Ein besonderes Geburtstagsgeschenk von Schmunzeln (Der Schmerz der unerwiderten Liebe) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Lady Oscar, wünscht ihr noch eine Tasse Tee?“ fragte Sophie, während sie sich bemühte ein Gähnen zu unterdrücken. „Nein, Sophie ich möchte nichts mehr! Geh ruhig zu Bett!“ erwiderte Oscar, die so in ihren Gedanken versunken war, dass sie gar nicht bemerkte, wie spät es schon geworden war. „In Ordnung!“ meinte Sophie und zu Andre gerichtet erklärte sie noch: „Andre denk bitte dran, nach noch alle Lichter zu löschen, bevor ihr zu Bett geht“ „Ja Großmutter! Schlaf gut!“ Und nun saßen Oscar und Andre wieder allein im Saloon und ohne viele Worte miteinander zu wechseln betrachteten beide das aufflackernde Feuer im Kamin. Das Holz brennte schon eine ganze Weile und wenn nicht bald Holz nachgelegt würde, würde das wärmende Feuer rasch ausgehen. Etliche Minuten herrschte eine fast bedrückende Stille im Saloon. Und dies war nicht der erste Abend, an denen Oscar und Andre so schweigsam am Kamin saßen. Noch vor wenigen Jahren war es eine angenehme und übliche Tradition, dass die beiden sich über den vergangen Tag unterhielten und ihre Erlebnisse miteinander teilten. Doch diese Zeiten schienen lange vorbei zu sein. Immer öfter saß Oscar in ihren Lieblingssessel neben Andre und schien mit ihren Gedanken ganz weit weg zu sein. „Hast du von dem Aufruhr heute am östlichen Ende von Paris gehört?“ durchbrach Andre schließlich die Stille. Oscar hingegen nickte nur still und ihre Augen ließen die prasselnde Glut im Kamin nicht aus den Augen. „Wie ich hörte musste eine Einheit der Außenposten der Garde sogar mit Gewalt eingreifen, weil einige der Bauern anfingen eine regelrechte Revolte anzuzetteln mit den Schmähschriften und den teils großen Plakaten, die sie vor allen an den hauptstraßen an die Hauswände kleben wollten!“ Wieder kam von Oscar nur ein stummes Nicken, doch ihre Augen wendeten sich nun traurig von knisternden Feuerfunken im Kamin ab. „Ich versteh die Königin nicht, warum sie sich der Gefahren nicht bewusst ist, wenn sie regelmäßig einem Besuch von ihm vorzieht vor ihren königlichen Pflichten und ihrer Anwesenheitspflicht bei der wöchentlichen Audienz nicht nachkommt.“ Erklärte Andre weiter und schüttelte besorgt den Kopf. „Es muss ihr doch klar sein, wie ein solches Verhalten im Palast aufgefasst wird und dass vor allen die Adligen, die von ziemlich weit her angereist sind, es nicht ohne weiteres akzeptieren, wenn der wöchentliche königliche Empfang nunmehr meist ohne die Königin stattfindet. Wieder kam von Oscar nur ein leisen „Hmm“, sodass Andre sich wieder bewusst wurde, dass dieser Abend nicht gesprächiger verlaufen würde, wie all jene Abende zuvor. ‚Ob Oscar sich überhaupt darüber im Klaren ist, welche Gefahren die Königin heraufbeschwor, wenn die Adligen, sich vom Königshaus abwendeten?` fragte sich Andre besorgt. ‚Noch könntest du positiv auf Marie Antoinette einwirken und ihr vor Augen führen, wie wichtig ihre Anwesenheit während der wöchentlichen Adelsaudienz ist. Doch selbst du scheinst den Ernst der Lage noch nicht begriffen zu haben!’ „Ich werde mich jetzt auch zu Bett begeben! Es ist schon spät!“ teilte Oscar ihren alten Freund und Kameraden schließlich unvermittelt mit, ohne auch nur auf seine Bedenken bezüglich des Verhaltens der Königin einzugehen. Mit diesen Worten hatte sich Oscar auch schon erhoben und wollte den Saloon verlassen. „Oscar!“ rief Andre ihr noch hinterher und erhob sich ebenfalls aus seinem Sessel. Doch als diese sich schließlich noch mal umdrehte bemerkte er ihren müden Augen und ihre stumme Bitte, das sowieso einseitige Gespräch für heute zu beenden. „Ich wünsch dir eine angenehme Nacht, Oscar! Schlaf gut!