finden. Wenn der noch einmal Glück hat und eine weitere Eigenschaft seines Schwertes auspackt – wenn sein Sohn stirbt, kannst du nur noch beten, dass der Herr dich selbst umbringt. Das macht er immer schnell.“ Toutousai rieb sich unbehaglich seinen Nacken: „Das wird schon nicht passieren. So viel Glück hat keiner, zwei Duelle mit Sesshoumaru zu überleben.“ Der arme Kleine. „Sag mal, was hat denn Tessaiga noch für Fähigkeiten?“ „Einige. Ich habe aber keine Ahnung, was das Hundebaby finden kann oder auch wird. - Sesshoumaru hat es ja auch immer noch nicht hinbekommen den Pfad der Dunkelheit zu öffnen.“ „Du hast keine Ahnung von gar nichts!“ stöhnte Myouga panisch: „Und mich in Gefahr bringen!“ „Ich bleibe schön brav hier. Und wenn sich der Herr beruhigt hat, sagst du, dass ich um Audienz bitte.“ „Wenn! So wütend habe ich ihn schon lange nicht mehr gesehen.“ „Wir sind doch alte Freunde, Myouga.“ „Davon merke ich nichts,“ seufzte der unwillige Gastgeber: „Und ich lasse dich nur hier, weil du, wenn du den Palast verlässt oder auch Machi, sicher von Wachen erkannt wirst. Weißt du, wie der Junge heißt?“ „Er hat sich mir nicht vorgestellt,“ erwiderte der Schmied wahrheitsgemäß. Dass er den Namen anders erfahren hatte, musste ja Myouga nicht wissen. Der war so schon nervös genug: „Er erwähnte, dass sein Vater ein Dämon gewesen ist. Der ist also wohl tot.“ „Er heißt Inu Yasha, sagte Sesshoumaru.“ „Oh.“ War das Hundebaby denn verrückt geworden, derart mit seinem Namen hausieren zu gehen? Oder hatte er angenommen, den Shogun besiegen zu können? Nun ja, hatte er ja wohl auch geschafft. „Und?“ „Nichts, und. Das ist ein sehr ungewöhnlicher Name. Der Herr lässt ihn auch suchen.“ „Langsam wird hier jeder gesucht...ich, das Ungeheuer, Inu Yasha...“ „Und ein gewisser Hundegott.“ „Häh?“ „Fürst Kisho sandte Nachricht, dass jemand Bauern gegen Krieger half, die angeblich für Fürst Naraku gearbeitet haben. Dieser bestritt das, vor allem, da die Bauern behaupteten, er würde ihre Seelen verfüttern wollen. Der Herr will wissen, wer dieser Beschützer war, zumal in der Beschreibung wieder Rot und Weiß auftauchte, wie bei dem Ungeheuer. Und Inu Yasha trägt auch rote Kleidung.“ „Ja...“ Toutousai kratzte sich am Kopf: „Aber das muss Zufall sein. Der Kleine ist ein Halbdämon, kein Gott und kein Ungeheuer.“ Myouga hörte kaum hin, in die eigenen Gedanken vertieft: „Ja, aber es könnte sein, dass sie alle die gleiche Herkunft haben – oder für die gleiche Person arbeiten. Niemand weiß ja, wie intelligent das Ungeheuer von Teien ist. Und ja, unser Nachrichtendienst ist gut beschäftigt zur Zeit. Kouga hat sich schon beschwert – aber natürlich nur bei mir, nicht beim Herrn.“ Myouga fuhr herum und Toutousai versank hinter seiner Sitzgelegenheit, da draußen Schritte erklangen. Auf ein Klopfen rief der Flohgeist. „Ja?“ Ein menschlicher Diener sah hinein: „Der Kaiser wünscht Eure Anwesenheit.“ „Ich eile.“ Der Flohgeist sprang tatsächlich bereits an dem Mann vorbei, der ein Lächeln unterdrückte. So klein er war, solchen großen Einfluss hatte der Berater auch. Fürst Naraku war über seinen Amtskollegen Kisho von Shiroi verärgert. Musste dieser Idiot sich denn derart um sein Land kümmern und vor allem jede Kleinigkeit sofort an den Kaiser melden? Natürlich hatte auch sein Beauftragter einen Fehler begangen, als er den Bauern erzählte, dass er ihre Seelen brauche – aber der war tot, dafür hatte dieser so genannte Hundegott gesorgt. Wer das wohl gewesen war? Götter lebten gewöhnlich nicht hier, nur Dämonen, aber einen Hundedämon hätten selbst die armseligsten Dörfler erkannt. Da es der Unbekannte jedoch fertig gebracht hatte, einen Dämonenkrieger und zehn Männer allein zu erledigen, war er sicher kein Mensch gewesen. Akago musste eben zusehen, dass er andere fand, die man an die Wurmdämonen verfüttern konnte, um sie ruhig zu halten. Zum Glück waren, wie beabsichtigt, bei dem Überfall auf das Dämonenjägerdorf viele von ihnen umgekommen. Sie hatten als Ablenkung gedient, während die sieben Krieger die eigentliche Arbeit übernommen hatten. Nun, als Ablenkung hatte auch dieses Massaker gewirkt. Der Shogun und eine nette Menge Dämonenkrieger hatten die Hauptstadt in Richtung Shiroi verlassen, standen nun also dem Mikado nicht mehr so schnell zur Verfügung. Sie suchten das Ungeheuer, dem er erfolgreich den Überfall in die Schuhe geschoben hatte. Umgekehrt hatte sein Verbündeter, Fürst Kato, ihm zutragen lassen, dass er eifrig dabei sei, Werbung für sich und seinen Anspruch auf den Thron zu machen – auf Kosten des derzeitigen Thronfolgers, verstand sich. Das würde vermutlich noch einige Zeit dauern, aber wenn es dem guten Sesshoumaru nicht gelang, das Monster aus dem Todeswald aufzuspüren, wäre sein Ruf deutlich schlechter. Dann könnte man auch auf das kleine Mädchen aufmerksam machen, dass in seinen privatesten Räumen lebte. Menschen schätzten es gar nicht, wenn Dämonen ihre Macht über sie mit illegalen oder unmoralischen Dingen zeigten. Das würde sicher.... Nein, dachte Naraku. Das war zu früh. Erst einmal das Ungeheuer und Kato. Das war genug. Und natürlich die Hochzeit von dessen Tochter Yura mit Akago. Sein lieber Sohn war nicht sonderlich begeistert von dieser Aussicht, hatte aber wohlweislich nicht widersprochen. Auch Kanna tat dies nicht, obwohl sie ihn schon gebeten hatte, die Heirat mit Yari unter dem Vorwand hinauszuzögern, sie sei zu jung. Er hatte es ihr zugesagt. Eine Ehe reichte erst einmal. Überdies wollte er auf ihre seherischen Fähigkeiten nicht verzichten. Sie war die beste Informationsquelle, die er hatte, und die Zuverlässigste seiner Abkömmlinge. Er sah auf, als sie hereinkam: „Neuigkeiten?“ „Ja.“ Sie trug wie immer ihren Spiegel bei sich und drehte ihn so, dass er hineinblicken konnte. Krieger, Dämonen und Menschen, versammelten sich. „Was ist das?“ „Fürst Kato lässt Truppenschau halten, ehe er die ausgebildeten Krieger in ihre Heimat schickt und neue rekrutiert.“ „Ah.“ Gut, dann hatte der sich seinen Trick gemerkt, mit einem derartigen Rotationssystem viel mehr ausgebildete Krieger in seiner Provinz zu halten, als es der Mikado angeordnet hatte. Es würde nicht mehr lange dauern, und Kato zuschlagen. Er war ungestüm. Aber nun gut. Gelang die Rebellion, würde bald er, Naraku, der Herrscher sein. Ging es schief – wer konnte ihn mit Kato in Verbindung bringen? Die Gespräche hatten offiziell dem Arrangement von Hochzeiten gedient, schriftlich gab es nichts und nicht einmal aus seinen Finanzunterlagen wäre etwas zu entnehmen. Alles, was momentan gegen ihn sprach, war die Tatsache, dass er das Ungeheuer hatte entkommen lassen, und den Gerüchten, die Fürst Kisho über ihn in die Welt gesetzt hatte. Immerhin schien der Mikado seiner Unschuldsbeteuerung Glauben geschenkt zu haben. Aber dennoch: Akago sollte vorsichtig sein, was die Wurmdämonen und ihr Futter betraf, womöglich jemand anderen vorschicken. Als die Fünfergruppe in der Sicherheit des Zauberwaldes angekommen waren und erneut die Gastfreundschaft der Mutter des Waldes genossen, kam Hiroki, der Baumkämpfer, zu ihnen. „Es gibt Neuigkeiten,“ sagte er. „Setz dich doch,“ meinte Kagome sofort. Sie hatten wieder Quartier in dem Felsengewirr bezogen, nachdem sie beschlossen hatten, erst einmal Ruhe zu bewahren und heirher zurückzukehren und gründlich nachzudenken. Irgendwie hing ihr aller Leben davon ab. „Danke. Die Laubzauberinnen erfahren über die Wurzeln der Bäume, was sich außerhalb unseres Waldes tut. Die Gräser haben ebenfalls Wurzeln und andere Pflanzen. Viele Krieger gehen über das Land. Die des Fürsten und die des Kaisers. Auch der Shogun setzte seinen Fuß erneut auf den Boden Shirois.“ „Sie suchen alle das Ungeheuer von Teien?“ erkundigte sich Sango. „Ja. Der Mord an deinem Dorf und auch der Tod eines Hakudoshi werden ihm zur Last gelegt.“ Hiroki sah zu Inu Yasha. „Keh!“ machte der: „Ich finde es wirklich ganz toll als Massenmörder verschrien zu sein. Wäre ich doch bloß in meinem Wald geblieben.“ „Dazu ist es zu spät,“ meinten der Baumläufer und Kagome gleichzeitig. „Und einig seid ihr euch auch noch. - Was nun?“ „Wir werden nicht gesucht,“ erklärte Sango: „Und ich besitze den Passierschein des Fürsten. Wir bleiben bei unserem ursprünglichen Plan. Nur gehen Miroku und ich nach Machi. Wir können auf Kirara fliegen und schon in wenigen Tagen dort sein. Du bleibst hier im Wald, versteckt und geborgen.“ „Kommt nicht in Frage. Wenn dieser dämliche Naraku glaubt, dass er mir ungestraft seine Verbrechen aufhalsen kann, hat er sich geschnitten.“ Der Halbdämon klang bestimmt. „Äh, du hast einen anderen Plan?“ erkundigte sich Kagome, die ebenso wie die anderen seine Impulsivität bereits kennengelernt hatte. „Naja, also, dass Sango und Miroku zum Mikado gehen und dem Bescheid sagen, ist richtig. Der ist der Einzige, der mich aus diesem Schlamassel wieder holen kann – und auch Sesshoumaru an die Leine nehmen kann. - Was lachst du, Kagome?“ Diese hütete sich zu sagen, dass das Wort „Leine“ aus seinem Mund und in Bezug auf einen Hundedämon einfach lustig klang: „Nichts. Rede nur weiter. Was willst du machen?“ „Ich gehe nach Teien und schnappe mir Naraku.“ Für einen Moment herrschte Schweigen, ehe Sango sagte: „Inu Yasha, dir ist schon klar, dass du in Teien als Ungeheuer gesucht wirst? Und dass es nicht mal eben möglich ist, einen Fürsten zu entführen? Der hat Wachen!“ „Ja, danke. Ich bin ja nicht dumm. Aber du vergisst, dass ich mal in dem Schloss gelebt habe. Ich möchte wetten, dass er den alten Notausgang nicht kennt.“ „Trotzdem: wie willst du nach Shuto kommen, ohne dass dich jemand bemerkt und dann auch noch quer durch die Stadt zum Schloss?“ „Überdies ist Fürst Naraku nicht in Shuto,“ erklärte Hiroki ruhig. Und da ihn alle ansahen: „Er querte vor zwei Wochen, oder so die Provinz Shiroi. Er flog, aber wir entdeckten ihn. Solch eine Dämonenaura bemerken wir immer. Mutter weiß auch stets, wo sich der Shogun in Shiroi befindet oder auch Fürst Kisho.“ „Dann hat sich dein, äh, Plan sowieso erübrigt, Inu Yasha.“ Kagome atmete auf: „Er ist sicher nach Machi geflogen.“ „Dennoch. Das mit den Bauern ist mir aufgefallen. Das wird der schon öfter durchgezogen haben oder auch durchziehen. Ich will mich in Teien umhören.“ „Unauffällig?“ erkundigte sich Miroku ungläubig. „Ja. Ich meine, sie suchen ein Ungeheuer. Ich bin ja wohl keines. Und ich habe Tessaiga, wenn mir einer zu blöd kommt.“ Allen war klar, dass sie ihn kaum im Zauberwald anbinden konnten. „Ich werde mit dir gehen,“ sagte Kagome: „Sicher, da gibt es ein Todesurteil für mich, aber ich glaube kaum, dass sie meine Beschreibung bis hier an die Grenze ausgegeben haben, da sie ja denken, dass ich gefressen worden bin. - Gibt es sonst noch Neuigkeiten, Hiroki?“ Der Baumkämpfer schüttelte den Kopf: „Nein. - Ich habe richtig verstanden, dass Inu Yasha nach Teien gehen will, um Bauern davor zu bewahren verfüttert zu werden?“ „Ja,“ sagte der: „Das ist ja wohl kaum richtig.“ „Das denke ich auch. Aber – das könnte gefährlich werden.“ „Mir passiert schon nichts,“ erklärte der Halbdämon: „He, ich bin sogar mit diesem arroganten Hund fertig geworden.“ „Ja,“ seufzte Kagome: „Und darum hast du wieder einen mehr, der dich jagt. - Shippou, gehe mit Sango, ja? Dann muss ich mir keine Sorgen um dich machen.“ „Na schön...“ Aber der kleine Fuchs sah etwas enttäuscht aus. Er war gern in ihrer Nähe, ja, für ihn war sie in den letzten Tagen und Wochen zu einer Art Ersatzmutter geworden. „Es ist besser, Shippou,“ erklärte auch Inu Yasha: „Dann steht wenigstens mir nur Kagome im Weg rum.“ „Wie bitte?“ Diese pumpte wie ein Maikäfer: „Da will man dir einen Gefallen tun und du...du rücksichtsloser Klotz...“ „Von Diplomatie hältst du wohl recht wenig,“ konstatierte Sango mit Blick auf den Halbdämon: „Ich glaube, Kagome, er wollte damit sagen, dass er sich nur um dich Sorgen machen muss.“ „Sag ich doch,“ meinte Inu Yasha unbekümmert: „Sie regt sich nur gern auf.“ „Ihr solltet euch beide zusammenreißen,“ mahnte Miroku: „Noch einmal werdet ihr nämlich nicht das Glück haben einer Verurteilung zu entkommen. Und wenn Naraku nicht selbst in Teien ist, Hakudoshi tot ist, da gab es noch einen anderen Sohn, der sicher nun die Regentschaft hat.“ „Akago,“ sagte Sango: „Der wäre bestimmt entzückt, den Mörder seines Zwillingsbruders in die Finger zu bekommen. Vergiss nicht, der weiß nicht, wie es abgelaufen ist.“ „Und er ist wirklich ein fieser Kerl.“ Kagome entsann sich der Befragung durch ihn: „Er...er scheint Spaß an Verhören zu haben.“ Ihr schauderte. „Schon gut,“ erklärte der Halbdämon, der sie nicht hatte erschrecken wollen: „Ich passe auf dich auf.“ „Gut.“ Der Mönch reckte sich: „Dann fliegen wir morgen los, oder? Dann müssten wir in vier Tagen in der Hauptstadt sein und können uns um eine Audienz bemühen. Als Tochter des Anführers der Dämonenjäger müsstest du doch eine bekommen, Sango, oder?“ „Ich hoffe es. Ich war erst einmal bei einer, das hat Vater damals für uns erledigt. Ich denke jedoch, man muss es schriftlich einreichen und den Grund angeben, warum man den Mikado sprechen möchte. Und, wie gesagt, der ist schon länger nicht in der Öffentlichkeit aufgetreten. Womöglich gibt er gar keine offiziellen Audienzen mehr. Dann müssten wir uns irgendwie anders zu ihm Zutritt verschaffen.“ Die Jägerin seufzte: „Und das wird kaum einfach werden.“ „Mit mir wäre es wohl noch schwieriger geworden,“ erkannte Inu Yasha. „Irgendein Idiot hätte doch sicher auf mich gezeigt.“ „Möglich. Wir kennen ja deine Beschreibung: rot-weiß mit Fangzähnen. Aber das trifft auf eine Menge Leute zu.“ „Meine Beschreibung als Ungeheuer,“ beschwerte er sich sofort. „Ja, natürlich.“ So trennten sich die fünf Freunde am folgenden Morgen mit dem Versprechen sich hier im Zauberwald wieder zu treffen, dem einzigen Ort im gesamten Reich, den sie kannten, wo sie auch vor Nachforschungen mit Magie geschützt waren. Während Kirara mit ihren drei Passagieren nach Osten, in Richtung der Hauptstadt Machi abhob, trug Inu Yasha Kagome nach Südwesten. Sie konnten nicht über die Heeresstraße reisen und der Takayama hatte sich auch als problematisch herausgestellt, aber der alte Weg, auf dem sie die Bauern getroffen hatten, würde leichter sein. Erst in Teien ließ der Halbdämon seine Last hinunter: „So, jetzt müssen wir nur ein Dorf finden.“ „Und du willst einfach da reinspazieren und fragen, ob es jemand schon davon gehört hat, dass der Fürst Menschen verfüttert?“ „Wieso nicht? Wenn so etwas passiert, sollte es sich rumsprechen.“ „Ich denke, dass Fürst Naraku sein kleines Geheimnis gern für sich behalten würde und es schon ein Fehler war, dass der Andere den Bauern gegenüber was gesagt hat. Andererseits – er dachte ja, dass er sie sicher hat.“ „Du glaubst, keiner weiß was? Das werden wir ja sehen. Komm schon.“ Unterwegs versuchte sie es noch einmal: „Inu Yasha, dann gehe ich allein in ein Dorf. Du...du weißt schon, deine Beschreibung als das Ungeheuer. Du wirst auch in Teien als Staatsfeind Nummer Eins gesucht.“ „Keh!“ Er warf einen forschenden Blick auf die Felsen rings um. Bald hatten sie das Gebirge hinter sich und würden am Rande des Großen Sumpfes herauskommen, näher an besiedelten Gegenden als bei der Flucht. Irgendeine unbekannte Witterung störte ihn. War das ein Lebewesen? Wenn ja hatte er es noch nie getroffen. Aber natürlich war auch ihm klar, dass er viele Wesen im Reich noch nie getroffen hatte. Schließlich kannte er nur seinen Wald und das Schloss gekannt. „Ist etwas?“ erkundigte sich Kagome, die mittlerweile um seinen Gesichtsausdruck wusste, wenn er die Luft prüfte. Auch seine Ohren zuckten dann so niedlich: „Gefahr?“ „Keine Ahnung.“ Sie gingen weiter. Fast eine Stunde später erreichten sie ein halbrundes Tal. Dahinter war bereits die Ebene des Flusses zu erkennen, der den Großen Sumpf speiste. Dort lagen auch die Dörfer, die sie besuchen wollten. „Na, so etwas!“ Die dunkle, hallende Stimme ließ beide erstarren, zumal sich vor ihnen ein riesiger, schlangenförmiger Drache erhob. Beide hatten Bilder von derartigen Wesen gesehen, aber nie erwartet, einmal einem gegenüberzustehen. „Keh! Was ist?“ erkundigte sich der Halbdämon, die Hand an Tessaiga. „Wie nett, wenn das Essen bei einem direkt vorbeikommt. Ich werde dich fressen, Kleiner. Und das nette Appetithäppchen neben dir.“ „Zurück, Kagome.“ Er zog. Der Drache schien zu lächeln: „Ein Dämonenschwert und doch kein Dämon? Ah, ein halber, wie amüsant. An mir sind schon mächtige Dämonen gescheitert, Kleiner.“ „Ich heiße Inu Yasha!“ „Hm, einen Inu Yasha habe ich noch nie gefressen, auch eine Kagome nicht. Wie erfreulich, etwas Neues in meine Sammlung zu bekommen. Fürst Naraku hat meinem Bruder und mir nicht zuviel versprochen.“ „Soll ich dir mal dein Maul stopfen? - Windnarbe!“ ** Teien scheint kein gutes Pflaster für einen Halbdämon zu sein... Das nächste Kapitel kommt erst in 14 Tagen, da ich wegfahre. Das Krimikapitel am Mittwoch erscheint aber noch wie gewohnt. Kapitel 15: Zurück in Teien --------------------------- Inu Yasha starrte etwas irritiert auf den riesigen Drachen vor sich. Die Windnarbe hatte dem nichts anhaben können? Wie war das möglich? Immerhin hatte er damit doch Sesshoumaru ganz schön zugesetzt und den hielten doch alle für einen so tollen Hecht...Hund. Der Drache lachte brüllend auf: „Nicht schlecht, Kleiner, gar nicht schlecht. Aber du hast anscheinend keine Ahnung von Drachen im Allgemeinen und mir im Besonderen. Meine Haut ist so hart, dass du auch mit diesem Angriff nicht durchkommst.“ „Keh!“ Das werden wir ja sehen.“ Mit gewissem Ärger jagte der Halbdämon eine neue Attacke auf seinen Widersacher – mit dem gleichen negativen Ergebnis. Stattdessen schlug der Drache zurück. Sein riesiger Schwanz traf Inu Yasha am Brustkorb und schleuderte ihn wie Spielzeug beiseite., Nur die Tatsache, dass sein Gewand aus Feuerrattenhaar bestand, rettete ihm das Leben. Aber auch so spürte er, das seine Rippen geprellt worden waren, Blut aus seinem Mund rann. Hastig sprang er auf, um zu verhindern, dass sein Gegner gleich nachsetzte. Mehr aus Notwehr schlug er wieder die Windnarbe, auch, wenn er zwischenzeitlich sicher war, dass das nicht bringen würde. „Tessaiga,“ dachte er. „Dieser verrückte alte Schmied hat doch etwas von anderen Möglichkeiten gefaselt. Das wäre jetzt an der Zeit eine neue zu bringen.“ Und wie sehr es an der Zeit war, erfuhr er nur Sekunden später. Erneut flog der riesige Drachenschwanz förmlich auf ihn zu. Als er beiseite springen wollte, dem ausweichen wollte, öffnete die Echse ihr Maul und eine Kugel aus reiner Energie schoss auf den Halbdämon zu, den erneut nur seine Kleidung rettete. Aber an den Körperstellen, die nicht bedeckt waren, zeigten sich Brandspuren. Er stellte sich eilig wieder richtig hin. Das war ja ein Mist. Konnte man solche Drachen etwa nicht umlegen? Das musste doch gehen. Zeit gewinnen, dachte er. Ihm würde schon noch etwas einfallen. So jagte er eine weitere Windnarbe durch die Gegend. Der Drache schien nur mit den Schultern zu zucken, auch, wenn die umliegenden Felsen in Stücke sprangen. „Hörst du eigentlich schlecht, Inu Yasha?“ „Keh! Du versteckst dich hinter deiner dicken Haut, das ist alles.“ „Ich bin ein Drache und du nur ein halber Hund. Menschenblut taugt eben nichts.“ Kaum hatte er ausgeredet, als auch eine weitere Energiekugel aus seinem Maul auf den Halbdämonen zuraste. Inu Yasha blieb zu seinem steigenden Ärger nichts anderes übrig als auszuweichen. Kagome sah mehr als besorgt zu, wie der Kampf zu einer Hetzjagd wurde. Kugel um Kugel schoss der Drache ab und ihr Freund entkam immer wieder nur knapp der tödlichen Energie. Sobald er eine Chance hatte, schlug er die Windnarbe, natürlich vergeblich, aber so verhinderte er wenigstens einen Angriff bis er wieder fest stand. Er war verletzt, Blut und Brandspuren zeigten sich überall und sie machte sich schreckliche Sorgen um ihn. So, mit seinem Kampfwissen, konnte er selbst mit Tessaiga gegen das riesige Reptil keinen Blumentopf gewinnen. Ein läuternder Pfeil ihrerseits würde auch kaum helfen, ja, diese massive, schuppige Haut wohl nicht durchdringen. War ein Drache denn unbesiegbar? Unwillkürlich holte sie erschrocken Atem, als eine Kugel den Halbdämonen frontal traf – so hart, dass er nicht nur Tessaiga verlor, sondern auch regungslos auf dem Boden liegenblieb. „Hallo?“ erkundigte sich die Echse spöttisch: „Schon müde? Ich hatte gerade begonnen etwas Spaß an der Sache zu finden. Leute, die sich wehrlos fressen lassen, sind langweilig.“ Oh nein, dachte Kagome, da sich Inu Yasha nicht bewegte: war er ohnmächtig? Oder gar...nein, so weit wollte sie nicht denken. Komm schon, dachte sie: steh auf und nimm Tessaiga! Der Drache stutzte etwas. Die Aura des Liegenden veränderte sich, die Dämonenenergie stieg an. Was war denn jetzt los? Schön, er hatte es nie zuvor mit einem Halbdämon zu tun gehabt, aber es war doch allgemein bekannt, dass man seine Energie nicht verändern konnte, nun, als Dämon, aber auch so eine halbe Portion sollte daran gebunden sein. „Inu Yasha!“ schrie Kagome, in der Hoffnung, ihn wecken zu können, als sich das gigantische Reptil langsam auf ihn zubewegte. Tatsächlich richtete er sich auf und griff zu seinem Schwert. Irrte sie sich oder waren seine Augen rot leuchtend? Aber als sie dann genauer hinsah, und er aufstand, waren sie von dem gleichen hellen Ton wie immer. Sie hatte sich in ihrer Angst, ihrer Sorge, wohl geirrt. „Sehr schön,“ meinte dagegen der Drache: „Dann kann der Spaß ja weitergehen. Ich hätte es nicht geschätzt, wenn du jetzt schon schlapp gemacht hättest.“ „Träum weiter,“ gab Inu Yasha zurück, während er das tröstliche Pulsieren Tessaigas spürte. Wollte es ihm wieder etwas zeigen? So wie bei der Windnarbe? Nur was? „Hier wird nur einer schlappmachen und das bist du.“ Als Antwort schickte ihm der Drache wieder eine glühend heiße Energiekugel. Der junge Halbdämon wich aus. Aber zum ersten Mal sah er sich diese genauer an. Dämonenenergie – die hatte er auch benötigt, um die Windnarbe zu entdecken. War hier ebenfalls etwas damit? Tessaiga hatte aufgehört zu pulsieren, im gleichen Moment, in dem die Kugel erlosch. Hm. Dämonenenergie besaß er ja auch und er schickte sie indirekt mit der Windnarbe mit. War das die Lösung? Mal antesten. Zu verlieren hatte er ja nichts, da der einzig ihm bekannte Angriff seines Schwertes bei diesem Dickhäuter nicht funktionierte. Das riesige Reptil griff erneut an, mit sichtlichem Vergnügen. Er wollte den Kleinen noch ein wenig herumhopsen lassen, ehe er zum Finale überging. Das Mädchen dort hinten würde vermutlich köstlich schmecken, das taten diese jungen Dinger immer. Zu seiner großen Überraschung – und dem Entsetzen Kagomes - erwartete Inu Yasha diesmal den Angriff, ja, sprang ihm entgegen. Dorthin, wo er die massivste Energie entdecken konnte, zielte er mit Tessaiga. Es war fast, als ob er auf einen festen Untergrund traf. Instinktiv riss er den Arm hoch, wickelte so die Macht des Drachen um seine eigene Klinge, ehe er sie ihm zurückwarf – mitsamt aller dämonischen Energie, die er selbst noch aufbringen konnte. Es entstand ein förmlicher Tornado, der sich rasch aufteilte und als Menge an kleinen, sehr energiehaltigen Wirbelstürmen auf den vollkommen überraschten Drachen losschoss. Dieser hatte seiner eigenen Macht und der seines Gegners nichts entgegenzusetzen. Kagome konnte nur mehr entsetzt zusehen, wie die Wirbel ihn förmlich zerfetzten, ehe sie zu dem Sieger des Kampfes blickte: „Inu Yasha?“ Der hatte seine Riesenklinge auf die Schulter gelegt, schob sie nun aber zurück: „Keh! Wie war das mir schlapp machen, du Riesenreptil? - Alles klar, Kagome?“ Ein wenig verriet sein Keuchen, wie erschöpft er war. Viel länger hätte das hier nicht dauern dürfen. „Ja. Aber – was hast du da gemacht? War das auch die Windnarbe? Sie sah vorher anders aus.“ „Nein, das war etwas anderes.“ Er kam heran: „Der alte Metallbieger sagte doch, dass es mehrere Angriffe gibt. Das war wohl ein anderer.“ „Wie hast du ihn gefunden?“ „Einfach so. - Das nenne ich die Rückschlagwelle. Ja, genau. Klingt doch gut.“ „Naja, genau so dämlich wie Windnarbe,“ meinte sie: „Müssen denn solche Angriffe auch immer Namen haben?“ Er war erstaunt, da er sich an die Geschichten erinnerte, die ihm der Flohgeist im Todeswald erzählt hatte: „Ja, damit wird man doch berühmt. Und immerhin: ich habe gerade einen Drachen getötet.“ Auch sie kannte die Märchen und lenkte daher ein: „Ja, schon gut. - Ob man das auch dem Ungeheuer anrechnen wird?“ „Sicher.“ Aber er knurrte es. Da hatte er selbst einmal etwas Tolles vollbracht – und einen menschenfressenden Drachen zu töten war doch eine gute Tat – und dann wurde das wieder seinem anderen Ich zugeschrieben. Das war einfach ungerecht. Kagome zuckte etwas die Schultern: „Komm jetzt.“ „He, komm, sag schon,dass ich klasse war.“ „Ja, du hast gewonnen.“ Sie ging los. Das konnte ja noch eine nette Reise werden, wenn er jedes Mal so belobigt werden wollte, wenn er kämpfte. Immerhin war er doch ein halber Dämon, denen lag das im Blut. Dass er auch ein halber Mensch war, vergaß sie. Ein wenig beleidigt, dass da nicht mehr an Anerkennung kam, folgte er ihr, ohne zu ahnen, dass der wahre Hausherr, ein Drache namens Ryuukossei, in wenigen Stunden zurückkehren würde – und alles andere als begeistert über den Tod seines jüngeren Bruders war. Dass der Mörder ein Hundedämon gewesen war, konnte er anhand der Blutgerüche noch feststellen. So beschloss er das Angebot dieses Provinzfürsten anzunehmen. Zum Glück hatte er den nicht im ersten Impuls gefressen. Nach vier Tagen hatten Sango und Miroku samt Shippou die Hauptstadt erreicht. Kirara verkleinerte sich, so dass sie nur wenig auffielen. Beim Palast erhielten sie mit Mühe und unter erheblichem Zeitaufwand schlechte Neuigkeiten: der Shogun sei für die Angelegenheit des Ungeheuers und damit auch für die Vernichtung des Dämonenjägerdorfes zuständig. Sie würden bei ihm Audienz erhalten, sobald er zurück sei. Auf weitere, vorsichtige Nachfragen, bekamen sie nur noch heraus, dass der Mikado selbst zwar Audienzen gäbe, aber diese Sache seinem Sohn überließ. So suchten sie sich ein Zimmer in einer Wirtschaft, um in Ruhe die Sache besprechen zu können. Immerhin waren Dämonen und Menschen in der Hauptstadt aneinander gewohnt. „Das ist mehr wie schlecht. Wenn Sesshoumaru erfährt, dass Inu Yasha und das Ungeheuer ein und dieselbe Person sind, bringt er ihn doch erst recht um, um dann Tessaiga zu nehmen.“ Miroku betrachtete das Hinterteil seiner Partnerin, die auf und ab ging. Shippou saß vor ihm auf dem Tisch. Die Jägerin seufzte: „Ja, da hast du Recht. Wir müssen zum Mikado selbst. Nur, wie? - Wenn mir nur einfallen würde, wie der Berater heißt. Dann könnten wir Kirara oder Shippou mit einer Botschaft zu ihm schicken. Er soll schon sehr lange für den Inu no Taishou arbeiten, schon seit einer Zeit, als der eben das war und noch nicht der Kaiser. Ein Flohgeist.“ „Ein Flohgeist? Na, die treiben sich ja wohl überall herum, wo Hundedämonen sind. Inu Yasha sagte auch, dass ihn ein Flohgeist im Todeswald unterrichtet hat.“ Er streichelte rasch über ihre Kehrseite und akzeptierte die prompte Ohrfeige. Ein altes Spiel. „Miki hieß er, nicht wahr?“ erkundigte sich Shippou um abzulenken. Er mochte es nicht, wenn sich seine neuen Freunde auch nur zum Schein stritten. Sie waren doch alles, was er noch hatte. „Ja,“ erwiderte der Mönch. „Und Inu Yasha sagte, der kenne einen Verwandten in der Hauptstadt, der auch mit M anfing....Meinst du, Sango, der wäre der Berater?“ „Nun ja, so viele Flohgeister gibt es nun auch nicht. M...M...“ Die Jägerin setzte sich: „Miki, nein, Miga, Miagra oder so ähnlich.“ „Wir brauchen den Namen. Und dann müsste Kirara noch immer unbemerkt in den Palast kommen und herausfinden, wo er ist. - Nicht, dass ich an dir zweifle,“ fuhr er zu der Dämonenkatze fort: „Aber das wird schwer.“ Diese maunzte und sprang zu dem Fenster um hinunter auf die Straße zu blicken. Momentan gab es für sie nichts zu tun. Shippou stemmte dagegen die Arme in die Hüften: „He, das kann ich besser. Ich kann nach dem Weg fragen!“ „Schon, aber eine Katze ist eben unauffälliger als ein Fuchskind. Wir wissen nicht, wie gut bewacht drinnen alles ist.“ Miroku klang beruhigend. Der Kleine wusste sich die Anspielung zu deuten. Fuchsdämonen galten unter anderen als geborene Kleptomanen. Das war ungerecht und unfair, aber musste wohl beachtet werden. Schließlich wollte er nicht im Palastkerker landen. Sango dachte noch immer nach: „Es fällt mir einfach nicht ein. - Und wenn wir den Mikado doch selbst um Audienz bitten, wegen einer anderen Sache?“ „Was sollte so wichtig sein, dass er uns schleunigst anhört?“ „Ja, das weiß ich auch nicht. - Naraku?“ „Wir haben nur unsere Vermutungen – und die Tatsache, dass er uns zum Tode verurteilt hat, lässt uns nicht gerade objektiv erscheinen.“ „Da hast du leider Recht, hoshi-sama. Aber ich will und muss den Mörder meines Dorfes finden. Denn es war garantiert nicht Inu Yasha.“ „Nein. Und auch nicht nur die Wurmdämonen, die da herumlagen.“ Er legte ihr die Hand auf die Schulter: „Glaube mir, auch ich würde den Mistkerl gern zu fassen bekommen. Aber man kann gegen einen Fürsten nicht einfach Behauptungen aufstellen, gleich, wie real sie einem selbst vorkommen. Und Beweise haben wir ja keine.“ „Und Hakudoshi?“ „Da haben wir nur unsere Aussagen – und die Tatsache, dass er verschwunden ist.“ Er nahm seine Finger lieber wieder weg. „Übrigens auch noch, während wir nach unseren eigenen Aussagen gegen ihn kämpften. - Es scheint alles zusammenzupassen, ja. Aber wir haben keinen Beweis: nicht dafür, dass Naraku Inu Yashas Onkel umbrachte, um sich selbst zum Fürsten zu machen, nicht dafür, dass er Abkömmlinge erschuf, keinen Beweis dafür, dass er hinter dem Mord an deinen Leuten steckt, ja nicht einmal, dass er uns Hakudoshi auslieferte. Und schon gar nicht für Hochverrat, denn das würde den Mikado ganz sicher interessieren.“ „Myouga.“ „Wie bitte?“ „So heißt der Berater. Ich schreibe einen Brief, in dem ich meine Vermutungen aufstelle und Kirara muss ihn dann überbringen.“ „Ja, gut. Auch, wenn das dauern kann, bis sie ihn gefunden hat. Der Palast ist riesig. Wie viel Geld haben wir noch? Das Zimmer hier kostet.“ „Das geht schon. Ich habe mir im Dorf alles eingesteckt, was Vater....nun ja, da hatte.“ Sie spürte wieder das Brennen in den Augen, als sie an ihren Vater, ihren kleinen Bruder dachte, all die verwandten und Freunde. Der Mönch bemerkte es und versuchte sachlich zu bleiben: „Gut. Dann schreibe. Hoffentlich findet der Berater das wenigstens bemerkenswert. Und hoffen wir, dass inzwischen niemand Inu Yasha mit dem Ungeheuer gleichsetzt oder sonst etwas passiert.“ Sango lächelte mühsam: „Bei seinem Glück trifft er auf den Shogun.“ „Mal bloß den Dämon nicht an die Wand!“ warnte Miroku: „Zum Glück ist der in Shiroi und Inu Yasha und Kagome sind nach Teien.“ „Hoffentlich schafft es der sie zu beschützen,“ murmelte Shippou: „Sagt mal, ich könnte doch zum Stadtschloss von Naraku gehen und mich als...als was weiß ich bewerben?“ „Das ist viel zu gefährlich!“ wehrte Sango sofort ab und Miroku meinte gleichzeitig: „Was glaubst du, was er mit Schnüfflern macht, wenn auch nur die Hälfte unserer Vermutungen richtig ist?“ Das Dämonenkind seufzte: „Naja, aber ich könnte..nein? Ich wollte mich nur auch mal nützlich machen.“ „Da wird sich bestimmt etwas ergeben,“ sagte die Jägerin mehr um den kleinen Fuchs zu trösten, als dass sie daran glaubte. Inu Yasha und Kagome hatten unterdessen einige Dörfer besucht, wobei der Halbdämon bald bemerkt hatte, dass man ihn misstrauischer betrachtete als die Priesterschülerin. So blieb er ab der dritten Ortschaft draußen, und wartete ungeduldig bis sie zurückkehrte. „Nichts. Vielleicht waren die Bauern, die du gerettet hast, doch die Ersten, die sie fangen wollten?“ „Keh! Das glaubst du doch selbst nicht. Das wäre ein viel zu großer Zufall.“ „Dann haben sie wohl immer ein ganzes Dorf genommen, um keine Gerüchte entstehen zu lassen. Immerhin wusste hier auch keiner etwas von Drachen. Und der hat selbst gesagt, dass er Menschen frisst.“ Inu Yasha verschränkte die Arme: „Sie wollen nichts wissen. Es ist einfacher nicht zu wissen, was vor der Tür ist. Glaubst du denn, aus ganz Shuto kam mal einer vorbei, um nachzusehen, wer das Ungeheuer im Todeswald ist?“ „Nein,“ sagte sie geknickt. Auch sie hatte nie daran gedacht, dass man da kein Monster eingesperrt hatte, sondern einen damals kindlichen Halbdämon: „Willst du noch weiter gehen? Sonst würde ich vorschlagen, dass wir nach Shiroi zurückkehren. Immerhin sind wir beide hier in dieser Gegend gesuchte Verbrecher. Und im Zauberwald kann uns niemand finden, das hat Hiroki doch erzählt.“ „Ja, schon gut.Vielleicht sind die anderen auch schon zurück.“ „Ich weiß nicht. Es könnte schwer werden, den Mikado zu treffen, weißt du.“ „Ach, denen fällt schon etwas ein. Immerhin habe ich auch Sesshoumaru getroffen.“ „Ja, mit der Windnarbe.“ „He! Du weißt, was ich meine.“ „Schon, aber das ist etwas anderes. - Na, komm, gehen wir. In dieser Richtung soll noch ein Tempel liegen, vielleicht können wir dort übernachten.“ Dies hatten sie seit Beginn dieses Ausfluges stets im Freien, aber die dichten Wolken ließen ihr ein Dach über dem Kopf für die Nacht wünschenswert erscheinen. Und sie dachte wieder einmal sehnsuchtsvoll an ihr Zuhause, ihre Familie. Aber das war ihr durch ihren Unglücksschuss ja verwehrt. Ob sie wieder nach Shuto könnte, wenn Naraku verhaftet worden war? Dann würde es einen neuen Fürsten geben....Hm. Eigentlich war Inu Yasha ja der Bluterbe. Aber durfte ein Halbdämon Fürst werden? „Na, ob mich die ausgerechnet in einem Tempel aufnehmen?“ fragte er auch zweifelnd. Sie winkte ab: „Du bist eben mein Begleitschutz – und nicht das Ungeheuer.“ „Heute ist nicht Neumond.“ „Ja, das weiß ich, aber Dämonen sind eben Krieger. Und es muss ja niemand wissen, dass du nur...ich meine, dass deine Mutter ein Mensch war.“ Sie sollte sich wirklich zusammennehmen, dachte sie, als sie bedauernd sah, dass er zusammenzuckte. „Nur,“ murrte er: „Eines Tages werde ich richtig anerkannt sein, das wirst du schon sehen!“ „Ja, natürlich, entschuldige.“ Es war wohl für ihn nicht einfach immer zwischen den Arten zu stehen. So nahm sie als Entschuldigung seine Hand, überrascht, wie zögernd sich seine Klauen um ihre Finger schlossen. Hatte das keiner getan? Höchstens wohl seine Mutter und die war schon eine ganze Zeit tot. Armer Kerl. Nein. Sie sollte das Ganze mit dem Halb und Ganz vergessen. Er war nett, hatte ein schlimmes Schicksal hinter sich und nur darum manchmal so aufreizend. Sie lächelte ihn an: „Gehen wir?“ „Ja.“ Es fühlte sich warm an, die Hand in der seinen und ihr Lächeln in seinem Herzen. Ja, er würde sie beschützen, dachte er. Für immer. Es begann zu regnen, als sie den Tempel erreichten. Auf ihr Klopfen öffnete niemand. Etwas verwundert schob Inu Yasha das Portal auf und ging hinein. „Hier ist alles leer.“ Enttäuscht kam Kagome nach: „Immerhin haben wir ein Dach über dem Kopf,“ sagte sie, die Aussicht auf warmes Essen streichend: „Aber es scheint hier bis vor kurzem noch wer gelebt zu haben.“ „Vor sehr kurzem!“ betonte der Halbdämon, die Hand an Tessaiga. „Was ist?“ flüsterte sie unwillkürlich, bereits zu Pfeil und Bogen greifend. „Es riecht so muffig – aber da ist auch relativ frisches Blut.“ „Wo? Vielleicht können wir noch helfen?“ Das glaubte Inu Yasha weniger. Es roch nach sehr viel Blut, zu viel schon für einen Menschen. Aber da war auch noch etwas anderes. „Ja, da lebt noch wer.“ Er sprang auf das nächste Dach, als er bedachte, dass Kagome ihm da nicht folgen konnte und zurück zu ihr kehrte. Sie hier allein zu lassen war ihm zu unheimlich. Etwas war hier und hatte Menschen umgebracht. Nicht, dass er damit Probleme bekommen würde, aber sie war ja nicht einmal eine ausgebildete Priesterin. „Komm schon.“ Wortlos schwang sie sich auf seinen Rücken. Sie fand es noch immer ein wenig beängstigend so zu reiten, zumal, wenn er wie jetzt von Dach zu Dach sprang, aber sie hatte durchaus in den vergangenen Wochen gesehen, was er konnte. Er setzte neben einer kleinen Tür auf den Boden: „Hier.“ Sie glitt von seinem Rücken und öffnete diese vorsichtig. Dumpfe Luft schlug ihr entgegen. Hier war wohl ein Vorratskeller. Ein verriegelter Deckel im Boden bestätigte diese Vermutung. Sie schob auch diesen auf: „Hallo?“ rief sie: „Ist da wer?“ „Eine Frau!“ antwortete eine männliche Stimme aus der Dunkelheit unten: „Wer bist du?“ „Komm schon hoch,“ erwiderte sie, hörte dann Inu Yashas leises: „Mist!“ und sah sich um. Er verdeckte ihr zwar die Sicht auf den Hof, aber ihr war klar, dass er etwas Alarmierendes gesehen haben musste, denn er zog sein Schwert. „Da sind mehrere Leute unten,“ befahl er noch hastig: „Bring sie raus. Ich kümmere mich um den hier.“ Dann setzte er voran. Sie erkannte, was er gesehen hatte und war verwundert, ja, erschrocken, ihn auf einen alten Priester mit erhobenem Tessaiga zulaufen zu sehen. War der Halbdämon jetzt durchgedreht? Noch während sie seinen Namen rufen wollte, blieb er ihr in der Kehle stecken. Der Priester verwandelte sich in eine riesige Spinne, allerdings mit einem Spinnenkopf. Das war ein Dämon. Und der hatte hier wohl die Menschen eingesperrt, die nun hinter ihr herauskamen. „Beeilt euch,“ drängte sie: „Wir müssen hier weg!“ „Wer bist du? Und wer ist das, der da gegen dieses Monster kämpft?“ „Inu...“ Nein, sie durfte ja seinen Namen nicht sagen, war er doch ein gesuchter Verbrecher. Da fiel ihr plötzlich die Bezeichnung ein, die die Bauern gewählt hatten: „Inu Gami. - Könnt ihr laufen?“ Es waren drei oder vier Familien mit Kindern, wie sie erkannte. „Ja,“ sagte der Sprecher erstaunt: „Dieser Dämon..er hatte sich als Priester verkleidet. Und als wir hier um Obdach baten....“ „Vorsicht!“ Der Warnruf einer Frau ließ Kagome herumfahren. Ohne nachzudenken nahm sie Bogen und einen Pfeil zur Hand und schoss auf das deutlich kleinere, zweite Spinnenwesen, dass eben um die Ecke gebogen war. Ihr magischer Pfeil läuterte den Dämon unverzüglich. Erst da begriff sie, was sie eben getan hatte. Zum ersten Mal hatte sie ein Lebewesen getötet. Erstarrt blieb sie stehen, aber da liefen die anderen Menschen schon los und zogen sie mit sich. Inu Yasha bemerkte beruhigt, dass sie weg waren, und wandte sich wieder seinem Gegner zu. „Na, du hässlicher alter Knabe? Fertig für eine zweite Runde?“ Der Kopf des alten Priesters lächelte unheimlich aus seinem riesigen Spinnenkörper: „Knabe? Du bist zu jung um zu wissen,dass du keine Chance gegen mich hast. Oder bist du so dumm? Oder unerfahren? Deine Schwerthiebe konnten mich nicht einmal verletzen. Umgekehrt hast du schon einige Prellungen und meine Bisse abbekommen. Falls du es nicht wissen solltest: meine Bisse sind giftig. Und dieses Gift wird dich nun langsam von innen heraus auflösen. Wie jedes meiner Opfer.“ „Keh! Da musst du schon etwas Stärkeres auffahren.“ Er wollte nicht zugeben, dass ihm dieser Gedanke ein gewisses Unbehagen bereitete: „Menschen in die Falle zu locken und zu fressen ist ja wohl ausgesprochen mies. Dafür würde dich der Mikado töten lassen!“ „Dazu müsste erst einmal jemand überleben. Ich gebe zu, deine kleine Freundin hat meine Nahrungswesen entführt und mein armes Kind getötet, aber das besagt nichts. Erst erledige ich dich und dann sie und dann den Rest.“ „Tja, dann werde ich dich wohl aufwecken.“ Inu Yasha schwang Tessaiga um die Windnarbe zu suchen, als der scheinbare Priester sich etwas aufrichtete und etwas zwischen seinen langen Vorderbeinen hielt. Ein Netz? Irritiert hielt der Halbdämon inne – und fühlte sich sofort gefangen. „Igitt, das klebt ja.“ Er versuchte das Netz von sich zu entfernen, das der Dämon über ihn geworfen hatte. Der lachte. „So, nun kannst du hier warten. Ich werde es auch tun, bis du vorverdaut bist. Dann komme ich zurück und werde mich dir schmecken lassen. Jetzt ist erst einmal die Kleine dran.“ Er zog sich betont langsam zurück. ** Das folgende Kapitel bringt einer ganzen Reihe von Leuten. Überraschungen Kapitel 16: Überraschungen -------------------------- Anmerkung: Ich bemerkte erst bei diesem Kapitel, dass es nicht sonderlich schlau gewesen ist, die Provinz Shiroi zu nennen Inu Yasha ärgerte sich fürchterlich. Wie hatte er vergessen können, dass jede Spinne über ein Netz verfügte? Nun ja, fast jede und er kannte ja aus seinem Wald eigentlich nur die Miniaturausgaben der Tiere, keine Spinnendämonen. Das konnte noch verflixt ärgerlich werden. Hoffentlich ging es Kagome und den anderen Menschen gut. Mama, eine der letzten Erinnerungen, hatte von ihm verlangt, dass er immer gut zu Menschen sein sollte, sie beschützen und nie töten. „Weißt du,“, hatte sie gesagt: „Dein Vater war ein sehr mächtiger Dämon und ich bin sicher, auch du wirst eines Tages, wenn du groß bist, sehr stark werden. Dann hilf denen, die sich nicht selbst schützen können.“ Daran hatte er sich doch gehalten. Selbst im Todeswald, als er allein da gesessen hatte, hatte er zunächst nicht begriffen, warum statt seinem normalen Essen auf einmal lebende Tiere zu ihm geworfen wurden. Da war dann Miki gekommen, der Flohgeist, und hatte ihm erklärt, wie er diese Tiere töten musste, um selbst Essen zu haben. Zunächst hatte er ja gezögert, dann es aus Hunger vergeblich versucht, bis er schließlich einen Klauenangriff hinbekommen hatte. Tessaiga als noch so mächtige Klinge konnte diese Fäden anscheinend nicht zerschneiden. Nun ja, das Netz war so eng um ihn, dass er nicht ausholen konnte. Aber ein Klauenangriff...? Er zögerte nicht länger, als er menschliche Aufschreie in der Nacht hörte – und er durchaus Kagomes Stimme erkannte. Mit einem energischen Hieb seiner angespannten Linken zerriss er das klebrige Netz um sich und rannte dem Spinnendämon hinterher. „Kagome!“ Die flüchtenden Familien drängten sich hinter der Priesterschülerin zusammen., die einen Pfeil in die Sehne gelegt hatte und den Dämon fixierte: „Noch einen Schritt näher, du hässlicher Vogel, und du wirst wissen, wohin Dämonen nach ihren Tod kommen.“ Gleichzeitig konnte sie in ihrem Magen Kälte fühlen. Wenn diese Spinne hier war – was war mit Inu Yasha? Trotz seiner großen Klappe und Tessaiga – er hatte doch gerade erst gelernt mit dem Schwert umzugehen. Schön, er hatte diesen Drachen geschlagen, aber...Ja, aber. Sie machte sich schreckliche Sorgen um ihn. „Du kommst jedenfalls in meinen Magen, wie auch die anderen, Kleine. Mein Kind magst du geschafft haben, aber mich wird dein Pfeil nicht umbringen. Ja, ein wenig Schmerzen verursachen, vielleicht, aber...“ Kagome hatte losgelassen. Der riesige Spinnendämon zuckte unwillkürlich zusammen,, aber er hatte nicht gelogen. Es schmerzte, aber brachte ihn nicht um. Stattdessen wurde er wütend: „So, das war es jetzt. Ich werde dich zu deinem Freund bringen – und euch später gemeinsam verspeisen.“ Inu Yasha! Sie konnte es fast nicht glauben. Er hatte doch dieses Riesenreptil besiegt – sollte er jetzt an einer Spinne scheitern? Aber, wo war er? Egal. Sie musste die Menschen hinter sich schützen. So legte sie erneut an. War da nicht ein Ruf nach ihr gewesen? Sie wollte schon seinen Namen schreien, als ihr einfiel, dass das wohl ungeschickt gewesen wäre. Noch galt er als Ungeheuer aus dem Todeswald, noch wurde er gesucht und nicht nur der Shogun war hinter ihm her. Er sprang heran, erleichtert, sie gesund vorzufinden: „Keh! - Bring die Menschen hier weg. Der Mistkerl ist fällig.“ Sie warf einen raschen Blick auf seine Haare, die mit irgendetwas behangen waren, das sie nicht identifizieren konnte oder auch nur wollte: „Ja. - Kommt.“ Sie rannte los, in die Nacht, und die verängstigten Familien folgten ihr, nur zu froh, der Nähe der Spinne entkommen zu können. Erst, als sie außer Atem war, blieb sie stehen. Der Wald hatte einige Kratzer bei ihr verursacht, die Dunkelheit war nicht für Menschen geschaffen. Keuchend blickte sie sich um: „Sind alle da?“ „Ja,“ kam die Bestätigung von irgendwo neben ihr, kaum besser bei Luft: „Aber er..ich meine, der Inu Gami...?“ „Er wird sicher...gleich kommen.“ Sie rang noch immer nach Atem: „Da!“ Irgendwo hinter sich hatte sie etwas wie gleißendes Licht aufflammen sehen und eine fremdartige Magie gespürt. Hoffentlich war das auch wirklich Inu Yasha gewesen und nicht der unheimliche Spinnendämon. Sie bezweifelte nicht, dass der seine Worte wahr machen wollte, alle zu fressen. Etwas fiel ihr ein: „Da war Blut im Tempel. Hat er die Mönche auch...?“ „Ja, das erzählte er uns.“ Ein junges, weiß gekleidetes Mädchen, eher noch ein Kind, kam zu ihr: „Ich hoffte, als er alle von uns gefangen setzte, dass ich meinen Bannkreis errichten könnte, aber das war schwer. Nun ja, eigentlich ging es gar nicht. Eben wegen der Mönche. Sie hatten einen Abwehrzauber gesprochen, so dass man im Tempel keine dämonische Energie einsetzen kann. Zumindest nicht in vollem Ausmaß. Das wirkte selbst noch nach ihrem Tod. Auf diesen Spinnenpriester schien es jedoch keine Auswirkungen zu haben.“ Dann war es das also gewesen, das Inu Yasha so zugesetzt hatte. Dann sollte er jetzt beim Kampf außerhalb des heiligen Bezirkes keine Probleme haben. Aber, da war noch etwas anderes: „Du bist ein Dämon?“ Dazu sah die Kleine doch zu menschenähnlich aus. „Shiori ist ein Halbdämon,“ sagte ihre Mutter: „Eine der wenigen, die es gibt.“ „Meist ist sie uns ja unheimlich gewesen,“ gab einer der Männer zu: „Aber auf unserer Wanderung von Teien in die Provinz Shiroi war sie wirklich nützlich.“ „Was sollte sie euch auch schon tun.“ Kagome musste daran denken, dass ihr Freund lange Jahre eben wegen seines Halbdämon-seins eingesperrt gewesen war. Als Mensch hätte ihn sein Onkel nicht so einfach los gebracht, vielleicht nicht einmal los werden wollen. „Menschen fürchten, was sie nicht kennen,“ sagte Shioris Mutter leise: „Aber das wirst du wissen, Priesterin. Hast du je einen Halbdämon kennengelernt?“ „Ja,“ gab die Priesterschülerin zu, ohne zu erklären, dass sie noch in der Ausbildung war. Vielleicht würden ihr die Menschen sonst nicht vertrauen und das war wichtig für die weitere Flucht: „Er war eigentlich ein netter Kerl.“ „Wir...als wir hörten, dass Männer von Fürst Naraku nach Menschen suchen, beschlossen wir, also, unser gesamtes kleines Dorf zu fliehen. Einige blieben dann doch da. Ich weiß nicht, was aus ihnen wurde. Wir hofften, nach Shiroi zu gelangen, ehe sie uns einholten. Es ging auch alles gut, ehe wir diesen Tempel erreichten...“ „Ja, der Fürst von Shiroi soll recht nett sein,“ sagte Kagome, der nicht auffiel, dass sie in ihrer Sorge nur halbherzig redete. Wo blieb nur Inu Yasha? Aber da kam her herangesprungen: „Ah, da seid ihr ja. Alles klar?“ „Ja,“ bestätigten die Menschen und Kagome fuhr fort: „Du hast ihn...“ „Ja. Der wird niemanden mehr fressen. Seine komische Säure machte mir weniger aus, als er dachte.“ „Freu ich mich! - Das hier ist Shiori, ein Halbdämonenmädchen. Sie sagte, dass die Mönche in dem Tempel einen Schutz gegen Dämonenzauber eingebaut hatten. Vermutlich hast du auch darum beim ersten Mal Problem bekommen.“ „Na, möglich. Beim zweiten Mal jedenfalls nicht mehr, aber da waren wir ja auch draußen. Hallo, Shiori?“ Er wollte gerade sagen, dass er ebenfalls ein Halbdämon sei, als einer der Männer ihn unterbrach: „Wir danken Euch jedenfalls, mächtiger Inugami, dass Ihr uns gerettet habt. Ohne Euch hätte uns dieser Dämon sicher gefressen.“ „Vermutlich,“ sagte der Halbdämon offen: „Aber der ist jetzt weg. Und ich verstehe auch, warum er sich hier in die Wildnis zurückgezogen hatte: in zivilisierteren Gegenden wäre er sicher schon längst den Dämonenjägern im Auftrag des Mikados oder eines Fürsten zum Opfer gefallen. Er war durchgeknallt, aber nicht lebensmüde. Jetzt kommt, wir haben noch ein Stück vor uns, dann seid ihr in Shiroi.“ Er war froh, hatte er doch Mutters Wunsch entsprochen und wieder Menschen gerettet. Auf der langsamen und etwas mühsamen Wanderung durch den Bergwald in die Provinz Fürst Kishos, kam Shiori zu ihm: „Darf ich Euch etwas fragen, mächtiger Inugami?“ „Keh! Sag du. Und...“ Nein, seinen Namen sollte er wohl besser nicht erwähnen. Außerdem klang Hundegott auch einfach toll, viel besser, als Ungeheuer aus dem Todeswald. „Danke. Darf ich dir etwas schenken, als Dank, dass du Mutter und mich und alle gerettet hast?“ „Äh...ja...“ Er konnte sich nicht vorstellen, was das sein sollte, aber die junge Halbdämonin betrachtete sein Schwert. „Ja, das müsste gehen. Wenn der Tag anbricht, werde ich es dir zeigen.“ Sie hatte es immerhin geschafft, dass er neugierig wurde. Bei dem ersten Licht des Tages erreichte die Flüchtlingsgruppe offenes Land. „Sind wir in der Provinz Shiroi?“ erkundigte sich Kagome. „Ja.“ Der Halbdämon sah sich um: „Wenn ihr hier nach links geht, da, zu diesem Einschnitt in den Hügeln, müsstet ihr eine Straße erreichen, die euch nach Alau, der Hauptstadt von Shiroi, führt. Dann müsstet ihr eben Fürst Kisho sagen, was passiert ist. Der wird es dann schon dem Mikado melden.“ „Danke,“ sagte der Sprecher: „Oh, mächtiger Inu Gami.“ „Keh. - Was ist jetzt, Shiori?