Pirate's Dreams von Black_Melody (...might turn into nightmares) ================================================================================ Kapitel 8: Hachi ---------------- Hui. Spektakulär. Das letzte Kapitel ist natürlich eine starke Andeutung. Sehe ich ein, auch dass die Stelle gemein ist, um aufzuhören. Aber mir bleibt nicht allzu viel übrig, als auch mit Cliffhangern zu arbeiten. Spannung steigern und sowas. ;D Aber es geht ja bei mir meistens ziemlich regelmäßig weiter, demnach müsst ihr ja gar nicht so lange warten. Und hier eben die Fortsetzung. Nein, ihr konntet Shin nicht in Sicherheit bringen, so leid es mir tut. Aber ihr müsst bedenken, dass dieser Teil wieder einiges beinhaltet. Zum Schluss möchte ich euch noch in einer anderen Sache kurz um Hilfe bitten. Ich brauche eure Lieblingspairings, egal, aus welcher Band, oder etwas, das ihr gern lesen würdet und zu dem ihr noch nichts gefunden habt. Es heißt demnächst von mir "Challenge accepted". Mehr dazu gibt es aber später. Und jetzt, Fiction ab! _________________________________________________________________________________ „Saga!“ Ohne wirklich darüber nachzudenken, stürmte Shou an Bord der Dark Rose, blieb erst genau vor dem ihn verwirrt ansehenden Kapitän stehen und holte ein paar Mal zischend Luft, bevor er den Kleineren informierte: „Shin ist weg.“ „Wie ‚Shin ist weg‘?“ Verwirrt sah Saga den Koch an. Das war ein Scherz, oder? „Ja, Shin ist eben weg!“ „Wieso ist er weg?! Du solltest doch auf ihn aufpassen! Wo ist er?!“ „Keine Ahnung, weg eben!“ Erschrocken schnappte der Ältere nach Luft, als Saga ihn mit einem wütenden Funkeln in den Augen am Kragen packte. „Warum hast du nicht auf ihn aufgepasst, du Idiot! Deswegen solltest du doch mit!“ Fest lag seine zweite Hand an dem schlanken Hals und drückte dem Größeren die Luft ab. „Saga, hör auf! Das hilft auch nichts!“ Entschlossen zog Tora ihn von Shou weg, woraufhin der nach Luft schnappte und auf die Knie sank. „Wenn du Shou umbringst, taucht Shin auch nicht wieder auf.“ Ungläubig schüttelte Saga den Kopf. „Shin kann nicht weg sein. Das geht nicht.“ „Es geht“, japste Shou und hielt einen Zettel hoch. „Er hat mir eine Nachricht hinterlassen, dass er spazieren gehen wollte. Ich hatte schon ein ungutes Gefühl, als ich die Nachricht fand und Shin noch nicht zurück war, und dann… kam das mit einem Stein durchs Fenster geflogen.“ Saga kümmerte sich gar nicht großartig um das, was Shou gerade berichtete, sondern las immer und immer wieder die Nachricht. Das durfte nicht wahr sein. Und jetzt gehört der Kleine doch mir. Versager. Er ist viel zu gut für dich. Du kannst froh sein, dass du noch einen Koch hast, ich hätte ihn sonst wahrscheinlich töten müssen, um Shin zu bekommen, aber ich hätte es getan. Zu deinem Liebsten… Es geht ihm gut und er wird nicht sterben, ob es ihm weiterhin gut gehen wird, hängt ganz davon ab, wie viel er körperlich und seelisch aushält, aber das ist für dich uninteressant. Du wirst ihn eh nie wiedersehen… „Nein“, murmelte er fassungslos und schüttelte den Kopf. „Nein“, wiederholte er dann lauter und sah seinen ersten Offizier an. „Shin ist nicht der erste, den sie bekommen haben, und bisher haben wir wegen Renos Rachefeldzug auch nichts unternommen, aber jetzt wird die Sache persönlich. Sie werden es bitter bereuen, Shin ausgewählt zu haben. Wir holen ihn da raus, und wenn ich dabei draufgehe.“ „In Ordnung. Ich gehe zur Hafenwacht.