Harmonie von Seraphin ================================================================================ Kapitel 18: Veränderungen ------------------------- Auroren außer Kontrolle. Massaker während Wohltätigkeitsveranstaltung. Wir leben in dunklen Zeiten. Wissen wir das nicht alle? Sollten wir vernünftigen Menschen nicht damit rechnen, dass uns in diesen finsteren Zeiten Schlimmes widerfährt? Sind es nicht nur die Kinder, die noch ernsthaft glauben, dass es sich bei all den Angriffen in den letzten Monaten nur um Missverständnisse und harmlose Streitereien zwischen friedliebenden Parteien handelt? All den Hexen und Zauberern in diesem Land, die immer noch an das Märchen der friedlichen Ko-Existenz von Muggeln und Magiern glauben, sei gesagt: Ihr irrt Euch! Die Muggel führen Krieg gegen uns und fordern mit hetzerischem Propagandamaterial (siehe Seite 2 zum Thema „Kindermärchen und Kindergeschichten im Allgemeinen“) zur ethnischen Säuberung auf. Das Mädchen runzelte die Stirn und funkelte Draco über den Rand der Zeitung hinweg finster an. Ein Blick, eisig wie der kalte Wind, der hier wehte und ihn frösteln ließ. Sie gab ihm die Schuld. Ganz sicher. Sie gab ihm die Schuld an dem, was sie las, weil ihm doch alle immer die Schuld an allem gaben. Er zog die Beine etwas enger an seine Brust und legte sein Kinn auf seine Knie. Er würde jetzt nicht wegsehen. Zumindest dieses Mal war er nicht dabei gewesen. Er würde ihrem Blick standhalten. Zumindest ein wenig, denn schon wieder hatte sie sich in die Zeitung versenkt und ließ Draco mit demselben eigenartigen Gefühl von Leere zurück, das ihn immer öfter beschlich, wenn er merkte, dass sie sich von ihm abwandte, um etwas „Wichtigeres“ zu tun. Er neigte den Kopf leicht zur Seite und drückte seine Wangen gegen die Knie, als er ihre leicht spöttisch klingende Stimme hörte, die die neusten Märchen des Tagespropheten verkündete: „Gestern Abend drangen zwanzig Auroren in ein Anwesen ein, das der bekannten, reinblütigen Familie Lestrange gehört, und töteten dort in blinder Wut fünfunddreißig Menschen, die sich keines anderen Verbrechens schuldig gemacht hatten als dort zu sein.“ Draco schloss die Augen und legte den Kopf nach hinten. Das harte Bronzegeländer, das um die Spitze des Nordturms herum gezogen war, drückte ihn in Rücken und Hinterkopf und der kalte Steinboden, auf dem er mit Hermine saß, ließ ihn schaudern. Er stöhnte und rieb sich seinen Nacken, den er so fest gegen das Gitter gepresst hatte, dass er dessen Abdrücke spürte, streckte seine Beine aus und überlegte, ob er Hermine vorschlagen sollte, zu ihm herüber zu kommen. Sie saß nur zwei Meter entfernt, ebenfalls gegen das Geländer gelehnt und bibberte im kalten Wind, der hier oben über die Plattform wehte. „Aber du hast sie doch gewarnt, Draco!“ Hermine schnaubte, warf der Zeitung in ihren Händen einen Blick zu, als wären die dort geschriebenen Lettern alleine schuld an dem Elend, das sie beschrieben, dann hob sie das Kinn, um statt der Zeitung nun Draco mit Blicken zu durchbohren. Ein besonders kühler Windstoß streifte sie, so dass sie beide im gleichen Moment erschauderten. Er legte den Kopf leicht zur Seite und beobachtete eine ihrer Locken, die vom Wind über ihren Kopf geweht wurde. „Hab ich ja auch.“ Er zuckte die Achseln und deutete auf den Tagespropheten. „Lies weiter, dann verstehst du es!“ Hermine nickte gehorsam und senkte ihre Augen erneut auf die Zeilen, die ihr ganzes Gemüt mit jedem weiteren Wort mehr nach unten zu ziehen schienen. „Mr. Lucius Malfoy erklärte uns gegenüber …“ Hermine ließ die Zeitung sinken und Draco zuckte unter dem vorwurfsvollen Blick zusammen, mit dem sie ihm ihre Missbilligung zu verstehen gab. „Also da kann ich ja nun wirklich nichts dafür. Ich habe seit Weihnachten keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern!“ Das war zwar nicht hundertprozentig richtig, denn er hatte Lucius durchaus gesehen, als er zu Voldemort geeilt war, um ihm von dem Ordenstreffen zu berichten, da jedoch außer flüchtigen, kalten Blicken keine Kommunikation zwischen ihnen stattgefunden hatte, beschloss Draco, dass er eigentlich noch nicht einmal gelogen hatte. Sie schüttelte ihre Locken und Draco betrachtete fasziniert, wie die Locke, die ihr zuvor über den Kopf geweht worden war, vor ihre Stirn fiel und dann mit einer entschiedenen Bewegung hinters Ohr geklemmt wurde, da sie wohl durch nichts von dem Text abgelenkt werden wollte, den sie gleich darauf voller Verachtung vor ihre Augen hielt und weiter vorlas, „...erklärte uns gegenüber, dass der gestrige Abend nicht nur ein großer Schock, sondern auch ein menschenverachtendes Verbrechen gewesen sei. Malfoy berichtet, dass das Ehepaar Lestrange, Schwägerin und Schwager Malfoys, den gestrigen Ball ausgerichtet hätten, um damit das neu geöffnete St.-Mungo-Hospital zu unterstützen. Bellatrix Lestrange, die ebenfalls so freundlich war, von den traumatischen Ereignissen der letzten Nacht zu berichten, gibt an, dass die Wohltätigkeitshalle gestern Abend gegen zweiundzwanzig Uhr durch den Einfall der Auroren in ein Massengrab verwandelt worden sei. Auroren leiteten Basiliskenatem in den geschlossenen Saal, woraufhin innerhalb von Sekunden siebenundzwanzig Menschen dem Gas zum Opfer fielen. Panische Menschen stürmten aus dem Haus, trampelten über andere gestürzte Gäste oder sprangen gar in wilder Furcht aus dem Fenster. Vor der Halle lauerte der Tod. Zwanzig Auroren hatten das Gelände umstellt und feuerten Flüche auf alle Personen ab, die sich schnell genug vor dem Gift retten konnten. Acht weitere Personen starben. Die restlichen neunundvierzig Gäste überlebten nur, da Narcissa Malfoy, nebst den so genannten Todessern Lucius Malfoy, Severus Snape, Bellatrix und Rodolphus Lestrange heldenhaft ihr eigenes Leben riskiert hatten, um die unschuldigen Ballbesucher vor dem Wahn der Auroren zu schützen. Unter Einsatz ihres eigenen Lebens war es ihnen gelungen, mehrere Bäume, hinter denen die überrumpelten, panischen Menschen Schutz gesucht hatten, in Portschlüssel zu verwandeln. Während die unschuldigen Besucher flüchteten, hatten Mr. Malfoy, Mr. Snape sowie das Ehepaar Lestrange die feindlichen Auroren aufgehalten. Severus Snape, ehemaliger Professor für Zaubertränke, war ebenfalls so freundlich, trotz der Strapazen der vergangenen Nacht eine Stellungnahme abzugeben. Zunächst einmal offenbarte Snape das von Dumbledore so sorgfältig gehütete Geheimnis seiner Herkunft. Hatte der Schulleiter immer als Vorzeigebeispiel eines reinblütigen Zauberers gegolten, wurde nun bekannt, dass er in Wirklichkeit Halbblüter war. Seine Mutter war keine von uns. Snape zufolge der Grund, wieso sich Dumbledore auch bis ins hohe Alter hinein nie wirklich der Zauberergemeinschaft zugehörig gefühlt und ein solch starkes Interesse an einer bevorzugten Behandlung von Muggeln hatte. Severus Snape zufolge habe der ehemalige Direktor der Hogwartsschule für Zauberei und Hexerei um diese Gefahr gewusst, doch habe er Informationen absichtlich zurückgehalten, da er Hoffnungen hegte, selbst ein hohes Amt einnehmen zu können, wenn die Muggel erst einmal die von ihnen so gehassten Reinblüter ausradiert hätten. Mr. Snape hält es sogar für wahrscheinlich, dass Dumbledore nur deshalb ein eigenes Amt in der aktuellen Regierung abgelehnt hatte, da er diesen Zaubererstaat nicht für überlebensfähig hielt und nicht auf der Verliererseite stehen wollte. Zudem hätte er sich immer gegen die Reinhaltung des Blutes ausgesprochen. Nicht, wie früher geglaubt, aus Toleranz, sondern um die Macht der Reinblüter zu brechen (näheres zu Dumbledores Herkunft und Liebesleben auf Seite 4) …“ Draco wusste, dass dort noch wesentlich mehr stand. Er hatte den Abendpropheten schließlich während des Essens gelesen. Er wusste, dass das Mädchen kaum noch diese Zeitung las, da sie die Lügen darin aufregten. Er war dennoch sicher, dass sie von dieser Darstellung erfahren sollte. Als er die große Halle verließ, hatte er ihr deswegen eine Botschaft (eine von ihm verhexte Erbse, die Nachrichten vorsang, wenn man sie sich ins Ohr steckte) auf ihren Teller fallen lassen. Nach dem allabendlichen Nachsitzen war er dann den Turm hinaufgeschlichen und hatte darauf gewartet, dass sie zu ihm stieß. Was sie auch getan hatte. Sie kam immer, wenn er sie darum bat. Wirkte nie genervt oder abgeneigt. Ein weiterer Grund, wieso er vor diesem Treffen nervös gewesen war. Es ging um Wahrheiten. Nicht nur um die, die von der Zeitung verdreht wurden sondern auch um die, die nicht geschrieben standen und stattdessen in ihm selbst herangereift waren. Im Moment schien sie an Dracos inneren Wahrheiten jedoch nicht im Mindesten interessiert zu sein. Sie rieb sich die Nasenwurzel und kniff die Augen zusammen. Vielleicht hatte sie Kopfschmerzen? Er überlegte, ob er zu ihr hinübergehen sollte, doch er kam nicht weiter als auf seine Knie, bevor sie die Hand von ihrem Gesicht nahm und ihn durchdringend ansah: „Also, ich verstehe es immer noch nicht.“ Sie verengte die Augen, hob die Zeitung und deutete so vorwurfsvoll darauf, als sei diese das Beweisstück eines Verbrechens: „Hast du nun deine Leute gewarnt oder nicht? Wieso geben die sich als Wohlätigkeitsorganisation aus? Ist das der neuste Witz und wieso …“ „Lies weiter unten. Lies mal die Namen der Opfer.“ Sie schnaubte, schüttelte genervt den Kopf und hielt sich die Zeitung erneut vor das Gesicht: „Diggory, Claudine. Diggory, Amos …“ Hermine hob den Kopf und warf ihm einen verwirrten Blick zu: „Aber … ja, gab es dann eine Autopsie? Aber warum waren denn diese…?” Ihre Augen weiteten sich alarmiert, als sie mit atemloser Stimme keuchte: “Gehörten diese Leute denn auch alle zu den Todessern?” Sie kapierte es nicht. Immer noch nicht. Draco verdrehte die Augen und überlegte Hermine zu sagen, dass ihr Ruf als klügste Hexe der Schule gerade bedrohlich ins Wanken geraten war. „Nein! Wobei“, er kratzte, sich am Kinn und legte die Stirn in Falten, „in gewisser Weise… aber nicht so, wie du denkst. Also wirklich, das ist doch offensichtlich.“ Er grinste schief und genoss jede Millisekunde des Moments, in dem er besser als sie wusste, was vor sich ging. „Das war ein Wohltätigkeitsball. Das war kein Todessertreffen. Ich habe Vo… naja, Du-weißt-schon-wen kontaktiert, der hat daraufhin das Todessertreffen abgesagt. Stattdessen wurde dieser spontane Ball organisiert, weil er dadurch zur zweiten Stufe seines Plans übergehen konnte.“ „Wie bitte? Zweite Stufe? Welcher Plan? Ich …“ Draco grinste noch breiter (trotz des mörderischen Funkelns in ihren Augen, das er durch seine besserwisserische Art verursachte) und erklärte geduldig und langsam, als würde er zu einem kleinen, wenn auch äußerst gefährlich aussehenden, Kind sprechen: „Verstehst du es denn immer noch nicht?“ Er duckte sich, um der über ihm hinweg sausenden Zeitung zu entgehen, richtete sich wieder und fuhr unbeirrt mit seiner Erklärung weiter fort: „Er… oder meine Familie, Snape oder wer auch immer, hat diese Leute absichtlich dorthin gelockt, um mehr spektakuläre Opfer zu produzieren. Mehr noch. Nun hat er nicht nur Hinweise dafür, dass die Auroren mit den Muggeln unter einer Decke stecken, er beweist auch, dass alle zusammen ausgesprochen feindselig sind. Sie greifen einen Ball an, der Geld für Kriegsopfer sammelt. Tja“, er schnalzte mit der Zunge und erhob einen mahnenden Zeigefinger, um das scharfe Denken, dass ihn zu diesen Erkenntnissen geführt hatte, zu verdeutlichen: „Der erste Teil des Plans war, alle, die ihm im Weg stehen, schlecht zu machen. Der zweite Teil des Planes besteht darin, sich selbst besser dastehen zu lassen. Hast du nicht gelesen? Die Todesser haben die Ballbesucher verteidigt. Wenn du weitergelesen hättest, würdest du lesen, dass sie das auf Vo…. „seinen“ Rat hin getan haben. Nicht auf seinen Befehl, auf seinen Rat.“ Er biss sich auf die Lippen und legte den Kopf schief. Nachdenklich studierte er die vollkommen bestürzte Miene des Mädchens. „Aber … aber … aber … das ist doch kompletter Unsinn. Das kann doch kein Mensch glauben!“ „Warum nicht? Auroren töten wohltätige Menschen. Muggel erhängen Zauberer im Ministerium.“ Er beugte sich nach vorne und deutet auf die Rückseite der Zeitung, wo ein kurzer - weil mittlerweile alltäglicher Bericht- über Muggel zu lesen war, die mit Hilfe von nachweislichen Squibs in das Ministerium eingedrungen waren und dort drei Personen an einem Bürokronleuchter aufgehängt hatten. „Er hat sie schon soweit aufgewiegelt, dass die Leute ihm das glauben. Du siehst, mein liebes Schlammblut… ihr seid auf dem sinkenden Ast.“ „Ach…und das freut dich?