Conquest of a Capricorn von scippu (Feuer braucht Erdung //scorpius vs. rose//) ================================================================================ Kapitel 2: A life in shadows suits her well ------------------------------------------- Oder: Auf Abstand lebt es sich besser „Meine Güte, wie lange will der alte Besen denn noch palavern? Bis die endlich fertig ist, bin ich zu schwach um zu essen um den Hungertod aufzuhalten“, tönte Als dunkle Stimme missmutig von ihrer linken Seite. „Versprich mir, dass du meinen Eltern haargenau erklärst, warum ihr geliebter Sohn am ersten Tag weg von zu Hause eines grausamen Todes sterben musste. Vielleicht wird dann endlich mal 'ne Regel gegen zu lange Willkommensreden erlassen und wenigstens Lily ist sicher vor meinem Schicksal“, fuhr er leise grummelnd fort. „Vielleicht wird sie bis dahin aber schon von der Schule genommen. Ich würde mein jüngstes Kind nicht auf die Schule gehen lassen, auf der ein anderes tragisch das Leben lassen musste.“ Gott im Himmel, womit hatte sie sich diese Strafe nur verdient? „Aber auf der anderen Seite müssten sie Lily dann selbst unterrichten und seien wir ehrlich…das überlebt man nur, wenn man sowieso verrückt ist. Für Lehrer in Ordnung, aber für meine Eltern...die, wenn ich so drüber nachdenke, eigentlich auch ziemlich verrückt sind…“ Links von ihr entstand eine Pause, nur gefüllt von dem stillen Dröhnen, das Gedanken verursachen, wenn sie langsam und mühsam durch Köpfe rollen. Rose unterdrückte den Impuls ihrem Cousin einen verzweifelten Blick zuzuwerfen und konzentrierte sich weiterhin auf die hagere Gestalt ihrer Direktorin, die streng und ernst vor dem Lehrertisch aufragte. Zumindest gelang ihr das, bis ein Ellenbogen sich in ihre rechte Seite spitzte. „Professor Rucktail sieht gut aus, was? Die graue Strähne steht ihm.“ Wieso setzte sie sich aber auch immer wieder neben Familienmitglieder?! Ohne den Kopf zu sehr drehen zu müssen und damit Professor Honor aus den Augen zu verlieren, versuchte Rose Lily mit einem ermahnenden Blick zu bedenken. Nicht sehr erfolgreich, denn Lily fuhr fort in leisem Zwitschern irgendeinen Blödsinn mit einer Freundin auszutauschen, die zu ihrer Rechten saß. Nun, wenigstens würde das nicht zu hören sein. Wenn ihre kleine Cousine etwas beherrschte, dann war es Quasselei ohne dabei ertappt zu werden. Ihr sollte es recht sein. Professor Honor hatte nämlich bereits zweimal während dieser Ansprache mit strenger Miene ihren Blick gesucht. Genaugenommen war ihre Miene immer streng, also war das an sich nicht sonderlich beunruhigend. Irgendwas in der Art und Weise, in der letzte Woche allerdings ihre Benachrichtigung über die Ernennung zur Schulsprecherin formuliert gewesen war, sagte Rose, dass sie sich dieses Jahr absolut keinen Fehltritt zu erlauben hatte. Dass sie eine weit unkonventionellere Wahl für dieses Amt darstellte als Scorpius Malfoy, hatte ganz deutlich zwischen den Zeilen der kurzen persönlichen Notiz gestanden, die dieses Jahr ihrem Hogwartsbrief beigelegen war. Sollte sie während der alljährlichen Ansprache der Schulleiterin beim Reden mit ihren Mitschülern ertappt werden, würde das wahrscheinlichen einen Grund darstellen, um sie augenblicklich mit einer konventionelleren Wahl zu ersetzen. „Ich wünsche euch für das kommende Jahr alles Gute und erwarte das absolut Beste von euch.“ Pflichtbewusst stimmte Rose in den erleichterten Applaus mit ein, der der Schulleiterin auf ihren Platz folgte. Das brausende Geräusche verstummte allerdings fast sofort wieder, denn just in dem Moment als Professor Honor Platz nahm, erschienen auf den polierten Holztischen Massen von goldenen Schüsseln und Platten gefüllt mit Salz- und Herzoginkartoffeln, Zwiebelbrot und Ciabatta, gebratenem Gemüsen, Lammkotletts und Codfish Filets, Suppen, Puddings und Terrinen. Neben ihr stieß Al ein gebrochenes Wimmern aus. Rose verdrehte in gutmütiger Enervation die Augen und rollte die Ärmel ihrer Roben nach