“ verabschiedete Andre seine Freundin schließlich und schaute ihr ebenso traurig hinter, wie sie langsam die lange Treppe in den ersten Stock hinaufging. ‚Ach Oscar! Warum kann es zwischen uns nicht mehr so sein, wie in unserer Kindheit? Seit Monaten siehst du das Fehlverhalten von Marie Antoinette und dennoch verschließt du deine Augen davor. Schon lange bevor er wieder nach Frankreich zurückgekehrte, wolltest du doch mit ihrer Majestät über die Tatsache unterhalten, dass sie für ihre Vergnügungen Unsummen der Steuern der einfachen Bauern verspielt. Doch auch ohne die Spiel und Vergnügungssucht sieht Frankreich einer gefahrvollen Zukunft entgegen, wenn das Volk mitbekommt dass es nicht der König ist, für den ihr Herz schlägt. ´ Während Andre noch einige Minuten am langsam ausgehenden Feuer saß, verschloss Oscar erschöpft und traurig die Türe zu ihren Gemächern und lehnte sich dagegen. `Ach Andre! Glaubst du wirklich ich wusste nichts von den skandalösen und obendrein unwahren Gerüchten, die im ganz Paris über die Königin und den Grafen im Umlauf sind? Ich kenne ich schmutzigen Reime in ihren vulgären Gedichten ebenso wie die erschreckenden Bilder, von denen meine Männer heute duzende von den Häuserwänden gerissen und verbrannt haben. Aber was erwartest du von mir? Wie kann ich von der Königin verlangen, dass sie ihre Gefühle tief in ihren Herzen versteckt, wo wir doch in den vergangen Wochen alle mit ansehen mussten, wie verheerend ein gebrochenes Herz sich auf die königlichen Finanzen auswirken würde. Die vielen Millionen an Steuergeldern, welche der Spielsucht der Königin zu Opfer gefallen waren! Bin nicht ich eigentlich die einzig Schuldige daran? War ich es nicht, die den Grafen dazu drängte, Frankreich den Rücken zu kehren? Während selbst die damals noch junge Antoinette sich ihrer eigenen Gefühle nicht sicher war, wusste ich die Vorzeichen schon vor Jahren schon richtig zu deuten, als die ungezwungen, heiteren Treffen zwischen den Grafen und ihr häufiger wurden. Doch jetzt, nachdem die Jahre ins Land gegangen sind und aus der ehemals unbeschwerten Prinzessin eine unglückliche Königin geworden ist, stell ich mir immer öfter die Frage, ob ich von Fersen wirklich zum Wohle Antoinettes und zum Wohle Frankreichs dazu drängte wieder nach Schweden zurückzukehren. Seit Wochen ist er nun wieder hier und mit Schrecken muss ich erkennen, dass es nicht nur die Schmähschriften und obszönen Bilder waren, die mir so zu schaffen machten. Denn es war längst nicht nur mehr meine Sorge um das Ansehen des Königspaares, sondern da war ein bislang unbestimmter Schmerz in meinen Herzen. Während Andre inzwischen das langsam ausgehende Feuer zur Gänze losch und die Lichter ausmachte, versuchte Oscar noch weiter sich gegen ihre innersten Gefühle zu verwehren. Als Andre schließ an ihren Gemächern vorbei leise in sein eigenes Zimmer gehen wollte, hörte er plötzlich ein lautes Geräusch und blieb überrascht vor Oscars Zimmer stehen. ‚War das eine zerbrochene Tasse?’ fragte er sich, unschlüssig ob er anklopfen und sichergehen sollte, ob es Oscar gut ging. Das Andre so genau wusste, wie sich eine zerbrochene Tasse anhörte war auch kein Zufall, denn noch zu gut konnte er sich daran erinnern, wie Oscar vor allen wenn sie wütend war, nach dem erstbesten griff um es an die Wand zu schlagen. Und dies war nicht selten eine Tasse, die auf irgendwelchen Tischen stand. „Ah, nein ich will nicht mehr darüber nachdenken!“ hörte er schließlich von innen. Worüber hatte sich Oscar jetzt plötzlich so aufgeregt?, fragte sich Andre und hoffte, dass der Krach weder deine Großmutter noch den General aufwecken würde. „Ich will nicht mehr!“ rief Oscar und man konnte die Verzweiflung in ihrer Stimme hören. „Warum sollte ich es wieder sein, die die beiden auseinander bringt? Wieso ist es ihnen nicht vergönnt einander zu lieben, wenn ihre Sehnsucht zueinander doch auf Gegenseitigkeit beruht? Mich würde er niemals mit dieser Leidenschaft ansehen, wenn selbst die Tratschweiber wissen, wen er in manch dunkler Nacht an geheimen Treffpunkten in die Arme schließt!“ Andre glaubte sich verhört zu haben. Hatte sich Oscar grad wirklich gewünscht, dass man sie leidenschaftlich ansah? Gerade als Andre noch darüber nachdachte, warum seine langjährige Freundin in den vergangen Jahren nie seine Blicke bemerkte, die voller Liebe und Sehnsucht auf ihr ruhten, sobald er sich unbemerkt fühlte, lauschte er gespannt und gleichzeitig fassungslos weiter an Oscars Zimmer. „Oh von Fersen, warum musste es ausgerechnet Antoinette sein, der ihr eurer Herz schenkt? Aber ich werde diese verfluchten Träume nicht los! Und mehr wird es auch nie als ein Traum sein! In welcher Wirklichkeit würdest ihr in mir sonst jemals das sehen, was auch sonst niemand sieht!? Die Frau in mir!!