“ Beruhigend legte Tora ihm eine Hand auf die Schulter. „Wir finden ihn. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er auf uns hofft, und wir stehen hinter ihm.“ Einen Moment sah er dem Größeren nach, als dieser sich auf dem Weg machte, und wandte seinen Blick dann zu Shou. „Wir sprechen uns noch erklärte er trocken und verschwand dann aus dem Sichtfeld des am Boden Hockenden. Shou konnte nicht anders, als sein Gesicht hinter seinen Händen zu verstecken. Er wusste, dass Saga ihm nie verzeihen würde, wenn sie Shin nicht fanden, bevor es zu spät war. Aber er hätte wahrscheinlich nicht anders reagiert, wenn es um Hiroto gegangen wäre. „Geht’s?“, hörte er Naos besorgte Stimme an seinem Ohr und schüttelte den Kopf. Würde es gehen, hätte er wahrscheinlich nicht solche Probleme zu atmen. Beruhigend legte der andere ihm eine Hand auf den Rücken. „Wir finden Shin rechtzeitig, das kannst du mir glauben. Und Saga ist zwar jetzt sauer auf dich, aber er wird denjenigen umbringen, der für Shins Verschwinden verantwortlich ist. Das bist nicht du, sondern derjenige, der Shin entführt hat, und mit seinem Nachtspaziergang Shin auch zum Teil selbst. Mach dir keine Vorwürfe, es ist nicht deine Schuld, und das wird Saga auch begreifen.“ „Wenn er mich schon in Stücke gerissen hat…“, erwiderte er und versuchte gar nicht erst, das Zittern seiner Stimme zu kontrollieren. „Er wird dich nicht umbringen, eher wird er dich ignorieren. Er macht sich einfach nur wahnsinnige Sorgen um Shin.“ Verwirrt sah Shou auf, als Hiroto sich dicht neben ihn setzte und ihm beruhigend durch die Haare strich. „Versteh ihn. Er liebt Shin, aber wenn er dich umbringt, ändert das auch nichts. Das weiß er, sonst würdest du wohl kaum noch unter den Lebenden weilen.“ „Saga! Ich weiß, wo er ist!“ Eilig ging Tora dem Braunhaarigen, der ihn fest ansah, entgegen. „Wo?“ „Der Wächter hat weiter draußen trotz der Dämmerung ein schwarzes Schiff ausmachen können“, erklärte er und zog Saga weiter mit in die Richtung ihres Schiffes. „Das herausstechende waren die Segel in einem auffälligen Rot.“ „Die Bloody Night“, bemerkte Saga trocken. „Dann sind da wahrscheinlich auch die anderen. Wenn wir schon dabei sind, können wir auch gleich alle rausholen.“ „Willst du Reno informieren? Ohne seine Erlaubnis…“ „Ich scheiß auf seine Erlaubnis!“, fuhr Saga auf. Wäre diese Regel nicht gewesen, hätte er vielleicht schon früher reagiert, aber… Vorher war es nie so persönlich gewesen. Vor Jahren war das erste Mitglied ihrer Flotte verschwunden, aber Reno hatte die Entscheidung getroffen, das Zurückholen der gestohlenen Schiffe über alles andere zu stellen, also hatten sie nicht weiter nachgeforscht, auch wenn Aoi dafür gewesen war. Zu dem Zeitpunkt hatte Saga nicht verstanden, weshalb der Älteste ihres Kapitänstrios so dafür gekämpft hatte, den Kleinen zurückzuholen, bis irgendwann die Theorie aufgekommen war, dass er und Tohya zusammen gewesen sein könnten. Saga konnte sich noch zu gut daran erinnern, wie heftig sie gestritten hatten. Reno hatte sich weitestgehend rausgehalten, aber er selbst hatte seinem Cousin einiges vorgeworfen, unter anderem auch Unprofessionalität und Egoismus. Seitdem waren nicht viele verschwunden, also war nie die Notwendigkeit einer Reaktion eingetreten. „Saga, bleib ruhig. Ich weiß, dass Shin dir irrsinnig wichtig ist, aber du solltest Reno zumindest wissen lassen, was passiert ist. Er wird verstehen, um was es für dich geht.