oben. Ein Versuch um zu verhindern, schon nach ein paar Stunden des Tragens ihr Ersatzpaar aus dem Koffer ziehen zu müssen – mit den Jahren lernte man gewissen Koinzidenzen auszuweichen. Und wieso nur stand die Kürbissuppe nie in ihrer Nähe? ** ** *** ** ** Es war nicht wirklich seine Absicht gewesen, den Fisch, den er gerade auf seinen Teller gelegt hatte, unberührt zu lassen, um sie zu beobachten. Es war sogar so ziemlich geschehen, ohne von seinen höheren Gehirnfunktionen bemerkt worden zu sein. Bewusst wurde es ihm eigentlich erst, als Timothy Blaydens Stimme nach etlichen Bemühungen um seine Aufmerksamkeit endlich zu ihm durchgedrungen war. „Hm?“, fragte Scorpius, während sein Blick weiter Rose Weasleys Gestalt den Gryffindortisch entlang folgte. Keinen blassen Schimmer wieso sie überhaupt aufgestanden war. Die Ärmel ihrer Robe hingen in einem unordentlichen Versuch sie aufzurollen um ihre Unterarme herum und ihr bemerkenswert rotes Haar ging von einem Aggregatzustand in den anderen über. Zumindest, war er sich sicher, würde es im Fachjargon so heißen müssen, wie es da so herumflatterte, gerade im Inbegriff dem Knoten aus Locken an ihrem Hinterkopf zu entfliehen. Wie immer vermittelte sie den vagen Eindruck eines leicht unordentlichen Mädchens mit schlechter Haltung und viel zu auffallendem Haar, weswegen Scorpius nicht richtig deuten konnte, was seine Aufmerksamkeit eigentlich geweckt hatte. Doch nun, dazu fähig all seine Konzentration auf diesen Fall zu lenken, fiel ihm auf, dass irgendetwas tatsächlich anders war an Rose. Nur was? „Herrgott, Scorpius, du hast noch früh genug Gelegenheit ihr auf alle erdenklichen Möglichkeiten das Leben zur Hölle zu machen, aber könntest du für den Moment meine Frage beantworten?“ Scorpius blinzelte kurz irritiert. Dann drehte er abrupt den Kopf in Timothys Richtung. „Wovon sprichst du?“ Timothy hob eine Augenbraue. „Wenn du mich schon aus den Gedanken reißen musst, könntest du dich wenigstens beeilen. Du kannst dir vielleicht vorstellen, dass mir einiges im Kopf herum geht?!“, schnarrte Scorpius ablenkend. Er würde jetzt nicht über Rose Weasley diskutieren. Schon gar nicht, da Timothy ihn dabei ertappt hatte, wie er sie angestarrt hatte. Doch Timothy war nicht umsonst einer seiner engsten Freunde. Anders als Al wusste er, wann er die Klappe zu halten hatte. „Ich hätte gern gewusst, wie du es dieses Jahr mit dem Quidditch halten wirst, mein Freund.“ Timothy war letztes Jahr zum Kapitän ihrer Mannschaft erwählt worden, eine gute Wahl, doch für den Pokal hatte es trotzdem nicht ausgereicht. Nicht mit einem Team voller Potters jedweder Altersklasse als Konkurrenz. Eine Schmach, die ein Keil zwischen seine und Als Freundschaft treiben würde, wenn sie beide nicht klüger wären. Dennoch, James, Als Bruder, würde dieses Jahr nicht spielen. Ein Weltklassesucher weniger. Ob Albus seine Position übernehmen würde, nun, das würde sich zeigen. Zwei Finger schnippten kurz vor seiner Nase und ließen ihn wiederholt blinzeln. Dann sandte er Tim einen verärgerten Blick. „Eher friert die Hölle zu, als dass ich jemanden anderen spielen lassen würde.“ Tim nickte zustimmend. „Ich hatte gehofft, du würdest das sagen. Andernfalls könnten wir gleich hier und heute den Pokal an diese arroganten Schnösel übergeben. Wir brauchen diese Revenge. Dieses Match letzte Saison war einfach…..“ Tims Stimme vermischte sich mit den anderen Geräuschen der großen Halle und ging schließlich in dem Wirrwarr aus aufgeregten Stimmen und klirrenden Geschirrs ganz unter. Doch Scorpius machte sich sowieso nicht länger die Mühe ihm zu zuhören. Viel mehr suchte sein Blick wieder seine angepaarte Schulsprecherin, die gerade mit einer Schüssel mittlerer Größe an ihren Platz zurückkehrte. Albus saß neben ihr, war aber viel zu sehr damit beschäftigt, so viel Nahrungsmittel wie möglich in sich hineinzuschaufeln, ohne zu viel Energie für das Kauen verschwenden zu müssen, um irgendwie auf seine Cousine zu