Unvorhersehbare Wendung von Motzi_die_Katze (Eine Megamind-Fanfiction) ================================================================================ Kapitel 7: Die Entdeckung im Park --------------------------------- In letzter Zeit fragte sich Metro Man, was mit Megamind los war. Es dauerte mehrere Tage zwischen Ausbruch und Angriff und meistens waren es eher halbherzige Versuche. Auch Roxanne wurde nicht mehr mit der Regelmäßigkeit entführt wie früher und verdächtigerweise auch nur dann, wenn Abigail nicht bei ihr zuhause war. In manchen Boulevardzeitschriften hieß es schon, sie und Megamind sprächen sich ab, aber das konnte Metro Man beim besten Willen nicht glauben. Vielleicht war es wirklich so wie Roxanne vermutete und er wollte nicht Gefahr laufen, dass seine Tochter an einen anderen Ort gebracht wurde. In der Hinsicht tat ihm sein Widersacher beinahe leid, wenn er sah, wie vertraut das kleine Mädchen mittlerweile mit Roxannes Sozusagen-Freund, Andrew Hopkins, umging. Es freute Metro Man, dass Roxanne endlich mal wieder eine Beziehung am Laufen hatte, auch wenn die Öffentlichkeit das anders sah. Wie die Aasgeier waren die Reporter dem Paar hinterhergeschlichen und das einzig Gute war, dass dadurch das Interesse an Abigail nachließ. Aber es ging ihm doch ziemlich auf die Nerven, ständig darauf angesprochen zu werden. Egal was er sagte, es wurde immer so ausgelegt, als hätte Roxanne ihm Hörner aufgesetzt. Sagte er, dass sie nie zusammen waren, wurde ihm Verdrängung diagnostiziert, sagte er, dass sie sich einvernehmlich getrennt hätten, meinten alle, er wolle auf die Art den Schmerz verarbeiten und sagte er, dass er von nichts wisse, wurde er bemitleidet. Wie musste es da erst bei Roxanne aussehen? Und damit kam er wieder auf Megaminds seltsames Verhalten zurück. Eigentlich hätten die Entführungen zunehmen und Andrew angegriffen werden müssen, schließlich hatte der Superschurke diesmal ernsthafte Konkurrenz. Wenn schon nicht wegen Roxanne, dann doch wohl wegen Abigail. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Er regte sich doch nicht umsonst so auf, nur um dann ruhig dabei zuzusehen, wie ein fremder Mann die Liebe seiner Tochter stahl. Hoffentlich rührte die abnehmende Präsenz seines Gegners innerhalb der Stadt nicht daher, dass er irgendwo saß und sich selbst bemitleidete, dachte Metro Man, während er über den Park flog. Das Letzte, das er jetzt brauchen konnte, war ein depressiver "Erzfeind". Unter ihm spazierten Pärchen dahon oder saßen eng beieinander auf den Bänken. Und als er über einen abgelegeneren Teil flog, der vor allem mit einer Reihe von dichten Büschen aufzuwarten hatte, sah er Roxanne und Andrew eng unschlungen unter einer Trauerweide stehen. Er wäre wohl weitergeflogen, wenn in diesem Moment nicht etwas passiert wäre, mit dem er niemals gerechnet hätte. Andrews Armbanduhr hatte sich nur einen Moment lang in Roxannes Haaren verheddert, als er die Hand in ihren Haaren vergrub und die Uhr gab einen blauen Lichtblitz ab. Im nächsten Moment leuchtete sein ganzer Körper blau auf, als würde er dehydriert und ehe Metro Man auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte, stand plötzlich Megamind an Andrews Stelle. Der Superheld fiel aus allen Wolken. Eigentlich gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder Megamind hielt Andrew irgendwo gefangen und hatte seine Rolle übernommen oder er war Andrew von vornherein gewesen und hatte Roxanne getäuscht. Und Roxanne war anscheinend zu abgelenkt, um zu bemerken, dass ihre Arme auf spitzen Stacheln lagen. Metro Man setzte zur Landung an. Sein Rivale konnte so viele miese