If A Slave Could Change Your Life von jyorie (Ein Kajirus für Mariku) ================================================================================ Kapitel 2: Der Weißhaarige -------------------------- Der Weißhaarige Der junge, weißhaarige Kajirus, welchen der Ägypter gerade eben von dem Sklavenhändler geschenkt bekommen hatte, konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten, da er von Riku herzlos mitgeschleift wurde. Einerseits weil er ja nichts sehen konnte, anderseits weil er so plötzlich geschnappt wurde, dass er gar nicht hatte reagieren können und mit den schnellen Schritt nicht mithalten konnte. Mariku allerdings war es scheiß egal, er hatte ihn am Schlafittchen gepackt und zerrte ihn jetzt hinter sich her, immer die dreckige Straße entlang. Irgendwann bog er an der Gebäudeecke des Club schnell nach links ein, in den schmalen, dunklen Gang zwischen den Wohnblöcken. Hinter einem Müllcontainer zwang er seinen neuen Haushaltssklaven auf die Beine und presste ihn hart gegen die kalte, poröse, rötlich-braune Backsteinwand des äußerlich verfallenen Hauses. Seinen Ellbogen legte er dabei etwa auf der Höhe des Herzens an und seinen Unterarm quer über den Oberkörper, so dass er knapp den Hals berührte und dem Knirps somit das Atmen erschwerte. Der sandblonde Mann wartete einen Moment und ließ die Situation auf seinen Gefangenen einwirken. Erfahrungsgemäß wusste er, dass es für gewöhnlich einen kurzen Augenblick dauerte, bis den Opfern in vollen Umfang bewusst wurde, in was für einer misslichen Lage sie sich befanden. Diesen Anblick liebte Mariku dabei ganz besonders. Wenn in ihnen die immer größer werdende Angst aufkam, ein kalter Schweißfilm plötzlich die Haut bedeckte, dieses dunkle Chaos, der eigenen Gedanken, über ihnen zusammenbrach. Sie weder ein noch aus wussten, zufolge der Bedrängnis, der Panik, des puren Entsetzens, weil es keinen Reißaus vor dem erbarmungslosen Griff des Peinigers gab. Er konnte sich daran laben, genoss den Geruch von kaltem Schweiß, welchen er glaubte, in solchen Situationen riechen zu können. Dieses Mal jedoch wartete er vergeblich darauf seine Gier befriedigen zu können. Mariku konzentrierte sich genau auf seinen Ellbogen, den er ungemein schmerzhaft auf die Brust seines zierlichen Gegenübers drückte, aber dessen Herzschlag war dennoch im Normalbereich. Was eigentlich unmöglich war. Selbst wenn der Weißhaarige vor seiner Nase einen Schock bekommen hätte, müsste zumindest die Herzfrequenz ansteigen! Aber auch als er sich auf seinen Unterarm konzentrierte, der die Luftzufuhr einengte, konnte er keinen erhöhten Puls oder panisch unkontrollierte Atmung ausmachen. Es war beinahe so würde der Kleinere gar nichts wahrnehmen, nichts verspüren. Als sei es ihm gleichgültig. Unfassbarerweise. Mürrisch, wütend und frustriert, dass die gewünschte Reaktion ausblieb, herrschte er seinen neuen Sklaven barsch an: „Ich werde dir jetzt den Knebel abnehmen, du wirst nicht schreien, noch sonst irgendeinen einen Muchs von dir geben.“ Da der Albino nichts darauf erwiderte, drückte Mariku den Arm mit einem kräftigen Ruck noch fester. Um dem Gesagten den nötigen Nachdruck zu verleihen, fauchte er wiederum bedrohlich langsam: „Haben wir uns verstanden?