reagieren. Gerade waren Scorpius‘ Mundwinkel auf dem Weg, ein amüsiertes Zucken zu zeigen, als die Gestalt, die er zum wiederholten Mal an diesem Abend unverfroren anstarrte, den Kopf hob und zurück starrte. Zu perplex um zu reagieren, tat er überhaupt nichts und sah sie einfach weiter an. Und Rose tat nichts, außer ihn ebenfalls anzusehen. Die Sekunden zogen sich in die Länge und verstrichen, ohne dass sie sich rührten. Sekunden, in denen Scorpius auffiel, dass ihre Augen die Farbe von honigübergossenem Bernstein hatten. Sekunden, in denen sich in einem versteckten Winkel seines Verstandes ein Bild manifestierte. Ein Abbild eines Gedankens, so verschwommen wie die Reflexion einer fliegenden Libelle über dem glatten Spiegel eines trüben Teiches und für einen kurzen Augenblick hatte er das Gefühl sich an etwas zu erinnern, das er einmal geträumt haben musste. Doch das vage Gefühl einer Erinnerung verflog augenblicklich, als die Hauselfen von Hogwarts genau diesen Moment wählten, um den Hauptgang des Festessens mit dem Nachtisch zu ersetzen. Die enttäuschten Aufstöhner und das Fluchen derer, die es nicht rechtzeitig geschafft hatten, alles in Reichweite in sich hinein zu schaufeln, rissen ihn aus dem tranceartigen Zustand und der Moment verpuffte. Albus‘ wüster Ausruf schallte bis zum Slytherintisch hinüber und ließ Scorpius nun doch ein Grinsen andeuten. Um der Situation so elegant wie nur möglich den Rücken zu kehren, nickte er Rose kurz grüßend zu und wandte sich wieder seinem Teller zu. Es war erst dann, dass er bemerkte, dass er nicht einen Bissen angerührt hatte. ** ** *** ** ** Ein wenig müde folgte Rose ihrer Cousine die Treppe zum Gryffindorturm hinauf und versuchte dabei recht halbherzig dem Gespräch zu folgen, das Lily eher mit sich selbst, als mit ihr führte. Ihre Gedanken machten immer wieder Anstalten in Richtung des heutigen Abendessens zu hopsen, das so viel seltsamer verlaufen war, als Rose es sich jemals hätte vorstellen können. Nicht nur, dass sie sich von Scorpius Malfoys pierceden Blick so hatte irritieren lassen, dass die Kürbissuppe, die sie nach einer kleinen Wanderung rund um den Gryffindortisch endlich ausfindig gemacht hatte, vor ihren Augen wieder verschwunden war, als sie zum ersten Mal den Löffeln hineintauchen wollte. Nein, das Komische daran war ja gerade, dass es überhaupt keinen Grund dafür gegeben hatte. Dafür dass Scorpius sie angestarrt hatte. Und er hatte wirklich gestarrt. Rose war niemand, für den das Konzept falscher Bescheidenheit Sinn ergab, also käme sie nie auf die Idee sich selbst ausreden zu wollen, es hätte sie jemand angestarrt, nur weil es eigentlich nicht sein konnte, wenn dieser jemand wirklich gestarrt hatte. Auch wenn sie damit wenig Erfahrung hatte, bedeutete Starren, dass eine Person oder ein Tier eine andere Person, mehrere Personen oder ein anderes Tier/Tiere mit unbewegtem, eben starren Blick ansah. Und genau das war der Fall gewesen. Scorpius Malfoy hatte sie starr angeblickt. Aber warum? Ja, das war die eigentliche Frage. Warum hatte er gestarrt? Nun, es musste etwas mit der ganzen Schulsprechergeschichte zu tun haben, oder nicht? Sie hatten bisher keinerlei Gelegenheit gehabt miteinander zu sprechen. Seit einigen Jahren hatte man von der Tradition abgesehen, die Vertrauensschüler unter der Führung der Schulsprecher bereits bei der Fahrt nach Hogwarts zusammenzuführen. Die erste Besprechung fand seit ein paar Jahren immer erst am allerersten Schultag statt. So war es auch gewesen, als Rose zur Vertrauensschülerin ernannt worden war. Warum die Vertrauensschüler nicht schon im Hogwartsexpress patrouillieren mussten, sondern ihr Amt erst mit dem Erreichen des Schlosses quasi in Kraft trat, wusste irgendwie niemand so genau. Es war eine der vielen kleinen, scheinbar sinnfreien Veränderungen, für die Professor Honor seit ihrer Einführung als Schulleiterin gesorgt hatte, die niemand verstand, die aber irgendeinem höheren großen Zweck dienen