Pläne ausführen wie er wollte, aber das ging zu weit! Er landete mit einem kleinen Aufprall, was beide herumfahren ließ. Roxannes Augen weiteten sich vor Schreck, als sie Megamind erkannte. Ehe sie aber eine Erklärung verlangen konnte, hatte Metro Man den Superschurken schon vorn am Kragen gepackt und in die Höhe gerissen. "Lass mich sofort runter, du minderbemittelter Muskelprotz!", schimpfte dieser und zappelte wie ein Fisch an der Angel, um wieder los zu kommen. "Metro Man...", setzte Roxanne zu sprechen an, doch der Superheld war zu wütend, um sie zu hören. "Was fällt dir ein, Roxanne so hinters Licht zu führen?", knurrte er. "Hast du keine Ehre mehr im Leib?" Megaminds Augen zuckten zu ihr rüber, dann richteten sie sich wieder auf ihn und sein Blick wurde hart. "Ich bin ein Superschurke, Metro Man", sagte er herablassend. "Bürgerliche Moralvorstellungen gelten nicht bei mir." "Was? Du...!" Metro Man war kurz davor, ihm ins Gesicht zu schlagen, als Roxanne ihm in den Arm fiel. "Ist schon okay, lass ihn runter", sagte sie. Beide Männer sahen sie erschrocken an. "Aber, Roxie", murmelte der Superheld. "Er hat dich reingelegt." Und Megamind zischte: "Roxanne, sei still! Ich kann mich selbst darum kümmern." Metro Man sah ihn verwirrt an, doch der Superschurke fügte dem nichts hinzu. "Megamind hat mich nicht reingelegt", meinte Roxanne und seufzte schwer. "Bitte setz ihn ab. Dann erkläre ich alles." Er setzte seinen Gegner langsam ab, noch immer verwirrt darüber, was los war. Megamind eilte zu ihr rüber und hielt ihre Hände fest. "Roxanne!", redete er auf sie ein. "Sei nicht dumm! Ich kann mit allem umgehen, dass er mir entgegenwirft!" Roxanne seufzte abermals und schüttelte den Kopf. Vorsichtig schob sie ihn zur Seite und ging auf Metro Man zu. "Was hat er dir angetan?", fragte dieser besorgt. "Nichts", erwiderte sie und er sah sie ungläubig an. "Es stimmt schon, er war in Verkleidung, aber er hat mich nicht getäuscht. Andrew ... hat nie existiert. Er war nur eine Fassade, damit wir etwas zusammen unternehmen konnten." Der Superheld öffnete und schloss den Mund mehrmals, ohne einen Ton herauszubekommen. "Wie...", sagte er schließlich, als er seine Stimme wiedergefunden hatte. "Wie lange geht das schon so?" Hatte sie vielleicht Megaminds väterliche Seite gesehen - denn wenn Andrew nie existierte, war er es, der so liebevoll mit Abigail umgegangen war - und war deshalb jetzt mit ihm? War Abigails Mutter vielleicht vollkommen ohne Belang? "Im Januar beziehungsweise Februar werden es acht Jahre", erklärte sie und hielt Megaminds Hand fest, wohl um ihn daran zu hindern, auf seinen Widersacher loszustürmen, was er seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen gerne getan hätte. "Aber...", stammelte Metro Man. "Du... Du ziehst über ihn her, machst dich über seine Pläne lustig und beschwerst dich über die Entführungen!" Obwohl ihre schneidenden Bemerkungen eigentlich gar nicht so schneidend waren und eher eine Auflistung von Tatsachen waren. Megamind seufzte genervt. "Meine Güte, Metro Man, nur weil wir ein Paar sind, bedeutet das nicht, dass sie kampftechnisch auf meiner Seite steht oder gar meine Böse Königin wäre. Sie nimmt eine vollkommen neutrale Rolle in unseren Kämpfen ein und du kannst ihr dafür dankbar sein. Wenn sie nicht wäre, wären unsere Kämpfe längst eskaliert." "Das war nur gespielt?", fragte Metro Man fassungslos. "Wie kann man vorspielen, jemanden nicht leiden zu können?" Der Superschurke schnaubte verächtlich. "Genauso wie du und Roxanne immer so getan habt, als wäret ihr ein Paar. Ihr habt damit schließlich auch alle hinters Licht