“ Das Halbdämonenmädchen kam zu ihm: „Zieh dein Schwert.....Danke. Weißt du, mein Vater war ein Fledermausdämon. Und sein Stamm verfügt über die Fähigkeit, einen Bannkreis zu erschaffen oder zu zerstören. Bei dem Tempel hat es nicht geklappt, da dies ein menschlicher, kein dämonischer Zauber war. Aber ich gebe deinem Schwert jetzt diese, meine, Fähigkeit. Und kein Bann, den ein Dämon sprach, wird dir widerstehen können. Ich bin sicher, dass dein Schwert das aufnehmen kann.“ „Ja, wird es schon. Es ist kein gewöhnliches Schwert.“ „Ich weiß,“ erklärte sie mit einem Lächeln, als sie die breit gewordene Klinge berührte: „Ein sehr mächtiges Schwert. Ich kann es spüren.“ Alle sahen etwas verwundert zu, sahen auch die prompte Wirkung. Die Klinge verfärbte sich leuchtend rot. „Äh, und jetzt?“ erkundigte sich Inu Yasha, als sie zurücktrat. „Immer, wenn den Schwert jetzt so rot schimmert, ist ein Bannkreis in der Nähe, den du zerstören kannst.“ „Klingt ungemein praktisch.“ „Danke, Shiori,“ meinte Kagome mit einem tadelnden Blick. Wirklich, Prinz und Erbe von Teien hin oder her, er benahm sich manchmal in der Tat so roh wie ein Ungeheuer aus dem Todeswald. Andererseits gab sie zu, dass der arme Kerl da bis auf einen Flohgeist weder Ausbildung noch Erziehung erhalten hatte und nun wohl von dem zehrte, was ihm seine Mutter noch beigebracht hatte: „Dann geht und beeilt euch von der Grenze wegzukommen!“ Das versprachen die Bauern und die Mutter der Halbdämonin, ehe sie weiter nach Westen wanderten. „Und wir gehen zurück in den Zauberwald?“ erkundigte sich Kagome: „Vielleicht ist eine Nachricht von Sango und Miroku gekommen.“ „Ja, klar. Außerdem ist der Zauberwald der einzige Ort, wo ich sicher bin. Nur, wenn der Mikado mir gar nicht helfen will oder auch kann.“ „Natürlich kann er, er ist doch der Kaiser!“ „Na, hoffentlich hast du Recht.....“ Inu Yasha verspürte wenig Lust, bis ans Ende seines Lebens auf der Flucht zu sein oder auch nur sich in dem Zauberwald zu verstecken: „Komm, gehen wir.“ Den Bericht der Bauern über einen Inu Gami, einen Hundegott in rot und weiß, der sie in dem Tempel vor dem Spinnendämon gerettet hatte, schickte Fürst Kisho von Shiroi mit einem Eilboten an den Mikado. Langsam war es ihm wirklich nicht mehr geheuer, was da alles in seinen Landen und darum passierte. So erstattete der Leiter des Nachrichtendienstes dem Kaiser persönlich Bericht. Der Shogun war noch immer nicht in der Hauptstadt zurück. „Wann hat dieser angebliche Hundegott die Menschen gerettet, Kouga?“ Der mächtigste Dämon des Reiches sah zu dem vor ihm Knieenden. So jung er war, so fähig war der Wolfsdämon auch. „Gestern Nacht, ließ Fürst Kisho ausrichten. Es war ein Eilbote.“ „Das wird mir langsam zu viel.“ „Ich verstehe, Herr. Aber trotz allem gelang es mir nicht, einen Hinweis darauf zu finden, dass Fürst Kisho Euch untreu sei.“ „Das nehme ich auch eigentlich nicht an. Aber ein Ungeheuer, das keiner finden kann und aus Teien entkam, ein Hundegott, den nie zuvor jemand sah und der im Grenzgebiet zwischen Teien und Shiroi Menschen rettet, und ein junger Mann, dem es gelang Tessaiga zu erhalten und es zu führen – auch er in rot gekleidet.“ „Und die wir alle Drei nicht finden können, ja, oyakata-sama.“ Kouga senkte den Kopf tiefer. Immerhin riskierte er ihn nicht, wenn er offen sprach: „Es gelingt uns auch nicht, einen Zusammenhang zwischen diesen Dreien zu finden, geschweige denn den Hintermann. Ich vermute ja schon, dass sich zumindest der Junge mit Tessaiga im Zauberwald versteckt. Man müsste dorthin einen Boten schicken oder Krieger.“ „Keine Krieger. Zwischen der Mutter des Waldes und mir gibt es ein Abkommen. Das beinhaltet auch, dass sie Wesen, die ihren Wald betreten, umbringen darf, muss, sogar, wenn diese mir feindlich gesinnt sind. Darum sollte dort keiner der Drei Zuflucht finden. - Wo ist eigentlich Fürst Naraku?“ „Er verließ gestern sein Stadtschloss und reiste zu Fürst Kato. Es geht um die Hochzeit von Yura und Akago.“ „Alles scheinbar in Ordnung, oder?“ „Ja, Herr. Ich habe allerdings noch immer äußerst fähige Menschen an der Buchprüfung der Provinzfürsten sitzen. Sie haben einige Spuren entdeckt, sie aber noch nicht bis zu ihrem Ursprüngen verfolgen können. Jemand war sehr raffiniert.“ „Doch Kato?“ Aber der Inu no Taishou hob die Hand: „Nein, sag nichts. Ich kenne die geistige Schwäche meines Schwagers. Aber er wäre der Einzige, bei dem auch die Dämonen und Menschen eine rechtliche Nachfolge erkennen können.“ „In der Tat, mein Herr. Ich werde zur Sicherheit einige meiner fähigsten Leute, darunter Ginkka, wenn Ihr Euch entsinnt, nach Nakamura schicken, um Fürst Kato unauffällig zu überprüfen. Er wäre auch der Einzige, der aus dem Tod des Kronprinzen gewinnen könnte.“ „Gut. Tue das. Und ich will in zwei Tagen Antwort haben.“ „Dann muss ich um Fluggenehmigung mit Reitdrachen bitten. Selbst für Wölfe liegt Nakamura vier Tage entfernt. Nicht für mich,“ ergänzte er stolz. Seit wenigen Wochen verfügte er über eine deutlich höhere Geschwindigkeit, nachdem sich zuerst seine Beine derart entzündet hatten, dass er tagelang das Krankenlager hüten musste. Das war allerdings dann abgeklungen und er hatte dafür an Tempo erheblich gewonnen. Seltsam, aber selbst der Hofheiler hatte nichts mehr finden können. „Ich erteile die Genehmigung. Allerdings wirst du dich selbst am Hofe Fürst Katos umsehen. Zwei Tage, Kouga.“ „Ja, Herr.“ Der Chef des Nachrichtendienstes erhob sich. Fürst Naraku befand sich im Moment nördlich von Nakamura, offiziell, um Fürstin Teikken und Prinzessin Abi sein Beileid zum vor wenigen Tagen erfolgten Tode Fürst Ryuichis auszusprechen. Natürlich ohne zu erwähnen, dass er diesen Zwischenfall veranlasst hatte. Die Fürstin war die wahre Herrin der Vögel und Ryuichis plötzlicher Tod veränderte die Lage nur insoweit, dass der seine Treue zum Mikado nicht ausleben durfte. Allerdings war der Herr von Teien etwas unangenehm überrascht, dass ihn nur Abi empfing. Sicher, sie war die Erbin, aber dennoch hatte er eigentlich einen protokollgerechten Empfang erwartet. Er ließ sich jedoch nichts anmerken und erklärte sein Beileid in höflichen Worten, ehe er sein Geschenk überreichte. Abi warf einen Blick auf die Diamanten, ehe sie den Beutel nachdenklich in der Hand wog. „Ich vermute nicht, Fürst, dass dies ein Kondolenzgeschenk ist.“ „Es ist ein Geschenk an Eure Mutter, teuerste Abi.“ „Und was wollt Ihr dafür? Meine Mutter empfängt derzeit keine Besucher. Das übernehme ich.“ „Ich zweifele nicht an Euren Fähigkeiten, teuerste Prinzessin,“ versicherte der Gast eilig: „Ich vermute ebenso, dass Eure verehrte Mutter ein wenig angeschlagen durch den Tod Eures Vaters ist. - Nun, ich habe ein gewisses Angebot. Der..hm..mächtige Mikado hat den Vögeln unter Eurer Herrschaft verboten, Menschen zu jagen, Blut zu trinken. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Einschränkung auf Dauer ein wenig lästig sein könnte. Natürlich würde ich nie dem Kaiser widersprechen...“ Abi blickte erneut auf die Diamanten in der Hand: „Weiter.“ „Ebenso ist Euch bewusst, wie der Inu no Taishou seine Gemahlin in die Verbannung schickte, die Frau, der er die kaiserliche Macht verdankt.“ Und das war sicher ein Punkt, den ihm die Damen schwarz anrechneten, die Männer nur für Beiwerk hielten. „Danach hätte er eigentlich abdanken müssen – zugunsten Fürst Katos, der seine Ehefrau als Kaisertochter nach wie vor achtet und hochschätzt.“ „Ihr wollt also unsere Krieger für Fürst Kato? Plant er eine Rebellion? Nun, darüber werdet Ihr schweigen, aber...hm. Ich halte mich nicht für dumm, aber ich sehe nicht, worin für Euch der Vorteil liegt.“ „Fürst Katos Tochter Yura wird in wenigen Monaten meinen Sohn Akago heiraten. Es ist, nennen wir es, ein Familieninteresse, zumal sein Sohn Yari meine Tochter Kanna heiraten soll.“ „Ich verstehe. So oder so wäre eines Eurer Kinder auf der Vorstufe der Macht. Und Ihr besäßet mehr Einfluss. Dennoch, eine Rebellion gegen das Reich...“ „Nein, nicht gegen das Reich. Nur gegen den Inu no Taishou und noch mehr gegen seinen Sohn. Ihr habt Sesshoumaru sicher schon kennengelernt.“ „In der Tat.“ Der Ton verriet, dass dieses Treffen nicht nach dem Wunsch der Vogelprinzessin ausgefallen war. „Diese Diamanten und....?“ „Weitere. Ich vermute ja, dass Ihr Eure Vogelkrieger auch ausstatten müsst.“ „Und Kato weiß von Eurem Besuch hier?“ „Ja. Aber er ist momentan zu seinem Bedauern anderweitig beschäftigt. Darum sandte er mich.“ „Ich werde mich mit meiner Mutter besprechen. Sie ist die Fürstin.“ „Natürlich, teure Abi.“ Naraku verneigte sich, in der Sicherheit, die Vogelprinzessin würde ihrer Mutter zureden: „Bestellt Fürstin Teikken meine Empfehlungen. - Falls Ihr Interesse habt, würde Euch Fürst Kato in drei Tagen am Berg von Marano erwarten.“ „Nur mich?“ fragte Abi mit einem süffisanten Lächeln, als sie den Beutel mit den Diamanten schloss. „Es liegt in Eurem Belieben. Und dem Eurer verehrten Mutter, natürlich. - Ich werde jetzt zu Fürst Kato zurückkehren. Gewisse Hochzeitsvorbereitungen erwarten mich.“ Der Inu no Taishou war kaum überrascht, als sich ein Mensch namens Koi bei ihm melden ließ. Soweit er sich entsann, war dieser der Leiter der Arbeitsgruppe, die er und Kouga auf die Finanzen der Fürsten angesetzt hatten, um eine mögliche Verschwörung aufzudecken. Er winkte, als sich der an die Sechzig zählende Mann vor ihm verneigte: „Wichtige Neuigkeiten, nehme ich an.“ „Ja, oyakata-sama.“ „Dann dein Bericht.“ „Wir haben die Vermögenszustände aller Provinzfürsten und aller hohen Beamten überprüft, wie es Euer Wunsch war. Die meisten davon sind harmlos, übersichtlich und unverdächtig. Fürst Naraku von Teien hat dagegen mutmaßlich Einnahmen, die er bei der Steuer nicht angibt. Im letzten Jahr konnten wir einige finanzielle Transaktionen finden. Nicht viele, was jedoch bloß heißt, dass er entweder sehr raffiniert war oder tatsächlich nur einige wenige Fehler begangen hat. Einer meiner Mitarbeiter vermutet Schmuggel auf das Festland, dazu würde sich Teien anbieten. Es gibt jedoch keinen Beweis dafür. Ein anderer meiner Mitarbeiter entdeckte bei Fürst Kato in den letzten drei Monaten einige verdeckte Finanzaktionen. Sie wurden geradezu liebevoll über andere Provinzen geleitet, um schlussendlich wieder in Nakamura zu landen.“ „Nakamura ist eine Provinz mit vielen Schmieden und Metallvorkommen.“ „Ja. Und einige der so erarbeiteten Summen verschwanden.“ „Womöglicherweise in ein Heer?“ „Oyakata-sama, vergebt, aber wir sind Buchhalter. Wenn ich jedoch die Summe betrachte, wo wäre sie hoch genug, zwischen fünfhundert bis tausend Dämonen oder Menschen zu bezahlen.“ „Und dies wurde versteckt.“ „Ja.“ „Weitere Transaktionen anderer Fürsten?“ „Nichts zu finden, nun, was den üblichen Rand übersteigt. Niemand zahlt gern Steuern, oyakata-sama.“ „Danke. Du kannst gehen und auch deine Leute nach Hause schicken.“ Als er allein schien, sah er zu seiner Schulter: „Nun, Myouga?“ Der Flohgeist sprang aus seiner Boa hervor: „Naraku und Kato? Kato, mit Verlaub, Herr, halte ich für nicht in der Lage, eine Rebellion zu planen. Er ist zu offen, zu....voreilig dazu. Fürst Naraku wäre da schon anders, wie ich ihn einschätze.“ „Aber Kato wäre der Mann mit dem rechtlichen Vorwand.“ „Also steht wer anders hinter ihm und lenkt. Naraku will seine Kinder mit denen Katos verheiraten, aber das macht ihn nicht automatisch verdächtig.“ „Aber Naraku ist außer Kato der einzig andere Fürst, der seine Finanzen zumindest teilweise vertuscht. Er sucht familiäre Kontakte zu Kato.“ Der Inu no Taishou holte Atem: „Dazu tauchte auch Teien in letzter Zeit dauernd auf: das Ungeheuer aus dem Todeswald, das noch immer nicht gefunden wurde, der Junge mit Tessaiga, wobei weder der noch Toutousai gefunden wurden..“ „Äh, ja, Herr....“ Myouga brach der Schweiß aus. Immerhin hockte besagter Schmied noch immer in seinem Zimmer. „Und dazu kommt, dass auch noch ein Hundegott auftauchte, der Menschen rettet – was ich durchaus verstehe – aber ebenfalls rot und weiß beschrieben wird. Irgendetwas passiert in Teien und Shiroi und es behagt mir nicht, dass ich keine Ahnung habe, was. Apropos: Nachricht von Sesshoumaru?“ „Leider nein. Er trennte sich von seinen Kriegern, seither scheint er allein unterwegs zu sein.“ „Scheint! Mir wäre lieber, du sagte: er ist. Bedenke, auch Hakudoshi, der Erbe von Teien verschwand spurlos. Ich hoffe nicht, dass Sesshoumaru....“ Der Kaiser brach ab. „Nein, ich bitte Euch, Herr, er ist in der Lage auf sich aufzupassen,“ beteuerte der Flohgeist eifrig: „Und er hatte gegen den Jungen mit Tessaiga einmal Pech. Aber nun wird er sich gewiss nicht mehr überrumpeln lassen.“ „Ich hoffe, dass du Recht hast. - Nun, lass meine Generäle zum Kriegsrat zusammenkommen. Ich möchte mit den Elitetruppen....sagen wir, Manöver in Nakamura halten. Die Krieger, die zur Zeit nach dem Monster in Shiroi suchen, sollen mir ebenfalls folgen. Für den Fall, dass dort tatsächlich eine Rebellion stattfindet. - Myouga, sobald sich Sesshoumaru meldet, soll er mir folgen. Ich hoffe wirklich...Nun gut. Du übernimmst hier solange die Regentschaft. Jetzt erhole dich etwas. Ich werde dich noch einmal rufen, ehe ich abreise.“ Der kleine, so hilfreiche Floh, schien seit einigen Tagen nervös, ja, erschöpft zu sein. Nun, nicht verwunderlich. Auch er selbst wusste kaum, was seine Aufmerksamkeit am meisten verdiente. Und da war immer noch die aufgeschobene Suche nach seinem zweiten Sohn.... „Ja, Herr. Natürlich.“ Der kleine Flohgeist sprang hinaus um zu seinem eigenen Zimmer zu gelangen. In den weiten Gängen der Privatgemächer fiel plötzlich ein Schatten über ihn. Noch ehe er fliehen konnte, traf ihn eine Pfote schmerzhaft. Entsetzt an die Wand gelehnt, erkannte er eine dämonische Katze, die sich rasch vergrößerte, mit brennenden Pfoten und sehr großen Zähnen... „Oh nein...“ stammelte er. ** Der arme Myouga könnte eine ausgesprochen kurze Regentschaft haben. Das nächste Kapitel bringt denn auch: Strategien Kapitel 17: Strategien ---------------------- Erst auf den zweiten Blick erkannte der kleine Flohgeist erleichtert, dass sich die riesige dämonische Katze vor ihm wieder verkleinerte. Und jetzt erst bemerkte er den Brief, den sie vor ihm niederlegte. „Das...das ist für mich?“ Wer wählte denn solch eine erschreckende Methode, ihm, dem engsten Mitarbeiter des Kaisers etwas mitzuteilen? Für so etwas gab es doch Amtswege oder...? Moment. Dann war etwas mehr als Wichtiges darin. Er nahm den Brief, so gut er konnte: „Nein, der ist mir zu schwer. Nimm ihn wieder – und dann komm mit in mein Zimmer.“ Nur kurz darauf half ihm Toutousai, wenn auch mit schrägem Blick auf die erneut riesengroße Kirara, den Brief aufzurollen. „Absender ist Sango...die Tochter des Anführers der Dämonenjäger. Daher also du,“ meinte Myouga mit einem Seitenblick auf die Katze: „Nun, es scheint wirklich bedeutsam zu sein, wenn sie so zu mir kommt. Ich habe sie mal kennengelernt, ein nettes junges Ding. Und das mit den Dämonenjägern, schrecklich, so ein Massaker. Sie und noch wer sind also entkommen.“ Myouga hüpfte die Zeilen entlang. Sein alter Freund hörte nur Satzfetzen: „Naraku, das Ungeheuer, Flucht...Hakudoshi...eiwei.“ Endlich sah der Flohgeist auf: „Bleib hier, Kirara. Ich muss noch einmal zum Kaiser. Nein, ich werde ihm erst einmal nichts davon erzählen. Das würde meinem Ruf schaden, ungeprüfte Dinge zu melden. Ich gehe dann aber mit dir zu deiner Herrin und höre mir an, was sie sonst noch zu sagen hat, sich aber nicht zu schreiben traute. Es gibt noch ganz andere Probleme im Reich. - Toutousai, du wartest auch hier.“ „Hm,“ brummte der Schmied. Als ob er irgendwohin hätte gehen können, mit laufender Fahndung. Myouga war schon so hektisch und nervös genug. Nicht, dass ihm selbst diese Neuerung gefiel. Diese Art der Mitteilung war ungewöhnlich – und bedeutete im Rahmen allen Ungewohnten in der letzten Zeit, dass etwas wirklich schief lief. Der Taishou erwartete seinen engsten Berater bereits in Rüstung, ein großes Schwert auf dem Rücken. Myouga hütete sich, dem auch nur zu nahe zu kommen. Er wusste zwar, dass ein anderer kleiner Geist dieses bewachte, aber er legte keinen Wert darauf zu testen, wie fähig Saya war. Seiner Meinung nach war dieser ebenso zerstreut wie Toutousai, wenn nicht mehr – und das wollte schon etwas heißen. Er sprang stattdessen lieber auf das Schreibpult: „Herr?“ „Ich breche unverzüglich mit zwei Divisionen nach Nakamura auf. Die zweihundert Dämonenkrieger aus Shiroi werden soeben mit Boten zurückgerufen, die ebenso sehen werden, dass sie Sesshoumaru finden. - Pass gut auf, hier. Irgendetwas ist unter meiner und Sesshoumarus Nase passiert. Das ärgert mich, stimmt mich aber auch besorgt. Jemand hat sich alle Mühe gegeben uns zu täuschen. Und wäre ich nicht aus meiner selbstgewählten Isolation zurückgekommen, stünde mein Sohn nun allein da – genauer, er wäre allein in Shiroi und niemand könnte das Heer führen.“ „Ja, Herr. Nicht auszudenken. - Äh, wie weit gehen meine Vollmachten?“ erkundigte sich der kleine Flohgeist in Anbetracht der Tatsache, dass ihm Sangos Brief und dessen Form der Übermittlung schon Kopfzerbrechen bereitete. „Du kannst tun, was du willst – außer es widerspricht meinen oder Sesshoumarus Anweisungen.“ Mit einem leichten Lächeln zu seinem winzigen Berater fuhr der Inu no Taishou fort: „Ich bin sicher, du wirst nach bestem Wissen dafür sorgen, dass ich hier noch eine Hauptstadt habe, wenn ich zurückkehre. Inzwischen werde ich mich möglicherweise erneut auf dem Schlachtfeld beweisen müssen, falls Kato und noch wer tatsächlich eine Rebellion geplant haben. Wenn dem so sein sollte, könnte ich sie unvorbereitet ertappen, ehe sie genug Männer und Waffen zur Verfügung haben und Ort und Zeit aussuchen können.“ „Es bleiben noch Dämonenkrieger hier?“ „Die Palastwache, denn die Elitetruppen nehme ich mit. Übrigens habe ich auch die Division unter General Komino aus dem Norden nach Nakamura befohlen. Es wird allerdings dauern, bis er dort ist.“ „Ihr könnt Euch auf mich verlassen, oyakata-sama.“ Oh, ja, und wie. Denn falls Sango wirklich neue Informationen hatte, sei es über das Ungeheuer von Teien oder auch irgendwelche Ränke von Naraku, den sie ja in dem kurzen Brief auch erwähnt hatte, so könnte daran das Reich hängen. Aber davon sollte er noch nichts sagen. Der Herr hatte genug um die Ohren. „Falls ich etwas erfahre,“ meinte er dann doch: „Soll ich Kouga zu Euch schicken?“ „Kouga ist bereits in Nakamura und überprüft dort die Lage. Du wirst ohne Zweifel jemand anderen finden.“ „Ja. Das übliche Codewort?“ Es war ein gewisser Code vereinbart, damit ein Bote nicht durch die Hierarchie gereicht wurde, ehe er den Kaiser erreichte, sondern gleich zu ihm geleitet wurde. „Ja. Ich hoffe jedoch, dass es nicht nötig sein wird.“ Das bezweifelte Myouga: „Ich wünsche Euch viel Glück.“ „Danke, dann...hier.“ Er deutete auf eine zusammengerollte Urkunde: „Deine Vollmacht. Ich denke, du lässt sie lieber holen.“ „Ja, danke.“ Natürlich war diese zu riesig für einen Flohgeist. Mit einer Verneigung verließ Myouga das Arbeitszimmer des Mikado, der ebenfalls unverzüglich ging. Ein Blick aus dem Fenster verriet dem Ratgeber, dass die Divisionen bereits zum gut Teil wohl abmarschbereit waren. Jedenfalls erkannte er jenseits der Stadtmauer eine Ansammlung von Dämonenenergien. Der Herr nahm die Sache sehr ernst – und das war wohl auch nur zu nötig. Er kehrte in sein Zimmer zurück. Kirara hatte sich unterdessen wieder in eine nette kleine Katze verwandelt, sehr zur Beruhigung des alten Schmiedes, der erleichtert aufsah. „Und, was nun?“ „Der Herr bricht auf. Hoffentlich irrt er sich nicht und die Rebellion soll tatsächlich in Nakamura stattfinden. - Also, Kirara, dann komm. Gehen wir zu deiner Herrin.“ Der kleine Flohgeist sprang ohne weiteres auf den Rücken der Katze: „Aber paß auf. Mich darf keiner sehen. Wir wissen nicht, was sonst hier noch los ist.“ Mit einem Maunzen bestätigte Kirara diese Einschätzung. So saß Myouga nur eine halbe Stunde später auf dem Tisch im Zimmer einer einfachen Gastwirtschaft. „Sango, Miroku und Shippou,“ sagte er zur Begrüßung: „Ich vermute, dass ihr wirklich wichtige Neuigkeiten habt, wenn ihr mich so herholt.“ „Oh ja. Ich danke Euch,“ meinte Sango höflich: „Dass Ihr als erster Berater des Mikado Eure Zeit für uns opfert. Wir fürchten, dass unsere Erlebnisse in den letzten Wochen wirklich wichtig sind, für das gesamte Reich.“ „Ihr erwähntet etwas von Naraku und dem Ungeheuer von Teien.“ „Ja, Miroku und ich reisten nach Teien....“ Sie berichtete von den seltsamen Todesurteilen gegen sie, ihrer Überraschung, als sie in dem Ungeheuer einen Halbdämon erkannten. Myouga stutzte: „Halbdämonen sind nicht sehr häufig“, sagte er. Da war doch neulich erst einer erwähnt worden... „Aber nun gut, weiter.“ Sango erzählte, wie Kagome zu ihnen gekommen war, ihrem Ausbruch und ihrer Flucht aus Teien. „Das erklärt die Berichte, dass ein Inu gami Menschen gerettet hat, nicht wahr?“ fragte der Flohgeist: „Das war das Ungeheuer, also, eigentlich der Halbdämon. Aber wieso Hundegott?“ „Nun ja, er ist ein halber Hundedämon.“ Myouga wurde eiskalt. Ja, das hatte Toutousai erwähnt, er aber vor Aufregung überhört – oder eher, nicht die Schlussfolgerung daraus gezogen. Das tat er nun – mit verheerendem Ergebnis: „Teien. Ein halber Hundedämon.....Oh ihr Götter...Was wisst ihr noch über diesen Inu Yasha?“ „Naja, er sagte, er sei eigentlich ein echter Prinz, seine Mutter war eine Prinzessin von Teien.“ „Meine Ahnung, meine Ahnung! - Weiter!“ „Als er in dem Wald saß, hat ihn niemand besucht, außer einem Flohgeist namens Miki. Kennt Ihr ihn?“ „Miki? Ja, er war mein Cousin.“ Und der Herr hatte Miki zu Izayoi befohlen, als sie noch beisammen waren. Nach deren Verscheiden musste sich der um ihren Sohn gekümmert haben, bis er selbst starb. Nur der Tod hätte Miki daran hindern können, seinen Auftrag nicht weiter zu erfüllen. Das bedeutete, konnte nur bedeuten.... Um Himmels Willen: „Und er hat nun Tessaiga?“ „Ja, aber woher wisst Ihr das..?“ Miroku meldete sich zum ersten Mal. „Der Shogun und Inu Yasha trafen aufeinander.“ „Äh, ja...“ dehnte Sango: „Und Sesshoumaru, ich meine, der Shogun behauptete, dies sei sein Schwert. Da Inu Yasha es nicht herausgeben wollte, kam es zum Kampf. Wir waren zwar nicht dabei, aber als wir ihn dann fanden, war Sesshoumaru verschwunden und Inu Yasha geblendet. Da kam der Schmied vorbei und erklärte, dass Inu Yasha die Windnarbe gefunden hatte, und eben, dass sein Gegner der Shogun gewesen sei.“ „Der Junge kann inzwischen wieder sehen?“ „Ja, dieses Gift hielt wohl nicht lange vor. Ich vermute, Ihr habt von dem Zwischenfall durch den Shogun gehört. War er...war der Mikado sehr zornig?“ „Das kann man so nennen.“ Und seine Laune würde kaum besser werden, wüsste er, was tatsächlich vorgefallen war: „Toutousai und Sesshoumaru haben beide Recht gehabt. Toutousai, weil Tessaiga wohl in der Tat für Inu Yasha geschmiedet wurde, und Sesshoumaru, weil er es für sich beanspruchte.“ „Müssen wir das gerade verstehen?“ erkundigte sich Sango: „Wem gehört denn nun Tessaiga?“ „Inu Yasha.“ Myouga seufzte: „Aber erzählt weiter. Ich erkläre euch, wenn ich alles weiß.“ „Ja, natürlich, Berater.“ Die Dämonenjägerin fuhr fort zu berichten, wie sie zu Shippou gekommen waren, was im Zauberwald geschehen war, Hakudoshis Tod, und der Überfall auf ihr Dorf. Als sie endete, starrten alle Drei den kleinen Berater an, der sichtlich nachdachte, sogar Schweißperlen auf der Stirn hatte. Tatsächlich rasten Myougas Gedanken nur so. Er hatte kaum Zweifel daran, dass das Hundebaby, wie Toutousai den Halbdämon genannt hatte, in der Tat der Sohn von Izayoi und dem Inu no Taishou war, der zweite, wenn auch uneheliche, Sohn des Kaisers. Das bedeutete, dass sein alter Freund Tessaiga vollkommen zu Recht diesem ausgehändigt hatte. Das bedeutete allerdings auch, das im Moment sich sowohl Sesshoumaru als auch Inu Yasha in Shiroi befanden – und beide Tessaiga besitzen wollten. Der Flohgeist zweifelte nicht daran, dass der Shogun keinerlei Gewissensbisse haben würde einen halben Dämon umzubringen, ja, er vermutete sogar, dass dieser kaum seine Meinung ändern würde, erführe er, dass es sich um seinen Halbbruder handelt. Nur ein direkter Befehl seines Vaters könnte ihn davon abhalten. So weit, so schlecht. Schickte er selbst nun einen Boten hinter dem Mikado und dem Heer mit, war nicht zu sagen, wie dieser auf die Neuigkeit reagierte. Der Herr neigte manchmal zu Impulsivität. Drehte er aber ab, so bestand die Möglichkeit, dass die Rebellion Erfolg hatte. Der unbekannte Sohn oder das Reich. Und was sollte er als armer kleiner Flohgeist nun machen? Eines war ihm jetzt klar: Kato mochte der Rebellenführer sein, aber der Geist dahinter dürfte Naraku sein. Nun gut. Es war nicht sicher, dass sich die Halbbrüder trafen, schon gar nicht, ehe er selbst mit Inu Yasha geredet hatte. Die Boten, die den Shogun in kaiserlichem Auftrag suchten, sollten Sesshoumaru doch schon gefunden haben und dieser auf dem Weg zu seinem Vater sein. Am besten wäre vermutlich, wenn er Toutousai mitnehmen würde. Den kannte das Hundebaby und würde ihm doch wohl zuhören. Immerhin war er, Myouga, im Moment der Regent und konnte die Fahndung aufheben, ja, einen Geleitbrief ausstellen. Dann müsste er Inu Yasha nur noch dazu bringen mit zur Hauptstadt zu gehen und ihn dem hoffentlich doch wohl siegreichen Herrn vorstellen. Ja, das war eine gute Idee. Er sah auf: „Ich muss noch einmal kurz in den Palast, etwas erledigen. Dann treffe ich euch vor den Mauern von Machi. Kennt ihr die Weggabelung, wo die große Heeresstraße nach Süden von der nach Westen abzweigt? Ja? Gut. Dort wartet auf mich und...einen Freund.“ „Danke, dass Ihr unsere Besorgnisse so ernst nehmt,“ erwiderte Sango höflich, während Miroku durchatmete: „Dann vermutet Ihr auch, dass Fürst Naraku...?“ „Es sieht verdächtig aus, ja. Und wie ihr gesehen habt, ist vor wenigen Stunden der Herr mit dem Heer aufgebrochen. Es gibt eine Rebellion in Nakamura, vielleicht.“ „Nakamura? Das ist Fürst Kato. Ist er nicht mit dem Inu no Taishou verwandt?“ fragte Sango. „Ja.“ Myouga seufzte: „Nun, ja, verschwägert. Und Naraku will seine Kinder mit den seinen verheiraten. - Alles weitere erzähle ich euch unterwegs. Wir werden selbst mit Kirara doch drei Tage bis nach Shiroi brauchen.“ In Hanabira, der Hauptstadt der bergigen Provinz Nakamura, betrat Fürst Kato mit finsterer Miene sein Arbeitszimmer. Naraku, der ihn erwartete, hob die Augenbrauen. „Ärger, Teuerster?“ „Ich erhielt soeben den Bericht, dass Kouga, der Leiter des kaiserlichen Nachrichtendienstes in der Stadt gesehen wurde.“ Der Fürst von Teien legte die Fingerspitzen aneinander: „Und?“ „Und? Das bedeutet, dass der Inu no Taishou mir gegenüber misstrauisch geworden ist.“ „Natürlich. Habt Ihr etwa erwartet, dass der Mikado schläft? Nachdem er seine ominöse Krankheit besiegt hat, ist er wieder voll da. Und dass er kein Narr ist, sollte Euch bereits die Tatsache bewiesen haben, dass er eben Kaiser wurde und es blieb. Leider. Sesshoumaru allein wäre der leichtere Fall.“ „In der Tat. Was soll ich denn nur machen?“ Naraku zuckte mit einem feinen Lächeln die Schultern: „Ich habe bereits dafür gesorgt, dass Fürstin Teikken und Prinzessin Abi zum Berg von Marano kommen werden. Ihr wollt Mikado werden, teurer Kato. Also entscheidet. Ich werde nach Machi zurückkehren und die dortigen Heiratsvorbereitungen für meine Kinder in Angriff nehmen.“ „Und ganz unauffällig sein, klar.“ Aber Fürst Kato war bewusst, dass sein Verbündeter recht hatte. Er wollte Mikado werden, da wäre es nur zu dumm einen gleichwertigen Partner zu haben. Gut, wenn Naraku um seinen Platz wusste. „Ich werde meine Frau anweisen, hier die Hochzeiten weiter voranzubringen. Und ich werde mein Heer zusammenrufen, das offizielle und das geheime.“ Naraku hob etwas die Hand: „Verschont mich mit diesen Einzelheiten, mein lieber Kato. Bedenkt, was ich nicht weiß, kann ich auch nicht verraten.“ „Natürlich, natürlich.“ Ja, er würde das Heer zusammenrufen und in Eilmärschen in Richtung kaiserliche Hauptstadt ziehen. Natürlich waren einige Krieger und auch der Shogun noch in Shiroi, also würden dem Mikado höchstens die zwei Divisionen zur Verfügung stehen, die stets bei der Hauptstadt stationiert waren. Dennoch: Naraku hatte Recht. Der Inu no Taishou war kein Idiot – und besaß so gute Spione wie nur wer. Überdies war er ein exzellenter Stratege. Nun, er sollte rasche Vögel aussenden, die ihm besser verrieten, ob sich der Kaiser samt den Eliteeinheiten nicht schon peinlicherweise auf dem Weg nach Nakamura befanden. Wenn ja, musste er ihnen eine Falle legen....Fürst Kato sah auf: „Dann geht, mein teurer Naraku. Ich bitte Euch, mich zu entschuldigen. Ich habe noch einiges vor mir.“ „Natürlich.“ Der Fürst von Teien lächelte etwas. Siegte Kato, wäre er über seine Abkömmlinge der nächster Agnat am Thron. Siegte der Taishou, so musste er eben einen neuen Plan machen und konnte seine Hände in Unschuld waschen. Am Abend dieses Tages erfuhr Fürst Kato, dass in der Tat sich zwei Divisionen in der Nachbarprovinz befanden. Sein Leiter des Informationsnetzes neigte den Kopf. „Was tun sie da?“ entfuhr es dem Fürsten. „Sie sollen dort üben.“ „Manöver? Und der Mikado selbst ist dabei?“ „Ohne Zweifel, anscheinend jedoch nicht der Shogun.“ „Nicht oder noch nicht?“ Der Fürst stand auf. „Zeige mir auf einer Karte, wo sie genau sind.“ Während der Dämon gehorchte, dachte Kato nach. Er war in allerlei Kriegszügen beteiligt gewesen und kannte die Vorgehensweise des Inu no Taishou recht gut. Manöver? Dass er nicht lachte. Es wäre mehr als Zufall gewesen, fänden diese zu diesem Zeitpunkt genau an der sogenannten Pforte statt, dem breiten, niedrigen Tal, das den besten Einfall in das Bergland von Nakamura ermöglichte. Hm. Wollte der Taishou von dort aus näher nach Hanabira vorstoßen, so musste er durch einige Täler. Um aber ein derart kriegerisches Vorgehen auch vor den anderen Provinzfürsten rechtfertigen zu können, bräuchte er den Nachweis, dass er, Kato, Hochverrat begangen hatte. Allerdings verlegte er ihm so den Weg in die Reichshauptstadt Machi. Nicht schlecht ausgedacht. Und dieser Kouga, im Zweifel auch andere Spione des Kaisers, waren hier. Brachten sie dem Taishou Nachricht, dass es mehr Krieger besaß hatte als er dürfte, würde dieser ohne Zweifel zum Angriff übergehen. Er müsste dann.... Der Finger Katos glitt über die Karte. Ja. Der Taishou, wie auch sein dämlicher Sohn, neigten dazu, immer direkt auf ihr Ziel zuzusteuern. Und dabei müsste er auf dem Weg nach Hanabira durch das Kaidan no tani, das Tal der Stufen. Das bildete einen netten Kessel, mit steilen Bergen drumherum und einer Ebene dazwischen. Ließ er seine Krieger nun die Steilhänge besetzen, so waren sie in der besseren Position. Und das Heer des Mikado befand sich zwischen ihnen. Der Zugang zu dem Kaidan no tani in Richtung auf Hanabira konnte er bereits zuvor blockieren lassen, den Rückweg mussten dann eben Baustämme und Steine abschneiden, sobald die Truppen des Mikado in die Falle gegangen waren. Entweder gab es dann ein Massaker oder aber der Kaiser musste sich ergeben. Auf jeden Fall war damit er, Kato, der Sieger und der neue Mikado. Dann müsste er nur noch zusehen, dass er Sesshoumaru in die Finger bekam und...nun ja. Erst einmal musste er seine Krieger zusammenrufen und die Falle vorbereiten. Der Inu no Taishou sah auf, als er Kouga erkannte, der herangestürmt gekommen war – in seinem neuen, überaus schnellen Tempo - , sich nun aber eilig vor dem Mikado niederkniete. „Dein Bericht?“ „Fürst Kato hat in Hanabira nur die erlaubte Anzahl an Kriegern stationiert, oyakata-sama,“ berichtete der Leiter des Nachrichtendienstes: „Allerdings erwähnten mehrere Dämonen meinen Leuten gegenüber, dass sie bereits der dritte, ja, vierte Ausbildungsjahrgang in den letzten Wochen sind. Was nur bedeutet, dass Fürst Kato zumindest rasch ausgebildete Einheiten zur Verfügung hat, mehr, als ihm zusteht.“ „Rasch ausgebildet. Nun, das sei dahingestellt. Jeder Dämon, nahezu jeder Dämon, kann mit dem Schwert umgehen.“ Der Mikado dachte nach. Er selbst hatte zwei Divisionen, fünfhundert erfahrene Dämonenkrieger, seine Eliteeinheiten. Zweihundert standen unter dem Befehl des Generals Komino und würden von Norden her in zwei Tagen in Nakamura eintreffen. Fürst Kato standen eigentlich nur hundert Mann zu, Dämonen und Menschen. Selbst, wenn er nun dreihundert oder vierhundert hatte, selbst fünfhundert besaß, so konnten höchstens hundert auch kriegserfahren sein, hatten wohl auch mit Sesshoumaru an dem Sieg über die Invasoren teilgenommen. Dennoch war das ein Fast- Gleichstand, ehe Komino eintraf. Es sei denn, er selbst würde das Höllenschwert einsetzen, was er zugegeben nur im Notfall tun würde. Auch für den Herrn aller Hunde war das stets ein erhebliches Risiko. „Die Karte von Nakamura!“ befahl er. Als sie ihm gereicht wurde, rollte er sie auf. Sie befanden sich an der Pforte von Nakamura, dem besten Einfallstor in diese Provinz. Der Weg zur Hauptstadt Hanabira führte über Berge und durch Täler. Es wäre leicht dort einen Hinterhalt zu legen. Sollte er dieses Risiko eingehen? Kato war kriegserfahren, das wusste er, und hatte an verschiedenen Lagebesprechungen teilgenommen. Aber er war auch ungestüm und voreilig....Wusste er überhaupt schon davon, dass er selbst und die Krieger hier formell Manöver hielten? Ja, beschloss der Taishou. Kato war voreilig, aber nicht dumm. „Ich brauche den schnellsten Boten, der hier ist.“ Nur kurz darauf kniete ein Falkendämon vor dem Mikado nieder. „Du kennst General Komino. Er kommt von Norden, aus der Provinz Tsurara in direkter südlicher Richtung auf Nakamura zu. Siehe hier auf die Karte und bringe ihm folgende Nachricht von mir: er soll weiterhin direkt nach Nakamura gehen. Wir werden uns hier treffen. Und er soll aufmerksam sein. Kato hat bis zu fünfhundert Mann unter Waffen. Nicht, dass er in eine Falle läuft.“ Falls es dem Provinzfürsten gelang, Komino in einen Hinterhalt zu locken und anschließend ihn selbst, oder auch andersherum, wäre die Lage fatal. Zumindest, bis auch Sesshoumaru und die Krieger aus Shiroi hier wären. Dennoch....Hm. „Fliege.“ Nur Sekunden später hob ein Wanderfalke in seiner wahren Gestalt ab und jagte mit hastigen Flügelschlägen aufwärts, ehe er sich der Thermik überließ. „Wir brechen auf,“ befahl der Mikado: „Und ich brauche den Leiter der militärischen Aufklärung. Sofort.“ ** Im nächsten Kapitel treffen sich lauter gute alte Bekannte..... Kapitel 18: Begegnungen ----------------------- Inu Yasha starrte missmutig den Baumkämpfer an: „Und die Mutter des Waldes ist sicher?“ „Sehr sicher. Sie spürt solche Dämonenenergien immer auf weite Entfernung.“ Das bedeutete, dass Naraku heute morgen nach Süden gereist war, also, zurück nach Teien, vermutlich in seine Hauptstadt Shuto. Und der Shogun trieb sich noch immer in Shiroi herum. Wann gab der Kerl eigentlich die Suche nach Tessaiga auf? Solange der Idiot hier herumschwirrte, war er praktisch auf den Zauberwald als sichere Zuflucht angewiesen – es sei denn, er würde nochmals gegen ihn kämpfen. Nicht, dass ihm das etwas ausgemacht hätte. Er kannte jetzt nicht nur die Windnarbe sondern noch zwei weitere Attacken Tessaigas, das würde er schon hinbekommen. Kagome hatte sich allerdings von ihm versprechen lassen, das nicht zu tun. Sie hatte dabei geweint, und so hatte er ihr sein Wort gegeben. Es war ja schön, dass sie sich so Sorgen um ihn machte, aber hier einfach rumzusitzen und zu warten, was die anderen drei in Machi erreichen konnten, war eigentlich auch nichts für ihn. „Danke,“ sagte Kagome: „Es ist sehr nett, dass wir solche Informationen erhalten. Von Sango und Miroku und Shippou wisst ihr nichts?“ „Nein, aber sie sind Menschen und ein Fuchskind, selbst für unsere Mutter nicht so ohne weiteres wahrzunehmen.“ Der Baumläufer zuckte etwas die Schultern: „Aber sie lässt euch ausrichten, dass ihr besser den Wald nicht verlassen sollt. Auch kaiserliche Dämonenkrieger suchen nach einem jungen Mann in rot und weiß. Sie werden es jedoch nicht wagen unseren Wald zu betreten, das wäre ein Bruch des Vertrages zwischen Mutter und dem damaligen Inu no Taishou.“ „Hoffentlich ist ihnen nichts passiert.....“ Immerhin waren sie in Teien verurteilt worden. Liefen sie in der Hauptstadt Naraku über den Weg, würde der sie sicher wiedererkennen und womöglich über den Kaiser sie verhaften lassen. „Keh! Du hast doch gehört, Naraku ist heute nach Hause gegangen.“ Inu Yasha erhob sich langsam: „Ich hätte ja gute Lust nach Shuto zu gehen und mir den Kerl zu schnappen. - Ja, schon gut. Ich soll vernünftig sein,“ ergänzte er: „Aber ich würde zu gern noch mal diesem Sesshoumaru zeigen, warum Tessaiga mir gehört!“ „Das weiß er sicher,“ begütigte sie: „Aber du kannst dir eben nicht mit dem Kronprinzen einfach so ein Duell liefern. Das ist Hochverrat. Warte doch ab, was Sango und die anderen beiden beim Kaiser erreichen können. Spricht er dich frei, so kann auch Sesshoumaru nichts mehr dagegen tun.“ „Und du meinst, er lässt mir dann Tessaiga.“ „Er wird müssen.“ Sie war da zwar nicht so sicher, aber im Moment war alles recht, was den impulsiven Halbdämon hier im Schutz des Zauberwaldes hielt. Er zuckte auch nur die Schultern: „Wie lange willst du denn hier noch auf die Drei warten?“ „Es sind selbst mit Kirara drei Tage nach Machi – drei Tage zurück, sind schon mal sechs. Und sie konnten doch sicher nicht gleich am ersten Tag beim Kaiser höchstpersönlich vorsprechen. Sie sind jetzt neun Tage weg....Sie werden bestimmt bald kommen.“ „Keh!“ Inu Yasha versuchte durch die Bäume den Himmel zu sehen. Seltsamerweise fühlte er sich hier ebenso eingesperrt wie er es im Todeswald gewesen war – da hatte es ihm weniger ausgemacht, hatte er doch nicht gewusst, was Freiheit war. „Dann gehen wir zum Waldrand, wo wir sie kommen sehen. Und doch im Schutz sind.“ „Ja, in Ordnung,“ gab sie nach. Er wurde von Tag zu Tag unruhiger, wilder darauf, sich mit Sesshoumaru anzulegen. Hoffentlich war der endlich nach Machi zurückgekehrt. Aber andererseits: er wollte, sollte wohl das Ungeheuer von Teien fangen. Die Sache mit Tessaiga war ein zusätzlicher Anreiz in Shiroi zu bleiben. So sah sie zu dem Baumkämpfer: „Bringst du uns hin?“ „Ja, gern.“ Der wusste, dass es Wesen, die nicht Mutters Kinder waren, deutlich schwerer hatten, sich im Gewirr dieses Waldes zurechtzufinden. Die vordersten Krieger des Provinzfürsten Kato stoppten ihren Marsch, als sie erschreckt erkannten, wer sich da gemächlich aus dem Gras erhob – ein riesiger Drache. Noch ehe jemand etwas sagen konnte, meinte Ryuukossei: „Ich will Kato sprechen.“ Im nächsten Moment hatte er nach dem ersten Dämon geschnappt und verschlang ihn mit Rüstung und allem. Der eiligst herbeigeholte Provinzfürst verneigte sich höflich ein wenig: „Mächtiger Ryuukossei, ich freue mich, dass Ihr hergekommen seid. Darf ich dies so deuten, dass Ihr bereit seid, mich gegen den Kaiser zu unterstützen?“ „Das bedeutet, dass ich Lust auf Hundeblut habe.“ Kato warf einen raschen Blick auf seinen etwas unheimlichen Verbündeten, meinte jedoch tapfer: „Diese Lust wird bald Befriedigung finden. Ich bin dabei eine Falle für den Inu no Taishou und seine Krieger vorzubereiten. Es wurde bereits dafür gesorgt, dass das Höllenschwert außer Gefecht ist. Ihr werdet sie in wenigen Tagen auf dem Serviertablett vorfinden. - Könntet Ihr mir bis dahin nur den Gefallen tun und keinen meiner Männer mehr verspeisen?“ Der Drache dachte kurz nach: „Einverstanden. Aber der Inu no Taishou gehört dann mir.“ „Wie es Euch beliebt.“ „Wo ist die Falle?“ „Das Kaidan no Tani, das Tal der Stufen.“ „Ich werde in zwei Tagen dort sein.“ Damit verschwand der Drache. Es würde ihm eine wirkliche Freude bereiten, diesen dummen Hund von Kaiser zu zerreißen und dann zu fressen. Einmal, da es ein Hund gewesen war, der seinen armen kleinen Bruder getötet hatte, zum anderen war da ein Treffen mit diesem arroganten Kerl in der Vergangenheit gewesen, das...nicht so ganz erfolgreich für ihn, Ryuukossei, ausgegangen war. Kato blickte ihm kurz, aber aufatmend, nach. Sehr gut. Ein Drache dieser Macht an seiner Seite war nie zu unterschätzen. Er gab Befehl weiterzugehen und den Pass aus dem Tal der Stufen zu versperren, mehr allerdings noch nicht. Er selbst wollte sich zum Berg Marano aufmachen, um Fürstin Teikken und Prinzessin Abi mit hoffentlich vielen ihrer Krieger zu treffen. Nur für den Fall, dass der Inu no Taishou noch etwas in der Hinterhand hatte. Kato unterschätzte seinen Ex-Schwager in keinster Weise. Sango, Miroku und Shippou warteten mit Kirara an der angewiesenen Abzweigung außerhalb von Machi. Zu ihrer Überraschung erkannten sie die Person auf der fliegenden, dreiäugigen Kuh, die herangeflogen kam. „Das ist doch Toutousai?“ fragte der kleine Fuchs. „Ja, Tessaigas Schmied. - Und da ist ja auch Myouga. Kennen die sich?“ Aber die Dämonenjägerin erhob sich höflich, als die Kuh landete: „Myouga-sama.....Toutousai...“ „Kommt,“ sagte der kleine Floh: „Wir müssen unbedingt zu diesem Hundebaby, ehe eine Katastrophe passiert.“ Er sprang auf Sangos Schulter: „Und das auch noch, wo ein Aufstand geplant ist....“ Erst, als die Dämonenjäger samt Shippou mit Kirara abflogen und Toutousai neben ihnen her, erläuterte der winzige Berater des Inu no Taishou weiter. „Noch ist Sesshoumaru-sama in Shiroi, auf der Suche nach dem Ungeheuer von Teien. Er hat keine Ahnung, dass dieses Ungeheuer und der Halbdämon mit Tessaiga identisch sind. Und, er hat keine Ahnung, dass Inu Yasha sein Halbbruder ist.“ „Inu Yasha....?“ Miroku dachte nur kurz nach: „Dann ist der Hundedämon, sein Vater, ja.....“ „Der Mikado, ja. Izayoi von Teien ist seine Mutter und der Mikado sein Vater. Der Herr wusste nicht, dass sie schwanger war,“ fuhr Myouga hastig fort, bemüht, den zu verteidigen: „Er wusste nicht einmal ihren Namen und woher sie stammte. Wenn wir Pech haben, treffen die Halbbrüder wieder aufeinander und diesmal wird wohl Sesshoumaru-sama siegen.“ „Oder Inu Yasha zum zweiten Mal,“ sagte Sango prompt. „Aber er sollte sich verstecken, damit dass nicht passiert.“ „Der versteckt sich nie!“ meinte Miroku: „Das heißt, die beiden Söhne des Kaisers geben sich Mühe sich gegenseitig um die Ecke zu bringen? Um Tessaigas Willen?“ „Der Herr wird sich nicht gerade freuen,“ seufzte Myouga: „Aber wir haben momentan einen Verbündeten: der Aufstand in Nakamura. Der Herr befahl, dass der Shogun und die Krieger aus Shiroi unverzüglich zu ihm kommen sollen. Damit bestehen gute Chancen, dass sie sich nicht treffen. - Ich habe Toutousai mitgenommen, weil den das Hundebaby ja kennt. Wir müssen Inu Yasha klar machen, wer sein Vater ist, dass er Tessaiga zu Recht trägt – und dass er mit uns in die Hauptstadt kommen soll. Meint ihr, er wird uns glauben?“ „Möglich. Aber es ist schon unglaublich.“ Sango sah auf ihre Schulter: „Aufstand? Das wäre Fürst Kato? Oder?“ „Ja. Aber ich möchte euch Recht geben, dass Naraku dahintersteckt. Kato ist zwar mit dem Kaiserhaus verwandt, aber er ist...nun ja...nicht gerade der Schlaueste. Und auch Naraku hat Gelder hinterzogen. Ich hoffe nur, dass der Herr da gewinnt – und sich nicht inzwischen seine Söhne gegenseitig umbringen!“ Am Waldrand blieben der Halbdämon und die Priesterschülerin unter den Bäumen stehen und blickten suchend zum Himmel. „Wie lange brauchen die denn,“ murrte Inu Yasha. „Ich habe es dir vorher schon erzählt. - Oh, sieh mal....“ Kagome deutete auf einen dunklen Fleck am Himmel, der rasch auf sie zukam: „Sind sie das?“ Der Halbdämon stutzte, griff dann nach Tessaiga, das unruhig in seiner Scheide vibrierte: „Da kommt ja dieser dämliche Hund!“ „Wer? Der Shogun?“ Sie packte ihn am Ärmel: „Los, komm schon, in den Wald!“ „Ich laufe doch vor diesem Mistkerl nicht weg!“ „Du kannst dich nicht mit dem Kronprinzen auf Leben und Tod duellieren!“ flehte sie: „Du hast es mir versprochen!“ „Hab ich ja schon gemacht. Und auch gewonnen. Er ist ja abgehauen. - Und ehrlich gesagt, das sieht nicht so aus, als ob er uns laufen lassen will.“ „Inu Yasha....“ Sie warf einen besorgten Blick zum Himmel, wo der Reitdrache über ihnen hielt und sie einen jungen weißhaarigen Dämon in Rüstung entdeckte, der herabsprang. „Komm schon, Inu Yasha!“ Der schob sie hinter sich: „Na, Sesshoumaru?“ Dieser blieb stehen: „Du weißt, was ich will,“ meinte er nur kühl. „Ja, mein Schwert. Aber ich sagte dir schon einmal, dass du das nur über meine Leiche bekommst.“ „Wenn du darauf bestehst...“ Der Shogun zog. Diesmal musste er vorsichtiger sein – die Windnarbe war eine Attacke, die auch ihm gefährlich werden konnte, das hatte dieser Bengel schon gezeigt. Und es war nicht klar, welche über anderen Fähigkeiten Tessaiga noch verfügte. Toutousai mochte ihm selbst das unfähigste Schwert von allen gegeben haben – aber in aller Regel konnten dessen Klingen wirklich etwas. „Keh! - Geh zurück, Kagome, in den Wald!“ „Hört doch auf,“ bat die Priesterschülerin verzweifelt: „Sesshoumaru, Inu Yasha hat Tessaiga geschenkt bekommen. Es gehört ihm!“ Erst dann fiel ihr ein, dass das wohl kaum die passende Anrede für den Shogun wäre. Den interessierte das zum Glück im Augenblick weniger: „Es hat schon immer mir gehört. Und wenn ich Toutousai in die Finger bekomme, wird er sich auch daran erinnern müssen.“ Er griff an. Inu Yasha parierte Stahl auf Stahl. Während die beiden ihre Klingen aneinanderpressten, sagte er: „Ich könnte dir ja auch gleich die Windnarbe um die Ohren hauen, hm? Aber du Feigling hast dir ja Unterstützung mitgebracht.“ Irritiert, aber zu kampferfahren um einfach den Kopf zu wenden, sprang Sesshoumaru zurück. Tatsächlich, dort kamen zwei Dämonen herangelaufen, offenbar Eilboten. Was wollte Vater denn? Oder hatten sie das Ungeheuer endlich gefasst? Die Dämonen fielen auf die Knie: „Befehl des Mikado, Sesshoumaru-sama!“ „Wie lautet er?“ Allerdings schob er weder sein Schwert zurück, noch ließ er den Jungen mit Tessaiga aus den Augen. Er traute diesem Mistkerl nicht über den Weg. Aber der stand nur da, nachlässig dieses wertvolle Schwert auf die Schulter gelegt und wartete ab. So dumm oder so selbstsicher? „Nehmt die Krieger aus Shiroi und folgt dem Kaiser unverzüglich in die Provinz Nakamura. Ihr werdet den Mikado mit den beiden Divisionen aus Machi dort auf dem Weg nach Hanabira finden.“ „Fürst Kato?“ „Es scheint einen Aufstand zu geben, Sesshoumaru-sama.“ Der wandte den Kopf und betrachtete den Halbdämon: „Der Befehl meines verehrten Vaters hat Priorität. Aber wir sehen uns wieder.“ Er schob Tenseiga in die Scheide und sprang auf den noch immer in gut zwanzig Metern Höhe schwebenden Reitdrachen. Nur Sekunden später waren er und die Dämonen verschwunden. Inu Yasha schob Tessaiga ebenfalls zurück: „Keh, der Kerl haut einfach ab!“ „Beschwere dich nicht,“ sagte Kagome überaus erleichtert: „Du hast Glück gehabt!“ „Blödsinn! Ich hätte ihn wieder fertiggemacht.“ „Dieses Mal hätte er mit der Windnarbe gerechnet. Und außerdem waren da gerade noch zwei Dämonenkrieger.“ „Na, und? Ich habe schon einige erledigt. - Na schön, warten wir. Irgendwann müssen die anderen doch kommen.“ Inu Yasha hätte nie zugegeben, dass er eigentlich auch ganz froh war, dass das Duell nicht stattgefunden hatte. Er wusste inzwischen um die Kraft des Shogun – und leider waren seine eigenen Fähigkeiten im Schwertkampf noch nicht gerade gut ausgebildet. Er hätte sich wieder nur auf Tessaiga verlassen müssen. Und außerdem hatte sie ja Recht: er hatte ihr versprochen nicht gegen diesen Idioten zu kämpfen. Fürst Naraku sah auf, als Kanna sein Arbeitszimmer betrat. „Neuigkeiten.“ Wortlos drehte sie den Spiegel zu ihm und er betrachtete das Tal der Stufen, wo der Ausgang in Richtung Hanabira bereits mit Felsen, Bäumen und nicht zuletzt guten Bannsprüchen ausbruchssicher gemacht worden war und sich Katos Krieger an den Steilhängen verteilten. Zufrieden erkannte Naraku, dass sich auch Bogenschützen und Speerwerfer darunter befanden. „Und der Mikado?“ fragte er. Sie ließ das Bild wandern und er erkannte ein Dämonenheer auf dem Marsch – soeben landete ein Vogel und verwandelte sich in einen Krieger. Natürlich. Dieser alte Hund war kein Narr und hatte Späher ausgesandt. Hoffentlich dachte Kato daran, dass seine Männer sich rechtzeitig verbergen sollten. Wo steckte der eigentlich? Er fragte nach und schweigend wie immer ließ ihn Kanna Fürst Kato sehen, der soeben mit Prinzessin Abi diskutierte. Also kamen die zu Hilfe. Da würde der Kaiser wirklich alt aussehen. Er hatte nur zwei Divisionen, also fünfhundert Dämonenkrieger, allerdings die Elitetruppen. Kato besaß mindestens die selbe Anzahl, allerdings in der besseren Position, dazu Ferngeschosse. Kamen dann auch noch die Vögel und Paradiesvögel dazu, blieb dem guten Inu no Taishou nichts anderes mehr übrig als sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben oder zu sterben. Es sah recht gut aus, in der Tat. „Wo ist Sesshoumaru?“ Der hatte doch auch einige Krieger bei sich, an die zweihundert, wenn er sich recht entsann. „Oh....auf dem Marsch? Hat Papi ihn um Hilfe gebeten? Nun, das sollte nichts machen, wenn Kato aufmerksam genug ist und ihn einfach mit in die Falle laufen lässt. - Hast du noch Nachrichten von der schwarzen Priesterin bekommen?“ „Ja.