The side I want to hide von LadyShihoin ================================================================================ Kapitel 3: Das Versprechen -------------------------- Carina zitterte, während sie versuchte die Situation zu erfassen, die sich gerade abspielte. Das war nicht möglich. Wie konnte ihr Vater, ihr eigener Vater, nicht von ihrer Existenz wissen? Wie konnte ihre Mutter sie die ganze Zeit anlügen? Und wer zum Teufel sollte dieser Typ sein, der eine Gefahr für ihre Familie darstellen würde? „Ich weiß, dass es ein gewisses Risiko gibt, aber findest du nicht, dass die Beiden ein Recht darauf haben?“ Yoruichis Blick wurde von einer Trauer überschattet, die Carina erschütterte. So hatte sie ihre Mutter noch nie gesehen. „Du weißt genau, dass das nie geplant war. Kisuke war so fertig durch alles, was passiert ist. Er gibt sich immer noch selbst die Schuld, vor allem, weil er die Verwandlung nicht rückgängig machen konnte. Er hat sich so unter Druck gesetzt, dass ich ihn einfach nur trösten wollte. Und dann ist es halt einfach so passiert. Ich weiß, dass hört sich komplett schwachsinnig an, aber ich bin schon froh, dass das unsere Freundschaft nicht kaputt gemacht hat. Stell dir vor, ich würde ihm jetzt auch noch ein Kind aufs Auge drücken. Er soll sich auf seine Forschung konzentrieren, denn das hilft uns wirklich weiter. Vielleicht ist es auch egoistisch von mir, das weiß ich, aber er wird es verstehen, wenn es soweit ist.“ Auch diejenige, die unabsichtlich hinter der Tür stand, versuchte zu verstehen, was sich da gerade in ihrem Kopf zusammenfügte. Es war wie ein Puzzle. Wie Puzzleteile, die sich nach langer Zeit endlich zusammenfügen und ein erkennbares Bild ergeben. Wie in Trance ging das Mädchen langsam und bedacht zurück in ihr Zimmer und versuchte erneut einzuschlafen. Doch ihre Augen wollten sich einfach nicht schließen. Ihr Kopf war wie leergefegt, da war nichts mehr. Nicht mehr die Freude über Yoruichis Rückkehr oder die Verzweiflung über die plötzliche Erkenntnis, dass sie ihren Vater vermutlich in den nächsten Jahren nicht kennen lernen würde. Eine einzelne Träne löste sich aus ihrem rechten Augenwinkel und tropfte zu Boden. Dann legte sich die schwere Leere ebenfalls um ihr Herz und sie ließ sich in die willkommene Dunkelheit ihrer Gedanken ziehen. Am nächsten Morgen war sie vor allem darauf bedacht, sich nichts anmerken zu lassen. „Morgen“, gähnte sie, während sie sich an den Tisch setzte und lustlos auf einem Brot herumkaute. Kukaku grüßte wie immer nicht zurück und Yoruichi erwiderte den Gruß, nachdem sie einen großen Schluck aus ihrem Milchglas genommen hatte. „Und was hast du heute so vor?“, fragte sie und war überrascht, als sie nicht sofort eine Antwort bekam. Normalerweise brabbelte ihre Tochter wie ein Wasserfall, wenn sie hier war, doch jetzt war sie ungewöhnlich still und hing ihren eigenen Gedanken hinterher. Sollte sie mit ihrer Mutter darüber sprechen? Das sie gelauscht hatte und Bescheid wusste? Auf der einen Seite hatte sie die Tatsache, dass ihre eigene Mutter sie schon seit längerer Zeit anlog, verletzt, doch auf der anderen Seite war da immer noch ihr Vater. So, wie die Shihoin die Situation geschildert hatte, hatte Kisuke viele Probleme, um die er sich kümmern musste. Plötzlich wurde sie unmittelbar aus ihren Gedanken gerissen, als eine Hand vor ihren Augen herumwedelte. „Äh, was?“, gab die Blondine nicht sehr intelligent zurück und hörte sowohl von Ganju, als auch von Yoruichi ein amüsiertes Gekicher. „Ich hab dich gefragt, was du heute so vorhast?“, wiederholte die Violetthaarige. „Eigentlich hatte ich mich mit meinen Freunden verabredet, aber ich will viel lieber was mit dir machen“, lautete die Antwort und jetzt kehrte endlich wieder ein Teil der Freude zurück. Sie hatte immer noch ihre Mutter und mit ihr konnte sie bestimmt auch viel Spaß haben. „Na schön. Und was willst du machen?“ „Wir könnten zusammen trainieren“, schlug Carina vor. Yoruichi seufzte. „Warum willst du denn unbedingt Shinigami werden? Es gibt doch noch so viele andere Berufe.