mussten. Sonst wären sie schließlich nicht angeordnet worden, oder? Jedenfalls waren Scorpius und sie deswegen noch nicht aufeinander getroffen. Das wäre erst morgen der Fall. Wahrscheinlich waren ihm bereits irgendwelche wichtigen Dinge im Kopf herumgesurrt und er hatte dabei zwangsläufig in sie denken müssen. Wieso sonst sollte Scorpius sie nach all den Jahren, in denen sie fast keinen Kontakt außerhalb des Klassenraums gehabt hatten, auf einmal anstarren. Da sie allerdings jetzt Schulsprecher waren, gab es wohl jede Menge Gründe für ihn. Oder? Lily neben ihr stoppte plötzlich. „Weißt du das Passwort?“ Rose hob den Kopf und wurde ihrer Umwelt gewahrer. Sie standen vor dem Portrait, das als Eingangsschutz zum Gryffindorturm diente. Die rundliche, ganz in rosa gekleidete Dame, bekannter mit dem berühmten Adjektiv ‚fett‘ als Beinamen, blickte stirnrunzelnd auf sie hinab. Mit den Jahren war sie nicht geduldiger geworden, hieß es nicht umsonst. „Misanthrop.“ Das Portrait schwang zur Seite. Lily rümpfte die Nase. „Wo hat die nur ihren Wortschatz her…“ Rose antwortete mit einem kleinen Schnauben, einfach nur um etwas zu sagen. Auch wenn sie ja im eigentlichen Sinne damit nichts sagte. Es füllt den Raum und das genügte Lily, die sich gerade daran machte durch das Loch in der Wand zu klettern, das nun frei lag. „Kommst du?“ Rose seufzte und kletterte hinterher. Natürlich kam sie. Wo sollte sie denn sonst hin? Im Gemeinschaftsraum herrschte die typische träge Stimmung im Nachhall eines Festmahls. Einige Erstklässler begutachteten staunend die Einrichtung oder unterhielten sich aufgeregt, während die meisten älteren Schüler sich entweder vor dem Feuer fläzten oder auf ihrem Weg Richtung Schlafsäle waren. „Wo ist dein Zimmer jetzt eigentlich, Rosie?“, fragte Albus‘ Stimme sie von irgendwo rechts. Rose legte die Stirn in Falten. Das hatte sie beinahe vergessen. Al gluckste. „Vergessen, stimmt 's?“ Jap. „Quatsch. Es ist ganz oben.“ „Ooh, stimmt ja, du hast ein eigenes Zimmer. Rose, cool, lass uns schnell rein und es uns anschaun.“ Rose seufzte wiederholt. Natürlich würde Lily sich das Zimmer ansehen wollen. „Oooooooh jaaaa. Rosie, lass uns dein Zimmer anschauen. Es wird so besonders aussehen. Vielleicht hat es sogar ein Bett?!?!“ Lily warf ihrem Bruder einen ärgerlichen Blick zu. „Hör auf mich nachzumachen…außerdem sprech‘ ich nicht so, du Hornochse.“ „Stimmt, du sprichst nicht, du kreischst.“ Wieder seufzte Rose. „Komm, Lily.“ Das würde sonst Stunden so weiter gehen. Am Ende hätte der eine keine Haare mehr und der andere ein blutiges Gesicht – war schließlich schon vorgekommen. Schnaubend folgte ihre Cousine, als Rose in Richtung der Mädchenschlafsäle ging. Welch‘ Glück. „Ich hasse Al.“ „Tust du nicht.“ „Doch. Ich hoffe er erstickt heute Nacht an seinem Sabber.“ Rose schwieg. „Jetzt, wo James weg ist, wird er so eine Plage sein.“ „Du hast eine Party veranstaltet, weil James dieses Jahr nicht mehr hier ist. Du wolltest, dass ich deine Torte verzauber‘, damit sie mit seiner Stimme sagt: ‚Ich bin ein riesiger, nerviger Stumpfdödel‘.“ Ein Schnalzen kam von ihrer Cousine. „Darum geht’s doch hier gar nicht. Übrigens bin ich dir immer noch böse, weil du es nicht gemacht hast.“ „Ich weiß bis heute nicht, was ein Stumpfdödel ist.“ „James ist einer“, schnappte Lily. „Dann sei doch froh, dass du nur noch einen Bruder hier hast.“ „Bin ich doch.“ Rose konnte nicht anders. Sie seufzte. „Aha.“ „Aha mich nicht an, Rose Weasley. Jetzt, wo James nicht mehr da ist, wird niemand mehr Al das Maul stopfen können. Das war das Einzige, wofür er gut war und auch das Einzige, in dem er wirklich gut war.“ „Lily, pass auf dein Mundwerk auf. Jemand könnte auf die Idee kommen, es dir waschen zu wollen, wenn du so wahllos daher redest.“ „Das war nicht wahllos. Es war ausgesucht.“ „Noch schlimmer.“ Lily holte tief Luft. „Weißt du was? Ich hab keine Lust mehr. Ich geh schlafen. Ich muss sowieso hier rein. Gute Nacht, wir sehen uns morgen.