“, fuhr sie ihn kalt an. Ebenso kalt wie ihr Blick waren die Schauer, die ihn daraufhin überrollten. „Nein, natürlich nicht. Ich wollte dir den Artikel auch eigentlich aus einem anderen Grund zeigen.“ Er zögerte einen Moment, dann hob er die nach ihm geworfene Zeitung zu seinen Füßen auf und reichte sie ihr zurück, „So?“ Sie riß ihm den Tagespropheten unwirsch aus der Hand, verschränkte die Arme samt Zeitung vor ihrer Brust und wirkte dadurch noch um einiges ablehnender als vorher schon. „Ich höre.“ „Nun ja.“ Er schluckte und versuchte, das, was er sagen wollte, nicht schon wieder beleidigend klingen zu lassen, denn dann konnte er seinen zweiten Diskussionspunkt gleich abhaken. „Du… du glaubst mir immer noch nicht wirklich, was ich über deine Leute sage. Nicht?“ Die Wut in ihrem Gesicht wich und machte etwas Platz, das an Scham erinnerte. Scham, aber auch Angst. Statt einer Antwort sah sie durch die Gitterstäbe des Geländers hindurch zum Gryffindorturm. Draco atmete tief durch. Er rutschte unbehaglich über den Boden, bis er direkt vor ihr saß. Er setzte ein beschwichtigendes Lächeln auf, obwohl sie ihn nicht ansah und bemühte sich, sanft zu klingen, obwohl er wusste, dass sie ihm gar nicht zuhören wollte. Da sie sich selbst sicher für viel zu erwachsen hielt, um sich die Ohren zuzuhalten und außerdem nicht ausweichen konnte, da er ja direkt vor ihr saß, konnte sie ihn nicht ignorieren, als er abermals auf besagten Zeitungsartikel tippte: „Du kannst es nicht mehr leugnen. Deine Leute wussten von einem Treffen und haben dort auch angegriffen. Und wie unglaublich hinterhältig es auch gewesen sein mag, statt neuer Todesser Leute, die nichts damit zu tun haben, dort hinzuschicken … Deine Leute haben diese Menschen vergast und sie haben sich vorher nicht die Mühe gemacht zu überprüfen, wer alles dort ist.“ Hermine schniefte und zog die Knie an die Brust, so dass sie die Zeitung zwischen ihren Beinen und ihrem Oberkörper steckte und Draco glücklicherweise der Anblick seiner Tante, die Seite an Seite mit Snape stand, erspart blieb. „Das gefällt dir wohl, Draco. Was? Da kannst du dich wieder toll fühlen.“ Draco biss sich auf die Lippen und schluckte die wütende Bemerkung hinunter, dass sie mit jeder Sekunde dümmer klänge, da doch selbst sie begriffen haben müsste, dass Voldemort erneut den Tod seiner Familie riskiert hatte. Immerhin war es für seinen Vater zwar vorauszusehen gewesen, dass ein Angriff stattfinden würde, dass der jedoch nicht im Ballsaal, sondern im Garten war, während das Gas in die Halle geleitet wurde, war nichts als ein glücklicher Zufall. Er senkte die Augen und versuchte ihren Anblick im Moment nicht ganz so anziehend zu finden, da ihn das nur ablenken würde. Dieses Thema musste noch warten, es würde im Moment stören. „Nein, es freut mich nicht. Auch meine Familie war dort und hätte getötet werden können.“ „Aber ihr gewinnt!“ Jetzt auf einmal sah sie ihn wieder direkt an. Starrte mit weit aufgerissenen feuchten Augen und zuckenden Mundwinkeln in sein Gesicht, während Vorwürfe und Ängste erneut wie Blitze aus einem Zauberstab aus ihr herausbrachen: „Merkst du es nicht? Das Aurorenbüro wurde geschlossen. Stattdessen haben sie Leute für ihre neue Polizei rekrutiert, die nachweislich Todesser sind!“, schrie sie empört. „Sie trauen euch mehr als uns! Das ist doch Wahnsinn und trotzdem glauben es alle.“ Sie brach ab, atmete heftig und wischte sich mit der Hand über die feuchten Augen, bevor sie ebenso laut, doch nun mit wachsender Verzweiflung fortfuhr: „Ihr gewinnt! Toll für dich. Deswegen zeigst du mir das? Damit ich sehe, dass deine Reinblüterfreunde als Helden der Nation dastehen, während man mich und meine Leute als gemeingefährliche Verbrecher bestenfalls in irgendwelche Lager deportieren wird!“ Draco schloss die Augen und musste daher blind darauf vertrauen, dass er ihren Anblick gut genug in sich gespeichert hatte, als er seine Hand ausstreckte und glücklicherweise tatsächlich ihren Oberarm unter seinen Fingerkuppen spürte, den er mit kreisenden Bewegungen zu streicheln begann. Er hatte ebenfalls gelesen, dass man Todesser als neue Geheimpolizei organisiert hatte. Nach den zahlreichen Muggel-Überfallen in den letzten Monaten, die nun noch durch Massaker seitens der Auroren unterstützt wurden, hatte der Minister drastische Maßnahmen ergreifen müssen. Draco war ebenso wie Hermine klar, dass es dabei nicht bleiben würde. Der Minister galt schon jetzt als unfähig und es war nur zu offensichtlich, wer sich stattdessen als fähiger herauskristallisierte. Derjenige, der in letzter Zeit immer öfter in der Öffentlichkeit gesichtet worden war und zumindest über Dritte Kontakt mit Journalisten hatte, denen er ausrichten ließ, dass man nie wieder Angst vor Neid und Hass der Muggel und Schlammblüter haben müsse, wenn man ihn zu Hilfe rufen würde. Hermine hatte recht. In mehr als einer Beziehung … er war tatsächlich über die aktuelle Entwicklung ein wenig erleichtert. Sollten keine Verzweiflungstaten des Ordens folgen, würden er und seine Familie bald sehr viel sicherer und sehr viel einflussreicher sein. Dennoch … er konnte seine Miene kaum noch kühl und unbewegt halten, als sie sich seiner Hand entgegenschmiegte, statt ihn abzuweisen. „Ich wollte dir keine Angst machen, ich will doch nur, dass du verstehst, dass wir keine schlechteren Menschen sind als der Rest. Wir … naja … wir sorgen für uns. Genau wie deine Leute. Ich meine … sie greifen uns an und wir wehren uns. Mehr ist es nicht. Zumindest nicht bei mir. Du musst keine Angst haben, weil du ein Schlammblut bist. Ich“, er schluckte und hoffte, dass sie im Dunkeln nicht richtig erkennen konnte, wie rot er geworden war, „… passe auf dich auf, solange wir hier sind.“ Sie schnaubte und nun schüttelte sie ihn doch ab. „Ach ja, und warum?“ Ja … warum? Die Antwort auf diese Frage gehörte in der Tat zu Punkt zwei, den er jetzt wohl schneller würde ansprechen müssen, als er eigentlich geplant hatte. Er benetzte seine Lippen und spürte, wie sein Herz immer heftiger gegen seinen Brustkorb pochte. Aber er musste ruhig bleiben. Das eben noch so heftig pochende Herz drohte stillzustehen, als sie ihn mit einer entschiedenen Bewegung von sich wegdrückte und sich erneut hinter der Zeitung versteckte, statt ihn auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen. Er hörte ein leises Schniefen. Vernahm den immer noch ängstlichen Unterton in ihrer bemüht selbstsicheren Stimme. „Damit kommen sie nicht durch. Irgendwas muss man doch tun können. Die können doch nicht weiter Lügen verbreiten …“ Sie grummelte mal diesen, mal jenen empörten Einwand gegen das, was sie gelesen hatte und da jede weitere Zeile sie nur noch wütender machte, bekam ihre Stimme einen zunehmend drohenden Unterton. Passend zu den bösartigen Verwünschungen, die sie gegen die Todesser aussprach, fühlte Draco sich mehr und mehr wie ein Kaninchen vor einer mordlustigen Schlange. Hätte man ihn in diesem Moment gefragt, wäre er wohl nicht mal sicher gewesen, ob er wirklich größer als das Mädchen vor ihm war, denn alles an ihr wirkte so entschlossen und wütend, dass er fast keine Luft mehr hatte, als er sich nach einer Weile später doch endlich traute, die Frage zu stellen, die ihn schon eine ganze Weile beschäftigte: „Gra…Hermine, ich möchte dich etwas fragen. Ich habe über etwas nachgedacht und möchte deine Meinung dazu hören!“ „Hmm?“, brummte sie, ohne auch nur die Augen von der Zeitung zu wenden. Sie rümpfte die Nase, als ob die Lügen, die darin gedruckt waren, selbst noch hier oben einen fauligen Gestank verbreiten würden. Er räusperte sich, hüstelte und atmete tief durch: „Tja, du bist…hmm… ein Schlammblut, aber…öh… also, für ein Schlammblut bist du nicht so schlimm… Nein! Vergiss das. Du bist gar nicht schlimm. Also eigentlich bist du… naja, irgendwie ganz normal und deswegen… also, weil ich mich mit dir auch ganz normal fühle, da dachte ich… also, ich habe überlegt…Ich will mit dir zusammen sein!“ Die Zeitung fiel ihr aus den Händen und das Gesicht einer wie vom Donner gerührten Hermine starrte ihm entgegen. Ihrer Miene nach konnte sie nur glauben, dass sie sich eben verhört hatte. „Was?“, krächzte sie mit einer Stimme, die klang, als ob man mit den Fingernägeln über eine Schiefertafel kratzt. „Wie bitte?“ Draco schluckte und kratzte sich nervös an der Nase. und warf Hilfe suchende Blicke zu dem Gitter, das die ganze Plattform umschloss. Darüber zu klettern und herunterzuspringen schien mit einem Mal eine vernünftige, ehrrettende Idee zu sein. Da es ihn aber immer noch nicht von der Schmach befreien würde, etwas gefragt zu haben, ohne eine Antwort zu bekommen, musste er wohl weitersprechen. „Wir sind ja nicht mehr lange hier und ich rede auch nicht von der Zeit danach. Nur um es klarzustellen. Das ist unrealistisch und ich weiß das. Es ist nur… wir sehen uns jetzt ja auch und ich finde, also, ich finde das eigentlich… nett. Mal abgesehen vom Thema. Aber… also, ich habe dich gerne in meiner Nähe und ich weiß nicht, du kommst ja immer freiwillig. Also, vielleicht geht es dir auch so. Da dachte ich … wieso könnten wir für die restliche Schulzeit nicht ein bisschen mehr draus machen?“ Ihre Augen wurden groß und größer. Ihr Mund stand offen und sie kam nicht einmal auf die Idee, die Zeitung, die ihr aus den Händen geglitten war, wieder aufzuheben. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, ihn fassungslos anzustarren. Er spürte, wie er langsam rot wurde. Zuerst wurden seine Wangen wärmer, dann begannen auch seine Ohren zu brennen, als sie ein fassungsloses „Warum?“ herausquetschte. Draco wollte ihr sagen, wie gerne er sie ansah. Dass er manchmal nur deshalb in die Bibliothek schlich, weil er dort aus einiger Entfernung beobachten konnte, wie sie still da saß und über ihren Büchern brütete. Er hätte ihr sagen können, wie er sich manchmal, wenn er mal wieder irgendeiner stupiden Nachsitzarbeit nachgehen musste, Szenen ausmalte, in denen er mit Hermine gemeinsam in dem Garten saß, den er später einmal haben wollte. Wenn er sehr mutig war, stellte er sich dann auch noch vor, dass seine Eltern ebenfalls da waren und er ihnen selbstbewusst entgegentrat und ihnen verkündete, dass es ihm absolut egal war, was sie von Hermine hielten. In seiner Fantasie sagte er ihnen, dass sie sich um ihre eigenen, zahlreichen Probleme kümmern und ihn und Hermine in Ruhe lassen sollten. Er dachte auch daran, wie niedlich sie aussah, wenn sie den Kopf zur Seite neigte, lächelte und sich eine Locke hinters Ohr strich. Er könnte Hermine auch sagen, wie oft er nachts im Bett daran dachte, dass er sie gerne neben sich gehabt hätte. Er dachte daran, dass sie die Frau war, die ihn nach über zwölfmonatigem Desinteresse wieder zum Masturbieren verleitet hatte. Dass er überhaupt wieder so etwas wie sexuelle Fantasien hatte. Wobei - er biss sich auf die Lippen und senkte unter ihrem strengen Blick verlegen seinen Kopf – sie das vielleicht missverstehen könnte. Nein, das konnte er ihr natürlich nicht sagen. Genau wie er auch alles andere nicht sagen durfte, weil es albern, kindisch und illusionär war und nichts bringen würde. Er mochte von ihr träumen, doch er wusste, dass es absolut undenkbar war, dass diese Träume jemals Realität werden könnten. Zu viel stand zwischen ihnen. Dies alles musste er für sich behalten. Er rutschte noch etwas näher zu ihr, bis er auf Knien vor ihr saß, allen Mut zusammennahm und versuchte, etwas neutraleres, weniger lächerliches, weniger intimes zu sagen. „Ich weiß, wie bescheuert sich das anhört. Aber ich spreche ja nicht von einer festen Beziehung. Du bist ja nun mal ein Schlammblut …“ Hermine zog die Augenbrauen hoch und verschränkte die Arme. „Aha!“ Mist! Das sollte er besser noch einmal umformulieren. Er hob beschwichtigend die Hände und widerstand der Versuchung, noch etwas näher zu rücken, um sie ihr auf die Schultern legen zu können. „Nein, hör zu. Es ist nicht persönlich, es ist nicht gegen dich. Ich … ich mag dich. Wirklich … sehr! Aber trotzdem bist du eben du und ich eben ich und deswegen ist … äh …“ Er hustete nervös, hob sich die Hand zuerst vor den Mund und rieb sich dann über sein Gesicht, als könne er die wirren Gedanken und Bedenken damit einfach wegwischen wie eine Strähne über seinen Augen. „Soweit waren wir schon, Draco.“ Sie schürzte die Lippen und reckte ihr Kinn herausfordernd, so dass er sich wieder ganz klein vorkam, obwohl er doch eigentlich so viel größer war als sie. „Okay!