geführt, mich eingeschlossen. Aber Roxanne hat mir nie irgendetwas erzählt, das mir einen Vorteil über dich hätte geben können", fügte er hinzu. "Und bis zu Abigails Entdeckung konnte sie sich auch nur vage auf ihre Entführungen vorbereiten." "Aber...", murmelte Metro Man und sah zu Roxanne rüber. Er verstand die Welt nicht mehr. "Wer ist dann Abigails...?" Sein Rivale schlug sich resigniert die Hand vor die Stirn. "Du hast deinen Kopf auch nur, damit es nicht in den Hals regnet!" Langsam ging ihm ein Licht auf. Der Superheld hatte immer gedacht, der Grund, warum Abigails Gesicht ihm bekannt vorkam, wäre, weil sie Megaminds Tochter war. Aber jetzt...! Metro Man stöhnte leise auf. Natürlich! Die Sommersprossen, die Augen, der Mund! Das waren eindeutig Roxannes Charakteristiken, Megamind hatte nie Sommersprossen besessen, nicht mal als Kind. Wie hatte er das übersehen können? Und Roxanne hatte auch so darauf bestanden, dass das Mädchen bei ihr bleibt. "Bist du jetzt zufrieden?", hörte er wie durch Watte Megamind Roxanne gereizt fragen. "Jetzt wird er es in der ganzen Stadt herumerzählen! Hättest du mich nur machen lassen...!" "Früher oder später wäre es sowieso herausgekommen", erwiderte sie und sah zu Metro Man rüber. "Und es ist nicht recht, dich für so eine Lüge halbtot schlagen zu lassen!" Der Superheld blinzelte ein paar Mal und machte einen unbewussten Schritt auf Roxanne zu. Sofort stellte Megamind sich zwischen sie und fixierte ihn mit einem warnenden Blick. "Wenn du deine Wut an jemandem auslassen willst, dann bitte, hier bin ich", sagte er entschlossen. "Aber ich werde meine Familie nicht deiner Gnade überlassen." Gnade... Metro Man runzelte nachdenklich die Stirn. So etwas Ähnliches hatte er doch schon mal gesagt, vor einigen Wochen, als er ihn im Gefängnis besucht hatte. Er werde nicht zulassen, dass sie seiner Gnade ausgeliefert wäre. Damit musste der Superschurke Roxanne gemeint haben. Wenn ihre Beziehung bekannt würde, ginge ganz Metro City auf sie los. Vielleicht verlöre sie sogar ihre Arbeit. Und Abigail auch. Das Mädchen käme dann zu Dr. Striker... Megamind hatte Recht! Jetzt war sie tatsächlich seiner, Metro Mans, Gnade überlassen. Wenn er den Mund hielt, bliebe alles beim Alten, zum Guten und zum Schlechten, aber wenn er es weitererzählte... Der Superheld sah das Paar geistesabwesend an. Ein paar Jahre lang hatte er vergeblich versucht, Roxannes Gunst zu gewinnen, doch sie hatte nie Interesse gezeigt. Er konnte höchstens in ihren engeren Freundeskreis aufsteigen und jahrelang war sie die Einzige gewesen, die sich die Mühe gemacht hatte, sich seine Probleme anzuhören, wie kindisch sie vielleicht auch sein mochten. Wenn er die beiden auffliegen ließe, verlöre er seine einzige wirkliche Freundin, seine Feindschaft mit Megamind verdoppelte sich womöglich und er würde Roxannes Freundschaft obendrein mit Undank vergelten. "Keine Sorge", sagte er schließlich leise. "Ich werde nichts verraten. Wenn es irgendwie doch an die Öffentlichkeit gelangen sollte, dann sicherlich nicht durch mich." Er drehte sich weg und ließ die Schultern hängen. Warum nur verspürte er auf einmal Eifersucht? Megamind hatte nie irgendetwas besessen, für das es sich gelohnt hätte, eifersüchtig zu sein... Eine Hand legte sich auf den Arm des Superhelden. "Wayne?" Er drehte den Kopf und sah Roxanne ausdruckslos an. "Danke." Er lächelte flüchtig und legte seine Hand über ihre. "Dafür sind Freunde da, oder? Wir ... sehen uns." Damit schwang er sich in die Lüfte und raste davon. Kaum war Metro Man weg, brach Minion aus dem Unterholz hervor. "Sir!", rief er aufgeregt, packte Megamind bei