“ Und schon war ihr langer, roter Haarschopf hinter der nächstliegenden Tür verschwunden. Diese Lily. Was wohl dieser Stimmungsumschwung zu bedeuten hatte? Rose lächelte. Wahrscheinlich war ihr gerade klar geworden, dass sie dieses Jahr wirklich ohne ihren Bruder verbringen würde. Die drei Geschwister konnten sich streiten und zetern wie sie wollten, dass sie sich alle abgöttisch liebten war klar wie Felix Felicis. Und Lily würde James schmerzlich vermissen, so sehr sie sich diesen Sommer auch Mühe gemacht hatte allen das Gegenteil zu beweisen. Und weiter ging 's die Treppe hinauf. Ein eigenes Zimmer zu haben war seltsam. Etwas, dass sie mit Hogwarts nicht länger in Verbindung brachte. Die Schulsprecher hatten ebenfalls ein eigenes Arbeitszimmer. Einen kleinen Raum, in dem sie die Besprechungen mit den Vertrauensschülern abhielten und ihre eigenen Aufgaben koordinieren konnten. Er befand sich unweit der Bibliothek, verborgen hinter einer Wanddekoration, die alle Siegeltiere der vier Gründer in Stein gemeißelt darstellte. Mit dem richtigen Passwort, oder allein vom Anblick des Schulsprecherabzeichens, erwachten die Tiere zum Leben und ließen eine Tür sichtbar werden, für alle anderen dienten sie als Boten, wenn Schüler oder Lehrer irgendwelche Anliegen hatten. Außerdem nahmen sie Benachrichtigungen entgegen und sammelten sie des Adressaten entsprechend sortiert in zwei kleinen Boxen, nur zugänglich für die Schulsprecher. So viel wusste Rose bereits aus ihrer vorherigen Tätigkeit als Vertrauensschüler. Alles andere würde sich zeigen müssen, denn so eben hatte sie das Ende der Treppe erreicht. Der Treppenaufgang endete vor dem Gemälde eines Löwen. Oder eher einer Löwin, vermutete Rose, da die Mähne fehlte. Die Großkatze saß auf einem Felsen und sah sie aus dunklen Augen stumm an. Rose blinzelte. „Äh…“ „Wer bist du?“, fragte das Gemälde sie, mit eindeutig weiblicher Stimme, rauchig. „Äh…Rose. Rose Weasley.“ „Und kannst du das beweisen, Rose Weasley?“ Rose runzelte die Stirn und überlegte. Hm. Eigentlich nicht. „Nein.“ „Und dennoch soll ich dich einlassen? Jeder könnte hier herauf kommen und das behaupten.“ Bisher hatte die Löwin nicht ein einziges Mal geblinzelt. Aber seit wann waren die Bilder in Hogwarts normal? „Nun, was schlägst du vor?“ Die Löwin schwieg. „Wie haben sich die anderen denn ausgewiesen?“ Die Raubkatze schlug mit dem Schwanz, als wolle sie eine Fliege verjagen. „Es ist lange her, dass ich hier war. Ich erinner‘ mich nicht.“ Na super. „Ich könnte dir eines meiner Bücher zeigen. Da steht mein Name drin. Aber die sind im Koffer, auf dem übrigens auch mein Name steht, der aber wohl in dem Raum ist, den du bewachst.“ Die Löwin schüttelte den großen Kopf. „Meine Robe? Sie ist mit meinen Initialen gekennzeichnet.“ Wieder schüttelte sie den Kopf. „Du könntest sie gestohlen haben.“ Rose hob eine Augenbraue. „Bist du immer so misstrauisch?“ fragte sie. „Du wärst nicht die Erste, die versucht unbefugt hier einzudringen.“ „Ich denke, du wärst schon lange nicht mehr hier gewesen.“ Die Löwin schwieg. Doch Rose meinte etwas wie peinliche Berührtheit in ihrem Blick erkennen zu können. Aber dann wiederum, kam sie sich ziemlich blöd vor, in den Blick eines anderen eine derart spezifizierte Emotion heraus zu lesen – geschweige denn aus den Augen eines gemalten Löwen. „Weißt du das Passwort?“, rauchte das Portrait. „In meinem Brief stand, ich würde es erst festsetzen müssen.“ Die Löwin nickte. „Vielleicht bist du doch Rose Weasley.“ Rose nickte ebenfalls. „Wie wär 's mit Misststrauch?“ „Als Passwort?“ „Natürlich als Passwort.“ „Möchtest du darüber noch einmal nachdenken?“ „Ganz ehrlich, ich möchte einfach hier rein und schlafen. Wenn du also so freundlich wärst.“ „Natürlich. Misststrauch. Gute Nacht, Rose Weasley.