“ Er stieß hart Luft aus, legte beide Hände über seine Augen, legte den Kopf in den Nacken. In dieser Position atmete er noch einmal tief durch und sprach dann, die Hände noch einen Moment auf den Augen, um sie nicht ansehen zu müssen, weiter: „Ich sag jetzt einfach mal ganz ehrlich, was ich denke und was ich will. Ja?“ Er nahm die Hände von den Augen, um sie wieder direkt ansehen zu können. Sie jedoch sah weg, hatte die Knie an die Brust gezogen und kaute nervös auf ihrer Unterlippe. „Gut, Hermine. Es ist so … ich bin sehr einsam im Moment und ich glaube, dass es dir ähnlich geht. Ich bin gerne, sehr gerne mit dir zusammen.“ Nun traute er sich doch, noch ein wenig näher zu rutschen, „Auch wenn ich weiß, dass, äh … es ist ja nicht nur, dass du ein Schlammblut ist. Das wäre ja…“ Er biss sich auf die Lippen und hielt sich davon ab, wieder etwas allzu dummes zu sagen, sondern beeilte sich, das Problem unter einem anderen Gesichtspunkt zu erklären. „Du weißt, was ich bin und was meine ganze Familie ist. Du weißt, wie wir denken und …“ „Immer noch?“ Sie drehte ihm ihr Gesicht zu und durchbohrte ihn mit Blicken die schmerzhafter und durchdringender waren, als jeder Fluch es hätte sein können. „Danach?“ Sie hob ihm die Zeitung mit einem vorwurfsvollen Blick in den Augen unter die Nase. „Ja, immer noch!“ Er drückte die Zeitung energisch herunter, so dass er es zumindest für einige Momente schaffte, ihrem strengen Blick ebenso ernst und eindringlich zu begegnen. „Ich schreibe diese Zeitung nicht und ich bin nicht der Dunkle Lord. Seine Methoden lehne ich ab, die Ziele … hinter denen stehe ich trotzdem.“ Er senkte den Blick auf seine im Schoß gefalteten Hände. „Ich will so nicht leben wie jetzt. Ich will das alles nicht tun und es geht mir nicht gut damit, aber“, er schluckte, zuckte die Achseln und sah sie wieder direkt an. „Ich denke immer noch so. Ich will nicht so weiterleben wie jetzt, aber wenn es wieder so sein könnte wie in meinem vierten oder fünften Jahr … daran hat sich nichts geändert. Ich sagte doch … ich denke über euch genauso wie vorher. Es ist eigentlich nicht mal Hass, es passt nur nicht. Ihr seid anders und ihr gehört nicht hierher. So ist das nunmal. Wir sind anders aufgewachsen und deswegen verstehen Leute wie du unsere Welt auch nicht wirklich. Ich meine … Belfer …“ Er schwieg, als sich ihr Blick von kalt in verächtlich verwandelte. Nochmal tief durchatmen. Die Sache erwies sich als schwieriger als gedacht. Ganz leise und sanft sprach er nun, als ob er die Botschaft, die er zu vermitteln versuchte, somit weniger bitter schmecken lassen könnte. „Trotzdem mag ich dich. Aber es ist ja nicht nur das. Es ist so viel passiert. Die Dinge, die in den letzten Monaten geschehen sind. Uns trennt nicht nur eine unterschiedliche Herkunft, uns trennt ein ganzes Leben. Das kann man nicht ignorieren.“ Wenn er auch innerlich hinzufügte, dass er es gerne versuchen würde. Dass, wenn es denn nur an ihm und seiner Weltanschauung läge, er gerne versuchen würde, mit ihrer Herkunft zu leben. Aber da er wusste, dass er nicht das einzige Problem war, erklärte er stattdessen: „Du wirst nie damit zurechtkommen, was wir alles getan haben, was ich getan habe und was unsere Seite noch vorhat. Ob es dich direkt betrifft oder nicht, das wird immer zwischen uns stehen und du weißt, dass ich es nicht ändern kann und will. Ich werde meine Familie nicht verraten und wenn du ehrlich bist, dann gibt es keinen Platz, wo ich sonst hingehen könnte.“ Er hielt inne und schluckte schwer, als er sah, dass sie geistesabwesend an ihrem Anhänger herumspielte. Er hasste dieses Teil abgrundtief, seit sie ihm letzte Woche gesagt hatte, was es damit auf sich hatte. Wie gerne würde er ihr dieses Ding abreißen und wegwerfen. Doch stattdessen traute er sich, etwas anderes zu tun. Er legte seine Hände auf ihre und hoffte, dass sie nicht merken würde, wie schwitzig seine Handflächen vor Nervosität geworden waren. „Ich will nicht alleine sein. Jetzt, solange wir noch hier in der Schule zusammen sind, will ich nicht alleine sein müssen. Danach“, er zuckte die Achseln. „Keine Ahnung, was danach kommt. Dann sehen wir uns wohl eh nicht mehr. Höchstens … nun ja, im Kampf. Das könnte sein … und dann werde ich immer noch alles tun, was meiner Familie und mir nutzt. Aber jetzt“, er drückte ihre Hände, „jetzt kämpfen wir gerade nicht und ich finde das schön. Ich will dir nichts versprechen und du musst mir nicht sagen, dass du mich magst oder dass ich dir irgendwas bedeute. Ich weiß, das kannst du nicht.“ Sie nickte stumm und Draco musste sich beherrschen, seine Stimme fest und nicht zittrig klingen zu lassen, als sie ihren Anhänger mit einem wehmütigen Blick bedachte und ihre Augen dabei feucht wurden. Seine Hände glitten von ihren Fingern weg, ihre Arme hinauf und streichelten ihre Schultern. Er überlegte, ob er sich vorbeugen sollte, um sie in seine Arme zu schließen, traute sich dann aber doch nicht. Stattdessen ließ er seine Hände nach unten gleiten, bis sie wieder auf ihren lagen. „Ich verlange nichts von dir. Nur ein bisschen Zeit, solange wir hier sind, will ich dich sehen dürfen, ohne dafür einen Grund zu brauchen. Ich weiß“, flüsterte er in beschwörendem Ton, strich ihr eine Strähne aus der Stirn und hoffte, nicht falsch zu liegen, „dass du dich mit deinen Freunden im Moment auch nicht so wohl fühlst. Also, warum kommst du nicht zu mir, statt ständig alleine in der Bibliothek zu sitzen. Ich werde dich zu nichts zwingen, mir kannst du auch alles sagen. Gibt ja eh keinen, dem ich was verraten könnte. Mit mir will ja eh niemand mehr was zu tun haben …“ „Ach, und deswegen willst du mit mir Zeit verbringen? Weil alle anderen dich hassen oder Angst vor dir haben? Weil du dich bei mir ausheulen kannst wie bei der maulenden Myrte?“ Mit einer energischen Bewegung schüttelte sie seine Hände von sich ab. Als wäre er etwas Widerwärtiges. Ein Insekt vielleicht, das an ihr hochzukrabbeln versucht hatte, und jetzt so weit wie möglich weggescheucht werden sollte. Der Anhänger an ihrer Kette glitzerte im Mondlicht, als sie sich nach vorn beugte, um ihn wegzustoßen. „Mir ist schon klar, dass das Schlammblut für dich nur die Notlösung ist, weil nicht mal die maulende Myrte mehr mit dir reden will.“ Hermine bedachte ihn mit einem alles durchbohrenden, prüfenden Blick, der ihn gefährlich an den seines Vaters erinnerte, als er ihn, Crabbe und Goyle den Weihnachtsferien in seinem fünften Jahr giggelnd in seinem Zimmer gefunden hatte und ihn fragte, ob sie heimlich Feuerwhiskey getrunken hätten. Einen Unterschied gab es. Vater hatte recht gehabt, Hermine nicht. Er biss sich auf die Lippen und brach ab. Das Gespräch lief schon wieder in die falsche Richtung. „Stimmt nicht“, bekräftigte er noch einmal, leiser und sanfter, schüttelte seinen Kopf und zwang sich dazu, ihr in die kalten Augen zu sehen, von denen er wusste, dass sie viel lieber jemand anderen als ihn vor sich gesehen hätten. „Das ist … das ist etwas vollkommen anderes zwischen dir und mir als mit Myrte. Es ist …“ Ja, was? Er musste sofort den Mund halten. Oder er würde sich so blamieren wie noch nie zuvor in seinem Leben. „Aber ich liebe dich nicht. Nicht einmal ansatzweise. Ich liebe Ron und dass du ihn mir weggenommen hast, werde ich dir nie verzeihen.“ Er biss sich auf die Lippen und überlegte, an was er denken könnte, um sich abzulenken. Wenn er nämlich jetzt genauer darüber nachdachte, was sie eben gesagt hatte, würde er jede Sekunde die Beherrschung verlieren und etwas sehr Dummes machen. Weinen. Seine Hände schwitzten wieder. Er schluckte die Demütigung ihrer letzten Worte hinunter und versuchte, seine Bewegungen, ebenso wie seine Stimme, geschmeidig zu halten und die Unsicherheit nicht durch Hektik zu zeigen. „Ich verlange nicht, dass du mich liebst. Ich sagte doch, es gibt absolut nichts, was wir gemeinsam haben und ich habe auch keine Lust auf eine Zukunft über Hogwarts hinaus mit dir.“ Er schluckte schwer und versuchte die Frage an sich selbst zu ignorieren, ob dies tatsächlich stimmte. Sie blieb reglos und unbeteiligt. Falls sie überhaupt bemerkt hatte, wie nah er ihr nun war, konnte sie dies sehr gut verbergen. Er saß mit angewinkelten Beinen vor ihr, ihre Beine zwischen seinen Beinen und immer noch hielt er ihre Hände, die sie auf ihren Knien abgelegt hatte. „Ich will einfach nicht alleine sein und du doch auch nicht. Wir können doch einfach Zeit miteinander verbringen und was … weiß nicht … Nettes machen. Nein!“ Er ließ ihre Hände abrupt los, als er ihren entsetzten Gesichtsausdruck sah. „Ich rede nicht von Sex“, log er ein wenig, denn er würde sicher nicht ablehnen, wenn sie ihn darum bitten sollte. Daran war bedauerlicherweise wohl aber nicht im Traum zu denken. Sie wandte die Augen von ihm ab und kaute unbehaglich auf ihrer Unterlippe. Ihre Finger spreizten und ballten sich angespannt. Er atmete tief durch und fasste all den Mut zusammen, der ihm in der Vergangenheit so oft gefehlt hatte. Er zögerte, sah noch einmal verunsichert auf seine Hand, die auf Hermines Knie nervös zuckte, dann wagte er es, hob die Hand und – vor Nervosität benetzte er zuerst seine Lippen und kaute dann darauf - legte ihr die Hand mit sanftem Druck auf die Wange. Schaffte es sogar, ihr mit dem Daumen über den Nasenflügel zu streichen und holte noch einmal tief Luft, um etwas zu sagen, das dem, was er sich eigentlich wünschte, ziemlich nahe kam: „Ich werde vermutlich bald sterben. Du weißt, dass mich das nicht weiter kümmert. Vielleicht sterbe ich auch nicht, dann bin ich eben weiter Todesser und deswegen werden wir nach der Schule doch sowieso keinen Kontakt mehr haben. Ich kann und will nicht die Seiten wechseln und es wäre auch nicht ehrlich, weil ich nicht an Dumbledores Sprüche glaube. Aber von dem abgesehen, von allem abgesehen, was ich je über Schlammblüter und Muggel gesagt habe, mag ich dich! Ich bin gerne, sehr gerne mit dir zusammen und falls du mich auch etwas magst, können wir die Zeit die bleibt, doch auch zusammen sein.“ Er brach kurz ab, schaute ihr erwartungsvoll in die Augen, die ihn unbewegt, doch aufmerksam abschätzten. Immerhin wirkte sie nicht mehr entsetzt oder abweisend. Einigermaßen ermutigt legte er die zweite Hand an ihre andere Wange. Schwerer und bedrohlicher als alles, woran er im Moment denken konnte, war es, sich einfach ein bisschen weiter vorzubeugen, sie an sich heranzuziehen und seine Stirn gegen ihre zu legen. Er spürte ihre Hände auf seinen Armen. Sie zog ihn nicht näher heran, stieß ihn aber auch nicht weg. Hielt ihn nur und lauschte den nächsten sanft geflüsterten Worten: „Ich war gerne mit dir im Wald. Weißt du? So was können wir doch noch mal machen. Ich will nicht immer an all den Tod um mich herum denken, ich will noch einmal etwas Schönes haben. Also… können wir uns einfach sehen, ich dränge dich zu nichts, und Zeit zusammen verbringen, in der sich nicht alles um Todesser, den Orden und all das dreht? Willst du nicht auch manchmal raus und einfach…weg…weg von all diesem Tod?“ Er konnte ihre Locken an seiner Stirn spüren, fühlte ihr weiches Haar, durch das seine Finger glitten und roch den süßlichen Geruch der Bananen, die sie vorhin gemeinsam gegessen hatten. Von ihr kam gar nichts. Verunsichert über ihre Passivität, zog er sich wieder zurück und rutschte ein wenig nach hinten. Sie sah wieder durch ihn hindurch, als ob er gar nicht da wäre und schon wieder umklammerten ihre Finger den Weasley-Anhänger. In diesem Moment beschloss er, dass er wirklich schon genug andere Probleme hatte, als dass er sich hier noch weiter demütigen müsste. Er hatte viel mehr vor ihr offenbart, als er vorgehabt hatte. Er hatte sich zum Trottel gemacht, indem er rührselig über Dinge geredet hatte, die sie anscheinend nicht im Mindesten interessierten und hatte es ihr sogar ermöglicht zu sagen, dass er ihrer Meinung nach nie an das Wiesel heranreichen würde. Er seufzte und sah über den Rand des Turmes. Er saß nicht nahe genug an der Brüstung, um direkt hinunter auf den Boden sehen zu können. Weit oben wie sie waren, sah er dennoch die in ein dunkles Blau und Schwarz getauchte Landschaft von Hogwarts um sie herum. Kalter Wind wehte erneut durch sein Haar und auch wenn er es nicht hörte, wusste er doch, dass derselbe Wind, der ihn hier oben zum Frösteln brachte, dafür verantwortlich war, dass die Bäume dort unten erzitterten. Blattlos, schutzlos, der Kälte der Welt ausgeliefert. Genau wie er. Aber die Bäume waren klüger. Sie liefen der Kälte immerhin nicht freiwillig nach und waren dann enttäuscht, wenn der Winter sie gefrieren ließ. Im Gegensatz zu ihm. Er saß hier aus freien Stücken mit einem Mädchen, das er zwar auf eigenartige Weise mochte, die ihn jedoch verachtete und sich überhaupt nur aus Mitleid und vermutlich auch zu Spionagezwecken mit ihm traf. „Dann halt nicht. Ich geh jetzt. Du kannst die Zeitung behalten.