“ Genervt schnaubte der Jüngere. „Sag du ihm doch Bescheid! Wir müssen jetzt erst der Bloody Night hinterher! Wenn die der Meinung sind, dass ich Shin einfach so hergebe, haben die sich geschnitten!“ Shin sog zittrig die Luft ein und hustete leise, bevor er sich dazu bringen konnte, die Augen zu öffnen. Es war dunkel und feucht, und er lag anscheinend auf einem Holzboden. Er konnte zwar nicht viel sehen, aber die Bewegungen des Untergrunds kamen ihm bekannt vor. Er war auf einem Schiff. Zu allem Überfluss fühlte sein Kopf sich auch noch seltsam an, und er musste sich zusammenreißen, um überhaupt seine Umgebung wahrzunehmen. „Hey, Kleiner.“ Erschrocken fuhr Shin herum und starrte angestrengt in die Dunkelheit, aus der die Stimme gekommen war. Fest kniff er die Augen zusammen, als in der Richtung ein Licht eingeschaltet wurde. „Wir sind also wieder zu viert.“ Geblendet blinzelte Shin und versuchte, den Sprecher zu fixieren. Neben der kleinen Lampe saßen drei Männer, die alle noch nicht besonders alt zu sein schienen. Der scheinbar Älteste von ihnen war blond und mochte vielleicht Anfang bis Mitte dreißig sein. Die anderen hatten braune Haare und waren ungefähr in Sagas Alter. „Wer seid ihr?“, fragte er leise und strich sich nervös durch die Haare. „Keine Angst, wir sind Freunde. Wir sind genauso hier gelandet wie du“, sagte einer der Braunhaarigen, der anscheinend der war, der auch schon vorher mit ihm gesprochen hatte. „Ich bin Wataru, der da“, er zeigte auf den anderen Brünetten, „ist Saki, und der Blonde heißt Riku. Du?“ „Shin“, antwortete er gedankenverloren und spielte mit seinen Haaren. Er spürte, wie sich ein unwohles Gefühl in ihm ausbreitete. Wo war Saga? Und wo war er? Was sollte er hier? Und was erwartete ihn überhaupt? Ein leises Schluchzen entkam ihm und er legte die Hände vor sein Gesicht. Er wollte nicht hier sein, wo auch immer hier war. Er wollte zurück zu seinen Freunden und seinem Freund. Warum war er nur auf diese falsche Sicherheit hereingefallen? Widerstandslos ließ er sich an einen warmen Körper ziehen. „Ich will zu Saga“, wimmerte er leise und schloss die Augen. „Also bist du von der Dark Rose“, stellte Wataru fest und strich ihm über den Kopf. „So leid es mir tut, dir deine Hoffnungen zu nehmen, aber wir kommen hier nicht mehr lebendig raus.“ „Saga holt uns hier raus“, murmelte Shin erstickt. „Er liebt mich.“ Riku drückte sanft seine Hand. „Kleiner, ich kenne die Rose gut genug, und es gibt eine Regel, die verbietet, uns hier rauszuholen. Außerdem… Saga liebt niemanden außer sich selbst.“ Stur schüttelte Shin den Kopf und wischte sich über die Augen, atmete so gut wie möglich durch und sah den Blonden entschlossen an. „Ich weiß nicht, wie lange du hier bist, aber in den letzten Monaten hat sich der Captain mehr als nur ein bisschen verändert. Wir sind seit einem halben Jahr wirklich zusammen und er tut alles für mich. Er wird mich nicht hier lassen.“ Der Älteste schien etwas sagen zu wollen, schwieg dann aber. „Willst du wissen, was dich hier erwartet?“, fragte Saki ruhig und sah ihn an. Langsam setzte Shin sich wieder gerade hin. Wollte er das wirklich wissen? Aber früher oder später würde er es eh herausfinden, und das wäre dann wahrscheinlich nicht so ruhig und schmerzfrei, also nickte er. „Wir sind die meiste Zeit in diesem Raum gefangen“, erklärte Saki, „aber hauptsächlich sind wir ihre Zwangshuren. Kleiner Tipp, der Captain ist ein purer Sadist. Wenn du Schmerzen zeigst, wird er umso mehr Spaß an dir haben, also halte einfach still und beiß die Zähne zusammen, dann ist es schneller vorbei.