“ Kanna senkte den Spiegel: „Sie sagte, sie habe den gewünschten Bann gelegt, erwähnte einige Schwierigkeiten und verlangte mehr Geld als Ihr mit ihr ausgemacht hattet. Ich gab ihr nur die vereinbarte Summe. Sie kehrte dann nach Hause zurück.“ „Gut. Etwas von Akago?“ „Keine Nachricht, ich sehe ihn jedoch immer an Euren Unterlagen.“ „Du kannst gehen.“ So so. Der Herr Sohn spionierte ihm nach. Benötigte er ihn noch? Eigentlich nicht. War er tot, so würden seine Töchter als seine Erbinnen gelten und vor allem Kato und Yari wären mit Kanna sehr zufrieden – das würde ihn selbst näher an den Thron bringen. Falls der Aufstand wider Erwarten scheitern sollte, wäre er nur noch unauffälliger – einem trauernden Vater sollte doch der so gutherzige Kaiser keinen Hochverrat zutrauen. „He...“ Und da ein Diener eintrat: „Ich brauche einen schnellen Boten nach Minora. An jemanden namens Moryomaru.“ Der Diener, dessen Aufgabe es war, alle Adressen im Kopf zu haben, die für seinen Herrn wichtig waren, nickte nur: „Ja, mein Fürst. Einen Brief?“ „Nein. Er soll ihm nur von mir ausrichten, dass er jetzt seinen Auftrag ausführen kann. Seine Belohnung erhält er dann später von mir persönlich.“ Nun ja, so konnte man es nennen. Auch dieser seiner Abkömmlinge würde sich nicht mehr lange seines Lebens erfreuen. Niemand wusste bislang von ihm und das war nur zu gut.Vorsicht war stets der bessere Teil der Tapferkeit. Der Kaiser sah zu dem Dämon, der vor ihm niederkniete: „Nun?“ „Vor uns liegt ein weites Tal, das man allerdings nur durch einen schmalen Durchgang erreichen kann. Es können höchstens sieben Krieger nebeneinander gehen.“ „Hast du ihn durchsucht?“ „Ja. Es gab Fußspuren, Witterung von Dämonen, aber nicht viele. Dahinter öffnete sich ein vollkommen ebenes Tal, das auf allen Seiten kaum bewachsen ist. Die Seiten sind sehr steil. Am folgenden Ende des Talkessels scheint wieder in schmaler Ausgang zu sein, aber soweit bin ich nicht vorgedrungen. Es handelt sich um die Landschaft, die man Kaidan no Tani, das Tal der Stufen, nennt.“ „Es ist der direkte Weg nach Hanabira. - Welche anderen Wege gibt es?“ „Oyakata-sama, die Bergkette ist ansonsten für ein Heer nur sehr mühsam zu queren, da es keine Wege gibt. Ein Umweg nach rechts oder links würde jeweils zwei oder drei Tagesreisen bedeuten.“ „Ein Engpass gefällt mir nicht,“ sagte der Inu no Taishou langsam: „Aber die Zeit drängt. Und im Notfall habe ich noch immer....“ Er deutete beiläufig zu seinem Schwert. Seine umstehenden Offiziere warfen einen unbehaglichen Blick auf die Waffe. Manch einer hatte es schon im Einsatz gesehen – ein wahrhaft höllisches Schwert. „Euer Befehl, oyakata-sama?“ „Wir queren das Tal der Stufen, so rasch es geht durch den Engpass, dann in Gefechtsformation.“ Im Unterschied zur bislang beibehaltenen Marschformation würden sich die Divisionen breiter aufstellen, die Waffen gezogen. Wenn Kato denken konnte – und zumindest sein lieber Freund Naraku schien es zu können – wusste er, dass sie auf dem Weg waren. Und dieses Tal bot sich für eine Falle geradezu an. „Mehrere flugfähige Dämonen sichern die Talwände.“ Der Mikado schritt voran, sorgfältig witternd. Seine Ahnung sagte ihm, dass er in eine Falle ging – und zwei Divisionen hineinführte. Aber die Umwege würden zu viel Zeit kosten und es Kato ermöglichen, noch mehr Leute zusammenzuziehen oder gar eine andere Falle aufzustellen. Nun, so ungern er es auch verwendete – im Notfall wäre das Höllenschwert eine gute Möglichkeit. Allerdings sollten seine Gegner damit rechnen... Er hatte das Tal der Stufen erreicht. Eine mit nur wenigen Sträuchern und Gras bewachsene, fast kreisrunde Ebene. Er bemerkte, dass sich hinter ihm die fliegenden Dämonen in die Luft hoben, die Wände abpatrouillierten, während hinter ihm die Divisionen aufschlossen und die Formation wechselten, als er weiterging. Lange Minuten geschah nichts – ehe eine heftige Detonation in ihrem Rücken die Dämonenkrieger herumfahren ließ. Gleichzeitig wurden die fliegenden Späher von den Talwänden aus mit Pfeilen und Speeren überraschend angegriffen und stürzten tot oder verwundet zu Boden. „Eine Falle!“ keuchte der Adjutant und sprang neben den Mikado: „Oyakata-sama!“ Der Taishou griff mit gewissem Ingrimm zu seinem Schwert - und zuckte zurück. „Oyakata-sama?“ fragte der Dämon neben ihm erstaunt. „Ich kann das Höllenschwert nicht einsetzen.“ Etwas wie Müdigkeit lag plötzlich in der Stimme des Mikados: „Ein sehr guter Bann verwehrt es mir. Wir müssen ohne es auskommen. Und, wir sitzen in der Falle.“ Er hatte dieses Land solange beschützt – und war zum ersten Mal vollkommen hilflos. „Euer Plan, oyakata-sama?“ „Verteidigungsposition.“ Das würde bedeuten, dass die Krieger im Viereck standen, eine igelähnliche Abwehr bildeten, jeder den Schutz für den anderen. Leider half das wenig gegen die Wurfgeschosse. Aber das war alles, was ihm im Moment einfiel. „Und versucht die Verletzten zu bergen.“ Wo blieb nur Sesshoumaru und wo sein General? ** Gute Frage. Jetzt folgen erst einmal Gespräche – allerdings keine Friedensverhandlungen Kapitel 19: Gespräche --------------------- Myouga, Toutousai und Shippou benötigten keine Pause und auch Sango und Miroku vermieden dies, so gut es eben ging. Selbst beim Schlafen wechselten sie sich auf Kirara im Flug ab. Allen war klar, dass sie so rasch wie möglich Inu Yasha erreichen und von den Neuigkeiten in Kenntnis setzen mussten – schon, um zu verhindern, dass sich die beiden Söhne des Kaisers gegenseitig um Tessaigas Willen an die Gurgel gingen. Daher erreichten sie schon nach zweieinhalb Tagen müde und erschöpft den Rand des Zauberwaldes. Die Mutter des Waldes hatte ihr Näherkommen bemerkt und so wurden sie bereits von dem Halbdämonen und Kagome erwartet. „Na, konntet ihr etwas erreichen?“ lautete denn auch die Begrüßung des „Ungeheuers von Teien“, während Kagome gleich ihre Neuigkeiten vorbrachte: „Der Shogun war hier, aber es kam nicht zum Duell, weil Boten ihn nach Nakamura riefen. Anscheinend macht Fürst Kato einen Aufstand.“ „Ach, da ist ja Toutousai! Was willst du Metallbieger denn hier?“ Jetzt erst erkannte der Halbdämon den Flohgeist auf Sangos Schulter, die müde von ihrer Katze glitt. Kirara verkleinerte sich sofort: „Und wer ist das da?“ „Ein unhöfliches Hundebaby, in der Tat,“ murrte der alte Schmied: „Das ist Myouga!“ „Ich bin der Berater des mächtigen Mikado. Momentan übrigens der Regent des Reiches.“ Der Flohgeist richtete sich zu seiner vollen, wenngleich wenig beeindruckenden, Größe auf: „Und genau darum bin ich auch hier. - Du bist also Inu Yasha. Und du trägst Tessaiga.“ „Das gebe ich nicht her!“ Noch während dieses prompten Kommentars legte Inu Yasha seine Hand an den Schwertgriff: „Da kann dieser dämliche Hund hundert Mal sagen, dass es ihm gehört.“ Der kleine Floh hätte um ein Haar alle vier Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Ach du liebe Güte! Das Verhältnis der Halbbrüder war ja schon im Anfangsstadium eine Katastrophe. Der arme Herr. Aber noch ehe Myouga etwas sagen konnte, meinte Sango begütigend: „Ja, das wissen alle – außer dem Shogun. Aber er wird es dir auch lassen, wenn das der Kaiser will. Und deswegen ist ja Myouga-sama mitgekommen. Jetzt höre ihm doch erst einmal zu.“ „Eben.“ Kagome funkelte ihren Freund an: „Du bist immer so voreilig. Der Berater und Regent macht sich doch nicht auf den weiten Weg, nur um dich zu sehen. - Bitte, Myouga-sama, was ist passiert? Ist es wegen des Aufstandes? Aber damit hat doch Inu Yasha nichts zu tun,“ fügte sie besorgt hinzu. Ihm wurde in der letzten Zeit ja wohl alles in die Schuhe geschoben. „Ja, das ist klar. - Setzen wir uns.“ Myouga sprang von Sangos Schulter auf den Boden und wartete, bis alle gehorcht hatten, ehe er erneut zu seinem Sorgenhund blickte: „Ich fasse kurz zusammen: du...Ihr seid der Sohn Prinzessin Izayois von Teien und wurdet das Ungeheuer des Todeswaldes genannt. Inzwischen wurdet Ihr auch schon als Hundegott bezeichnet, beides übrigens Namen, die den kaiserlichen Nachrichtendienst überaus beschäftigten. Allerdings habt Ihr keines der Verbrechen begangen, die Euch zur Last gelegt werden, schon gar nicht die Ermordung der Dämonenjäger. Sango und Miroku geben Euch diesbezüglich ja ein Alibi.“ „So weit so gut,“ meinte Inu Yasha, sehr angenehm berührt über die Höflichkeit des Flohgeistes. So gesittet hatte ihn seit Kindertagen niemand mehr angeredet – und da auch nur Mutters Dienerinnen. „Dann kann dieser Hinrichtungsbefehl ja widerrufen werden, oder? Und stattdessen Naraku verhaftet werden?“ Der Berater des Kaisers nickte: „Ja, das mit dem Widerruf mache ich schon. Aber ich kann nicht eben mal einfach so einen Provinzfürsten verhaften lassen. Das müsste schon der Herr selbst anordnen wenn er zurück aus Nakamura ist. Der Shogun ist ihm also mit den Kriegern aus Shiroi hinterher? Immerhin etwas.“ Ein kaum hörbares Seufzen. „Wieso? Ist der Aufstand ein Problem? Sesshoumaru schien mir nicht gerade wie ein Dämon vom letzten Haken und der Mikado wird ja wohl noch mächtiger sein?“ erkundigte sich Kagome. Myouga seufzte diesmal lauter: „Gewöhnlich würde der Herr natürlich mit Fürst Kato zu Rande kommen, aber wenn Fürst Naraku seine Finger im Spiel hat.....Er erschien mir immer wie jemand, der um drei Ecken denken kann. Und der Herr weiß zwar, dass der vermutlich mit im Spiel ist, aber das Ausmaß seiner Intrigen kennt er nicht, das haben mir Sango und Miroku erst erzählt als er schon abgereist war. Hoffentlich erreicht Sesshoumaru-sama den Mikado rechtzeitig zur Verstärkung. Ich befürchte ja eine Falle. - Aber darum kam ich nicht her. Inu Yasha-sama, Ihr kennt Euren Vater nicht?“ „Nein,“ murrte der Halbdämon: „Er soll ein Hundedämon gewesen sein, aber mehr weiß ich nicht.“ Was sollte das denn auf einmal? „Äh...ich könnte ihn Euch nennen. Miki war mein Cousin, wisst Ihr?“ Und der hatte sich ja um den ahnungslosen Halbhund gekümmert, jedenfalls, bis er selbst gestorben war. „Ach, dann bist du dieser verwandte Flohgeist, den er erwähnte. Ja, Myouga, so hat er gesagt, jetzt erinnere ich mich. Und, wer mein Vater war, kann mir ja gleich sein. Er hat sich die ganze Zeit nicht um mich gekümmert, wenn er überhaupt noch lebt. Da brauche ich ihn auch jetzt nicht.“ Dem kleinen Flohgeist brach der Schweiß aus. Das war nicht gut..... „Ja, er lebt, aber er wusste bis vor wenigen Monaten nicht, dass es Euch gibt. Seither lässt er nach Euch suchen.“ „Noch einer!“ Da nach dieser Bemerkung sowohl über dem Kopf Myougas als auch dem des Dämonenschmiedes ein sichtbares Fragezeichen entstand, erläuterte Kagome: „Inu Yasha wird vom Mikado gesucht als Ungeheuer von Teien, als Hundegott, Sesshoumaru sucht ihn als den Jungen, der Tessaiga hat, und jetzt sucht ihn eben noch jemand. - Aber, Inu Yasha, dann solltest du doch deinem Vater eine Chance geben. Ich meine, wenn er gar nicht wusste, dass du existierst...?“ „Keh!“ machte der Halbdämon und die Bitterkeit war kaum zu überhören, als er ergänzte: „Kinder entstehen ja wohl nicht ohne Ursache, oder? Da könnte man doch verlangen, dass er sich nach den Folgen seines Amüsements erkundigt!“ Eiwei, wenn der Junge das so offen vor anderen Ohren sagte, wäre er wegen Hochverrates dran, dachte der arme Flohgeist, ehe er tapfer erwiderte: „Er wusste nicht einmal, dass Eure Frau Mutter eine Prinzessin von Teien war. Sie hatte ihm das verschwiegen – ebenso, wie sie allen, auch Euch gegenüber, ihn als Vater verschwieg. Ich vermute ja, dass die Dame es gut meinte, ihn schützen wollte. Er hatte sich ihr zwar nur mit seinem kleinen Titel vorgestellt, aber sie wird womöglich erfahren haben, wer er ist....“ „War er denn schon verheiratet?“ fragte Kagome prompt, die an eine melodramatische Liebesgeschichte dachte, während Miroku gleichzeitig politisch nüchtern meinte: „Dann ist er ein Provinzfürst?“ „Äh, nein....zu beidem.“ Myouga sah hilfesuchend zu seinem alten Freund: „Sag du doch etwas,, Toutousai!“ Der dämonische Schmied kratzte sich am Kopf: „Naja, weißt du, Hundebaby, ...ich meine Inu Yasha,“ änderte er eilig seine Aussage, da er erkannte, dass der Halbdämon seine Faust bereits ballte: „Ich hätte es mir ja denken können, als Tessaiga sich ausgerechnet dich als Herrn suchte, aber wie hätte ich da auch drauf kommen sollen? Ich meine, meine Schwerter suchen sich eben ihre Besitzer aus und ich dachte nicht daran, dass einer meiner ältesten Freunde...Bekannten...es für einen Sohn bestellt hatte.“ Stimmt, dachte der Halbdämon. Als er den alten Schmied getroffen hatte, hatte der etwas davon gemurmelt, dass er nichts gegen Hundedämonen habe, einer seiner besten Freunde sei einer. Also schien die verworrene Geschichte der senilen Dämonen die Wahrheit zu sein. „Dann kennt ihr beide meinen Vater?“ fragte er dann doch. Alle zwei nickten, ehe Myouga tief Luft holte: „Naja, wisst Ihr, es ist nicht so ganz einfach...“ begann er, als Toutousai schlicht meinte: „Sagen wir es so: du hast nicht nur um ein Haar den Shogun umgelegt, sondern damit auch noch deinen Halbbruder.“ Für einen Moment musste Inu Yasha nachdenken, ehe er langsam sagte: „Halbbruder? Das heißt....wir haben den gleichen Vater?“ Auf das allgemeine Nicken in der Runde holte er tief Atem: „Ich meine, der Mikado...?“ „Ja, der Inu no Taishou, der Kaiser, der Mikado ist Euer Vater.“ Myouga wischte sich den Schweiß von der Stirn, ehe er zugab: „Darum kam ich her. Es wäre dem Herrn sicher nicht Recht, dass sich seine Söhne wegen eines Schwertes umbringen wollen.“ „Das sag mal diesem dummen Hund von Sesshoumaru,“ gab der Halbdämon prompt zurück: „Der gibt ja keine Ruhe.- He, Moment mal. Wenn ich wirklich der Sohn des Kaisers bin, kann mir doch dieser dämliche Naraku nichts mehr anhaben und auch Kagome, Sango und Miroku nicht, oder? Aber ich kann ihn verhaften lassen?“ „Nun ja, Inu Yasha-sama,“ murmelte der Flohgeist etwas verlegen, da er das schon erklärt hatte, allerdings die Gedankenlosigkeit des Jungen nachvollziehen konnte: „Natürlich ist die Verurteilung der Menschen und Euer Urteil nichtig. Aber Naraku ist eben ein Provinzfürst, das macht eine Verhaftung etwas schwierig. Das müsste schon der Herr selbst befehlen.“ „Und Tessaiga...auch?“ „Wenn der Herr es will, wird sich Sesshoumaru-sama beugen.“ Falls allerdings unglücklicherweise der Herr nicht mehr in der Lage sein sollte dies zu befehlen oder seinen zweiten Sohn anzuerkennen...nein, soweit wollte Myouga nicht denken: „Darum möchte ich Euch dringend vorschlagen mit mir nach Machi zu kommen. Dann kann ich Euch dem Mikado vorstellen.“ Es war Miroku, der fragte: „Sollten wir dann nicht eher dem Shogun und dem Kaiser nach Nakamura folgen? Ich meine, Inu Yasha, dass du zu deinem Vater und deinem Halbbruder solltest....“ Der Halbdämon starrte ihn an: „Ach, und warum? Bislang habe ich nichts außer der Aussage dieses Flohs. Und meine Begeisterung wieder auf Sesshoumaru zu treffen hält sich in Grenzen.“ „Aber Myouga-sama sagte doch etwas von einer möglichen Falle..“ wandte Kagome ein: „Und du hast Tessaiga.“ „Dann sag mir einen verflixt guten Grund, warum ich jemandem helfen soll, der sich bis heute nicht um mich gekümmert hat, und dessen ach so toller Sohn schon zwei Mal versucht hat mich umzubringen!“ „Sie sind doch die einzige Familie, die du hast,“ meinte sie leise, in Gedanken an ihre, die sie in Shuto zurückgelassen musste und von der sie nur hoffte, sie wieder sehen zu dürfen. Nicht, dass Naraku auch noch gegen sie vorgegangen war. „Keh!“ Inu Yasha wollte schon die Arme verschränken, als er bemerkte, wie sich die Augen der Priesterschülerin mit Tränen füllten. War es denn so schlimm, was er gesagt hatte? Auch Sango und Miroku guckten ihn fast entgeistert an, Shippou schien auch seltsam gedrückt. Naja, Sango und Shippou hatten ja erst kürzlich ihre Familie verloren, Miroku besaß gar keine und Kagome dachte wohl an ihre Mutter, ihren Bruder....Hm, so gesehen wirkte er auf sie wohl momentan ziemlich kaltschnäuzig. Und wenn ihn der so mächtige Mikado wirklich als seinen Sohn hatte suchen lassen... So sah er zu dem Flohgeist: „Sag mal, Myouga-jijii....“ So war der wichtigste Mitarbeiter des Kaisers auch noch nie angesprochen worden, aber er meinte nur: „Ja, Inu Yasha-sama?“ Egal ob nach Machi oder nach Nakamura – dieser Sturkopf sollte zu seinem Vater, damit der arme Herr endlich Ruhe fand. „Glaubst du wirklich, der...der Mikado ist in Schwierigkeiten?“ „Ich weiß es nicht. Ich hoffe, Sesshoumaru-sama wird ihm helfen können....aber ich bin mehr als besorgt, denn niemand weiß ja, wie weit Fürst Naraku daran beteiligt war, ob er nicht der Kopf dieser Verschwörung ist. Um es mal so zu sagen: gegen Fürst Kato wird der Herr immer siegen. Hat Kato Verbündete oder neue Pläne, die der Herr nicht einschätzen kann....Und ein Schwert wie Tessaiga auf der eigenen Seite ist nie unnütz.“ „Na schön. Wie lange brauchen wir denn in dieses blöde Nakamura?“ „Sicher zwei Tage. Aber Kirara ist schon müde...Wann ist der Shogun hier gegangen?“ „Äh, gestern morgen.“ „Dann sollte er heute Abend an der Grenze zu der rebellischen Provinz sein. Sicher wird er dort den Mikado treffen.“ Myouga atmete durch: „Und ein General soll auch noch aus dem Norden Unterstützung bringen.“ „Na, dann kann doch eigentlich nichts schief gehen....“ „Das sollte man niemals denken, Inu Yasha-sama,“ warnte der kaiserliche Ratgeber, den der jüngere Sohn sehr an den Vater erinnerte, wenn auch vor langen Jahren. In den Jahren seines Aufstiegs und als Mikado hatte der Herr doch sehr viel dazu gelernt. „Schon gut. Essen wir etwas, dann machen wir uns auf den Weg, ja?“ Er blickte zu Kagome und freute sich an ihrem strahlenden Lächeln. Doch, es war wohl die richtige Entscheidung. Fürst Naraku betrachtete ein wenig nachdenklich seine Hände. Akago war... bedauerlicherweise...auf einem Ausflug von einem Attentäter ermordet worden, der aus unerklärlichen Gründen dann selbst gestorben war. So hatte die eilige Nachricht gelautet und er war sehr zufrieden. Moryomaru hatte Akago, wie sein Auftrag lautete, umgebracht, und er hatte diesen, seinen letzten männlichen Abkömmling, dann selbst beseitigt. Als Schöpfer war dies kein Problem, sogar aus Distanz. Nun waren nur noch seine so genannten Töchter da – und würden auf dem Heiratsmarkt nur umso wertvoller werden. Kanna jedenfalls, die mit Prinz Yari verlobt war. Kagura dagegen war nutzlos, beschloss er. Sie hatte es nicht vermocht den Shogun zu verführen, entwickelte seltsame Angewohnheiten, ja, ein Gewissen. Also würde sie auch früher oder später dran glauben. Eher ein wenig später, denn zwei tote Kinder so kurz nacheinander würden doch Misstrauen erregen. Nun gut. Sollte sie sich noch einige Tage oder Wochen am Hofe um die Gunst des Shogun bemühen – falls dieser nicht samt seinem Vater Katos Fallen zum Opfer fiel. Eigentlich hatte er selbst ja dem guten Kato mehr als gut vorgearbeitet, Verbündete empfohlen oder geschaffen. Das sollte der doch hinbekommen. Wenn nicht, nun, niemand konnte ihm etwas nachweisen. Dennoch.... Nein. Es gab keine Lücke in seinem Plan. Je öfter er darüber nachdachte, umso eher würde er sich nur selbst irre machen. Kato war die Falle für den Kaiser und seinen Erben. Falls das schiefging, bekam Kagura eine letzte Chance. Versagte sie auch diesmal, wäre das allerdings ihr Ende. Genauer gesagt, würde sie aus Liebeskummer Selbstmord begehen, oder so etwas. Überdies war doch da immer noch das kleine Mädchen in den Räumen Sesshoumarus. Kehrte der erfolgreich oder gar als Kaiser zurück, wäre das eine neue Fährte für ihn selbst, um diesen zu stürzen. Jetzt allerdings sollte er sich ganz als trauernder Vater zeigen und Akagos Beerdigung vorbereiten. Der Inu no Taishou sah sich mit einer seltsamen Mischung aus Besorgnis und Erleichterung um. Es war seinen Männern gelungen, sich geordnet in die Mitte des Tales zurückzuziehen, auch einige der Verwundeten zu bergen. Hier waren sie einigermaßen gegen die Pfeile der Angreifer geschützt, aber eben nur einigermaßen. Es war eine Todesfalle, solange er daran gehindert wurde, das Höllenschwert zu ziehen. Wie hatte wer sich daran zu schaffen gemacht? Eigentlich ließ er es nie aus den Augen – ja, eigentlich. Ab und an verließ er kurz sein Arbeitszimmer, wo es sich dann allein befand. Und auch zu Empfängen pflegte er es nicht mitzunehmen. Der Bann war ausgezeichnet, das musste er zähneknirschend zugeben, und von einem Menschen mit erheblicher magischer Macht gelegt worden. Leider hatte dieser auch bedacht, dass er das Höllenschwert wohl ausschließlich in einem Krieg ziehen würde – also nur in Begleitung von Dämonen wäre. Und dieser Zauber konnte nur von einem Menschen mit großen magischen Fähigkeiten wieder gelöst werden. Genial ausgedacht. Leider. Ein Ausbruchsversuch würde scheitern – die Talausgänge waren blockiert, sowohl mit Geröll, Felsen und Baumstämmen, als auch mit starken Abwehrzaubern. Natürlich wären diese zu brechen, aber bis dahin wäre der Blutzoll enorm hoch und es überdies fraglich, ob der Ausbruch gelingen würde – und was dahinter wartete. Er hatte Kato wohl tatsächlich etwas unterschätzt – und der ihn nicht. Kato oder Naraku oder beide? Es half nichts, er musste auf General Komino oder Sesshoumaru warten, am besten auf beide. Mit den Kriegern, die ihm diese von außen brächten, müsste es doch auch für sie möglich sein, die Zange soweit aufzubrechen,dass er und seine Männer mit eingreifen konnten. So blieb nur die reine Verteidigung, und da Dämonen in aller Regel nicht mit Schilden arbeiteten, waren schon einige seiner Krieger verletzt oder auch tot. Zu viele, wie der Mikado befand. Leider fiel ihm nichts ein, wie er sie schützen könnte. Zum Glück waren sie seine Eliteeinheiten, erfahrene, treue Kämpfer, denen es auch gelang, immer wieder abgeschossene Pfeile und Speere mit den Schwertern abzuwehren. Er schrak auf, als er mehr spürte als er es sah, dass sich die Gegner an den Wänden und der Sperre vor ihnen neu formierten, zu weichen schienen. Ein halblauter Befehl des Mikados wurde rasch weitergegeben und seine Krieger drängten sich enger zusammen. Was geschah dort? Er konnte eine Menge Energie spüren – das war nicht Kato, der jetzt näher kam, bestimmt nicht. Wer auch immer das war konnte mit ihm mithalten. Dann erkannte er die schlangenförmige Gestalt eines Drachen, die sich vor der Sperre im Gras des Kaidan no Tani fast unbesorgt erhob, – und er wusste nur zu gut, wer das war: „Ryuukossei!“ Das galt ihm persönlich, da war er sicher, und er machte einige Schritte um vor seine Krieger zu gelangen. Was plante dieser hinterhältige und grausame Drache? Warum hatte er sich mit Kato zusammengetan? Was versprach er sich davon? Und – was hatte er da in den Klauen? Ryuukossei schien zu grinsen, als er seine kleine Last in weitem Bogen zum Mikado warf: „Ein hübsches Begrüßungsgeschenk, Taishou.“ Der presste die Zähne zusammen, als er den Kopf General Kominos erkannte. Also war diese Truppe überfallen worden und würde ihm nicht helfen können. Zweihundert Krieger....Wie hatte das nur geschehen können? Doch nicht bloß gegen einen Drachen, mochte er auch so stark wie dieser da sein. Hoffentlich würde Sesshoumaru nicht ein ähnliches Schicksal erwarten. Seinen Jungen... Aber er wollte dem Drachen nicht die Freude gewähren ihn fassungslos oder auch nur erschreckt zu sehen. So tat er ungerührt: „Du hast mich ein wenig überrascht, Ryuukossei. Ich hätte dich nicht als Untertanen Katos erwartet.“ Prompt verzog sich das kleine, zweite Gesicht an der Stirn des Drachen in jähem Zorn: „Hunde bellen am lautesten, wenn man ihnen die Zähne gezogen hat und du machst da keine Ausnahme, Taishou. Natürlich arbeite ich nicht für Kato. Nichts, was der mir bieten könnte, würde mir nutzen oder mich erfreuen. Außer Hundeblut. Dein Blut.“ „Du willst mit mir kämpfen,“ stellte der Mikado sachlich fest. Ihr letztes Duell hatte er gewonnen – aber Ryuukossei schien nur zu gut zu wissen, dass er das Höllenschwert diesmal nicht einsetzen konnte. Kato hatte gute Vorarbeit geleistet, in der Tat. Und der Schachzug mit dem blutgierigen und rachsüchtigen Drachen war etwas, das er selbst nicht vorhergesehen hatte. „Kämpfen?“ Ryuukossei lachte auf: „Ich werde dich töten.“ „Das kannst du gern versuchen.“ Ablenken, Zeit gewinnen, bis Sesshoumaru mit den zweihundert Kriegern aus Shiroi da war. Während des Duelles würde Kato kaum seine Männer weiter angreifen lassen. Hoffentlich würde sein Sohn nicht in solch eine Falle laufen wie Komino.....Er sah sich um: „Nehmt seinen Kopf. Er soll ein ehrenhaftes Begräbnis erhalten.“ Dann ging er langsam seinem Widersacher entgegen, während er bereits seine Dämonenenergie aufflammen ließ, um sich in seine wahre Gestalt zu verwandeln. Nur so hatte er wenigstens gute Chancen gegen einen Drachen in seiner realen Form. Einfach würde es sicher nicht werden. Im letzten Moment vor der Verwandlung, wie er hoffte im Sichtschutz seiner eigenen Energie, zog er sich das Höllenschwert ab und warf es in ein kleines Gebüsch das dort stand. In diesem Kampf würde es ihn eher behindern als ihm nutzen, zumal, so verhext wie es war. Hoffentlich würde er siegen – und wenn nicht, wenigstens Sesshoumaru es suchen und finden, der Einzige, der es außer ihm noch würde kontrollieren können. Jetzt aber stand ihm ein überaus harter Kampf mit dem wohl stärksten aller Drachen bevor. ** Der Inu no Taishou versus Ryuukossei... Kapitel 20: Duell ----------------- „Wenn der Shogun zwei Tage Vorsprung hat, wird er bald in Nakamura sein,“ bestätigte Hiroki, der Baumkämpfer, der scheinbar aus dem Nichts bei Inu Yasha und seinen Freunden, Myouga und Toutousai auftauchte. „So dass er dem Mikado helfen kann, falls dieser in Schwierigkeiten steckt. Allerdings möchte euch die Mutter des Waldes darauf hinweisen, dass auch ihr einige Tage bis Nakamura benötigen werdet. Das wird zu spät sein. Die Wurzeln der Pflanzen spüren weit entfernt drei Heergruppen, zuvor waren es vier.“ „Oh je, oh je,“ stöhnte der kleine Flohgeist auf: „Der Herr, der Shogun, General Komino und Fürst Kato – aber wer fehlt nun? Nein, dem Herrn kann nichts geschehen sein.....“ „Keh,“ machte Inu Yasha. Nun ja, diesem dämlichen Sesshoumaru wollte er eigentlich weniger helfen. Obwohl, es wäre eine gute Gelegenheit, dem mal so richtig zu zeigen, was ein Halbdämon drauf hatte. Und es wäre vielleicht auch die Chance, einmal seinen Vater zu sehen – auch, wenn er noch immer bezweifelte, dass der beglückt darüber sein würde, einen halbblütigen Sohn zu haben. Neugierig war er ja schon auf ihn: „Das klingt so, als ob wir uns beeilen sollten. Also, schlagen wir hier keine Wurzeln...äh...Hiroki...“ „Schon gut, meinte der Baumkämpfer: „Mutter sagt, ihr sollt euch daran erinnern, dass sie eines einen Pakt mit dem damaligen Inu no Taishou schloss. Er hat sich stets daran gehalten, so möchte sie das nun ausgleichen. Sie hat eine Idee, wenn ihr mir folgen wollt.“ Der Mikado benötigte in seiner riesigen Hundeform nur einige Schritte um sich dem ebenso gewaltigen Drachen auf Kampfdistanz zu nähern. Während dieses kurzen Weges schien sich die Zeit auszudehnen, aus Sekunden Ewigkeiten zu werden. Mit übergroßer Klarheit hörte er, wie seine eigenen Krieger zurückwichen, um nicht in Mitleidenschaft gezogen zu werden, wie aber auch Katos Männer sich neu positionierten, aus dem gleichen Grund. Jedem Dämon hier war klar, dass dies ein erbittertes, mit aller Energie und Macht geführt werdendes Duell werden würde, ohne Gnade zu geben oder zu erwarten. Seltsamerweise glitten seine Gedanken in die Vergangenheit, als er nichts weiter außer der, wenngleich mächtige, Provinzfürst von Nishi gewesen war, unangefochten dort herrschend durch Erbrecht und das Höllenschwert, das sich schon lange in seiner Familie befand. Als der damalige Mikado unerwartet verstorben war, hatte Kato, der mit dessen jüngerer Tochter verheiratet war, sofort Anspruch auf den Kaisertitel erhoben, da unverzüglich auch die älteste Erbin den überraschenden Zug gemacht hatte für sich selbst den Thron zu fordern. Darauf war keiner der Fürsten eingegangen, die die verlockende Belohnung vor sich sahen: Mikado und zugleich eine starke Hundedämonin als Mutter für ihren Erben. Er selbst hatte viele Kämpfe und auch Intrigen benötigt, um alle Fürsten dazu zu bringen, sich ihm zu unterwerfen, den entstandenen Bürgerkrieg unter den Dämonen zu beenden, unter dem vor allem die Menschen litten. Dann erst war er gegen Machi gezogen – ebenso gut wie die Erbin wissend, dass sie kaum eine Wahl hatte, als den Sieger zu nehmen. Eine Vernunftehe. Nach der Geburt Sesshoumarus erst hatten sie sich völlig entfremdet, da sie nun auf ihren Sohn als künftigen Mikado setzte. Gleich, ob die Gerüchte stimmten, dass sie ihn selbst hatte ermorden wollen oder nicht, so hatte er sie doch vom Hofe entfernen müssen und nach Nishi, seinem Stammland, verbannt, sicher, dass sie dort, wo er heute noch als Schutzherr förmlich verehrt wurde, keine Chance zu einer Flucht oder auch nur Intrigen bekommen würde. Alles hatte er für den Frieden gegeben – und jetzt war es gut möglich, dass er dafür sterben würde. Ryuukossei war immer begierig auf Mord und konnte ihn persönlich nicht leiden. Hinzu kam, dass er der stärkste aller Drachen war von denen man je gehört hatte.... Er sollte aufhören zu denken und sich auf den Kampf konzentrieren. So. Er selbst besaß vier bekrallte Pfoten und sein starkes Gebiss, hinzu kam das Fell um seine Schultern, das ihn schützte. Der Drache besaß nur zwei kurze Vordergliedmaßen, allerdings ebenso wie seine muskulösen Beine mit scharfen Klauen daran, und beeindruckende Zähne. Überdies vermochte er, wenn er sich selbst richtig entsann, es auch noch, Kugeln aus dämonischer Energie über seinen Mund auf seinen Gegner zu schleudern. Das könnte die Hauptgefahr werden.... Im gleichen Moment schoss der scheinbar in Ruhelage befindliche Ryuukossei auf seinen Widersacher los. Sein bislang zusammengerollter Körper verlieh der Attacke die Wirkung einer Sprungfeder. Es war schnell, unglaublich schnell, wie er nach der Kehle des Inu no Taishou zielte, der es gerade noch schaffte, mit einer Seitwärtsrolle dem Biss zu entkommen, und wieder stand, unangenehm überrascht, dass er die Zähne so kurz vor sich aufeinander hatte schlagen hören. Nein, das würde nicht einfach werden. Ohne weiter zu zögen griff er seinerseits mit geöffnetem Maul an, um zu versuchen, die gerade noch gezeigte, ungeschützte, Bauchseite der Riesenechse zu erreichen. Ryuukossei, der um seine Schwachstelle wusste, wandte sich seitwärts und wickelte sich halb um den Riesenhund. Die Krieger des Mikado und Fürst Katos konnten nur zusehen, wie sich die beiden mächtigen Körper ineinander verschlangen, verkeilten, um Zentimeter rangen, bemüht, Zähne und Klauen in den Körper des jeweils anderen zu schlagen. Und von beiden ging eine derartige Energie aus, dass sich die eingeschlossenen kaiserlichen Kämpfer noch ein Stück rückwärts zum Talausgang zogen, ohne von ihren Feinden daran gehindert zu werden. Sesshoumaru hob den Kopf. Er hatte mit den zweihundert Dämonenkriegern aus Shiroi inzwischen Nakamuras Grenzen erreicht – und er spürte eine nur zu vertraute Energie. Allerdings hatte er nie die Macht seines Vaters derart offen gefühlt. Und das konnte nur eines bedeuten. Der Mikado steckte in einem erbitterten Kampf. Er hob nur die Hand, winkte, und ließ seinen Drachen rascher fliegen. Die Krieger folgten ihm unverzüglich. Nur wenige Minuten später erreichten sie die ersten Hügel Nakamuras, dahinter stiegen die Berge auf. Der Shogun sah sich nur um, ohne im Tempo innezuhalten, aber ein einheimischer Dämon eilte sofort zu ihm. „Vor uns liegt der Pass zum Tal der Stufen, dem Kaidan no Tani, Sesshoumaru-sama,“ erklärte er. „Das Tal der Stufen – ein Hinterhalt?“ „Die beste Stelle von hier bis zur Hauptstadt Hanabira.“ Sollte sein verehrter Vater das übersehen haben? Aber warum zog der nicht das Höllenschwert? Dagegen war doch jeder Hinterhalt sinnlos? Er musste sich beeilen. Kein Dämon, nicht einmal sein mächtiger Vater, hielt eine derartige Energiebelastung über einen längeren Zeitraum aus. Und wer war der Andere dabei? Mehrere oder gar nur einer? Was war geschehen? Oder genauer: was hatte Onkel Kato da ausgebrütet? Er ließ seinen Reitdrachen förmlich empor schießen, über die bewaldeten, aber dennoch stark ansteigenden äußeren Berge des Stufentales, ehe er auf den grasigen Talboden hinab sprang, zu den Kriegern seines Vaters, ohne das Gesicht von dem Duell abzuwenden. Mit einem Blick hatte er gesehen, dass sie nur herumstanden, statt dem Mikado zu helfen, der in einem heftigen Zweikampf mit einem Drachen steckte. Warum nur hatte Vater sich darauf eingelassen? Seine eigenen Dämonenkämpfer folgten etwas langsamer, ohne an dem steilen Abstieg von jemandem oder etwas gehindert zu werden. Entsetzt und doch mit gewisser Hoffnung hatten ihn die Unterführer entdeckt und eilten zu ihm, verneigten sich. Jeder hasste es, dem Shogun eine schlechte Nachricht mitteilen zu müssen, oder gar die Tatsache, dass der übereilt gehandelt hatte, aber Schweigen war auch keine Lösung. Falls das Schlimmste eintrat, war dieser junge Hundedämon der nächste Mikado, ihr Heerführer. Und immerhin trug der den Titel des Taiishougun, des großen Generals, auf Grund seines Sieges über die Barbaren. So meinte der älteste der Unterführer hastig: „Das Kaidan no Tani ist eine Falle. Und der mächtige Herr kann das Höllenschwert nicht einsetzen, da er es nicht aus der Scheide zu ziehen vermag. Es scheint unter einem Fluch zu liegen.“ Zum ersten Mal wirklich besorgt sah Sesshoumaru zu den Gegnern, die gerade ein wenig aus dem engen Clinch gingen, sich wohl neue Taktiken überlegten. Beide zeigten Verletzungen, blutende Bissspuren, und tiefe Kratzer, auch Brandspuren auf dem Hundepelz, aber das würde nichts machen. Dies war ein Kampf bis zum Äußersten – und da durfte sich nach alter Dämonensitte niemand einmischen, warum hatte er nicht gleich daran gedacht, dass diese treuen Männer sonst bedingungslos zu Vater stehen würden? Er war wohl doch müde durch die lange, ergebnislose Jagd nach dem Jungen der Tessaiga besaß. Sesshoumaru erkannte nun, warum er und seine Krieger scheinbar ohne Probleme in das Tal gelangt waren. Auch die Gegner mischten sich nicht ein, würden jetzt aber gewiss einen Ausbruchsversuch verhindern. Er hatte, ebenso wie Vater, im blinden Vertrauen auf das höllische Schwert, seine Krieger in die Falle geführt. Wieso konnte es überhaupt verflucht worden sein? Vater ließ es so gut wie nie allein und Kato war nicht eben als großer Magier verschrien. Gleich. Es war wohl ein Fakt und damit musste man leben. Zur Erleichterung der Unterführer, die durchaus wussten, wie rasch der Thronfolger mit Strafen bis zum Tod bei der Hand war, sagte er nur: „Lagebericht.“ „Die Felsen um uns sind mit Fürst Katos Kriegern besetzt. Die beiden Talausgänge sind mit Geröll und Baumstämmen versperrt, sowie mit mächtigen Bannsprüchen versehen. Ein Ausbruch ist äußerst schwierig und würde einen hohen Blutzoll fordern. Darum, und auch, da der Mikado auf Euch wartete, nahm er die Duellforderung Ryuukosseis an. General Komino und seine Männer sind tot.“ Die nächste schlechte Nachricht. Musste alles schiefgehen? Seit wann war Kato denn so schlau? Das Ungeheuer, die Attentate auf ihn selbst, die Vernichtung der kaisertreuen Dämonenjäger...das alles gehörte doch irgendwie zusammen. Nun, gleich. Er sah sich noch einmal um. Sobald der Kampf dort zwischen dem mächtigen Hundedämon und dem Drachen beendet war, würde Kato erneut angreifen lassen. Und das Kaiserheer stand hier förmlich wie auf dem Silbertablett. Vater würde, auch, wenn er gesiegt hatte, kaum seine gewöhnliche Kraft aufbieten können, vom Höllenschwert ganz zu schweigen. Nie zuvor in seinem Leben hatte sich Sesshoumaru so allein gefühlt. Immer, selbst als er die Regierung geführt hatte, die Armee der Invasoren abgewehrt hatte, war sein verehrter Vater im Hintergrund gewesen, mit dem er sich besprechen konnte, hatte er etwas wie eine unsichtbare Hand schützend über sich gespürt. Und jetzt...Nein, er wollte und konnte nicht davon ausgehen, dass der Mikado verlor. Dazu war er doch viel zu mächtig, zu stark, war der Kaiser, der Herr aller Hunde, war....sein Vater. Aber gleichzeitig sagte ihm dämonische Nüchternheit, dass die Divisionen um ihn Anweisungen erwarteten, Befehle und damit auch Hoffnung, zumindest bis Vater andere hatte. So sah er sich noch einmal um, ehe er sich bei den Unterführern erkundigte: „Welche Waffen hat der Gegner?“ „Speere, Lanzen, Pfeile, Sesshoumaru-sama,“ erwiderte der Älteste unverzüglich. Distanzwaffen, also. Kato schien seine Männer schonen zu wollen. Das machte es schwerer – außer, man würde sie dazu bringen, sich hier auf den Talboden zu begeben, wo die erfahrenen Eliteeinheiten des Mikado sicher überlegen wären. Es war unmöglich, dass Kato mehr als schnell ausgebildete Krieger zur Verfügung hatte. Und der liebe Onkel selbst würde sich aus jedem Nahkampf mit ihm oder gar Vater heraushalten, das bewies schon die Tatsache, dass er diesen unsäglichen Drachen vorgeschickt hatte. Hätte er selbst doch nur Tessaiga hier! Aber dieser ominöse weißhaarige Junge besaß es leider und der Himmel wusste, wo der steckte oder was er gar mit diesem Schwert anstellen würde. Moment. Zum ersten Mal wurde dem Shogun bewusst, dass auch dieser Unbekannte Hundedämonenblut in sich haben musste – ein halber Hundedämon. Natürlich. Sonst hätte er kaum dieses Schwert führen können. Vater hatte die Klingen für seine möglichen Söhne bestellt, als er noch annahm.....Nun gut. Das änderte nichts. Er hatte Tessaiga nicht in der Hand und auch nicht an seiner Seite, Vater würde geschwächt aus dem Duell hervorgehen und sie saßen in der Falle. Er sollte einen Plan schmieden. Und zwar einen sehr guten. Für einen scheinbar endlosen Moment standen sich der weiße Hund und der riesige Drache gegenüber. Beide atmeten schwer, spürten die Anstrengung. Aber alle Zwei waren erfahren in solchen Kämpfen, hatten oft genug Duelle auf Leben und Tod bestanden, überlebt – und beide planten es auch diesmal. Ryyukossei ärgerte sich ein wenig, dass er so lange benötigte, um mit dem Herrn der Hunde zurande zu kommen. Immerhin hatte der das Höllenschwert nicht funktionsfähig. Und er gab zu, dass er die Stärke und vor allem die Sturheit dieses Hundes unterschätzt hatte. Er hatte schon Widersacher besessen, genug, die sich unter solchen Verletzungen winselnd auf den Boden gelegt hatten. Nun gut. Schon bei ihrem ersten Treffen hatte der Mikado ja gezeigt, dass er willens war zu überleben. Und auch er selbst war nicht mehr ganz der Frischeste. Die Bauchwunden, die ihm die Zähne und Krallen des Inu no Taishou zugefügt hatten, bluteten heftig. Wachsam begannen sich bei beiden mächtigen Wesen zu umkreisen. Alle Zwei fühlten die Schmerzen der Verletzungen, den Blutverlust, die steigende Schwäche und beiden war klar, dass der Kampf bald ein Ende finden musste. Der nächste Angriff würde kommen, von dem es kein Zurück mehr gab, der durchgefochten werden musste bis zum Ende eines von ihnen. Und beide zögerten instinktiv davor. Ryuukossei erkannte seine Chance – und wartete weiter ab, sich immer wieder seitwärts windend, damit den Taishou zwingend ebenfalls den Kreis zu beschreiben. Dieser wusste, dass der Drache abwartete, und ahnte auch die Ursache, aber er hatte keine Zeit mehr für eine neue Taktik, neue Ideen. Er war weitaus schwerer verletzt als die durch die Schuppen geschützte Echse und würde auch schneller schwächer werden. Ryuukossei hatte ihm einst versprochen ihn bei lebendigem Leib aufzufressen und es war kaum davon auszugehen, dass er seine Meinung geändert hatte. Nein. Er musste angreifen. Nur wie? In diesem Moment erhaschte er einen Blick auf seine Krieger – und seinen Sohn. Sesshoumaru! Verdammt. Warum war er nur auch her in diese Falle gekommen? Sein Sohn, sein Welpe... Er musste ihn schützen, er musste siegen. Um jeden Preis. Jeden. Mit weit aufgerissenem Maul griff er an, nach der Kehle des Drachen zielend. Ryyukossei hatte darauf gewartet und drehte sich, wandte sich geschickt von dem tödlichen Fang weg. Jetzt, dachte er, als er seine Gegenattacke einleitete. Mit aller Kraft, die er so aufbringen konnte, verwandelte er seinen langen Körper erneut in eine Sprungfeder und schleuderte sich empor. Er schien für einen Augenblick in der Luft zu schweben, während der Hund bereits wieder auf dem Boden gelandet war, ehe er sich auf den Mikado fallen ließ. Der Taishou wurde durch den unerwarteten, erstmaligen Angriff von oben zu Boden gestoßen. Es war die Erfahrung aus Kämpfen gegen andere Hunde, die instinktive Erinnerung an Raufereien aus Welpentagen, die ihn handeln ließ. Sich auf den Rücken weiterdrehend stieß er mit aller Kraft den Drachen mit allen vier Pfoten von sich. Ryuukossei wurde rücklings auf den Boden geschleudert. Sich windend wollte er sich auf den Bauch drehen um seine ungeschützte Unterseite zu bedecken, als sich tödliche Zähne um seine Kehle schlossen. In diesem Moment befahl Fürst Kato den Angriff. Wurfgeschosse aller Arten flogen auf die eingeschlossenen Krieger im Tal der Stufen zu, über die Nordseite des Hügels jedoch stieg aus dem Wald eine neue Gefahr: Blutvögel. Diese dämonischen Wesen griffen im Sturzflug an und hackten nach ihren Gegnern, versuchten, Stücke aus deren Körpern zu reißen. Der Taishou, der instinktiv noch seine Schnauze im Gras abgewischt hatte, sah es und verwandelte sich trotz seiner Erschöpfung in seine menschliche Form. Mochte auch das Höllenschwert versiegelt sein, vielleicht gelang es ihm....Wohin hatte er es zuvor nur geworfen? Er spürte, dass er wankte. Nein. Eine große Hilfe wäre er nicht, weder für seinen Welpen noch für seine Krieger. Jemand stützte ihn und er bemerkte jetzt erst, dass zehn Elitedämonen um ihn standen, bereit ihn zu beschützen. Da sie sicher nicht ohne Befehl die Divisionen, die sich nun in hartem Kampf befanden, verlassen hätten, musste Sesshoumaru ihnen die Anweisung gegeben haben. Seine Gedanken waren langsamer als es gut gewesen wäre, erkannte er, als er allmählich auf ein Knie niedersank. Blutvögel – das bedeutete, dass sich auch Fürstin Teikken und ihre Erbtochter Abi der Verschwörung angeschlossen hatten. Warum nur? Er sah, wie Katos Männer von den Steilwänden in das Tal vorrückten, gedeckt von den Blutvögeln und nun noch einer größeren Gefahr aus der Luft – in jeder Hinsicht. Paradiesvögel. Verdammt. Diese großmäuligen Biester mit je zwei menschlichen Oberkörpern darauf waren von kaum einer Waffe zu verletzen und überaus aggressiv. Und sie hatten offenbar einen klaren Befehl bekommen, denn vier oder fünf stürzten sich auf ihn und die zehn Getreuen um ihn, die sich sofort formierten. Sesshoumaru bemerkte trotz des Kampfes die Attacke auf seinen Vater. Wie immer auch im hitzigsten Gefecht einen kühlen Kopf bewahrend, gab er den Befehl, standzuhalten, ehe er mit einem gewaltigen Satz hinüber sprang. Der Mikado musste verletzter und erschöpfter sein als er selbst es zuvor gehofft, geglaubt, hatte, denn er kniete nur da – unmöglich, gewöhnlich. Er sah Blut aus dem Unterarmschutz des linken Armes laufen, Blut unter der Rüstung, Blut über das Gesicht rinnen und fuhr herum, mit dem Rücken zum Kaiser und dessen Leibwache. Vater! Diese Vögel aller Arten sollten ihm nichts tun! Zum ersten Mal in seinem Leben war er wild entschlossen jemanden zu beschützen – so sehr, dass er vergaß, dass das Schwert in seiner Hand Tenseiga war, die Klinge, die nicht töten konnte. Während er es herumriss, damit zuschlug, entstand eine schmale Schwärze in der Form einer Mondsichel. Der Paradiesvogel, der von dieser Dunkelheit berührt wurde, schien zweigeteilt zu werden und konnte nur mehr aufschreien, ehe er tot zu Boden sank. Zu erleichtert um auch bloß irritiert zu sein, wandte sich Sesshoumaru dem nächsten Gegner zu. „Der Pfad der Dunkelheit,“ flüsterte der Inu no Taishou. Toutousai hatte ihm versprochen, dass Tenseiga diese Fähigkeit besitze – aber nur, wenn der Träger auch dazu bereit wäre. Sicher, das war eine Mondsichel, kein Vollmond, aber was immer diese Dunkelheit berührte, würde in die jenseitige Welt gezogen. Eine fürchterliche Waffe – aber wohl gerade rechtzeitig entdeckt, um ihnen hier auch nur den Hauch einer Chance zu lassen. Mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, befahl er: „Kümmere dich um unsere Krieger, Sesshoumaru.“ In lebenslang anerzogenem Respekt gehorchte dieser, zumal der erste, direkte Angriff der Paradiesvögel auf seinen Vater wohl abgebrochen worden war und sich die riesigen Bestien nun auf die Dämonenkrieger stürzten, die sich gegen diese und die Blutvögel gegenseitig zu decken versuchten. Aber da waren auch noch die Angriffe mit Lanzen und Pfeilen von den Talwänden. Eine Todesfalle. Nun gut. Er sollte zusehen, so viele dieser Mistkerle wie nur irgend möglich mit in das Jenseits zu nehmen. Und, wenn es ging, vor allem seinen lieben Onkel Kato. Allerdings hielt der sich anscheinend mehr als vornehm im Hintergrund. Aber er würde ihn nicht vergessen, dachte der Shogun, ehe er sich mit Todesverachtung in das Getümmel stürzte. Der Mikado spürte, wie seine letzte Kraft aus ihm herausrann wie Wasser. Hilflos stürzte er zu Boden, drehte sich nur noch irgendwie auf die Seite, um wenigstens zusehen zu können. Was hatte er Narr getan? In blindem Vertrauen auf eine höllische Waffe hatte er seinen Instinkt ignoriert, hatte er sein Heer in die Falle geführt, seinen eigenen Sohn... Er hatte zwar Ryuukossei besiegt, allerdings vermutlich um den Preis seines Lebens. Doch zumindest sein Junge, seine Männer sollten aus diesem wahren Hexenkessel ausbrechen können...Nur wie? Der Inu no Taishou erwartete nicht viel vom Schicksal. Sein gesamtes Leben lang hatte es sich als zu strenger Gläubiger erwiesen. Er rechnete sicher mit seinem Tod – aber die anderen..... Zu wem auch immer er in diesen Sekunden flehte, nur für Sesshoumaru und seine Krieger – keinen Moment dachte er an sich. ** Das nächste Kapitel bringt: Kampf im Kaidan no Tani Kapitel 21: Kampf im Kaidan no Tani ----------------------------------- Inu Yasha, Kagome und die Anderen folgten Hiroki, dem Baumkämpfer durch den dichten Zauberwald bis zu der Lichtung, in der sie die Mutter des Waldes bereits getroffen hatten. Das seltsame, scheinbar aus Holz wirkende Wesen stand nun aufrecht – und erreichte damit die Baumwipfel. Während sich seine menschlichen Freunde ebenso wie Hiroki verneigten, musterte der Halbdämon die mächtige Zauberin und erklärte: „Mann, bin ich froh, dass du wirklich wieder gesund bist.“ Das war weder der gebotene Respekt noch höfische Gewandtheit, aber absolut ehrlich gemeint. Darum lächelte die Mutter des Waldes auch nur: „Ja, dank euch beiden habe ich nun meine volle Magie wieder. Und das führt zu etwas anderem. – Oh, Flohgeist. Kenne ich dich nicht?“ Myouga schluckte unwillkürlich, erwiderte jedoch: „Ja, ich war einst mit meinem Herrn hier als Ihr den Vertrag schlosst.“ Warum war er gleich noch einmal mitgegangen? Eigentlich nur, um dieses unverständige Hundebaby davon abzuhalten, seinem unbekannten Vater und wohl verhassten Halbbruder nicht zu helfen. Und immerhin war auch Toutousai, sein alter Freund, dabei, auch wenn ihm jetzt erst einfiel, dass der als Schmied hier wohl nicht gern gesehen wäre. Die Mutter des Waldes nickte nur: „Ja, der Inu no Taishou hatte dich einst dabei. Und ein Schmied, dein Name ist Toutousai?“ „Äh, ja,“ murmelte der alte Dämon und kratzte sich etwas am Kopf, um dann doch zu ergänzen: „Ehrwürdige Mutter. Ich hörte von dir, im Norden.“ „Bokuseno ist manchmal ein Plaudergeist. Aber er gab dir von seinem Holz. - Setzt Euch, auch, wenn wohl nicht sehr viel Zeit bleibt. Weit und tief reichen die Wurzeln der Pflanzen. Ich erfahre viel, auch, wenn es mich oft genug weder interessiert noch weiter beschäftigt. Aber ich halte meine Verträge – und der Mikado die seinen. Darum werde ich ihm helfen, in dem ich euch helfe durch die Wurzeln zu ihm zu gelangen. Es wird schneller gehen als wenn ihr so reist – und das könnte notwendig werden. Denn die Wurzeln spüren Ryuukossei in Nakamura.“ Während Myouga und der alte Schmied blass wurden, nickten Sango und Miroku unmerklich. Sie hatten von ihm gehört. So blickte die Mutter des Waldes zu Inu Yasha, Kagome und Shippou. „Du hast Hiroki erzählt, du hast einen Drachen getötet, der euch fressen wollte. Das war sein Bruder. Ohne Zweifel wird sich der Waldvernichter an einem Hund dafür rächen wollen, in diesem Fall dem Inu no Taishou.“ Der Halbdämon hörte es ungern. Ein Aufstand um die Macht, nun ja, das ging ihn eigentlich nichts an, aber er hatte sich eben breitschlagen lassen, dem Kaiser und dessen arrogantem Sohn zu helfen. War er aber auch noch Schuld daran, dass sich da jemand der Rebellion angeschlossen hatte? „Der wollte uns fressen,“ betonte er nochmals: „Das konnte ich doch nicht zulassen. Und wieso ist dieser Ryuukossei so gefährlich?“ „Er soll der Stärkste aller Drachen sein,“ erwiderte Sango, nachdem für einen Moment keiner was sagte: „Und Drachen gelten im Allgemeinen nicht gerade als besonders umgänglich – er am allerwenigsten. Die Ehrwürdige Mutter nannte ihn gerade den Waldvernichter. Ich vermute, er geht mit Wäldern ebenso um wie mit Menschendörfern, wenn ihm danach ist.