“ Ohne Hermine eines weiteren Blickes zu würdigen, stand er auf, nahm seine Tasche, in die er ihre Verpflegung eingepackt hatte, und eilte zur Treppe. Er hörte hinter sich etwas rascheln. Kurz darauf Schritte, die ihm auf der Treppe nachgingen. „Draco!“ Er biss sich auf die Lippen und ging weiter. Sich vor Pansy zu blamieren, war eine Sache gewesen. Pansy war reinblütig, Slytherin und war fast vier Jahre lang seine Freundin gewesen. Von einem Schlammblut zurückgewiesen zu werden, war jedoch etwas anderes. „Jetzt bleib doch mal stehen.“ Seine Hände klammerten sich um das Geländer, als er sich unweigerlich daran erinnerte, wie sie ihn nach Weihnachten die Treppe des Wurmlochs heruntergeschleudert hatte. Sie würde ihn nicht wieder zu Fall bringen. „Jetzt … Draco … jetzt bleib doch mal stehen!“ Sie hatten bereits die Hälfte der Wendeltreppe hinter sich gelassen, als er ihre Hand, die ihn festhielt, an seinem Kragen fühlte. „Sieh mich an!“ „Las mich los!“ „Draco … es ist doch nur. Ron … Komm. Bitte… sieh mich an“ Mit aller Mühe konnte er sich ein kindisches „Mag aber nicht“ verkneifen. Widerwillig drehte er sich tatsächlich zu ihr um. Sie stand zwei Stufen höher und war deshalb auf gleicher Augenhöhe mit ihm. Tränen glitzerten in ihren Augen. Na toll … nun hatte er sie dazu gebracht, um Weasley zu weinen. Er verdrehte die Augen, schüttelte abwehrend den Kopf und wollte sich schon wieder umdrehen, doch diesmal war sie schneller und bekam nicht seinen Kragen, sondern mit beiden Händen seinen Arm zu fassen. „Ich will das jetzt sagen, und du wirst mir zuhören!“ Er bedachte sie mit dem bittersten Blick, zu dem er imstande war und fragte sich, ob sie, die genau neben einem kleinen Fenster stand, sein Gesicht, das im Dunkeln lag, überhaupt sehen konnte. „Also okay, hör zu, Draco! Ich… es ist schwer. Ich meine, es ist schon schwer genug, überhaupt mit jemand anderem zu reden. Und dann auch noch ausgerechnet mit dir und …“ Sie zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich weiß nicht, wie ich damit zurechtkomme.“ Irrte er sich, oder wurden ihre Wangen wirklich ein wenig dunkler? Die Verachtung war aus ihren Augen gewichen. Ebenso wie sich ihr Griff um seinen Arm lockerte, sie ihn nur noch hielt, ohne ihn zu bedrängen, wurden auch ihre Augen weicher und freundlicher. „Ich … ich bin gerne mit dir zusammen und ich denke ich habe recht gut verstanden, was du meinst. Es ist doch nur ... es ist, als würde ich Ron mit seinem Mör… naja … mit seinem schlimmsten Feind betrügen. Verstehst du das nicht?“ Doch, das verstand er. Das war zwar wesentlich freundlicher als ihre kalten Augen von vorhin. Die Botschaft war aber dieselbe. Zu seiner größten Überraschung lächelte sie und ließ seinen Arm los. Misstrauisch betrachtete er Hermine, die ihre Hand seinen Arm aufwärts gleiten ließ und dann auf seiner Schulter verharrte. Sie legte ihm ihre andere Hand auf die andere Schulter und einen albernen Moment lang dachte er, dass er die Hände vor seinem Schoß falten sollte, da sie offensichtlich „Räuberleiter“ mit ihm spielen wollte. Aber das wollte sie natürlich nicht. Stattdessen fuhren beide Hände mit sanftem Druck sein Schlüsselbein entlang, und glitten weiter nach oben – Draco wäre vor Schreck über diese unerwartet intime Berührung fast nach hinten die Treppe hinuntergekippt – und blieben auf seinen Wangen liegen. Sein Gesicht in ihren Händen, sie nun mehr nur noch eine Stufe von ihm entfernt, war sie unangenehm nahe. Sicher, er war ihr vorhin noch näher gewesen. Da wusste er aber auch, was er zu tun hatte, zumindest, was er tun wollte. Ging die Initiative aber von ihr aus, konnte er nichts anderes tun, als sich nervös die Lippen zu lecken und so etwas wie einen herablassenden Blick zu versuchen. „Was ist denn?“, fragte er mit einer Stimme, die eher an ein verschrecktes Kaninchen als an den hochmütigen Draco erinnerte. Sie musste dasselbe denken wie er, denn ihr Mund kräuselte sich für Sekunden zu einem amüsierten Lächeln. Doch dann schüttelte sie sich und das Lächeln verschwand. Sie atmete tief durch und ihr Mund wurde so gerade und ernst wie ihre Stimme, die Draco zum Schlucken veranlasste, da solch ein ernster, vernünftiger Ton bisher immer andeutete, dass etwas Unangenehmes folgen würde. „Ich habe nicht nein gesagt.“ Ach? Sondern? Er runzelte die Stirn und spürte, wie sich die Haut über seinem Nasenbein kräuselte. Was sollte er jetzt dazu sagen? „Ach… äh… was hast du denn dann gesagt?“ „Ich weiß nicht. Ich hab gesagt, dass ich es nicht weiß.“ Draco biss sich auf die Lippen, verdrehte die Augen nach oben, wie er es immer tat, wenn er scharf über etwas Unlogisches nachdenken musste. „Tja, und … was sagt mir das jetzt?“ Ihre Mundwinkel hoben sich. Ob es ein Lächeln wurde, konnte er nicht mehr erkennen, da ihr Gesicht mit einem Mal viel näher war. Ihre Hände pressten sich an seinen Hals und eine Schrecksekunde fürchtete er, sie würde versuchen, ihn zu erwürgen. Einen Moment später, als er ihre weichen Locken auf seiner Stirn fühlte, wusste er jedoch, dass sie nur Halt suchte, um nicht nach vorne zu kippen. Sie kippten nicht. Stattdessen zog sie ihn zu sich hoch auf ihren breiteren Treppenabsatz. Entweder war sie kräftiger, als er es von so einer kleinen Person erwartet hätte, oder seine Knie waren wirklich so weich. Jedenfalls drückte sie ihn mühelos gegen die Wand. Ihre Arme um seinen Hals, seine Hände um ihre Schultern und ihr Gesicht so nah, dass ihre Locken auf seiner Haut kitzelten. Sein Herz pochte so heftig, dass sie es gegen ihre Brust schlagen fühlen musste, als er sie an sich zog. Er schloss die Augen und ließ es geschehen. Xxx Sie trafen sich im Keller. Nicht in den Slytherinkerkern. Es wäre zu auffällig gewesen, wenn sich so viele Schüler dort unten herumgetrieben hätten. Harry hatte stattdessen Dobby um Hilfe gebeten, einen Raum zu finden, in dem man dieses Treffen abhalten konnte. Harry erklärte dem Elf, dass der Raum der Wünsche leider keine Option mehr sei, da Draco Malfoy – Dobby schauderte fast ebenso heftig, als hätte Harry Voldemort selbst erwähnt - diesen Raum kannte und sicherlich auch seinen Freunden davon erzählt hatte. Sie brauchten einen Ort, der, wenn er schon nicht die magischen Eigenheiten wie der Wunschraum aufwies, so doch ebenso geheim und schwer zu erreichen war. Vor allem aber einen Ort, an dem sich Slytherins nie aufhalten würden. Dobby hatte daraufhin gelächelt, Harry an der Hand genommen und ihn hier herunter geführt. Man hätte es als den Schlafsaal der Hauselfen bezeichnen können, doch hätte das einen falschen Eindruck von Ruhe und Entspannung vermittelt. Wäre Hermine gefragt worden, woran sie dieser Ort erinnerte, hätte sie nichts anderes als „an eine Müllhalde“ erwidern können. Nicht nur, dass es hier unten muffig, voller Ungeziefer und Dunkel war, es stank auch noch atemraubend nach dem Schmutz der Tausenderschaft von schmutzigen Putzlappen und Abfalleimern, die den Elfen als Bettstatt dienten. Der Raum war groß, dennoch vermittelten die altersgrauen, von Schimmel überwucherten, fensterlosen Wände den beklemmenden Eindruck von Enge und Tod. Hermine war empört. Die Elfen lebten hier unten nicht, sie vegetierten. Toiletteneimer – schlecht gereinigte wohlgemerkt - standen Seite an Seite mit Eimern, in denen abgestandenes Wasser vor sich hin müffelte. Hermine hielt sich die Hand vor die Nase, als sie sich vorsichtig ihren Weg durch die Lumpen bahnte, um zu der nicht ganz so überwucherten Stelle am anderen Ende des Saales zu gelangen. Es würde sie nicht wundern, wenn der eine oder andere übermüdete Elf nachts, wenn er zu einem Auftrag gerufen wurde oder abgekämpft und halb tot in sein Nest fiel, die Toiletten mit den Wascheimern verwechselte. Ekelerregend. Das beklemmende Gefühl verstärkte sich und drückte ihren Magen zusammen. Sie würgte und fühlte Schwindel aufkommen, als Harry vor ihr die Fackeln an den Wänden entzündet hatte. Es war nun nicht mehr ganz so dunkel, dafür sah man den Dreck nur umso deutlicher. Ein angewidertes Raunen schwoll hinter Hermine an. Es war eine Sache, den schweren, muffigen Gestank nur zu riechen und hier und da im schwachen Licht des eigenen Zauberstabes einen dreckigen Lumpen zu erkennen, den Dreck den grünbraunen Schimmel an den Wänden und die vergammelnden Essensreste in vollem Licht zu sehen, war etwas anderes. Wieso, bei Merlins Bart, lebten die Elfen in so einem Drecksloch? Ihr Lebenszweck bestand doch darin, für andere zu kochen, zu putzen und ihnen das Leben angenehmer zu gestalten? Wieso dann diese Verwahrlosung? Eine schrille Stimme kreischte. Hermine fuhr erschrocken herum und richtete ihren Zauberstab in Richtung Schrei. Genau wie alle anderen DA-Mitglieder im Raum, senkte sie ihre Waffe jedoch sofort wieder, als sie die angewiderte Lavender sah, die mit ekelverzerrter Miene von einem Bein auf das andere hüpfte. „Kakerlaken … Ich habe Kakerlaken gesehen.“ „Ignoriere sie einfach. Wir sind die DA und keine Kammerjäger“, entgegnete Harry, der bereits den freien Fleck erreicht hatte und gemeinsam mit Neville die Zauberstäbe kreisen ließ, um mehr Platz zu schaffen. Luna stand an der Wand gelehnt neben ihnen und hielt sich mit verzücktem Lächeln etwas vor die Augen, das Hermine verdächtig an ein vergammeltes Hasenfell erinnerte. Sollte sie sich nicht täuschen, könnten die beiden länglichen Dinge, an denen Luna den Lappen hin und her schwang, die Ohren gewesen sein. Sie schüttelte den Kopf und beschloss, Luna nachher ganz sicher nicht zu fragen, was sie da gerade getan hatte. Stattdessen beschloss sie, wütend darüber zu werden, dass die Elfen von der ach so moralischen Zauberergesellschaft so ausgenutzt wurden, dass sie weder Zeit noch Kraft aufbringen konnten, die mindesten, hygienischen Standards für sich selbst zu erfüllen. Angekommen. Rings um sie herum herrschte nun reges Treiben. Jeder suchte sich irgendwelche freien Zentimeter, wo er einen der herumliegenden Gegenstände in eine Sitzgelegenheit verwandeln konnte. Es war so geplant. Harry, sie, Neville und Ginny würden grob ihren Plan erklären, die anderen DA-Mitglieder, alle wohlgemerkt, auch diejenigen, die mittlerweile die Schule beendet hatten, sollten zuerst ihre Verschwiegenheitspflicht erneuern und dann einfach zuhören. Es gab ja gar nicht so viel zu tun. Eben das war ja der Plan. Darin bestand die Gefährlichkeit des Ganzen. Hermine sah die Sache so: Sie hatte keine Lust von irgendjemandem irgendwohin deportiert zu werden oder Selbiges bei anderen Menschen zuzulassen. Wenn Voldemort einen Plan hatte, dann mussten sie auch einen haben. Hermine trippelte mit vorsichtigen Schritten durch eine Landschaft, die aus schmutzigen Abwischlumpen, benutzten Taschentüchern, blutigen Mullbinden und etwas, dass im Dunkeln durchaus als Toilettenpapier durchgehen konnte, bestand und rümpfte die Nase. „Du, Ginny“, fragte sie das Mädchen, das gerade einen der schmutzigen Lumpen in einen nur geringfügig saubereren Stuhl verwandelt hatte, und nun den Zauberstab hob, um das gleiche für Hermine zu tun. „Was denkst du, ob die anderen nachher mitmachen? Hier sieht es ja entsetzlich aus, ich will es hier etwas netter machen …“ Ginny wich ein wenig nach hinten, als habe sie Angst, dass Hermines Ansichten ansteckend sein könnten und quetschte ein entsetztes „Wie bitte?“ heraus. Hermine zuckte die Achseln und setzte sich neben Ginny. „Sieh dich doch mal um hier!“ Hermines Hand vollführte eine umfassende Geste durch den Raum. „Hier sieht es doch aus wie in der Kanalisation. Hier kann doch niemand wohnen. Die werden doch nur alle krank hier.“ Ginnys verständnislosem Schulterzucken zum Trotz fuhr Hermine beflissen fort. „Wir könnten, wir könnten …“ Hermine kratzte sich am Kinn, dann, als ihr der rettende Gedanke gekommen war, streckte sie den Finger in die Luft, als wäre sie in einer Schulstunde und Ginny die Lehrerin, die sie aufrufen sollte. „Ich weiß es. Also pass auf. Wir werden doch jetzt sicher nicht so lange brauchen. Dürfen wir ja gar nicht. Wenn wir hier fertig sind, dann geht der größte Teil ja wieder hoch, aber wir könnten hier unten noch ein wenig aufräumen und putzen.“ Hermine strahlte und faltete die Hände vor der Brust. „Das ist doch genial, oder? Während sie für uns putzen, putzen wir für sie.“ Hermine biss sich vor Aufregung auf die Lippen, zähmte nur mühsam ihre eifrige Stimme und flüsterte in verschwörerischem Ton: „Falls sie uns beobachten, das kann man ja nie wissen. Wir haben dann doch gleiche eine spitzen Ausrede, was wir hier unten gemacht haben.