“ Entschieden schüttelte er den Kopf. „Ganz sicher nicht! So weit kommt es noch! Schon wieder will mich jemand zur Hure machen! Steht mir das Wort auf der Stirn, oder was?!“ Trotzdem schlich sich ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht. Bei seinen Freunden hatte er ursprünglich auch so arbeiten sollen. Letztendlich war es eigentlich gar nicht sein Job gewesen, und das war auch gut so, aber es war seltsam, wie jetzt alles an den Anfang seines Lebens unter Piraten erinnerte. „Nein, nicht, dass ich es sehen könnte“, antwortete Saki und lächelte ihn an. „Es ist nur so, dass wir hier keinen anderen Sinn haben. Allein zu dem Zweck werden wir hergebracht.“ „Und trotzdem werde ich ganz sicher keinen von denen an meinen Arsch lassen.“ Stur sah Shin den anderen an. War ja alles schön und gut, aber nicht jeder hatte einfach so das Recht, ihn anzufassen. Und selbst wenn er es zuließ – von den wahrscheinlichen Übelkeitsanfällen einmal abgesehen –, würde Saga ganz sicher die Krise kriegen, wenn er das mitbekam. „Schätzchen, das Wort ‚Zwang‘ beinhaltet, dass deine Meinung unwesentlich ist“, mischte Riku sich in das Gespräch. „Du bist für die hier… ein Objekt, das weder denken noch handeln noch fühlen darf. Du bist wie ein Haustier, nur, dass du nach Belieben misshandelt werden darfst. So ist der Stand der Dinge, und vertrau mir, wenn ich sage, dass Widerstand es für dich nur schlimmer macht. Wenn du versuchst, abzuhauen…“ „Riku!“, unterbrach Wataru den Ältesten und strich dem sichtlich geschockten Shin über den Rücken. „Wir müssen ihm nicht alles erzählen. Außerdem haben sie gelernt, du weißt, dass wir seitdem nur noch strenger überwacht werden.“ Der Blonde schnaubte. „Er muss hier noch viel mehr ertragen als Wissen. Tohya konnte nicht mehr, deswegen wollte er hier weg. Sie haben seinen Fluchtversuch bemerkt und ihn bekommen. Über Stunden haben sie ihn gequält und immer wieder vergewaltigt. Er hat kapiert, dass es keinen Ausweg gibt und sich deswegen umgebracht. Das war seine einzige Möglichkeit in die Freiheit zurück!“ „Wir kommen hier auch lebend wieder weg!“ Unnachgiebig hielt Shin das Handgelenk des anderen fest. Das bisherige Wissen ignorierte er einfach stur. „Saga holt uns hier raus! Er ist ein guter Captain und der beste Freund, den ich mir wünschen kann. Er lässt uns nicht hier, klar?!“ „Shin, hör mir zu“, bat Wataru leise, woraufhin er diesen ansah. „Ich versuche jetzt einfach, es logisch zu sehen. Wenn er es schafft, uns zu befreien, dann nicht gleich morgen. Das bedeutet, dass du dich wohl oder übel vorerst mit der Situation arrangieren musst. Das Beste ist es tatsächlich, wenn du dich ruhig verhältst.“ Langsam lehnte Shin sich an den Älteren und schloss die Augen. Wataru hatte in dem Punkt recht, ob es ihm gefiel oder nicht. Er konnte wirklich nur auf Saga hoffen. Aber was, wenn Riku richtig lag? Wenn Saga doch nur sich selbst liebte und gar kein Interesse daran hatte, ihn zu befreien? Nach allem, was passiert war, wusste er eigentlich, dass er gar keinen Grund hatte, an seinem Freund zu zweifeln, aber es war einfach zu viel passiert. Insgesamt. Und trotz aller Zweifel wollte er so schnell wie möglich zurück. „Es wird niemals alles wie früher“, meinte Saki leise, „aber es kann trotzdem gut werden. Du musst nur eine Menge ertragen lernen, und du bist nicht allein. Wir helfen dir, so gut wir können, du musst uns nur lassen.