den Schultern und schüttelte ihn besorgt. "Ist Ihnen auch nichts passiert? Tut Ihnen was weh?" "Mini-ion!", brachte sein Freund zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Mir ging es prima. Bevor du anfingst. Mich zu schütteln!" Roxanne kicherte und Minion ließ ihn los. "Mir blieb fast das Herz stehen!", meinte er aufgebracht. "Ich wäre zur Hilfe geeilt, aber Nikolas hat mich aufgehalten!" Er warf dem jungen Mann, der sich langsam einen Weg durch die Sträucher bahnte, einen wütenden Blick zu. "Sie waren zu keinem Zeitpunkt in ernsthafter Gefahr", erwiderte Nikolas gelassen. "Metro Man hätte nicht den einzigen Freund verlieren wollen, den er hat." "Er hätte trotzdem angreifen können!", sagte Minion wütend. "Wenn nicht Miss Ritchi, dann doch ganz sicher Sir! Es ist meine Aufgabe, ihn zu beschützen." Nikolas verdrehte die Augen. "Aber er hat es nicht getan, das ist das Einzige, das zählt. Sich über das Was-wäre-wenn Gedanken zu machen, ist im Leben nicht von Belang." Roxanne nickte zustimmend. "Er hat Recht, Minion. Es ist nichts passiert und er hat versprochen, nichts zu erzählen." "Wenn er sich daran hält", brummte der Fisch. "Er wird sich daran halten", sagte Nikolas bestimmt. "Aber womöglich braucht er ein wenig Zeit, ehe er sich wieder meldet. Seine Gedanken waren ziemlich aufgewirbelt." "Soll mir recht sein", murmelte Megamind. Er fühlte sich ein wenig schwindlig. "Das war genug Aufregung für einen Tag." Er umarmte Roxanne und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. Seine rechte Hand legte sich auf ihr Kreuz. "Oh, gah!", rief Nikolas plötzlich angewidert und unterbrach den Moment. "Was habe ich dir getan, dass du mir diese mentalen Bilder schickst? Als würde ich nicht schon genug dergleichen mitbekommen!" Megamind grinste ihn über Roxannes Schulter hinweg verlegen an. "Tut mir leid, Nikolas. Ich hab's vergessen." Nikolas warf resigniert die Arme in die Luft. "Ich gehe zurück zu Abigail. Die denkt wenigstens ein wenig darüber nach, welche mentalen Bilder sie mir schickt." Er stapfte davon. Das "Otherworld" existierte seit fast zehn Jahren und schon immer war es in dem Bezirk gelegen, der Megaminds Territorium am nächsten war. Folglich blieb lange Zeit gute Kundschaft aus. Die, die vorbeikamen, waren meistens bereits betrunken, als sie eintraten und Adela musste häufig den Besen zur Hand nehmen, um sie wieder hinauszujagen oder es kamen merkwürdige Typen vorbei, die ihr Gesicht versteckten und in unhöflichem Ton ein Bier nach dem anderen bestellten. Es dauerte nicht lange, bis Nikolas einen dieser Männer dabei erwischte, wie er mit Drogen handelte und die beiden Geschwister hatten alle Hände voll zu tun, diesen Mann aus ihrem Lokal zu bekommen, da sich die Polizei von Metro City schlichtweg weigerte vorbeizukommen und ihnen zu helfen. Es mochte neben Megamind auch an der Tatsache liegen, dass sie Ausländer waren - auch wenn es keine Verständigungsprobleme gab - und sie es vehement ablehnten, die Gegend zu wechseln, auch wenn sie es von mehrerer Seite zu hören bekommen hatten. Natürlich sorgte das für gewaltigen Ärger mit den Gangs der Stadt, die sich nicht von einer kleinen Frau und ihrem kranken Bruder unterbuttern lassen wollten. Verrammelte Türen, Brandstiftung und zuletzt sogar ein Kugelhagel folgten, doch Adela blieb stur. Sie hatte zu hart gearbeitet, um für Nikolas und sich eine Existenz aufzubauen, nachdem ihre Familie sich in den letzten Jahren auf die ein oder andere Art dezimiert hatte, um einfach klein beizugeben. Dieses Lokal sollte einmal genügend abwerfen, dass sie gut davon leben konnten und sie würde nicht auf ein