“ „Aber das würde man doch keinem hier glauben“, schaltete sich Harry ein, und beugte sich leicht zu Hermine hinüber, um besser mit der neben ihr sitzenden Ginny reden zu können. Er schenkte Hermine einen nachdenklichen Blick. „Naja, wir könnten ja sagen, dass wir Hermine gesucht haben, um sie hier rauszuholen.“ „Eher, um sie von etwas abzuhalten“, beteiligte sich nun auch Lee Jordan am Gespräch, der an der Seite der Zwillinge zu ihrer Schwester getreten waren. „Von einer Befreiungsaktion oder so …“ Hermines Blick verfinsterte sich. Ihre Mundwinkel sanken herab, die Augenbrauen zogen sich gefährlich zusammen und ihr Mund war praktisch gar nicht mehr vorhanden. Fred zuckte mit den Achseln und hob eine Hand, als würde die Logik des Einwands darauf liegen. „Wirklich, Hermine, wir wissen, du meinst es gut. Aber die Hauselfen würden das nicht wollen. Sie wären nur gekränkt.“ Hermine knurrte verärgert, verschränkte Arme und Beine und kapitulierte. Vorerst. Da es eh vergeblich schien, Ginny, Fred und George die Dringlichkeit ihres anderen Planes näher zu bringen, es zudem mehr als unangenehm war, unter diesen Umständen von soviel „Weasley“ umgeben zu sein, erlaubte sie sich, untätig die Beine auszustrecken und ihre Gedanken zurück zu Draco wandern zu lassen. Was Ginny und ihre Brüder wohl sagen würden, wenn sie von dieser Freundschaft wüssten? Wo er doch dabei gewesen war, als … Hermine biss sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf. Sie presste die Augen zusammen, legte die Hände an die Schläfen und wischte sich fahrig über das Gesicht. Eine Geste, die ihr immer wieder dabei half, die Gedanken an Ron wegzuwischen und zurück in die Verdrängung zu verbannen. Sie hatte beschlossen, dass sie eine Trauerpause einlegen würde. Zumindest, bis das alles hier vorbei war und es keinen Malfoy mehr gab, der … aber nein … Nein! Nein! Nein! So hatte sie das doch nicht gemeint. Malfoy, Draco, es sollte Draco natürlich weiterhin geben. Natürlich sollte ihm in diesem Krieg nichts geschehen. So wollte sie es denken … Sie wollte die Gedanken an Ron verdrängen, bis sich ihre und Dracos Wege trennten, wenn sie die Schule verließen. Tja, aber was würde sie bis dahin machen? Hermine konnte nicht umhin zuzugeben, dass sie nicht ungern in seiner Nähe war. Er war vielleicht so verrückt wie fünf Furien auf Belladonna gemeinsam, doch er hatte durchaus seine lichten Momente, in denen er für seine Verhältnisse überraschend nett sein konnte. Gerade zu ihr. Auch wenn er mal nicht ganz so nett war, konnte sie doch direkt aus dem Stand fünf Vorfälle oder Taten von Draco aufzählen, die er wirklich nur ihr zuliebe begangen hatte. Dieses alberne, sinnlose Telefonbuch zum Beispiel. Hermine nickte nachdenklich und konnte Sekunden später ein lautes Auflachen nur verhindern, indem sie schnell die Hand auf den Mund presste, als sie daran dachte, wie Draco gestern Abend, nach dem … nach dem Turm versucht hatte, mit Hermine fernzusehen. In den Fluren standen ja immer noch die Muggelgeräte herum, die McGonagall zur Ansicht hatte aufstellen lassen. Er hatte einen Fernseher in eine Besenkammer geschleppt und ein Stromkabel besorgt. Er hatte wohl erfahren, dass beides irgendwie zusammenhing. Da er jedoch weder von Anschlüssen – die es in Hogwarts eh nicht gab - noch von Strom irgendetwas verstand, hatte er zuerst mit dem Stromkabel auf den Fernseher eingedroschen und danach die Fernbedienung angebrüllt. Sicher … als das auch nicht klappte, hatte er Fernseher samt Bedienung in seine Einzelteile zertreten. Das war dann eigentlich schon wieder etwas gruselig anzusehen gewesen. Dennoch … die Idee war nett. Auch die regelmäßige Aftershavedusche, bevor sie sich trafen, war sicherlich gut gemeint. Hermine grinste in sich hinein und rieb sich versonnen die Nase, während sie sich Dracos penetranten Parfümgeruch zu vergegenwärtigen suchte. Harry neben ihr kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe, während sein Blick durch die Menge schweifte. „Alle da, nicht? Ich denke, wir sollten anfangen.“ Hermine nickte und atmete tief durch. Nur, um sich Sekunden später hustend und prustend zu würgen und sich die Hände vor den Mund zu halten, um den Brechreiz zu unterdrücken. Gerade hatte jemand einen ganzen Berg alter Lappen zur Seite schweben lassen und zu einem Berg angehäuft, von dem das kräftige Aroma frisch gefüllter Windeln ausging. „Sollten wir nicht noch vorher etwas gegen den Gestank machen?“, krächzte sie heiser. Neville, der auf einmal hinter ihr stand, grunzte etwas Unverständliches, das wie „bitte“ klang und drückte ihr eine Cremetube in die Hand. Hermine drehte sich verwirrt um und erwischte ihn mit einem Finger in der Nase. Neville grinste verlegen, zog den Finger aus dem Nasenloch und wischte ihn etwas unbeholfen an seiner Hose ab. „Probier es“, sagte er, und deutete auf die Tube. „Das ist komprimierter Paradiesblumenduft. Hab ich gestern mit Professor Sprout gemacht. Man fängt den Duft der Blumen ein, presst ihn zusammen und vermischt ihn mit Hautcreme. Du musst es dir vor und in die Nasenlöcher schmieren und du riechst gar nichts mehr von all dem Schmodder, sondern nur noch frisch geschnittene Blumen.“ Hermine seufzte und drehte die Tube nachdenklich in ihrer Hand hin und her, dann nickte sie dankend, drehte sich wieder um und während sie die Tube öffnete, hörte sie Neville hinter sich etwas Angewidertes ächzen, als Ginny einen weiteren Lappen in einen Stuhl verwandelte. Sie schüttelte den Kopf voller Unverständnis, tauchte den Finger tief in die Paste und beschloss, die anderen nicht eher gehen zu lassen, bevor sie gegen den Gestank und den Dreck hier unten etwas anderes als Salbe und Verwandlung wussten. Und wenn nicht, dann würde sie eben alleine aufräumen. Genau! Sie war eine moralischere Person, sie hatte ein Gewissen. Sollten diese herzlosen, oberflächlichen Salbenstreicher doch machen, was sie wollten. Nein, sollten sie nicht. Sollten sie zuerst machen, was sie wollten und dann vor schlechtem Gewissen zergehen. Wenn sie schon freiwillig kein schlechtes Gewissen haben würden, dann … Hermine verschränkte trotzig die Arme und atmete tief das frische Aroma der Paradiesblumen ein … Sie würde nicht eher ruhen, bis alle hier erkannten, dass es nicht richtig war, Hauselfen in mehr Schmutz und Dreck zu halten, als man es auch nur einem Nutztier im Stall zumuten würde. Das würde sie auch Draco sagen. Genau. Egal ob ihn das interessierte oder nicht. Sie hatte ihm bereits einiges von ihrem geplanten zweiten Buch erzählt und bisher hatte er ihr noch nicht widersprochen. Gut, das hatte sie getan, während sie seinen Rücken massiert hatte und sie war nicht wirklich sicher, ob er überhaupt wach gewesen war, aber egal. Er würde diesbezüglich noch einiges von ihr zu hören bekommen. Er und der Rest der magischen Welt. Im Geiste ging sie bereits die aufrüttelnden Zeilen durch, die sie nach dem Treffen zu Papier bringen wollte und beglückwünschte sich dazu, ein weiteres Kapitel für ihr Buch gefunden zu haben. „Sonorus. Könnt ihr mich alle hören?“ Hermine zuckte zusammen und kippte vor Schreck fast vom Stuhl, als ihr Harrys magisch verstärkte Stimme entgegenschlug. Jetzt erst bemerkte sie, dass er nicht mehr neben ihr saß, sondern sich stattdessen auf seinen Stuhl gestellt hatte und der im Halbkreis vor ihm sitzenden, knienden und stehenden Menge ein lautes „Hey!“ zurief. Ginny beugte sich über Hermine hinweg und gab Harry ein Zeichen, der nickte daraufhin und vollführte mit seinem Zauberstab eine reisverschlussartige Bewegung. Im Bruchteil einer Sekunde erstarben sämtliche Hintergrundgeräusche, dann, kaum einen Herzschlag später, wurde das Gemurmel durch das Gepolter und Geklopfe der magisch zum Schweigen gebrachten, ärgerlichen Menge ersetzt. Harry grinste schief und zuckte die Achseln. „Ruhe jetzt. Ihr sollt zuhören, das ist jetzt wirklich wichtig, ich … äh … George!“ Harry duckte sich schnell und wich auf diese Weise Georges Schuh aus, der wie ein Geschoß über seinen Kopf hinweggeschnellt war, einen Halbkreis beschrieb und dann wie an einem Gummiband gezogen zu George zurückschnellte. Diesmal traf er Harry. „Au!“ Er schnaubte halb verlegen, halb verärgert und rieb sich mit verdrießlicher Miene den Hinterkopf. „Jetzt lasst doch mal den Scheiß. Ich nehme den Bann gleich wieder weg. Aber zuerst will ich das hier sagen. Weil es eben wirklich … äh … wichtig ist.“ Harry biss sich auf die Lippen und verzog das Gesicht. Fred streckte den Finger in seine Richtung und machte eine rüde Geste, um seinem Unmut über den auf ihn gelegten Schweigebann Luft zu verschaffen. Lee Jordan ließ sich mit ausgebreiteten Armen nach hinten fallen und gab vor zu schnarchen, während Michael Corner einen Stift sowie Pergament aus seiner Tasche geholt hatte und irgendetwas drauflos kritzelte. Dem verträumten Blick in Richtung Ginny nach schrieb er wohl nicht die aktuellen Ereignisse mit. Ginny verschränkte die Arme, knuffte Harry über Hermine hinweg gegen das Bein und bedeutete ihm mit ausgestrecktem Arm in Richtung Menge, sofort weiterzusprechen. Hermine versuchte dasselbe sanfter, nur mit einem ermutigenden Lächeln, auszudrücken, während Neville, der auf der anderen Seite neben Harry saß, mit leerem Blick auf seine im Schoß gefalteten Hände starrte. Harrys Blick war entschlossen, doch irgendwie leer. Es fehlte etwas, es fehlte das Leben darin. Er war entschlossen, er hatte gemeinsam mit ihr, Ginny und Neville einen Plan ausgearbeitet und er war mutig genug, das zu tun, was getan werden musste. Aber er lebte dabei nicht, er funktionierte nur. Hermine wusste, was ihm das Leben genommen hatte. Und so wie sie die Einsamkeit in Harrys Augen sah, stach das schlechte Gewissen wie ein glühendes Eisen in ihre Magengrube. Vielleicht umso scherzhafter, weil sie wusste, dass sie sich zu trösten wusste. Sie fand Trost, in dem sie einen von Rons Mördern, irgendwie zumindest, in ihre Gefühle und in ihr Denken gelassen hatte. Harry war nicht gut darin zu trauern. Ebensowenig wie Hermine war er dazu erzogen worden, solche Gedanken zu äußern. So hatte er wohl beschlossen, die traurigen Gedanken darüber, dass Neville und Ginny gemeinsam den Freund Ron nicht einmal ansatzweise ersetzen konnten, wegzuschieben, und stattdessen einfach weiter im Leben fortzufahren. „Wir müssen uns beeilen. Es gibt einen Grund, warum wir das hier erstmal nur unter uns, ohne die anderen Phönixmitglieder besprechen wollen. Wenn wir zu lange fehlen, erregen wir Verdacht. Nicht nur bei unseren Leuten, auch bei der anderen Seite. Ihr wisst, wovon ich spreche: Malfoy. Er mag komplett verrückt sein, aber er kann immer noch reden, schreiben und Nachrichten übermitteln. Wir wissen nicht, wie er es tut, aber er tut es.“ Alle Augen waren nun wieder auf Harry gerichtet. Gut so, denn ansonsten hätten sie sich darüber gewundert, dass Hermine puterrot im Gesicht war und aussah, als würde sie gerade an einem Kloß im Hals ersticken. Aber es sah sie niemand an, und so konnte Harry mit fester, sicherer werdender Stimme weitersprechen. „Wir werden uns beizeiten um Malfoy kümmern. Im Schloss ist es jedoch ungünstig. Lasst es uns doch schlechte Publicity nennen. Es ist schlecht für unser Image, wenn wir den Sohn eines so ehrenvollen Mannes wie Lucius Malfoy sterben lassen. Zumindest, solange er hier ist. Wir werden dafür sorgen, dass er schweigt, sobald wir ihn außerhalb des Schlosses erwischen.“ Hermines Fingernägel bohrten sich in ihre eigene Hand. Hauselfen … sie musste jetzt unbedingt über die Hauselfen nachdenken. Sonst würde sie schreien. „… damit kommen wir auch schon zum Grund dieses Treffens. Die Todesser sind mächtig und beliebt wie nie. Sie schaffen es nicht nur, all ihre gefälschten Attentate Muggeln und ihren Sympathisanten, sprich, Schlammblütern, anzuhängen, sie sorgen auch durch ihre gefälschten Hilfs- und Mitleidssprüche dafür, selbst immer beliebter zu werden. Hier!“ Er hielt die Ausgabe des Tagespropheten hoch, die Hermine in der gestrigen Nacht zusammen mit Draco gelesen hatte, und deutete auf die reißerischen Schlagzeilen, die Voldemorts Lügen bereits von de ersten Seite herunter auf die magische Gemeinschaft schrien. „Voldemort lässt sich mittlerweile selbst als Retter darstellen. Er behauptet nicht nur, dass er seine Todesser angewiesen hat, Zauberer vor Muggeln und Schlammblütern zu schützen, er wird selbst immer öfter in der Öffentlichkeit dabei gesehen, wie er angeblich feindliche Angriffe niederkämpft.