“ Das Portrait schwang zu Seite und Rose holte tief Luft. Irgendwie wusste sie nicht so recht, ob sie jetzt lachen oder verärgert sein sollte. Dann trat sie über die Schwelle der Wandöffnung, die freigelegt worden war und vergaß jeglichen Gedanken an die misstrauische Löwin. Himmel. Das hatte sie nicht erwartet. Sie stand in einem kreisrunden, gemütlichen Raum, in dessen Wände in regelmäßigem Abstand große Fenster eingelassen waren. Schwere samtene, gryffindorrote Vorhänge waren mit Kordeln zurückgezogen und ließen das trübe Mondlicht hinein. In einem Kamin prasselte ein munteres kleines Feuer und brachte die Raumtemperatur auf ein angenehmes Niveau. Was allein durch Holzbeheizung in einem solchen riesigen, zugigen Schloss eigentlich selten möglich war, half man nicht mit etwas Magie nach. Der hölzerne Dielenboden war bedeckt mit großen Teppichen aus rotem Flor. An der Wand rechts von ihr stand ein schönes Himmelbett, mit Vorhängen aus rotem Leinen, wie sie es aus ihrem alten Schlafsaal kannte. Rose vermutete, dass dort jetzt ein Bett weniger stand. Wenn sie die Vorhänge zurückzog, würde sie vom Bett aus ungehindert in den Sternhimmel sehen können. Ein winziger Tisch stand dem Bett gegenüber und ihre Schultasche lehnte bereits daneben. Links führte eine Tür in ein kleines Badezimmer, das alles nötige bereit hielt, um es ihr zu ersparen jedes Mal mit dem Löwenportrait Grundsatzdiskussionen führen zu müssen, wann immer sie sich wegen hygienischer Belanglosigkeiten gezwungen sah, das Zimmer zu verlassen. Oder eher, wenn sie danach wieder hinein wollte. Zumindest für heute was das wunderbar. Denn so brachte Rose es fertig, in weniger als zehn Minuten in ihr einladendes Bett zu springen, das so weich und kuschelig und warm, auf sie wartend da stand. ** ** *** ** ** Wie immer war er der Erste in der großen Halle. Er war immer der Erste. Und meistens in der gesamten Zeit, in der er saß, auch der Einzige. Aber genau das war das Wundervolle daran. Es gab nichts Schöneres, als den Morgen so friedlich und einsam, abseits von all dem Lärm zu beginnen. Scorpius liebte es früh aufzustehen. Nicht, dass er nicht lange schlafen konnte. Er mochte es einfach nicht. Immer, wenn er später als sieben Uhr aufstand, hatte er das Gefühl, etwas vom Tag zu verpassen. Außerdem lief er dann Gefahr anderen Schülern über den Weg zu laufen. Und morgens war er dazu einfach nicht in Stimmung. Vor allem nicht an diesem Morgen. Seine Nacht war herrlich gewesen. Allein in seinem eigenen Raum, ohne die nächtlichen Geräusche anderer Menschen, war der Schlaf ungemein erholsamer – etwas, dass Scorpius immer vermisst hatte, wenn er sein Zimmer in dem Londoner Penthouse, das seine Eltern bewohnten, zurücklassen musste. Es war wahrscheinlich auch das Einzige, was er je wirklich vermisste. Umso phantastischer war es jetzt. Scorpius seufzte entspannt, füllte sich einen Becher mit Orangensaft und griff nach einem Stück Toast. Er frühstückte selten, aber heute fühlte er sich so beschwingt, dass es ihm ein wunderbarer Gedanke schien. Eine entspannte Stille lag über dem Schloss, ganz anders als die lärmende Geschäftigkeit, die sie bald ersetzen würde. Die weite, himmelsähnliche Decke der Halle zeigte einen grauen Morgenhimmel, der die Sonne noch nicht freigegeben hatte. Einige vereinzelnde Kerzen schwebten in der ruhigen Luft und halfen das morgendliche Zwielicht, das durch die Fenster hinein schien, in eine angenehme Helligkeit zu verwandeln. Freudige Erregung erfüllte Scorpius, wie immer, wenn ein neues Schuljahr begann. Doch dieses war anders. Es war sein Letztes und es konnte nichts geschehen, um es nicht großartig werden zu lassen. Nicht einmal ein verdusseltes Weasleymädchen an seiner Seite. Ganz ehrlich, bis zu diesem Moment war ihm unklar, was die Schulleitung sich bei dieser Entscheidung gedacht hatte. Natürlich war Rose Weasley außergewöhnlich intelligent. Das Gehirn ihrer Mutter hatte schließlich den besten Notendurchschnitt hervorgebracht, den Hogwarts nach dem Schulabgang Albus Dumbledores jemals gesehen hatte. Aber diese rothaarige Entschuldigung eines Mädchens machte einfach überhaupt nichts aus ihrem