“ Die Worte waren nur boshaft gezischt worden. Allerdings schienen sie genau die Richtigen gewesen zu sein, denn sie durchdrangen die zuvor noch unantastbare Barriere des Sklaven, der gehorsam nickte und deutlich sichtbar schluckte. Der Ägypter griff mit seiner freien Hand nach dem weißen Schopf, zog ihn nach unten, löste langsam die Schnalle des Lederriemens und warf den Knebel achtlos zur Seite. Danach umfasste er dessen Kopf abermals, dieses Mal jedoch um ihn nach oben zu zerren. Die Lippen des Hellheutigen waren leicht geschwollen, glänzten feucht und waren von einem seichten Lächeln umspielt. Mariku sah sie einen Moment lang lüstern an, bevor er sich dazu entschloss einen kleinen Vorgeschmack auf die Qualitäten seines Kajirus testen. Er legte seinen Mund fordernd und fest auf die des Anderen. Seine rauen Lippen begannen sich auf Zarten zu bewegen, zu saugen, strich mit der Zunge über sie. Jedoch geschah nichts. Kein ängstliches Zusammenzucken. Kein halberregtes Keuchen. Wutentbrannt löste er sich wieder, holte mit viel Schwung aus und gab seinem Gegenüber eine schallende Ohrfeige. Die Wucht ließ den getroffenen Kopf zur Seite schleudern, die wirren, langen, weißen Haare wirbelten durch die Luft, bedeckten auch kurzzeitig das Gesicht, welches sich aber schnell wieder seinem Peiniger zuwandte. Die glühend roten Abdrücke von vier Fingern leuchteten auf der bleichen Haut, aber seltsamerweise war der Gesichtsausdruck des Geschlagenen immer noch von Ruhe geprägt. Verständnislos brüllte der Gewalttätige los: „Warum antwortest du nicht!? Willst du dich mir etwa verweigern?!“. Noch leicht benommen von dem Backenstreich, kam eine friedliche, gedämpfte Antwort zurück, mit einem ehrlichen aber dennoch ahnungslosen Klang in der Stimme: „Nein mein Gebieter, ich verweigere mich dir nicht. Bitte stellt mir deine Fragen!“ Verwundert von dieser Antwort, die so gar nicht zu dem passte, was Mariku eben zur Raserei gebracht hatte, lockerte er etwas seinen harten Griff über dem Oberkörper des Jungen. „Wie alt bist du?“ „Etwa achtzehn, also das glaube ich zumindest. Ich erinnere mich nicht an meinen genauen Geburtstag. Ich mache es so, dass ich einfach immer nur die Jahreswenden zähle. Meine Mutter war ja auch schon in den Diensten eines Herren, als ich geboren wurde und da war ich...“ „Argggg, Ruhe!“, schrie er ihn an, um ihm die Worte abzuschneiden. Riku musste stöhnen, da er anscheinend ein Plappermaul, nein, noch dazu eines, welches ohne Punkt und Komma, und ohne ein einziges mal Luft hohlen zu müssen, reden konnte. Womit hatte er das nur verdient? Er hasste so etwas mehr als alles andere! Abgeneigt schüttelte er den Kopf. „Antworte in kurzen Sätzen, und gezielt auf meine Fragen.“ Doch von seinem Gegenüber kam nichts. Hatte er ihn nicht gehört? Wollte er ihn nicht hören? Stellte sich dieser Albino womöglich dummer als er eigentlich war und wollte ihn zu Weißglut treiben? „Haben wir uns verstanden?“ warf der Ägypter sarkastisch und gezogen hinterher. „Ja Herr.“ Na bitte, endlich mal eine klare, schöne, kurze Antwort! „Gut. Dann sag mir, wie viele Herren hattest du schon.