“ Harry warf der Zeitung einen Blick zu, der nicht angewiderter hätte sein können, wenn er statt des Propheten eine benutzte Klopapierrolle in den Händen gehabt hätte. „Wäh!“ Er schleuderte die Zeitung in hohen Bogen weg. Sie landete knapp vor Dean Thomas, der darauf ein wenig näher zu seinem Freund Seamus rückte. Er wollte sich wohl nicht beschmutzen lassen. „…unsere aktuelle Politik zielt darauf ab, die Todesser so effektiv wie möglich zu bekämpfen, bevor sie die Macht an sich reißen können. Nun, deswegen sind wir hier. Ich denke nicht, dass das alleine der richtige Weg ist.“ Hermine verzog das Gesicht und verkniff sich dazwischen zu rufen, dass es eigentlich ihre Idee gewesen war, den Plan etwas abzuändern. Aber egal, sie hatte nachher noch etwas reichlich Unangenehmes vorzutragen und war froh, nun erst einmal Harry weiter zuhören zu können. „… zunächst einmal. Wir können nicht weiter zulassen, dass Leute wie Malfoy, Lestrange und“, er holte, tief durch die Nase Luft und schnaubte den Namen hart aus, als wären Krankheitserreger darauf behaftet, „Snape weiter ungestraft ihre Lügen verbreiten, die dieses Pack in gutem Licht und uns als Gefahr dastehen lassen. Wir müssen jetzt selbst viel, viel, viel aggressiver in die Öffentlichkeit gehen. Äh …NEIN!“ Er warf die Hände hoch und drückte sie dann stoßweise nach unten, als würde er diejenigen, die vor ihm aufgesprungen waren und wütend ihre Fäuste schüttelten, wirklich festhalten können. „NEIN! Nicht so … ich meinte… wir müssen auch in der Zeitung stehen. Nicht so wie bisher. Wir müssen auch unseren Standpunkt darstellen und den Todessern ganz offen ins Gesicht sagen, dass sie lügen. Wir konfrontieren sie mit ihren Ungereimtheiten… all die Jahre des Terrors… die können sich nicht hinstellen und behaupten, dass wir das alles falsch verstanden haben. Aber wir müssen es friedlich machen. Am besten, wenn sie dabei sind.“ Mit einem Mal war alles still. Harry warf Hermine einen Hilfe suchenden Blick zu. Die kaute immer noch angespannt auf ihrer Unterlippe, nestelte nervös an den Ärmeln ihres Umhangs herum und doch schaffte sie es, ihm halbwegs überzeugt zuzunicken. „…ja also…“ Er räusperte sich und sah sich etwas verwirrt um. Dann, er rollte die Augen, streckte er die Hand in Richtung Luna aus, die einige Meter vor ihm auf dem Bauch lag, die Zeitung auf den Kopf gedreht hatte und mit verträumter Miene kopfüber baumelnden Snape betrachtete, der sich tatsächlich für den Artikel fotografieren gelassen hatte. Hermine fragte sich, ob das nur eine optische Täuschung war, oder ob dem Foto-Snape wirklich der Umhang über den Kopf gerutscht war. Falls ja, wollte sie lieber nicht wissen, was genau Luna zu den wohligen Seufzern brachte, die sie ständig von sich gab. Aber jetzt blickte Luna auf, nickte, als sie verstanden hatte, was Harry wollte und warf die Zeitung zurück zu ihm. Geschickt, wie er als Sucher eben war, fing er sie auf und wedelte erneut mit dem Beweisstück durch die Luft „Sie inserieren schon. Die Todesser inserieren sogar schon in der Zeitung für ihre nächsten Aufklärungsabende. Das ist so gerissen. Sie sind mittlerweile so öffentlich, dass jegliche Geheimaktionen im Voraus zum Scheitern verurteilt sind. Das ist ihre neuste Strategie. Nutze den Schutz der Öffentlichkeit. Wenn wir sie dort angreifen, stehen wir als Fanatiker da, die sie davon abhalten wollen, ihre Sprüche zu klopfen. Wir werden es anders machen. Wir“, erhob beide Arme und streckte sie seinen Zuhörern entgegen, „werden dort hingehen und zuhören! Sie können uns nicht als Feinde und Fanatiker hinstellen, wenn wir ihnen zuhören und nichts machen. Wir sind da, wir sind präsent und zeigen allen, dass wir kein gefährlicher Haufen Fanatiker sind. Dann müssen sie sich schon einiges einfallen lassen, wenn sie dabei über uns lästern wollen.“ Er grinste triumphierend in die entsetzten Gesichter vor ihm, dann nickte er bestätigend, um zu verdeutlichen, dass es ihm mit diesem irren Plan sehr ernst war, und fuhrt fort. „Wir werden versuchen, ihnen dabei Haare oder persönliche Gegenstände zu entwenden. Es kann nur nützlich sein, weil es uns vielleicht hilft, sie damit aufzuspüren. Falls es nötig sein sollte.“ Hermine seufzte. Harry verschwieg das Wesentliche, das ihr jedoch klar war. Die Gegenstände waren nicht für irgendwann, sondern für sofort gedacht. Man würde den Todessern Haare ausreißen, die würde man Herbert vorlegen, der daraufhin das nächste Streichholzzieherkommando, wann immer sie gerade Lust und Zeit hatten, zu dem betreffenden Todesser bringen konnte. Sie würden sie nicht öffentlich angreifen. Öffentlich demonstrierten sie, wie harmlos sie waren, wie wohlgesonnen. Hintenherum würden sie ihnen auflauern. Das war so heimtückisch und verlogen, dass es eigentlich schon fast meisterlich war. „… Hermine sagt euch jetzt, was sie geplant hat.“ Harry hüpfte leichtfüßig vom Stuhl und setzte sich wieder auf seinen Platz. Er schwitzte leicht und wirkte nervös, doch auch erleichtert. Er hatte seinen Teil gesagt. Nun war Hermine dran, ihren Teil des Planes zu offenbaren, der ihr seit einiger Zeit im Kopf herumspuckte. „Okay!“ Hermine leckte sich noch einmal nervös die Lippen, atmete tief in die Brust hinein und straffte ihre Schultern. Alle Augen lagen auf ihr. Wie unangenehm. Sie versuchte nicht daran zu denken, dass sie aus Versehen etwas Falsches sagen könnte, dass die anderen ihre Absichten missverstehen könnten oder dass irgendjemand hier im Saal Draco an ihr riechen könnte. Sie hatte ihn heute noch nicht gesehen, alleine zumindest, aber sie war so oft mit ihm zusammen. Vielleicht konnte man es ihr mittlerweile ansehen. Vielleicht färbte Slytherin ab, hinterließ für jeden anderen deutlich sichtbare Spuren, die auf Verrat hinweisen würden? Wenn sie den auch niemals begehen wollte. Aber wenn man sie jemals mit ihm zusammen sehen sollte? Sie schloss die Augen und schüttelte den Gedanken ab. Aufhören! Wenn sie nicht sofort damit aufhörte, innerlich darum zu flehen, es nicht zu tun, würde sie wirklich gleich den verbotenen Namen aussprechen. Statt also weiterhin an Malfoy zu denken, stand sie auf, stieg auf ihren Stuhl und strich sich einige widerspenstige Haarsträhnen aus dem Gesicht, so dass ihr jeder hier im Raum offen ins Gesicht sehen konnte. „Die Sache ist die“, begann sie und hoffte, dass man sie trotz ihrer zitternden Stimme gut verstehen konnte. „Wenn wir uns dort zwischen zehn der obersten Todesser stellen, dann ist das eine ganz klare Provokation und sie wissen das. Wir sind da, aber mir machen nichts. Da wir nichts machen, da sie ja die neuen Heilsbringer sein wollen, dürfen sie auch nichts tun. Wir haben nun überlegt, wie wir, wenn es keinen Kampf gibt, nahe genug an sie herankommen, um ihnen persönliche Gegenstände zu entwenden. Nun“, sie holte Luft, warf sich eine weitere Strähne hinter ihre Schultern und verzog für einen Moment das Gesicht, als sie Seamus dabei erwischte, wie er bei ihrem Worten nachdenklich in seinem Ohr bohrte. Der auf frischer Tat ertappte fing ihren mahnenden Blick auf, errötete, nahm den Finger aus dem Ohr und setzte sich aufrecht hin. Einen Moment lang schoss Hermine Dracos Aussage durch den Kopf, dass sie in etwa den Charme von Professor McGonagall hätte und auf jeden, der sie traf, wie ein besonders strenges Kindermädchen wirkte. Er sollte wohl nicht einmal eine Beleidigung sein, dennoch… Aber sie wollte ja nicht an Draco denken, auch nicht daran, dass sie hier jeder im Saal für eine verklemmte Spießerin hielt, sondern daran, was sie als nächstes zu sagen hatte. „Ihr wisst, dass sie es tatsächlich geschafft haben, sich als Partei eintragen zu lassen? Kein Witz!“ Hermine brach erneut ab und bereute die letzten Worte, denn die zunehmend unruhiger werdende Menge vor ihr wirkte keinesfalls belustigt, sondern eher entsetzt. Aber da mussten sie jetzt durch, und so sprach Hermine nun laut und deutlich weiter. „Jede Partei hat das Recht, im Ministerium Räume anzumieten, um dort ihr Programm und ihre Thesen vorzustellen. Noch dazu dürfen sie Pressekonferenzen abhalten. Sie müssen sich nur vorher anmelden, dann geht das. So!“ Sie klatschte in die Hände und grinste grimmig. „Wir haben erfahren, dass sie demnächst so eine Veranstaltung als Diskussionsforum angemeldet haben. Besser geht’s nicht mehr. Sie werden da vorne sitzen und wir dürfen sie mit Fragen bombardieren, bis sie vor Wut schwarz, ach, was, grün wie Slytherin selbst werden.“ Hermines geübter Finger schoss richtungsweisend nach oben. „Sie wissen nicht, dass wir ebenfalls als Partei anwesend sein werden. Darum geht es aber nicht. Viel wichtiger ist, dass ich selbst einen Vortrag über die Rechte von Muggelgeborenen in dieser Gesellschaft vorbereitet habe. Ich darf mich also nach vorne, zu den Diskussionsteilnehmern setzen.“ Strahlend vor Stolz erklärte Hermine weiter, dass sie schon lange davon geträumt hatte, ihre Erfahrungen diesbezüglich laut aussprechen zu dürfen. Vor allem, wenn Leute wie Malfoy dabei waren, die sie zwar verhöhnen, ihr jedoch nicht den Mund verbieten durften. Sie sagte nicht, dass sie dabei den einen oder anderen Zauber wirken würde, der Haare von Todessern in ihre Tasche gleiten lassen würde. Sie erklärte der versammelten Menge stattdessen, dass sie gestern die Partei „Dumbledores Armee“ im Ministerium angemeldet hätte und alle ab siebzehn sich doch bitteschön als Mitglieder eintragen lassen sollten. Wer dazu nicht bereit wäre, solle jetzt gehen. Alle blieben. Als nächstes wurde den Anwesenden wieder erlaubt zu sprechen. Der Schweigebann wurde aufgehoben und jede Menge komplizierter Fragen erläutert. Zum Beispiel, wie man sichergehen könnte, dass es nicht wieder Verräter gäbe. Hermine lächelte und verriet den neugierigen Zuhörern, dass sie ihre Mittel und Wege hatte, dies zu verhindern. Was sie nicht verriet, was nicht einmal Harry, Neville und Ginny wussten, war, dass sie jedem Einzelne der Anwesenden vorhin kurz berührt hatte und ihn dadurch mit einem Zauber belegte. Ein Zauber, der bei jedem potenziellen Verräter wirkte, außer bei ihr. Nur für den Fall… obwohl Hermine sich nicht als Verräterin sah und auch keine sein wollte. Schließlich stellte Padma Patil etwas perplex die Frage, wieso denn die Mitglieder des Ordens nichts von dieser Aktion wissen durften. „Weil es zu gefährlich ist“, erklärte Neville. „Wir können eben nur hoffen, dass die Todesser so vernünftig sein werden, uns nicht in der Öffentlichkeit anzugreifen. Oder nicht so gerissen, uns nachzuschleichen und uns irgendwo in einer dunklen Ecke auszuschalten. Wir können es nur hoffen. Zudem ist es eine andere Taktik, als das was…“, er brach ab und senkte die Augen. Hermine musterte ihn aufmerksam. Sie war nahe genug um zu sehen, wie die Iriden seiner Augen nervös hin und her huschten, als läge eine harmlos wirkende Fortführung seines Gedankenganges vor ihm auf dem Fußboden. Sie spürte, dass er knapp davor gewesen war, über die Pläne des Ordens zu sprechen. Wie Harry, Ginny und sie ebenfalls. „…als das, was wir bisher von den Phönixleuten gehört haben. Und Hermine ist…äh…“ Kein Mitglied des Streichholzkommandos… aber auch das sagte Neville nicht. „Wir überlegten, ob einer von uns nach vorne geht, um irgendetwas zu sagen. Aber wir haben durch sie Angehörige verloren. Es wäre zu offensichtlich.“ Er errötete leicht als er Hermines starren Blick bemerkte. „Du natürlich auch. Aber die Todesser wissen nicht so genau, wie eng du und Ron… Aber jeder andere wäre nunmal auffälliger. Zumal du ja schon einen Text hast, diesen Muggelgeborenentext, den du vortragen kannst. Du bist der Typ dazu, um vor einer Menge zu stehen und Reden zu schwingen.“ Hermine verdrehte die Augen und stöhnte. Genau. Sie war der Typ der redete und nichts tat. „Aber Moment mal“, unterbrach Fred, der nachdenklich und ernst wie selten wirkte. „Hermine ist ein Schlammblut. Äh… sorry, Hermine. War nicht so….egal. Also wann wart ihr das letzte Mal außerhalb von Hogwarts? Die Leute hassen Menschen wie dich… Sie haben Angst vor Muggeln.“ „Das tun sie doch schon immer“, entgegnete Hermine und zuckte gelassen mit den Schultern. „Nicht so wie heute. Sie sehen jeden Muggel als Gefahr. Jedes Schlammblut als möglichen Verräter. Ist ja toll, wenn du da vorne stehst und aufklären willst. Ist aber dennoch nicht unwahrscheinlich, dass die anderen Besucher dich lynchen wollen, bevor du auch nur quer durch den Saal gelaufen bist.“ „Wir wissen das!“ Harry seufzte und bedachte Hermine mit einem nachdenklichen Blick. „Sie wird ja nicht alleine da sein…“ „Und ich weiß was ich tue, Fred.