“ Außerdem, je weiter sie von Aizen weg war, desto besser. „Aber Papa und du waren doch auch Shinigamis. Ihr wart sogar Kommandanten. Es liegt mir doch quasi im Blut, auch Shinigami zu werden. Tobias meint sogar, er würde mal Kommandant werden.“ „Ach, tut er das?“, hüstelte Yoruichi, doch die Vorstellung behagte ihr nicht wirklich. Ein Kommandant aus dem Hause Kuchiki musste doch wohl mehr als ausreichen. „Gehen wir fliegen“, lachte Carina und jeder im Raum wusste, was sie damit meinte. Yoruichis Blitzschritte waren für sie so schnell, dass es sich jedes Mal anfühlte, als wäre sie ein Vogel, der durch die Luft flog. „Jetzt muss ich mich wieder anstrengen, was?“, stöhnte ihre Mutter spielerisch auf und erhob sich. Angesprochene grinste, als sie hochgehoben wurde. Endlich konnte sie die Sorgen, die sie in den letzten Stunden gequält hatten, fallen lassen. Auch, wenn es nicht für immer sein würde. Wenigstens jetzt wollte sie die Zeit, die sie mit ihrer Mutter hatte, nutzen, um glücklich zu sein. Die nächsten Wochen verbrachte sie größtenteils mit ihrer Mutter, doch auch ihre Freunde dürften nicht zu kurz kommen. Immerhin dachten sie ja, dass Kukaku ihre leibliche Mutter sei, denn ihre wahre Herkunft war nun einmal ein wohlbehütetes Geheimnis, obwohl es Carina manchmal wirklich nicht passte. Immer darauf bedacht zu sein, sich nicht zu verraten, immer einen falschen Nachnamen gebrauchen und immer das glückliche Kind spielen. Manchmal konnte sie nicht verhindern, dass sie neidisch war. Neidisch auf ihre Freunde, die alle eine intakte Familie hatten. Neidisch auf Tobias, dass er so viel mehr Möglichkeiten hatte, als sie. Vor allem in einem Moment, wie dem Jetzigen. Erneut musste sie sich verabschieden. Das, was sie vor jedem Besuch zu verdrängen versuchte. Der Abschied. Sie presste die Lippen so fest zusammen, dass sie nur noch eine schmale, weiße Linie bildeten, als ihre Mutter ihr sanft durch die Haare strich. „Ich komm bald wieder. Versprochen. Ich bestell Papa schöne Grüße, okay?“, sagte sie und umarmte ihre Tochter, während diese kaum merklich zusammenzuckte. Schon wieder eine weitere Lüge, die ihrer Mutter so leicht über die Lippen glitt. „Hör mal, Mama“, sagte die 10-Jährige zögernd und zwang sich zu einem Lächeln. „Wenn Papa soviel zu tun hat, ist es nicht schlimm, wenn er nicht herkommen kann. Manche Sachen haben halt Vorrang.“ Yoruichi lächelte noch einmal, nickte und erhob sich. „Benimm dich und pass auf dich auf!“, sagte sie noch und es klang beinahe wie ein Befehl. „Jawohl Taicho“, sagte Carina und salutierte spielerisch. Ein letzter Blick, weniger als ein Augenaufschlag und ihre Mutter war verschwunden. „Hey, da bist du ja“, wurde die Shihoin aus ihren Gedanken gerissen und sah überrascht auf. „Warum sitzt du hier, ganz allein, am See und schiebst Trübsal? Ist irgendetwas zu Hause passiert?“, fragte Tyson, während Alice, Tobias und Toshiro nur verwunderte Blicke miteinander austauschten. „Das Übliche“, murmelte sie und warf einen Stein ins Wasser. „War Kukaku wieder gemein zu dir?“, fragte nun auch Alice. „Die hat mal wieder schlechte Laune“, log Carina, denn mittlerweile war sie richtig gut darin. Musste sie wohl von ihrer Mutter geerbt haben. „Lass sie doch. Du hast immerhin noch uns“, sagte Tobias und lächelte aufmunternd. „Genau“, stimmten Tyson und Alice ihm synchron zu. „Und egal, wie blöd du auch manchmal bist, wir werden garantiert immer zu dir halten, klar?“, sagte nun auch Toshiro. Tränen sammelten sich in ihren Augen, doch sie blinzelte sie schnell weg. „Danke, Leute“, antwortete sie schließlich und wunderte sich für einen Moment, warum sie solche Freunde eigentlich verdient hatte. „Und wir werden alle Shinigamis“, rief Alice und streckte ihre Hand in die Luft. „Ja“, nickte Tobias und legte seine Hand über ihre. „Auf jeden Fall“, lachten Tyson und Toshiro und machten es ihren Freunden nach. Aufmunternd schauten sie alle Carina an, die nun wirklich vor Freude gleichzeitig lachte und weinte. Dann platzierte auch sie die Hand auf denen ihrer Freunde. „Das ist ein Versprechen“, besiegelte sie den Bund. Den Bund ihrer Zukunft. Den Bund ihrer Freundschaft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)