talentierten Kopf. Sie war nicht mal die Jahrgangsbeste. Zugegeben, dieser Fakt war ihm eigentlich ganz recht, denn wenn er ehrlich zu sich selbst war, hätte er selbst keine Chance mehr auf diesen Platz gehabt, würde Rose irgendwelches Interesse an Noten zeigen. Okay, eigentlich konnte er gut nachvollziehen, was die Schulleitung sich dabei gedacht hatte. Ihm selbst war ebenfalls schon letztes Jahr klar gewesen, dass sie für den Posten in jedem Fall in der engsten Auswahl stand. Aber dennoch. Dass so eine Schusselnuss wie sie, ob nun brillant oder nicht, ihm zugeteilt worden war – nun, das war ärgerlich. Aber er wäre nicht Scorpius Malfoy, wenn daraus irgendein Problem entstehen würde. Es würde hoffentlich kein Akt werden, nach außen den Schein eines gut zusammenarbeitenden Duos zu geben, solange er der Drahtzieher blieb und die wirklich wichtigen Aufgaben ihm überlassen wurden. Wie er Rose kannte, würde sie sich ihm schon unterordnen. Scorpius bemerkte sehr zu seinem Unwillen, dass der bekannte Kopfschmerz wieder anfing zu bohren. Zur Hölle damit. Natürlich kannte er Rose Weasley nicht ein bisschen. Schusselig oder nicht, sie war vollkommen unberechenbar. In all den Jahren ihrer Schulzeit hatte sie derweilen Charakterzüge an sich gezeigt, die ihn dermaßen überrascht hatte, dass Scorpius nicht in der Lage gewesen war angemessen darauf zu reagieren. Ein besonders böser Blitz durchzuckte seinen Temporallappen, als er versuchte die Erinnerung an ein unangenehmes Ereignis im Geschichtsunterricht zu verdrängen. An diese energische, sture Rose, die ihm mit vollkommen klaren Kopf einen nicht enden wollenden Wust stichhaltiger Argumente an den Kopf geworfen hatte, bis ihm die Ohren glühten, wollte er jetzt wirklich nicht denken. Scorpius legte den halbgegessenen Toast zu Seite und stand auf. Der Appetit war ihm vergangen. Sich die Schläfen reibend machte er sich auf den Weg in den vierten Stock, um den Schulsprecherraum zu inspizieren. Bis zum Unterrichtsbeginn blieben ihm noch gute drei Stunden. In der Zeit würde er einige Vorbereitungen für die Besprechung mit den Vertrauensschülern treffen können. Außerdem konnte er sich eine Strategie für sein Weasleyproblem zurechtlegen. ** ** *** ** ** Die Schlange auf dem steinernen Gebilde erwachte zum Leben, als Scorpius vor den versteckten Eingang des Zimmers trat, das er sich von nun an mit Weasley teilen würde. Mit geschlitzten Augen betrachtete sie das Schulsprecherabzeichen, das an seiner Robe glitzerte und ein kleiner Moment verging, in dem gar nichts geschah. Dann nickte die Schlange und die Wand verschwand. Eine hölzerne Tür war an ihre Stelle getreten, die sich geräuschlos öffnen ließ. Scorpius trat in den von Feuer erleuchteten Raum und noch bevor er sich darüber wundern konnte, dass bereits ein Feuer brannte, erstarrte er. Ein wuschliger, roter Haarschopf beugte sich nicht weit von ihm über eine Pergamentrolle. Das konnte jetzt nicht wahr sein, oder? Der Mopp gab ein Seufzen von sich und ruckelte kurz. Pergament knisterte verhalten, ehe wieder Stille eintrat, begleitet von dem fröhlichen Knacken des prasselnden Feuers. Scorpius betrachtete die tanzenden Lichter, die das sonst rote Haar von Rose Weasley in ein goldüberhauchtes Inferno verwandelten, während er darüber nachdachte, ob er sie ansprechen oder einfach gehen sollte. Doch ihm wurde keine Wahl gelassen. „Oh. Guten Morgen“, begrüßte ihn ihre Stimme weder sonderlich erfreut noch irgendwie verstimmt. Guten Morgen…zur Hölle mit guten Morgen. Was in aller Welt machte sie denn schon hier unten? Oh, bei Merlin, bitte, dieser Racheengel dort an seinem Schreibtisch sollte verschwinden. Doch er verwand nicht. Wie gestern Abend bereits, sah Rose ihn einfach nur aus diesen seltsam ruhigen Augen an und tat gar nichts. Und leider schon gar nicht verschwinden. Also tat Scorpius das für den Moment einzig Sinnvolle: Er straffte die Schultern. Gut, das Schicksal wollte ihm also mal wieder übel mitspielen. Nichts, womit