“ „Ja,“ warf Myouga ein: „Der Herr traf ihn vor vielen Jahren einmal zum Zweikampf. Ryuukossei überlebte zwar, fast hätte ich gesagt bedauerlicherweise, hielt sich seither aber einigermaßen ruhig.“ „Aha,“ sagte Inu Yasha: „Und dieses missratene Schuppentier geistert nun auch in Nakamura herum. Aber er kann doch nicht Mikado werden.“ „Aber er kann deinen Vater besiegen,“ gab Kagome zu bedenken, der es ein wenig unheimlich geworden war. „Töten,“ korrigierte die Mutter des Waldes. „Hinzu kommt, dass in Nakamura bereits Blut floss. Es sind nur noch drei der vier Heergruppen zu spüren.“ „Keh,“ murmelte Inu Yasha: „Ich habe nicht gesagt, dass ich ihm nicht helfen will. Äh, Ehrwürdige Mutter, du weißt so viel. Aber du hast nicht gewusst, dass er mein Vater ist?“ Irrte er sich oder lag ein Lächeln in der Stimme des Baumwesens: „Nicht alles wissen die Wurzeln. - Nun gut. Es gibt eine Möglichkeit für euch alle rascher nach Nakamura zu gelangen. Was auch immer dort geschieht, der Shogun ist bereits an den Grenzen dieses Gebietes. - Diese Reise durch die Wurzeln der ältesten Bäume ist unangenehm, vermute ich, aber schnell.“ „Na schön.“ Der Halbdämon hatte sich endgültig entschieden: „Dann gehe ich.“ „Wir alle,“ meinte Kagome prompt und entschlossen und da sie die doch ein wenig zweifelnden Blicke ihrer Freunde, die entsetzten des Flohgeistes und Toutousais bemerkte: „Sango, Miroku, ihr seid doch kampferfahren und immerhin scheinen meine Pfeile ja auch etwas zu bewirken. Toutousai hier kann Feuer spucken. Wir sollen ja nicht in eine Schlacht ziehen, sondern nur helfen.....“ „Es wird eine Schlacht geben,“ sagte Miroku nüchtern: „Falls Fürst Kato einen Rebellion mit Narakus Hilfe aufgezogen hat, wird der Mikado kaum mit zwei Fürsten plus Drachen als Gegnern rechnen. Wenn überhaupt.“ „Was mich dazu bringt,“ meinte Inu Yasha: „Wem helfen wir überhaupt?“ Und da ihn alle anstarrten: „Ja, schon klar, dem Mikado – aber wie findet man in einer Schlacht heraus, wer auf welcher Seite ist?“ „Setze dein Schwert gegen die ein, gegen die dein Vater und dein Halbbruder kämpfen.“ Die Mutter des Waldes schien die Frag zu verstehen: „Wer das ist, wirst du später erfahren.“ „Na, Hauptsache, die Krieger des Mikado sehen in mir nicht schon wieder ein Ungeheuer.....“ „Sie werden andere Probleme haben,“ erwiderte Myouga sofort: „Wenn sich unsere Befürchtungen bewahrheiten. Wenn nicht werde ich Euch einfach dem Herrn vorstellen und alles läuft glatt.“ „Gut.“ Die Mutter des Waldes legte sich auf den Boden. Für einen Moment geschah nichts, dann schien sie mit ihm zu verschmelzen, eine Art Höhle entstand. „Kommt nun.“ Sesshoumaru schickte soeben einen weiteren Paradiesvogel in das Jenseits, ehe er rasch den Kopf wandte. Sein verehrter Vater, der Mikado, lag am Boden, scheinbar regungslos, aber noch lebte er. Die zehn Dämonen um ihn beschützten ihn gegen verirrte Angriffe, auch sie waren jedoch schon verletzt, wie praktisch alle kaiserlichen Krieger in diesem Tal der Stufen. Es war in der Tat eine Todesfalle, die Onkel Kato hier gelegt hatte. Und der tauchte nicht auf, schickte nur diese Blut- und Paradiesvögel vor, die die Männer so lange attackierten, bis sie müde wurden, ehe die simplen dämonischen Bauerntölpel aus Nakamura ihre Pfeile und Lanzen schleuderten. Er selbst und einige andere hielten Stand, aber das würde nicht reichen. Hinzu kam seine Sorge um seinen Vater. Er sah im Getümmel ein bekanntes Gesicht fast neben sich: „Kouga!“ Der Wolfsdämon, trotz seines jungen Alters Anführer des Nachrichtendienstes, machte eilig den Sprung hinüber: „Sesshoumaru-sama?“ „Beschütze den Mikado!“ Denn einer der Krieger dort war soeben umgekommen. Das sah nicht gut aus, nein. Mit gewissem Ingrimm sprang er empor, den angreifenden Vögeln entgegen. Aber gerade weil er auch im hitzigsten Kampf nüchtern dachte, war ihm klar, dass selbst seine Kraft früher oder später erlahmen würde. Später, nahm er sich vor. Und er würde so viele dieser Idioten mitnehmen, wie es nur ging. Dem Inu no Taishou war die Lage ebenfalls bewusst. Er konnte sich von einer gewissen Schuld nicht freisprechen, hatte er doch seine Krieger in diese Falle geführt, in blindem Vertrauen auf eine höllische Waffe. Nun ja, er hatte nie daran gedacht, dass jemand so schlau sein konnte, aber dass er jetzt seine Männer und vor allem seinen Welpen mit in den Tod riss.... Vielleicht lebte irgendwo sein zweiter Sohn noch. Schade, er hätte ihn gern kennengelernt. Aber so würde der Sieger nichts von ihm wissen, wäre der wenigstens geschützt. Im nächsten Augenblick war er sicher, dass er träumte. Die Bäume oben am Steilhang schienen sich zu bewegen, nein, sie bewegten sich. Ihre Wipfel drängten auseinander, geführt von einer ungemein großen magischen Kraft, so dass ein Loch zwischen ihnen entstand, ein schwarzes Loch, wie der Beginn eines Tunnels. Er wollte rufen, warnen, dass dort noch eine Gefahr käme, aber dann verschlug es ihm den Atem. Dort kam in der tat etwas, das er dennoch für eine Illusion hielt. Eine Dämonenkatze mit drei menschlichen Reitern darauf, ein junger, weißhaariger Mann mit einem riesigen Schwert, der von einer Kuh sprang, auf deren Rücken Toutousai saß... Alle wirkten zerzaust, ein wenig verwirrt, ja müde... Sicher, dass das eine verrückte Halluzination kurz vor seinem Tod war, hörte der Mikado eine keuchende Stimme. „Oh, Herr...ich komme zu spät....!“ „Myouga...“ flüsterte er und starrte verwirrt in den tobenden Kampf. Sesshoumaru und seine Krieger gegen andere Dämonen, gegen die Paradiesvögel, hoffnungslos in der Falle – aber da waren der rot-weiße Junge, eine Priesterin mit läuternden Pfeilen, eine Dämonenjägerin und ein Mönch, der gerade....was öffnete? Jedenfalls fielen die Neuankömmlinge den Vögeln in den Rücken, kämpften offenkundig auf ihrer, seiner Seite. Myouga sprang erschüttert auf die Schulter des Schwerverletzten, zu treu, um diesmal an Gefahr für sich zu denken: „Oh du meine Güte, Herr.....“ Rot-weiß? Das war doch...? „Der...das Ungeheuer von Teien...?“ „Oh.“ Der kleine Flohgeist stellte fest, dass er das noch mitteilen musste, gleich, wie alles hier ausging. Immerhin hatten ihn noch nicht einmal Kouga und die anderen Leibwächter um den Liegenden bemerkt. Mit wildem Heldenmut kletterte er in die weißen Haare zu dem Ohr des Mikado: „Das ist Inu Yasha!“ rief er: „Er hat Tessaiga....“ „Ja. Das Ungeheuer...der Hundegott...?“ Der Inu no Taishou stellte fest, dass er kaum mehr logisch denken konnte. Was war das nun? Oder besser – wer? Oder war das alles nur eine Wahnvorstellung aus der verzweifelten Hoffnung, seinen Jungen und seine Krieger gerettet zu sehen? „Ja, Herr. Er ist alles, aber vor allem....er ist Izayois Sohn, Euer Sohn!“ Gut, jetzt würde er sterben, mit all den ungelösten Fragen. Aber er musste noch seine letzten Kräfte aufsparen bis Sesshoumaru den Sieg errungen hatte, das Reich in Sicherheit wäre – und er diesen Jungen vor allen als seinen Sohn anerkennen konnte. Er war sicher, seinen älteren Sohn würde das von einem Mord um Tessaigas Willen abhalten – allerdings nur dies. Myouga verbarg sich tiefer in den langen Haaren und stellte dabei fest, dass auch diese blutverkrustet waren. Das konnte nicht einmal ein so starker Dämon überleben...der arme Herr. Inu Yasha hatte rasch bemerkt, dass für die Windnarbe die Paradiesvögel kein großes Hindernis darstellten und achtete hauptsächlich auf Kagome und die anderen beiden, damit sie keinen der Feinde in den Rücken bekamen. Er hätte Kagome gar nicht zugetraut so gut mit den Pfeilen umgehen zu können und vor allem auch wirklich einen Dämon umbringen zu können, aber sie schien nicht einmal nachzudenken. Naja, und bei dem Spinnendämon am Tempel in Teien hatte sie auch gut gezielt. Bei Sango hatte er diese Bedenken nicht gehabt, und Miroku mit seinem seltsamen Schwarzen Loch sowieso nicht. Das war schon was.... Diese kleineren Blutvögel hatten derweil erkannt, dass der Fluch des Wandermönches eine nicht zu unterschätzende Macht war. Als der Halbdämon etwas um sich sehen konnte, entdeckte er, dass Sesshoumaru das Schlachtfeld verließ und eilig den Berghang empor sprang. Wollte der feige Hund sich etwa absetzen? Dann jedoch erkannte er, dass sich irgendwer sehr Großes dort befand – oder befunden hatte, denn diese seltsame schwarze Sichel, die Tenseiga da produziert hatte, ließ es verschwinden. Der Shogun hatte sich in der durch die Neuankömmlinge geschaffenen Atempause umgesehen und Fürstin Teikken entdeckt, dann die logische Konsequenz gezogen: Die Blutvögel gehorchten ihr und ihrer Erbtochter. Waren die beiden tot, wären die Blutvögel nur ein Schwarm hirnloser Flattermänner – und zu besiegen. Und gegen den Pfad der Dunkelheit vermochten auch die Herrinnen der Vögel nichts. Prinzessin Abis lauter Aufschrei ging in dem Kampfgetümmel unter. Und sie bemerkte, dass sich der Thronfolger nach ihr umblickte. Das sah gar nicht gut aus. Was hatte sie sich da von Naraku und Kato erzählen lassen? Erst einmal weg hier – und zuhause sich etwas Gutes überlegen, wie man um eine Anklage wegen Hochverrates herumkommen könnte. Zumindest, falls der Inu no Taishou diesen Tag überlebte. Tat er dies nicht, war davon auszugehen, dass Sesshoumaru, der sowieso dafür bekannt war das Wort Gnade nicht einmal vom Hörensagen zu kennen, den Tod seines Vaters nicht vergessen oder vergeben würde. Sie verwandelte sich hastig in ihre Vogelgestalt und jagte in den Nachmittagshimmel, die verlustreiche Schlacht hinter sich lassend. Ihre Blutvögel folgten ihr unverzüglich. Die eingeschlossenen Krieger atmeten auf. Hilfe war gekommen, woher auch immer, und die Blutvögel waren weg. Unbewusst drängten sie sich näher zu dem Mikado, bemüht, diesen gegen die Paradiesvögel und die Attacken aus den Steilwänden zu schützen. Fürst Kato hatte von seinem Beobachtungspunkt an dem nördlichen blockierten Engpass durchaus bemerkt, dass die Vogelprinzessin nach dem Tod ihrer Mutter das Weite gesucht hatte. Ryuukossei war auch tot, sein schöner Plan ging den Bach hinunter. Und wer war das in roter Kleidung mit weißen Haaren? Ein Hundedämon? Nein, die kannte er doch alle. War das etwa der sagenhafte Inu gami, von dem er gehört hatte? Aber auf jeden Fall kämpften der und seine Leute auf der Seite des Mikado. Er sollte nun selbst zusehen, dass er den Vorteil wieder zu sich brachte. Der Tag heute war kaum zu gewinnen. Bekamen die Paradiesvögel erst mit, dass ihre Verwandten den Rückzug angetreten hatten, würden es auch sie tun. Und nur mit seinen rasch ausgebildeten Männern konnte er gegen die Eliteeinheiten und den Shogun nicht bestehen – und da war auch noch der Unbekannte mit seinen Begleitern mit durchaus beachtenswerten Fähigkeiten. Aber der Katzendämon sah eine Chance. Ehe der Mikado das Duell mit Ryuukossei aufgenommen hatte, hatte der das Höllenschwert dort in den Busch geworfen. Besaß er selbst es, war er unbesiegbar, ebenso wie zuvor der Inu no Taishou. Naraku war sicher dabei behilflich, die Hexe aufzutreiben, die den lästigen Bann darauf gelegt hatte. Dann konnte er in Wahrheit und mit allem Recht Kaiser werden. Er wandte den Kopf: „Greift mit an – und versucht den Mikado zu töten.“ Das sollte den Shogun und auch andere Männer schon einmal genügend ablenken und binden. Natürlich bedeutete das auch, dass einige seiner Krieger draufgingen, aber das war eben so. Wenn er in das Tal blickte, so hatte der heutige Tag schon einige Opfer gefordert. „Windnarbe!“ Inu Yasha schrie es laut, als er Tessaigas volle Macht entlang des Steilhanges jagte, um die herunterkletternden Kämpfer aus Nakamura aufzuhalten. Der Shogun hatte es auf seinem eigenen Rückweg in das Tal gesehen. Tessaiga war schon eine überaus mächtige Waffe – selbst in den falschen Händen. Nun gut, dieser seltsame Junge und seine..hm...menschlichen Begleiter, hatten wohl eine Wende gebracht, aber das würde ihn selbst nicht davon abhalten, sich das Schwert seiner Sehnsucht zu nehmen. Wobei er zugeben musste, dass die Fähigkeiten, die sein eigenes, Tenseiga, heute gezeigt hatte, ihm durchaus endlich mal gefielen. Jetzt war aber etwas anderes wichtig. Er gab hastig Befehle, um die kaiserlichen Krieger neu zu formieren. Die Blutvögel waren weg und auch die Paradiesvögel attackierten nicht mehr so intensiv wie zuvor, dafür hatten nun aber wohl die Dämonenkrieger aus Nakamura den Befehl zum direkten Angriff auf die verletzten und erschöpften Divisionen bekommen. Der Inu no Taishou bemerkte es erleichtert. Immerhin hatte seine Schulung bei seinem Sohn, seinem älteren Sohn, etwas gebracht. Wie seltsam das klang....Wie müde er war. Dennoch zwang sich ein neues, unangenehmes Gefühl in sein Bewusstsein, das immer drängender wurde. Der Kampf tobte rechts neben ihm, auf der linken Seite war freie Sicht. Und er wollte, er sähe nicht, was er sah. Kato. Sein lieber Schwager hatte die höllische Waffe in der Hand und rannte davon, so rasch ihn seine Beine trugen. Verräterischer Kater! Der Mikado wollte rufen, auf die neue, große Gefahr aufmerksam machen, aber die Sinne schwanden ihm. Fürst Naraku dachte kurz nach, ohne seinen Blick von dem Spiegel seiner so genannten Tochter zu nehmen Er war nie so unklug gewesen sich selbst in die Mitte eines Konfliktes zu begeben, aber ihm war klar, dass es töricht wäre, seine Verbündeten und Feinde aus den Augen zu lassen. Die Schlacht im Tal der Stufen war vorbei, mochten auch noch die Männer aus Nakamura angreifen, denn die Paradiesvögel zogen sich nun auch zurück, dank dieser eigenartigen Menschen, die da unerwartet aufgekreuzt waren, ihm allerdings seltsam bekannt vorkamen, und des Jungen, vermutlich des geheimnisvollen Inu gami, der ihm schon mal in die Quere gekommen war. Hund und Hund gesellte sich anscheinend gern, auch Dämon und Gott. Kurz, Kato hatte verloren, trotz der Verbündeten, die er selbst ihm unter nicht unerheblichen Mühen beschafft hatte. Immerhin war bei dieser ganzen Aktion wenigstens der Mikado umgekommen und der liebe Kater hatte das Höllenschwert gefunden. Überdies war dieser Narr offenkundig auf dem Weg zu ihm. Der Fürst von Teien blickte von Kannas Spiegel seitwärts: „Sind deine beiden Männer bald zurück, Bankotsu?“ Der angesprochene Krieger warf einen unwillkürlichen Blick über die Grasebene des nördlichen Teien, ehe er antwortete: „Ich vermute es. Aber bis Machi ist es doch ein Weg.“ Hastig ergänzte er: „Natürlich sind sie dank Eures Geschenkes schneller als je.“ „Natürlich.“ Naraku dachte erneut nach. Sein Ersatzplan könnte tatsächlich notwendig werden. Der Inu no Taishou tot bedeutete leider nicht, dass es keinen Mikado mehr gab. Sesshoumaru war eindeutig am Leben und würde nach Rache dürsten. Nun gut, das sollte doch Kato hinbekommen. Als Opfer, natürlich. Das Höllenschwert dagegen war ein wirkliches Geschenk für ihn. Tsubaki war ihm tatsächlich noch einmal nützlich. Sie konnte ihren Bann aufheben. Es war doch gut gewesen sie noch nicht umbringen zu lassen. „Kanna, wo ist Kato?“ Als sie es zeigte, nickte er kurz. Doch, daraus ließ sich noch etwas Vernünftiges machen, nachdem dieser Kater sich als unfähig erwiesen hatte, seine Erwartungen zu erfüllen. „Kommt mit,“ befahl er nur, ehe er sich in die Luft erhob um zu dem geschätzten Treffpunkt mit dem nunmehr ehemaligen Fürst von Nakamura zu gelangen. Bankkotsu dagegen nickte einem seiner Männer zu, der hier auf ihre beiden Kollegen warten sollten, die in wichtigem Auftrag nach Machi geschickt worden waren, ehe er auf den größten seiner Partner sprang, um sich mitnehmen zu lassen. Naraku sah es zufrieden. In der Tat, der Anführer dieser Söldner war alles andere als taktisch ungeschickt. Und noch waren diese Sieben nützlich – ebenso wie Tsubaki. Für Kato sah er dagegen beim besten Willen keinen Nutzen mehr, sobald ihm dieser das Höllenschwert überlassen hatte. Unwillkürlich tastete er nach dem Juwel, das er zu einem guten Teil unter seiner Garderobe verborgen trug. Die fehlenden Splitter hatte er verteilt – oder Akago sie vor seinem, äh, bedauerlichen Hinscheiden nicht gefunden. Er persönlich hätte ja diese kleine Kagome im Verdacht gehabt, die restlichen Splitter zu besitzen. Immerhin war sie in der Lage gewesen es zu zertrümmern, wofür sie seine Söhne ja auch verurteilt hatten. Aber sie war tot, gefressen von dem Ungeheuer, das nicht einmal Kanna in ihrem Spiegel sichten hatte können, so oft er ihr den Befehl dazu gegeben hatte. So hatte er es schon seit Wochen aufgegeben. Es besaß wohl eine eigene Magie. Im Tal der Stufen war der Kampf endlich vorbei. Doch weder Inu Yasha, noch Sesshoumaru, noch einer der Menschen und Dämonen atmeten auf. Betroffen und respektvoll sahen alle auf den leblosen Körper des Mikado. Und jeder erstarrte, als dieser sich bewegte. Sofort war Sesshoumaru neben seinem Vater und betrachtete ihn. Dieser sah auf, froh, dass sein Ältester lebte, die meisten Männer das überstanden hatten, ehe sein Blick umherirrte. „Inu Yasha.....“ flüsterte er. Egal, was passierte, das musste er noch klären, das war er doch seinem zweiten Jungen schuldig.... Etwas irritiert, aber sicher, dass sich sein allgemein umsichtiger und höflicher Vater für die Hilfe bedanken wollte, ja, erfreut, dass es diesem schon wieder so gut ging, an solche Kleinigkeiten zu denken, blickte sich der Shogun um. Als er den Gesuchten ein Stück entfernt mit seinen gelandeten Freunden erblickte, knurrte er: „Der Mikado wünscht dich zu sehen, Inu Yasha!“ Der Halbdämon, der Tessaiga wieder in den Gürtel geschoben hatte, ging zögernd näher. Der Mikado....oder sein Vater? Oder beides? Es schien dem nicht gerade gut zu gehen. Sollte er sich hinknien? Nein, dachte er dann trotzig. Mikado hin oder her, er kannte den Typen nicht, ja, der hatte ihn und Mutter im Stich gelassen... So blieb er stehen: „Ich bin Inu Yasha.“ Der Schwerverletzte nickte ein wenig, ehe er bemüht deutlich sagte: „Inu Yasha, der Erbe von Teien, Izayois Sohn....mein Sohn.....“ Er blickte zu dem erstarrten Sesshoumaru: „Er ist dein Halbbruder....“ ** Falls schon mal jemand wissen wollte, von wem die Hundejungen die Angewohnheit haben, mit dem Schwert ins Haus zu fallen...^^ Kapitel 22: Auftrag ------------------- Ein zweiter kaiserlicher Sohn? Wer von den Umstehenden das als unglaubliche Neuigkeit gehört hatte, sah mindestens ebenso verwundert wie Inu Yasha auf den liegenden Mikado., ehe die Blicke der Dämonen dem Thronfolger galten. Kagome dachte bei sich nur, dass der arme Inu Yasha jetzt soeben einmal seinen Vater sah, zum ersten Mal, und dann auch noch in diesem Zustand, und wohl nicht für lange. Sesshoumaru dagegen war weniger verwundert – er war erstarrt. Und das gleich aus mehreren Gründen. Erstens: war das wirklich Vaters Sohn – und der schien daran nicht zu zweifeln - konnte er Tessaiga vergessen. Vater würde nie zulassen, dass er seinen Bastard umbrachte. Zweitens: das war ein Halbdämon. Wie hatte er diesen Baustein immer wieder vergessen können, das wäre wichtig bei der Suche gewesen. Hatte das mächtige Tessaiga neben seinen sonstigen Fähigkeiten auch dies bei der Attacke gegen ihn selbst bewirkt, um seinen Besitzer zu schützen? Drittens: Halbdämon bedeutete allerdings auch, dass sein verehrter, so mächtiger Vater sich mindestens einmal mit einem dieser erbärmlichen Lebewesen....nein, weiter wollte er gar nicht denken. Und viertens: da gab es nun plötzlich einen zweiten Erben, einen Konkurrenten um die Macht nach Vaters Tod, einen, auf den törichte Fürsten setzen konnten..... Fünftens bot es allerdings immerhin den Trost, dass er nicht gegen irgendein hergelaufenes Kleinkind verloren hatte, sondern gegen das Blut seines Vaters – das offenkundig selbst so verdünnt noch überaus mächtig war. Das verhieß für ihn selbst noch einiges in der Zukunft. Immerhin stammte er mütterlicherseits von der ehemaligen Kaiserfamilie ab und nicht von...von... Inu Yasha dagegen war mehr als verblüfft: „Du...Ihr kennt mich doch gar nicht....,“ suchte er nach Worten. Ja, wie sprach man den Mikado an? Papa zu sagen war sicher falsch. Der Inu no Taishou hätte gern gelächelt und darüber geredet, aber nun war etwas anderes viel wichtiger: „Kato....er hat das Höllenschwert....Sesshoumaru!“ Er wandte mühsam den Kopf: „Du musst ihn jagen. Mit Inu Yasha. Nur ihr beide, Tenseiga und Tessaiga....Toutousai wird es euch auf der...Verfolgung erklären.“ Onkel Kato hatte das Höllenschwert? Idiot. Und er selbst sollte mit dem Bastard...? Nein. Laut meinte der Shogun allerdings nur wohlerzogen: „Er kann es ja nicht benutzen, verehrter Vater.“ „Stimmt,“ wandte Myouga ein, der sich im Haar des Mikado einigermaßen geschützt fühlte: „Aber da gibt es etwas, das Ihr noch nicht wisst, Sesshoumaru-sama. Vermutlich hat Fürst Naraku den Bann legen lassen. Er kann ihn sicher auch wieder aufheben. Und dann....?“ „Sesshoumaru, du kannst hier für mich nichts mehr tun.“ Der Mikado war so bestimmt, wie er nur noch konnte: „Hole das Höllenschwert.“ „Aber,“ meinte auch Inu Yasha unerwarteterweise, den der Name Naraku daran erinnerte, dass er mit diesem noch einige Hühnchen zu rupfen hatte: „Naraku gehört mir! Er hat meinen Onkel umgelegt, möglicherweise sogar meine Mutter, mir mein Fürstentum geklaut, meine Freunde zum Tode verurteilt und mich als Ungeheuer durch die Gegend jagen lassen....Ich meine, Euer Schwert mag ja wichtig sein, aber....“ „Dann kannst du dir vielleicht vorstellen, was Naraku mit dem Höllenschwert anstellen könnte, Hundebaby,“ murrte Toutousai, um eilig zu ergänzen: „Inu Yasha-sama.“ Schwer verletzt hin und her – das war noch immer der Mikado und wenn der seinen Kopf rollen lassen wollte, würde das auch passieren. Abgesehen davon gefielen ihm auch die recht ähnlichen, eisigen Seitenblicke des Shogun und des sogenannten Ungeheuers, die ihm galten, nicht sonderlich. Respekt wem Respekt gebührte – und das war eben ein Kaisersohn. „Geht! Und das ist ein Befehl,“ sagte der Schwerverletzte mit aller Autorität, die er noch aufbringen konnte: „Kouga, du gehst nach Teien, Shuto. Fürst Naraku ist hiermit abgesetzt.....“ Er schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, standen seine Söhne noch immer vor ihm, ihn besorgt musternd, und ihm wurde klar, dass sie es zwar nie sagen würden, aber nicht gehen wollten, um ihn nicht allein zu lassen. Unerwartet rührend von beiden, seinem gewöhnlich so eiskalten und seinem unbekannten Sohn. Kouga dagegen fehlte bereits. „Geht. Diesen Kampf...bestehe ich allein. Aber das Höllenschwert....“ Das Letzte, was er sah, ehe er wieder in einen dunklen Abgrund glitt, war, dass die Halbbrüder einen zögernden Blick austauschten. Es würde schon gut gehen..... „Komm,“ befahl der Shogun. Das „Bastard“ hatte er vor Vaters Ohren gerade noch verschluckt. „Du hast mir gar nichts zu befehlen,“ gab der Halbdämon prompt zurück, sah aber zu Toutousai: „Wo ist jetzt deine Kuh, alter Metallbieger? Und dann erzählst du vielleicht mal, was das Höllenschwert ist, und warum es so bescheuert wichtig ist, dass ich mit dem da auf Reisen gehen soll.....“ Ach du liebe Güte, dachten alle Umstehenden. Der Shogun hatte Leute schon für weniger auf eine Schnellstraße ins Jenseits befördert. Sesshoumaru dagegen legte unwillkürlich die Hand an sein Schwert, wandte sich dann jedoch nur ab und ging zu seinem Reitdrachen, sicher, dass ihn Toutousai samt seinem fliegenden Haustier bald eingeholt haben würde, dann konnte man schneller werden. Sein verehrter Vater hatte Recht. Das Höllenschwert musste zurückgebracht werden. Wie allerdings ausgerechnet der Bastard dazu beitragen könnte, würde Toutousai in seinem eigenen Interesse besser erklären können. Tatsächlich hörte der Shogun bald das Fluggeräusch hinter sich und warf einen kurzen Blick von seinem Reitdrachen zurück – nur, um erstaunt festzustellen, dass dieser Halbdämon seine Bande mitgebracht hatte. Auf einer dämonischen Katze saßen die drei seiner Anhängsel und ein kleiner Fuchs, während es sich der Bastard hinter Toutousai auf dessen Kuh gemütlich gemacht hatte. Um was, dachten die, handele es sich bei der Jagd nach dem Höllenschwert und seinem Dieb? Einen Familienausflug? Der alte Schmied lenkte sein Haustier neben den Drachen, der um ein Haar gescheut hätte: „So, Sesshoumaru-sama, Inu Yasha-sama, jetzt erzähle ich Euch von Euren Schwertern.“ Er holte tief Atem: „Es ist eine lange Geschichte, aber ich verkürze sie....,“ ergänzte er eilig. Du lieber Himmel. Da waren alle zwei wohl etwas ungeduldig veranlagt. „Der Herr erbte das Höllenschwert von seinen Vorfahren. Wie jedem war ihm bewusst, dass es jedes Leben zerstören kann und wird, wenn es die Gelegenheit dazu erhält. Es ist eben das Schwert der Unterwelt. Ja, und er suchte nach einer Möglichkeit, es aufzuhalten, falls es einmal in die falschen Hände gerät. Daher kam er zu mir. Das war wirklich schwer, Jungs...äh...Ich meine, ich musste lange nachdenken, aber dann fand ich die Lösung. Aus den Fangzähnen Eures Vaters und einem besonderen Kernmetall schmiedete ich zwei Schwerter. Tenseiga und Tessaiga. Wie das eine Schwert der Unterwelt zugehörig ist, tun dies Tessaiga der Welt der Lebenden und Tenseiga der Welt der Götter. Darum auch ihre besonderen Fähigkeiten. Diese beiden Schwerter, die ihr Zwei tragt, sind in der Lage, das Höllenschwert aufzuhalten, in diesem Fall Kato oder Naraku daran zu hindern, alles zu ermorden, was lebt. Dämonen, Menschen, Tiere und Pflanzen.“ „Warum forderte dich mein verehrter Vater auf zwei Schwerter zu schmieden?“ erkundigte sich der Shogun sofort. Er kannte die Variante, dass Vater auf einen weiteren oder gar mehrere Söhne gehofft hatte. Mein Vater, nicht unser Vater, dachte Inu Yasha prompt. Ein Versprecher oder Absicht? Nun ja, heiße brüderliche Liebe würde zwischen ihnen vermutlich kaum entstehen. Da gab es Tessaiga und ein Duell, dass dieser arrogante Hund wohl nie vergessen würde. Der Schmied seufzte, beschloss dann jedoch die Wahrheit etwas zu verändern. Hätte er gesagt, dass der Herr immer noch auf einen zweiten Sohn gehofft hatte, der seinen Vorstellungen besser entsprach, wäre das wohl für ihn und alle anderen fatal geworden: „Zwei sind mächtiger als eines, Sesshoumaru-sama. Und ein solches Schwert kann nur von den beiden anderen besiegt werden.“ Irrte er sich oder atmete der auf? Das sollte er ihm besser nicht mitteilen, dass bei einem Sieg über das Höllenschwert dieses eben da versiegelt würde und ihm nicht mehr zur Verfügung stand. Das war reiner Überlebensinstinkt. „Das heißt also, wenn Naraku das Höllenschwert bekommt, kann er damit machen, was er will?“ erkundigte sich Inu Yasha. Das klang nicht gut. „Äh, nein.“ Toutousai seufzte: „Nur jemand aus der Familie des Herrn, Hundeblut, vermag den dunklen Geist des Schwertes zu zähmen. Weder Kato noch Naraku könnten es beherrschen...“ „Ja, aber das wäre...“ „Schlecht, du Narr. Dann macht das Schwert nämlich, was es selber will. Und was es anrichtet, wenn es allein den Höllendrachen loslässt...auweia.“ Inu Yasha sah zu Sesshoumaru, der stur geradeaus blickte. Aber anscheinend war die Sache wirklich so wichtig. Der Shogun, nein, sein Halbbruder, hatte auch nicht gerade den Eindruck gemacht, scharf auf diesen Trip zu sein. Er wäre auch wohl lieber bei seinem, ihrem, Vater geblieben. Verdammt. Jetzt hatte er einen Vater und musste den wieder allein lassen, würde ihn vielleicht nie wieder sehen....Dabei schien der netter zu sein als er geglaubt hatte. Immerhin hatte er ihn sofort vor aller Ohren anerkannt. Nett – oder das Letzte, was der noch in Ordnung bringen wollte, ehe er starb? Oder beides? Egal: „Weiter...“ Toutousai seufzte erneut: „Viel mehr kann ich dazu nicht sagen. Wenn ihr zusammenarbeitet könnt ihr das Schwert der Unterwelt und den Höllendrachen besiegen. Wenn nicht, wird jeder und alles hier sterben.“ „Keh!“ war der einzige Kommentar des Halbdämons. Sesshoumaru verstand dies eigenartigerweise. Er wäre lieber bei seinem Vater geblieben. Zum einen, weil das natürlich politisch wichtig war. Sollte der sterben, musste der Thronfolger parat stehen. Zum anderen – starb dieser nicht.....er wäre trotzdem gern bei ihm geblieben, ohne dafür einen Grund angeben zu können. Vielleicht die Erinnerung an Vaters Hand, als er schwerverletzt da gelegen hatte, nachdem ihn dieser Mistkerl, dieser Bastard, mit Tessaigas Windnarbe erwischt hatte..? Er warf einen kühlen Blick seitwärts. Zusammenarbeit? Mit dem? Ungeheuer, Hundegott und wusste der Himmel was noch für Namen sich dieses Halbblut zugelegt hatte. Eigenartigerweise nicht seinen richtigen Titel, zumindest halb: Prinz von Teien. War ihm das so gleich gewesen? Würde es ihm vielleicht sogar gleich sein der Sohn des Mikado zu sein? Lass die Hoffnung, dachte er gleichzeitig. Niemand verzichtete freiwillig auf diesen Titel, auf die größte Macht. Nun gut. Für das Höllenschwert benötigte er ihn wohl, da er schlecht Tenseiga und Tessaiga gleichzeitig führen konnte. Danach jedoch würde er ihn mit beiden Schwertern zum Duell fordern – und auch Tessaiga gewinnen. Zumindest, falls Vater verstorben war. Aber um ehrlich zu sein, glaubte er nicht so recht daran. Vater war so stark, so mächtig, eigentlich unverwundbar. „Wer hat den eigentlich das Höllenschwert geschmiedet, Totousai?“ rief Kagome von Kirara hinüber. „Du?“ Der Schmied hob die Hände: „Nein, um Himmels Willen. Das könnte ich nicht und wollte ich auch nicht. Das ist eben das Schwert der Unterwelt und eines Tages erschien es in der Welt der Lebenden und richtete viel Unheil an, ehe es einem Vorfahren des Herrn – und der beiden hier – gelang, es zu zähmen. Seither ist es in der Familie. Und niemand außer einem Familienmitglied könnte es je zähmen.“ Das hieß also auch er, dachte Inu Yasha plötzlich. Gut zu wissen, falls was schief ging. Diese Klinge hörte sich wirklich mörderisch an und er warf unwillkürlich einen Blick auf die fruchtbaren Felder unter ihnen, wo Menschen schwer für ihr Brot arbeiteten, Tiere lebten....Und auch die Mutter des Waldes würde dann wohl sterben, die ihm, die ihnen, so geholfen hatte. Das bedeutete, auch der Bastard könnte das Höllenschwert führen, erkannte auch Sesshoumaru. Das hieß, er musste aufpassen, diese Klinge zuerst in die Hand zu bekommen, sonst hätte der im Kampf einen unschlagbaren Vorteil gegen ihn. Fürst Kato ließ in seinem eiligen Lauf erst nach, als er vor sich Gestalten in der Ebene entdeckte, die ihn erwarteten. Erleichtert erkannte er seinen Verbündeten, der ihn dort mit vier Männern erwartete, offenbar Menschen. Warum er wohl die als Leibwache mitgenommen hatte und keine Dämonen? Immerhin schien Naraku gut informiert wie eh und je zu sein, denn die Tatsache, dass er ihn hier erwartete, bedeutete nicht nur, dass er von den Vorfällen im Stufental wusste, sondern auch seine Fluchtrichtung eingeschätzt hatte. Im Näherkommen erkannte Kato dann auch ein junges Mädchen – Kanna, die Verlobte seines Sohnes Yari. Beruhigt durch ihre Anwesenheit, blieb er vor seinem Verbündeten stehen, etwas außer Atem. „Mein lieber, teurer Kato,“ meinte Naraku freundlich: „Wie schön Euch nicht nur lebendig zu sehen, sondern auch noch gleich mit dem Höllenschwert als Gastgeschenk.“ Kato betrachtete das Schwert in seiner Hand kurz: „Nun, ich hoffte, dass Ihr den Bann, der auf ihm liegt, wieder lösen könnt.“ „Natürlich.“ Naraku streckte die Hand aus: „Wenn Ihr es mir gebt, werde ich ihn aufheben lassen. - Ich bekam mit, Euer Kampf im Kaidan no Tani verlief nicht ganz erfolgreich?“ Kato schnaubte, überreichte aber das Schwert: „Dieser Drache ließ sich vom Mikado besiegen! Und Prinzessin Abi samt ihren Vögel verschwand eiligst nach dem Tod ihrer Mutter. Tolle Verbündete, die Ihr mir da angeschleppt hattet.“ „Danke für das Schwert, mein Wertester.“ Naraku lächelte: „Ich muss zugeben, es ist immer von Vorteil, sich auf seine Verbündeten verlassen zu können. Anscheinend war der Mikado da erfolgreicher als Ihr.“ „Dieser Hundegott samt Anhang? Ja, leider. Keine Ahnung, wo die plötzlich herkamen.....“ Kato wollte gerade fragen, was nun passieren sollte, als sein Verbündeter meinte: „Bankotsu, Ihr werdet doch mir den Gefallen tun, auf den edlen Kato hier aufzupassen, während ich mich um das Schwert kümmere. Komm, Kanna.“ Er machte sich auf den Weg. Der Katzendämon atmete etwas auf, ehe er ein wenig überrascht sah, wie der „Bankotsu“ genannte Anführer der Krieger sein riesiges Schwert von der Schulter nahm und ihn fast freundlich fragte: „Ich hoffe, Ihr habt Euch den Hals gewaschen?“ Das war das Vorletzte, das der verwirrte Kato hörte. Dann nur noch das Heranpfeifen der Klinge. Kouga, der Anführer des kaiserlichen Geheimdienstes, befand sich mittlerweile bereits in der Provinz Tonoo und eilte durch die endlosen Reisfelder der Menschen. Sein Befehl lautete, Fürst Naraku für abgesetzt zu erklären und dann wohl auch alles zu sichern für wen auch immer, den der Mikado dann als Fürsten einsetzen würde. Der Mikado oder Sesshoumaru, denn Kouga gab zu, dass er so schwere Verletzungen auch bei Dämonen kaum je an Überlebenden gesehen hatte. Nun, um ehrlich zu sein, hatte er eine gewisse Abneigung gegen den Shogun und dessen Kälte, aber natürlich war er nie so lebensmüde gewesen, das zu äußern oder auch nur anzudeuten. Dieser rot-weiße Halbdämon war also der zweite Sohn des Mikado und gleichzeitig auch der Gipfel aller Probleme der letzten Monate, die er und seine Männer gehabt hatten das Ungeheuer von Teien, der Hundegott, der Besitzer von Tessaiga. Immerhin hatten er und seine Menschen auf der Seite des kaiserlichen Heeres gekämpft... Ahja. Hier endete Tonoo und begann Teien. Er blieb stehen. Selbst mit seinen überraschend schnellen Beinen, die er seit einem seltsamen Unfall besaß, musste er einmal langsamer werden. Es war doch eine gehörige Strecke, und der scheinbar endlose Kampf im Stufental steckte ihm auch noch in den Knochen. So marschierte er in gewöhnlichem Gehtempo weiter und versuchte wieder zu Atem zu kommen, neue Kräfte zu sammeln. Rechter Hand vor ihm lagen die Berge, die Teien und Shiroi trennten, in denen der große Fluss entsprang, der quer durch Teien den Weg zum Meer suchte. Hier jedoch war Steppe, Ebene. Da er in Gedanken versunken war, war es mehr als verwunderlich, dass ihm der große Erdhügel vor sich auffiel. Er blieb stehen, als er erkannte, dass es sich um keinen natürlichen Hügel handelte, sondern ein riesiger Mann dort saß, viel größer als ein gewöhnlicher Mensch. Er roch auch anders, als er sich jetzt erhob, offenkundig ärgerlich darüber, in seinem Nickerchen gestört worden zu sein. Noch ehe Kouga dazu kam auszuweichen oder ein Wort zu verlieren, schoss die Faust des Unbekannten auf ihn zu. Wohl die meisten Dämonen wären von dem Schlag mit der geradezu riesigen Pranke erwischt worden. Nur Kougas neue Fähigkeit rettete ihn. „He,“ murrte er: „Immer so unfreundlich?“ Das war ja lästig. Die Hand dieses Giganten war fast so groß wie sein eigener Kopf. Das war doch kein Mensch, nun, kein gewöhnlicher. „Ich bin Kouga, im Auftrag des Mikado. Lass mich vorbei.“ „Ich bin Kyuukotsu. Und ich warte hier auf meine Freunde.“ Er schlug erneut mit der Faust zu. Kouga entkam dem Hieb durch einen gewaltigen Seitwärtssprung, wendete jedoch noch in der Landung und griff nun seinerseits an, mit den Beinen zuerst.. Noch ehe der Riese seine Rechte zurückgezogen hatte, traf ihn der Tritt des deutlich Kleineren an der Brust. Kyyukotsu wankte zwar aber fiel nicht – leider, dachte der junge Wolfsdämon. Was nun? Er war müder als es gut gewesen wäre, denn der Idiot schien es wirklich darauf anzulegen, ihn umzubringen. Während er erneut einem Fausthieb entkam, dachte er hastig nach. Wenn er sein Schwert ziehen würde....aber das war durch den scheinbar endlosen Kampf im Stufental schartig geworden und er hatte keine Ahnung, ob es nicht vielleicht sogar brechen würde. Andererseits – ein Kampf mit bloßen Händen auf Leben und Tod? Ja, beschloss er dann grimmig. Er war trotz allem, Müdigkeit hin oder her, ein Dämon und das war ein Mensch. Es musste einfach klappen, allerdings sollte es das besser schnell. Zum einen hatte er einen kaiserlichen Auftrag, zum zweiten spürte er, dass er seine Kräfte bei weitem nicht mehr hatte. Ihm blieben allerdings seine Beine, die von der Müdigkeit des restlichen Körpers fast nichts mitbekommen haben zu schienen. Ein erneuter Angriff, um ihn förmlich in den Boden zu rammen. Idiot, immer das Gleiche, dachte Kouga, ehe er erkannte, dass es diesmal etwas anderes war. Die riesige Hand war halb offen und er entkam ihrem Zugriff nur noch um ein Haar mit einem waghalsigen Sprung über die Schulter des Riesen. Bei dem Versuch, ihn doch noch zu packen, rammte sich Kyuukotsu die eigene Hand gegen die Stirn. Der Wolf landete und hastete beiseite, um nicht doch noch gepackt zu werden, als er aus den Augenwinkeln bemerkte, dass unter dem Hieb an der Stirn seines Gegners etwas aufgeleuchtet hatte. Magie? Das würde erklären, warum der andere zwar nach Mensch roch, aber weder wie einer aussah noch so kämpfte. Er musste die Sache in der Tat rasch bereinigen, ehe dieser Idiot noch etwas ganz anderes auspackte und ihn wirklich ermüdete. „Na, tut es weh?“ erkundigte er sich spöttisch, woraus hin der gereizte Riese prompt herumfuhr und erneut die Faust nur knapp den Wolfsdämon verfehlte. Die Stirn......Wenn die Magie in der Stirn lag, musste sie auch dort zu bekämpfen sein. Sein Plan war etwas selbstmörderisch, aber das würde schon klappen. Seine Beine waren das einzige Körperteil, auf das er sich momentan noch verlassen konnte. So tat er, als ob er rasch müde würde – und ließ sich im vierten Ablauf von der riesigen Pranke umschließen. Für einen Moment packte ihn Angst – was, wenn ihn dieser Kyuukotsu nun einfach auf den Boden schlagen würde? Aber wie er es erhofft hatte, hob ihn der Andere hoch. „Nicht mehr so vorlaut, hm? Ich reiße dir den Kopf ab.“ „Versuchs doch.“ gab Kouga zurück, während er sich bereits auf seinen Angriff konzentrierte, der einfach klappen musste, sonst war alles zu Ende. Er stützte sich mit beiden Händen auf Damen und Zeigefinger des Riesen ab, während sein Rechtes Bein emporschoss, genau auf den Daumen zu. Mit einem Schmerzlaut lockerte Kyuukotsu unwillkürlich seinen Griff. Sich noch immer auf der feindlichen Hand abstützend, sprang Kouga mit einem Überschlag hinauf und trat mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, gegen die Stirn seines Widersachers. Wieder dieses seltsame Leuchten, dann erkannte er, wie das helle Teil irgendwo auf der Wiese liegenblieb – und auch der Riese langsam zu Boden fiel. Keuchend blieb der Wolfsdämon für einen langen Moment stehen. Das war knapp gewesen. Wer oder was war das nur? Davon müsste er dem Inu no Taishou oder Sesshoumaru erzählen – wenn er seinen Auftrag in Shuto erledigt hatte. Weitaus langsamer als zuvor ging er weiter. `` Fürst Kato hat sich eindeutig den falschen Verbündeten ausgesucht. Wir werden sehen, ob zwei Halbbrüder, die dazu sich nicht sonderlich mögen, erfolgreicher gegen Narakus Plan C sein werden. Kapitel 23: Sieben Krieger -------------------------- Sesshoumaru ließ seinen Drachen landen, als er den Toten auf dem Boden sah. Toutousai folgte ihm samt Inu Yasha und Sango lenkte Kirara zu Boden. Nur der Shogun erkannte Fürst Kato auf Anhieb, aber da der alte Schmied etwas von: „Es ist weg...“ murmelte, konnten sich auch die Anderen denken, was fehlte und wer das war. Der Rebellenführer war buchstäblich einen Kopf kürzer gemacht worden und Kagome vermied es ihn anzusehen. Stattdessen wandte sie sich an die Halbbrüder, die seltsam ähnlich die Nasen gehoben hatten: „Ist das...Fürst Kato? Aber wer hat dann das Höllenschwert?“ „Naraku war hier,“ erklärte der Halbdämon sofort: „Und auch welche von diesen eigenartigen Kriegern.“ Der Shogun warf einen Blick zu ihm: „Eigenartige Krieger.“ Was sollte diese Bemerkung? Immerhin schien der Bastard etwas mit dem Geruch anfangen zu können. Er selbst konnte zwar sagen, dass hier mehrere Leute gewesen waren, darunter auch Fürst Naraku und dessen Tochter, dass der samt dem Höllenschwert offenbar abgeflogen war, während die anderen mit Onkel Kato hier geblieben waren, ihn also wohl getötet hatten – aber wer war das? Naraku schien so einiges unter seiner Nase getrieben zu haben, was er nicht mitbekommen hatte, wie peinlich. Und mehr als ärgerlich. Dafür würde der bezahlen. „Das sind sieben Krieger, die Naraku hat. Sehr eigenartige Typen,“ sagte Inu Yasha hilfsbereit. Er hatte sich entschlossen seine neue Familie zu unterstützen und dazu stand er, auch, wenn er gewisse Shogune nicht so sonderlich mochte: „Selbst die Dämonenkrieger reden mit Unbehagen von ihnen, soweit ich das mitbekommen habe. Anscheinend hat Naraku jetzt dieses Schwert. Wenn er den Bann löst, ist das ein Problem, oder?“ „Kann man so sagen,“ erwiderte Toutousai mit einem Seufzer: „Entweder der Geist des Höllenschwertes übernimmt ihn – und bringt alles um, was lebt, oder er kann es kontrollieren, was auch zu Krieg führen wird. Überdies könnte er dann Mikado werden.“ „Das wird schon nicht passieren.“ Der Halbdämon legte unwillkürlich die Hand an Tessaiga: „Aber wohin ist er? Nach Shuto?“ Der Witterung nach zu urteilen hatte sich der liebe Ex-Fürst in Luft aufgelöst, also war er wohl geflogen. „Ich würde vorschlagen,“ meinte Sango mit einem etwas vorsichtigen Blick auf Sesshoumaru: „Dass er wohl zu der Person ging, die den Bann legen konnte. Wo sie ist, ist auch er. Leider wissen wir nicht, wer das sein könnte.“ Da hatte die Dämonenjägerin durchaus Recht. Der Shogun traf seine Entscheidung: „Ihr...“ Das bezog sich eindeutig auf die Menschen und den kleinen Fuchs: „Fliegt nach Westen in das nächste Menschendorf und fragt nach so jemandem. Der...Ich und Inu Yasha werden weiter Richtung Shuto gehen.“ Gehen. Das bedeutete also, dass auch der hohe Herr wohl lieber nicht mit dem Drachen weitermachen wollte, vermutlich schon gar nicht ihn mit draufhaben wollte. Der Halbdämon hätte fast die Arme verschränkt und protestiert, aber dann dachte er daran, dass es ja anscheinend eilte. Und sein, ihr, Vater immerhin seine vermutlich letzten Atemzüge daran verschwendet hatte, sie beide gemeinsam auf die Spur dieser Klinge zu setzen. So unrecht war ihm der Mikado nicht erschienen, eher irgendwie...nett. Schützenswert, auch, wenn er kein Mensch sondern ein Dämon war. Aber es wäre Mama sicher lieb gewesen, wenn er ihm geholfen hätte. „Na, dann los.“ Toutousai, der durchaus begeistert war, aus der Sache aussteigen zu können, bot höflich an: „Ich kümmere mich um den Drachen.....“ Der Shogun war allerdings bereits unterwegs und Inu Yasha machte einen eiligen Satz, um an dessen Seite zu gelangen. Schließlich wollte er dem nicht wie ein Dienstbote hinterher trotten. Sango sah sich um: „Dann komm, Kagome, vor mich. Das geht, Kirara kann uns alle tragen.“ Immerhin besser vor der Dämonenjägerin, als vor dem manchmal zu nahekommenden Mönch, dachte die Priesterschülerin prompt, die durchaus bemerkt hatte, dass Shippou zwischen diesen beiden saß. Sicher war eben sicher. „Und was machst du, Toutousai?“ Der Schmied zuckte ein wenig die Schultern: „Äh, ich werde nach Hause gehen...Ja, das dürfte am sinnvollsten sein. Wenn der Mikado wieder in Machi ist, wird er ja sehen, dass Myouga den Suchbefehl für mich aufgehoben hat.“ „Oh, dann glaubst du, er kann diese schweren Verletzungen überleben?“ Kagome gab zu, dass sie nie zuvor so viele verwundete Dämonen auf einen Haufen gesehen hatte, wie im Tal der Stufen – und der Kaiser selbst war einer der am meisten Betroffenen. Toutousai schüttelte den Kopf: „Das weiß keiner, er ist ein sturer alter Hund, aber das sah schon übel aus. In jedem Fall: entweder kehrt er nach Machi zurück oder Sesshoumaru als neuer Mikado, denn ich glaube kaum, dass ihm jemand widersprechen wird.“ So selbstmörderisch, sich mit dem Shogun auf ein Duell einzulassen, war keiner der Fürsten – nur ein gewisses Ungeheuer aus dem Todeswald. Aber in dessen Adern floss ja zu einem gut Teil das gleiche Blut, die gleiche Macht, die gleiche Sturheit. „Das bedeutet dann aber auch, dass er Inu Yasha Tessaiga abfordern wird.,“ meinte sie besorgt. „Möglich. Aber das liegt jetzt allein an diesem impulsiven Hundebaby und dem Dickkopf von Sesshoumaru.“ Toutousai kratzte sich die wenigen Haare: „Da sollte sich wirklich keiner einmischen. Wenn es Inu Yasha gelingt, seinem Halbbruder klar zu machen, dass er kein Konkurrent um den Titel ist – ist er doch nicht, oder?“ Und da Mensch und Fuchsdämon die Köpfe schüttelten: „Naja, wenn er ihn für nützlich findet, wird er es ihm lassen. Sonst besiegen die beiden Idioten gemeinsam Naraku nur, um sich dann gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Hoffentlich. Im schlimmsten Fall bringen sie sich um ohne dass sie das Höllenschwert haben...schön, dann braucht sowieso keinen mehr irgendetwas zu interessieren.“ Er kletterte auf seine Kuh und pfiff dem Drachen: „Also, hoffen wir das Beste für die beiden Söhne des Herrn.....Hundejungen!“ Er verschwand, ohne zu ahnen, dass er die Besorgnis der Zuhörer nur noch gesteigert hatte. „Wir sollten wirklich zusehen, dass wir den Namen des Zauberers oder der Hexe herausbringen,“ meinte Miroku: „Je eher die Beiden voneinander abgelenkt werden, umso besser kann es nur für alle sein.“ Kagome nahm Sangos angebotene Hand und ließ sich auf die Katze ziehen: „Das klingt wirklich gruselig. Ich meine, ich habe vorher gar nicht nachgedacht, weil es alles zuviel auf einmal war – aber wir haben immerhin an einer Dämonenschlacht teilgenommen und auch welche umgebracht! Das ist gruselig. Und irgendwo tut es mir auch Leid. Aber dieses Höllenschwert scheint ja noch schlimmer zu sein als die Rebellion.“ „Ja, vor allem, wenn Naraku es hat und einsatzfähig bekommt. Da waren alle mehr als besorgt. Ich will gar nicht wissen, was es anstellt, zumal, wenn der Mistkerl es hat.“ Sango klang erbittert: „Ich denke nur an mein Dorf, da brauchte er nicht einmal das Höllenschwert, sondern diese Wurmdämonen und.....Miroku, könnten das diese sieben Krieger gewesen sein, von denen Inu Yasha vorher sprach?“ „Möglich. Aber es ist nicht sicher.“ Der Wandermönch zuckte ein wenig die Schultern: „Aber denkbar wäre es, es würde gut zu ihm passen, ein friedliches, ungewarntes Dorf umbringen zu lassen, nur um von sich abzulenken, oder? Los jetzt!“ Die beiden Halbbrüder schritten nebeneinander über die Ebene, in tiefem Schweigen. Nicht nur, dass sie nicht gewusst hätten, über was sie miteinander reden sollten, jede Bewegung des anderen oder seines Schwertes erinnerte sie an das Duell gegeneinander – und an ihren gewissen Zorn aufeinander. Überdies, aber das gaben beide kaum sich selbst zu, dachten sie an einen Schwerverletzten, den sie zwar mit einem Heer zurückgelassen hatten, aber doch in akuter Lebensgefahr. Endlich blieb Inu Yasha stehen und prüfte noch einmal die Witterung. Sesshoumaru, der um nichts auf der Welt hinter dem Bastard zurückstehen wollte, beeilte sich, ebenfalls die Luft zu untersuchen. Tatsächlich. Hier waren auch diese seltsamen Krieger gewesen – und Naraku. Und hier hatten sich welche der Menschen getrennt, in unterschiedliche Richtungen. Wohin also war jetzt ihr Auftraggeber? Es wäre töricht von dem Ex-Fürsten das Höllenschwert aus der Hand zu geben, also würde es sich bei ihm befinden. Aber wo war diese zuständige Hexe? Jemand, der solch mächtige negative Magie verwendete, würde natürlich zusehen, dass er unentdeckt blieb. Hoffentlich bekam diese Menschenbande etwas aus den Dörflern heraus. Soweit er wusste, redeten Menschen lieber mit ihresgleichen. Bei ihm stotterten die Meisten nur sinnlos herum, eine Tatsache, die nicht dazu diente, seine Meinung über diese Spezies zu heben. „Teilen wir uns wie die,“ sagte Inu Yasha: „Mit irgendeiner der Gruppen muss der liebe Naraku doch mit sein. Er wird sich kaum allein durch die Gegend trauen, wenn er weiß, dass die Rebellion ein Fehlschlag war und er sich denken kann, dass Kato verfolgt wird.“ Ausnahmsweise eine gute Idee dieses Halbblutes. Und hinzu kam, dass er selbst so die höhere Chance bekam, das Höllenschwert als erster von ihnen beiden zu fassen: „Dann geh geradeaus.“ Das war die Richtung nach Shuto, der Hauptstadt von Teien, und der Shogun vermutete eigentlich nicht, dass Naraku so dumm wäre, sich dorthin zurückzuziehen. Wichtig war, dass er selbst das Höllenschwert bekam, sei es für seinen verehrten Vater, sei es für sich selbst. Hielte es der Bastard in den Händen, wäre es für den ein Leichtes den höchsten Titel zu fordern. Eine weitere undenkbare Schande für ihn selbst – immerhin, noch konnte er sich damit trösten, dass wohl kaum jemand von seiner beschämenden Niederlage gegen den Bastard gehört hatte. Eigenartigerweise ging der damit nicht hausieren. So trennten sich die Halbbrüder, beide nicht gerade böse darum, den jeweils anderen nicht mehr als Begleiter zu haben – und beide sicher, mit allen auftauchenden Problemen allein fertig zu werden. Naraku landete derweil vor einem Mittelgebirge des westlichen Teien. Überaus interessant, was die gute Tsubaki da als Bannkreis fabriziert hatte. Das mochte auch ihm nützlich sein. Gut. Erst einmal sollte sie den Bannkreis des Höllenschwertes lösen, dann würde er es unter seine Kontrolle bringen – und sie ihre Hilfe, nannte man es, wohlbezahlt bekommen. Auch ohne diese Klinge war er ihr an Macht zumindest gleich, ohne dass sie es ahnte. Allerdings hätte er solch einen menschlichen Zauber, wie ihn nun das Höllenschwert vor jedem dämonischen Zugriff versiegelte, nie hinbekommen. Dazu musste man eben ein Mensch sein oder einen kennen. Noch immer besaß er allerdings mehr als die Hälfte des Juwels der Vier Seelen, das den Fürsten von Teien seit undenklichen Zeiten schützte. Die meisten Teilstücke hatte sein...kürzlich verschiedener, Sohn Akago sammeln können. Einige davon hatte er selbst an Helfer verteilt, die sieben Krieger. Und er würde sie auch wiederbekommen, wenn sie ihre Arbeit für ihn getan hatten. Natürlich kaum freiwillig. Aber zunächst einmal lag etwas Wichtigeres an: Tsubaki, ihr Zauber und vor allem das Höllenschwert. Er sah seitwärts: „Kanna, dein Spiegel.