“ „Och, das waren so einige. Der Herr meiner Mutter hieß Master Shinichi. Dort war ich, bis ich vielleicht dreizehn Jahre alt war. Er sagte immer, dass es ist gut sei, wenn man Lesen und Schreiben konnte. Dies machte die Hausarbeit angeblich leichter und es geht nicht viel vergessen und verloren. So er hat es mir beigebracht! Ich lese unheimlich gern und mag Bücher. Zum Glück durfte ihm auch oft vorlesen, wenn ihm oder mir abends langweilig war. Wenn du magst, kann ich dir auch gern etwas vorlesen. Welche Bücher magst du den so? Danach kam ich zu Master Vent und bei ihm bin ich nicht wirklich lange geblieben. Einmal habe ich sein Lieblingsessen zubereite, aber nicht gemerkt, dass auf der Feuerstelle unter dem Topf etwas Angebranntes war. Daher roch das Essen angebrannt, allerdings war es nicht schlecht, sondern immer noch gut. Leider hat er nur an den Geruch gedacht…Er hat mich so schnell wie er konnte wieder verkauft. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass man wegen einem Essen so ausrasten kann. Vielleicht hatte er einfach nur einen sehr, sehr schlechten Tag gehabt? Ich bin ihm aber nicht böse. Es ist ja sein Recht mit seinem Eigentum zu tun was er will und er für richtig hält. Dann war da noch Master Olibats. Der hatte viele Haustiere, um die ich mich auch wirklich sehr gern und gut gekümmert hatte. Er hat Jagdhunde gezüchtet, weißt du? Besonders haben mir allerdings die Welpen gefallen, die waren echt zutraulich und knuffig und sooooo unglaublich süß! Wenn man die Kleinen nur gesehen hat, sind sie einem schon ans Herz gewachsen. Seine Zuchthunde haben immer ganz viele von den kleinen japsenden Fellknäulen auf einmal geworfen. Danach bin ich zu… mmhh … mmmpf …????“ Das war nicht mehr zum Aushalten. Stopp! Aus! Der Dunkelhäutige hielt ihm genervt den Mund zu. Allmählich begann er zu verstehen, wieso der Albino nicht sonderlich lange irgendwo geblieben ist. Er konnte sich noch nicht ganz festlegen, ob es zum Heulen oder Lachen war, welchen Rededrang der Knirps hatte. Zumindest aber freute er sich hämisch drauf, dass dies das Erste sein würde, was er ihm auf jeden Fall austreiben würde. Wäre doch gelacht, wenn er dem Hänfling keine Manieren beibringen könnte?! „Auf die nächste Frage, die ich dir stelle, schüttelst du nur den Kopf oder nickst.“ Der angesprochene, weißhaarige Junge nickte, zum Zeichen, dass er es verstanden hatte. Also nahm Mariku seine Hand wieder zurück, hoffte aber, dass dieser ihm nicht erneut so vollquatschen würde. Nochmal wollte und würde er es nicht dulden. Seine Geduld war ohnehin schon überstrapaziert. „Bist du gekennzeichnet?“ Ein Nicken kam als Antwort. „Wo?“ Blitzschnell reagierte Mariku, kaum hatte der Kleine den Mund aufmachen wollten. Seine Hand fand ihren Weg zu dessen Mund, welchen er zuhielt. „Nur zeigen!“ befahl er eisern. Der Sklave zog seinen Hosenbund etwas nach unten. Über dem Oberschenkel, an der Hüfte, war eine Brandnarbe in Form einer Lilie zu sehen. Der Ägypter strich bewundernd mit zwei Fingern das Narbengewebe nach. Weich, schoss es ihm durch den Kopf, bevor er stutzig wurde. Es war ein ganz klares Zeichen der Kajirus. Ob er die Ausbildung wohl gepackt oder sie in Schande vermasselt hatte? Belächelnd dachte er sogar, ob der Knirps seinem Ausbilder wohl sehr auf die Nerven gefallen ist. Möglich wäre es auf jeden Fall gewesen! „Kannst du dich an deine Ausbildung erinnern. Hattest du überhaupt eine?