“ Hermine verzog das Gesicht und legte die Hände hinter ihrem Hinterkopf zusammen. Sie breitete die Arme aus, als ob sie sich vor ihrem Publikum ergeben wolle, doch genau das Gegenteil war der Fall. „Eben drum! Genau deshalb muss ich es tun. Ich bin der Typ, der redet, und das werde ich tun. Ich werde mich von denen nicht in die fanatische Terroristenecke schieben lassen. Das sind sie. Und ich bin auch nicht feige wie ein Slytherin. Sie, die Todesser, müssen Lügen und Gewalt anwenden, um ihre Ziele zu erreichen. Ich nicht.“ Sie nickte noch einmal zur Bestätigung und schloss die Augen. Sie wollte ihre Freunde nicht ansehen, damit sie ihr überzeugtes Verhalten nicht als aufgesetzt erkennen konnten. Ihre Freunde, die doch eigentlich genau die selben Mittel wählten wie die Todesser… nur zu einem besseren Zweck. Xxx Draco war müde. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, doch war er viel zu erschöpft, um sich zu fragen, wie sie ihn dennoch tragen konnten. Er stöhnte und rieb sich die Arme. Einen Moment musste er anhalten und sich an die Wand lehnen. Seine Waden krampften erneut. Oberschenkel und Unterschenkel zitterten und ein seltsames Gefühl breitete sich darin aus, als ob man seine Beine unter Strom gesetzt hätte. Er beugte sich vor und rieb nun statt seiner Armbeugen die Kniekehlen und die zitternden Schenkel. Diese Krämpfe waren wirklich das Letzte, sie sorgten dafür, dass er sich wie ein alter Mann fühlte. Was konnte man aber sonst erwarten? Filch hatte ihn drei Stunden am Stück Pokale polieren lassen. Und der kranke Sadist hatte sich sogar Hilfe geholt. Lupin hatte den Raum magisch gesichert. Der kleinste Spruch, der ihm die Arbeit hätte erleichtern könnten, hätte einen Alarm ausgelöst. Filch fand das als Überwachung wohl ausreichend. Während Draco putzte, war er, wie Draco zumindest vermutete, als Klempner unterwegs. Ewig in der Hoffnung, dass das eine oder andere Mädchen noch im Bad war, während er dort an den Leitungen herumzuschrauben begann. Fauler Sack! Er wusste genau, dass er die Zeit, in der Draco für ihn arbeitete, zum Spannen nutzten konnte. Draco war ja oft genug sein Sklave … wenn er nicht gerade dem Halbtrottel Hagrid – nein, Hagrid war Halbriese, als Trottel ging er schon als „voll“ durch - hinterher rennen musste. Draco musste oft sehr lange hart arbeiten. Der Sinn der Sache war wohl, ihm soviel Arbeit zuzumuten, dass er hinterher für keine Todesseraktivitäten mehr zu gebrauchen war. Wäre er vielleicht auch. Aber Draco hatte Mittel und Wege gefunden. Genau genommen einen Weg. Snape hatte ein beachtliches Sortiment an Muntermachern und Entspannungsmitteln entwickelt, die er nun keinem Todesser mehr verwehren durfte. Und Draco hatte oft Bedarf. Das war nur recht und billig, so oft wie er mittlerweile nach Mitternacht gerufen wurde und erst im Morgengrauen zurückkam. Solange Hermine dabei war, wagte er jedoch nicht, diese Hilfsmittel zu nehmen. Aber jetzt war sie ja nicht bei ihm und seine Reserven, die er zwischen seinen Kleidern versteckt hatten, waren noch lange nicht aufgebraucht. Den einen freien Tag, den er ab und zu hatte, musste er komplett dazu nutzen, um Berge von Hausaufgaben ansatzweise zu bewältigen. Er zahlte zwar einigen Klassenkameraden Gold, damit sie wenigstens die Schreibarbeiten für ihn erledigten, lesen musste er dennoch selbst. Der Krampf ließ nach. Er richtete sich wieder auf, streckte sich und schüttelte seine Beine aus. Jetzt konnte er wieder weitergehen. Er dehnte sich noch etwas weiter und ächzte, als ein scharfer Schmerz in seinen Rücken stach. Das Mädchen hatte ihn massiert, mehr als einmal, und jedes Mal, wenn sie es tat, sagte sie ihm, dass sein Rücken, seine Haltung und eigentlich jeder Muskel total verkrampf wäre. Es wunderte sie, dass er überhaupt noch laufen konnte. Er hatte sie daraufhin in ihrer Sorge angefeuert, indem er laut gestöhnt und eine besonders leidende Miene aufgesetzt hatte, als sie seine Hüften und die Stelle am Rücken, knapp über dem Steißbein zu massieren begann. Ein klein wenig Vergnügen hatte er trotz allem verdient, so fand er. Er atmete tief durch, strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und öffnete die Tür zum Slytheringemeinschaftsraum. Er kannte das schon. Es war nicht das erste Mal, dass sofort alle Unterhaltungen erstarben, sobald er den Raum betrat, dass Jungs ihren Mädchen beschützend den Arm um die Schulter legten und stumm nach ihren Zauberstäben fühlten, während ihre Augen überall, nur nicht zu ihm sahen. Alle im Saal wichen seinem Blick aus. Alle. Er war das tollwütige Tier in ihren Augen, dass man nicht durch einen falschen Blick, eine falsche Geste oder auch nur durch ein überraschendes Geräusch reizen durfte. Er senkte den Blick und vergrub die Hände in seinen Umhangtaschen. Jeder der scheuen Blicke, die ihn aus den Augenwinkeln verfolgten, schmerzten wie Messerstiche in seinem Bauch. Nein, es war wirklich nicht das erste Mal, dass alle erstarrten, wenn er einen Raum betrat. Deswegen wusste er zu gut, dass sie immer mal wieder für Sekundenbruchteile angespannte Blicke tauschten, dass sie einander ganz leise „Tu, als würdest du ihn nicht bemerken“ oder „Reiz ihn nicht“ zuflüsterten. Er bahnte sich seinen Weg durch Menschen, die vor ihm alle unbehaglich auswichen. Er sah Pansy, die knallrot und schwer atmend auf Blaises Schoß saß. Er blieb vor ihr stehen, betrachtete die Szene für ein, zwei Sekunden und entschied sich dann doch etwas zu sagen, da sie zum einen direkt vor ihm saß und ihn zum anderen mit weiten Augen anstarrte. Sie mochte dabei ja aussehen, als ob sie sich jeden Moment übergeben würde, doch er konnte nicht so tun, als hätte er sie nicht bemerkt. „Wie geht's?“, fragte er mit träger, müder Stimme. Pansy zuckte die Achseln und warf Blaise einen scheuen Blick zu, der sie daraufhin etwas fester in seine Arme zog und mit seltsam heller Stimme antwortete. „Gut … uns geht's ganz … äh… wirklich… Wir haben gerade ein paar Stellenanzeigen im Propheten gelesen. Äh“, Blaise schluckte und wischte sich über die Stirn. Seine Stimme wirkte mit jedem Wort gehetzter. Pansy rutschte unbehaglich von Blaises Schoß. Vielleicht hatte sie sich eben daran erinnert, wie oft sie gemeinsam mit Draco auf dieser Couch gesessen hatte. „Ja, also“, quietschte sie in falscher Unbekümmertheit. „So lange ist es ja nicht mehr. Wir kucken, was so gesucht wird. Ich dachte, ich könnte vielleicht, hmm… Blaise und ich dachten daran, erst mal ein Jahr ins Ausland zu gehen und uns ein bisschen umsehen. Danach haben wir überlegt, ob wir vielleicht in einer Apotheke …“ „Du bist absolut scheiße in Zaubertränke, Pansy. Wenn du in einer Apotheke arbeitest, solltest du das beim Dunklen Lord absegnen lassen. Er wird sich freuen, wie viel Leute er auf die Art vergiften lassen kann.“ Pansy errötete, wagte jedoch nicht zu widersprechen. Draco triumphierte grimmig und wandte sich nun an Blaise. „Hey … ist deine Mutter nicht schon wieder verheiratet? Nicht mehr lange, wenn ihr erstmal angefangen habt zu arbeiten, denke ich mir. Oder?“ Er feixte und dennoch war es ein weiterer Schlag, dass niemand lachte oder ihn wegen des Angriffs ermahnte. Sie hatten so viel Angst vor ihm, dass sie nicht wagten, in irgendeiner Weise zu reagieren. Pansys Augen huschten von links nach rechts, zu Blaise, zur Tür und zurück zu Draco. Sie suchte einen Fluchtweg. Blöde Kuh … Er verengte die Augen und nahm Pansys Unterarm genauer in Augenschein. Hatte sie wirklich eine Gänsehaut? „Und … du … äh… Draco?“, stammelte sie nervös. „Was willst du denn nach der Schule machen? Willst du immer noch ins Ministerium?“ Draco zuckte gelangweilt die Achseln. „Was soll ich schon machen?“ Er zog den Ärmel seines Umhangs hoch und streckte ihr das dunkle Mal entgegen. „Das gleiche, was ich jetzt auch mache. Abfall entsorgen.“ Er vollführte eine wegwerfende Geste. „Also Leute, die uns im Weg sind. Nichts Neues.“ Er verzog das Gesicht und zog die Augenbrauen zusammen. Die Miene, die er aufsetzte, wirkte so übertrieben, wie sie nur kleine Kinder machen, wenn sie im Rollenspiel den Bösen markieren. Er drehte sich langsam um und durchbohrte einige zitternde Slytherins mit eben diesem Blick. Statt zu lachen oder die Augen genervt zu verdrehen, hielten die jedoch vor Schreck den Atem an, als er langsam, wie eine Figur aus einem Gruselroman, seine Arme nach ihnen ausstreckte und einen Schritt auf sie zukam. „Buh!“ Draco schnellte nach vorne und sprang mit einem Satz in die Menge seiner zitternden Hauskameraden hinein. Sie schrien, japsten und sprangen entsetzt beiseite. Draco lachte schallend und warf den Kopf in den Nacken, während er den nunmehr freien Weg zum Schlafsaal durchquerte. Blödes Pack. Selber schuld. Wenn sie ihn für einen Kinderschreck hielten, dann sollten sie genau das auch bekommen. Er riss die Tür auf, trat ein und knallte sie hinter sich zu. Dumme Kuh, Pansy. Selbst Pansy hatte Angst vor ihm. Er ließ sich auf sein Bett sinken, faltete die Hände im Schoß und starrte in die Ecke, wo einmal Notts Bett gestanden hatte, wie er es oft tat. Mit einem Mal wurde ihm kalt und er begann zu frösteln. Er schlang die Arme um sich und zog die Beine an. Alle Müdigkeit und Erschöpfung brachen erneut über ihn herein. Er musste schlafen, ganz dringend brauchte er Schlaf. Schlafen war etwas, das nicht so einfach zu bewerkstelligen war. Die zahlreichen Strafarbeiten kombiniert mit den immer häufiger werdenden Einsätzen nach Mitternacht machten es fast unumgänglich, regelmässig einige von Snapes Muntermachern zu nehmen. Die verschafften ihm Energie, Ausdauer und halfen allgemein gegen Nervosität bei Einsätzen. Das dumme war nur, dass diese Pillen so gut wirkten, dass er danach nicht nur eine, sondern vielleicht fünf oder sechs Nächte nicht mehr schlafen konnte. Um ab und zu doch einmal zu schlafen, hatte er sich deswegen reichlich mit Entspannungsdrogen ausgestattet, von denen er sich jetzt, da nach Mitternacht war und er keinen Ruf erhalten hatte, eine Prise gönnte. Heute musste er schlafen. Er war nicht nur körperlich müde, sondern auch seelisch. Pansy… wahrscheinlich hatte sie sogar recht. Obwohl sie nun über vier Monate getrennt waren, fühlte es sich immer noch seltsam an, sie auf dem Schoß von Blaise zu sehen. Wobei er damit vielleicht leben könnte. Aber zu sehen, wie sie vor Angst von Blaises Schoß heruntergerutscht war… Angst vor ihm, so wie alle Angst vor ihm hatten… Es fühlte sich scheußlich an zu wissen, dass er nicht mehr zu ihnen gehörte. Dass er ganz alleine war. Es war okay, nicht mehr mit Pansy zusammen zu sein. Nicht ganz einfach, aber okay. Sie war in seinen Gedanken schon eine ganze Weile durch jemand anderen verdrängt worden. In dieser Hinsicht, gut. Aber sie war mehr als nur dreieinhalb Jahre seine Gefährtin gewesen. Seit dem ersten Jahr war sie Freundin und Vertraute gewesen. Nicht ganz so wie Crabbe und Goyle. Trotzdem. Sie kannte ihn doch. Und jetzt saß sie da und zitterte und sah ihn an, als wäre er irgendein verrückter, von Auroren gesuchter Verbrecher, der in Hogwarts eingedrungen war. Der Verrückte, der hier nicht hergehörte. So wie ihn fast alle anderen ansahen. Fast alle. Er zog sich bis auf die Unterwäsche aus, warf seine Kleider in den Beutel, der nächtlich von den Hauselfen zum Reinigen abgeholt wurde und wickelte sich in seine Schlafdecke. Er sollte jetzt nicht an diese Idioten denken. Er schloss die Augen und rief sich etwas anderes in Erinnerung. Die Locken des Mädchens, die ihm gestern Abend über das Gesicht gestrichen hatten. Seine Hand glitt langsam seinen Bauch hinab. Die andere Hand hielt er sich vor die Nase, um Hermines Duft einsaugen zu können. Er hatte sie gesehen. Sie war den ganzen Abend über bei ihm gewesen. Zu Beginn hatte sie gelesen. Irgendwann hatte sie das Buch aber weggelegt und ihm von ihren neuesten Elfenplänen erzählt. Sie hatte irgendetwas über die Zustände in Hogwarts geplaudert, die wohl nicht so waren, wie sie es für gut hielt. Dann hatte sie sich über ihre Freunde aufgeregt, die das alles nicht weiter beunruhigend fanden. Er hatte sie reden lassen. Sie war nunmal verrückt in dieser Beziehung. Sollte sie doch über Elfen denken, was sie wollte. Das war das Gute an dieser Hogwarts-Beziehung. Ihm konnte ihre Einstellung dazu doch egal sein. Sie würden sich bald eh nie mehr sehen … sollte sie doch veröffentlichen und anprangern, was sie wollte. Das würde ihn dann nichts mehr angehen. Ein dumpfer Schmerz ging mit dieser Erkenntnis einher. Um sich von dem bevorstehenden Verlust, der ihm sehr wohl bewusst war, und von ihrem Gerede abzulenken, hatte er ausgerechnet, wie viele der polierten Pokale in diesem Zimmer dem Können seiner Familie zu verdanken