“ Wortlos reichte ihn ihm das Mädchen und wies das Bild der Fläche vor. Kato war also tot, die Krieger auf dem jeweiligen Weg. Sehr gut. „Wo ist Sesshoumaru?“ Da. Allein zu Fuß in Teien. Der Idiot, immer das Gleiche. Der einsame Rächer, das hatte er schon gegen das Ungeheuer betrieben. Hm. Es war ärgerlich, dass er schon hier war, aber natürlich war er Kato wutentbrannt gefolgt. Aber, das bedeutete, dass er in jedem Fall früher oder später auf die Krieger stoßen müsste, die in einer gewissen auseinandergezogenen Linie ihm den Weg nach Shuto verlegen sollten. Zwei davon extra mit einer netten kleinen Überraschung für den Shogun. Es zahlte sich eben aus vorauszudenken. Gegen alle Sieben würde er kaum bestehen können, zumal ihm die Schlacht im Kaidan no Tani und auch die Reise hierher sicher noch in den Knochen steckte. Selbst starke Dämonen waren zu besiegen, man musste sie nur ermüden. Kamen bei diesen weiteren Kämpfen seine eigenen Krieger um – Pech für die. Aber bis dahin hätte er das Höllenschwert. Damit und mit dem Großteil des Juwels von Teien war er in Kampf und Magie unbezwingbar. Sein Blick glitt seitwärts. Benötigte er Kanna noch? Die Hochzeit mit Prinz Yari war nutzlos geworden, da Kato als Verräter bekannt war und auch starb. Damit wäre der Rechtsanspruch Yaris allein auf Nakamura hinfällig, um wie viel mehr auf das gesamte Reich. Sicher, sie konnte ihm Informationen geben, aber das war nun nutzlos. Der Mikado war höchstwahrscheinlich tot oder zumindest außer Gefecht, dessen dämlicher Sohn im Begriff in die aufgebauten Fallen zu tappen. Nichts und niemand konnte ihn, Naraku, nun mehr stoppen, wenn er Tsubaki in ihrem Versteck auf dem Berg Hakurei besuchte. Ohne das er auch nur die Miene verzogen hätte, schlug er gegen die glänzende Oberfläche. Kanna holte erschrocken Atem. In dem Spiegel befanden sich geraubte Seelen, die sie am Leben hielten. Noch ehe sie ganz begriff, entflohen diese ins Jenseits und das weißgekleidete Mädchen stürzte zu Boden. Bei dem Aufprall zersplitterte sie, ebenso wie auch ihr Spiegel. Zufrieden, sich seiner Mitwisserin entledigt zu haben, machte sich Fürst Naraku auf den Weg zu dem scheinbar undurchdringlichen Bannkreis, den die schwarze Priesterin da gelegt hatte. Er würde ihn mit Hilfe des Juwels allerdings durchschreiten können – und selbst dahinter in Sicherheit sein. „Sango!“ Mirokus Ruf ließ die Dämonenjägerin Kirara zur Landung bringen. Auch sie hatte bemerkt, dass dort eine Leiche lag – eine geradezu riesige, allerdings nicht von einem Dämon. Das verdiente Nachforschung, wie alle Merkwürdigkeiten der letzten Wochen, ja, Monate. „Was für ein großer Mensch,“ staunte auch Kagome, ehe sie etwas Eigenartiges spürte. So stieg sie mit den anderen von der Katze, die vorsichtig zu dem Riesen traten. Sie suchte den Ursprung ihres Unbehagens. „Er wurde getötet,“ sagte Sango: „Aber wer hätte das können...?“ Sie betrachtete den grasigen Boden um sich: „Keine solche Attacke wie die Windnarbe oder so....“ „Ein Wolfsdämon!“ krähte Shippou: „Ich kann ihn noch riechen.“ „Ein Wolf...?“ wiederholte Sango. „Der Dämon, den der Mikado nach Shuto schickte,“ fiel Miroku ein: „Kiga, Kouga...oder so ähnlich. Der könnte hier vorbeigekommen sein.“ Er fuhr herum, als er etwas ganz Anderes spürte. Fast entsetzt entdeckte er einen kleinen Splitter, sicher des Juwels von Teien, nach dem Kagome gerade griff. „Lass das!“ rief er. Der leuchtete dunkel, war also verunreinigt worden, dunklen Gefühlen anheim gefallen. Nahm ihn das Mädchen, würde auch sie dies tun, von dem Splitter besessen werden. Entweder sie hörte ihn nicht oder wollte nicht auf ihn hören...noch ehe er losspurten konnte, hatte sie danach gegriffen. Und dann holte der Wandermönch tief Atem. Dieser Splitter, den er selbst nicht anzufassen gewagt hätte, leuchtete auf einmal hell unter den Fingern der Priesterschülerin, die mit einem Lächeln aufstand: „Seht nur: hier lag ein Splitter herum.“ „Äh, ja,“ war alles, was Miroku dazu einfiel. Wie groß war eigentlich ihre magische Macht? Sie war doch nur eine Schülerin.. Und konnte, ohne dass sie es anscheinend bemerkt hatte, derartig vergiftete Splitter läutern? Mehr wie interessant. „Kouga war also hier,“ meinte Sango, die von dem Zwischenfall nichts mitbekommen hatte: „Dann ist er sicher weiter nach Shuto, das müsste in diese Richtung liegen. Aber wir sollen ja Menschen befragen. Kommt nur. Das nächste Dorf dürfte nicht weit weg sein. Danach folgen wir dem Shogun und Inu Yasha auch in Richtung Shuto.“ „Geht das?“ erkundigte sich der kleine Fuchs plötzlich: „Ihr wurdet in Shuto doch alle verurteilt.....“ „Schon, aber der Mikado hat doch Kouga ausgesandt, dass er Naraku abgesetzt hat, da gelten auch die Urteile nicht mehr. Überhaupt – wir sind dann in Gegenwart des Shogun oder je nachdem auch des neuen Mikado – wer soll uns aufhalten? Wir sollten uns allerdings lieber beeilen, seinem Befehl zu folgen und Erkundigungen einzuziehen. Wenn wir Sesshoumaru verärgern könnte das tödlich sein. Nein, wird es das.“ „Inu Yasha wird uns beschützen,“ erwiderte Kagome unverzüglich: „Aber trotzdem hast du recht: wir sollten zusehen, dass wir wissen, wo sich der Zauberer oder die Hexe befindet. Bevor es zu einem erneuten Duell um Tessaiga kommt.“ Das war allen klar und so machten sich die Fünf wieder auf den Weg. Kaum eine Viertelstunde später erreichten sie ein Dorf. Erschreckt hielten sie noch im Flug darüber an. Alle Menschen, die sie entdecken konnten, lagen auf dem Boden – bewusstlos oder tot. „Da ist etwas passiert!“ Sango ließ Kirara abseits fliegen, ehe die Katze landete. „Anscheinend ein Gift....“ Sie zog eine Maske aus ihrer Dämonenjägeruniform: „Ihr bleibt lieber hier.“ „Ich komme mit,“ erklärte Miroku: „Ich bin gegen die meisten Gifte immun. Und wenn mir schwach wird, kehre ich hierher zurück. Aber du solltest nicht allein gehen...“ Die Jägerin warf ihm einen warmen Blick zu. Auch, wenn er seine Finger nur selten bei sich behalten konnte: er war zuverlässig, ein guter Partner, und sie mochte ihn sehr. Aber das würde sie ihm nie zu erkennen geben – dazu war er in dieser gewissen Hinsicht zu sehr ein Hallodri, der jedem Rock hinterherlief. Als Ehemann konnte sie sich ihn kaum vorstellen. Während die Beiden vorsichtig zu dem Dorf gingen, sah sich Kagome um: „Kannst du etwas riechen, Shippou?“ „Nein“, sagte der kleine Fuchsdämon, stolz, dass sie ihn fragte. „Hier stinkt alles – im Dorf selbst muss es wirklich schlimm sein. Vielleicht sind die Menschen auch nur umgefallen, weil es so stank.“ „Ja, möglich. Wer würde schließlich einfach so Menschen vergiften. Das ergibt doch keinen Sinn.“ Kagome hielt den Atem an, als sie plötzlich das Gefühl bekam, der Geruch hätte sich verstärkt. Sie sah, dass auch Shippou aufmerksam wurde, nach Luft zu ringen begann: „Inu Yasha....“ brachte sie noch hervor, ehe sie ohnmächtig wurde. Shippou begriff, dass auch er bald bewusstlos werden würde, wie selbst Kirara neben ihm, und rannte davon, so rasch es ging. Als er sich umdrehte, sah er, wie ein kleiner Mann mit einer Maske vor dem Gesicht zu Kagome ging – und, dass Sango und Miroku im Dorf ebenfalls zusammenbrachen. Oh nein. Das hing nun alles an ihm. Er rannte los, ungefähr die Richtung nehmend, aus der sie gekommen waren. Inu Yasha....! Der Halbdämon, ahnungslos darüber, was zwischenzeitlich mit seinen Freunden geschah, war weiter in Richtung Shuto gegangen. Nach einiger Zeit traf er neben der Fährte der Krieger, denen er folgte, auf eine weitere. Für einen Moment war er überrascht, dann fiel ihm ein, dass der Mikado, nein, sein Vater, einen Wolfskrieger nach Shuto gesandt hatte, um Naraku für abgesetzt zu erklären. Das musste der Typ hier sein. Ein Wolfsdämon, der sehr schnell gelaufen war. Wirklich extrem schnell, denn die Füße hatten nur in ziemlichem Abstand das Gras berührt. Logischerweise hatte der keine Ahnung, was sich hier so alles in Teien herumtrieb. Wenn der auf die zwei oder drei Krieger Narakus stieße, gab es sicher Ärger. Na, dann müsste er dem Wölfchen eben helfen. Inu Yasha blickte auf, als er vor sich eine große Helligkeit aufflammen sah. Was war das denn? Im nächsten Sekundenbruchteil erreichte ein heftiger Knall seine empfindlichen Ohren, so dass er sie mit den Händen rieb. Na bitte. Da schien vor ihm ein Kampf abzulaufen. Narakus Männer gegen Kouga – und er war nicht im Zweifel, wem er helfen würde. Er rannte los. ** Sieben Krieger können eine Menge Ärger machen. Im nächsten Kapitel kommt es auch zu: Treffen. Kapitel 24: Treffen ------------------- Shippou rannte, so rasch ihn seine Beine trugen: „Inu Yasha!“ keuchte er. Aber allein von ihm hing es ab, ob der rechtzeitig kommen würde, um seine Freunde zu retten. Wo steckte der Halbdämon nur? Teien war groß, und auch, wenn er in Richtung Shuto weitergegangen war – wie sollte ihn so ein armer kleiner Fuchsdämon finden? Der Unbekannte, der das Dorf und auch seine Freunde vergiftet hatte war bestimmt auch einer von diesen sieben Kriegern Narakus gewesen, und das konnte nichts Gutes für Kagome und alle anderen bedeuten. „Inu Yasha!“ Wo steckte der nur? Im nächsten Moment schrie das Fuchskind auf, als es gegen etwas prallte, dann einen festen Griff um seinen Schwanz spürte und jemand fragte: „Inu Yasha?“ Der Halbdämon hatte unterdessen den Ort erreicht, von dem zuvor die Explosionen gekommen waren, und blieb entsetzt stehen. Hier hatte ein Kampf stattgefunden, in der Tat. Zwei Leichen lagen herum, eine davon der Wolfsdämon, die andere anscheinend einer der sieben Krieger. Aber was da sonst noch die verbrannte Erde bedeckte, schienen Metallteile zu sein, kein Lebewesen. War das auch einer der sieben Krieger gewesen? Kein Wunder, dass die selbst Dämonenkriegern unheimlich gewesen waren. Halt. Dieser Wolf lebte ja noch. Er sprang eilig zu diesem. Wie hieß der nur? Kouga, ja, so hatte ihn der Mikado....sein Vater genannt. Er zog ihn etwas auf: „He, Kouga, wach mal auf. Was ist denn hier passiert?“ Der war blutüberströmt, gerade an den Beinen, aber immerhin lebte er noch. Das war doch der Einzige, der in Shuto momentan Naraku für abgesetzt erklären konnte im Auftrag des Mikado – der Andere wäre vielleicht noch Sesshoumaru, aber ob der so nett wäre, Todesurteile rückgängig zu machen, blieb dahingestellt. Der Wolf erwachte irritiert. Wer war das denn? Kein Dämonenkrieger hielt doch einen anderen im Arm? Weißes Haar? Sollte es etwa der Shogun...ach nein, das war dieser Halbhund, dieser Inu Yasha. Und anscheinend der zweite Sohn des Mikado. Da sollte er wohl antworten: „Diese zwei Idioten haben mich angegriffen, ohne Vorwarnung. Der Eine..der da....spuckte Feuer und der Andere schoss etwas auf mich ab. Sie merkten ziemlich schnell, dass ich ein flinkes Kerlchen bin und gingen immer auf meine Beine los. Ich habe sie dann aber doch erwischt.“ Er setzte sich auf: „Sie waren zu langsam.“ „Und was hast du jetzt gemacht?“ fragte Inu Yasha ungeduldig. „Der Eine hatte so eine Art Rohr aus dem er schoss, ich habe es zugestopft. Er explodierte dann und das reichte wohl für beide. Was machst du hier, allein? Ich dachte du....Ihr solltet mit dem Shogun gehen.“ „Wir suchen diese sieben Krieger.“ „Sieben Krieger?“ „Na, drei davon sind schon mal tot,“ erklärte der Halbdämon: „Das warst wohl du? Sie arbeiten für Naraku und schon um den zu finden, müssen wir diese Typen finden.“ „Ich war fleißig, hm?“ Der Wolfsdämon versuchte aufzustehen, musste aber einsehen, dass das noch nicht ging, rasche Selbstheilung hin oder her. „Übertreibe mal nicht. Wenn die Anderen wieder hier sind, kannst du mit ihnen ja nach Shuto gehen, auf Kirara fliegen oder so.“ „He, du dämlicher Hund! Für wie schwach hältst du mich?“ „Guck dich doch an, Blödmann. Du kannst ja nicht einmal stehen, geschweige denn rennen. Und du musst die Nachricht nach Shuto bringen, dass der Mikado Naraku abgesetzt hat, sonst könnte der uns noch sein Provinzheer auf den Hals hetzen,“ „Gegen den Shogun oder gar den Mikado? Das wäre Hochverrat und Fürst...na, dieser Naraku reif für den Henker.“ „Schrecklich witzig. Was, glaubst du, macht der Mistkerl denn die ganze Zeit? Und wenn du was nicht mitbekommen hast: an der Falle, die euch da im Tal der Stufen gestellt wurde, war der Gute auch beteiligt.“ Dieser Kampf steckte dem Wolf sicher auch noch in den Knochen, dann der gegen diesen Riesen, der gegen die Zwei hier – kein Wunder, dass er noch immer zu schwach war um aufzustehen. „Dann warten wir eben gemeinsam hier. Nicht, dass noch ein paar von den Kriegern hier aufkreuzen. Vier leben schließlich noch – und die du umgelegt hast, waren sicher nicht die Besten.“ „Halt bloß den Mund, du …..“ Vorsicht, dachte Kouga plötzlich. Immerhin wusste er, wie der Shogun auf Beleidigungen reagiert hätte, und auch, wenn der Junge vor ihm das nicht so eng zu sehen schien – das war der Sohn, oder möglicherweise auch der Bruder des Mikado. Und das hieß, dass der jeweilige Kaiser im Zweifel bestimmt auf der Seite des Halbdämonen wäre. Er sollte wohl besser den Mund halten – und die grundsätzliche Abneigung eines Wolfs gegenüber Hunden ebenso verbergen wie gegenüber dem Kaiser und Sesshoumaru selbst. So verbesserte er sich in: „Schön, dann warten wir, wie Ihr wünscht.“ Kagome erwachte verwirrt, ehe ihr das Geschehen einfiel und sie sich aufrichten wollte. Das funktionierte allerdings nicht. Erschreckt stellte sie fest, dass sie zwar bei Bewusstsein war, sich jedoch kaum bewegen konnte. Sie versuchte sich umzusehen. Ein Stück entfernt von ihr lagen Sango und Miroku, offenbar bewusstlos. Shippou fehlte. Immerhin schien der Kleine entkommen zu sein. Aber wer war dieser maskierte, relativ kleine Unbekannte, der sich ihr näherte? Er sah sie so an, dass ihr unheimlich wurde. „Ah, meine schöne Braut ist erwacht.“ Braut? War der denn verrückt? Und was hatte er da eigentlich für ein Leuchten in der Kehle? Das war doch ein Splitter des Juwels von Teien, das sie so unglücklich zerstört hatte? Auch bei dem toten Riesen hatte schon eines gelegen. Die Mutter des Waldes war von solchen Splittern getroffen worden und krank geworden – bewirkten sie etwa bei Menschen das Gegenteil? Sie wurden stärker?Aber das sollte sie sich später überlegen, denn der Mann faselte schon wieder etwas von „Braut“. „Ich...ich werde dich nicht heiraten....“ brachte sie hervor. „Auch du? Ich verstehe schon...keine Frau will mich....“ Wenn er Frauen immer derart überfiel, ja? Sie entdeckte plötzlich neben sich ihren gefüllten Pfeilköcher. Wenn sie ihn damit irgendwie verletzen könnte.....Falls er wenigstens bewusstlos wurde, könnte sie sich vielleicht wieder bewegen und den beiden Dämonenjägern helfen. Als sie mehr als mühsam versuchte, nach ihren Pfeilen zu greifen, während der Unbekannte sie emporzog und seine Maske abnahm, sichtlich in der Absicht, sie zu küssen, dachte sie keinen Moment daran, dass sie noch vor wenigen Monaten, ja, Wochen, körperliche Gewalt nicht gekannt hatte, umso weniger selbst zugefügt hatte. Zu sehr hatten die Kämpfe der letzten Zeit sie daran gewöhnt. Er zog sie näher heran, und in einer Mischung aus Panik und Abscheu stieß sie ohne weiter zu überlegen die Pfeilspitze in seine Kehle, dorthin, wo sie das Leuchten des Juwelensplitters erkannte. Leider traf sie nicht, denn er konnte ihre Hand abfangen - und wurde wütend. „So, du willst mich wirklich nicht? Keine Frau, die mein Gesicht sieht...und ich dachte, du wärst etwas anderes....Dann musst du auch sterben!“ Er legte seine Hände um ihren Hals und drückte gnadenlos zu. Inu Yasha! Kagome wusste, sie hatte noch nie an einen Namen so intensiv gedacht, wie in diesem Moment. Aber woher sollte er kommen? Woher auch nur wissen, dass sie in Gefahr waren? Ob Shippou ihn fand...? Inu Yasha! Naraku betrachtete die schwarze Priesterin fast wohlwollend: „Nun, wie Ihr Euch sicher denken könnt, Tsubaki, wäre es mein Anliegen, dass Ihr den Bann um dieses Schwert wieder aufhebt.“ Sie hatte eigentlich gehofft, diese unheimliche Klinge nie wiederzusehen, aber da war sie nun einmal. So wandte sie sich ein wenig besorgt an das Schwert: „Du hast gesehen, dass ich die Wahrheit sagte....“ Das hatte der höllische Geist darin in der Tat. Kato und nun auch noch Naraku – ideale Voraussetzungen mehr töten zu können. In die Schlacht im Stufental hatte er nicht selbst eingreifen können, aber allein der Tod des Inu no Taishou war schon eine gewisse Freude. Jetzt musste nur noch dessen Sohn sterben und niemand würde ihn mehr kontrollieren können. Allerdings sollte er zunächst einmal mitspielen. Naraku würde mit seiner Hilfe Sesshoumaru umbringen – und dann wäre er endlich frei, konnte morden wie er wollte, die Hölle in der Welt der Lebenden entfesseln. Solange würde er so tun, als ob er Naraku gehorchte, zumal der über eine interessante Denkweise verfügte. Doch, das würde noch einige Tote geben....Und jetzt sollte zunächst einmal die Priesterin den Bann lösen. Wenn er seinen frischgebackenen Besitzer recht verstand, würde der dann seine neue Klinge erst einmal an ihr selbst ausprobieren. Ein amüsanter Zug an diesem Naraku. Sie würden sich bestimmt einigen können. Tsubaki nahm das wohl in Wahrheit dunkelste Schwert nicht aus der ausgestreckten Hand des Ex-Fürsten, als sie sich daran machte, den Bann zu lösen. Naraku war es nur zu Recht. Er spürte in dieser Klinge eine Seele, etwas, das ihm helfen würde. Umso besser. Mit dem Schwert und dem Juwel von Teien würde ihm alles gelingen, er endlich der Herr über das gesamte Reich werden. Und jeden aus dem Weg räumen, der dort stand. Als erstes natürlich diesen arroganten Hund von Sesshoumaru. Kagome hörte nur noch ihr eigenes Herz hämmern, spürte ihre Lungen schmerzend vergeblich nach Sauerstoff ringen. Irgendwo dachte sie noch: wo bleibt Inu Yasha, aber dann hoffte sie auf die schwarze Leere, die ihr Erlösung versprach und immer näher kam. Trotz ihrer geschlossenen Lider erkannte sie Helligkeit und fühlte sich plötzlich von dem Unbekannten freigegeben. Keuchend stürzte sie zu Boden und rang nach der Luft, die sie nie wieder zu atmen erwartet hätte. Was er doch noch gekommen? Mühsam öffnete sie die Augen und sah schwarze Schuhe. Nein, das war doch nicht der Halbdämon? Aber wer....? Angestrengt richtete sie ihren verschwommenen Blick höher, erkannte weiße Haare, eine Boa: Sesshoumaru! Aber wieso war der Shogun hier und was war passiert, dass er sie rettete? Jemand kam zu ihr: „Oh je, Kagome....“ wimmerte Shippou: „Ich habe mich doch so beeilt....“ Unfähig zu reden zog sie den kleinen Fuchs in die Arme, während sie sich mühsam aufrichtete, gerade recht, um zu erkennen, dass dies auch ihr Peiniger trat – allerdings deutlich gezeichnet von einer schweren Verletzung. „Ich weiß nicht, wer du bist,“ sagte er: „Aber du kommst einfach her und versuchst mich umzubringen....und oh.....“ Er hatte erkannt, wem er gegenüberstand, denn er verneigte sich ungeschickt: „Das tut mir Leid, sie war deine Beute? Nun ja, Irrtümer passieren eben, es ..ich habe es nicht so gemeint....“ Er zog sich vorsichtig weiter zurück, ohne dass ihn der Shogun aus den Augen ließ. „Ich stehe eben auf hübsche Mädchen, das...das ist so.....“ Er griff hinter sich in das Gebüsch: „ich habe hier auch eine kleine Entschuldigung für dich...“ Ohne jede Vorwarnung spritzte aus dem kleinen Fässchen in seiner Hand eine stark riechende Flüssigkeit auf den jungen Hundedämon zu. Kagome holte entsetzt Luft, so sehr es sie auch in der Kehle schmerzte – und entdeckte, dass der Shogun noch immer regungslos stand, selbst sein Gewand war ohne jeden Makel. „Du glaubst, menschliches Gift könne mir etwas anhaben?“ fragte er verachtend, während er bereits sein Schwert zog. Kagome schloss lieber die Augen. Als sie wieder dort hinüber blickte, schob Sesshoumaru seine Klinge wieder weg – und der Unbekannte war verschwunden. Nur ein Juwelensplitter war übrig geblieben und sie stand mühsam auf, um ihn einzusammeln. Zu ihrer Erleichterung bewegten sich nun auch die Dämonenjäger. „Was für ein Gift!“ kommentierte Sango noch keuchend: „So etwas habe ich noch nie gespürt...Oh, Sesshoumaru-sama.....“ „Er hat uns gerettet,“ erklärte Kagome und nahm den Splitter, um ihn in ihr Medaillon zu schieben. Immerhin hatte sie schon einige eingesammelt. Und alle, die sie besaß, konnte Naraku nicht haben. Das mochte ein Vorteil für Inu Yasha sein, wenn die Zwei aufeinander trafen. Leider, dachte der Shogun. Aber was blieb ihm schon übrig? Dieser Kerl war einer von Narakus Leuten, so sehr stank er nach ihm – und allein das war der Grund ihm umzubringen. Hinzu kam, dass ihn sein verehrter Vater wohl ermahnen würde, würde diesen Menschen etwas zustoßen, hatten sie doch durchaus eine Pause, ja, eine Wende im Kampf im Kaidan no Tani gebracht. Zusammen mit Tessaiga und seinem Besitzer. Was nur sollte er jetzt mit der angeschlagenen Menschenbande anfangen? Sie mit auf die Suche nach Naraku nehmen? Sie waren immerhin nicht unfähig, wenn auch noch unter dem Gift dieses seltsamen Mannes leidend. Und sie zu ignorieren, wie er es am liebsten wollte, würde ihm wohl einen Kampf mit diesem impulsiven Halbblut einbringen – durchaus ein wenig lästig, zumindest, solange der Tessaiga besaß, zumal sie ja angeblich das Höllenschwert nur mit beiden Schwertern besiegen konnten. Nun gut. Also erst das Höllenschwert, dann Inu Yasha. „Folgt mir,“ lautete seine Anweisung auch nur, als er weiterging Die erschöpften Menschen kletterten auf die auch nicht sonderlich bei Kräften stehende Kirara, während sich Shippou doch leichter tat, ehe sie ihm nachgingen. Fliegen wäre unmöglich gewesen, schon aus Müdigkeitsgründen, aber auch aus der Sicht, dass es nicht sonderlich klug gewesen wäre, sich über den Kopf des Shogun zu erheben. Inu Yasha, der noch immer bei dem verletzten Wolf und dem toten Krieger wartete, hob die Nase. Ihm wurde langweilig. Hier nur so rumzusitzem war nichts für ihn – und dass womöglich sein nicht gerade geliebter Halbbruder die Ehre einheimste, ehrlich gesagt auch nicht. Er wollte gerade bei Kouga anfragen, ob der schon wieder laufen könne, um den dann auf die Suche nach Naraku mitzunehmen, als er einen seltsamen Geruch in die Nase bekam, den er sofort erkannte. Das musste einer der Sieben sein. „He, Wölfchen, wir bekommen Besuch.“ Der Nachrichtendienstleiter des Mikado hätte gern etwas zu dieser mehr als nachlässigen Anrede gesagt, aber er war noch immer nicht wieder kampfbereit – überdies war das der Sohn des Kaisers und es gab intelligentere Selbstmordmethoden. Inu Yasha stand auf und musterte den Näherkommenden. Was war das denn für ein Typ? Er schien ein junger Mann zu sein, hatte sich dennoch fast nach Frauenart geschminkt. Sein knöchellanges Gewand war an einer Seite empor gesteckt und bot so nicht nur Bewegungsfreiheit sondern auch freien Blick auf sein Knie. Inu Yasha hätte allerdings nicht das Schwert im Gürtel sehen müssen, um zu wissen, dass das einer von Narakus Männern war – zu sehr hing der Geruch des Ex-Fürsten an diesem. Daher legte er die Hand an Tessaiga: „Wer bis du?“ Der Unbekannte schlenderte näher, musterte den Halbdämon jedoch gründlich, dann das Schlachtfeld und den verletzten Wolfs, ehe er meinte: „Ich heiße Jakotsu. Hast du das alles hier angerichtet, mein Süßer?“ Süßer? Inu Yasha holte tief Luft, dann meinte er nur: „Ich heiße Inu Yasha. Was willst du hier?“ „Nachsehen. Mein Anführer meinte, hier sei etwas passiert – wie es aussieht, hatte er Recht. Du hast sie nicht getötet?“ „Nein. Was soll das?“ Jakotsu musterte die Überreste seiner Kameraden: „Du siehst wirklich zum Anbeißen aus. So niedliche Öhrchen und so...zu schade, dass ich keine Zeit habe, mich mit dir zu duellieren. Das wäre mir ein echtes Vergnügen.“ Kouga und der Halbdämon tauschten einen verwirrten Blick. Was war denn das für einer? Aber keiner der Beiden bezweifelte, dass sich hinter der eigenartigen, fast femininen Art eine gewisse Gefahr verbarg. Der Kerl redete nicht nur dumm daher – er konnte es sich wohl auch leisten. Nicht, dass einer der beiden daran gezweifelt hätte, mit ihm fertig zu werden. Jakotsu bückte sich zweimal, dann drehte er sich um und musterte noch einmal Inu Yasha: „Du bist ein Halbdämon, hm? Sehr schön, so einen habe ich noch nie umgebracht. Wir würden uns prächtig miteinander amüsieren, mein Hübscher, das kann ich dir versprechen. Und am Schluss würde ich dir deine entzückenden Öhrchen abschneiden, so als Trophäe. Zu dumm, dass der Anführer andere Pläne hat....aber wenn der Shogun tot ist, werde ich dich besuchen. Jetzt habe ich es eilig.“ Er war weg, noch ehe Inu Yasha begriff, was er gerade gesagt hatte. So blieb ihm nur, Kouga anzuknurren: „Der Shogun? Der Idiot läuft in eine Falle?“ „Hört sich so an,“ sagte Kouga und versuchte aufzustehen: „Auch, wenn ich das doch etwas anders formulieren würde.“ „Na schön, dann sollten wir wohl hinterher. Echt, ich dachte ich habe mein Pensum an Familienrettungsaktionen schon aufgebraucht, heute, aber Vater wäre sicher traurig, wenn der Trottel draufgeht.....“ So konnte man das auch nennen. Da fehlte allerdings wohl jemandem der komplette höfische Schliff. Das konnte und würde Ärger geben, wenn Sesshoumaru das je zu hören bekam, Halbbruder hin oder her. „Kannst du gehen, Wölfchen.“ „Ja, und ich heiße Kouga, bin der Leiter des kaiserlichen Nachrichtendienstes!“ „Schon gut. Der Kerl hat hier irgendetwas eingesammelt, das so aussah, wie die Splitter, die Kagome einsammelt...Hm. Ob das war zu bedeuten hat? Will Naraku das Juwel wieder zusammensetzen und hat die Krieger dafür angeheuert?“ „Keine Ahnung, Inu Yasha. Aber wir sollten uns auf den Weg machen.“ Nach nur zwei Stunden blieb der Shogun plötzlich stehen. Sie befanden sich in den Ausläufern des westlichen Hügellandes von Teien und der Wind trug ihm eine mehr als irritierende Nachricht zu. Wie sollte es möglich sein....? Aber ohne Zweifel, dort waren zwei von diesen seltsamen Kriegern – und ein kleines Mädchen, von dem er geglaubt hatte, es sicher in Machi zu wissen. Woher hatte Naraku überhaupt von ihr gewusst? Und wie war es den zwei Männern gelungen, sie aus Machi zu entführen? Jaken würde sich einiges anhören dürfen – Minimum. „Wartet hier!“ befahl er knapp und ging in Richtung des seltsamen Geruchs Als er auf dem nächsten Hügel stand, bestätigte sich seine Vermutung. Ein seltsam, fast weiblich gekleideter Mann und ein deutlich größerer, beide bewaffnet – und Rin, die der Große unter den Arm geklemmt trug. Sie schien bewusstlos zu sein. Sie hatte das Wort des Shogun, dass ihr niemand etwas antun würde – und jetzt das. Er verschob die Fragen auf später und sprang in einem weiten Satz vor das Trio, wo der Jüngere sofort zog. „Ja, wen haben wir denn da?“ fragte dieser in einem seltsam gezierten Ton: „Sesshoumaru, genau, wie Naraku es vorhergesagt hat. Zum Glück war ich rechtzeitig wieder hier.“ Er hatte sein Schwert ebenfalls gezogen und schien durchaus kampfbereit – was den Shogun irritierte. Nur lebensmüde Menschen legten sich mit einem Dämon an – oder welche, die irgendwelche Tricks auf Lager hatten, auf die sie hofften. Irrte er sich überdies und haftete nicht ein Hauch Inu Yasha an dem Krieger? Hatte dieser Narr von Bastard es etwa fertiggebracht, gegen den zu verlieren? Trotz Tessaigas und der Windnarbe? „Ich heiße Jakotsu, werter Shogun. Und wenn du wirklich gegen mich kämpfen willst, wird mein Partner das kleine Mädchen umbringen. Also sei so nett und lass dich in Streifen schneiden......“ Jakotsu lächelte, als er den unwillkürlichen Blick des Shoguns zu dem bewusstlosen kleinen Mädchen bemerkte: „Du siehst ja auch ganz gut aus, aber dieser Inu Yasha ist der Niedlichere. Ich glaube, es wird mir mehr Spaß machen, den zu töten und nicht dich. Das hier ist eher Arbeit....“ Ohne jede Vorwarnung hatte er nicht nur sein Schwert gezogen sondern griff an. Sesshoumaru vermochte gerade noch auszuweichen. Statt einer gewöhnlichen Klinge bestand dieses Schwert aus einer Vielzahl, die hintereinander angeordnet waren und wie eine Schlange zuschlagen oder sich auch um ihr Opfer wickeln konnten. Messerscharfe Schneiden würden durchaus auch ihm lästig werden können, zumal ihn der Kampf im Stufental doch ein wenig ermüdet hatte – und der andere Unbekannte eine Hand, die mit überaus scharfen metallenen Klauen geschützt war, an Rins Kehle legte. Das sah nach einer Menge Arbeit aus – und Gefahr für das kleine Mädchen. ** Das nächste Kapitel heißt : gejagt. Fragt sich, wer und von wem Kapitel 25: Gejagt ------------------ Sesshoumaru fluchte inwendig, auch, wenn er nach außen hin mit scheinbar ungerührtem Gesicht gegen diesen Jakotsu kämpfte. Es war davon auszugehen, dass dessen Partner, sobald er selbst etwas mehr Nachdruck in seine Angriffe setzte, tatsächlich Rin töten würde. So konnte er sich nur verteidigen – Zeitverschwendung auf der Suche nach Naraku und das, wo er keine Ahnung hatte, ob sein Vater die schweren Verletzungen überlebt hatte. Nervtötend. Und überdies wusste er nicht, wo dieser Bastard steckte – und ob der nicht inzwischen Naraku gefunden hatte und damit das Höllenschwert. Er bezweifelte nicht, dass Inu Yasha in der Lage wäre dieses zu kontrollieren, das lag in der Familie – aber damit wäre auch seine eigene Chance komplett geschwunden Mikado zu werden, ja, Vater erneut in Gefahr, selbst, wenn der den Drachenkampf überlebte. Dieser unbekannte Junge würde doch kaum darauf verzichten die mächtigste Waffe, die die Welt je gesehen hatte, auch entsprechend einzusetzen und selbst die größte Macht für sich fordern. Verdammt. Jetzt hatte er sich durch seine Gedanken tatsächlich ablenken lassen. Er sprang zurück und warf einen raschen Blick auf die Schnittwunde seines Waffenarms. Dieses Schlangenschwert Jakotsus war wirklich nicht zu unterschätzen. Schon lange, wenn man von dem peinlichen Zweikampf mit dem Halbblut und dem Tal der Stufen absah, hatte es niemand mehr vermocht ihn zu verletzen. Er musste sich besser konzentrieren – und irgendwie eine Lösung finden, diesen anderen Krieger von Rin wegzulocken. Leider waren die beiden Typen aufeinander eingespielt, skrupellos und anscheinend sich nur zu bewusst, was er konnte. Und dieser Jakotsu ging unverzüglich erneut zum Angriff über, nachdem er das Blut fließen sah. Inu Yasha und Kouga waren nicht in Richtung Shuto gegangen, eine Tatsache, die den Wolf zwar ein wenig störte, aber die Andeutung des unbekannten Kriegers war wohl wirklich wichtiger als seine Anweisung Fürst Naraku abzusetzen. Wenn dem Shogun, korrekter, wenn dem möglicherweise bereits jetzigen Mikado, etwas zustieß, würde das gesamte Reich aus Ehrgeiz der Fürsten im dämonischen Bürgerkrieg versinken - oder dieser halbdämonische Junge an seiner Seite es schaffen, der neue Mikado zu werden. Schon wieder ein Hund und auch noch ein Bastard – nichts, was erstrebenswert wäre. Lieber Sesshoumaru, den kannte er wenigstens und dieser hatte eine gute Ausbildung erhalten. „Äh, Inu Yasha...wohin gehen wir eigentlich?“ Der Angesprochene warf ihm einen Blick zu, der besagte, seinetwegen könne er sofort tot umfallen, ehe er doch antwortete: „Blödmann. Wir folgen diesem komischen Krieger.“ Das mochte stimmen, aber der schnelle Wolf ärgerte sich, diese Fährte nicht selbst riechen zu können. Täuschte sich der Halbdämon oder war er selbst noch derart geschwächt? „Du...Ihr kennt Euch in Teien aus?“ Höflich bleiben, ermahnte er sich, auch, wenn er sich das –sama als Höflichkeitsformel verkniff. Über die gesittete Anrede erfreut und beruhigt, antwortete Inu Yasha auch sachlich „Klar, meine Familie...also, die meiner Mutter, war hier lange Zeit die Fürsten.“ Er hatte ja jetzt zwei Familien, und er stellte fest, dass ihn das irgendwie stolz machte – auch, wenn der liebe Halbbruder wohl nicht ganz so lieb war. Und Vater womöglich schon tot. Um zu demonstrieren, dass er wirklich etwas wusste, erklärte er: „Dort hinten liegt das westliche Hügelland. Eine ziemliche Einöde. Außer Holzfällern und Köhlern leben dort keine Menschen.“ „Also gut, um sich zu verstecken?“ schlussfolgerte der Leiter des kaiserlichen Informationsdienstes prompt. „Stimmt. Vor allem, wenn man ein Mensch ist und das Höllenschwert versiegeln konnte....Gute Idee, Wölfchen. Da ist vermutlich die Hexe oder der Zauberer und dorthin ist wohl auch Naraku. Kannst du schneller laufen? Sesshoumaru wird sicher auch in Richtung auf Naraku sein.“ Und was wohl inzwischen mit seinen Freunden passierte? Er machte sich Sorgen. Wenn der Shogun....naja, sein Halbbruder, schon in Gefahr war, was war mit Menschen? Eine halbe Stunde später stellte er fest, dass er sich wohl eher um sich Sorgen machen sollte. Vor ihnen ragten die ersten Hügel des östlichen Teien auf und selbst Inu Yasha war nicht so ahnungslos, dass er den massiven Bannkreis nicht spüren konnte, der dort irgendwo aufgebaut war. Sein „Wölfchen, wir werden erwartet,“ verschluckte er, als sich vor ihnen ein junger Mann aus dem Gras erhob, der ein riesiges Schwert neben sich stellte, ehe er es fast beiläufig auf die Schulter legte. Sein langer Zopf wehte im Wind, aber der Halbdämon wusste, dass es sich um einen der sieben Krieger handeln musste – Narakus Geruch war deutlich zu bemerken. „Besuch?“ erkundigte sich der Unbekannte und musterte die beiden: „Ein Wolfsdämon und was ganz Besonderes – ein Halbdämon. Ihr seid doch an dem Platz gewesen, an dem meine zwei armen Freunde umgebracht wurden, sagte Jakotsu. Ward ihr ihre Mörder?“ „Ich,“ erwiderte Kouga prompt, um zu verhindern, dass sich das Halbblut mit fremden Federn schmückte. „Tatsächlich. Und noch einer meiner Freunde fehlt....warst du das?“ Er sah zu Inu Yasha: „Mein Name ist Bankotsu. Ich bin der Anführer der sieben Krieger.“ „Na, es sind schon mal nur noch vier inklusive dir,“ gab der Halbdämon zurück, die Hand an Tessaiga: „Ihr habt euch mit diesem dämlichen Naraku eingelassen, das war ein Fehler.“ „Glaubst du? Nur weil du Kyokotsu besiegt hast...ich bin der Stärkste von ihnen allen. Man wird nicht ohne Grund Anführer, Halbblut. Und der brave Jakotsu brachte mir auch noch die beiden Juwelensplitter der zwei Toten. Ein dritter fehlt mir leider. Weißt du etwas darüber?“ „Hm?“ Der Halbdämon fiel dann erst ein, dass es sich wohl um die Splitter des Juwels handeln musste, das Kagome zerstört hatte und die sie nun einsammelte, zumindest hatte sie das bei der Mutter des Waldes getan: „Bist du so dumm oder hat Naraku wieder mal gelogen?“ „Was meinst du?“ Bankotsu nahm langsam seine gigantische Klinge von der Schulter. Da Inu Yasha zog, überlegte Kouga kurz, ob er ihm helfen solle, beschloss dann jedoch, das aus zwei Gründen sein zu lassen. Noch war er nicht wieder hergestellt, geschweige denn wirklich kampffähig – und das war der Sohn des Kaisers. Wenn der sich bei Papa oder gar Sesshoumaru beschwerte, dass sich ein dummer Wolf gegen dämonische Tradition und Sitte in sein Duell eingemischt habe....nein, danke. Er würde nur eingreifen, wenn das Leben des Halbblutes in Gefahr war. Immerhin war der der anerkannte Sohn des Mikado. So wich er beiseite, zu erfahren in den Energien, die in solchen Kämpfen freigesetzt werden konnten, auch, wenn dies hier nur ein Halbdämon und ein seltsamer Mensch waren. Inu Yasha antwortete inzwischen: „Das sind Splitter des Juwels von Teien. Das soll den jeweiligen Fürsten von Teien schützen, und ihm vor allem helfen, wenn der sein Land beschützen will. Was also solltest du damit anfangen können?“ „Das mag stimmen, aber wir dienen ja dem Fürsten von Teien. Und er gab mir einen Splitter für mein Schwert. Es ist mein Gefährte, mein Partner in vielen siegreichen Kämpfen. Jetzt sind es drei Splitter, miteinander verschmolzen, und es ist unbesiegbar.“ „Na, ich weiß, wie du das feststellen kannst. - Windnarbe!“ Die Macht seiner Attacke riss tiefe Furchen in den Boden und ließ die Luft erzittern - leider war das alles. Bankotsu stand scheinbar ungerührt zwischen zwei Scharten im grasigen Boden, während er bereits mit einem winzigen Lächeln seinerseits seine Klinge schwang. Ein Schwall heißer Luft fuhr dem Halbdämonen entgegen, der instinktiv den Ärmel des Feuerrattengewandes schützend vor das Gesicht hob. „Unentschieden,“ kommentierte Inu Yasha dann ehrlich. „Nicht schlecht für einen Menschen.“ „Oh, komm schon, Halbblut. Als ob ich ein gewöhnlicher Mensch wäre. Und als ob das das Ende meiner Kräfte wäre.“ Eine weitere Attacke mit dem Feuersturm, gekontert mit der Windnarbe. Was sollte das denn? Kouga gab zu, noch nie einen Menschen gesehen zu haben, der gegen einen Dämon standhalten konnte. Nun gut, das war nur ein halber Dämon, aber er hatte doch im Kaidan no Tani gesehen, was dieser Junge so anzurichten vermochte. Wer oder was war also dieser Bankotsu? Und was redeten die Beiden von einem Juwel aus Teien? Davon hatte er noch nie gehört. Es schien in der Lage zu sein Menschen auf Dämonenniveau zu bringen. Was würde es erst bei einem Dämon auslösen? Kein Wunder, dass anscheinend Fürst---der ehemalige Fürst Naraku darauf so aus war. „Nun, Halbdämon?“ erkundigte sich Bankotsu spöttisch und legte sein Schwert wieder betont lässig auf die Schulter: „Ist das alles, was so eine halbe Portion drauf hat?“ „Du wirst dich noch wundern!“ Inu Yasha rannte mit erhobener Klinge direkt auf seinen Gegner zu. Schön, wenn Distanzangriffe nichts brachten, mal sehen, was dem Kerl so an Körperkraft zur Verfügung stand. Immerhin hatte er selbst doch gegen Sesshoumaru standgehalten, da sollte doch ein Mensch nicht das Problem darstellen? Aber er hatte den Shogun überraschen können, da sollte das doch bei Bankotsu auch möglich sein. Allerdings wusste er nicht wie. Die Rückwerfwelle würde ohne Dämonenenergie nicht funktionieren, das rote Tessaiga war nutzlos und die Windnarbe schien nicht zu funktionieren. Immerhin half sie gegen diese heiße Luft, die der Typ produzierte, aber das war nicht genug. Eines war ihm jedenfalls schon mal klar, als er Tessaiga in weitem Schwung in direkter Attacke herabsausen ließ: das würde wohl der schwierigste Kampf seines bisherigen Lebens werden. Einen ähnlichen Gedankengang hatte auch sein Halbbruder. Es sah schwierig aus, diese Aufgabe. Griff er zu intensiv an, ja, würde Jakotsu töten, würde dessen Partner unverzüglich Rin umbringen, noch ehe er selbst sich umgedreht hatte. Umgekehrt – warf er sein Schwert auf diesen um Rin zu schützen,, würde Jakotsu sofort sein Schlangenschwert auf ihn loslassen – und ohne Verteidigung sah das trotz seiner Rüstung riskant aus. Und leider war dieser Krieger nicht nur ein fähiger Fechter sondern auch überraschend stark für einen Menschen. Einmal war es einmal bereits gelungen, ihm seine Klinge aus der Hand zu reißen, ihm, dem mächtigen Shogun, ihm, Sesshoumaru! Mit knapper Not hatte er sich Tenseia wieder besorgen können. Den Pfad der Dunkelheit einzusetzen wagte er nicht. Jakotsu zwang ihn, sich sowohl von Rin fernzuhalten, als auch aufzupassen, stand er doch meistens zwischen ihrer Geisel und ihm selbst. Verflixt. Diese Falle musste doch zu lösen sein. Sollte er zulassen, dass Rin starb, in der Hoffnung, sie mit Tenseiga wieder zurückholen zu können? Niemand wusste, ob das bei Menschen funktionierte, ja, nicht einmal ob es bei einem Dämon machbar wäre. Toutousai irrte sich manchmal. Er hatte diese angebliche Fähigkeit seines Schwertes noch nie benutzt. Ob das auch bei Vater möglich wäre, falls diesem doch etwas zustieß? Oder war es dann schon zu spät? In diesem Fall war jede weitere Minute hier kostbar und er sollte wirklich zusehen, wie er dieser Zwickmühle entkam und sich auf die viel wichtigere Suche nach dem Höllenschwert machte. Nur leider waren ihm die Ideen langsam ausgegangen. „Da stimmt etwas nicht,“ dachte Miroku laut. Kagome, Sango und Shippou sahen ihn fragend an.So ergänzte er: „Sesshoumaru ist schon zu lange weg.“ „Der Shogun,“ betonte Sango: „Hat uns befohlen hier zu warten. Willst du unbedingt persönlich erleben was er mit Menschen macht, die sich über seine Befehle hinwegsetzen?“ „Nicht unbedingt,“ gab der Wandermönch zu, der durchaus die Gerüchte um den Thronfolger gehört hatte: „Aber er hätte doch schon längst zurück sein müssen, wenn er nur jemanden traf. Entweder er redete oder er tötete. Punkt. Was also soll solange dauern?“ „Das ist wahr,“ murmelte Kagome: „Und wenn ich an den Kampf im Stufental denke, der ihm sicher noch zu schaffen macht....“ Sie bemerkte die Reaktion des kleinen Fuchsdämonen in ihren Armen: „Ja, ich weiß, Shippou, Dämonen heilen anders, aber dennoch....Was, wenn er auf Naraku traf und der das Höllenschwert aktiviert hat?“ „Unwahrscheinlich.“ Sango blickte sich um: „Das müsste man doch sehen. Nach allem, was Toutousai sagte und auch so besorgt, wie der Mikado war, muss das eine ungeheure Angriffswucht sein. Die müssten wir sehen oder hören. Aber....ich gebe zu, wir kennen Naraku und seine Tricks inzwischen. Shippou, kannst du Dämonen spüren?“ „Nicht wirklich,“ gab der kleine Fuchs zu: „Aber ich mache mich hinterher, ja? Ich meine, ich bin klein und falle ihm dann hoffentlich nicht auf, wenn...wenn nichts passiert ist. Und wenn er wütend wird....“ Shippou schluckte, meinte dann jedoch tapfer: „Dann sage ich ihm, dass ich nur neugierig war, ein Kind....das wird schon helfen.“ Und da ihn alle ein wenig zweifelnd anblickten: „Ich kann das...ich möchte doch auch helfen....“ „Schon gut, Shippou, meinte Kagome: „Das verstehen wir ja....“ „Außerdem ist er ein Dämon und derjenige von uns, der am Wenigsten diesem Gift ausgesetzt war,“ erklärte Miroku: „Also schön, aber sei vorsichtig.“ Der Kleine warf noch einen Blick zu der Dämonenjägerin, aber da diese, wenn auch zögernd nickte, eilte er davon. Naraku betrachtete den leblosen Körper der schwarzen Priesterin vor sich auf dem Boden, ehe er das Höllenschwert wieder in seine Scheide schob. Es wirkte sehr zufrieden und ihn hatte die Leichtigkeit überrascht, mit der es sich führen ließ. Das sollte ein gefährliches Schwert sein? Nun, womöglich hatten der Geist darin und der gute Inu no Taishou einige Meinungsverschiedenheiten gehabt. Ihm selbst hatte der Geist Unterstützung versprochen – und das sollte dieser besser halten, sonst wäre er schnell wieder gebannt. Sicher, sein eigener Zauber würde nicht ganz so perfekt wie Tsubakis sein, aber mit Hilfe des Juwels würde das schon gehen. Bedauerlicherweise hatte er keine Ahnung, wo sich Sesshoumaru und wo die sieben Krieger momentan aufhielten. Es war doch voreilig gewesen, die nützliche, wenn auch zu viel wissende Kanna umzubringen. Jetzt war er ein wenig von der Außenwelt abgeschnitten, wenn auch hinter dem Bannkreis des Hakurei sicher. Er hatte ihn noch übernehmen können, ehe der sich mit seiner Schöpferin ins Nichts begab, aber jetzt fehlte ihm doch die Aussicht auf das hoffentlich amüsante Geschehen draußen. „Sie kämpfen,“ sagte auf einmal die tiefe Stimme in ihm, die er als Geist des Höllenschwertes erkannte. „Sesshoumaru?“erkundigte er sich nur. Wer sonst? „Tenseiga und Tessaiga.“ Tenseiga hieß, soweit er sich erinnerte, die Klinge des Thronfolgers, die er von seinem Vater geschenkt bekommen hatte. Allerdings: „Wer ist Tessaiga?“ „Es sind meine Gegenpole und ich kann sie spüren,“ erklärte der Geist sachlich. Es war nicht nötig, seinem Helfer, seinem vermeintlichen Besitzer, zu sagen, dass ein Kampf gegen die Beiden gleichzeitig selbst für das Höllenschwert lästig und durchaus auch schwer werden würde, müsste es sie doch zerstören. „Tenseiga trägt Sesshoumaru. Wer Tessaiga besitzt, weiß ich nicht. Es lag nach meinem Wissen noch immer in der Schmiede.“ „Hm. Wenn Sesshoumaru kämpft, kann es nur gegen einen oder mehrere der Krieger sein. Das sollte sich dann bald erledigt haben. Und wenn der Unbekannte auch in einem Duell steckt, kann er es auch mit den Kriegern zu tun haben.“ „Noch kämpfen sie. Und wir sollten ihnen entgegengehen. Nach diesen Kämpfen werden ihre Besitzer müde sein. Falls sie noch leben. Wenn nicht, werde ich die beiden Schwerter absorbieren – und du wirst der mächtigste Mann aller Zeiten sein.“ Der leider einer Klinge gehorchte, aber wozu das erwähnen. „Das gefällt mir durchaus,“ meinte Naraku, der sich dennoch etwas eigenartig berührt fühlte, eine weitere fremde Stimme in seinem Kopf zu besitzen. Ihm reichte eigentlich schon das Juwel, das sich nun auch prompt zu Wort meldete: „Wir gehen ihnen nicht entgegen. Der Bannkreis, verstärkt durch meinen Zauber, ist vollkommen sicher. Hier kann unserem Besitzer nichts geschehen, denn nichts und niemand kommt hier durch.“ „Als ob ihm etwas geschehen könnte, wenn wir hinausgehen, du Schmuckstück. Ich bin das Schwert der Hölle. Mit mir kann er die Hölle auf die Erde rufen, wenn mir danach ist.“ „Meine Aufgabe ist aber der Schutz, du Metallkopf...“ Während die beiden Geister miteinander diskutierten, bekam der ehemalige Fürst von Teien nicht nur dumpfe Kopfschmerzen sondern auch das Gefühl, dass es nicht seine beste Idee gewesen war, sich gleich zwei intelligente Geister zu Helfern zu machen – zumindest, solange diese sich in seinem Kopf stritten. Irgendwie sollte er das beenden. Leider wusste er nicht, wie. ** Die Hundejungen stecken in der Klemme und Fürst Naraku erkennt einen Fehler. Im nächsten Kapitel geht es um Menschen Kapitel 26: Menschen -------------------- Der Falkendämon verwandelte sich vor dem fliegenden Schloss tief in der Provinz Nishi in seine Menschenform, um den Wachen dort erschöpft zuzurufen: „Befehl des Mikado!“ Seine Rüstung wies ihn als kaiserlichen Krieger der Leibwachen aus – wenn auch Blut und Risse in der Bekleidung von einem harten Kampf zeugten. So wurde er rasch zu dem Befehlshaber der Wachen gebracht, dann zu der Dame, die der Grund für die aufwendige Kriegerschar war: die ehemalige Kaiserin, die Mutter Sesshoumarus. Sie saß auf einem thronartigen Stuhl auf dem Vorplatz des Schlosses, von wo aus sie einen weiten Blick in die Umgebung hatte, die zu betreten ihr verboten war. In diesem war sie die Herrin, sie konnte sich alles bestellen, was immer sie wollte, jedoch würde jeder Schritt nach außen ihren Tod zur Folge haben. Überdies wurde das Personal regelmäßig ausgetauscht, um ihr Bestechung oder auch nur Freundschaften unmöglich zu machen. Sie betrachtete kurz den erschöpften Boten, ehe sie zu ihrem obersten Wächter sah. „Befehl des Mikado!“ erklärte dieser darum. Ihre Verwunderung rührte daher, dass nur wenige Boten aus der Hauptstadt geschickt wurden, die meist dann die Ankunft ihres Sohnes verkündeten – dieser Krieger aber für die Ankündigung eines Familienbesuch in eindeutig zu erschöpftem Zustand war. Sie strich mit den Fingern über ihre weiße Boa, das einzige äußere Anzeichen ihrer jähen Besorgnis. Seit ihrer Verbannung hierher hatte sie noch keinen direkten Befehl des Mikado mehr erhalten, das mochte nichts Gutes für sie bedeuten. Es sei denn....War am Ende ihr Sohn der neue Mikado? „Wie lautet die Anweisung?“ fragte sie daher kühl. „Ihr seid frei zu gehen, wohin immer Ihr wollt,“ erwiderte der Bote. „Dann werde ich nach Machi gehen, um dem neuen Mikado...“ Sie bemerkte das unwillkürliche Kopfschütteln und richtete sich etwas auf: „Mein...Gemahl lebt?“ „Er tat es, als ich ihn verließ, okugata-sama. Ob dies noch der Fall ist, vermag ich nicht zu sagen. Dieser Befehl stammt jedoch von ihm.“ Erneut glitt ihr Blick über die Rüstung des Kriegers: „Es gab eine Schlacht? Und...wie kämpfte der Shogun?“ „Sehr tapfer, okugata-sama. Dann sandte ihn der Mikado auf die Suche nach dem Höllenschwert.“ Die Finger der Hundedämonin glitten über ihre Kette mit den weißen Perlen daran zu dem Anhänger und verkrampften sich um diesen: „Das Höllenschwert.“ Und ihr Sohn sollte es suchen? Was war nur geschehen? „Berichte ausführlich!“ Sesshoumaru hatte gerade beschlossen, zu einem riskanten Plan zu greifen. Alle anderen Ideen hatten nichts gebracht. Dieser Jakotsu war eindeutig zu stark und zu schnell für einen Menschen, dessen Schlangenschwert eine wirkliche Herausforderung – wäre da nicht dieser andere Krieger gewesen, dessen metallene Klauen an der Kehle Rins lagen, hätte er den Kampf jedoch längst beendet. So aber war er behindert, zum ersten Mal in seinem Leben erpressbar durch ein menschliches Wesen. Mittlerweile sah er nur noch eine Lösung: er musste seine gesamte Schnelligkeit einsetzen – und hoffen, dass Jakotsu doch ein Mensch war. Er bemühte sich möglichst unauffällig, sich näher an Rin und ihren Wächter zu bewegen, ohne das Duell zu unterbrechen. „Sesshoumaru-sama!“ hörte er sie panisch flüstern. Auch das noch. Sie war wach. „He, Jakotsu?