Der Himmel muss warten von Kalea ================================================================================ Kapitel 122: Es beginnt ----------------------- CXXIII) Es beginnt Mitten in einer Nacht ließ ein leises Geräusch Sam langsam aus dem Tiefschlaf auftauchen. Er streckte sich träge und drehte sich auf die Seite. Seine Hand tastete suchend nach dem Mann, in dessen Armen er vorhin eingeschlafen war und der eigentlich neben ihm liegen müsste. Doch der Platz war leer. Ein wenig Restwärme verriet ihm, dass Dean noch nicht lange weg sein konnte. Er stemmte sich blinzelnd in die Höhe und blickte sich um. Der Raum wurde nur von dem wenigen Licht erhellt, das das herunter gebrannte Feuer im Kamin spendete. „Du willst weg?“, fragte er seinen Bruder, der sich gerade die Hose schloss. ‚Ist es soweit!? Aber es ist dunkel! Wollte sich Dean Belial im Dunkeln stellen?’ Er setzte sich auf und schwang die Beine aus dem Bett. „Leg dich wieder hin, Sammy. Ich muss noch etwas erledigen. Es besteht keine Eile. Nicht für dich.“ Er holte tief Luft. „Willst du wirklich mitkommen? Das ist eine Reise ohne Rückfahrtschein! Und während der Fahrt abspringen geht auch nicht!“ Trotz Allem musste er diese Frage einfach stellen. „Dean! Ich hab dir schon mehrfach erklärt, dass ich nicht allein hierbleiben will. Ich werde mitkommen!“ Er erhob sich. „Bleib liegen, Sam. Du hast noch genug Zeit um dich auszuschlafen. Ich komme dich holen. Versprochen!“, sagte er beschwörend. Er umrundete das Bett und trat zu dem Jüngeren. Zärtlich legte er ihm die Hand an die Wange und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Schlaf noch etwas, Sammy“, flüsterte er. Seine Finger strichen ihm eine Strähne aus der Stirn. Sam sackte in sich zusammen. Schon aus Reflex fing der Ältere seinen Kleinen auf. „Sammy?“ Das Licht flammte auf. Hektisch begann er seinen Bruder zu untersuchen. Was war mit ihm? „Sam?“ Er ließ den Körper auf das Bett gleiten, packte ihn bei den Schultern und schüttelte ihn leicht. Panik kroch seine Speiseröhre hoch und verengte seine Kehle. Was war hier passiert? Es ging ihm doch gerade noch gut! „Er schläft“, sagte Castiel leise. Der Engel hatte Dean geweckt und dann unten auf ihn gewartet. Sein erschrockener Ausruf hatte ihn wieder nach oben gelockt. „Aber wie …? Ich hab doch grade noch mit ihm geredet!“ „Du hast ihn schlafen geschickt. So wie ich es früher manchmal mit dir gemacht hab“, fügte er hinzu, als er den fragend, verwirrten Blick des Blonden sah. „Noch mehr Dinge, die ich nie tun können wollte!“ Der ältere Winchester schluckte hart. Er richtete sich auf und atmete tief durch, dann breitete er die Decke über Sam. Noch einmal strich er ihm zärtlich die Haare aus dem Gesicht. „Träum was Schönes“, sagte er und blickte gleich darauf zu dem Engel. „Es wird Zeit zu gehen!“ „Bist du bereit?“ „Frag nicht so blöd, Cas. Lass uns gehen!“ Der Engel nickte und trat an seinen Freund heran. Er legte ihm die Finger an die Stirn. Einen Lidschlag später standen sie in einem dunklen, feuchten Gemäuer. Schreie hallten von überall her. Es stank fürchterlich nach Blut und Urin. „Wo sind wir hier?“, wollte der Winchester wissen und schaute sich angeekelt um. „Bastille, 1788.“ „Warum hier? Hättest du das nicht irgendwo im Wald oder in einer anderen Hütte machen können? Ihr habt mich doch damals auch einfach in der Hütte …“ Dean brach ab, er wollte sich daran nicht erinnern. Nicht wegen der Schmerzen, aber alles was danach gekommen war, war mit viel zu vielen Schmerzen verbunden. Nicht dass er sich nicht jeder Zeit wieder so entschieden hätte, wenn er Sam damit hätte retten können, aber er war froh, dass es jetzt endlich zu Ende ging. „Anna ist anderweitig unterwegs und ich will keinen anderen Engel einweihen. Ich weiß nicht, wer noch alles für Raphael spioniert. Er hat die Hoffnung noch nicht begraben, die Alleinherrschaft in Himmel behalten zu können. Es wird kein Spaziergang, Dean. Es ist mit dem vergleichbar, was ich damals mit dir machen musste, als ich Michael geweckt habe. Du kannst das hier immer noch abbrechen. Wenn du Bedenken hast? Ich kann dich verstehen. Es wird nicht einfach. Ich denke sogar, dass es schlimmer wird.