“ „Aber ja! Natürlich! Ich kann mich noch gut daran erinnern. Ich habe sehr viel dabei gelernt und wurde in vielem ausgebildet. Also ich kann … mm hh mpf …“ Abermals sah Mariku den einzigen Ausweg den Redefluss zu stoppen, indem er dem Anderen den Mund zuhielt und den betreten Kopf schüttelte. Das war doch nicht mehr normal! Gab es keine Möglichkeit dieses Gerede zu stoppen, bevor er ausbrach. „Der Sklaventreiber hat dich als Kajirus angeboten. Beantworte die Fragen kurz und gemäß deiner Ausbildung! Was bist Du?“ „Ich bin ein Sklave.“ Plötzlich klang die Stimme des Hellhäutigen ganz anders als zuvor. Sie war leblos. Monoton. Nichtssagend. Die Antworten kamen wie geistesabwesend über seine Lippen. Selbst der Blick wurde leer und stumpf. Es war so als würde ein völlig anderer Mensch vor ihm stehen. War das noch derselbe Junge, welcher ihm vorhin noch so begeistert von seinem Leben erzählt hatte? „Was ist ein Sklave?“ „Das Eigentum seines Herrn.“ „Warum trägst Du ein Brandzeichen?“ „Um zu zeigen, dass ich Eigentum bin.“ „Warum trägst Du einen Kragen*?“ „Damit andere wissen, wem ich gehöre.“ „Was will ein Sklave mehr als alles andere?“ „Seinen Herren erfreuen.“ „Wie ist dein Merkspruch?“ „Du bist Herr, ich bin Sklave. Du bist Eigentümer, ich bin Eigentum. Du befiehlst, ich gehorche. Meine Bestimmung ist es dir zu gefallen. Dir und niemanden sonst.“ „Warum?“ „Weil du der Herr bist und ich dein Sklave.“ „Sehr gut, du kennst also noch die sieben Ausbildungsregeln. Was hast du bisher für deine Herren getan? Außer den Haushalt.“ Jetzt wurde die Stimme wieder lebhafter. Klang erneut ehrlich, offen, freundlich. Mariku konnte sich nicht entscheiden, aber irgendwie gefiel ihm diese Stimme…besser. „Also ich kann mich um den kompletten Haushalt kümmern, kann selbständig einkaufen gehen und verschiedene Mahlzeiten zubereiten. Kochen, backen und ich mache dir auch liebend gerne dein Lieblingsessen! Was ist das denn? Ich kümmere mich auch um den Rest von deinem Haushalt, also putzen, Wäsche waschen, bügeln, alles was so anfällt. Hast du Haustiere? Ich kann … mmph … uh … Hmm? … Hmmm ...“ Der Ägypter rollte mit den Augen. Okay. Jetzt reicht es. Genug ist genug. Es war nicht mehr zum Aushalten. Außerdem hatte er sich entschieden, wie er diese Macke einstufen sollte. Die Technik mit dem Mundzuhalten funktionierte auch nur einmalig, also musste was Neues her. Etwas was wirklich klappte! Sonst würde er den Balg irgendwann in einem Wutanfall erwürgen. Lange überlegen brauchte er jedoch nicht, denn die roten Lippen vor ihm sahen schlichtweg zu einladend aus. Verführerisch. Unschuldig. Lockend. Eine komplette Ausbildung hatte der Kleine, aufgrund seiner Reaktionen und Worten, nicht erhalten. Vielleicht ließ sich der Rededrang ja mit Überrumpelung stoppen, überlegte er. Daher verschloss Riku erneut die Lippen des Unterlegenen mit den seinen. Da er ja jetzt wusste, dass der Knirps bisher noch keine Erfahrung dabei hatte, ging er ausnahmsweise sehr sanft dabei vor. Ganz leicht liebkoste er die schönen, geschwungenen Lippen, welche augenblicklich zu einer lieblichen Ruhe verstummten. Langsam bewegte er seine Mund auf den des Anderen. Sachte verschlang er sie geradezu, wollte erforschen, erkunden, einnehmen. Flüchtig strich Mariku mit der Zunge über das noch unbekannte Gebiet. Es war ein langer Kontakt, den er aufrechthielt und bevor er seinen Kopf wieder zurück bewegte, fing er noch kurz die Unterlippe mit den Zähnen ein, um an ihr zu nippen, aber nur ganz zart, ohne diese zu verletzten. In seiner Rückwärtsbewegung öffnete er seine Augenlieder, die er vor Gefallen zuvor geschlossen hatte. Dabei war das kitschig, zarte Küssen gar nicht seine Art, aber Ausnahmen gab es eben. Hin und wieder zumindest. Zufrieden musste der Ägypter feststellen, dass der Junge nun seinen Mund hielt. Erleichtert atmete er aus. „Wie ist dein Name?