Die Schuld, die ich nie vergessen konnte von Fuin ================================================================================ Kapitel 2: Ein Tag in Schwarz ----------------------------- Ein Tag in Schwarz Es regnete, was irgendwie zu einem Tag wie diesem passte. Draco stand mit seiner Mutter an der einen und seinem Sohn an der anderen Seite auf dem Familienfriedhof der Malfoys. Sie gaben ein perfektes Bild einer trauernden Familie ab, wie sie da so in ihren schwarzen Klamotten standen, die letzten Mitglieder der Malfoy-Familie. Draco betrachtete seltsam emotionslos, wie der Sarg seines Vaters mit Zauberkraft in die Gruft getragen und dort an seinen Platz gesetzt wurde. Es waren mittlerweile drei Tage, seitdem sein Vater gestorben war. So klammheimlich, dass es kaum einer gemerkt hatte. Seit dem Fall des dunklen Lords war Lucius Malfoy nicht mehr der gleiche, er war es auch vorher schon nicht mehr gewesen. Als er realisiert hatte, dass alles was sein Vater ihn gelehrt und woran er geglaubt hatte, sich als falsch erwies war für ihn eine Welt zusammengebrochen. Er redete tagelang nicht, aß nicht und schloss sich in sein Zimmer ein und Draco, wie auch Narcissa hatten mit ansehen müssen, wie Lucius langsam aber sicher zugrunde ging ohne, dass sie irgendetwas dagegen hatten tun können. Er war schließlich eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht. Draco glaubte nicht, dass sein Vater sich umgebracht hatte, denn das passte nicht zu ihm und dazu war er viel zu stolz. Es änderte jedoch nichts daran, dass er nun tot war und auch wenn sie kein enges Verhältnis gehabt hatten, so schmerzte sein Verlust ihn trotzdem. Er blickte zu seinem Sohn herunter und strich ihm durch die feinen, blonden Haare. Der Kleine weinte und Draco ließ ihn, denn er hatte seinen Großvater sehr geliebt und hatte verstanden, dass er ihn nie wieder sehen würde. Auch seine Mutter konnte ihre Tränen kaum zurückhalten und wühlte aus ihrer Handtasche ein Taschentuch. Draco griff nach ihrer Hand und drückte diese leicht. Sie erwiderte den Druck, ehe sie seine Hand auch wieder losließ und sich die Tränen von den Wangen tupfte, ehe sie sich zu dem kleinen Scorpius runterbeugte und auch ihm die Wangen trocknete. Draco wusste, dass seine Mutter an dem Tod seines Vaters verzweifelt wäre, würde es seinen Sohn nicht geben, der ihr einen Sinn zu Leben gab. Nach dem Fall des dunklen Lords hatte er sich verpflichtet gefühlt ein Zeichen zu setzen und hatte anstatt einer Reinblüterin eine muggelstämmige Hexe geheiratet. Zu sagen es wäre eine reine Nutzheirat gewesen, wäre gelogen, denn sie hatten sich auf die ein oder andere Weise doch sehr geliebt. Es war im letzten Jahr gewesen, dass sie sich umgebracht hatte. Draco hatte nicht geahnt wie sehr sie gelitten hatte, denn sie hatte sich nie beklagt oder Andeutungen gemacht. Nach ihrem Tod jedoch begann er zu verstehen, dass sie mit ihrer Heirat in seine Familie alles hatte aufgeben müssen. Ihre Freunde hatten sich abgewandt, weil sie sie als Verräterin gesehen hatten und auch ihre Eltern, beeinflusst durch böse Nachrede hatten sie gemieden. Scorpius, der damals 11 Jahre alt gewesen war, hatte er erzählt, dass seine Mutter sehr krank geworden war und niemand sie hatte heilen können. Nun hatte auch der Großvater den Jungen verlassen und Draco ebenso. Er fragte sich, ob es nicht noch schlimmer werden konnte, oder ob nun endlich bessere Zeiten anbrechen würden. Das hoffte er nicht für sich, sondern vor allem