“ „Ich werde den Schwanz bestimmt nicht einkneifen! Ich verstehe nur nicht, warum es gerade hier sein muss. Der Ort ist alles andere als einsam, oder sauber“, nuschelte er die letzten Worte kaum verständlich. „In deiner Zeit gab es nur zwei Plätze die so gut abgeschirmt sind, dass wir das gefahrlos machen könnten. In der Hütte wäre es wohl nicht so gut gewesen, mit Sam an deiner Seite und bei Bobby ist es auch nicht mehr möglich, deshalb habe ich diesen Ort gewählt. Hier sind wir faktisch unsichtbar. Bei all den gequälten Seelen in diesen Mauern fällst du nicht auf.“ Dean nickte verstehend. Trotzdem war ihm unwohl. Er schaute an sich um, aber je mehr er sah umso weniger gefiel es ihm. „Fallen wir hier nicht auf? Du in deinem Colombo-Gedenk-Outfit und ich ...“ „Nein. Wir sind für die Menschen hier nicht sichtbar. Ich habe einen Schutzschild über uns gelegt. Das ist nicht weiter schwierig. Es ist so ähnlich wie die Flügel verschwinden zu lassen. Aber trotzdem sollten wir hier nicht länger bleiben als nötig. Es sei denn du willst es dir doch noch überlegen. Dean ich kann verstehen, wenn du…“ Dean sah Sam vor sich, wie er nach einer Berührung von ihm zusammengesackt war und das nur, weil er sich gewünscht hatte, dass sein Kleiner noch schlafen würde. Was würde passieren, wenn sie sich stritten? Wenn er ihn auf den Mond wünschte? „Ich werde mir bestimmt nichts überlegen. Ich bin mir sicher seit du mir gesagt hast, dass ich das Ding bleiben muss, das du aus mir gemacht hast, was ich jetzt bin.“ „Dann lass uns anfangen.“ „Wo?“ Castiel deutete auf eine Tür, die auf einen Fingerzeig von ihm aufschwang. Dahinter war ein kleiner Raum, in dem einem hölzernen Stuhl stand. Ein eisiger Schauer rann über den Rücken des Blonden, als er sich diesen Stuhl näher betrachtete. Die Metallbügel, die ihm, wenn sie erst einmal angelegt waren, mit Sicherheit keinen Millimeter Bewegungsfreiraum mehr lassen würden, waren rostig und was sonst noch an dem alten Metall hing, wollte er auf keinen Fall wissen. Er holte tief Luft und der Gestank ätzte sich in seine Nase. Würgend hielt er sich die Hand vor den Mund. Bis jetzt hatte er es ganz gut vermeiden können tiefer einzuatmen. Aber dieses Teil hatte diese Bemühungen zunichte gemacht. „Keine Angst, es sieht nur so aus. Ich werd es dir angenehmer machen.“ Der Blonde musterte den anderen Engel eindringlich. Er konnte das ungute Gefühl nicht komplett verdrängen. Trotzdem nickte er und setzte sich auf den Stuhl. Vorsichtig ließ er sich langsam an die Rückenlehne sinken. Der Stuhl schmiegte sich bequem an seinen Körper. Mit großen Augen blickte er verwundert zu dem Engel. Castiel lächelte. „Er sieht nur so aus“, wiederholte er ruhig und ließ die Fesseln, eine nach der anderen, mit einer Handbewegung zuschnappen. Er wollte seinen Freund nicht noch mehr beunruhigen, als der es im Moment ohnehin schon war. Doch zu seinem Erstaunen entspannte sich der Blonde sichtlich, als sich das Metall um seinen Körper gelegt hatte, denn es fühlte sich wirklich weder kalt noch rau an. Dean atmete noch einmal so tief durch, wie es der Bügel um seine Brust zuließ und blickte auffordernd zu dem Engel. Der hielt ihm ein Stück Leder vor den Mund. Dean öffnete ihn, deutete ein Nicken an und Cas schob es ihm zwischen die Zähne. „Kann ich beginnen?