“ Der Gefragte reagierte nicht, daraufhin grinste der Besitzer in sich hinein, da er scheinbar das gewünschte Resultat erreicht hatte. Erst als er den Weißhaarigen geschüttelt hatte und die Frage noch einmal gestellt wurde, kam mit leiser Stimme eine Antwort zurück. „I-i-ich ich habe keinen Namen.“ Das durfte doch nicht wahr sein. Der Kleine war ja ein richtiger Streuner, der nichts kannte, wusste und nicht einmal einen eigenen Namen besaß. Stöhnen fragte er nach: „Wie hat dich dein letzter Herr gerufen?“ „Ryou.“ „R.y.o.u.!?“, wiederholte Mariku langgezogen, ließ den Namen auf seiner Zunge zergehen. Da er nicht Japanisch gesprochen hatte, als er hier gekommen ist, hatte er sich inzwischen einiges an Wissen darüber angeeignet. Schließlich blieb ihm ja nichts anderes übrig, wenn er hier überleben wollte. Die Kurzform dieses Namens bedeute im chinesischen Drache, das passt, dachte Riku mehr als zufrieden damit. Im Japanischen jedoch bedeutet die Kurzform aber etwas anderes, nämlich kühl und erfischend (zwar auf den Fischfang bezogen) und dies passte wie die Faust aufs Auge. Dieser Name, so befand er, war wie ein Band, dass sie beide miteinander verknüpfte und da der Kleine jetzt schließlich ihm gehörte, mit Haut und Haaren, fand er diesen Rufnamen ziemlich passend. Somit übernahm er ihn sogleich. Als nächstes fragte er sich, ob seine früheren Herren wegen dieses unüberhörbaren Sprachmankos wohl, so wie er, auf ihn wütend geworden sind. Und ob sie ihn auch dementsprechend bestraft hatten. Sofort drehte er ihn um, drückte ihn mit dem Bauch gegen die Wand. Gnadenlos schob er das blau-weiß, gestreifte T-Shirt nach oben, um den Rücken nach Spuren von Schlägen oder anderer Kennzeichnungen abzusuchen. Da man es im Mondlicht nicht mit dem bloßen Auge erkennen konnte, strich er mit seiner Hand prüfend über die warme, zarte Haut. Er konnte allerdings nichts feststellen, nur eines und dieses war, dass sie makellos und rein war. Es schien so, als ob diese Körperhülle so weiß und zart war wie ein Land, welches von Eis und Schnee überzogen wäre. So ruhig und gefroren wie der Knirps bisher auf ihn reagierte. Zynisch freute er sich jedoch, dass der kleine Körper so unversehrt und unberührt war. Und das alles gehört nun ihm. Ihm allein! Er hatte genug gesehen und drehte somit seinen Sklaven wieder zurück. Zückte sein Tanto*, und hielt es ihm vor das Gesicht. „Ich werde dir jetzt deine Augenbinde abnehmen. Ich will nicht, dass du dich rührst oder den Kopf hebst. Du hältst schön brav deine Klappe Kleiner.“ Mit dem Griff, mit dem er noch immer seine schmalen Schultern umklammert hielt, begann er ihn einmal zu Rütteln. Sein Zischen war scharf: „Ist das klar, Ryou!?