“ rief ihr Bewacher auch prompt: „Sie ist wach. Darf ich sie jetzt umbringen? Ich mag es lieber, wenn die Kleinen zappeln....“ „Warte!“ befahl Jakotsu und stellte damit die Kommandoverhältnisse klar. „Noch ist sie ganz nützlich, nicht wahr, Süßer?“ So war der Shogun auch noch nie tituliert worden, aber er zwang sich zur Ruhe. Er musste seine Plan durchführen, gleich...nur noch wenige Sekunden. Mit einem raschen Seitwärtsblick vergewisserte er sich, dass sich Rin und der Krieger noch immer am gleichen Ort befanden, ehe er Tenseiga gegen den Entführer schleuderte. Sicher, es konnte niemanden auf diese Art, direkt, töten, aber er hoffte, dass der für einen gewissen Moment geschockt wäre, zu abgelenkt, um dem Menschenmädchen die Kehle durchzuschneiden. Gleichzeitig stieß seine linke Hand vor und durchbohrte Jakotsu förmlich,, der in die Knie ging und die Augen verdrehte. Fast noch im gleichen Sekundenbruchteil bemerkte Sesshoumaru, dass der zweite Krieger seine Finger zurückzog und die metallenen Krallen gegen Rins Hals sausen ließ, sichtlich unbeeindruckt von dem Schwert,m das ihn durchbohrt hatte. Der Shogun riss seine Hand aus seinem Gegner und wollte herumfahren, nur zu sicher, dass er keine Chance haben würde das Unheil aufzuhalten, er sein Wort gegenüber dem Mädchen gebrochen hatte, als aus dem Nichts ein Pfeil erschien, der die Kehle des Mannes durchbohrte. Er stürzte zu Boden, dabei Rin fast unter sich begrabend. Sesshoumaru erstarrte. Erst, als die Kleine wohlbehalten unter der Leiche hervorkrabbelte, sah er seitwärts. Wer hatte sich da eingemischt? Er erkannte die fliegende Katze, die soeben landete, diese Menschenbande samt kleinem Fuchsdämon, denen er doch befohlen hatte zu warten. Konnten die denn nicht gehorchen? Aber ihm war klar, dass die Priesterschülerin, die soeben ihren Bogen wieder über die Schulter hängte, Rin das Leben gerettet hatte. So bückte er sich nur und zog Tenseiga aus dem leblosen Körper. Das kleine Mädchen blieb neben ihm stehen. „Sesshoumaru-sama!“ sagte sie, offenbar glücklich. Die Menschen glitten von Kirara und kamen heran, deutlich ein wenig verlegen. Ihnen war also klar, dass sie sich über seinen Befehl hinweggesetzt hatten. Was tat diese Priesterschülerin da? Sie hob einen Splitter auf, der neben Jakotsu lag, ja, läuterte den anscheinend. Dann ging sie zu dem Anderen., nahm auch da ein Stück auf, während die Dämonenjägerin und der Mönch zu ihm kamen. Sango blickte zu dem kleinen Mädchen: „Ist bei dir alles in Ordnung?“ „Ja, danke.“ Rin sah sich um und verneigte sich höflich ein wenig vor Kagome: „Ich danke dir, Priesterin – und auch Euch, Sesshoumaru-sama.“ So, da waren eine Menge Fragen, dachte der, aber er würde sich sicher nicht dazu herablassen, diese Menschen zu befragen. „Wieder zwei Splitter,“ meldete Kagome und schob diese in ihr Amulett: „Ich werde sie dann Inu Yasha geben, wenn wir uns wieder treffen. Anscheinend haben alle diese Krieger solche Splitter des Juwels.“ „Das könnte erklären, warum sie so stark sind,“ meinte Sango: „Wir waren uns ja einig, dass es keine normalen Menschen sind.“ Das stimmte, dachte der Shogun. Und damit waren schon mal einige Fragen beantwortet. Nur: was für ein Juwel und was hatte Vaters Bastard damit zu tun? Und wie war Rin entführt worden? Sollte sich herausstellen,dass dieser unfähige Jaken daran die Schuld trug, konnte sich der Krötendämon schon einmal darauf einstellen tranchiert zu werden. „Wie kommst du denn her?“ erkundigte sich Kagome gerade bei dem kleinen Mädchen: „Das hier ist doch keine Gegend für dich?“ „Ich war ja auch in Machi, in der Schule, wie es Sesshoumaru-sama befohlen hat,“ erklärte Rin mit einem Seitenblick zu ihrem persönlichen Helden: „Da kamen diese beiden Männer herein. Es gab einen Knall, einen fürchterlichen Geruch, dann fielen alle um und ich auch. Ich bin erst hier wieder aufgewacht.“ „Das war bestimmt so ein Gift, wie in dem Dorf, das wir gefunden haben,“ meinte Miroku: „Und anscheinend wussten diese Krieger, dass sie …..dass sie zum Haushalt des Shogun gehört. Naraku, genauer gesagt, wird sie ausgeschickt haben. Aber wir wissen noch immer nicht, wo der steckt.“ Er sah vorsichtig seitwärts, aber der Thronfolger oder mögliche Mikado blickte nur geradeaus und schien gewillt sie reden zu lassen. Der Fuchsjunge kam heran: „Ich bin Shippou – und wie heißt du?“ „Rin,“ sagte das kleine Mädchen. Sesshoumaru hob ein wenig den Kopf. Der Wind war aufgefrischt und trug ihm eine weit entfernte Witterung zu, nach Staub und Blut. Da fand ein Kampf statt oder hatte stattgefunden. Allerdings erinnerte ihn der Blutgeruch an sein eigenes oder das seines mächtigen Vaters. Hatte es dieser idiotische Bastard geschafft trotz Tessaiga zu verlieren? Besaß Naraku jetzt etwa das Höllenschwert plus Tessaiga? Dann wäre es mehr als schwierig die Klingen dem wieder abzunehmen. Er ging los, ohne sich umzusehen, sicher, dass die Menschen und der Fuchsdämon sich nicht nur um Rin kümmern würden sondern auch ihm folgen. Inu Yasha und Bankotsu standen einander keuchend gegenüber. Beide zeigten Blessuren und Verletzungen, die aus dem bisherigen Kampf herrührten. Und beiden war klar, dass sie eine Art Gleichstand erreicht hatten. Der, dem als erstes die bessere Taktik einfallen würde, wäre der Sieger. Der Anführer der sieben Krieger hätte nie zugegeben, dass er sehr erstaunt war. Er kannte seine Klinge wie sich selbst und er hatte erlebt, wie diese durch nur einen Juwelensplitter verstärkt worden war. Jetzt besaß er drei darin – und wurde mit einem halben Dämon nicht fertig? Irgendetwas stimmte doch da nicht. Nur, was? Inu Yasha war ebenfalls ein wenig frustriert. Schön, er kannte nicht gerade filigrane Schwertechniken und war relativ ungeübt, aber er hatte doch an einer Schlacht teilgenommen, auf der siegreichen Seite, und er hatte doch mit seinem Halbbruder mithalten können, den ja anscheinend alle für wirklich stark hielten. Warum also hatte er Probleme gegen einen Menschen? Das konnte doch kein normaler Mensch sein.... Nun gut, der hatte ja schon erwähnt, dass er etwas ungewöhnliches sei. Und er hatte drei Splitter des Juwels von Teien. Ob die wirklich eine Rolle spielten? Aber eigentlich war es gleich. Er würde nicht verlieren und schon gar nicht unter den Augen dieses Kouga, der anscheinend überlegte, ob er ihm helfen sollte. Bloß nicht. Nach allem, was er von Dämonen wusste, fochten diese ihre Duelle stets allein aus. Und er wollte sich doch nicht vor seinem Vater und schon gar nicht vor seinem Halbbruder blamieren. So griff er erneut an: „Windnarbe!“ Naraku beschloss, die Diskussion der Geister in seinem Kopf zu beenden. Das gab es doch nicht. Weder das Höllenschwert, das noch immer für Angriff plädierte, als auch das Juwel von Teien, das für den Verbleib hinter dem Bannkreis war, schienen gewillt den Mund zu halten. Sein Kopfweh hatte sich deutlich gesteigert. „Wir gehen,“ sagte er, und, da er spürte, dass das Juwel erneut zum Widerspruch ansetzen wollte: „Und falls ich tatsächlich Sesshoumaru treffe und es Schwierigkeiten geben sollte, kannst du doch wieder einen Bannkreis einrichten.“ „Ja,“ gab der Geist zu: „Aber....“ „Ich sagte, wir gehen!“ Es war wirklich nicht seine beste Idee gewesen, gleich zwei besessene Gegenstände an sich zu nehmen, ohne sich zu fragen, wie man den Geistern darin den Mund verbieten konnte. „Wo steckt der Shogun?“ „Tenseiga,“ korrigierte das Höllenschwert unverzüglich: „Befindet sich im Augenblick südöstlich von hier, Tessaiga direkt im Osten.“ „Dann nach Südosten“, entschied Naraku: „Du wirst doch mit Sesshoumaru und Tenseiga fertig.“ „Natürlich.“ Dann musste er trotz seiner Abneigung gegen direkte Kämpfe wohl das höllische Schwert machen lassen, und es eben führen. War der Thronfolger oder jetzige Mikado tot, würde und konnte sich ihm niemand mehr in den Weg stellen, gleich, wer auch immer diese andere Klinge, Tessaiga, besaß. Wieder ließ der – ehemalige - Anführer der sieben Krieger Narakus seine Hitzewelle auf den Halbdämonen zurasen, auch, wenn er mittlerweile wusste, dass ihm das nichts bringen würde. Aber aufgeben kam nicht in Frage, zumal so viele seiner Kameraden schon umgekommen warne, nun, von dreien wusste er es sicher, aber auch Jakotsu und Suikotsu hätten schon hier sein sollen mit diesem kleinen Mädchen, auf das ihr Auftraggeber so viel Wert gelegt hatte. Mittlerweile jahrelange Erfahrung im Dienste des Fürsten von Teien hatte ihn gelehrt, dass dessen Pläne stets erstaunlich viel mit ein berechneten – und dieser nie ohne weiteren Plan dastand. Naraku würde bestimmt auch für eine solche Lage einen Sicherheitsplan haben. Und er müsste und wollte seine Kameraden rächen, die ihn durch so viel begleitet hatten...Mit gewisser Resignation stellte er fest, dass dieser eigenartige Halbdämon noch immer nicht ermüdet war und seine Attacke konterte – warum versagte gegen eine halbe Portion, was gegen Dämonen Bestand gehabt hatte? Schön, dieser Junge war stur. Er war verletzt, ebenso wie er selbst, aber aufgeben kannte der wohl nicht. Nun gut. Der musste doch einfach zu erschöpfen sein, zumal mit gleich drei Splittern des Juwels von Teien. Noch einmal Angriff.... Inu Yasha hatte die Schnauze voll. Das war ein glattes Unentschieden und konnte noch ewig dauern – Zeit, die er nicht hatte. Irgendwie war dieses Höllenschwert sehr mächtig und er wollte nicht wissen, was Naraku so alles damit anstellen konnte. Überdies gab es da noch immer in ihm einen Funken Hoffnung, dass er seinen Vater noch lebend antreffen würde. Er hatte ihn doch so viel zu fragen, und es wäre einfach ungerecht, würde selbst das an Narakus Plänen scheitern, wie sein gesamtes bisheriges Leben. Irgendwie kam er nicht weiter gegen diesen Bankotsu. Ob das an den drei Splittern lag? Schützten die dessen Schwert tatsächlich? Oder machten es stärker? Dann war doch eigentlich nur das Schwert das Problem. Wieder ein Angriff, der die Erde und den Staub aufwirbelte. Diesmal jedoch war er vorbereitet. Kaum hatte er die Attacke mit Tessaiga abgewehrt, als er es auch schon in die Scheide schob, und mit einem mächtigen Satz auf seinen Gegner zusprang. Wenn das Schwert das Problem war, war der Mensch, der es trug, verwundbar. Allerdings nicht durch Tessaiga. So schlug der Halbdämon, noch ehe sich der Staub wieder gelegt hatte, und Bankotsu genau erkennen konnte, was passierte, gegen dessen Schwertarm zu. Seine Hundeohren waren fein genug, dass er das Knacken hörte, als die beiden Armkochen unter seinem Hieb brachen und der Anführer der sieben Krieger seine schwere Klinge unwillkürlich im Schmerz fallen lassen musste. „Verdammter Bastard,“ knirschte der – und schlug mit dem unverletzten Arm unverzüglich zu, mit aller Kraft in Inu Yashas Gesicht zielend, der, überrascht davon, dass er nicht mehr Erfolg gehabt hatte, rücklings auf den Boden prallte, sich jedoch gleich wieder erhob. „Sieht so aus, als ob wir beide eine Menge wegstecken könnten,“ keuchte er und zog hastig, um den nächsten Angriff abzuwehren. Täuschte er sich, oder war diese Attacke nicht mehr so stark gewesen wie zuvor? Dann hatte er doch Bankotsu schwer erwischt – und das war seine Chance. Ohne weiter nachzudenken rannte er mit erhobener Klinge auf den Anführer der sieben Krieger zu. „Idiot!“ dachte dieser – der Narr lief ihm genau in seine Attacke und würde die nächste nicht mehr abwehren können. So schwang er seine riesiges Schwert, um noch einmal das Feuer zu sammeln – Sekundenbruchteile, ehe er begriff, dass das zu langsam war. Inu Yasha war schon bei ihm und schlug mit seiner Klinge direkt zu – unmöglich, das noch abzuwehren. Drei Splitter aus dem Schwert fielen unbeachtet zu Boden, als der Krieger tot umsank. Keuchend drehte sich der Halbdämon um: „Na, Wölfchen?“ Der Wolfsdämon nickte langsam: „Ein wenig länger als ich von einem Sohn des Mikado erwartet hätte,“ konstatierte er, bemüht, zwischen höflicher Form und Abneigung zu balancieren. „Keh!“ Inu Yasha schob sein Schwert weg. Ein bisschen durchschnaufen, dann würden sie weitergehen. Schließlich hatte dieser eine Krieger doch gesagt, dass der Shogun in eine Falle lief – und Vater hatte samt diesem Schwertbieger erzählt, dass sie nur zusammen das Höllenschwert zurückerlangen konnten. Also benötigte er diesen Idioten von Sesshoumaru erst einmal. Er brauchte seltsamerweise nur daran denken, wie ihn der Mikado angesehen hatte, wie der sich angestrengt hatte ihn noch vor allen anzuerkennen....Doch, er konnte sich jetzt vorstellen, warum Mama den so gemocht hatte, ja, ihn beschützen wollte. Kouga warf einen Blick auf die Leiche, dann auf den Sieger, ehe er beteuerte: „Ihr habt gewonnen!“ „Sag mir einmal etwas, das ich nicht weiß, Kouga.“ Sesshoumaru und dessen zumeist menschliche Begleitung, erreichten einen kleinen Berg des Hügellandes in Teien,. Er war dem Geruch nach Kampf und Blut gefolgt, musste nun allerdings feststellen, dass dieser langsam erlosch. Das Duell war zu Ende. Hatte dieses Halbblut verloren und Naraku verfügte nun auch über Tessaiga? Diesen Gedanken brachte er nicht mehr aus dem Kopf. Dort unten befand sich eine Hütte und es stank fürchterlich. Ein Köhler, schloss er aus den vier Meilern, die etwas abseits brannten. Schon um dieses Geruches willen lebten diese Menschen in der Einsamkeit. Das war ja unerträglich. Aber Schmiede benötigten nun einmal Kohle, um Schwerter herstellen zu sollen. Allerdings fiel ihm ein, dass Köhler nicht nur sehr einsame Leute sondern auch erstaunlich gut informierte waren. Zu ihnen gelangten Schmiede aus weitem Umkreis und kauften ein, Händler und auch Hexer. Womöglich konnte der etwas wissen, welche Hexe oder welcher Zauberer den Bann um das Höllenschwert gelegt hatte. Damit konnte er ihm den Weg zu Naraku weisen. Ohne weiter nachzudenken, ging er weiter, den Hügel hinunter. Sango ließ Kirara folgen. Sie hatten bislang im Umgang mit ihm Glück gehabt und sollten das nicht durch eine erneute Befehlsignorierung aufs Spiel setzen. Allerdings hätte es die Dämonenjägerin schon interessiert, was der Shogun an diesem kleinen Menschenmädchen fand. Sie hatten nur zu gut bemerkt, als sie auf dem Kampfplatz aufgetaucht waren, dass sich Sesshoumaru erpresst sah – und Rins Leben über einen raschen Sieg gestellt hatte. Das entsprach nicht den Gerüchten über ihn. Freilich war das alles nur eben Gehörtes, nichts Bewiesenes und womöglich war der Thronfolger, oder auch schon jetzige Mikado anders als sein Ruf. Bislang lebten sie ja schließlich alle noch unverletzt. Der Köhler, der gerade die Holzscheite für einen neuen Meiler schlug, blickte überrascht auf, als unangekündigter Besuch kam – noch erstaunter über das, was er sah. Da war ein junger, weißhaariger Mann in Rüstung, gefolgt von einer Truppe aus recht jungen Menschen, darunter einem Mönch und einer Priesterin, einem Kind und...ja, das war doch ein kleiner Fuchsdämon? Was war das denn für eine gemischte Reisegruppe? Ein wenig misstrauisch geworden richtete sich der Mann auf. Sicher, bei Köhlern war kaum etwas zu holen, aber manche Banditen dachten erst daran, wenn es zu spät war. Er bemerkte durchaus, dass diese Katze samt Reitern zögerte, als sie näher kam, während der junge, weißhaarige Mann direkt auf ihn zusteuerte, deutlich angewidert von dieser Umgebung. Na, das konnte ja was werden. Der Köhler hob ein wenig die Axt. „Halt! Was willst du?“ Im nächsten Moment erkannte er nur noch einen Schatten, der auf ihn zuflog. Als er wieder denken konnte, lag seine Waffe irgendwo, sein rechtes Handgelenk war verstaucht, zumindest, und er selbst hing keuchend in einer Hand des Fremden. Schmale Finger drückten mit überraschender Stärke seine Kehle, freilich just so, dass er noch zu atmen vermochte. Er konnte nicht anders, er musste in die Augen starren, die so seltsam leuchteten. Oh, ihr Götter. Wie hatte er das übersehen können? Augen, die so leuchteten, waren Dämonenaugen. Das bewiesen auch die dünnen, schmalen Finger, die Eckzähne, die sich im leichten Lächeln zeigten und viel zu lang für einen Menschen waren. Das war kein junger, wenn auch adeliger Mensch, das war ein Dämon. Und das schneeweiße Haar zeugte von einem Hundedämon, den mächtigsten Wesen des Reiches. Dinge waren nicht immer das, was sie zu sein schienen, hatte ihm das seine Mutter nicht oft genug gepredigt? „Ihr...Ihr wünscht...edler Herr?“ würgte er hervor. ** Armer Köhler... Kapitel 27: Juwelen und andere Probleme --------------------------------------- „Wo lebt hier eine Hexe oder ein Zauberer?“ erkundigte sich Sesshoumaru sachlich, ohne den Griff um die Kehle des erschreckten Köhlers zu lockern. „Nir....nirgends,edler Herr....“ brachte der irgendwie hervor, sich noch immer nicht im Klaren, wie er so leichtfertig hatte sein können, die arttypischen Anzeichen eines Dämons zu übersehen – und, was das für ihn bedeuten mochte. Miroku kam herangehastet und neigte höflich den Kopf: „Äh...mächtiger Shogun....der Mann könnte besser nachdenken und reden, falls es Euch beliebt seine Kehle freizugeben.....“ Sesshoumaru, der den direkten Kontakt zu dieser untergeordneten Spezies sowieso nicht schätzte, folgte der Bitte, schon um vor Rin als menschenfreundlich dazustehen, etwas, was ihm nie zuvor eingefallen wäre. Der Köhler brach in die Knie, nicht unbedingt aus reiner Höflichkeit, auch vor Entsetzen. Jeder Hundedämon wäre schlimm gewesen, aber trotz seiner Weltabgeschiedenheit wusste er, dass Shogun der Titel des Thronfolgers war. „Edler...Shogun...ich danke Euch,“ sagte er daher erst einmal, ehe er wirklich neu nachdachte. „Meine Frage.“ „Ja...ja, natürlich...nein, hier lebt weit und breit keine Hexe oder ein Zauberer.“ Leider. Was, wenn der Dämon jetzt wütend würde? Da kam ihm eine Idee: „Aber...am Berg Hakurei...da lebt eine ehemalige Priesterin. Tsu...Tsubaki. Sie soll für genug Geld....Schadenzauber sprechen. Nichts, was ich je in Auftrag geben würde....“ Eine schwarze Priesterin würde den ausgezeichneten Bann um das Höllenschwert erklären – und, warum sich Naraku an sie gewandt hatte. Einem Dämon wäre es unmöglich, diesen Zauber so zu legen. Und es erklärte, warum im Palast niemandem aufgefallen war, dass sich ein Fremder an Vaters Schwert zu schaffen gemacht hatte. Wer achtete schon auf menschliche Dienerinnen, die mit Wassereimern oder Reisigbesen bewaffnet das Schloss putzten. Vater...hoffentlich lebte er noch. Seltsamerweise hatte er sich ihm nie so verbunden gefühlt wie jetzt, obwohl sie doch schon Jahrzehnte zusammenlebten. Vater war ihm gegenüber ja immer freundlich gewesen, aber Mutter hatte ihm allerdings schon längst gesagt, dass es nur wäre, weil er der einzige Thronfolger war, der dem Mikado zur Verfügung stand, und nur, solange er alle Forderungen seines Vaters erfüllte. Würde sich das jetzt ändern, wenn Vater überlebte und dessen Bastard existierte? Umso wichtiger wäre es derjenige zu sein, der ihm das Höllenschwert präsentierte – oder es, sollte er gestorben sein, selbst in den Händen hielt. Das Halbblut hätte keinen Funken Dämonenblut in sich, wenn er nicht scharf auf die Macht wäre, auch, wenn Sesshoumaru zugab, dass der bislang nichts davon hatte erkennen lassen, sondern sich lieber als Ungeheuer zur Jagd angeboten hatte. Aber da war auch Tessaiga – und eine Schmach, die er selbst nie vergessen würde. Ohne ein Wort zu sagen machte er sich wieder auf den Weg. Während sich Miroku eilig wie gehabt auf die vollbesetzte Kirara hinter Shippou schwang, atmete der Köhler zum ersten Mal seit Minuten wieder auf. Inu Yasha blieb stehen, als er bemerkte, wer sich gegen den Wind näherte. Wollte sich der Idiot anschleichen? Oh, nein, erkannte er dann, da waren auch seine Freunde dabei. Immerhin war ihnen nichts passiert. „He, Kouga...“ Er blieb stehen. Der Leiter des Informationsdienstes hatte sich bis soeben nicht vorstellen können, dass es angenehm wäre mit seinem Namen angesprochen zu werden: „Was ist?“ „E kommt freiwillig.“ „Wer? Oh, Naraku?“ Da er einen Blick einsteckte, den er nur als für geistig Minderbemittelte deuten konnte, korrigierte er hastig: „Ich meine, der Shogun?“ „Mein hoher Herr Halbbruder, in der Tat.“ Anscheinend hatte der immerhin auf die Menschen und den kleinen Fuchs aufgepasst – aber, was hatten sie herausgefunden, wenn sie ihn offenbar suchten? Der Halbdämon sah in Richtung Osten. Ah ja, da kamen sie – nicht fliegend, sondern zu Fuß und an seinen Freunden haftete ein mehr als merkwürdiger Geruch – genauer gesagt, Gestank. Aber sie wirkten müde, jedoch unverletzt. Was da wohl los war? Dieser Naraku schien in Teien so einiges an Fallen für unerwünschte Gäste aufgebaut zu haben. Nun, vier der sieben Krieger waren jedenfalls schon mal tot. Sesshoumaru blieb stehen, und obwohl er Kouga nur flüchtig ansah, wäre dieser am liebsten in ein Mauseloch versunken. Ja, es gab den klaren Befehl des Mikado.... „Inu Yasha.“ Der Halbdämon, der nicht ahnte, welche Überwindung es seinen Halbbruder kostete, ihn mit Namen anzusprechen, dieser jedoch Rücksicht auf ihren Vater nahm, erklärte: „Hier laufen diese Krieger durch die Geographie. Vier der Sieben sind schon tot.“ „Alle.“ „Oh, du warst fleißig.“ Und da seine Freunde von Kirara rutschten: „He, alles in Ordnung?“ Gerade Kagome schien ihm ein wenig verwirrt. „Ja, danke,“ erwiderte Sango höflich, während die Priesterschülerin den Kopf schüttelte: „Wir trafen einen Giftmischer, der wohl auch zu den sieben Kriegern gehörte, er hat uns vergiftet und gelähmt. Aber Sesshoumaru-sama hat uns gerettet.“ Hoppla, das hätte er diesem Misthund gar nicht zugetraut, dachte Inu Yasha prompt. Aber anscheinend hatte der durchaus auch gute Seiten. Vielleicht sollte er doch netter zu ihm sein? Und wer war dieses kleine Mädchen, das jetzt Kagomes Hand nahm? Rin erklärte weiter: „Und mich haben zwei Männer entführt, aber dann kam Sesshoumaru-sama...und Kagome-sama hat auch einen getötet.“ Oh, das erklärte, warum seine Freundin doch etwas bedrückt schien. Der Spinnendämon, den sie am Tempel erschossen hatte, sie zwar getötet, aber dafür Menschen gerettet, heute jedoch schon die Schlacht und jetzt das....Langsam wurde das doch zu viel für die Arme. Sie sollte zusehen, das sie heil zurück zu ihrer Familie kehrte. Immerhin hatte sie noch eine. Naja, er seit Neustem auch, aber bei ihm eher: was für eine. Der Shogun musterte inzwischen den Wolfsdämon: „Der Befehl des Mikado.“ „Ja, Sesshoumaru-sama,“ meinte Kouga unbehaglich: „Ich war auch auf dem Weg nach Shuto, als mir alles in allem drei der Krieger über den Weg liefen, sie sind jetzt tot.“ „Diesen Bankotsu habe ich gerade getötet...“ Inu Yasha deutete vage hinter sich, bemüht, nicht als Schwächling dazustehen. „Oh,“ murmelte Kagome und ging suchend durch das Gras, wahrend er fortfuhr: „Er sagte, er habe drei Splitter des Juwels von Teien, aber das scheint ihm ja wenig geholfen zu haben.“ „Logischerweise.“ Mirokus spontane Bemerkung ließ alle den Kopf zu ihm drehen und so fuhr er etwas verlegen fort, wohlweislich in Richtung Shogun: „Das Juwel von Teien soll ja, wenn ich das recht verstanden habe, den jeweiligen Fürsten schützen und ihm helfen, das Land zu sichern, in Ruhe zu halten, zu beschützen. Kurz, es wurde für den jeweiligen Fürsten erschaffen und dessen Schutz.“ „Ja, soweit ich weiß schon,“ antwortete der Halbdämon, höfische Sitten ignorierend: „Aber Naraku ist nicht hier, der Kerl oder besser, alle Sieben, kämpften in seinem Auftrag – und sie sind alle tot, trotz der Splitter.“ „Stimmt. Aber drei Splitter sollten einen Menschen befähigen zu siegen – natürlich, ausgenommen gegen überaus starke Dämonen, wie den Shogun oder den Mikado. Aber ich vermute, dass die Splitter nicht gegen dich wirkten. Sie schützten Bankotsu, sagtest du, war der Name, vermutlich gegen dich und der Kampf dauerte länger, aber letztendlich machten sie ihn nicht stärker, wie es Naraku erhofft hat.“ „Dann taugt das Juwel also nichts?“ erkundigte sich Ina Yasha ein wenig enttäuscht, immerhin war das das einzige Stück, das er aus seiner mütterlichen Familie als Erbteil kannte. Abgesehen natürlich vom Fürstentitel, aber der war ihm eigentlich schnuppe. „Oh doch,“ erklärte Sango mit einem müden Lächeln, da sie plötzlich verstand: „Das Juwel von Teien schützt. Und das den Fürsten – aber es wird sich nicht mehr sicher sein, wer der Fürst eigentlich ist. Naraku ist der Fürst, ja, aber du bist der lebendige Erbe der ehemaligen Fürsten. Gegen dich wird es wohl zumindest nie im Angriff nützen.“ Juwel hin oder her, dachte Sesshoumaru, er wollte das Höllenschwert und nach Machi, um zu sehen, wie es Vater ging. Rin betrachtete ihn schon wieder so....Ob Vater in ihm wirklich immer nur den Erben gesehen hatte und nie ihn selbst? Das musste er ihn fragen, wenn er ihn sah, die wichtigste Frage für ihn, wie er nun erkannte. Vielleicht hatte sich Mutter doch geirrt – oder ihm nicht die gesamte Wahrheit erzählt. Beides war möglich, lebte sie doch seit Jahren in der Abgeschiedenheit. Er selbst hatte schon zu Vater gesagt, sie sei lebendig begraben – was dieser als ein recht hartes Wort bezeichnet hatte, schließlich könne sie haben, was immer sie wolle, außer ihrer Freiheit. Und das war der Preis, den sie für ihr Überleben zahlen musste. Ehrlicherweise musste Sesshoumaru zugeben, dass der Mikado sich auch für einen grausamen Tod hätte entscheiden können – und dennoch wollte er seinem Vater nicht einfach das Schicksal verzeihen, dass der seiner Mutter bereitet hatte. Sie war unschuldig, daran zweifelte der Shogun nicht. Trotz allem, was sie auch ihm verschwieg – sie hatte ihm geschworen nie den Tod seines Vaters geplant zu haben. Und selbst Mutter konnte ihn nicht anlügen. Verschweigen, ja, jederzeit, aber ihn nicht anlügen. Aber nun war etwas anderes viel wichtiger: „Kouga, du gehst nach Shuto und führst deinen Befehl aus. Nimm...“ Er hätte fast gesagt Rin, korrigierte sich aber gerade noch in die harmlosere Floskel: „Diese Menschen hier mit. Du haftest mit deinem Leben für ihre Unversehrtheit.“ „Ja, Sesshoumaru-sama.“ Was sollte ein Wolfsdämon dem Shogun schon antworten? Er wollte sich gerade an die Menschen wenden, als ihm diese Priesterin zuvorkam. „Oh, hier, Inu Yasha. Ich habe hier drin alle Juwelensplitter eingesammelt, die die sieben Krieger bei sich hatten und auch die der Mutter des Waldes. Vielleicht hilft es dir.“ Sie nahm das Amulett von ihrem Nacken und streifte es dem prompt etwas verlegen werdenden Halbdämonen über: „Das Juwel von Teien hat doch deiner Familie gehört. Also ist es deines.“ Das stimmte irgendwie und so rückte Inu Yasha es nur ein wenig hin und her, als es unter seinem Griff jäh aufleuchtete. Miroku, der sich nur zu gut daran erinnerte, dass Kagome die dunklen Splitter erst geläutert hatte, lief heran, ehe er erstarrte. Die Splitter des Juwels von Teien, die die Priesterschülerin einzeln aufgelesen hatte, waren nun zu einem Einzigen zusammengeschmolzen – und der leuchtete hell. „Du bist eindeutig der Besitzer,“ meinte er daher nur. Die Bemerkung, dass der wohl als Halbdämon nicht der dunklen Seite unterläge, unterdrückte der Wandermönch in Gegenwart zweier Dämonen lieber. Schließlich war ja nicht gesagt, dass das Juwel auf jemanden wie Sesshoumaru auch nur Einfluss hätte. Bei Naraku schien das ja auch nicht der Fall zu sein. „Keh! Noch etwas, das dieser Mistkerl mir gestohlen hat. - Jetzt geht schon mit Kouga. Und pass mir gut auf sie auf, Wölfchen, klar?“ „Ja,“ bestätigte Kouga, der es sicher nicht drauf anlegte, zwischen beiden Söhnen des Mikado zu landen. Überdies konnte diese Reise angenehm werden. Diese junge Priesterin sah ihn so an, als habe sie noch nie einen jungen, mächtigen Dämon zu Gesicht bekommen....Nun gut, wenn sie dauernd mit diesem Halbblut abhing....? Er musste nur ein wenig vorsichtig sein, das war alles. Schließlich konnte der Mikado, wer auch immer er war, jederzeit seinen Tod befehlen, aber es wäre zu dämlich wegen eines Menschenmädchens zu sterben: „Also, dann kommt.“ Inu Yasha sah der Gruppe ein wenig wehmütig hinterher. Seit dieses Abenteuer begonnen hatte, er Freunde gefunden hatte, mussten sie sich dauernd trennen. Das war irgendwie unfair. Dann jedoch griff er zum Schwert. Tessaiga vibrierte in einer Art in der Scheide, wie er es noch nie erlebt hatte – und er bemerkte gleichzeitig, dass auch Sesshoumaru zu Tenseiga fasste. „Was ist los? Die Schwerter bewegen sich von allein.“ Und das konnte nur bedeuten, dass sie das Höllenschwert spürten, dachte der Shogun. Anscheinend näherte es sich ihnen, und damit auch Naraku. Ohne Kampf würde der diese Waffe sicher nicht herausgeben – aber er selbst sollte sie bekommen, für sich oder seinen Vater, ja nicht dieser Bastard. So meinte er: „Sie spüren das Höllenschwert und freuen sich auf den Kampf.“ Das war nur nicht die gesamte Wahrheit. „Kennst du diese Gegend?“ „Ja,“ meinte der Halbdämon, erfreut, etwas gefragt zu werden: „Wenn man hier geradeaus geht, also nach Osten, gelangt man zu den Hügeln von Miamia. Der Größte ist der Berg oder Hügel Hakurei. Aber da lebt kein Mensch mehr, nur Köhler oder so verirren sich manchmal dahin. Dämonen schon eher. - Dort geht es nach Shuto, da hatte dieser Wolf schon recht. Und hier, direkt nach Süden liegt das Hügelland von...von....“ Mist. Jetzt hatte er es doch vergessen. War das peinlich. „Trennen wir uns.“ „Du hast mir gar nichts zu sagen!“ Ruhig bleiben, ermahnte sich Sesshoumaru, schließlich wollte er etwas erreichen: „Zu zweit brauchen wir länger, alles abzusuchen.“ „Die Schwerter reagieren doch auf das Höllenschwert:“ „Und hilft das?“ Das war nicht gelogen, aber der Shogun wollte den ungeliebten Halbbruder so weit von sich wie möglich haben, wenn er sich Naraku stellte.Und er sah keine Notwendigkeit, dem mitzuteilen, dass er wusste, dass sich Naraku oder eher dessen schwarze Priesterin am Berg Hakurei aufhielten. Einmal war nicht gesagt, dass sich das Höllenschwert samt dem abtrünnigen Fürsten noch dort befand, zum anderen...ja, je weniger Chancen der Bastard auf die Macht bekam, umso besser. „Keh!“ Inu Yasha zuckte die Schultern, eigentlich froh, den Typen loszuwerden, der ihn permanent so verächtlich ansah. Und alles bloß, weil der mal verloren hatte? Das bedeutete doch keinen Weltuntergang. Er war ja auch nicht sauer, dass der versucht hatte, ihn umzulegen um Tessaiga zu mopsen. Das schwieg nun wieder. „Na schön, ich gehe nach Süden,“ beschloss er daher und machte sich auf den Weg. Zufrieden wandte sich der Shogun ab und wanderte in Richtung des Berges Hakurei, wo er entfernt eine gewisse Magie bemerkte. „Tenseiga....“ Die Stimme des dunklen Geistes des Höllenschwertes vibrierte förmlich vor freudiger Erregung. Naraku, zu dessen gewisser Erleichterung nun wenigstens das Juwel in seinem Kopf schwieg, meinte allerdings: „Sesshoumaru kommt auf mich zu.“ „Ja,“ gab die Klinge zu, bemüht, nicht noch im letzten Moment ihren vermeintlichen Besitzer stutzig zu machen: „Hast du schon einmal ein Schwert in der Hand gehalten?“ „Natürlich. Aber ich gebe zu, dass ich kein erfahrener Kämpfer bin.“ „Dann überlasse es mir. Überlasse dich mir und wir werden siegen.“ Diese erstere Aussicht missfiel dem ehemaligen Fürsten von Teien sehr, aber gegen den Shogun hatte er anders keine Möglichkeit zu siegen, das wusste er. Das Juwel bot Schutz, aber er verspürte wenig Lust auf ein Leben auf der Flucht. Nein. Lieber das Schwert in dem Glauben lassen, er würde mitspielen und es anschließend wieder bannen. Für die Umwelt, die Fürsten und alle Dämonen würde es genügen, wenn er es, wie bisher der Inu no Taishou griffbereit hatte – allein der Ruf sicherte schon die Furcht. Wenn er sich recht entsann, hatte der Gute seine Klinge auch so gut wie nie eingesetzt, einsetzen müssen. „Nun gut. Warten wir hier.“ „Ein schöner Platz zum Sterben,“ erklärte das Höllenschwert. Sie befanden sich zwischen zwei Hügeln. Der Shogun, der sich ihnen in gerader Linie näherte, konnte nicht sehen, wer ihn erwartete, sofern ihn Tenseiga nicht warnte – und der dunkle Geist nahm als sicher an, dass dieses Schwert nicht mit seinem Träger reden konnte. Sobald Sesshoumaru über den Hügel kam, würde er ihn angreifen und in diesem ersten Schlag ihn töten, seine Seele aufsaugen und anschließend Tenseiga absorbieren. Ein eigentlich narrensicherer Plan, der zusätzlich dadurch abgesichert wurde, dass dieses schwatzhafte Schmuckstück des ehemaligen Fürsten einen sehr brauchbaren Bannkreis herstellte, was gegen irgendeine nicht denkbare Überraschung einen Schutz darstellte. Naraku schloss sich dieser Planung an, so gern er lieber selbst den Weg bestimmt hätte. Es klang alles absolut sicher, auch, wenn er zugab, dass es ihn ein wenig wurmte, nicht zu wissen, was aus den sieben Kriegern geworden war. Es war doch verfrüht gewesen, die loyale Kanna zu töten, ein kleiner Fehler, der ihm unterlaufen war. Hatte Sesshoumaru tatsächlich alle Sieben aus dem Weg geräumt? Dann musste er müde sein, zumal nach der Schlacht im Kaidan no Tani. Naraku warf einen Blick seitwärts. Die Sonne stand tief und es war sicher ein sehr anstrengender Tag für den werten Shogun gewesen. Oder war er der Mikado? Nun, gleich. An beiden Titeln würde er nur noch sehr kurze Freude haben. „Tessaiga,“ murmelte der Geist des Höllenschwertes. „Was ist mit dem?“ erkundigte sich Naraku gereizt. „Es geht weg....“ „Nun, umso besser. Erst Sesshoumaru, dann der Unbekannte, wenn du unbedingt Tessaiga auch noch besiegen willst.“ Wobei der ehemalige Fürst zugab, dass ein Unbekannter mit einem offenbar sehr mächtigen Schwert wirklich beseitigt gehörte. Aber dieser Geist redete ihm zu viel, bestimmte ihm zu viel. Nun gut. Diese beiden Klingen noch erbeuten, dann würde der wieder gebannt. Sesshoumaru spürte, dass Tenseiga erneut zu vibrieren begann, weitaus heftiger als zuvor. Es konnte nur eine Ursache geben – er näherte sich dem Höllenschwert und damit Naraku. In dieser Hügellandschaft war es unmöglich weit zu sehen, zumal immer wieder kleinen Waldinsel in den flachen Tälern den Blick verwehrten, aber er prüfte den Wind. Wenn er sich nicht täuschte, und das hielt er für unmöglich, wartete dieser unsägliche Verräter samt Vaters Schwert hinter dem nächsten Hügel. Solch ein Tor, sich ihm im Zweikampf zu stellen. Hoffte dieser, mit dem Höllenschwert umgehen zu können? Da konnte der lange hoffen. Vater hatte ihm nur zu oft erklärt, dass nur jemand aus ihrer Familie es führen könnte, es unter seinen Willen zwingen könnte. Was zu einer anderen Überlegung führte. Hatte inzwischen gar das Schwert Naraku übernommen und war der nichts mehr als eine leere Hülle in den Diensten einer Klinge? Das war zwar ein Schicksal, das er ihm gönnte, aber das änderte nichts daran, dass das Höllenschwert Vater gehörte, und erst nach dessen Tod in seine, Sesshoumarus Hände übergehen sollte. Und niemand sonst es besitzen sollte, geschweige denn es sich selbstständig machen dürfte. Die Attacke mit dem Höllendrachen war eine fürchterliche Waffe – er konnte sich ausrechnen, was mit allem Leben weit und breit passieren würde, öffnete der Geist des Schwertes im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle. Das würde nie passieren. Er legte die Klauen um Tenseigas Heft, um seine eigene Klinge ruhig zu halten. Er hatte die Warnung schon verstanden. Mit der Hand fest um seinen Schwertgriff ging er die letzten Schritte um über den Hügel zu gelangen. Na bitte. Naraku, der soeben das Höllenschwert von seinem Rücken nahm, gleichzeitig irgendeine Handbewegung machte... Ohne weiter nachzudenken zog er Tenseiga. Vaters Schwert sollte auch wieder in dessen Hände gelangen. Vater.... Er dachte an den Schwerverletzten, den er zurückgelassen hatte, an die Hand, die ihn gestreichelt hatte, als er verletzt war, als er ein Welpe war, an die unermüdlichen Erklärungen all seiner Fragen, das Leuchten in den Augen, wenn er selbst etwas getan oder gesagt hatte, das Vater freute... Und schlug zu, in Sehnsucht, Bemühen zu schützen und zu helfen: „Meidou Zangetsu!“ ** Im nächsten Kapitel zeigt sich ein wahrhaft höllischer Geist. Kapitel 28: Ein höllischer Geist -------------------------------- Meidou Zangetsu? Der Geist des Höllenschwertes dachte fast, er höre nicht richtig, ließ aber seinen Besitzer, Helfer, sofort die Hand empor reißen, um mit der eigenen höllischen Energie den Pfad der Dunkelheit zu blockieren. Gleichzeitig bemerkte er, wie der andere Geist, der des Juwels von Teien, einen Schutzbann errichtete. Natürlich schützte nichts vor der Magie der Unterwelt, aber es hielt den Angriff lange genug auf, dass er abwehren konnte. Das war ein durchaus brauchbarer Partner mit einem sehr interessanten Zauber. Ohne zu zeigen, wie unangenehm überrascht, ja, betroffen er war, dass Tenseiga den Pfad der Dunkelheit einigermaßen beherrschte, geschweige denn, seinem Träger zur Verfügung stellte, meinte er zu Naraku: „Du solltest ihm sagen, dass er ein Idiot ist. Zauber der anderen Welt gegen ein Höllenschwert – das wirkt nicht gegen mich.“ „Schön zu hören,“ dachte Naraku und sagte laut zu dem Shogun, der tatsächlich ein wenig verblüfft schien, dass seine Attacke nicht gewirkt hatte: „Ich hätte Euch nie für einen derartigen Narren gehalten, Sesshoumaru-sama...“ Die Anrede war reiner Spott: „Das Höllenschwert ist immun gegen eine solche Magie.“ „Das Höllenschwert vielleicht.“ Der Shogun hätte nie zugegeben etwas frustriert zu sein, schon gar nicht diesem miesen Verräter gegenüber: „Aber du nicht. Und bist du erst einmal im Jenseits, gehört es wieder mir. Und vor allem meinem verehrten Vater.“ Naraku strich mit der Linken sein langes Haar zurück, bemüht, nicht zu erkennen zu geben, wie schwer es ihm fiel ein Schwert in der Hand so erhoben zu halten. Das hatte er seit Jahren nicht mehr getan: „Oh, komm. Er ist tot, du brauchst nicht versuchen hier jemanden zu täuschen.“ Wusste das Höllenschwert darüber besser Bescheid als er selbst? Und warum tat diese Bestätigung so weh? Er hatte doch schon gewusst, dass Vater in Lebensgefahr schwebte. Ja, aber, erkannte er gleichzeitig, irgendetwas in ihm hatte immer noch gehofft....Nun, dann musste er die Konsequenz ziehen: „Falls es dir entgangen ist, Naraku: der Erbe meines Vaters bin ich. Und damit gehört mir auch das Schwert der Hölle.“ Der ehemalige Fürst von Teien lächelte, froh, dass sowohl seine Abwehr als auch sein Angriff offenbar ausreichten den Hundebengel zu Räson und zu einem Gespräch zu bringen: „Vergiss es. Du wirst diesen Ort nicht lebendig verlassen.“ Er fuhr in Gedanken zu dem Schwert hin fort: „Du solltest es ihm zeigen....“ „Natürlich,“ murmelte der höllische Geist darin fast gelangweilt: „Der Höllendrache wird gleich erscheinen. Lass mich machen.“ Sesshoumaru umklammerte Tenseiga unwillkürlich etwas fester, als er die zwei großen, schwarzen Drachenköpfe erkannte, die aus der Klinge stiegen. Warum beherrschte Naraku das Höllenschwert? Oder war es anders und die Klinge der anderen Welt beherrschte ihn? Auf jeden Fall war das fatal – für ihn, für das Reich, für diese Welt. Aber aufgeben kam nicht in Frage. Erstens überhaupt nicht und zweitens – das war Vaters Schwert oder auch nun nur sein Schwert. Und er würde es zwingen ihm zu gehorchen. Als er die Attacke auf sich zurasen sah, ließ er seine eigene dämonische Dynamik in Tenseiga einfließen und jagte sie dem Angriff entgegen. Der einzige Schutz, den er gegen den Höllendrachen kannte. Als die beiden Kräfte aufeinanderprallten, schoss eine dunkle Wolke aus Staub, Erdboden und dämonischer Macht in die Höhe des bedeckten Nachmittagshimmels. In der darauffolgenden Stille erkannte Naraku ein wenig enttäuscht, dass der Shogun zwar auf ein Knie niedergegangen war, verletzt war und keuchte, aber ebenso eindeutig noch am Leben war. „Was war das?“ fragte er daher bei seinem höllischen Gehilfen nach. Der Geist der Klinge hätte niemals zugegeben, dass er schon wieder perplex war und nicht so recht wusste, was nun zu tun wäre. Zu wichtig war es, seinen zukünftigen Sklaven so lange bei Laune zu halten, bis Tenseiga und Tessaiga vernichtet waren: „Das war eine nette kleine Überraschung meines Gegenparts. Tenseiga hat einen zusätzlichen Schutzbann für seinen Herrn erschaffen. So ähnlich, wie es unser Schmuckstück hier für dich tut.“ „Was sehr interessant ist, da Schwerter so etwas in aller Regel nicht vermögen“ erklärte das Juwel von Teien: „Aber dennoch kam einiges von deiner Attacke durch. Er ist verletzt und es ist fraglich, wie oft er sich und sein Schwert noch schützen kann oder umgekehrt.“ Einige Male wohl schon noch, dachte der Geist des Höllenschwertes. Leider war er selbst irgendwie im Angriff schwächer, nur, weil das dort drüben sein Gegenpart war. Aber das war bloß eine Frage der Zeit, bis Tenseiga und sein Besitzer Geschichte waren. „Na, dann auf ein Neues....“ Er klang amüsiert. Inu Yasha blieb stehen und legte die Hand an sein Schwert. Tessaiga vibrierte erneut in seiner Scheide, heftiger als je zuvor. Näherte er sich Naraku und dem Höllenschwert? Hatte er das gefunden? Oder war etwas ganz anderes los? Er sah sich um. Hier im Hügelland, zumal mit den Wäldchen dazwischen, konnte man kaum weit sehen. Und auch kein Lufthauch trieb ihm etwas zu – was natürlich nur bedeuten mochte, dass sich etwas gegen den Wind näherte. Ein wenig entnervt fasste er nach Kagomes Amulett, als auch dieses zu zittern schien. Was zum...war nur los? „Irgendwas passiert,“ murmelte er vor sich hin: „Aber verflixt noch mal...was? Und vor allem wo? Ich stehe hier wie bestellt und nicht abgeholt. Wenn dieser Vollidiot von Sesshoumaru in die Falle getappt ist, muss ich ihm doch helfen.“ Nun, er gab zu, dass er bereits müde war, nach dem langen, heutigen Tag. Die Sonne senkte sich auch gegen den Horizont, und er vermutete schwer, dass selbst dieser arrogante Hund inzwischen am Ende seiner Kräfte angekommen war. Da wäre es nur gut zu zweit zu sein, zumal Naraku ja sich durch hinterlistige Tricks und sonstige alles andere als nette Überraschungen auszeichnete. Er drehte sich um die eigene Achse. Da. Etwas wie eine Rauchsäule stieg in den Himmel, brach langsam in sich zusammen, ohne, dass er jedoch etwas wittern konnte. Aber da passierte etwas – und herumstehen lag ihm nicht. Er rannte los, so rasch er noch konnte. Kaum zehn Minuten später erreichte er einen Hügel, von dem aus er den Kampfplatz sehen konnte. Er blieb stehen, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Na klasse. Der Herr Halbbruder wirkte nicht mehr ganz frisch, um das mal nett auszudrücken, und es fiel ihm offenkundig schwer, sich noch zu verteidigen. Das da drüben war Naraku, auch, wenn er ihn eigentlich so noch nie gesehen hatte. Und das Schwert, was der da in der Hand hatte, war also das, was Kato Vater geklaut hatte. So sah es eigentlich gar nicht so schlimm oder gar mächtig aus.... Aber es mochte reichen, stellte der Halbdämon dann fest. Auch er keuchte, ihm steckte der anscheinend endlose Tag voller Kämpfe und Reisen gleichermaßen in den Knochen. Vater hatte allerdings ja ebenfalls erwähnt, sie könnten nur zusammen das Höllenschwert besiegen. Also sollte er wohl mal so nett sein und Sesshoumaru helfen. Immerhin hatte der auch seine Freunde beschützt und war offenbar noch fertiger als er selbst. Ein wenig irritiert, dass Tessaiga noch immer in der Scheide vibrierte, fasste er hin. „Ich geh ja schon,“ murmelte er: „Für Papa, ja...?“ Warum allerdings jetzt auch Kagomes Amulett auf seiner Brust deutlich wackelte, konnte er nicht sagen. „Tessaiga!“ konstatierte das Höllenschwert, ein wenig verärgert. Noch ein oder zwei Angriffe und es hätte Tenseiga absorbiert, die Seele Sesshoumarus aufgenommen. Woher kam jetzt also sein zweiter Gegenpart? Aber noch war nicht gesagt, dass der sich in das Duell einmischen würde, geschweige denn auf der Seite des Shogun. Schwerter wie er hatten sehr wohl ihren eigenen Willen und er unterschätzte diese Beiden in keiner Richtung. „Und wer ist das?“ fragte Naraku keinen Deut freundlicher zurück: „Ich meine, der Kerl in rot-weiß...“ Moment mal. Das kannte er doch? Der Hundegott, den der Taishou hatte suchen lassen. Aber das war doch kein Gott, das war nicht einmal ein Dämon: „Ein Halbdämon....“ Was für einen Patzer hatte sich der kaiserliche Informationsdienst denn da geleistet? „Dann wird er Tessaigas Macht nicht einsetzen können oder dürfen,“ erwiderte der dunkle Geist durchaus etwas beruhigt: „Dann setze noch einen Angriff auf Sesshoumaru, dann sollte der in der anderen Welt sein.“ „Vorsicht!“ befahl das Juwel und errichtete eilig seinen verstärkten Bannkreis, als auch schon die Windnarbe herangedonnert kam – und an der schützenden Magie zerschellte. „Gut aufgepasst, mein Schmuckstück,“ erklärte der höllische Geist fast lobend: „Sieh einer an. Der kleine Halbdämon hat Tessaigas Macht entdeckt. Erstaunlich.“ Und überaus ärgerlich, denn mit Tenseiga und Tessaiga als Gegner würde seine eigene Fähigkeit sinken, der Höllendrachen bei weitem nicht mehr so effektiv sein. Dieser Naraku schien so einige Fehler begangen zu haben. Solche Schwerter hatte man doch im Auge - plus deren Eigentümer. Viel zu kurz gedacht. Sterbliche, eben. Aber sein...hm...Besitzer schien keine Ahnung zu haben, wer das war. Ärgerlich. Sicher, er hatte den sowieso übernehmen wollen, aber im Moment verspürte er gute Lust, das sofort zu tun. Allerdings war da das Juwel, was bestimmt etwas dagegen haben würde, und zu fähig und stark war, als das er es ignorieren hätte können. Oder auch nur wollen. Diese Defensivkraft war mal etwas Neues und Angenehmes in den langen Jahren seiner Existenz. Inu Yasha war heran und warf einen Blick auf seinen Halbbruder, der wieder kampfbereit stand: „Wolltest du den Spaß ohne mich haben?“ erkundigte er sich, wenngleich auch außer Atem. „Oder hast du bloß vergessen, dass Vater sagte, nur zusammen würde es klappen?“ „Halt den Mund!“ knirschte der Shogun, alles andere als begeistert, dass Vaters Bastard mitbekommen hatte wie mies er gegen Naraku und das Höllenschwert aussah. Mit gewissem Zorn sandte er seine eigene dämonische Energie erneut gegen den ehemaligen Fürsten – und scheiterte wie zuvor am Bannkreis des Juwels. Wenn er den Pfad der Dunkelheit einsetzte, den er zugegeben kaum beherrschte, wehrte dies die Magie des Höllenschwertes ab. Demütigend, frustrierend. Inu Yasha, dessen Windnarbe auch bereits zuvor an der Juwelenmagie zerschellt war, erkannte, dass es sich nicht nur um das Höllenschwert als gegnerische Waffe handelte, sondern auch und vor allem um den Bannkreis. Na, dagegen sollte er doch etwas haben, wenn das kleine Halbdämonenmädchen Shiori nicht geschwindelt hatte. Das rote Tessaiga wäre angeblich doch in der Lage so gut wie jeden Bannkreis zu zertrümmern... Im gleichen Moment bemerkte er, dass sich die Klinge seines Schwertes pochte, ja, veränderte und riss sie empor, um aus kürzlicher Erfahrung der unvermuteten Attacke entgegen zu springen: „Rückschlagwelle!“ Anscheinend hatte Naraku in ihm den einfacheren Fall vermutet und wollte ihn zuerst erledigen. Klar, Halbdämon oder Shogun, da nahm der Idiot lieber ihn, wenn sie auch beide müde waren und der Herr Halbbruder nicht gerade mehr in Topform. Zum Unbehagen nicht nur des Höllenschwertes wurde dessen Angriff zurückgeworfen und prallte auf den Bannkreis des Juwels. Leider, stellte der dunkle Geist fest, war er gegen seine beiden Widerpartschwerter in der Tat nicht im Vollbesitz der höllischen Macht. Warum konnte der Kleine das überhaupt so zurückwerfen? „Was war das?“ erkundigte sich Naraku in Gedanken: „Habt ihr ein Problem?“ Während das Juwel schwieg, erklärte das Höllenschwert: „Dieser Halbdämon hat Tessaiga wirklich gut im Griff, warum auch immer. Und warum auch immer du das nicht gewusst hast.“ „Das konnte ich nicht wissen. Ich wusste nur von Tenseiga und dass Sesshoumaru es hat.“ Dem ehemaligen Fürsten war klar, dass er mit dieser Verteidigungsrede wohl etwas im Ansehen sank. Aber er hatte einen Einfall: „Dann greife ich jetzt weiter den Halbdämon an. Er ist sicher schwächer als Sesshoumaru, auch, wenn dieser schon ganz schön fertig aussieht. Dann erledigen wir den Shogun und du kannst beide Schwerter absorbieren und mächtiger werden.“ „Die Seelen der beiden will ich auch“ „Ja, meinetwegen, ich kann sie sowieso nicht brauchen.“ Und danach würde er den schwatzhaften und dominanten Geist der Hölle wieder in das Schwert bannen und der Herr über alle sein. „Gut.“ Danach würde er auch Narakus Seele bekommen und dessen leere Hülle als Tarnung für sich benutzen, ehe er die Hölle auf Erden rief, alles zerstörte. Herrliche Aussichten. Aber denen standen leider zwei Schwerter im Weg, die er erst einmal nehmen musste. Nun, die beiden Hunde...ja, auch der Halbdämon besaß ja tatsächlich Hundeblut, umbringen und das war es. Inu Yasha sprang direkt neben seinen Halbbruder: „Das ist der ganze Angriff des Höllenschwertes? Irgendwie bin ich fast enttäuscht.“ Das durfte doch nicht wahr sein! Mit gewissem Ingrimm erwiderte Sesshoumaru: „Sowohl Tenseiga als auch Tessaiga, erst recht beide, hindern das Höllenschwert offenbar daran, seine volle Macht einzusetzen. Allein durch ihre Gegenwart.“ Er hatte durchaus mitbekommen, dass der Höllendrachen gegen Inu Yasha weniger Macht besessen hatte als zuvor gegen ihn. Und es gab nur eine einzige logische Schlussfolgerung. „Na ja, das Hauptproblem scheint sowieso der Bannkreis des Juwels zu sein.