“ „Ich habe Angst“, gestand er und sah den anderen an. „Ich weiß. Am Anfang ging es mir und auch den anderen nicht anders. Angst ist ein mehr als menschliches Gefühl. Versuch einfach, ruhig zu bleiben, auch wenn deine Nerven kurz vor dem Versagen sind. Abgesehen von einigen wenigen wird sich eh jeder das von dir nehmen, was er will. Und wenn wir dir Tipps geben, wollen wir dir nichts Schlechtes. Wir sitzen alle im gleichen Boot und wir müssen zusammenhalten.“ „Das Küken ist also wach.“ Erschrocken fuhr Shin zusammen und sah zur Tür, in der ein hellblonder Mann stand und ihn abwertend ansah. „Shaura, lass ihm etwas Zeit, sich zu erholen“, bat Riku und stand auf. „Wenn du Sex willst und schon wieder keinen anderen findest, kannst du mich mitnehmen.“ „Was für ein Held“, erwiderte der Fremde ironisch. „Der Kleine muss eh erst zugeritten werden, und das übernimmt der Kapitän. Aber im Prinzip ist das kein schlechtes Angebot. Du warst schon lange nicht mehr in meinem Bett, also kannst du sehr gern mitkommen.“ Ohne mit der Wimper zu zucken ging Riku zu dem in der Tür Stehenden und verließ mit ihm den Raum. „Zugeritten?!“, zischte Shin und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. „Ficken lassen kann sich ja wohl jeder! Aber was erwartet Riku jetzt und wer war der Typ?“ „Zugeritten heißt so viel wie, dass du ziemlich hart an deinen neuen Job gewöhnt wirst“, erklärte Wataru. „Der Typ heißt Shaura und ist die rechte Hand des Captains hier und Riku muss jetzt erst mal den Arsch für ihn hinhalten, aber immerhin kann er das besser ab als du.“ „Aber…“ „Shin! Akzeptier es doch einfach als Gefallen.“ Der Angesprochene nickte und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Das war wohl doch nicht schlecht von der Seite zu betrachten. Riku beschützte ihn und gab sich deswegen her. Frustriert seufzte Shin und streckte sich auf dem Boden aus. Hoffentlich musste er nicht lange an diesem gottverdammten Ort bleiben. Warum musste eigentlich immer er sich in solche Situationen bringen? Es war zum Verzweifeln. Die anderen hatten schon recht, wenn sie sagten, dass er ein Talent dafür hatte, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Gedankenverloren spielte er mit dem Anhänger seiner Kette. Er war durch sein eigenes Handeln plötzlich auf sich selbst gestellt. Er hätte früher auf sich selbst aufpassen und die Gefahr erkennen müssen. „Da ist ja der Neuzugang.“ Mit hochgezogener Augenbraue sah Shin wieder zur Tür und blinzelte ein paar Mal, um wegen der Helligkeit überhaupt etwas zu erkennen. Der Mann, der dort stand, sah ihn von oben herab an. Die schwarzen Haare fielen ihm in Strähnen in die Stirn, die dunklen Augen musterten Shin kalt, und allgemein war der Fremde nicht gerade klein. „Was gibt es, Tomo?“, seufzte Wataru und platzierte sich zwischen Shin und dem Schwarzhaarigen. „Ich soll ihn abholen. Der Captain lässt ihn bei sich schlafen und er bekommt eine kleine Einführung in eure Welt. Wärst du also so gut und würdest mich zu ihm lassen?“ Der Braunhaarige schnaubte. „Als ob ich eine Wahl hätte. Weißt du, wer ihn übernehmen wird?“ „Mana wohl kaum“, erwiderte der Größere und ging an Wataru vorbei, packte Shin am Arm und zog ihn auf die Füße. „Ich würde auf Jin tippen, der ist dafür immerhin in der Regel zuständig.“ „Werde ich auch mal gefragt?“, protestierte Shin empört und versuchte, sich zu befreien. „Du kannst mich auch loslassen, ich habe nicht vor wegzulaufen“, meckerte er Tomo an. „Wo sollte ich auch hin?