“, fragte der Engel leise. Wieder erhielt er dieses angedeutete Nicken als Antwort. Der Engel murmelte einige henochische Formeln und dann sah Dean wie sich Castiels Hand langsam seinem Bauch näherte und, als gäbe es weder Kleidung noch Haut, in ihn eindrang. Für einen Herzschlag fühlte es sich nur befremdlich an, doch dann kam der Schmerz. Wie eine riesige Flutwelle schwappte er in sein Bewusstsein und riss ihn mit sich in einen taumelnden Strudel sich immer weiter steigernder Qualen. Er brüllte in den Knebel. Sein Körper bäumte sich trotz der Fesseln auf und machte es dem Engel schwer seine Aufgabe zu erfüllen. Seine Zähne gruben sich tief in das Leder. Castiel legte ihm seine Linke fest auf die Brust um ihn zusätzlich zu halten. Immer tiefer drang er ein und immer lauter schrie der Blonde. Er war schon lange nicht mehr in der Lage seine Reaktion bewusst zu steuern. Cas hielt für den Bruchteil einer Sekunde inne. Er konnte Deans Qualen fast körperlich fühlen und es war nicht nur, weil er den Winchester aus der Hölle geholt hatte. Es schmerzte ihn, auch als Freund, dass er es war, der ihn so leiden ließ. Dean hatte wahrlich genug ertragen, um sie alle zu retten. Wie gerne würde er ihm das ersparen, doch es musste sein! Er schirmte sich etwas mehr ab und machte weiter. Ewigkeiten vergingen, in denen Dean Winchester zu einem wimmernden, sich windenden Stück Fleisch wurde, das, wenn es noch zu einem Gedanken fähig gewesen wäre, sich mit genau diesem für diese hirnverbrannte Idee verfluchen würde, die es hierher gebracht hatte. Doch da war kein Gedanke. Da war nur noch heißer Schmerz, der jede einzelne Faser vollkommen ausfüllte und sie dazu brachte sich vollkommen zu verkrampfen und damit diesen sich immer schneller drehende Strudel nur noch weiter anheizte. Selbst durch das große schwarze Nichts in ihm pulsierten die Qualen und schienen ihm auch von Innen heraus auffressen zu wollen. Endlich hatte er es geschafft! Erleichtert richtete Castiel sich auf und zog seine Hand aus Deans Körper zurück. Er fühlte sich so unendlich müde. Diese Wandlung hatte seine Kräfte erschöpft. Noch einmal atmete der Engel, erschreckend menschlich, tief durch und musterte Dean. Der Blonde hing, nur von den Fesseln gehalten, im Stuhl und hatte noch keinen Ton von sich gegeben, wenn man von dem leisen Wimmern absah, das jeden seiner Atemzüge begleitete. Castiels Augen weiteten sich. Dean war mehr tot als lebendig. Eigentlich war es ein Wunder, dass er überhaupt noch lebte. Noch einmal musterte er den Freund intensiv. Dann hob er seinen Blick zur Decke. „Warum?“, entfuhr ein gequälter Schrei seiner Kehle. Warum hatte er Dean diesen Vorschlag überhaupt gemacht? Warum hatte er ihm diese Idee nicht wieder ausgeredet? Warum hatte er DAS mit ihm gemacht? Er hatte Sam verflucht, weil der Dean mit seiner Eifersucht fast umgebracht hatte und was hatte er hier getan. Die Vorzeichen waren andere, aber das Ergebnis ähnlich! Verdammt! Er hatte Dean geliebt und auch wenn dieses Gefühl falsch gewesen war, so empfand er doch jetzt eine so tiefe Freundschaft für ihn, wie es einem Engel nie möglich sein sollte! Und wie würdigte er diese Freundschaft? Diese Umwandlung würde Dean nie verkraften können, nicht in der Zeit, die ihm noch zur Verfügung stand und selbst mit Michaels enormen Kräften nicht. Sein Körper konnte sich in der ihm verbleibenden Zeit nicht von allein von dieser Prozedur erholen. Er hatte Dean hier und jetzt zu einem Leben verurteilt, das der weder gewollt noch verdient hatte! Der Engel ließ seinen Blick noch einmal zur Decke wandern, dann straffte er sich. Nun lag es an ihm dafür zu sorgen, dass sein Freund das schaffen konnte, was er sich vorgenommen hatte! Aber dafür musste er seine eigenen Kräfte regenerieren. Nur wie? Er konnte hier nicht weg und Dean in den Himmel zu bringen war viel zu riskant. Sie würden Michael aufspüren und in diesem Zustand wäre er ein gefundenes Fressen für seine Feinde. Aber eigentlich hatte er alles hier, was er brauchte. Deans Seele war ein unendlicher Quell an Energie und jetzt mit Michaels vollständig erwachten Kräften würde er nur einen Lidschlag brauchen um seine eigenen Engelskräfte zu regenerieren und seinen Freund dann zu heilen. Aber dafür musste er ihm noch einmal weh tun. Als hätte der nicht schon genug erlitten. „Es tut mir leid, Dean!“, sagte er leise. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)