“ Von dem Juwel hatten auch schon die Menschen gesprochen – und, dass es zum Schutz des Fürsten gedacht war. Der Zauber war in der Tat überaus lästig. „Halt dich raus. Das Höllenschwert gehört Vater oder mir!“ Inu Yasha zuckte prompt die Schultern: „Das kannst du gern haben. Ich will das Juwel. Immerhin haben es schon mein Onkel und mein Großvater besessen.“ Naraku hatte dem Gespräch durchaus zugehört. Da schien sich jemand nicht einig zu sein: „Das ist das Juwel von Teien!“ gab er zurück: „Es schützt nur den jeweiligen Fürsten, also gib nicht so an. Es würde dich nie schützen. Und das Höllenschwert würde sowieso nie mit dir zusammenarbeiten, Halbdämon.“ „Du bist nicht nur lästig, sondern auch richtig dumm,“ erklärte Inu Yasha offen, ohne allerdings sein Schwert sinken zu lassen. Ein Überraschungsangriff reichte ihm. „Fürst Kazuki von Teien war mein Großvater. Du hast nicht nur meinen Onkel umgebracht sondern womöglich auch meine Mutter! Und du hast mich als Ungeheuer durch die Gegend jagen lassen. Klingelt es da?“ Das entflohene Ungeheuer von Teien, magie- und vernunftbegabt, das ihm solche Kopfschmerzen bereitet hatte – nichts als ein Halbblut? Naraku traute seinen Ohren nicht. Fast kein Wunder, dass Hakudoshi da versagt hatte. Auch sein Ältester war wohl kaum auf diese abwegige Idee gekommen. Für einen winzigen Augenblick bereute er ihn umgebracht zu haben. Sesshoumaru, den diese Diskussion weniger als nicht interessierte, der dafür aber endlich mit diesem Bann zurande kommen wollte, schlug erneut mit dem Pfad der Dunkelheit zu, so dass sich das Höllenschwert zu einem Gegenangriff genötigt sah – der ebenso prompt von Inu Yashas Rückschlagwelle reflektiert wurde und am Bannkreis aufprallte. Eine Pattsituation, erkannte der Shogun. Immerhin etwas. Mit Vaters Bastard an der Seite und Tenseigas Bannkreis war er anscheinend jedenfalls einigermaßen vor dem Höllendrachen sicher, zumal Naraku den nicht mit aller Kraft einsetzen konnte. Hm. Vielleicht sollte er doch zugeben, dass sein verehrter Vater Recht gehabt hatte. Gegen das Höllenschwert halfen nur beide Schwerter – und sie mussten zusammenarbeiten. Verdrießlich, aber notwendig. Und er war niemand, der sich vor notwendigen Entscheidungen drückte. Inu Yasha fuhr derweil wutentbrannt fort: „Du hast meine Freunde zum Tod verurteilt, du hast meine Mutter umgebracht, du hast das Dämonenjägerdorf abmurksen lassen und nur die Götter wissen wen sonst noch alles....Dann hilfst du Kato Vater und sein Heer in eine Falle zu locken. Mann, du bist echt lästig.“ „Wie amüsant, kleiner Hund,“ lächelte Naraku: „Du scheinst ja sehr gut informiert. Ich gebe zu, das Ungeheuer aus dem Todeswald habe ich mir anders vorgestellt. - Aber deine Mutter, wenn sie Izayoi war, habe ich nicht umgebracht. Das war wohl dein Onkel.“ Er bestritt den ganzen Rest nicht, dachten die Halbbrüder in seltener Einigkeit, ehe sie ohne Absprache zuschlugen. Der Geist des Höllenschwertes wehrte ab, da der schützende Bannkreis um sie deutlich schwächer geworden war, ja, auf der Brust des Halbblutes etwas wie ein Widerschein des Zaubers erschien. „He!“ protestierte er daher im Kopf des ehemaligen Fürsten: „Schläfst du, mein Schmuckstück?“ „Nein,“ erwiderte das Juwel prompt, wenn auch hörbar aus Gedanken gerissen. „Eine Frage, Geist der Hölle – wozu wurdest du erschaffen?“ „Zu töten, Seelen zu sammeln, und schlussendlich die Hölle über die bewohnte Welt zu verbreiten.“ Das Erstaunen des dunklen Geistes lag nicht in seiner Gedankenrede. Der Andere schien förmlich zufrieden zu nicken: „Mein Auftrag lautet, den Fürsten von Teien zu schützen, ihn am Leben zu erhalten, immer und gegen jeden Gegner. - Dir ist dein Träger doch gleich.“ „So gesehen, ja. Ich benötige niemand Bestimmten für die Ausführung meines Auftrages.“ „Auch niemanden mit Hundeblut?“ Der Geist knurrte ein wenig: „Hör schon auf. Ja, diese Familie kann mich kontrollieren, das hat der Taishou ebenso wie sein dämlicher Vater bewiesen, aber es fällt auch ihnen schwer. Den jungen Hund da, Sesshoumaru, könnte ich bestimmt lenken. Er kämpft gern und hat Vergnügen am Töten.“ „Und der Junge mit den Öhrchen?“ Das Höllenschwert schwieg für einen Moment, wog sorgfältig ab, da das dem Juwel wichtig erschien, ehe es antwortete: „Er sagte, Vaters Schwert. Er ist also auch ein Sohn des Taishou, der zweite, den der mit einer Menschenfrau hat. Ja, danke für den Tipp, mein Schmuckstück. Das hätte ich fast überhört.“ „Und er ist der Sohn Prinzessin Izayois von Teien, der Enkel Fürst Kazukis. Er ist der rechtmäßige Fürst von Teien. Ihn muss ich schützen. Übrigens trägt er bereits einen Teil von mir um den Hals. Keiner deiner Angriffe würde bei ihm Erfolg haben, da ich immer als Einheit fungiere.“ Für einen kleinen Moment herrschte Schweigen, ehe der Geist des Juwels fortfuhr: „So, wie ich das sehe, gibt es nur eine Möglichkeit, wie wir beide unseren Auftrag ausführen können. Wir brauchen diesen Jungen. Ich schütze ihn, und mit dir in seiner Hand kannst du die Hölle auf die Erde rufen.“ In der Stimme des Höllenschwertes lag ein gewisses Amüsement: „Aber die Seele unseres Trägers gehört mir.“ „Ich bin nicht interessiert.“ „Sein Verstand ist auch nutzlos.“ „Ja, wir brauchen allerdings noch seinen Körper, um den Jungen dort zu besiegen.“ „Einverstanden, mein Juwel,“ schnurrte der dunkle Geist. In die jähe Stille in seinem Kopf hinein, dachte Naraku plötzlich entsetzt: „He, Moment mal.....“ ** Das nächste Kapitel wird erst in zwei Wochen kommen, da ich privat einiges um die Ohren habe. Dann allerdings geht es um einen „Strategischen Rückzug“. Kapitel 29: Strategischer Rückzug --------------------------------- Sowohl Sesshoumaru als auch Inu Yasha bemerkten, dass etwas mit ihrem Gegner geschah. Kein Angriff mehr, der Bannkreis schien sich zu verändern. Naraku selbst stand nur noch da und guckte ins Nichts. Der Halbdämon wollte schon angreifen, die Abgelenktheit des ehemaligen Fürsten ausnutzen, aber er sah, dass sein Halbbruder den anstarrte, als ob dort etwas in Großbuchstaben stünde, das er zu lesen versuche. „He,“ meinte er, unwillkürlich leise. „Was ist los?“ Das fragte sich der Shogun allerdings auch. Er kannte das Höllenschwert, wenn auch unter der Kontrolle seines Vaters, seit seiner Geburt – und die Schwingungen, die von diesem plötzlich ausgingen, gefielen ihm nicht. Ganz und gar nicht. War es dem dunklen Geist nun gelungen Naraku zu übernehmen? War das, was dort stand, nur mehr die seelenlose Hülle eines Dämons, nur der Handlanger einer höllischen Klinge? Was plante diese? Auch das ominöse Juwel, das Naraku unter seiner Kleidung getragen hatte, leuchtete jetzt – ebenso wie das Amulett um Inu Yashas Hals, wie er plötzlich erkannte. „Was ist in diesem Amulett?“ erkundigte er sich. Das war keine Antwort auf seine Frage, dachte der Halbdämon, aber sie standen hier beide müde, ja, ehrlich gesagt, erschöpft, keiner wusste so recht, was der Gegner da trieb, geschweige denn hatte einen Plan, außer, dass das Höllenschwert gefälligst zurück zu Papa gelangen sollte. So erwiderte er nur: „Splitter des Juwels von Teien. Naraku hat sie den sieben Kriegern gegeben, und auch die Mutter des Waldes hatte ein paar abbekommen, als das Juwel zerstört wurde, aber jetzt sind sie zusammen. Kagome, das ist die Priesterschülerin, hat sie eingesammelt und mir gegeben. Sie meinte, sie würden ja mir gehören, als Familienerbe.“ Es blieb nur eine logische Schlussfolgerung: „Das bedeutet, du hast einen Teil des Juwels und Naraku den anderen.“ „Ja, aber er hat den Größeren,“ meinte Inu Yasha etwas verständnislos. „Törichter Bastard!“ entfuhr es Sesshoumaru, der langsam am Ende seiner Nerven angekommen war. Die Kämpfe, die Sorge um Vater und jetzt dieser anscheinend vollkommen magieunkundige Halbhund.... Prompt zischte der Jüngere: „He, halt bloß die Klappe. Du hast gefragt, ich habe geantwortet. Wo ist also dein Problem?“ Der Shogun seufzte fast. Aber jetzt noch gleich und auf der Stelle das Duell gegen Inu Yasha während sich dort drüben das frei gewordene Höllenschwert befand, jederzeit bereit zum Angriff oder wusste die Hölle, was...? Nein, das war unsinnig. So meinte er nur: „Hat dir nie jemand etwas über Magie beigebracht?“ In einer Welt, die von Dämonen beherrscht wurde? Noch immer war die Stimme des Jüngeren mehr ein Knurren: „Nein. Weißt du, seit dem Tod meiner Mutter war ich allein in einem Wald eingesperrt. Da hat man nicht soviel Unterhaltung. - Und was macht dieser Idiot jetzt da?“ Der kleine, einsame Waldaufenthalt dürfte einiges erklären. Aber jetzt war es wichtiger rasch die Fakten darzulegen, denn anscheinend hatte das Höllenschwert gewonnen. Der Bannkreis lag noch immer um den ehemaligen Fürsten – noch immer ein Patt, das sich aber wohl bald ändern würde. Zu ihren Ungunsten. „Der Geist des Höllenschwertes hat Naraku übernommen. Das ging sicher nicht ohne das Einverständnis des Juwels von Teien, das ja den Fürsten schützen soll. Jetzt ist Naraku nur noch als Körper vorhanden, die beiden Geister dürften ihn besitzen. Und es ist klar, dass sie beide jeweils nur eines jetzt wollen.“ Leider. Das hatte er doch auch mitbekommen: „Ja, das dämliche Höllenschwert will alles vernichten...“ Hielt ihn dieser dumme Hund denn für vollkommen verblödet? Oder war es einfach wirklich so, dass er so wirkte, weil ihm das nie jemand erklärt hatte? „Und das Juwel will denjenigen, den es für den rechtmäßigen Fürsten von Teien hält, besitzen. Und die beiden sind sich jetzt einig. Kurz, sie werden, sobald sie die völlige Kontrolle über den Körper haben, dich angreifen, um dich zu besetzen.“ Und das durfte nicht passieren – das Höllenschwert nie in die Hand des Jüngeren gelangen, schon mal nicht, wenn der es führen konnte, wie viel weniger, wenn das Schwert den führte. Das klang irgendwie eigen, aber Inu Yasha verdrängte das plötzliche kalte Gefühl im Magen und erwiderte selbstbewusst: „Na, das können sie gern versuchen.“ „Rede nicht von Dingen, von denen du keine Ahnung hast! Du hast gar keine Möglichkeit, dich gegen Vaters Schwert zu wehren. Tessaiga mag ein gutes Schwert sein, aber....eben keine Magie der anderen Welt.“ „Du hast es ja auch geschafft – und solange wir zusammenarbeiten geht es, das hat Vater doch gesagt.“ Irgendwie klang es dennoch schrecklich logisch, was Sesshoumaru da erzählte – allerdings nichts weniger als gut. „Er wusste ja auch nichts von dem Juwel.“ Wann hatte er das letzte Mal so viel mit einer Person geredet? Leider hing buchstäblich das Schicksal der Welt daran, dass er diesen Starrkopf von Halbdämon überzeugte, wie er sich selbst inzwischen überzeugt hatte: „Wir sind alle beide müde – und Geister werden es nicht. Sie werden ohne Rücksicht auf Narakus Körper angreifen. Wir müssen uns erholen und einen Plan machen. Morgen früh sehen wir weiter.“ „Du willst abhauen und die hier so rumstehen lassen?“ erkundigte sich der Halbdämon etwas ungläubig. „Ich fliehe nie!“ gab der Shogun prompt zu Protokoll: „Aber im Unterschied zu dir habe ich Schulung in Taktik und Strategie bekommen.“ „Wie im Tal der Stufen?“ fragte Inu Yasha unverzüglich: „Ja, schon gut.“ Es brachte nichts sich zu streiten. Selbst für ihn war deutlich, dass sich die Aura da drüben stark verändert hatte – zum Unangenehmen. Und es wurde langsam dämmerig. Ein Kampf gegen das Höllenschwert plus Juwel im Dunkel der Nacht war sicher kaum zu gewinnen, da musste er diesem dämlichen Hund recht geben, jedenfalls in ihrem Zustand. „Schön, also was hast du vor?“ Ein wenig erleichtert befahl der Shogun: „Komm.“ Das Letzte, was die Halbbrüder sahen, als sie in die sich sinkende Dunkelheit rannten, war, wie sich eine Hand des ehemaligen Fürsten bemühte an seiner Kleidung zu zerren, sicher, um das Juwel herauszuholen. Was auch immer dann damit geschehen würde. Immerhin hatten die beiden Geister den Körper noch nicht völlig unter Kontrolle. Naraku schien sich zu wehren. Beiden Söhnen des Inu no Taishou war allerdings klar, dass sie diesen strategischen Rückzug nur ertragen konnten, weil der Andere genauso die Zähne zusammenbeißen musste, das ebenso notwendig wie peinlich fand. Für beide ein sehr ungewohntes Gefühl. Irgendwann saßen die Zwei in einem kleinen Wäldchen. Sesshoumaru hatte einen Bann um sie errichtet, aber er wusste, dass der kaum viel nützen würde. Nicht gegen das Höllenschwert. Er lehnte sich an einen Baumstamm und betrachtete seinen jüngeren Halbbruder. Das Amulett um dessen Hals leuchtete immer noch in einem sanften, fast rosa Schein - sicheres Zeichen, dass dieser Teil darin mit dem eigentlichen Juwel verbunden war. Und das bedeutete, dass sich das Juwel nicht gegen den Bastard wehrte, ergo, ihn wollte. Er selbst musste sich schnell regenerieren. Vater hatte wie stets Recht gehabt – nur gemeinsam hatten sie eine Chance gegen das Schwert und den höllischen Geist darin. Und dabei hatte Vater doch nicht einmal etwas von dem Juwel gewusst, wissen können. Vater – ob er noch am Leben war? Inu Yasha hatte sich neben einem Stein niedergelassen und lehnte sich an diesen. Er hatte die Augen geschossen, war sich jedoch bewusst, dass der Shogun ihn betrachtete. Er war zu müde um sich darüber aufzuregen. Eigentlich hatte er jeden Grund dazu. Der Typ war arrogant, konnte ihn auf den Tod nicht ausstehen – bloß wegen der Sache mit Tessaiga. Dabei war der doch selbst schuld gewesen. Schließlich hatte er ihn herausgefordert. Aber jetzt, nachdem sie sich diesem dämlichen Schwert samt Juwel ausgesetzt sahen, hatten sie sogar ein bisschen zusammengearbeitet. Vater hatte ja gesagt, dass das die einzige Chance wäre – wie seltsam ungewohnt sich das anhörte. Vater. Ob der überhaupt noch am Leben war? Eine Weile herrschte Schweigen,während sich beide bemühten sich zu erholen. Ohne die Augen zu öffnen fragte Inu Yasha: „He, Sesshoumaru, hast du einen guten Plan?“ Der Shogun hätte um ein Haar den Kopf geschüttelt. Er hatte gar keinen Plan, geschweige denn einen guten. Ihm war nur eines klar: überließ er den Bastard sich selbst, so war die Welt in großer Gefahr – und sein ererbtes Reich konnte er komplett abschreiben. Gegen das Höllenschwert half auch Tessaiga nichts und das Juwel würde zwar dafür sorgen, dass das Halbblut nicht starb, jedoch ebenso dafür, dass beide Geister ihn übernehmen konnten. Er selbst musste mit Tenseiga gegen die Attacken des Höllenschwertes setzen – der einzige Schutz. Er hätte sich nicht träumen lassen einmal den Leibwächter eines Bastards spielen zu müssen. Noch dazu Vaters Sohn. Allerdings gab er zu, dass es dieser Punkt war, der diese unsägliche Lage doch noch irgendwie erträglich machte. „Ich habe einen....“ ergänzte Inu Yasha und öffnete doch die Augen. Der Bastard und ein Plan? Irgendwie widerstrebte es dem Shogun den auch nur anzuhören – aber da war der Moment im Tal der Stufen, in dem das Halbblut samt seinen Menschen die notwendige Atempause beschert hatten: „Also?“ „Du willst das Höllenschwert für Vater zurück, und ich hoffe doch schwer, dass du den durchgeknallten Geist darin unter Kontrolle bringen kannst.“ Das war keine Frage und so meinte Sesshoumaru etwas beruhigt, dass der Jüngere sachlich blieb: „Ja.“ „Ganz sicher? Weil, darauf beruht meine Idee.“ „Ich denke schon. Ich habe es geübt.“ Jetzt wurde er doch neugierig. Inu Yasha wollte ihm ohne Weiteres das Höllenschwert lassen – wusste er nicht oder wollte er vielmehr nicht wissen, dass er damit auch die Macht, den Titel des Mikado, ja, das Reich aus der Hand gab? Oder war ihm das wirklich egal? „Gut. Dann machen wir es so. Wenn Naraku hier aufkreuzt...naja, das, was aus ihm geworden ist, greifen wir an, aber nur, um ihn zu schwächen, zu verletzten. In einem günstigen Moment schnappst du dir das Höllenschwert und ich mir das Juwel. Mit dem müsste ich fertig werden, da ich der Erbe von Teien bin. Wenn wir erst einmal die Geister unter Kontrolle haben, dürfte Naraku das geringere Problem mehr sein.“ Keine Ahnung von Magie. Was war dem Jungen denn beigebracht worden? Als zukünftiger Fürst von Teien? Das würde so einiges bei anderen Fürsten erklären.... Oder war er nie so vorgesehen gewesen, eben weil er ein Halbblut war? Kein Dämon aber auch kein Mensch? „Gar keines mehr. Der Geist der Hölle dürfte seine Seele bereits absorbiert haben. Er ist tot und lebt nur noch in der Klinge.“ „Hört sich nach einem gruseligen Schicksal an. Ich meine, er ist wirklich ein Mistkerl, aber...irgendwie hat das doch keiner verdient....“ „Das ist das Schicksal derer, die sich ihm und seinem Träger in den Weg stellen.“ Der Ältere der Halbbrüder blickte zu Inu Yasha. Tatsächlich. Der hatte sogar mit Naraku, einem Hochverräter und Mörder, Mitleid. Das musste dann eindeutig die menschliche Seite an ihm sein. Kein Dämon wäre so weich. „Deswegen waren auch Naraku und Kato so darauf aus, das Höllenschwert außer Gefecht zu setzen, damit sie ihre Falle im Kaidan no tani bauen konnten. Ihnen war klar, was sonst passiert, wenn Vater das kontrolliert einsetzt.“ Es störte ihn wirklich, dass der Bastard „Vater“ sagte – aber es war objektiv richtig und dazu etwas zu äußern hätte nur seine eigene Empfindlichkeit in diesem Punkt bewiesen. „Natürlich. Auch, wenn er es nur selten benutzen musste. Die Drohung genügte.“ Und mit jedem Toten darin wurde der Geist mächtiger, das hatte er selbst oft genug zu hören bekommen. „Wer landet auch schon gern in einer Klinge als deren Diener.“ Das mochte stimmen: „Erhole dich lieber. Wenn ich das richtig sehe, kommt Naraku...kommen die beiden Geister uns näher.“ Inu Yasha fragte nicht, woher sein Halbbruder das wusste, da er annahm, dieser könne die höllische Klinge aus Übung wahrnehmen. Das entsprach den Tatsachen, aber Sesshoumaru war angetan, dass der Halbdämon einfach den Mund hielt, und dachte über dessen Idee nach – etwas, was er noch vor sechs Stunden für vollkommen unmöglich gehalten hatte. Das erste Licht des neuen Tages schimmerte am Horizont, als beide Halbbrüder aufsprangen. Die Witterung war unverkennbar – nach dem ehemaligen Fürsten, aber auch nach dem Höllenschwert. Dazu aber noch etwas anderes: von Verletzungen, ja, Tod. „Sie scheinen Naraku wirklich nicht geschont zu haben,“ erklärte Inu Yasha auch, die Hand bereits an Tessaiga. Sesshoumaru sparte sich die Antwort und ging ihnen entgegen, aus dem Wäldchen. So etwas war nie gut zum Kampf, zumal er nicht wusste, welche Form die Geister nun angenommen hatten. Konnte sich das Juwel hinter einem Baum verstecken, ja, überhaupt selbstständig agieren? Was war aus dem leblosen Körper geworden? „He, warte,“ Der Halbdämon sprang an seine Seite: „Irgendwie stellen sich mir die Haare auf“, gestand er. „Ist das die Macht des Höllenschwertes?“ „Und des Juwels.“ Und das war keine Energie von schlechten Eltern, wahrlich nicht. „Überdies scheinen sie gewisse Fähigkeiten Narakus übernommen zu haben. Frag nicht, welche,“ fügte er hastig hinzu, denn vor ihnen tauchte eine Gestalt auf. „Ach du liebe Güte!“ Inu Yasha betrachtete mit einer seltsamen Mischung aus Mitleid, Abscheu und Entsetzen den offenbar vollkommen erschöpften, teilweise zerstörten Körper, der das Höllenschwert in der Hand trug. In dessen Griff leuchtete nun das Juwel von Teien. Die beiden Geister hatten sich zu einem verbunden, falls ihr dämonischer Träger sterben würde – das erklärte sowohl die eigene Magie, die nun mehr als deutlich zu spüren war, bewies aber auch die Skrupellosigkeit der Geister. Als sie entdeckt wurden, ließ das Juwel sofort einen leuchtenden Schutzbann um sie entstehen. „Patt.“ Sesshoumaru stellte es nur fest, während er sich bereits bemühte darüber nachzudenken, wie weit Narakus Zerstörung vorangeschritten war und was das für einen Kampf bedeutete. „Es genügt, mein Schmuckstück,“ meinte der Geist der Klinge soeben denn auch: „Der Körper unseres Trägers ist nutzlos geworden.“ „Immerhin hat er uns bis hierher gebracht und bei unseren Bemühungen ihn zu kontrollieren, haben wir die Zusammenarbeit gelernt. Sicher, es dauerte eine Nacht, aber wir haben ja Zeit.“ „Das ist wahr. Aber dann verlassen wir diesen Körper.“ „Ich sehe zwei Gründe deinem Plan zu folgen, Geist des Schwerts. So sind wir frei um den Jungen zu übernehmen und zum anderen haben wir keine Belastung durch eben diesen Körper hier mehr. Frage: kannst du dich allein bewegen?“ „Jetzt ja. Dank deiner Hilfe, mein Schmuckstück, bin ich nun stärker denn je. Und diese beiden Hundebengel da drüben werden es nur zu bald erfahren.“ „Dann sorge ich dafür, dass die Hand uns loslässt.“ „Aber ja doch.“ Die Halbbrüder sahen nur regungslos zu, wie sich das Schwert selbstständig aus der Hand entfernte und schweben blieb, während der zerstörte Körper zu Boden ging. „Na, das kann ja lustig werden.“ Inu Yasha zog, nachdem er sah, dass dies auch Sesshoumaru tat. Sie hatten immerhin den Vorteil, dass ihre beiden Schwerter anscheinend gemeinsam es mit dem Höllenschwert aufnehmen konnten. Die Preisfrage war nur, was das Juwel so alles auf der Pfanne hatte. Aber das würden sie wohl bald herausfinden. Sesshoumaru zog einen einfachen Schluss: die Geister hatten den Körper aufgegeben, also war er nutzlos für sie geworden. Das sollte auch so bleiben. Mit einem raschen Schwenk Tenseigas und seiner dämonischen Energie zerstörte er Narakus Überreste völlig. Der Geist des Höllenschwertes lachte auf – und bemerkte sofort, dass ihn die beiden Hundebengel anstarrten. Also konnten sie ihn jetzt hören? Wie amüsant. So direkt hatte er noch nie eine Unterhaltung führen können, nur immer im Kopf seines Trägers: „Du glaubst doch nicht, dass das Schicksal meines, unseres, Dieners etwas an dem euren ändert? Ihr werdet beide noch heute mir gehören.“ „Und von was träumst du eigentlich nachts?“ erkundigte sich Inu Yasha unverzüglich und ließ die Windnarbe auf das nun schwebende Schwert mit dem leuchtenden Juwelengriff zurasen. Einfach als Test, ob diese Geister wirklich so handlungsfähig waren, wie sie taten. Prompt prallte der Angriff auf dem schützenden Bann des Juwels auf – vollkommen harmlos. Allerdings bemerkte der Halbdämon nur zu gut, dass auch das Amulett auf seiner Brust aktiviert wurde. Die beiden Teile des Juwels von Teien gehörten also wirklich zusammen. Er griff hin, um das Wackeln zu beruhigen. Das war in der Tat lästig. Oder bedeutete das irgendetwas? Er konnte doch schlecht seinen Halbbruder fragen, einmal sowieso nicht und zweitens schon gar nicht vor den Ohren....nun ja, vor dem Gegner. Das war ein vollkommen sinnloser Angriff, dachte der Shogun prompt – allerdings bot er den Vorteil zu sehen, dass das Juwel auch im Schwert einen überaus starken Schutz darstellte. Und, wenn er sich nicht geirrt hatte, wirkte das auch auf den Bastard. Immer, wenn man das Höllenschwert angriff, wurde folglich auch Inu Yasha beschützt. Eine sehr merkwürdige Konstruktion, zumal sie sich ja als Feinde gegenüberstanden. Aber das bewies nur, das er das Halbblut mit schützen musste, da das Juwel wohl eine Wiedervereinigung anstrebte. Der Inu no Taishou sah in die dämmerige Welt um sich. Das Letzte, an das er sich erinnerte war, wie er im Tal der Stufen gelegen hatte, seine Jungs...ja, seine beiden Söhne, weg geschickt hatte, um das Höllenschwert zurück zu holen. Zwei Söhne...und der Kleine schien das dämonische Erbe zu wahren. Aber wichtiger als die seltsame Wärme in seinem Inneren war wohl nun die Frage, wo er eigentlich war. War das die andere Welt, die jeden nach seinem Tod erwartete? Oder hatte er nur wieder einen Albtraum und würde aufwachen, in Myougas besorgte Augen gucken? Merkte man es nicht, wenn man starb? Er betrachtete Vögel aus Knochen am düsteren Himmel, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte und griff nach seinem Herz. Es schlug nicht – aber hieß das auch, dass er tot war? Konnte man wirklich sterben ohne es zu wissen? Er hätte immer geglaubt, dass es irgendwie schmerzen würde, Seele und Körper zu trennen. Oder war es schon längst passiert und er hatte es nur vergessen? Hatte er gar keine zwei Söhne, die lebten, sondern war das der letzte Traum gewesen, seine Sehnsucht der letzten Monate verkörpert? Er nahm sich zusammen. So oder so musste er herausfinden, wo er war und was er nun tun sollte. So schritt er langsam den Hügel herunter, als er erkannte, dass es gar kein Hügel war, sondern sich um ein riesiges Skelett mit einer Rüstung handelte – seiner Rüstung. Und sein Skelett. Unwillkürlich schluckte der Herr der Hunde. Aber, noch niemand hatte behauptet, es sei angenehm im Jenseits zu landen. So sprang er auf den steinigen Boden und blickte noch einmal an sich selbst empor. So einfach war das? Oder kam noch etwas anderes? Er war nicht bewaffnet, aber das einzige Schwert dass hier vermutlich funktionierte wäre das, das ihm gestohlen worden war. Ob Kato damit umgehen könnte? Eher nein. Und Naraku? Das befürchtete er, aber da war ihm wahrscheinlich jegliche Einflussnahme versagt. Er drehte sich um, als er spürte, dass sich in seinem Rücken etwas veränderte. In der Dämmerung der fremden Welt erschien vor ihm eine Art Tor. Dahinter erkannte er, schwarz in der Schwärze eine Art Weg. „Komm, Taishou,“ sagte eine befehlsgewohnte, weibliche Stimme. Er konnte den Gedanken nicht unterdrücken, dass die Totengöttin ihren Namen wohl zu Recht trug: Izanami. Die hereinbittet. Er richtete sich auf. Er war nicht ohne Grund Herr aller Hunde und später Mikado geworden, ohne zu wissen, wann man Chancen hatte – und wann es besser war seinem Schicksal entgegen zu treten. Er hoffte nur, dass er ihr eine Frage stellen durfte: hatte er einen oder zwei Söhne? Und waren beide am Leben und in der Lage gewesen das Höllenschwert zu sichern? Sesshoumaru und Inu Yasha.... An diese dachte er, als er in die Dunkelheit ging ** Das nächste Kapitel bietet: drei Schwerter, ein Juwel und vier Dickköpfe... Kapitel 30: Drei Schwerter, ein Juwel und vier Dickköpfe -------------------------------------------------------- Sesshoumaru überschlug die Chancen des bevorstehenden Kampfes, wie er es gelernt hatte. Auf der einen Seite standen, wie eigen das sich auch anhören mochte und wie sehr es ihm widerstrebte, er und sein Halbbruder, mit Tenseiga und Tessaiga, auf der anderen Seite das Höllenschwert mit einem Juwel, das einen schützenden Bann sehr massiver Stärke errichten konnte – und unbekannte Fähigkeiten besaß. Griff er selbst das Höllenschwert an, so würde der Bann des Juwels dafür sorgen, dass seine Energie schlicht verpuffte. Nutzte er den Pfad der Dunkelheit, den er leider noch nicht vollständig beherrschte, steuerte das Höllenschwert mit seiner eigenen Magie der anderen Welt dagegen. Umgekehrt vermochte er mit Tenseiga die Angriffe auf sich zumindest abzuschwächen, zumal mit der Fähigkeit seiner Klinge ihren Träger durch einen Bannkreis ebenfalls zu schützen. Überdies waren das drüben beides Geister und Gegenstände und würde nicht ermüden. So weit, so schlecht. Mit dem Bastard sah es auch nicht gerade besser aus. Zwar trug der Tessaiga, aber gegen das Schwert der Hölle und dessen Drachen vermochte das doch kaum etwas. Im Unterschied zu Tenseiga war Tessaiga eben das Schwert des Diesseits, besaß keine Magie der anderen Welt. Überdies hatten die vergeblichen Angriffe des Halbblutes bewiesen, dass das Juwel von Teien auch gegen die Windnarbe schützte. Umgekehrt bedeutete das allerdings auch, dass der Teil des Juwels, den Inu Yasha um den Hals trug, anscheinend genügte, ihn gegen die Attacken des Höllenschwertes zu schützen, zumal das offenkundig mit Rücksicht auf seinen Partner nicht voll durchzog. Oder vermochte es das gar nicht? Nach allem, was Vater gesagt hatten, konnten die beiden Schwerter gemeinsam die höllische Klinge deutlich schwächen, den Höllendrachen mindern. Das schien wirklich so zu sein. Vielleicht sollte er doch auf die Idee des Bastards zurückkommen und zunächst eine Art Kampf zu suchen, um die beiden Geister auf der Gegenseite von seinem, ihrem, Plan abzulenken, sich die beiden Teile höchstpersönlich zu nehmen, und einzeln zu versuchen die Geister zu beherrschen. Er selbst war sicher mit dem Höllengeist zurande zu kommen, schließlich hatte er unter der Anleitung seines verehrten Vaters lange genug dafür geübt – aber wie sah das mit seinem...nun ja...Halbbruder und dem Juwel aus? Der hatte ja erwähnt, dass er lange im Wald einsam herum gesessen war und würde daher kaum diesbezüglich eine Ausbildung bekommen haben. Nun, gleich. Er würde das Höllenschwert bekommen und es entweder Vater geben oder selbst behalten, je nach dem, was inzwischen passiert war. Das eigenartige Juwel konnte der Bastard gern behalten. Falls der nicht damit fertig würde, würde er selbst es zerstören. Mit zwei der drei magischen Schwerter würde das gelingen, gleich, welchen Zauber einst ein recht mächtiger und erfindungsreicher menschlicher Hexer dort eingewoben hatte. Er zog sein Schwert. Inu Yasha dachte deutlich weniger an Strategie und das Höllenschwert. Er hatte seinen Vorschlag gesagt, und er nahm an, da der werte Shogun nichts von törichter Bastard gesagt hatte, dass der auch keinen besseren Plan hatte. Also würden sie jetzt gegen die beiden Geister dort kämpfen und er sich dann in einem günstigen Moment das Juwel schnappen. Leider schien es im Griff des Höllenschwertes zu sitzen, vermutlich verbunden durch Magie. Folglich war das der Schwachpunkt und den musste man angreifen. Waren die Geister und Gegenstände erst einmal getrennt, würde es schon alles funktionieren. Dann sollte doch der ach so tolle Hund mit dem Geist der Hölle fertig werden. Oh, der zog, da sollte er wohl nicht zurückstehen. „Die beiden jungen Hunde sind Optimisten,“ konstatierte derweil das Juwel: „Oder wissen sie nicht, dass sie gegen dich bald sehr schlecht aussehen? Denk nur daran, Geist der Hölle, dass ich den Jungen da lebendig benötige um meinen Auftrag ausführen zu können.“ „Schon verstanden. Abgesehen davon macht es mir sicher mehr Freude den Sohn und Enkel derjenigen, die mich so lange kontrolliert haben, zu vernichten und seine Seele aufzusaugen. - Dann fangen wir mit dem Spaß mal an.“ Ein lebendiger, aber besessener, Körper und alle anderen tot – das Angebot des Juwels war zu verlockend. Aus der Klinge mit dem hell leuchtenden Griff, die in der Luft schwebte, stiegen zwei schwarze Rauchwolken, aus denen sich Drachenköpfe formten, die auf Sesshoumaru zurasten – und Tenseiga. Dieser schlug eilig zurück, mit aller Energie, die er so aufbringen konnte. Als sich die Wolke aus Staub und dämonischer Energie gelegt hatte, stand der Shogun noch, keuchend, aber doch. „Er ist stark,“ meinte das Juwel: „Aber das wird ihm wenig helfen.“ „Wie recht du doch hast, mein Schmuckstück. - Drachenwelle!“ Inu Yasha hatte durchaus mitbekommen, dass sich der höllische Geist auf seinen Halbbruder kaprizierte. Hatte der etwa recht und die beiden Geister wollten ihn selbst lebendig um sich seines Körpers zu bedienen? Dann sollte er ihnen mal kräftig die Suppe versalzen. So sprang er diesmal der Attacke der Drachen entgegen: „Tessaiga!“ Er suchte den Mittelpunkt der Energie, um diese und seine eigene dem Absender zurückzuschicken. Prompt hatte das Juwel damit zu tun, diesen Angriff abzuwehren: „Der Kleine ist nicht schlecht....Ein würdiger Träger für uns.“ „Ja. Und wenn er meint sich einmischen zu sollen, sollte er auch den nächsten Angriff vertragen.“ Das Höllenschwert knurrte es ein wenig. Wie konnte es jemand wagen sich ihm in den Weg zu stellen diese Hundefamilie auszulöschen? Ach ja, der Kleine war ja auch ein Sohn des Inu no Taishou, das sollte er nicht vergessen. Zu schade, dass das Juwel den brauchte. „Halt schon mal deinen Bannkreis aufrecht – für mich und für ihn.“ „Aber ja doch.“ Als die Drachenwelle erneut auf die Halbbrüder zuschoss, stieß der Shogun seinen eigentlichen Kampfpartner beiseite. Plan hin oder her, dass jemand ihn zu beschützen versuchte, war unerträglich. „Aus dem Weg!“ Inu Yasha stolperte dadurch, fing sich gerade noch ab. Er wollte schon protestieren, als er erkannte, dass der schützende Bannkreis um ihn wieder aufleuchtete. „Nett, dass du mir helfen willst,“ knurrte er, sowohl zu Sesshoumaru als auch zu dem Juwel, und er hätte wohl selbst nicht sagen können, wen er meinte. „Aber ich bin nicht gerade schwach. Und,“ Das rief er lauter: „Du dämliches Schwert: ich bin ein ganz schlechter Verlierer! - Windnarbe!“ Diese würde nichts bringen, außer, dass sich auch das Juwel drüben um seine Attacke kümmern musste. Und während der Bannkreis stand, konnte das Schwert nicht mit den seltsamen Drachenköpfen angreifen. Dies hatte auch der Ältere erkannt und jagte aus seinem Schwert den Pfad der Dunkelheit dem höllischen Widersacher entgegen. Vielleicht....aber die Magie der anderen Welt zerschellte nicht am Bannkreis des Juwels sondern an dem eigenen Zauber des Höllenschwertes. Im nächsten Moment griff dieses selbst wieder an. Noch in weitem Umkreis spürten Tiere, Menschen und Dämonen die freigesetzten Mächte, sahen die Wolke aus Staub, Erde, Pflanzenteilen und Energie wie eine Säule in den Morgenhimmel steigen. Und wer auch nur einen gewissen Überlebensinstinkt besaß und weder Eier im Nest zu bebrüten hatte, noch sich um seine Jungen sorgte, floh aus der Umgebung. Eine förmlich fühlbar lautlose Stille breitete sich über dem Kampfplatz aus, als sich die Wolke senkte. Die Halbbrüder standen noch, keuchend, verletzt, aber ganz offenkundig nicht willens aufzugeben. Ihnen gegenüber schwebte das Höllenschwert, das leuchtende Juwel noch immer im Griff. Der Geist der Klinge meinte: „Sie werden müde. Sterbliche. - Noch wenige Angriffe und Sesshoumaru samt Tenseiga gehört mir. Vorausgesetzt, dieser kleine Idiot nutzt nicht weiterhin die, das gebe ich zu, sehr interessante Rückschlagwelle. So nannte er sie, nicht wahr?“ „Du meinst den Jungen? Ja.“ Der Geist des Juwels schien zu lächeln: „Aber Idiot ist er keiner. Er hat bemerkt, dass ich ihn mit schütze, mit schützen muss, und stellt sich darum wohl recht unbesorgt deinen Angriffen. Übrigens ist der Andere auch keiner, er hat bemerkt, dass dieser Pfad der Dunkelheit auch für mich sehr schwer zu dämpfen ist, geschweige denn, dass ich ihn blockieren kann. Das vermagst nur du. Doch. Kämpfen können sie. Aber aufgeben nicht.“ „Das wird der gute Shogun gleich müssen. Schütze meinetwegen den Jungen – noch. Ich bringe die Sache mit Tenseiga jetzt bald zu Ende.“ Auf der anderen Seite knurrte Sesshoumaru derweil: „Halt dich aus meinem Kampf raus!“ Das war unerträglich, wie dieses Halbblut sich ein ums andere Mal dazwischen sprang und die Attacke des Höllenschwertes auf dieses und seinen Verbündeten zurückwarf. „Ich werde diese Teile mit dem Pfad der Dunkelheit in die Hölle zurückschicken!“ „Keh!“ Inu Yasha blieb keinen Meter neben ihm stehen: „Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, du dämlicher Hund: das Höllenschwert pariert deinen Angriff! Und außer der Rückschlagwelle haben wir praktisch keine Angriffsverteidigung. Im Übrigen: nur der Bannkreis Tenseigas schützt dich gegen die Attacken dieses verrückt gewordenen Stückes Altmetall! Wir müssen zusammenarbeiten, ob dir das passt oder nicht. Mir übrigens auch nicht.“ Dass der Bastard recht hatte, machte die Sache auch nicht besser, zumal der mitbekommen hatte, ja, haben musste, dass er, Sesshoumaru, praktisch hilflos gegen die Attacken war und nur mit Mühe parieren konnte. Dafür würde er den umbringen, sobald das Höllenschwert wieder unter Kontrolle war. Er konnte es sich als Thronfolger, geschweige denn als Mikado doch nicht leisten, dass da jemand herumlief, der genau wusste, wo seine Schwäche lag. Allerdings war er kampferfahren genug, um bemerkt zu haben, dass sich Inu Yasha bemühte, seine Angriffe stets auf den Griff der höllischen Klinge zu lenken – auf das Juwel, oder eher, noch genauer, auf die Verbindung der beiden Geister. Offenbar. Aber etwas anderes war noch wichtiger. Unter der Energie und den Mächten des letzten Schlagabtausches hatte es tiefe Scharten in den Boden gegeben und er konnte die magische Macht fühlen, die dort war – die der anderen Welt. So mal eben nebenbei war das Höllenschwert dabei das Tor zu der anderen Welt zu öffnen. Das durfte nicht passieren. So richtete er sich auf und hob sein Schwert. Der Pfad der Dunkelheit würde selbst dem Höllenschwert zusetzen, machte es für einen Moment unfähig anzugreifen, weil es sich wirklich selbst verteidigen musste und das Juwel nicht dazu in der Lage war. Na schön. Es konnte sich nur noch um Minuten handeln, die ihm zur Verfügung standen - dann war er zu erschöpft, um sich noch verteidigen zu können. Und das Halbblut allein vermochte nichts gegen die höllische Klinge, Juwel hin oder her. Damit würde das Höllenschwert über alle drei Waffen verfügen, die Macht aller drei Ebenen besitzen, und ohne jeden möglichen Widerstand die Hölle auf Erden öffnen. Es lag an ihm das zu verhindern. Inu Yasha hätte fast etwas gesagt, als er erkannte, dass sich sein Halbbruder zu einem weiteren Angriff bereit machte. „Keh,“ murmelte er nur und fasste Tessaiga fester. Zusammenarbeit schien für den ein Fremdwort zu sein – wie wollte der je Herrscher werden? Aber auch er wusste, dass ihre Zeit ablief. Gegenstände und Geister wurden nicht müde, in Körper und Seele, sie spürten keine Schmerzen, keine Prellungen und Risswunden. Ein flüchtiger Blick in eine der tiefen Scharten hatte ihn beschließen lassen, dass er gar nicht wissen wollte, was sich dort unten befand. Der Hundeidiot wollte angreifen? Hoffentlich dachte der daran, dass das Höllenschwert so was jedes Mal noch mit einer eigenen Angriffswelle beantwortet hatte. Und dass er selbst die mit Tessaigas Rückschlagwelle abfangen musste. Lauter sagte er dann doch: „Du könntest einmal in deinem Leben zeigen, warum du der nächste Mikado sein willst.....“ und stellte sich breitbeiniger hin, um die nächste abgewehrte Attacke seinerseits zurückwerfen zu können. Diesmal allerdings kam seine zurückgeworfene Energie wieder auf ihn zu und obwohl der Bannkreis des Juwels ihn mit schützte, wurde er meterweit zu Boden geschleudert und blieb für einen Moment regungslos liegen. So würde das nie klappen, dachte Sesshoumaru in ungewohnter Besorgnis. Falls Vaters Bastard etwas passiert war, wäre der sicher nicht glücklich – und das Höllenschwert würde einfaches Spiel habe, Sollte er etwa nachsehen, wie es dem ging? Nein, das war auch nichts. Der würde schon überlebt haben, die Ohren zuckten. Inu Yasha raffte sich mühsam auf. Das war hart gewesen. Merkte dieser dämliche Shogun denn nicht, dass das so nicht funktionierte? Aber aufgeben kam auch nicht in Betracht und er wollte doch unter keinen Umständen schwächer dastehen als der, nicht einmal vor einer durchgeknallten Klinge und einem Juwel, das womöglich eigentlich ihm gehörte. Er stand noch ein wenig schwankend, aber er meinte: „Immerhin kann ich jetzt abschätzen, was du Miststück von Schwert mit jedem einzelnen auf der Welt machen würdest, wenn man dich lassen würde.“ „Narr. Willst du mich etwa aufhalten? Du kannst ja kaum noch stehen und auch der andere Hund ist müde. Ihr werdet es nie schaffen mich zu besiegen. Nie!“ „Das werden wir sehen,“ gab Sesshoumaru möglichst kühl zurück. Leider hatte das Höllenschwert recht. „Kein Dämon kann gegen mich bestehen.“ „Ach ja?“ Inu Yasha keuchte es nur: „Dann muss ich dir leider etwas sagen, du Blödmann. Ich bin kein Dämon. Ja, ich habe dämonisches Blut in mir, das weiß ich, das weißt du. Aber weißt du auch, was der Unterschied zu einem Menschen ist? Und ich bin halb einer. Menschen geben nie auf. Sie kämpfen am besten, wenn sie etwas beschützen wollen Und darum werde ich dir jetzt dieses nicht vorhandene Grinsen aus deinem Metall wischen!“ Er ließ Tessaigas Klinge wechseln. Zur Überraschung aller Anwesenden leuchtete es in rot. „Er plant etwas,“ warnte das Juwel von Teien. „Er kann nichts planen, was uns gefährlich werden könnte,“ erwiderte der Geist der Hölle gelassen: „Und sieh nur, nicht einmal der andere Hund, sein Halbbruder scheint zu wissen, was dieser Unsinn werden soll.“ Ja, dachte der andere Geist: aber warum fühlte es sich so nach Gefahr an, was dort drüben entstand? Und warum fühlte sich sein Innerstes langsam und allmählich zu dem Splitter seiner Selbst um den Hals des Jungen angezogen? Eine simple Wiedervereinigung? Die Attacke des roten Tessaiga kam vollkommen überraschend. Der Bannkreis des Juwels musste zum ersten Mal nachgeben und die Restenergie traf das Höllenschwert, das bedenklich in der Luft schwankte, und hastig einen Entlastungsangriff betrieb. „Was ist los, mein Schmuckstück?“ fragte es irritiert. „Der Junge hat eine sehr magische Klinge, die ihm bedingungslos gehorcht. Woher er allerdings diesen Zauber hat, ist mir ein Rätsel. Gleich. Es wird wohl nur so funktionieren, weil er einen Teil von mir trägt. Du musst sie rasch besiegen, ihn ausschalten und dann diesen Sesshoumaru umbringen.“ „Ja, sie sind wirklich würdige Gegner. Es wird Spaß machen sie zu absorbieren.“ „Aha!“ triumphierte Inu Yasha: „Nicht mehr ganz so mit dem Mund vornweg? Mal sehen, was du gleich hierzu sagen wirst.“ Jetzt würde noch ein Angriff kommen, da war er sicher. Und er musste das rote Tessaiga nutzen um den Bannkreis zu zerstören und dann wie eben schon die Rückschlagwelle einsetzen. Leider würde das auch bedeuten, dass er nur den Schutz des Juwels gegen den Höllendrachen haben würde – das würde ein einziger Versuch bleiben, müde, wie er schon war. Aber er musste nur an seine Freunde denken, Kagome, vor allem, die ihn so unterstützt hatten, so nett zu ihm gewesen waren, die Mutter des Waldes und ihre Kinder, die ebenfalls sterben würden, an Myouga und Toutousai, ja, an Vater....Er war noch der Einzige, der sie alle beschützen konnte. „Ich werde sie alle beschützen,“ versprach er ingrimmig. Beschützen...was hatte das Halbblut damit nur? Wer zu schwach war, starb eben, dachte Sesshoumaru, ehe ihm einfiel, dass Rin sicher keine Chance gegen das Höllenschwert haben würde, sie nicht, Jaken nicht – und so Vater sicher auch nicht. Falls der noch am Leben war, würde er kaum gegen die höllische Klinge bestehen können, die sich bestimmt einen Spaß daraus machen würde, ihn möglichst langsam zu übernehmen. Und überhaupt...er konnte den Sieg doch nicht dem zweiten Sohn seine Vaters überlassen, den als Helden dastehen lassen, das wäre ja gegen jede Selbstachtung! Nein, er selbst würde niemanden beschützen, wozu auch. Er hob Tenseiga. Als Inu Yasha den Höllendrachen nur mühsam, aber mit offenbar aller Kraft zurückschleuderte, war der Shogun bereit. Diesmal ließ er alle seine noch vorhandene dämonische Energie über seine Klinge sich anschließen. Für einen Moment schien diese die Rückwerfwelle des Halbdämonen zu stoppen, dann umschlangen sich die beiden ähnlichen und doch verschiedenen Mächte und rasten auf die beiden Geister zu, die diesmal nicht mehr parieren konnten. Die Halbbrüder erkannten, dass sich unter dem schwebenden Schwert ein tiefes Loch öffnete und starrten für einen Moment fasziniert und angewidert zugleich in die dunklen Tiefen des Abgrundes, ehe Inu Yasha auffiel, dass das Juwel von Teien abseits zu Boden geflogen war. Mühsam ging er hin und nahm es auf. Seltsam. Es leuchtete noch immer, aber es wurde innerlich immer heller. So, wie der Teil des Stückes, den er in Kagomes Amulett um den Hals trug. Was passierte da? Er spürte, wie sich etwas Fremdes in seinem Kopf ausbreiten wollte und wehrte mit aller Energie, die er noch besaß ab. Das war ja widerlich. „Sturkopf,“ sagte das Juwel, er konnte es hören. „Halt die Klappe!“ knirschte der Halbdämon: „Ich bin nicht in der Laune für Spielchen. Und wenn du nicht still bist – Kagome hat dich doch schon einmal zerlegt, das lässt sich wiederholen!“ In Gedanken an seine Freundin presste er das neu gefundene Juwel auf ihr Amulett – und die prompte Wirkung erstaunte ihn. Für einen Augenblick leuchtete alles hell auf, dass trug er das vereinte Juwel an der Kette, das Amulett war verschwunden. Und wie sein bisheriger Anteil leuchtete das schützende Schmuckstück nun hell. Es schien fast zufrieden zu schnurren, hielt jedoch wie gewünscht den Mund, sicher, dass der Junge seine Drohung wahr machen würde. Und was sollte es. Er war sein Besitzer, es würde ihn beschützen, wie es seit Jahrhunderten jeden Fürsten von Teien beschützt hatte. Es hatte sein Ziel erreicht. Inu Yasha dachte jetzt erst an das Höllenschwert und fuhr herum, noch immer Tessaiga in der Hand. Ein wenig erstaunt sah er, wie die höllische Klinge sehr langsam immer tiefer in das entstandene Loch sank, gerade, als sei sie nicht willens in ihre Heimat zurückzukehren. Ein rascher Seitenblick verriet ihm, dass auch Sesshoumaru es musterte, offenbar ebenfalls unsicher, ob man da noch einmal nachsetzen müsste. Langsam ging er zu ihm. Trotz allem – sie hatten zusammen gekämpft, gemeinsam gesiegt – und es war doch irgendwie sein Bruder. Der Shogun bemerkte ihn und sah beiseite. Wollte der nun einen Kampf um das Reich, um die Krone? Sicher, sie waren beide nicht mehr im Vollbesitz ihrer Kräfte, aber er würde es ihm zutrauen. Etwas wie ein heller Streif ließ die Halbbrüder herumfahren, erneut zu der höllischen Klinge blicken – und dem Abgrund. Dieser schloss sich gerade, das schien wenigstens kein Problem mehr zu sein. Aber beide erkannten noch seitwärts eine Helligkeit, die sie für einen Moment die Augen schließen ließ. Das Erste, was sie wieder erkennen konnten, war eine helle, fast aristokratische Hand mit Klauen dran, die sich um den Griff des Höllenschwertes legte. ** Kapitel 31: Durchatmen ---------------------- Beide Halbbrüder starrten die Erscheinung an, halb versucht, vor Überraschung die Schwerter fallen zu lassen und halb sie erhoben, um sich verteidigen zu können, falls das eine letzte Illusion des Höllenschwertes sein sollte. Der Neuankömmling konnte es sich denken. Noch während er das nun ruhige Schwert in die Scheide schob, ehe er sie auf seinem Rücken befestigte, meinte er: „Ihr seid erstaunt, das kann ich verstehen. Aber gut gemacht, Sesshoumaru, Inu Yasha....Ihr habt es auch ohne mich geschafft.“ Der Ältere brachte endlich fassungslos heraus: „Verehrter Vater....“ „Papa,“ ergänzte der Halbdämon mindestens ebenso perplex. Das gab es doch fast gar nicht. Der schien völlig in Ordnung zu sein – und sie wussten doch beide, in welchem Zustand sie ihn zurückgelassen hatten. Der Inu no Taishou lächelte ein wenig, während er den Schwertgurt schloss: „Ja, ich weiß. Ich war auch tot. Aber deine Mutter, Sesshoumaru, war so freundlich, mich zurückzuholen.“ Das war nicht die Auswirkung gewesen, mit der er gerechnet hatte, als er sie mit seinen letzten Atemzügen freiließ. Eigentlich hatte er nur alles regeln wollen, aber sie hatte ihm auch schlicht nach seiner Wiedererweckung erklärt, dass sie jetzt quitt wären. „Leben um Leben. - Kommt, gehen wir nach Machi.“ Inu Yasha schob Tessaiga weg, um etwas Zeit zu schinden, ehe er doch sagte: „Ich will aber da nicht hin. Was sollte ich da? Ich will nach Shuto, da sind meine Freunde.....“ „Du wagst es einen Befehl des Mikado in Frage zu stellen?“ kam es prompt kalt von seinem großem Bruder, der zwar sein Schwert ebenfalls in die Scheide schob, jedoch erfolgreich den Eindruck erweckte, dem Halbblut eine Ohrfeige verpassen zu wollen. Der Vater blieb ruhiger. Schließlich hatte er nicht monatelang nach dem Jungen suchen lassen, um sofort mit ihm zu brechen. Und dass dieser weder höfische Regeln noch seine neue Familie kannte und anerkannte, war sicher: „Dorthin kannst du auch, Inu Yasha. Aber zuerst einmal solltest du mit nach Machi. Einmal, damit du offiziell als mein Sohn anerkannt werden kannst und zweitens, damit du ebenso offiziell zum Fürsten von Teien ernannt wirst. Es ist dein Geburtsrecht, und, wenn ich mir ansehe, was um deinen Hals hängt, hat das Juwel dich anerkannt. Deinen Freunden...“ Er erinnerte sich dunkel an Menschen, die in die Dämonenschlacht im Kaidan no Tani eingegriffen hatten: „Wird schon nichts passieren. Kouga sollte das im Griff haben. Und Naraku ist ja wohl tot.“ Er setzte sich in Bewegung, unverzüglich von den beiden gefolgt. „Das Höllenschwert und das Juwel hatten sich verbündet, verehrter Vater,“ erklärte Sesshoumaru, dem jüngsten Familienmitglied einen eisigen Blick zuwerfend. Hatte der denn gar keine Ahnung von Benehmen? Schön, er hatte ja gesagt, dass er einsam im Wald gelebt hatte, aber da musste man wohl Anstand und Dämonensitte in diese Dickkopf förmlich reinprügeln. Und ihm schwante schon, wer das tun durfte. Vater hätte sicher weniger Zeit, wenn er wieder die Macht ganz übernahm. Und es stand Vater jetzt ein zweiter Sohn zur Verfügung, ein zweiter Thronfolger. Momentan zumindest war der Stand, der wollte ihn zum Fürsten machen, aber das bedeutete nicht, dass es nicht auch als erste Stufe zum Mikado dienen konnte. Er würde vorsichtig sein müssen. So fuhr er höflich mit einem sachlichen Bericht fort, was hier alles geschehen war. Inu Yasha trottete etwas missmutig hinterher. Es war ja schön und sicher auch nett gemeint, dass er offiziell anerkannt werden sollte, als Sohn des Mikado und Fürst von Teien – aber, was sollte er machen? Er konnte sich nicht vorstellen, dass er am Schreibtisch saß und Akten las, oder was immer ein Fürst so tat. Er würde lieber seine Freunde treffen, ein bisschen durch die Lande ziehen...auch, zugegeben kämpfen. Er hatte gesehen, dass er sich verbessern konnte, wenn er kämpfte, durch die Tat dazulernte, und das war eine Methode, die ihm zusagte. Sesshoumaru endete seinen Bericht mit einer Frage: „Ich darf Euch ersuchen, verehrter Vater, mir zu erzählen, wie es meiner Mutter gelungen ist, Euch wiederzubeleben? Ich dachte, das könne nur Tenseiga....wenn überhaupt....