“ „Ein kleiner Rebell, wie niedlich. Das wird der Captain dir schon noch austreiben.“ „Das soll er mal versuchen“, zischte der Kleinere angriffslustig. Er musste stark sein und durchhalten, und wenn er deswegen stark und rebellisch tun musste, würde er das auch tun. Außerdem… Seelische Stärke war das, was ihn durch eine wahrscheinlich verdammt schwere Zeit bringen konnte. Schwäche konnte er nur seinen Mitgefangenen gegenüber zeigen. „Glaub mir, das schafft er. Aber wenn du so scharf darauf bist, es herauszufinden, solltest du jetzt mitkommen. Er wartet nicht gern.“ „Ich auch nicht“, erwiderte Shin und machte einige Schritte zur Tür. „Dann beweg deinen Arsch. Gehen wir.“ „Wie du willst. Dein Name?“ „Kann dir doch egal sein, Mr. Ich-bin-ja-ach-so-cool.“ Beiläufig hörte Shin Sakis Husten und sah aus dem Augenwinkel Watarus Grinsen. „Wie du meinst. Deine Zickereien werden den Captain aber nur noch mehr reizen. Dich zu zähmen wird bestimmt lustig.“ Trocken lachte Shin auf. „Oh ja. Wir alle werden hier ab jetzt ganz viel Spaß haben. Nur, um das klarzustellen: Ich gehöre nur mir.“ Zischend entließ Shin die Luft aus seinen Lungen, als er brutal auf den Boden gestoßen wurde. „Man muss mich nicht werfen“, knurrte er und sah Tomo vorwurfsvoll an, rappelte sich dann aber lieber auf und rieb sich die Handgelenke. „Wer hat dir erlaubt, aufzustehen?“ Entschlossen musterte er den Schwarzhaarigen vor sich. „Ich. Du bist der Kapitän? Wer hat dir denn erlaubt, mich zu entführen?“ „Tomo, geh. Und du verrätst mir jetzt deinen Namen.“ Stur verschränkte Shin die Arme vor der Brust. Der Mann war ihm irgendwie unheimlich, besonders dessen Augen und Haltung. Etwas Düsteres schien ihn zu umgeben. Irgendetwas riet ihm, den Captain nicht zu verärgern, aber er nahm sich vor, diesen Instinkt erst einmal zu unterdrücken. „Mein Name ist meine Sache, klar?!“ „Aber sicher“, erwiderte der Größere ruhig und trat zu ihm, legte eine Hand an seinen Hals und drückte etwas zu. „Aber du bist jetzt ein Teil meiner Sammlung. Du gehörst mir, dein Name also auch.“ Shin spürte, wie sein Herz zu rasen begann. Die Situation war nicht gerade gut für ihn. Die Frage war nur, was er jetzt tun sollte. „In erster Linie gehöre ich mir selbst“, gab er zurück und sah den anderen an. „Hier wird gegen sämtliche Menschenrechte verstoßen, das ist schon klar?“ „Ein Pirat argumentiert mit Menschenrechten? Shaura hatte recht, du bist niedlich. Es war eine gute Idee, dich zu uns zu holen. Aber Spaß beiseite, Kleiner, du bist ein Sklave. Du hast keine Rechte. Deine einzige Pflicht ist Gehorsam, und solltest du diesen verweigern, wirst du mit den Konsequenzen leben müssen.“ „Zum Teufel mit den Konsequenzen“, murmelte Shin kaum hörbar. „Ich werde ganz sicher nichts tun, was ich nicht will“, fügte er lauter an. „Was ich tue, muss ich vor mir selbst rechtfertigen können, und wenn ich mich versklave, gebe ich einen Teil meiner Ehre auf. Nur zur Information, das werde ich ganz sicher nicht tun.“ „Wir werden sehen. Auf die Knie!“ Stur blieb Shin stehen und sah den Älteren direkt an. Er hatte beim besten Willen kein Bedürfnis zu gehorchen. Wenn er wirklich als Sexsklave dienen sollte, würde er sich bis zum Ende wehren, und er musste gleich schon erklären, dass er keine gefühllose Puppe war. „Kleiner, provozier mich nicht. Das könnte böse für dich enden. Denk am Besten auch noch einmal darüber nach, ob du Strafe riskieren willst, weil du deinen Namen verschweigst.