er nicht klar käme. Seine Beine setzten sich in Bewegung und er steuerte den zweiten Schreibtisch an, der im rechten Winkel zur Wand stand und ein großes Fenster in seinem Rücken lassen würde. Natürlich hatte Weasley sich an den falschen Tisch gesetzt. Als sein Weg an genau diesem Tisch vorbeiführte, beugte Scorpius kurz das Kinn und nickte ihr zu. „Weasley“, erwiderte er ihre Begrüßung knapp und setzte sich schweigend. ** ** *** ** ** Ein Lächeln stahl sich auf Rose‘ Lippen, als sie den Kopf über den Brief senkte, der sie vor weniger als einer halben Stunde aus dem Schlaf gerissen hatte. Vor ein paar Tagen hatte Ted erfahren, dass sie dieses Jahr Schulsprecherin sein würde und er hatte es sich nicht nehmen lassen, einen ganzen Roman voller Ratschläge zu verfassen. Nun, in dem Fall wäre es wohl eher ein Sachbuch. Eine Art Knigge. Denn Ted hatte es anscheinend für notwendig empfunden sie darauf hinzuweisen, wie man Professoren anzureden hatte und wie man die Schuluniform richtig trug. Entweder hielt er sie für absolut unfähig oder das Ganze für den Witz den Jahrhunderts. Seufzend wurde ihr klar, dass es wahrscheinlich ein bisschen von beidem war und Rose versuchte das Bein auf ihrem Stuhl bequemer zu arrangieren, damit es nicht einschlief. Gerade überlegte sie, ob der Brief den Aufwand des Lesens wirklich wert war, als sie einer Präsenz gewahr wurde. Sie hob den Kopf. In der Tür stand, etwas überraschend zwar, aber nicht wirklich verwunderlich, ein etwas konsterniert blickender Scorpius Malfoy. „Oh. Guten Morgen.“ Seine Augen verengten sich ein winziges Stückchen. Nur ein winziges. Aber sie verengten sich. Oh je. Das würde was werden. Was hatte sie denn jetzt angestellt? Mit bemessenen Schritten ging er an ihrem Schreibtisch entlang, auf den anderen zu, der ein kleines Stückchen entfernt einen rechten Winkel mit der Wand bildete. Dieser Schreibtisch hatte ihr eigentlich besser gefallen, aber sie hatte sich dann doch dafür entschieden, ihn Scorpius zu überlassen. In der Hoffnung ihm zumindest bei ihrem ersten Zusammentreffen keinen Grund für ein Ärgernis zu geben. „Weasley“, nickte er kurz in ihre Richtung und setzte sich. Seine Präsenz füllte den auf einmal kleiner wirkenden Raum in einem mächtigen Schwung und irgendwie hatte Rose auf einmal das Gefühl, Millionen von winzigen Hornissen würden in einer zornigen Masse um ihren Kopf herumsurren. So klein, dass sie nicht zu sehen waren, aber so wütend, dass sie den Boden unter ihr fast buchstäblich zum Beben brachten. „Ich nehme an, du hast gut geschlafen?“, sagte Rose unschuldig feststellend und absichtlich ohne Frage in ihrer Stimme. Hin- und hergerissen zwischen unabsichtlichen Amüsement und vorsichtigem Gewahrsam lauschte sie seiner Antwort. „Ließ weiter, Weasley, ich habe keine Zeit für deine sinnlose Quasselei.“ Er klang ruhig und fast gleichmütig. Und doch veranlasste er Rose genau das zu tun: weiter zu lesen. Sie würden wohl noch viel Spaß miteinander haben. Hallihallo So, das war das letzte langweilige Kapitel, ich versprech es euch :-) Aber ich wollte das ganza Vorgeplänkel einfach in seperaten Kapitel vorwegschicken. Nun sind wir frei für ungehinderte Aktion zwischen Rot und Grün. Und so lange keine Orange draus wird, kann das nur spannen werden, was? Vielen dank für eure lieben Kommentare. Macht mich gern aufmerksam auf Fehlerchen und Hängerchen. Und ich entschuldige mich für gebrochenes, verschachteltes Satzgebaue. Ich bin einfach kein Fan von einfacher Syntaxe und im Affekt haut es mir einfach immer einen über. Ich geb mir schon die größte Mühe, sollte es also dich derweilen unverständlich sein, bitte aufzeigen, kay? Da ich ja weiß, was ich schreiben will, werden wir da wohl geteilte Meinungen haben ;-) Ich bin mir bewusst, dass dieses Kapitel nicht das spannendste war. Ich bitte um Geduld bis zum nächsten Upload. Denn mit der Langeweile ist es jetzt vorüber. grüße scippu Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)