solches Niveau herabsinken, dass sie sich in finstere Machenschaften verstrickte. Im Fernsehen sahen sie Tag für Tag wie Metro Man die Stadt rettete und doch sahen sie, die sie solche Hilfe dringend benötigt hätten, nicht einmal ein ausgefallenes Haar von ihm. Durch die vielen Schäden, die die Angriffe der Gangs verursachten, kamen sie langsam in Geldnot und waren zuvor wenigstens ein paar Stammgäste vorhanden gewesen, so trauten sich jetzt nur noch die Allermutigsten ins "Otherworld". Egal wie sehr Adela es auch ignorieren wollte, nach zehn Monaten dauerhaften Terrors war sie kurz davor aufzugeben. Die Familie in Übersee würde sie sicherlich mit offenen Armen aufnehmen, ihr tröstend über den Kopf streichen und ihr versichern, dass sie in diesem Land sowieso keine Chance gehabt hätte. Doch genau zu dem Zeitpunkt, als sie bereits mit Nikolas über ihre Rückreise geredet hatte, hörten die Attacken auf. Eines Morgens, als sie wieder zurück zu ihrem Lokal gingen und eigentlich einen Trümmerhaufen erwartet hatten, prankte nur ein unscheinbares kleines blaues Graffiti in Form eines stilisierten "M"s über einem der Fenster. Verwirrt hatten sie das Innere betreten in der Annahme, dass dort alles verwüstet wäre, doch alles stand noch an seinem Platz. Und egal wie spät es wurde, niemand kam vorbei, um Randale zu machen. In der ersten Woche schauten sich Adela und Nikolas noch misstrauisch um, wann immer sie das "Otherworld" öffneten, doch nachdem ein Monat ohne Reibereien verging, wurden sie allmählich ruhiger. Vorsichtshalber ließ Adela das blaue "M" über dem Fenster, obwohl ihr mehrere ihrer vertrauenswürdigeren Gäste sagten, dass es nur die Leute abschrecken würde. Aber da sie sowieso schon so nah an Megaminds Territorium waren... Was konnte da ein kleines unschuldiges blaues "M" schon schaden? Einen Monat nachdem das Graffiti aufgetaucht war, kam ein unscheinbarer älterer Herr ins "Otherworld" und wurde ein weiterer ihrer Stammgäste. Der Mann bestellte stets nur etwas zu essen - häufig etwas mit Fisch - und ein Glas stilles Mineralwasser. Nikolas sagte ihr, dass irgendetwas an diesem Mann merkwürdig war, dass seine Gedankengänge nicht zu einem Mann dieses Alters passten, doch Adela weigerte sich, das näher zu untersuchen. Im Gegensatz zu ihrem Bruder konnte sie nicht unbemerkt in den Erinnerungen eines anderen herumschnüffeln und sie wollte nicht unbedingt den einzig immer freundlichen Kunden verscheuchen, den sie bisher gehabt hatte. Die ersten paar Male nahm der Mann nur sein Mahl zu sich und sprach kein Wort mit ihnen, doch nach dem vierten oder fünften Mal begann er sich mit Nikolas zu unterhalten, der damals noch aktiv im "Otherworld" gearbeitet hatte. Er erzählte häufig von einem nicht näher benannten "Sir", der ihm offenbar eine Menge Kummer bereitete und ihn auch sonst sehr auf Trab hielt. Adela vermutete, dass er wohl ein Butler eines alten und reichen Hauses sein musste, während Nikolas, der viel auf den Straßen und während des Einkaufens aufschnappte, annahm, dass der Mann vielleicht sado-masochistische Neigungen hatte. Dies hielt sie dann doch zu verquer. Was auch immer das Problem des älteren Herrn war, bei Nikolas, der mindestens genauso darunter litt, dass er keine Kontakte knüpfen konnte, fand er immer ein offenes Ohr und so war es nicht weiter verwunderlich, dass sich eine gewisse Freundschaft bildete. Über ihren Bruder fand Adela schnell heraus, dass ihr freundlicher Gast ein Faible fürs Nähen und Kochen und unlängst begonnen hatte, das Stricken und Häkeln zu lernen, auch wenn "Sir" es nicht guthieß. Nikolas meinte dazu nur, dass er sich nicht reinreden