“ Unsicher atmete Shin durch und versuchte, das bedrohliche Funkeln in den schwarzen Augen seines Gegenübers zu ignorieren. Er wollte nur weg, oder den Griff an seinem Hals zumindest ausblenden. Erschrocken sah er den Schwarzhaarigen an, als sich der Druck verstärkte und ihm die Luft abschnürte. „Auf die Knie!“, forderte der Größere wieder. Um Atem kämpfend ließ Shin sich auf die Knie fallen und sog hektisch die Luft ein, als der Griff sich lockerte. Wenn das Erziehungsmaßnahmen waren, würde seine Zeit auf diesem Schiff wahrscheinlich mehr als schmerzhaft werden. „Shin“, nannte er leise seinen Namen und schloss die Augen. Besorgt beobachtete Nao Saga. Der Captain schien sich selbst gerade völlig einzumauern. Die Sorge um Shin schien ihn zu lähmen, und Nao hätte nie behauptet, dass er es nicht verstehen konnte. Shin war für ihn ein kleiner Bruder, auf den er aufpassen musste und der bei Problemen immer zu ihm kam. Und Nao wusste, wie sensibel Shin war. Es war nicht schwer, den Jüngeren zu verletzen. Und er hatte das blöde Gefühl, dass Shin eine belastende Zeit vor sich hatte. Die Nachrichten hatten schon auf einiges schließen lassen, aber trotzdem hoffte Nao, dass einige der Androhungen wirklich nur leere Drohungen waren. „Saga, komm mal her“, forderte er den Jüngeren auf und wartete einfach. Problemverdrängung half niemandem, und der Stille auf dem Schiff nach zu urteilen, waren alle mit den Geschehnissen oder ihrer Arbeit beschäftigt. „Was ist denn?“ „Wie geht’s dir?“ Saga seufzte leise und schloss die Augen. „Mein Freund wurde entführt und mir sind die Hände gebunden. Und dann fragst du mich, wie es mir geht? Denk doch nur einmal nach. Ich habe Angst.“ „Ich doch auch. Und glaubst du, wir sind die einzigen? Nehmen wir nur mal Zero. Auch wenn du es nicht gut findest, er steht Shin ziemlich nah, und er hat seinen Freund letztes Jahr verloren. Glaubst du wirklich, er freut sich über Shins Verschwinden? Zwei wichtige Menschen in so kurzer Zeit zu verlieren, ist noch schwieriger.“ Langsam schüttelte Saga den Kopf. Er konnte es sich vorstellen, aber letztendlich war Shin immer noch sein Freund. Und es war auf Umwegen sein eigenes Verschulden. So gern er Shou auch die Schuld geben würde, er wusste, dass das falsch war. Er hätte besser auf Shin aufpassen müssen. Und Shin hätte vorsichtiger sein müssen. „Wir holen ihn zurück. Du weißt, dass wir das schaffen“, versuchte der Arzt ihn zu beruhigen. „Und was, wenn es zu spät ist? Wenn sie ihm sonst was angetan haben? Was, wenn er dann psychisch völlig am Ende ist?“, sprach Saga seine Angst offen aus. „Er ist zerbrechlich, auch wenn er das versteckt.“ „Du unterschätzt ihn. Saga, er liebt dich. Er wird alles tun, um für dich weiterzumachen, weil er weiß, dass du ihn nicht hängen lässt.“ „Du überschätzt ihn, Nao. Ja, er wird durchhalten, aber wie weit werden die Folgen gehen? Ich vermute, dass ein hartes Stück Arbeit auf uns zukommen wird, wenn er wieder hier ist, und er wird wieder eher mit dir als mit mir reden. Er wird sich wieder von mir distanzieren.“ Lächelnd legte Nao dem Jüngeren eine Hand auf die Schulter und schüttelte den Kopf. „Er wird dich mehr brauchen als mich. Wahrscheinlich wird deine Aufmerksamkeit ihm mehr helfen als alles, das ich aufbieten kann. Du liebst ihn immerhin über alles, und Liebe heilt.