“ Ryou nickte. Sogleich bekam er die Augenbinde entzwei geschnitten. Als das Stückchen Stoff zur Erde fiel, musste der Kleine erstmal die Augen zusammen kneifen und einige Male blinzeln, bevor sich sein Sichtfeld aufklarte. Er sah zwar das Messer vor seinen Augen, im fahlen Licht des Erdtrabanten aufblitzen, aber es schien ihm nicht weiter bedrohlich. Als Sklave war er seinem Meister, so oder so, auf Gedeih und Verderben ausgeliefert. So war es immer gewesen und so würde es auch immer sein. Was sollte Ryou sich also große Sorgen machen, um Dinge die außerhalb eines Bereiches lagen, auf den er ohnehin keinen Einfluss hatte. Er blieb absolut ruhig. Auch das schmale Lächeln, welches von Anfang an, seine Lippen geziert hatte, war nicht verschwunden. Unverwandt sah er seinen neuen Herrn an, wartete was noch kommen mochte. Sein Schicksal lag nicht in seinen eigenen Händen, das hatte er noch nie in seinem Leben gehabt. Eigentlich war genau das der Punkt vor dem Ryou Angst hatte. Freiheit. Frei zu sein und selbst entscheiden zu müssen was man tun möchte. Aber diesen Sachverhalt musste ja keiner wissen, darüber hatte er sich schon immer ausgeschwiegen. Er erinnerte sich an andere Sklaven, die nicht domestiziert waren und zum Teil geraubt wurden aus einer ach so tollen Freiheit kamen, mit denen er gelegentlich bei seinen anderen Herren zusammen gekommen war. Diese erzählten ihm immer von der großen Unabhängigkeit und der Welt da draußen. Dabei klang alles so unwirklich und begriffen hatte er das auch nie. Mariku, der immer noch darauf erpicht war seine Gelüste an der Furcht zu stillen, versuchte es erneut. Vorhin war Ryou eiskalt geblieben, hatte kein einziges Mal gezuckt oder sich etwas ansehen lassen. Aber nun ging der Ägypter einen Schritt weiter. Er ließ langsam die rasiermesserscharfe Klingen an der Wange seines Karjirus entlang, nach unten, gleiten. Jedoch nur so leicht, dass ein hauchfeiner, roter Kratzer entstand. Die weiße Haut unter der Klinge zuckte nicht einmal. Der, an die Wand, Gedrückte hatte seine Blicke genau auf den Dolch gerichtet, beobachtete wie er über das zarte Fleisch glitt. Aber erneut wurde Riku enttäuscht, er konnte dem Kleinen nicht einmal dadurch einen angsterfüllten Blick entlocken. Über die außerordentliche Ruhe des Jüngeren verwundert, drückte er ihm jetzt das Tanto in die Hand. Alles konnte man steigern. Jede Art der Folter. „Setzt es an deiner Kehle an.“ befahl er emotionslos. Wie angewiesen erhob Ryou seine Hand und legte die Klinge auf seinen Hals. Diabolisch verzogen sich die Gesichtszüge des Ägypters zu einem todbringenden Grinsen. Leise und bestimmt wies er den Kleinen an: „Und jetzt erhöhe langsam den Druck. Ganz sachte. Spüre wie sich die Klinge in dein weiches Fleisch schneidet. Wie das Blut aus der Wunde tropft und dich benetzt…“ Der Dunkelhäutige beobachtete das Szenario gespannt, verfolgte wie einige Tropfen roter Flüssigkeit über die Schneide zu quellen begannen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Kleine dies wirklich ausführen würde. Eher hatte er geglaubt, dass dieser nun um Gnade winseln würde, oder auf anderem Weg sich dem Befehl zu entziehen suchte. Schnaubend nahm er das Messer wieder an sich. Langweilig. Zwei bronzefarbene Finger hob das Kinn des scheinbar Lebensmüden an, damit der Ägypter ihm in die Augen schauen konnte. Er wollte endlich wissen, was genau dahinter steckte. Das war ja nicht mehr normal! Noch niemals hatte jemand in vergleichbarer Weise SO auf ihn reagiert. Riku hob seine lavendelfarbene Augen an und blicke in zwei dunkelbraune, tiefe Meere. Als sich ihre Seelenspiegel schließlich trafen, erstarrten beide, unfähig