lassen musste, wenn es etwas war, dass er gerne machte. Schließlich und endlich wäre er sein eigener Herr und irgendein Arbeitgeber hätte nicht das Recht, ihm vorzuschreiben, wie er seine Freizeit zu gestalten hatte. Diese Gespräche schienen einen heilenden Effekt auf beide Individuen zu haben. Ihr Bruder, bis dahin ein introvertierter und einzelgängerischer Mensch, begann sich allmählich an den Gesprächen anderer Leute zu beteiligen, wenn sie ihn an der Theke nach seiner Meinung fragten und auch sonst kam er bei weitem nicht mehr in einer solchen Hast nach Hause, nachdem sie ihn einkaufen geschickt hatte. Auch der ältere Herr war nun gelassener, wenn er vorbeikam und redete nun auch ab und zu mit einem der anderen Gäste. So war das Ereignis wohl unvermeidbar, dass sich nach knapp einem Jahr nach seinem ersten Erscheinen ereignete. Die Geschwister hatten unlängst eine Bedienung eingestellt, eine stille Frau namens Sarah, die die Einzige gewesen war, die auf ihre Annonce geantwortet hatte. Glücklicherweise konnte sie sich gut der weniger freundlichen Gäste erwehren. Unglücklicherweise achtete sie aber nicht darauf, was die einzelnen Gäste machten. Sie beide waren nicht dabei gewesen, als ein Bauarbeiter dem älteren Herrn ein alkoholisches Getränk nach dem anderen aufschwatzte und der Mann, höflich wie er war, sah sich außer Stande abzulehnen. So kamen sie erst dazu, als ihr Freund schon total betrunken in einer Ecke saß, nachdem der Arbeiter letztendlich das Interesse an ihm verloren hatte. Adela und Nikolas beschlossen, den älteren Herrn nach Hause zu bringen, in der Hoffnung, dass dort jemand war, der auf ihn acht geben konnte und er noch keine Alkoholvergiftung hatte. Eigentlich hatte sie sofort den Krankenwagen anrufen wollen, da der Mann ein wenig ungesund aussah, doch nachdem sich der Mann vehement geweigert hatte, legten sich die beiden jeweils einen Arm über die Schulter und führten ihn raus. Es dauerte eine Weile bis sie aus seinem betrunkenen Gebrabbel schlau geworden waren, aber schließlich fanden sie heraus, wo er wohnte. Die Antwort erstaunte sie, denn was sie vorfanden war kein Wohnhaus, sondern eine stillgelegte Fabrik, deren Wände mit Graffiti verkritzelt war. Der Mann lallte, dass es irgendwo einen geheimen Eingang gäbe und weil sie keinen Anhaltspunkt hatten, tasteten sie die Wände ab, bis Nikolas plötzlich den Halt verlor und sie alle drei durch die Wand hindurch in die Vorhalle von etwas purzelten, was sich als das Versteck des berüchtigsten Superschurken herausstellte, den Metro City je gesehen hatte, wie sie nach ein paar Augenblicken herausfanden. Die roten Lichter über ihren Köpfen stellten sich als die Augen dutzender kleiner Roboter heraus, die sofort Alarm schlugen, als sie sie sahen und einen verschlafen aussehenden, aber nichts desto trotz kampfbereiten Megamind herbeiholten, der in seinem Schlafanzug alles andere als gefährlich aussah, sah man mal von der Schusswaffe ab, die er auf sie gerichtet hatte. Als Adela und Nikolas weder Anstalten machten zu schreien oder zu rennen oder ihn auszulachen, ließ der Superschurke die Waffe misstrauisch sinken und kam vorsichtig näher. Nach einer kurzen Untersuchung des Mannes in ihrer Mitte, berührte er das linke Handgelenk und plötzlich hielten die Geschwister einen Roboter aufrecht, der statt eines Kopfes einen kleinen runden Fisch auf seinen Schultern hatte, der alle Mühe hatte, nicht seitwärts zu schwimmen. Normalere Menschen hätten wohl geschrien, aber die Geschwister sahen das Wesen zwischen ihnen einfach nur sprachlos an. Megamind schnalzte missbilligend mit der Zunge und wies Nikolas