“ „Du bist durch und durch ein Romantiker im ursprünglichen Sinne“, murmelte der Größere leise. „Liebe heilt nicht, Zeit auch nicht. Außerdem wird Shin sich seine Schmerzen nicht anmerken lassen, um uns zu schonen. Liebe und Zeit werden ihm nicht helfen, und wir können es nicht, solange er uns nicht lässt.“ „So ungern du es akzeptierst, in dem Moment müssen wir ihn zwingen, sich von uns helfen zu lassen. Ich weiß, dass du dagegen bist, ihn auch nur irgendwie unter Druck zu setzen, aber manchmal muss man Menschen zu ihrem Glück zwingen.“ Ergeben seufzte Saga und legte den Kopf in den Nacken. Das war ja schön und total toll, aber erst musste Shin wieder bei ihnen sein, und allgemein das war schon ein Problem. Das Meer war groß, und auch, wenn sie der Bloody Night gegenüber deutlich im Vorteil waren und den Kurs ungefähr kannten, brauchten sie wohl oder übel einen Plan, immerhin konnten sie schlecht einfach auf ein fremdes Schiff gehen und dieses auf den Kopf stellen. Und einfach versenken konnten sie erwähntes anderes Schiff in diesem Fall nicht. „Ich will Shin zu nichts zwingen. Ich will nur, dass er wieder bei mir ist“, meinte er leise und sah den Kleineren an. „Ich wünsche mir, dass ich aufwache und alles nur ein böser Traum war, aber ich weiß, dass es real ist. Hätte ich vorher gewusst, dass die Gefahr noch so groß ist, hätte ich ihn nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen. Ich hätte selber für seinen Schutz sorgen müssen und nicht Shou mitgehen lassen sollen.“ Nao seufzte leise. „Das konntest du nicht wissen. Keiner konnte das, und wenn Shou es zumindest geahnt hätte, wäre er wahrscheinlich auch aufmerksamer gewesen. Weißt du, wie schlecht er sich fühlt?“ „Ja, das weiß ich. Wahrscheinlich mindestens genauso schlecht wie ich. Nao, ich bin der Kapitän. Ich bin dafür zuständig, dass ihr in Sicherheit seid. Aber wie soll ich auf eine ganze Crew aufpassen, wenn ich nicht einmal meinen Freund beschützen kann?“ „Saga, verdammt, hör auf, dich fertig zu machen! Niemand könnte deinen Job besser machen als du, und niemand hätte deinen Freund beschützen können. Was passiert ist, ist schlimm, aber nicht deine Schuld.“ Fest sah Nao dem Jüngeren in die Augen. Er wusste, dass es für diesen wirklich schlimm sein musste, aber wenn Saga im Selbstmitleid und in Selbstzweifeln versank, brachte das Shin auch nicht zurück. Nur schien der ehrenwerte Kapitän das nicht so ganz zu verstehen. „Ich kann und will momentan nicht mit dir streiten. Ich will nur noch Shin zurück.“ Der Arzt nickte verständnisvoll. „Wenn du reden willst, kannst du zu mir kommen. Versprich mir nur, nichts Dummes zu tun.“ „Was meinst du?“ „Keine zehn Schlaftabletten klauen oder dich völlig betrinken. So was eben. Wenn du dich selbst so vergiftest, hilft es auch nicht, und wenn du deswegen sterben solltest… Denk einfach daran, dass Shin dich braucht, wenn er zurück ist. Nach allem, was bisher passiert ist und ihm jetzt noch passieren wird, würde er deinen Tod nicht verkraften.“ Saga nickte verstehend. Shin würde mit seinem Tod nicht klarkommen, das war ihm auch klar. Und er kannte dieses Gefühl, denn… umgedreht war es nicht anders. Kennst du das? Du liebst jemanden über alles, und dieser jemand verlässt dich, verletzt dich und bringt dich auf den Boden. Du willst nie mehr so lieben, aber wenn es dann doch passiert, zeigen sich die Wunden. Und wenn du diese Person verlierst, die dich wieder hat lieben lassen? Dann ist es der Anfang vom Ende… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)