“ „Ja. So sagte es Toutousai und es ist das einzige Schwert, dass dies vermag. - Komm doch auch neben mich, Inu Yasha und lauf nicht so hinterher. - Aber das Medaillon an der Perlenkette deiner Mutter, Sesshoumaru, stammt ebenfalls aus demselben Material wie Tenseigas Kern. Ich holte es einst aus der anderen Welt. So konnte sie einen Weg öffnen und meine Seele zurückholen.“ Als Ausgleich dafür, dass er sie am Leben gelassen, wenn auch verbannt hatte, als alles so schien, als ob sie ein Attentat geplant hatte. Hm. Der Shogun, der nie an ihrer Unschuld gezweifelt hatte, war zufrieden: „Und....nun?“ „Ich sagte ihr, sie könne gehen, wohin sie will, aber ich vermute, sie wird sich in Machi befinden. Sie machte sich doch ein wenig Sorgen um dich.“ „Äh...weiß sie von mir?“ entkam es Inu Yasha, nicht gerade höfisch-korrekt aber ehrlich. „Inzwischen ja.“ Der Inu no Taishou hatte es für notwendig befunden, nachdem eine der ersten Bemerkungen nach seiner Wiederbelebung gewesen war, wie er ihren Einzigen allein in solche Gefahr schicken könnte. Seine Antwort, er sei nicht allein, sondern mit seinem Bruder unterwegs hatte zuerst etwas Öl ins Feuer gegossen, sie sich dann jedoch zurückgenommen. Sie war nicht naiv und sie hatte gewusst, dass er nach ihrer Verbannung sicher auch andere Frauen gekannt hatte – warum nicht mit Folgen. Allerdings die Tatsache, dass es ein Halbdämon war, hatte sie doch ein wenig gestört, ohne dass sie es ausgesprochen hatte. „Aber das macht nichts. Dämonen leben anders als Menschen. Überdies sind wir getrennt.“ Sesshoumaru gefiel diese Aussage nicht gerade und er erkannte, dass er soeben ein wenig Hoffnung geschöpft hatte, dass seine Mutter wieder bei Hofe wäre. Mindestens. Aber womöglich hatte sie auch genug davon in einem Schloss zu sitzen und wollte ein wenig durch die Lande streifen. Apropos: „Möchtet Ihr nicht fliegen, verehrter Vater?“ Nun ja, er gab zu, keine Ahnung davon zu haben, wie man sich nach dem Tode und der Wiederbelebung fühlte. „Inu Yasha kann es nicht,“ erwiderte der Mikado schlicht: „So kam ich mit Reitdrachen und zehn Kriegern. Allerdings wollte ich diese nicht in Gefahr bringen und ging allein nachsehen, was ihr beide zustande gebracht habt. Ich muss sagen, ich bin sehr zufrieden. Und stolz auf euch.“ „Danke, verehrter Vater.“ Wann hatte er das das letzte Mal zu ihm gesagt? Als er die Invasoren zurückgetrieben hatte? Davor sehr selten. Es war das höchste Lob. Ja, und wohl darum war da ein etwas fader Beigeschmack dabei – diesmal war auch der Bast...das Halbblut...nun ja, Vaters zweiter Sohn betroffen. So sah er unwillkürlich auf die andere Seite des Inu no Taishou wo der Junge mit hängendem Kopf ging. Hatte der gar nicht mitbekommen, dass er soeben gelobt worden war? War dem das so gleich? Macht, Lob, Anerkennung? Oder alles das nur von dieser Menschenbande wichtig? Was war das für ein unmöglicher Kerl. Inu Yasha hatte durchaus mitbekommen, dass das ein Lob sein sollte, aber seine Gedanken lagen vollkommen anders: er als Fürst von Teien? Ja, das war sein Geburtsrecht und der Mikado...nein, sein Vater schien das auch so zu sehen, aber...ja, da war ein großes Aber. Wie sollte er das sagen? Zunächst mal sollte er ihn anreden wie es auch Sesshoumaru tat, das war wohl richtig: „Äh...verehrter Vater....?“ „Inu Yasha.“ „Ich meine...Ihr habt schon bedacht, dass ich ein Halbdämon bin?“ „Glaubst du nicht, mit Schmugglern und möglichen Invasoren fertig zu werden?“ Der Mikado hob die Augenbrauen. „Klar,“ erwiderte Inu Yasha prompt: „Ich meine..die Menschen..“ „Etwa, weil du ein Halbdämon bist? Soweit ich sah, hast du dich mit Menschen umgeben. Und die Dämonen.....sie waren dabei als du kämpftest, sie werden bald alle wissen, dass du Tessaigas erwählter Träger bist und das Juwel von Teien besitzt. Überdies – sieh dir doch an, mit was die Menschen und Dämonen in Teien in den letzten Jahren leben mussten. Sie sollten den Göttern auf Knien für dich danken.“ Aus zwei Gründen stimmte der Shogun dem zu. Zum einen würde er seinem Vater nie widersprechen, zum anderen jedoch: sah der den Jüngeren wirklich nur als Fürsten, nicht als Thronfolger? Das sollte er unterstützen, wahrhaftig: „Darüber hinaus hat dich das Juwel ohne weiteres anerkannt. Und jeder in Teien weiß, was das bedeutet.“ Inu Yasha warf seinem Halbbruder einen zweifelnden Blick zu. Der sagte was Aufmunterndes zu ihm? Dann jedoch entsann er sich, dass dieser Kagome und die anderen gerettet hatte, auch mit ihm zusammen gekämpft hatte, und nickte nur, um dem Inu no Taishou mit ungewohnter Verlegenheit zu antworten: „Ja, da habt Ihr Recht, verehrter Vater. Es ist nur....das ist alles für mich ziemlich neu und ungewohnt. Vor zwei Tagen war ich noch das gejagte Ungeheuer aus dem Todeswald oder ein Hundegott oder ein Verräter, der Kerl, der das Dämonenjägerdorf abgeschlachtet hat....“ „Was mich daran erinnert,“ erwiderte der Mikado, schon um einer weiteren Diskussion über die unbehagliche Tatsache aus dem Weg zu gehen, dass sein zweiter Sohn offenbar ohne eigenes Verschulden der meistgesuchteste Verbrecher des Reiches gewesen war: „Wer ließ die Dämonenjäger ermorden? Fürst...Naraku?“ „Ja, denken wir, also. auch Sango. Und das ist immerhin eine Dämonenjägerin. Die sieben Krieger in seinem Auftrag und jede Menge Wurmdämonen.“ „Was ist mit diesen Kriegern?“ „Sie sind tot.“ Der Blick des Inu no Taishou ging prompt nach rechts zu seinem Ältesten, aber der meinte nur knapp: „Zwei.“ „Kouga drei, ich einen, Kagome einen,“ ergänzte Inu Yasha: „Und ehrlich gesagt, keiner von denen ist ein Verlust für den Rest der Menschheit. Und Dämonenwelt.“ „Ich sehe schon, du hast einiges zu berichten. Du auch, Sesshoumaru. Ich war doch einige Zeit...nicht anwesend.“ Eine nette Umschreibung der Tatsache, dass er tot gewesen war, dachte der Halbdämon. Er war wirklich neugierig zu hören, wie man so jemanden wieder rumlaufen lassen konnte. Aber da das alle für normal zu halten schienen, war das wohl wieder etwas, das ihm in seiner Waldeinsamkeit entgangen war. Miki hatte ihm viel beigebracht, ja, aber anscheinend auch ebenso große Lücken gelassen. Keine fünfzehn Minuten später erreichten Vater und Söhne die zurückgelassenen Krieger und dreizehn Reitdrachen - praktisch alle letzterer, die bei den Heergruppen gewesen waren. Die Blicke der Dämonen galten den beiden Jüngeren. Auch, wenn sie den Shogun kannten und bereits kämpfen gesehen hatten, so konnten sie sich nicht entsinnen, dass er schon einmal tatsächlich wie jetzt äußere Spuren gezeigt hatte – Flecken aus Blut und Staub an der gewöhnlicherweise schneeweißen Boa, Kratzer und Dellen in der Rüstung. Das führte zu dem Anderen: der Junge mit Tessaiga, der ihnen mit Menschen im Kaidan no Tani zu Hilfe gekommen war und sich als zweiter Sohn des Mikado entpuppt hatte. Einige kannten das leuchtende Juwel um seinen Hals, aber die meisten musterten ihn aus einem anderen Grund: das war ein echter, lebender Halbdämon und Träger Tessaigas. Ein guter Krieger musste er sein, das hatte schließlich sein Eingreifen in eine Dämonenschlacht gezeigt, aber ihn auch sonst Sesshoumaru kaum an seiner Seite kämpfen lassen. Auch er wirkte ein wenig müde, sein Gewand zeigte Risse – und das, obwohl es aus dem Haar der Feuerratten geschneidert worden war. Der Inu no Taishou ignorierte die Neugier seiner Krieger: „Ihr fliegt unverzüglich nach Shuto und unterstützt Kouga. Richtet ihm von mir aus, der neue Fürst von Teien werde Inu Yasha, mein Sohn. Falls er Informationen für mich und ihn hat, erreicht er uns in Machi.“ Er sprang auf einen Drachen, unverzüglich gefolgt von seinem Ältesten. Beide ließen sie losfliegen. Inu Yasha folgte etwas zögernder. Immerhin war er noch nie auf einem Drachen gesessen, aber er stellte rasch fest, dass dieser dem Mikado und dem Shogun unverzüglich folgte, und beschloss dem zu vertrauen. Das war nichts anderes als Kirara oder auf Toutousais Kuh. Dennoch drehte er sich um und warf einen Blick auf die Dämonen, die in die andere Richtung starteten. Sie würden nach Shuto fliegen, nach Hause, zu seinen Freunden....Hoffentlich war dieses Wölfchen in der Lage gewesen auf die aufzupassen. Immerhin existierte da noch ein Todesurteil gegen sie. Kagome kam eilig in das Arbeitszimmer des Fürsten von Teien, wo Kouga aufstand. Sie wurde unverzüglich zu ihm durchgelassen – dazu hatte der schnelle Wolf einen zu guten Ruf und den Befehl des Mikado im Rücken, als dass es ein einfacher Dämon gewagt hätte, gegen seine Anweisung zu handeln. So waren auch die Todesurteile für hinfällig erklärt worden und Kouga sah sich als augenblicklichen Regenten, sicher, dass der Shogun schon mit Naraku fertig werden würde und der ehemalige Fürst vermutlich bereits ein toter Mann war. „Was gibt es?“ „Habt Ihr schon Nachricht....?“ „Nein. Außerdem, Kagome, habe ich dir doch schon gesagt, dass du mich duzen kannst.“ Der Wolfsdämon lächelte ein wenig. „Nun ja,“ meinte die Priesterschülerin etwas verlegen: „Ihr...du bist immerhin ein Dämon und Regent von Teien....“ „Ja, aber das reicht ja, wenn du in der Öffentlichkeit so förmlich bist. Vor Naraku brauchst du sicher keine Angst mehr zu haben. Der Shogun und wohl auch dieser Inu Yasha werden schon mit ihm fertig.“ „Ja, ich denke auch.“ Sie seufzte ein wenig: „Aber dennoch: ich bin unruhig.“ „Es kann noch keine Nachricht da sein. Wir sind erst seit zwei Tagen in Shuto und wie ich Sesshoumaru kenne, wird er erst mitteilen, was los ist, wenn er zurück in Machi ist. Schon, wenn er selbst weiß, ob er der neue Mikado oder der Shogun ist.“ Sie seufzte: „Der...der Mikado sah schon sehr schwer verletzt aus, aber ich weiß nicht, was ein Dämon so alles überleben kann.“ „Eine Menge mehr als ein Mensch,“ erwiderte Kouga sofort: „Also, mach dir mal um ihn keine Sorgen. Ich dagegen weiß nicht, was so ein Halbdämon drauf hat. Im Kampf gegen Bankotsu schien er hartnäckig, aber das dauerte...“ Er brach ab. Er wollte sie doch nicht erschrecken – und hatte anscheinend genau das getan, denn ihre Augen füllten sich mit Tränen: „Der packt das schon,“ ergänzte er nicht grammatikalisch richtig: „Wirklich. - Ich habe Sango und Miroku samt diesem Fuchskind plus Menschenmädchen hier ein Zimmer zuweisen lassen. Willst du sie besuchen?“ „Ja, gern.“ Kagome war froh, ihre Freunde wiederzusehen. Sie selbst war zu ihrer Familie zurückgekehrt, sobald klar war, dass ihr Urteil aufgehoben war. Und sie war heilfroh dass denen nichts passiert war – ebenso wie umgekehrt. Ihre Mutter hatte geweint, hatte sie sie doch für tot gehalten. „Dann, komm mit.“ Nur kurz darauf lagen sich die drei Menschenmädchen in den Armen und der Wolfsdämon ertappte sich dabei, auch gern einmal so von Kagome begrüßt werden zu wollen. Jetzt sprang der kleine Fuchs in ihre Arme...aber wenn er das machen würde, bekäme er vermutlich Ärger. Nicht nur mit ihr sondern vor allem auch diesem Halbhund. Und Inu Yasha mochte es noch nicht realisiert haben, dazu war der wohl zu dumm, aber er war eben der zweite Sohn oder der einzige Bruder des Mikado und damit die Nummer Zwei oder Drei der Thronfolge. Niemand, dem man mal eben ungestraft die Freundin ausspannen konnte. Sango fragte inzwischen: „Oh, deine Familie war sicher sehr glücklich...?“ „Ja, das kannst du dir vorstellen,“ erwiderte Kagome und drückte Shippou an sich: „Ich musste fast die ganze Nacht alles erzählen...“ Mit der freien Rechten ergriff sie Rins ausgestreckte Hand. „Habt Ihr Nachricht vom Shogun?“ erkundigte sich Miroku derweil höflich bei Kouga: „Aber das wird noch dauern.“ „Ja,“ sagte der Wolfsdämon: „Aber mein Befehl war klar – hier zu bleiben und alles für den neuen Fürsten zu sichern. Ich werde mir dann wieder mal die Akten durchlesen, auch, wenn ich nicht glaube, dass Naraku so dämlich war etwas in die offiziellen Bücher zu schreiben. Das wird er höchstens privat getan haben.“ „Ihr sprecht von ihm als sei er tot,“ Der Wandermönch sah nachdenklich zu Boden: „Wir haben ihn als überaus raffinierten Mann kennengelernt....“ „Ja, aber ich denke mal, keiner überlebt ein Duell mit Sesshoumaru,“ antwortete Kouga relativ unbekümmert, ehe er Kagome zuliebe ergänzte: „Und ehrlich, der Halbhund ist immerhin sein Bruder, der sollte doch auch was hinbekommen.“ „Ja, das ist wahr,“ meinte Miroku, während Sango ergänzte: „Dafür, dass er nie mit einem Schwert fechten gelernt hat, kann er sehr gut mit Tessaiga umgehen.“ „Aber er ist eben nur ein halber Dämon....“ gab Shippou zu bedenken, um dann doch zuzugeben: „Aber er hat schon was drauf, nicht, Kagome?“ Diese nickte und sah zu Kouga. „Danke, jedenfalls. Ihr...du hast uns sehr geholfen.“ „Schon gut.“ Er verschwand und sie fuhr fort: „Mama meinte, wenn ihr Lust habt, sollt ihr mit mir zum Mittagessen kommen, sie möchte euch gern kennenlernen. Nun ja, Inu Yasha auch, aber bis der herkommt....“ „Ja, das wird dauern, selbst, wenn der Kampf zu Ende ist. Immerhin wird der Mikado und auch Sesshoumaru ihn kennenlernen wollen. Man bekommt nicht jeden Tag eine neue Familie.“ Sango seufzte ein wenig: „Aber ich lerne gern deine kennen. Kommst du auch mit, hoshi-sama?“ „Ja, wenn wir denn das Schloss hier überhaupt verlassen dürfen. Nicht, dass es noch einen übereifrigen Dämonenkrieger gibt, der uns verhaften will.“ Aber der Mönch machte einen Schritt zur Tür. Kagome nickte nur geschäftig: „Ich bin ja auch heil durchgekommen. Ich glaube, die kennen Kouga alle und nahmen ihm darum auch alles ab, was er gesagt hat.“ „Er dürfte ein sehr guter Krieger sein und trotz seines Alters schon irgendein ziemlich wichtiger Mann in der Verwaltung des Mikado sein,“ meinte Sango nachdenklich: „Ich lasse meine Waffen trotzdem zur Vorsicht mal hier. Das dürfte weniger provokant wirken. Und ich werde mein Kleid anziehen.“ „Schade, der Kampfanzug betont deine reizvollen Rundungen mehr....“ Miroku brach lieber ab, da er die Blitzfunken in ihren Augen entdeckte, sich die Dämonenjägerin sich sichtlich nur aus Rücksicht auf Rin zügelte: „Ähm, ja, wir warten draußen, komm, Shippou....“ Während die Menschen, Shippou und Kirara sich das Essen bei Kagomes Mutter schmecken ließen, trafen die zehn Dämonenkrieger in Shuto ein und wurden unverzüglich zu Kouga gebracht. „Euer Befehl?“ fragte der schnelle Wolf nur, um nicht zu zeigen, dass er sehr neugierig war, wer der neue Mikado war. „Befehl des Mikado: richtet ihm von mir aus, der neue Fürst von Teien werde Inu Yasha, mein Sohn. Falls er Informationen für mich und ihn hat, erreicht er uns in Machi.“ Damit war schon mal eine Frage geklärt. Dieser alte, zähe Hund, dachte Kouga anerkennend. Er hatte den Kampf mit dem Drachen überlebt. Das hieß, der Mikado, der Shogun und auch Inu Yasha hatten gewonnen und waren nach Machi. Dort würde der Halbmensch sicher offiziell ernannt werden und dann hierher kommen. Solange hatte er selbst folglich Zeit, Kagome zu überzeugen, das ein ganzer Wolf besser für sie war als ein halber Hund. War der erst einmal hier und Fürst, hätte er die besseren Karten. Ja, er sollte die Priesterschülerin vielleicht einladen.... „Danke. Noch etwas?“ „Unser Auftrag lautet, Euch zu unterstützen.“ Nett gemeint vom Inu no Taishou, aber nicht nötig. Kouga schüttelte darum nur den Kopf: „Noch nicht. Lasst Euch Schlafplätze zuweisen. Ich suche hier weiter nach belastenden Beweisen gegen Naraku.“ Das war zwar kaum mehr notwendig – wenn alle nach Machi zurück gingen, war der sicher tot, aber wer wusste schon, wer da noch mit drin hing und noch irgendwo am Leben war. ** Kapitel 32: Machi ----------------- Inu Yasha betrachtete ein wenig erstaunt die Mauern der Hauptstadt, als sie mit den Drachen zur Landung weit vor den Toren ansetzten. So eine große Stadt hatte er noch nie gesehen, ja, immer Shuto für riesig gehalten, aber damals war er ja auch noch ein kleines Kind gewesen, als er durch die Hauptstadt Teiens gehen durfte. Vom Todeswald aus hatte er kaum mehr etwas entdecken können außer den ihn abweisenden Mauern. Der Grund für die verfrühte Landung war klar: vor den Toren der Hauptstadt lagerte das Heer an Dämonenkriegern, die inzwischen hier eingetroffen waren. Da der Inu no Taishou und Sesshoumaru aus den Sätteln sprangen, tat dies auch der Halbdämon. Er versuchte sich an dem Shogun zu orientieren, was jetzt passieren sollte. Schließlich wollte er sich nicht blamieren – und auch eigenartigerweise den so fremden Vater und seinen Halbbruder und Kampfpartner nicht. Da dieser schräg rechts hinter ihrem Vater blieb, drei Schritte jedoch zurück, hielt er sich auf der gleichen Höhe, wenn auch links., Das würde schon richtig sein. Die Krieger hatten sie bemerkt und sprangen auf, bildeten eine breite Gasse, um die Drei durchzulassen. Als die Dämonen allerdings alle fast zeitgleich die Schwerter zogen, fasste Inu Yasha unwillkürlich nach Tessaiga. Ohne den Kopf zu wenden,, erklärte der Mikado gelassen: „Es ist eine Ehrenbezeugung für mich als Heerführer.“ Er hatte es bemerkt ohne sich umzusehen? Oder hatte er früher das auch nicht gewusst? Zum ersten Mal erkannte der Halbdämon dass er selbst wirklich gar nichts wusste – nichts über seinen Vater, nichts über den Mikado an sich, nichts über seinen Halbbruder, auch, wenn er inzwischen dessen Kampfstrategie kannte. Und was ein Fürst so machte, wusste er auch nicht. Dabei, wenn er das richtig verstanden hatte, sollte er doch der neue Fürst von Teien werden. Nun ja, das hatte immerhin den Vorteil, dass er in Shuto wäre, Kagome besuchen könnte und wohl auch Sango und Miroku samt Shippou ein neues Zuhause bieten konnte. Das wäre doch wenigstens schon etwas. Dieses kleine Menschenmädchen, Rin, würde vermutlich zurück zu Sesshoumaru gehen sollen. Was auch immer der mit ihr tun wollte. Angst hatte die Kleine definitiv nicht vor ihm, aber der schien sowieso etwas anders zu sein als er wirkte. Es war ein eigenartiges Gefühl, so zwischen den schweigenden Kriegern zu gehen, die alle die Klingen flach an die Brust haltend den Kopf vor seinem Vater neigten, dann Sesshoumaru und ihn vor allem anstarrten. Hatten die noch nie einen Halbdämon gesehen? Das mochte durchaus ein Grund sein, und natürlich die Sache im Tal der Stufen. Ha, dachte er, plötzlich zufrieden. Er wurde anerkannt. Aus eigenem Recht, aus eigener Fähigkeit, nicht nur, weil er hier hinter Vater und neben seinem Bruder herlief. Aber dann betrachtete er neugierig die Stadtmauern, das Tor, Dämonenkrieger, die eilig die Straße vor ihnen freimachten. Solch ein bunt gemischtes Gedränge aus Menschen und Dämonen hatte er nie zuvor gesehen, höchstens in seiner Kindheit, aber das waren nur mehr flüchtige Erinnerungen aus grauer Vorzeit. Klarer war sein Gedächtnis nur im Todeswald. Selbst Mama war unter den Ereignissen der letzten Wochen immer mehr zu einem Schemen geworden. Im Wald hatte er sich noch besser an sie erinnert, jetzt schien sie ihm zu entweichen. War das normal? Aber er konnte schlecht Sesshoumaru fragen, wie der das mit seiner Mutter sah, eher noch Kagome. Aber deren Mutter lebte ja auch noch. Er bemerkte, dass der Inu no Taishou kurz im Schritt innehielt, dann jedoch weiterging, als sei nichts gewesen, und auch Sesshoumaru sich kurz anspannte. Was war los? Oh. Ein großer Platz lag vor ihnen und das dort war wohl der Palast des Mikado. Eine Menge Dämonen standen herum, auch Menschen entdeckte er dann, Krieger und offenbar Angestellte. Aber der Blick legte sich eindeutig auf die einsame Gestalt vor dem großen Portal: eine Hundedämonin in kostbarem Kleid, eine weiße Boa über den Schultern. Im Näherkommen erkannte Inu Yasha, dass sie ihn fast neugierig musterte, soweit man das von einer Dämonin behaupten konnte, dann jedoch wieder seinen Halbbruder und Vater ansah. War das etwa die Frau, die Vater wiederbelebt hatte? Seine Stief..nein, Sesshoumarus Mutter? Naja, sie trug den gleichen Sichelmond wie dieser auf der Stirn. Sie neigte den Kopf, als das Trio bei ihr war, eindeutig nur vor dem Inu no Taishou, ehe sie höflich sagte: „Ich bin erfreut, euch alle wohlbehalten zu sehen.“ Dabei glitt ihr Blick an dem Mikado vorbei zu ihrem Sohn, der die ungewohnte mütterliche Besorgnis ein wenig erstaunt zur Kenntnis nahm. Hielt sie ihn für so schwach geworden? Oder sah er so schlimm aus? Nun ja, seine Boa hatte etwas abbekommen und auch die Rüstung, das gab er zu. „Danke, meine Teure,“ erwiderte der Inu no Taishou derweil: „Ehe wir hineingehen möchte ich dir noch Inu Yasha vorstellen, den designierten Fürsten von Teien, meinen zweiten Sohn.“ Sowohl Sesshoumaru als auch seine Mutter atmeten auf, ohne es zu zeigen. Dieser Titel, diese Anrede vor allen Zuhörern – nein, der Bastard sollte erst einmal nicht der Thronfolger werden, das war ganz klar. Nicht, dass sich das nicht noch ändern könnte, aber dazu müsste der Shogun wohl einen schweren Fehler begehen – unwahrscheinlich. Inu Yasha seufzte dagegen um ein Haar zu laut. Fürst. Also sollte er das wirklich machen? In einem Schloss rumsitzen und seinen Namen schreiben? Das würde vor allem auch bedeuten, das er erneut Lesen und Schreiben lernen müsste. Freilich hatte er das einmal gelernt, aber das war lange her und er konnte sich kaum daran erinnern. Das wäre vermutlich ziemlich blamabel. Ob ihm Miroku da helfen könnte oder auch Kagome? Sie würden ihn doch nicht auslachen. Er folgte dessen ungeachtet der Hundefamilie in das Schloss. Dort sagte der Mikado: „Myouga, zeige Inu Yasha doch seine Zimmer. Ich denke, die leerstehenden neben Sesshoumaru müssten passen.“ Der kleine Floh, der mit seinem wiederbelebten Herrn aus dem Kaidan no Tani auf die Suche nach dessen beiden Söhnen gegangen war, ohne sich zu zeigen, sprang sofort aus dessen Fellteilen: „Folgt mir, Inu Yasha-sama.“ Der gehorchte ein wenig resignierend, aber in der Erkenntnis, dass er sich vor seiner neu gewonnenen Familie vermutlich erheblich blamieren würde, würde er seine Bedenken, Fürst von Teien zu werden, wiederholen. Der Inu no Taishou blickte seine ehemalige Gemahlin an, die sich erneut ein wenig verneigte, ehe sie die unausgesprochene Frage beantwortete: „Wenn Ihr es gestattet, oyakata-sama, würde ich gern mit meinem Sohn sprechen, ehe ich mich auf eine Wanderung durch die Lande begebe. Ich habe sehr viel sehr lange nicht gesehen.“ „Wie du wünschst, meine Teure,“ erwiderte er. Sie hatte Jahrhunderte in einem Schloss verbracht, und sie hatte sein Wort, dass sie gehen könne, wohin sie wolle. So fand sich Sesshoumaru Minuten später allein mit seiner Mutter in seinem privaten Zimmer, nachdem ihm ein etwas geknickt wirkender Jaken geholfen hatte die Rüstung abzunehmen und damit, wohl zu dem Schmied, verschwunden war. Der Shogun trat hinter einen Paravent und zog sich schweigend um, während sie ebenso gelassen wartete. Erst, als er in weißer Kleidung, mit rot bestickt, wieder vortrat, meinte sie: „Ich bin erfreut, dass du das Höllenschwert zurückgewinnen konntest. Selbstverständlich war nichts anderes von dir zu erwarten. War der Bastard nur lästig oder auch nützlich?“ „Nützlich,“ gab er ehrlich zu. Warum nur störte es ihn plötzlich, dass sie von „Bastard“ sprach? Es stimmte doch und er tat es selbst, hatte es zumindest gegenüber Inu Yasha selbst getan. Nicht gegenüber Vater, das erforderte doch der Respekt. „Er trägt Tessaiga und das Juwel von Teien. Beide haben ihn als Herrn anerkannt. Natürlich wirst du einen Kampf gewinnen, aber es wird nicht einfach.“ „Inu Yasha will nicht die Macht. Nicht einmal das Höllenschwert.“ „Und das hast du ihm geglaubt? Ich hätte nicht gedacht, dass du solch ein Narr bist. Nun gut, tue so, als würdest du dich mit ihm anfreunden, damit du ihn überwachen kannst. Man sollte seine Freunde immer nahe bei sich haben – seine Feinde aber noch näher.“ „Ja, verehrte Mutter.“ Wenn er Vater richtig einschätzte, würde den es zum einen freuen, dass sich seine Söhne verstanden, zum anderen war es durchaus ein weiser Rat, den sie ihm da gab. Er wusste nichts von dem Halbblut, außer, dass der Vaters Sohn war, stur und ein hartnäckiger Kämpfer, ein wenig unerfahren, ja, naiv, was wohl an der Verbannung in den Wald lag. Aber was würde passieren, wenn er von der Macht eines Fürsten erfuhr, von der des Mikado? Was steckte in dem Jungen? Loyalität oder Gefahr? Allein mit Tessaiga und jetzt auch noch mit dem Juwel war er schwer zu besiegen, das war wahr. Die ehemalige Kaiserin nickte ein wenig: „Ich werde gehen, Sesshoumaru.“ Das war der Abschied, wie sie beide wussten, für einige Jahre. Nur kurz darauf kam der Inu no Taishou. Er hatte sich umgezogen, trug nun einen dunkelblauen, bodenlangen, seidenbestickten Kimono. Das Höllenschwert lag in seinem Arbeitszimmer, jetzt wieder vollkommen ruhig. Der Geist darin hatte nicht einmal mehr versucht den Mikado zu übernehmen. Er wusste, wann er verloren hatte, und, dass er von Glück sagen konnte, dass ihn diese beiden Hundebengel nicht wirklich zurück in die Hölle verbannt hatten. Sie waren knapp davor gewesen. Das wäre ein wahrlich heißer Willkomm geworden. „Du bist allein?“ Eine überflüssige Frage, das sah er doch. Aber der Shogun verstand, was nicht ausgesprochen wurde: „Ja, meine Mutter ist abgereist.“ „Sie wird ihre Freiheit genießen. - Du hast dich bereits erholt.“ Darin lag keine Frage: „Dann werden wir gemeinsam morgen Heerschau halten und dabei Inu Yasha feierlich als meinen zweiten Sohn vorstellen. Danach erfolgt die Ernennung zum Fürsten. Oder hast du einen Einwand?“ „Nein, verehrter Vater.“ „Wirklich nicht? Du warst mit ihm zusammen und ich schätze deine Meinung.“ „Danke.“ Sesshoumaru dachte noch einmal nach, erfreut, dass sein Urteil anscheinend wirklich Gehör finden würde. „Er weiß nichts darüber, wie man sich als Euer Sohn oder als Fürst benehmen soll, was er tun soll,“ wandte er dann ein: „Andererseits ist es sein Geburtsrecht.“ „Ja, ich wollte einstweilen Myouga mit ihm schicken, damit er sich einarbeiten kann. Er kennt ihn bereits, zumindest von einigen Tagen.“ „Und...ich?“ „Ich sagte dir zu, dass du der Regent bleibst und ich mich um die Fürsten kümmere. Nun habe ich einen zusätzlichen Grund, auch einmal länger in Teien vorbeizuschauen.“ Also blieb er der Shogun, der defacto Machthaber. Ein wenig beruhigte ihn diese nochmalige Bestätigung doch. Hatte es dieser Bastard...nun ja, sein Halbbruder wirklich durch seine bloße Existenz vermocht ihn zu verunsichern? „Erhole dich gut. Bis morgen.“ Mit einem letzten forschenden Blick auf seinen Sohn wandte sich der Inu no Taishou ab. Sesshoumaru zögerte ein wenig, ehe er doch sagte: „Verehrter Vater....“ Der Mikado drehte sich um: „Noch eine Frage?“ Ja, wie sollte er das fragen? Nie zuvor in seinem Leben war er dermaßen unsicher gewesen. Plötzlich musste er an Rins Lächeln denken. Sie sah ihn, nur ihn als Person, nie den Shogun, nie den Thronfolger, ja, nicht einmal einen Dämon. Ohne es richtig zu wollen platzte es aus ihm heraus: „Mögt...Ihr mich?“ Der Inu no Taishou war mehr als verwundert, eher fast erschrocken, das von seinem sonst so kalt und emotionslos wirkenden Sohn zu hören. Hatte er ihn etwa immer falsch eingeschätzt? Er hatte keine Ahnung von Welpenerziehung gehabt, als er ihn von seiner Mutter übernommen hatte – hatte er da etwa nicht nur einiges falsch gemacht? Dass er Fehler begehen würde, war ihm klar gewesen. Aber gleich solch einen? Wie sollte er jetzt reagieren? Sicher, natürlich....das war bestimmt die einfachste, wenn auch die richtigste Antwort. Aber irgendetwas sagte ihm, dass das nicht genügen würde. Da war Inu Yasha, das lebende Beispiel für eine Liebesbeziehung, und Sesshoumaru wusste sicher nur zu gut, dass er das Ergebnis einer Zweckheirat war. So machte er die drei Schritte zurück zu ihm: „Ja, mein Junge. Sehr.“ Er legte die Arme um ihn und zog ihn an sich – zum ersten Mal seit...Er wusste es nicht mehr. Wann hatte Sesshoumaru begonnen, sich dagegen zu wehren? Als er in den Unterricht musste? So lange schon? Der so mächtige Shogun genoss die Umarmung, wie er überrascht feststellte. Niemand hatte ihn je umarmt, doch, Vater, vor langer Zeit, dann war ihm selbst bewusst geworden, Mutter hatte ihm gesagt...Nein, er hatte es bloß geglaubt, dass die Zuneigung nur dem Thronfolger galt, der Perfektion, dem Lendenstolz...nie ihm selbst. Aber da waren auch die Erinnerungen an die Hand, die ihn streichelte, der mächtige Hundekörper, der mit ihm über die Wiesen getollt war. Nein, er hatte sich geirrt und stillschweigend genoss und erwiderte er die Umarmung. Armer Welpe, dachte der Inu no Taishou betroffen. Dass er das nicht früher bemerkt hatte? Aber er hatte eben angenommen, der Sohn käme nach der Mutter. Ein fataler Irrtum. Wie sehr mochte auch Inu Yasha unter seinem doppelten Waisentum gelitten haben, wenn derjenige das schon tat, der nur in der Theorie zwei Elternteile besaß. Da gab es viel gut zu machen. Fast zu viel. Aber ihm war ein zweites Leben geschenkt worden und in diesem Moment glaubte er zu verstehen warum und wofür. Er gab Sesshoumaru sofort frei, als er spürte, dass der sich aufrichten wollte. Der Shogun nahm es erleichtert zur Kenntnis. Zuneigung ohne Einschränkung – war es wirklich so einfach? Er musste daran denken, wie....ja, wie stolz Inu Yasha im Kampf gegen das Höllenschwert auf seine Freunde gewesen war, darauf, sie beschützen zu dürfen. War es das, was auch Vater bei ihm tat und er selbst hatte es nur nicht erkannt? Hatte es wirklich der Bastard....Vaters zweiter Sohn...eher gewusst als er? Der Mikado dachte einen Moment nach, ehe er sagte: „Ich will ehrlich sein. Da im Tal der Stufen, als Kato mit dem Höllenschwert verschwand und ich so gar nichts tun konnte, dachte ich für einen Moment, es ist alles aus. Aber als ich dich ihm hinterher schickte, habe ich dir mehr vertraut als jedem Gott, doch noch die Welt zu retten.“ Ein winziges Lächeln: „Ihr habt auch Inu Yasha vertraut, verehrter Vater.“ Aber in der Anrede lag nun irgendetwas anderes als noch vor wenigen Minuten, eine Wärme, die nie zuvor da gewesen war. „Ja,“ gab der Taishou zu: „Aber vor allem dir – dich kannte ich.“ Sesshoumaru wusste es nicht, aber er würde nie wieder so stolz auf sich sein, wie in dem Augenblick, als sein Vater ihm sagte, dass er ihm mehr als jedem Gott vertraut hatte, weil er ihn kannte. Inu Yasha sah sich ein wenig missmutig um: „Das ist dein Ernst, Myouga-jiji?“ „Ja. So lautet der Befehl des Mikado. Erholt Euch, Ihr habt morgen einen langen und anstrengenden Tag vor Euch. Ich werde Euch noch genau erzählen, was passieren wird.“ „Na schön.“ Der Halbdämon zog Tessaiga aus dem Gürtel und legte das Schwert neben das Lager, ehe er sich schlicht fallen ließ: „Dann erzähle mal.“ Eine halbe Stunde später bereute er das: „Oh nein, das soll ich mir alles merken?“ „So viel ist es auch wieder nicht,“ meinte der kleine Flohgeist unerwartet streng: „Bedenkt, dass Ihr Euren Vater und Euren Halbbruder bloßstellen würdet, wenn Ihr Euch nicht wie ein vornehmer Herr benehmt. Noch dazu vor dem Heer.“ „Ja, schon gut. Ich werde es versuchen.“ „Nicht versuchen, tun.“ Inu Yasha fuhr bei diesem Satz auf und sprang empor, ohne sich allerdings zu verneigen, wie es Myouga tat: „Vater....“ Nein, wie lautete das: „Verehrter Vater....“ Der Mikado, der noch immer ein wenig erschüttert von seinem Besuch bei seinem Ältesten war, winkte ab. „Geht es dir gut?“ „Ja, klar. Ich mag ein Halbdämon sein, aber ich bin nicht schwach.“ „Das wollte ich dir auch nicht unterstellen. Du hast es wohl im Kampf gegen das Höllenschwert und das Juwel bewiesen, wie auch im Tal der Stufen. Myouga, du kannst gehen.“ Er wartete, bis der Flohgeist verschwunden war: „Setz dich, Inu Yasha. Ich würde gern mehr von dir wissen, denn bald werden wir uns ja wieder für eine Weile trennen.“ Der Halbdämon gehorchte, ehe er damit begann, was ihm schon die ganze Zeit durch den Kopf gegangen war: „Ich....darf was fragen?“ „Natürlich.“ Kam jetzt etwa auch so eine emotionale Frage wie von Sesshoumaru, die er bei diesem wirklich nicht erwartet hatte? „Ihr....Ihr habt meine Mutter gern gehabt?“ „Ja, sehr.“ Also auch. Seine armen beiden Welpen....Er musste sich wirklich Zeit für sie nehmen. Und ehrlich sein: „Ich war sehr traurig, als sie spurlos verschwand. Und ich hatte keine Ahnung, wo ich sie suchen konnte. Myouga brauchte auch lange Jahre, ehe er darauf stieß, dass sie Prinzessin Izayoi von Teien gewesen war. Und, dass es dich gibt. - Erzähle mir doch von ihr, an was du ich noch erinnerst.....Und: darf ich den Arm um dich legen?“ Inu Yasha spürte,dass er rot wurde. Das hatte er nicht erwartet. Und wann hatte ihn das letzte Mal jemand umarmt? Kagome, ja, davor nur Mutter. Er ließ sich seitwärts sinken, spürte den Arm um sich, Fell an seinem Gesicht. Es war schön, gab er sich zu, auch, wenn er das nie laut sagen würde. „Ich wurde im Schloss in Shuto geboren,“ begann er: „Da war mein Onkel schon der Fürst. Ich wohnte bei Mama im Frauentrakt....“ Es wurde eine lange Nacht. Am folgenden Tag fand die große Heeresschau statt, bei der der Mikado Heer und Bevölkerung seinen zweiten Sohn vorstellte und diesen gleichzeitig als Fürst von Teien bekanntgab. Inu Yasha entledigte sich dieser Aufgabe mit einer Gelassenheit, die seinen Vater erfreute und seinen Halbbruder erstaunte. Allerdings, dachte der Shogun, sollte er sich wohl daran gewöhnen, dass das Halbblut nie das tat, was man erwartete. Bevor der nach Teien abreiste, sollte er sich mit ihm noch einmal unterhalten. Zum einen würde das Vater sicher freuen, zum anderen musste er herausfinden, wie sich der Junge zu ihm und seiner Thronfolge stellen wollte. So war Inu Yasha nur kurz allein, als er abends endlich Ruhe fand: „Ach, du....“ lautete seine Begrüßung denn auch. Als ob sie sich heute noch nicht lange genug gesehen hatten. Nun gut, nicht gerade viel miteinander geredet hatten sie. Sesshoumaru blieb stehen: „Du reist morgen schon ab?“ „Ja, klar. Was soll ich noch hier?“ Um die Macht kämpfen? Vater umschmeicheln? „Wer soll mit dir kämpfen üben?“ fragte er stattdessen ausweichend, unsicher, was er auf so eine direkte Frage antworten sollte, jedoch unfähig zu lügen. „Na, für das Höllenschwert hat es ja wohl gelangt,“ fauchte Inu Yasha prompt, ehe er etwas leiser hinzufügte: „Hättest du etwa mit mir üben wollen?“ Er sollte nicht immer davon ausgehen, dass das ein Mistkerl war. Er hatte seine Freunde gerettet, da war Rin.... „Ich muss arbeiten. Aber Vater will auch nach Teien gehen, wenn er alle Fürsten besucht.“ „Und...jetzt?“ Sesshoumaru war für einen Moment überrascht, ehe er verstand. Oh ja, das wäre in der Tat etwas, das ihm auch Befriedigung verschaffen würde. Seltsam, dass sie sich doch irgendwie ähnelten. „Komm.“ Zum stillen Vergnügen des Mikado dauerte die gemeinsame Übungseinheit seiner Söhne bis weit in den Morgen. Kapitel 33: Shuto ----------------- Am nächsten Mittag verabschiedete sich Inu Yasha mit recht gemischten Gefühlen von seinem Vater. Nach dieser langen Nacht wusste er, dass er ihn vermissen würde und so nutzte er die letzte Möglichkeit des Alleinseins, um den Inu no Taishou noch einmal zu umarmen. Der war mehr als erfreut. „Ich komme bald nach Teien,“ versprach er: „Und bleibe auch ein wenig, schon, um dir doch bei der Einarbeitung zu helfen. Myouga wird sein Bestes geben, aber ich würde dich gern länger sehen...Und natürlich auch das Grab deiner Mutter. - Zuerst muss ich allerdings nach Nakamura. Kato hatte Hochverrat begangen und damit auch seine Familie. Es wird einen neuen Fürsten geben. Und ich werde Prinzessin, nein Fürstin, Abi aufsuchen. Mit dieser Vogeldame habe ich noch ein ganz persönliches Hühnchen zu rupfen. Danach jedoch komme ich zu dir nach Shuto.“ „Ich freue mich,“ erklärte Inu Yasha ehrlich. Doch, dieser Vater....es hätte viel anders und schlimmer sein können. Er glaubte ihm, dass er jahrelang um Mutters Verlust getrauert hatte. Er drehte sich um, als er spürte, dass jemand hereingekommen war und er sich denken konnte, wer: „Sesshoumaru....“ Eigenartigerweise hatte das gemeinsame Training ihm das Gefühl gegeben, den besser kennen zu lernen. Der war hier in Machi irgendwie...lockerer geworden. War es, weil alle Gefahren jetzt beseitigt waren? Oder weil es ihrem Vater wieder gut ging? Er hatte ja sowieso schon dauernd gedacht, dass der nicht ganz so gemein war, wie man es nach dem ersten Zusammentreffen hatte annehmen müssen. „Ich werde Rin dann mit Kouga herschicken.“ Oh, der Halbhund dachte mit. Gut, dann konnte er beruhigt sein. „Wer soll der neue Fürst von Nakamura werden, verehrter Vater?“ erkundigte er sich allerdings nur: „Und was soll aus Katos Familie werden?“ Abi war schon so gut wie tot – außer ihr fiel noch etwas sehr Gutes ein. Sich vor dem Mikado zu Boden zu werfen würde sicher nicht reichen. „Ich denke,“ erwiderte der Inu no Taishou: „Dass das Schloss in Nishi, das für deine Mutter passend war, auch für ihre Schwester und deren Kinder in Frage kommt. Ich möchte sie nicht hinrichten lassen – Kato war sicher nicht so töricht sie einzuweihen. Aber natürlich müssen wir durchgreifen. Und als neuer Fürst...nun, ich dachte an Royakan.“ Er sah den Gesichtsausdruck des Shoguns: „Er ist loyal.“ Ja, das ohne Zweifel, aber..... „Wie Ihr wünscht, verehrter Vater.“ In diesen Zeiten war Loyalität wohl der Vorzug vor Intelligenz zu geben. „Gute Reise, Inu Yasha.“ Er ging. Tatsächlich konnte sich der Halbdämon nicht daran erinnern, je so komfortabel gereist zu sein: mit einem Reitdrachen, einem Flohgeist und Dämonenkriegern als Geleitschutz. Er hatte dagegen zwar protestiert, aber das gehörte eben zu seinem neuen Stand. Er ließ den Drachen neben dem Todeswald landen und stieg ab. Wie lange war er nicht mehr hier gewesen? Nur wenige Wochen. Und was war alles passiert...Der Zaun stand noch, nun jedoch ohne die nutzlos gewordenen Bannsprüche. Er sah sich um: „Jemand soll nach Shuto gehen und meine....die Menschen,die mit mir gereist sind, herholen, meinetwegen auch Kouga.“ Er wollte sie allein treffen, ehe der offizielle Einzug kam, er als Fürst angekündigt wurde. „Sie finden mich da, wo wir uns trafen. Ich bin im Wald.“ Und er verschwand. Ein großer Vorteil seiner neuen Stellung als Fürst war, dass man was sagte, und jemand das erledigte. Nur gegenüber seinem Vater war er verantwortlich – das allerdings für eine ganze Provinz. Aber Myouga würde ihm schon helfen, und auch Vater wollte ja kommen. Das würde schon irgendwie klappen, aber er wollte dezent doch mal fragen, ob sie hier bleiben wollten, beziehungsweise Kagome auch so noch was mit ihm zu tun haben wollte. Immerhin waren sie ja doch eine Notreisegemeinschaft gewesen. Aber sie hatten sich angefreundet, da war er ganz sicher. Nun ja, nicht so ganz, eben. Und wenn er schon eine Ablehnung kassierte, sollte es doch keiner im Schloss mitbekommen. Er musste sich eben damit abfinden.... Er betrachtete den Stamm, an den seine Opfer immer gefesselt wurden. Halbdämon gleich Monster, hatte sich sein Onkel wohl gedacht und ihm Ochsen bringen lassen. Nun, für Onkels Tod hatte dann Naraku gesorgt. Ob es seine Familie gefreut hätte, dass nun er der Fürst hier war? Mutter sicher, zumal, dass sein Vater sich anscheinend wirklich gefreut hatte, ihn kennenzulernen. Sie war sich anscheinend da alles andere als das gewesen. Hatte sie geglaubt, Sesshoumaru würde ihren Sohn als Konkurrenten sehen und umbringen? Sie musste, da hatte dieser Flohopa bestimmt Recht, irgendwie erfahren haben, dass sie sich auf eine Liebschaft mit irgendeinem Dämon sondern mit dem Mikado eingelassen hatte – und ihre Konsequenz gezogen. Er musste eine dreiviertel Stunde warten, ehe er Rufe hörte und sich umdrehte. Kagome voran kamen sie alle zu ihm, selbst Rin und Kouga waren dabei. Die Priesterschülerin umarmte ihn: „Bin ich froh, dich wiederzusehen. Hat alles geklappt? Ist dein Vater nett zu dir? Und der Shogun?“ „Ja,“ sagte er nur und erwiderte die Umarmung vorsichtig. Sie roch so gut....und war so nett zu ihm. „Was, ja?“ „Alles.“ Er ließ sie ungern los, aber da Kouga herankam, war das wohl nötig. „Und ?“ Der Wolfsdämon wusste, dass seine Frage gut hätte warten können, aber Kagome so in den Armen dieses Halbhundes zu sehen machte ihn eifersüchtig: „Was soll eigentlich mit Narakus Abkömmlingen geschehen? Akago ist tot, soweit ich weiß.“ „Hakudoshi auch,“ erwiderten Sango und Miroku wie aus einem Mund. „Ein Mädchen auch,“ meinte Inu Yasha: „Die Spur endete auf einmal.“ „Dann bleibt noch ein Kind,“ meinte Kouga. „Kinder eines Hochverräters werden manchmal mit hingerichtet, wenn sie in Intrigen verwickelt waren.“ „Dann sieh zu, wenn du wieder in Machi bist, dass du sie auftreibst. Dann frag Sesshoumaru, was mit ihr passieren soll.“ Der frischgebackene Fürst war noch immer für einfache Lösungen. „Sango, Miroku....Ich meine, wollt ihr hier in Shuto bleiben? Es finden sich sicher Aufgaben für euch.“ „Ja, das wäre nett,“ erwiderte die Dämonenjägerin. Ihr Dorf war zerstört worden, wohin hätte sie sollen. Die Alternative wäre nur gewesen, sich in einem anderen anzusiedeln: „Allerdings müsstest du Fürst Kisho fragen, ob er uns gehen lässt. So etwas ist eine Fürst-zu-Fürst-Sache auf höchster Ebene.“ „Keh! Wenn ich ihm sage, sonst kommt ihn der Inu Gami besuchen....“ „Ich fürchte,“ gab Miroku zu: „Dass er durchaus inzwischen weiß, wie das gesamte Reich, wer und was du so alles bist – und er dir kaum einen Wunsch abschlagen wird, solange der nicht gegen den Mikado geht. - Danke, jedenfalls für das Angebot.“ „Ja, doch, gern.“ Inu Yasha hätte nie zugegeben, wie froh er war. „Was ist mit mir, Inu Yasha-sama?“ erkundigte sich Rin, die sich bislang zurückgehalten hatte: „Darf ich zurück?“ „Ja, klar. Kouga, du bringst sie dann nach Machi und lieferst sie heil ab.“ Der schnelle Wolf nickte nur. So ungefähr hatte er sich das vorgestellt – der Halbdämon hatte in ihm einen Rivalen erkannt und schickte ihn schleunigst weg. Dummerweise hatte der die Macht und das Recht dazu. Überdies gehörte das kleine Mädchen zum Haushalt des Shogun und der würde sicher ungehalten reagieren, würde er trödeln. Nun ja. Besser auf einen heftigen Flirt mit einem Menschenmädchen verzichten, als gleich zwei Söhne des Mikado zu verärgern. Es gab sicher intelligentere, wenn auch keine schnellere, Selbstmordmethoden. Er war schließlich im Tal der Stufen dabei gewesen, hatte den Kampf des Jüngeren gegen einen Krieger beobachtet und kannte auch den Älteren in Duellen – nichts, was er benötigte. Der junge Fürst, ahnungslos ob dieser Gedanken, wandte sich dagegen ein wenig leise an Kagome: „Sag mal, könntest du mir dann einen Gefallen tun?“ Er wollte nicht vor allen erwähnen, schon gar nicht vor Kouga, dass sie seine verschwundenen Kenntnisse in Lesen und Schreiben auffrischen sollte. Sie war etwas überrascht, schließlich war er jetzt hier der Herr und sein Befehl war Gesetz, freute sich aber, dass er die doch entstandene Freundschaft fortführen wollte: „Ja, natürlich.....“ „Dann besuche mich mal bald. - Was übrigens jetzt? Oh, Shippou, auch da?“ Der kleine Fuchs hatte sich wohlweislich im Hintergrund gehalten. Er wusste, dass er manchmal vorlaut war, aber das war jetzt eben kein schlichter Halbdämon mehr, sondern hier in Teien der Fürst mit dem Recht über Leben und Tod zu entscheiden, und im restlichen Reich die Nummer Drei der Thronfolge. Jetzt fragte er nur: „Darf ich auch hierbleiben?“ „Hier oder in Shuto?“ Immerhin war Shippou ja eigentlich ein Waldbewohner. „Der Todeswald ist nicht so schlecht und ich saß einige Jahre hier herum.“ „Wenn ich die anderen besuchen kann....dann wäre mir ehrlich der Wald lieber,“ gestand der kleine Fuchs. „Ja, klar. Und jetzt?“ Prompt sprang Myouga scheinbar aus dem Nichts: „Jetzt erfolgt Euer großer Einzug in Shuto, natürlich.“ „Ach, das weiß doch keiner.“ Miroku seufzte, ehe er sagte: „Inu Yasha, falls du was hier nicht verstanden hast: du bist der neue Fürst. Und als der Dämon mit dieser Nachricht kam, vor allem, dass du da bist, hat sich das in der gesamten Stadt wie ein Lauffeuer verbreitet. Als wir hierherkamen versammelten sich Menschen und Dämonen schon an der Hauptstraße.“ Und sowohl er, als auch Sango und Kagome hatten sich ein wenig unbehaglich daran erinnert, dass das auch so gewesen war, als sie jeweils zum Todeswald geführt wurden, um dort von einem Ungeheuer gefressen zu werden. Nun ja, es war heute vieles anders als vor einigen Wochen. Inu Yasha seufzte wie ein Echo, ehe er zu dem Flohgeist blickte: „Ich habe wohl keine Wahl, oder Myouga-jiiji?“ Zumindest nicht, wenn er nicht sich vor Vater und Halbbruder blamieren wollte und die beiden im gesamten Reich. Wollte er nicht, wie er zugab. „Nein. Also kommt, besteigt Euren Reitdrachen dann werden Euch die Krieger folgen und dann Eure Freunde. Kouga führt die Krieger an.“ Der Berater des Mikado war in Protokolldingen erfahren. Fürstin Abi war nicht überrascht, als sie die Menge an dämonischer Energie erkannte, die sich ihr näherte. Es half nichts, Flucht wäre sinnlos gewesen und so hatte sie nur abgewartet. Dort kam der Mikado, das war klar – der Inu no Taishou oder Sesshoumaru? Gleich, einer wie der andere. Sie ging ihm entgegen. Hoffentlich würden ihre Vögel verschont bleiben, hoffentlich drangen ihre Argumente durch. Nur, ihr war klar geworden, dass man sehr schlecht mit jemandem reden kann, der die Macht und das Recht hat einen zu töten – und vermutlich ziemlich wütend auf einen ist. Aber ein Versuch war es wert. So kniete sie nieder und wartete höflich. Also der Inu no Taishou. Er hatte diese Verletzungen überlebt? War das nun gut oder schlecht für sie? Er blieb stehen. „Ich hielt sowohl deine Mutter als auch dich für relativ intelligent. Was sollte dieses Bündnis mit Kato?“ „Fürst Naraku hat uns überzeugt.....“ Sie wusste selbst, wie lahm es klang. „Er ist tot. Kato auch.“ „Ich denke es mir.“ Sie warf einen unbehaglichen Blick auf das Höllenschwert auf seinem Rücken: „Es...es wurde uns gesagt, dass Ihr es nicht mehr einsetzen könnt.“ „Konnte ich auch nicht. Aber ich kann auch ohne gewinnen.“ Er sah umher, aber wohlweislich hatte Abi auf Begleitung verzichtet: „Ich habe Söhne.“ „Söhne?“ wiederholte sie irritiert, ehe es ihr dämmerte: „Dieser andere weißhaarige Junge mit dem mächtigen Schwert.....?“ „Mein Zweitgeborener. - Hast du noch etwas zu sagen?“ „Oyakata-sama, es war ein Fehler zu glauben, dass Ihr schwach geworden seid, der Shogun unerfahren und das Höllenschwert inaktiv. Nur darum ließen meine Mutter und ich uns überzeugen. Wenn Ihr mir zürnt.....so lasst Euren Zorn nicht auch an unseren Vögeln aus. Was mich selbst betrifft, so weiß ich, dass Ihr das als Hochverrat anseht. Dennoch....wenn Ihr mich am Leben lasst, könnte ich Euch nützlicher sein als tot.“ „Ich sehe keinen Nutzen in deinem Weiterleben.“ Der Satz war kühl und sachlich, ja, fast desinteressiert und Abi schluckte unwillkürlich: „Darf ich noch eine Bitte äußern, oyakata-sama?“ Das Schweigen schien ihr Erlaubnis: „Nicht...bitte nicht das Höllenschwert......“ Nicht als untote Seele in dieser Klinge weiterexistieren..... „Nicht das Höllenschwert.“ Der Inu no Taishou konnte die Enttäuschung des Geistes in der Klinge spüren, aber der sagte wohlweislich nichts, als der Mikado seine Energie weiter ansteigen ließ. Die Vogelprinzessin holte tief Atem, als sie verstand, warum ein Aufstand scheitern musste, dann senkte sie den Kopf in Erwartung des Klauenangriffes. Als Inu Yasha in die Stadt ritt, war er wirklich überrascht, wie viele Menschen und Dämonen sich an der breiten Hauptstraße vom Tor zur Innenstadt aufgebaut hatten. Wollten ihn alle sehen? Weil er der Sohn des Kaisers war? Der neue Fürst? Oder auch nur, weil sie einen Halbdämon sehen wollten? Gleich. Er erinnerte sich vage, wie sein Großvater das gemacht hatte, und sprang von dem Drachen, um zu Fuß weiterzugehen, alle Einwände des Flohs ignorierend. Ja, jetzt schrien die Menschen lauter. Was hatte der dann immer getan? Sie streckten ihm ihre Hände entgegen. Natürlich, einem Fürsten wurde nachgesagt, dass er gute Kontakte zu den Göttern hatte, segnen konnte. Das hatte er komplett vergessen. So berührte er möglichst viele der Hände, während er vorbeiging, und verstand endlich mühsam, was in der Menge da alles gerufen wurde. Natürlich: Willkommen, Fürst, unser Herr, aber auch Enkel Fürst Kazukis und dann die Sätze, die ihn wirklich verwunderten: Herr der Winde, Gebieter der Stürme. Sie wussten irgendwie, dass er Tessaiga trug? Dass er der rechtmäßige Fürst war? „Keh!“ sagte er leise und sah sich um. Ja, da waren die Krieger und dahinter seine Freunde. Ohne die wäre er jetzt nicht hier, und er schwor sich, ihnen nie zu vergessen, dass er jetzt wieder hier war, an dem Platz, der ihm zustand – und, dass er nun immerhin eine halbe Familie hatte. ** Vielen Dank an alle, die diese Geschichte über die vergangenen dreiunddreißig Wochen begleitet haben. An dieser Stelle geht es nächste Woche mit einem neuen, 9 Kapitel langen, Mitratekrimi um den jugendlichen Sesshoumaru weiter, danach folgt wahrscheinlich eine Geschichte um die Hundebrüder in der Moderne: Spinnnennetz lautet da der Arbeitstitel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)