waren. Zweiunddreißig Prozent. Ein beachtliches Ergebnis. Wenn mit Sicherheit auch nicht jede Auszeichnung und Ehrung ehrlich erworben, sondern gekauft war, fühlte er sich doch von der Erkenntnis beschwingt, einer wirklich bedeutenden, wichtigen Linie zu entstammen. Davon verstand Hermine aber sicher nichts, sie war anders aufgewachsen. Deswegen ließ er sie reden. Erst, als sie erklärte, dass sie das Ganze öffentlich machen wollte, war er hellhörig geworden. Er hatte sie gewarnt, dass eine öffentliche Anklage über Mißstände in der Gesellschaft gerade für sie als Schlammblut gefährlich werden könnte. Dass sie den Leuten nicht noch mehr Grund zu Annahme geben sollte, dass Schlammblüter die Zaubererwelt ablehnten. Sie hatte daraufhin abgewinkt und gemeint, dass sie schon wüsste, was sie tat. Er konnte sich des Verdachts nicht erwehren, dass es einen Plan dahinter gab. Er hatte aber nicht weiter gefragt, da Nichtwissen eindeutig die angenehmere Variante war, wenn er nachts im Bett lag und versuchte einzuschlafen. Bald, er würde bald einschlafen. Seine Unterhose klemmte zwischen seinen Knien und seine Hand vollführte rhythmische Bewegungen. Wieder roch er an seiner Hand. Sie war nicht gleich gegangen, als er fertig war. Sie war noch bei ihm geblieben. Draco hatte der empört protestierenden Hermine gezeigt, wie man in Slughorns Privatgemächer eindringen konnte. Der war über das Wochenende verreist. Niemand würde sie dort suchen. Sicher, sie war nervös gewesen, dass man sie erwischen könnte, dass Slughorn vielleicht magische Banne über sein Büro gelegt hätte, die Eindringlinge meldeten. Draco hatte sie aber beruhigt. Er hatte ihr zwar nicht gesagt, wie oft er sich hier schon hereingeschlichen hatte, um Kräuter, Tränke und Weinflaschen mitgehen zu lassen, aber das war auch nicht weiter von Belang. Er hatte ein Feuer im Kamin entzündet, eine mit einem Nachfüllzauber belegte Flasche Wein geholt und ihnen beiden ein Glas eingeschenkt. Das Sofa, das vor dem Feuer stand, war weich und breit genug für zwei. Sie saßen gemeinsam dort, knabberten Slughorns Süßigkeiten und tranken zwei Gläser. Mehr nicht. Das Mädchen war entweder nichts gewöhnt, oder er war mittlerweile doch trinkerfahrener als er gedacht hatte. Er spürte den Alkohol jedenfalls überhaupt nicht, während sie albern zu giggeln begann. Gemeinsam hatten sie dann Slughorns Büro nach Beweismaterial abgesucht. Pornohefte oder Spielsachen, die eindeutig nicht für Kinder gedacht waren. Gefunden hatten sie fast nichts. Fast. Giggel-Hermine hatte aber irgendwann festgestellt, dass man den zahlreichen Prominenten, die von den Fotos an Slughorns Wänden herunterlächelten, die Kleider ausziehen konnte. Draco hatte dann ein wenig herum probiert und festgestellt, dass man sie sogar noch andere Dinge tun lassen konnte als nur strippen. Als Hermine zuerst nach einem dritten Glas Wein verlangt und dann vorgeschlagen hatte, dass die Personen auf den Bildern Experimente wagen sollten, hatte er beschlossen, dass es langsam genug mit den Scherzen war. Er hatte ihr das Glas wieder abgenommen und sie zu sich auf die Couch gezogen. Das Sofa war wirklich breit, dennoch hatte sie sich nicht gewehrt, als er sie auf seinen Schoß gezogen hatte. Dracos Hand bewegte sich schneller. Wieder und wieder roch er Hermine an sich. Es war nicht viel passiert. Sie hatte an ihn gekuschelt auf seinem Schoß gesessen, die Arme um ihn gelegt und sich den Rücken streicheln lassen. Sie hatten sich ein wenig geküsst. Mehr nicht. Dann waren sie wieder gegangen. Jeder zu seinem Haus zurück. In Dracos Fantasie, die im Einklang mit seiner Hand immer wilder und ungestümer wurde, hatte sie ihn ganz andere Dinge tun lassen. Sein Körper verkrampfte sich. Er drückte die Fersen auf das Bett und bog sich durch. Einige Momente lang stand die Zeit um ihn still, als Stromstöße von seinen Hüften aus bis in die Zehenspitzen und in den Haaransatz schossen und sein Gehirn vergaß, dass er atmen musste, um zu leben. Müde, schläfrig und entspannt machte er sich sauber, zog seine Hose wieder hoch und rollte sich behaglich im Bett zu einer Kugel zusammen. Slughorn sollte öfter wegbleiben. Vielleicht würde sich ja doch das eine oder andere ergeben, wenn sie öfter so gemütlich zusammensitzen konnten. Er konnte sie immer noch riechen. Immer noch. Er lächelte zufrieden und schloss die Augen. Xxx „Draco, wach auf.“ Jemand rüttelte ihn. Grobe Hände packten ihn und zerrten an ihm. Mit einem panischen Schrei fuhr Draco in die Höhe, griff nach dem Zauberstab neben seinem Bett und formte den Fluch. „Lass das!“ Der Zauberstab flog weg. Draco blinzelte verschlafen. Seine Waffe war ihm nicht durch einen Fluch entrissen worden. Eine prankenartige Hand hatte ihm den Stab aus den Fingern geschlagen. Er hörte den Stab klappernd auf dem Steinboden landen. Irgendwo drüben, an der Mauer. „Bist du endlich wach?“ Draco gähnte und rieb sich über das Gesicht. Er kannte diese Stimmen, das waren … Crabbe und Goyle? Er nahm seine Hände vom Gesicht und jetzt erst wurden die verschwommenen, im Halbschlaf und undeutlich erkennbaren Figuren, die vor ihm auf seinem Bett saßen und die Matratze tief nach unten drückten, deutlicher. „Was wollt ihr denn hier?“ Er versuchte sich umzusetzen. Jetzt erst merkte er, dass seine Beine unter Goyle eingeklemmt waren, der sich achtlos auf ihn gesetzt hatte und ihn ganz sicher platt drücken würde. Genervt schubste er Goyle in die Schulter und deutete ihm an, von ihm wegzurutschen. Der gehorchte zwar, doch eingeschlafene Gliedmaßen schmerzten auch dann, wenn man sie zur Seite zog und anrempelte. Crabbe grinste breit, als er etwas näher an Draco heranrückte und ihm dabei ebenfalls an die kribbelnden Füße stieß. Er suchte Goyles Blick. Sie tauschten wissende Blicke und kicherten wie die kleinen Mädchen. „Sollen wirs ihm zeigen?“ „Ich denke schon …“ „Was?“ Draco wurde jetzt erst, als er richtig aufgewacht war, bewusst, wie müde er immer noch war. Er blinzelte und sah sich um. Alle Betten, mit Ausnahme von Crabbes und Goyles, waren belegt. Er musste schon eine ganze Weile geschlafen haben. „Wir waren heute Abend weg. Hast du das nicht bemerkt?“ Draco schüttelte den Kopf. „Nein, ich war … ich musste nachsitzen.“ Er verkniff sich die bissige Bemerkung, dass er doch so gut wie jeden Abend nachsitzen musste und er auch nicht verstand, warum sie ihn mitten in der Nacht weckten, ihm in seinem Bett auf die Pelle rückten, wo sie ihm in den letzten Wochen doch immer öfter aus dem Weg gegangen waren. Statt einer Antwort lehnten sich seine beiden bis vor kurzem besten Freunde, wenig zurück und streckten ihre Arme aus. Etwas Schweres, Kaltes schien seinen Magen hinunter bis zum Boden zu ziehen. Etwas Kaltes, die kalte Hand einer düsteren Vorahnung legte sich auf seine Schultern. Die gleiche Hand, die ein wenig nach oben fuhr und sich um sein Hals legte, als beide simultan ihre Ärmel aufrollten und ihm die Unterseite der Arme entgegendrehten, als ihm zwei frische, immer noch glühend rote dunkle Male wie flammende Signalfeuer entgegenleuchteten. „Wir sind auch dabei“, flüsterte Crabbe. Goyle grinste und nickte. „Wir wollten’s tun. Wir wollten endlich auch mal was Richtiges machen. Was Nützliches, nicht nur dieses dumme Büchergewichse.“ Er hätte es ihnen ausreden sollen. Vielleicht war ja noch nicht alles zu spät. Ein wenig später, als er wieder im Bett lag und genug an Hermine gedacht hatte, drängten sich Crabbe und Goyle wieder in seinen Geist. Wenn er ein vernünftiger, verantwortungsbewusster Mensch und ein guter Freund wäre, dann würde er jetzt aufstehen, die beiden anschreien und ihnen das Ganze wieder ausreden. War er aber nicht. Er war ein feiger, verantwortungsloser, böser Mensch. Ganz sicher, er musste ein böser Mensch sein, sonst hätte er doch alles daran gesetzt, die Beiden von diesem Irrsinn abzuhalten, dessen Konsequenzen sie nicht einmal im Ansatz erkennen konnten. Das schlechte Gewissen, die Selbstvorwürfe und die Ängste waren da, sicherlich. Doch im Moment hielten sich diese Gedanken so vorsichtig und unauffällig im Hintergrund wie Hauselfen auf einer Dinnerparty. Sie waren da, er wusste es, doch sie drängten sich nicht auf und überließen das Feld seiner Gedanken ganz an dieses andere Gefühl, das sich so überwältigend und unerwartet in ihn hineingeschmuggelt hatte. Erleichterung. Er war nicht mehr allein. Er war nicht länger der einzige Todesser in der Schule. Er war nicht länger der Einzige, der sah, was er sah und erlebte, was er erleben musste. Auch wenn sie nicht viel darüber reden würden, sie würden das Gleiche fühlen wie er, ganz sicher, und endlich einmal würde es jemanden geben, der ihn wirklich verstand. Seine Freunde, Crabbe und Goyle. Wie sehr hatte er sie vermisst. Es war so schwer gewesen, seit der sechsten Klasse mit niemandem mehr offen reden zu können. Er hatte sich mehr und mehr von ihnen distanzieren müssen. Sie hielten Abstand von ihm, weil sie nicht wussten, wie sie mit ihm umgehen sollten. Aber nun waren sie wieder zusammen. Er hatte sie zurück. Seite an Seite, in Hogwarts und danach auch noch. Er war nicht mehr allein. Und der Orden? Diese Vollidioten versuchten vielleicht die Todesser zu bekämpfen, doch sie schaufelten sich damit nur ihr eigenes Grab. Schadenfroh kicherte er in sein Kopfkissen hinein, streckte sich behaglich und grinste breit. Sie waren so blöd. Egal was sie taten, es würde Voldemort und den Todessern nützen. Kämpften sie, konnte Voldemort sie weiter als gefährliche Fanatiker hinstellen. Kämpften sie nicht, übernahm Voldemort das Land ohne Widerstand. Ganz sicher würde er das. Alles war bereit. Voldemort war beliebt wie nie zuvor und die Todesser wurden als Retter angesehen, während der Orden und die Auroren als fanatische Feinde abgestempelt wurden. Er hatte es doch gewusst. Er hatte nur durchhalten müssen. Bald würde alles besser werden. Wenn die Todesser das Land übernommen hatten, würde man ihm für seine Treue belohnen. Seine Familie war wieder an die Spitze der Todesserhierarchie aufgestiegen und Draco wurde mit wichtigeren, nicht ganz so tödlichen Aufträgen betraut. Wenn sie erstmal an der Macht waren, würde es damit noch besser werden. Er könnte sein Leben leben und warum sich um etwas anderes scheren, wenn man doch zu den Gewinnern gehören konnte? Bis es soweit war, hatte er Hermine. Er atmete tief durch und schon meinte er, ihren Geruch wieder wahrnehmen zu können. Er schloss die Augen, um die Sinneseindrücke des Momentes, als sie ihn in diesem Turm in den Arm genommen hatte, als er sie gespürt hatte, zu vergegenwärtigen. Er roch die Bananen, die sie gegessen hatte. Er roch aber auch ihre Haut, den Kürbissaft und ihr Haar. Es juckte ihn sogar ein wenig an der Nase, als er sich darin erinnerte, wie er sein Gesicht in ihren Locken vergraben hatte. Er erinnerte sich an ihren Geschmack, als sie ihn im Nordturm geküsst hatte. In Wahrheit konnte er sich durchaus noch etwas anderes vorstellen, als nur diese nächsten wenige Monate mit ihr zu verbringen. Mehr, als nur gelegentliche treffen hier und da, und eine recht schwache Aussicht auf Sex (wenn er diesbezüglich auch nicht jede Hoffnung aufgeben wollte). Aber diese Hoffnung war naiv, geradezu lächerlich. Aber zumindest diese nächsten Monate würde er haben und danach … vielleicht konnte er sie ja doch in sein Haus holen, wenn er erst einmal ebenfalls an der Spitze angekommen war. Dann sollte er tun und lassen können, was er wollte, oder? Ja sicher, im Moment spukte ihr Weasley noch ziemlich oft im Kopf herum. Sie war traurig. Das verstand er. Er wollte ihr diese Trauer nicht wegnehmen. Aber sie würde sicher irgendwann einsehen, dass er, Draco, im Endeffekt einfach die bessere Wahl war. Es würde ihm sicher auch wieder besser gehen, wenn die Todesser erst einmal das Sagen hatten. Dann, also, dann würde er… er würde ruhiger werden, er wollte gleich morgen beginnen, das zu üben … und dann würde sie schon merken, was sie an ihm hatte. Die Zeit würde es bringen. Wie in diesem Moment überhaupt alles viel heller und wärmer aussah. Potter und der Rest der Phönix-Wichser würden schon sehen, was sie davon hatten, sich mit ihm angelegt zu haben. Jetzt würde alles wieder besser werden. --------------------------------------------------------------------- A.N.: Zwei neue Schmankerl.... kuckt mal: Hier könnt ihr das Bild sehen, dass Sayena für die Story gemacht hat: http://ozony.deviantart.com/art/HP-Not-alone-143606413 Und hier hat JohnXisor eine HÖRAUFNAHME für mich gemacht *plattbin* http://www.skywalking.de/Der%20Duft%20der%20Blumen.mp3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)