barsch an, einen Behälter mit Wasser zu füllen, damit "Minion" nicht mehr in dem mit Alkohol versetzten Wasser schwimmen musste. Warum er nicht einfach einen seiner Roboter damit beauftragt hatte, konnten sie selbst nach all diesen Jahren nicht sagen. Vielleicht war er einfach zu aufgebracht gewesen, dass Fremde in sein Versteck eingedrungen waren, dass er nicht wusste, was er mit ihnen machen sollte. Oder er war wirklich so um seinen Freund besorgt gewesen, dass er nur noch dem Erstbesten Befehle erteilte, der ihm vor die Augen trat. Nachdem Nikolas mit dem aufgefüllten Aquarium zurückgekehrt war - und eine ganze Weile durch das Versteck irrte, ehe er alles gefunden hatte -, wurden er und Adela ziemlich unfreundlich aus der Fabrik gejagt. Schulterzuckend und mehr als verwirrt waren sie nach Hause gegangen. Zwei Tage später wurde ihre Wohnungstür um fünf Uhr morgens aufgesprengt. Nikolas und Adela fuhren aus ihrem Schlaf hoch und nach einigen panischen Minuten schlugen sie die Decken zurück und öffneten die Schlafzimmertür einen Spaltbreit. Der Flur war mit Rauch gefüllt, sodass sie außer zwei Schemen nichts erkennen konnten und jemand hustete ununterbrochen. "Diese Pistole nehmen wir kein zweites Mal, Minion", sagte derjenige, der den Hustenanfall hatte. "Man kann ja gar nichts mehr sehen!" "Sir, ich bin mir nicht sicher, ob es eine so gute Idee ist, ihnen auf diese Art und Weise einen Besuch abzustatten", erwiderte Minion nervös. "Und es ist erst fünf Uhr." "Und? Ich bin jeden Tag schon um drei wach." Langsam lichtete sich der Rauch und sie konnten Megamind und seinen Helferfisch erkennen, der eine in guter Stimmung, der andere mit einem verlegenen Gesichtsausdruck im Gesicht. Adela schnaubte verärgert und richtete sich auf. "Halt, Adela, was machst du da?" Nikolas hielt sie am Arm fest, als sie nach der Türklinke griff. "Du solltest diese Leute nicht verärgern." Sie riss sich los und sah ihn missbilligend an. "Manchmal bist du so ein Angsthase, Nikolas. Die beiden haben gerade unsere Wohnungstür eingeschlagen! Superschurke oder nicht, ist mir ganz egal, aber die Tür repariert er mir! Wir können das selbst gar nicht bezahlen!" Und ehe er sie noch aufhalten konnte, hatte sie die Tür aufgerissen und stampfte auf die beiden zu. Megamind schluckte sichtbar, als er sie auf sich zukommen sah und machte unbewusst einen Schritt zurück. "Miss Dolm! So trifft man sich wieder!" Adela reagierte gar nicht darauf, sondern stieß ihm nur mit dem Zeigefinger gegen die Brust. "Was fällt Ihnen ein, einfach in unsere Wohnung einzubrechen?! Haben Sie eine Ahnung, wie schwer es ist, genug Geld zusammenzubekommen, um über die Runden zu kommen? Und unser Vermieter gehört nicht gerade zur verständnisvollen Sorte!" Megamind lächelte nervös. "Das verstehen Sie ganz falsch, Miss Dolm. Dies ist kein Einbruch. Wir wollten Ihnen nur einen kleinen Besuch abstatten." Sie sah ihn an, als wäre er verrückt geworden. "Um fünf Uhr morgens?" "Ja." "In absoluter Dunkelheit?" "Ja..." "Mit Wohnungstürzerstörung?" "...Ja...?" Seine Stimme klang jetzt ein wenig zaghaft. "Und mit einer neuen Tü-- Warte mal, was?" Sie sah entgeistert dabei zu, wie Minion eine Tür herbeischleppte und sie einhängte. Der Fisch zuckte mit den Schultern. "Sir besteht nun mal darauf, alles im Superschurkenstil zu machen. Ich habe versucht, es ihm abzugewöhnen, aber..." "Minion!" Megamind sah seinen Freund wütend an, doch Adela schnippte mit den Fingern, um die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. "Das regelt das Problem mit der Tür, aber die Tatsache bleibt bestehen, dass Sie gerade Hausfriedensbruch, Störung der Nachtruhe und Ruhestörung begangen haben." Nikolas, der sich längst aus dem Schlafzimmer getraut hatte, legte ihr beschwichtigend die Hand auf den Arm. "Adela, lass gut sein. Wir sind hier die Einzigen im Haus. Keiner wird sich bei uns oder beim Vermieter über uns beschweren." Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. "Du bist viel zu nachgiebig, Nikolas. Wir haben seinem Freund geholfen und zum Dank bekommen wir den Schreck unseres Lebens! Und all das nur, weil wir sein blödes Versteck gefunden haben!" Megamind schmollte. "Nun, wenn Sie Ihre Belohnung nicht haben wollen, kann ich ja wieder gehen." Die beiden Geschwister wandten sich ihm zu, der eine neugierig, die andere genervt. "Und was soll das sein?", fragte Adela gereizt. "Wir sind nicht auf Almosen angewiesen. Alles, was wir wollen, ist unsere Ruhe." "Dann freut es Sie sicher, dass Sie ab sofort unter unserem Schutz stehen", meinte Minion unsicher lächelnd. "Nein." Der Fisch sah sie verdutzt an. "Warum nicht?" Sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Bei der Sache gibt es sicherlich einen Haken. Sie sind Kriminelle, genauso wie diese Drogendealer, die uns wochenlang Probleme bereitet haben. Wir haben es abgelehnt, mit ihnen Geschäfte zu machen und wir werden uns genauso weigern, Ihnen zu helfen." Megamind schüttelte den Kopf. "Sie haben uns schon genug geholfen. So wie es aussieht, haben Sie Minion vor einer Alkoholvergiftung gerettet." Nikolas und Adela sahen sich an und dann wieder zu dem Superschurken. "Und auch wenn Sie es nicht annehmen, so bleibt dieser Schutz bestehen", fuhr Megamind fort. "Von meinen Kämpfen werden Sie nicht beeinflusst werden und jedweder Schaden, der durch mich aufkommt, werden wir reparieren. Sie sehen das ja an der Tür." Er deutete mit dem Daumen hinter sich. "Desweiteren werden Sie auch von den anderen Kriminellen nicht mehr belangt werden. Abgesehen davon, dass Sie sowieso in meinem Territorium sind und sich die Gangs nicht hierher trauen." "Schön", sagte Adela mit einem gottergebenen Seufzer. "Das bedeutet dann wohl, dass noch mehr Gäste ausbleiben." Sie drehte sich auf dem Absatz um, ging zurück ins Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. Die anderen Drei blieben in betretenem Schweigen im Flur stehen. "Tut mir leid wegen Adela", sagte Nikolas nach einer Weile. "So ist sie immer, wenn sie sich erschrocken hat." Megamind sah nervös zur Tür. "Ja, nun, wir haben jetzt gesagt, was wir sagen wollten, also..." Er griff blind hinter sich nach dem Türknauf und öffnete die Tür. "Man sieht sich. Oder auch nicht." Damit waren er und Minion wieder verschwunden. Es war vielleicht nicht gerade das idealste erste Treffen, aber es sollte der Auftakt für ihre mehr als seltsame Freundschaft sein, die der Familie Dolm den Ruf gab, den sie seitdem hatte. _____________ Ein neues Kapitel mit ein paar Erklärungen und einem ziemlich verwirrten Metro Man. @ : Nun, da die Dolms die Einzigen sind, die neben Roxanne als würdig befunden wurden, Megaminds Geheimnisse zu kennen, ist klar, dass Metro Man da auf Granit beißt. Naja, es ist ja so, dass Megamind unfreiwillig eingeschlafen ist. Eigentlich wollte er nur Abigail ins Bett bringen. Deshalb hat sich die Uhr selbst ausgeschaltet. Hehe, nein, bei Megamind tickt keine biologische Uhr, er hat keinen bestimmten Zeitraum, um Vater zu werden, aber wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, setzt eine Art "Nistimpuls" bei seiner Art ein und der ist eigentlich unmöglich zu deaktivieren. Meine Erklärung dazu ist ein wenig seltsam, um ehrlich zu sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)