“ Andre hörte noch das leise Schluchzen, bevor ihm vor lauter Schock die Kerze, die ihm das Licht bis in sein Zimmer spenden sollte, aus den Hand glitt und geräuschvoll auf den Boden fiel. Hektisch suchte er im Dunkeln nach der Kerze und dem Kerzenhalter und flüchtete innerhalb weniger Sekunden in sein Zimmer. Seine Augen waren immer noch vor Schock weit aufgerissen, als sich seine Zimmertür hinter ihm schloss. Er konnte es noch immer nicht fassen, was Oscar ihm, ohne das sie es wusste, nun offenbart hatte. Sein Herz schlug so hart gegen seine Brust, dass er fast glaubte, man würde das laute Pochen im ganzen Haus hören können. ‚die Frau in mir` das waren die einzigen Worte, die nun noch in seinen Kopf waren und die er nicht aus seinen Gedanken verbannen konnte. Was war das? Hektisch und erschrocken drehte sich Oscar zur verschlossenen Türe um, vor der sie grade deutliche Geräusche vernommen hatte. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass ihre verzweifelten Worte für jeden hörbar waren. Ihr selbst war es gar nicht aufgefallen, dass sie ihre Stimme erhoben hatte. Voller Panik überlegte sie, ob Sophie oder gar Andre vor der Tür stehen könnte und einer von ihnen nun ihr größtes Geheimnis kannte. Langsam schritt sie zur Tür und öffnete sie einen kleinen Spalt, wobei sie innerlich immer nur betete, dass sie niemanden vor der Tür antreffen würde. ‚Oh mein Gott, hat mich jemand gehört?’ Oscars Körper zitterte und sie malte sich aus, wer aus dem Haus zu dieser Stunde noch wach gewesen sein könnte und wen sie nun vor ihrer Tür entdecken würde. Sie brauchte nur wenige Sekunden bis ihr klar war, dass sie es einfach wissen musste. Ihre Hand war eiskalt und sie musste ein Zittern unterdrücken, als sie langsam zur Türklinke griff und die Tür langsam ein Spalt öffnete. Aber im Flur war es stockfinster, lediglich ein schwacher Schein des Mondes, der durch das kleine Flurfenster blickte spendete ein kleines Lichtlein. Doch als Oscars Blick auf den Boden fiel, entdeckte sie einen kleinen Fleck geschmolzenes Wachses und Spliter einer Kerze. Es war ganz offensichtlich, dass vor wenigen Augenblicken jemand vor ihrer Tür gestanden haben muss. Und voller Panik und Wut auf sich selber wurde Oscar sich bewusst, dass, wer immer es war, ihre Worte mit angehört haben musste. „Lady Oscar? Seid ihr das?“ hörte Oscar plötzlich von unten und erkannte Sophies müde Stimme. „Ist alles in Ordnung, Kind?“ „Ja, Sophie! Mir ist nur eine Kerze runter gefallen!“ erklärte Oscar ihrem alten Kindermädchen. „Geht ruhig wieder zu Bett, Sophie!“ Nachdem sie von unten noch ein leises „gute Nacht“ vernommen hatte, hörte Oscar wie sich die Tür zu Sophies Zimmer verschloss und war nun wieder allein. Ihr Blick war noch immer auf den getrockneten Wachsfleck gerichtet und mit einem Mal wurde es Oscar völlig klar. Es kam nur noch einer in Frage, der zu dieser Stunde an ihrem Zimmer vorbei gegangen sein könnte. Wortlos ging Oscars Blick nach hinten, ans Ende des langen Flures, wo sich Andres Zimmer befand. Durch den Bodenschlitz schien normalerweise immer Licht, wenn Andre noch so spät am Abend wach war, doch diesmal war alles still und dunkel. Oscar konnte nur noch Scham und Wut empfinden, als sie schließlich wieder in ihr Zimmer zurückkehrte und die Tür verschloss. ‚Er hat alles mitgehört!’ Das war alles, was Oscar noch im Kopf herumging. Was sollte sie jetzt nur tun? Wie konnte sie jetzt nur jemals wieder Andre ins Gesicht sehen ohne sich dafür zu schämen, dass er nun ihre tiefsten und geheimsten Gedanken kannte. ‚Sie mir fremder geworden, als je zuvor!’ überlegte Andre zur gleichen Zeit, nachdem er sich von dem Schreck erholt hatte. Ihm war inzwischen bewusst geworden, dass er nicht so tun konnte, als wäre nichts passiert. Oscar hatte längst erkannt, dass er derjenige war, der ihren Gefühlsausbruch eigentlich unabsichtlich mitbekommen hatte. In dieser Nacht fanden weder Oscar noch Andre in einen erholsamen Schlaf und beide fragten sich besorgt, wie sie am nächsten Tag einander in die Augen schauen sollten. ‚Ich würde dir so gerne deinen Schmerz nehmen, Oscar!’ waren Andres letzte Gedanken, bevor er in einen ruhelosen Schlaf glitt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)