sich zu bewegen. Etwas seltsames passierte mit ihnen. Um sie herum brach eine absolute Stille herein, obwohl sie inmitten eines aufkommenden Windes standen, der an ihrer Kleidung zog und wundersame Wolkenformationen über der Stadt am dunklen Morgenhimmel zusammenwirbelte. Für Ryou war es so, als ob er ganz tief in den Abgrund des Ägypters blicken konnte. Als würde er alle Geheimnisse darin erkennen können, die nicht einmal dieser selbst mehr kannte. Der Sandblonde bekam von all dem natürlich nichts mit. Alles was er sehen konnte war Schwärze. Tiefe, undurchdringliche Dunkelheit. Als sich diese ganzen Phänomene um Ryou herum genauso plötzlich verpufft hatten, wie sie gekommen waren, verschwand das schwarze Meer vor Mariku Augen. Er starrte nach wie vor in zwei dunkelbraune, tiefe Augenpaare in denen ein lodernder Funke aufzuflackern schien. Das lies ihn entsetzt einen Schritt zurück taumeln. Die zwei Seelenspiegel, die unverwandt in seine blickten, schienen etwas, tief in seinem Inneren zu zerren, etwas herausholen zu wollen. Es erschien ihm so fremdartig und doch vertraut. Eine merkwürdige, verblasste Erinnerung schien nach und nach wieder an die Oberfläche seines Bewusstseins aufzutauchen. Er konnte es in seinem Kopf nicht zuordnen, sie war einfach da. Anwesend. Wie ein Splitter, der in seiner Haut steckte und welchen er nicht verschwinden lassen konnte. Verwirrt wandte er sich ab, da er diese feurigen Augen nicht länger ertragen konnte, schüttelte sogar ungläubig den Kopf. Damit der Andere nichts von seiner Verwirrung mitbekam, sprach er bemüht kalt: „Normalerweise nehme ich meine Sklaven nicht ungebunden mit nach Hause, aber ich will kein Aufsehen erregen. Momentan ist die Lage angespannter, als es dem Boss und mir lieb ist. Du wirst folgen und mir nicht von der Seite weichen. Und Gnade dir, wenn du auch nur einen Fluchtversuch denkst, denn dieses würdest du bitter bereuen. Also komm!“ Damit ging er einfach drauf los. Noch überwältigt von all dem was eben geschehen war, setzte der hellehäutige, junge Mann schnell an, seinem neuen Herrn zu folgen. Da dieser ihn jetzt nicht mehr beobachtete, berührte er mit seinen Fingern ungläubig seine Lippen, die auf seltsame Weise noch am prickeln waren. Eine solche Berührung hatte er in der Tat noch nie erlebt, konnte sich auch keinen Reim drauf machen was dies bedeutete. Aber er fand, dass es ein schönes Gefühl gewesen ist. Es hinterließ eine Wärme in ihm und ein leicht flaues, aber nicht unangenehmes Gefühl, in seinem Magen, so wie er es kannte, wenn er hungerte. Beim hinterher dabbeln und treuen folgen seines neues Meisters, musterte er dessen Gestallt. Bestaunte die dunkle, bronzefarbene Haut, die seiner so gar nicht ähnlich war. Insgeheim hoffte er, dass der Mann vor ihm, dass mit seinen Lippen irgendwann mal wiederholen würde. Dabei wurde sein Dauerlächeln, welches er ausnahmslos jedem schenkte, noch etwas freudiger und sah diesmal tatsächlich echt aus. -------------- MANAH du bist als Beta schlichtweg eine Wucht!!!! ^-^ Ich kann es garnicht oft genug sagen: DANKE DANKE DANKE !!! *grins* habe beim lesen des überarbeiten Kaptiels selbst Gänsehaut bekommen :) -------------- * Kragen = Bezeichnung des Kajirus Halsbandes # Tanto = japanisches Messer, wörtlich kurzes Schwert . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)