für seinem Sohn, der im nächsten Monat sein zweites Jahr in Hogwarts antreten würde. ... Wie in einem Traum fühlte er sich nach der Beerdigung, als er durch die Nokturngasse ging und zu seiner Stammkneipe lief. Seine Mutter, wie auch Scorpius waren in Malfoy Manor geblieben und hatten sich in ihren Zimmern eingeschlossen. Draco empfand das trauernde Schweigen, dass sich in den großen Hallen des Anwesens breit gemacht hatte, als unerträglich. Dieser Tag hatte ihn mehr aufgewühlt, als er gedacht hatte und er fühlte sich so müde, dass er sich am liebsten hingelegt und drei Tage durchgeschlafen hätte. Aber er konnte jetzt nicht nach Hause und seiner Mutter und seinem Sohn gegenüber treten, den starken spielen und zuversichtlich sein, denn das hatte er die letzten Tage schon getan. Heute wollte er einfach nur traurig sein und sich hängen lassen. Dazu hatte er alles Recht, schließlich hatte ihn nun auch sein Vater verlassen. So elend wie jetzt hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt und die Blicke, die ihm entgegen geworfen wurden zeigten ihm, dass er auch genauso aussah wie er sich fühlte. Seine schwarze Kleidung machte den Anblick wohl nicht besser. Seit dem Fall des dunklen Lords hatte Draco sich angewöhnt andere Farben außer schwarz zu tragen, obwohl er sich nie wohl darin gefühlt hatte. Er hatte vieles in seinem Leben umgestellt, nachdem nichts mehr so wie vorher war und sowohl seine Überzeugung, als auch die seines Vaters sich als falsch herausstellte. Beim Gedanken an seinen Vater schüttelte Draco den Kopf und blickte auf. Das Bild der Nokturngasse hatte sich in den vielen Jahren komplett gewandelt. Aus der alten Gasse, in der sich ein Laden für schwarze Magie an den nächsten reihte, war ein verschmutztes, aber fröhliches Kneipengässchen geworden, in dem sich manch Zauberer gerne den Feierabend vertrieb. Dracos Schritt ging zielstrebig die Nokturngasse bis zum Ende entlang und öffnete die Tür zu einem kleinen, schäbigen Pub und trat ein. „Guten Abend Mr. Malfoy“, begrüßte ihn ein verzauberter Hirschkopf, der dem Eingang gegenüber an der Wand hing. Draco beachtete ihn nicht, sondern nickte dem Wirt hinter der Theke zu und ließ sich auf einen Barhocker an eben diese sinken. „Stressiger Tag heute, nicht?“, fragte dieser und Draco nickte einfach nur. „Das gleiche wie immer.“ Kurze Zeit später stand ein Glas Feuerwhiskey mit Eiswürfeln vor ihm und ein Schälchen mit gesalzenen Erdnüssen. Direkt nahm er das Glas, setzte es an die Lippen und trank einen kräftigen Schluck Feuerwhiskey, der in der Kehle zwar fürchterlich brannte, aber trotzdem sehr gut schmeckte. Er brauchte das jetzt und wenn er sich jetzt um diese Uhrzeit betrank, war es ihm völlig egal, denn die Umstände erlaubten ihm diesen Ausrutscher. Der Pub war relativ leer, er war auch kein beliebtes Ziel für Zauberer, aber genau deswegen mochte Draco ihn. Nachdem das Glas Feuerwhiskey leer war, bekam er ein neues hingestellt und auch die Schale mit den Erdnüssen leerte sich zunehmend. Hin und wieder öffnete sich die Tür, Besucher kamen und gingen, aber er blieb sitzen und spürte, wie der Alkohol mehr und mehr in sein Hirn stieg. Hin und wieder setzte sich jemand neben ihn, aber den beachtete er nicht, bis schließlich einer neben ihm saß, der ihn ansprach. „Hey Malfoy... So kann man seinen Feierabend auch genießen“, sagte eine Stimme neben ihm und Draco schon ziemlich träge und müde, wandte den Kopf und verzog sein Gesicht. „Von allen Gesichtern, die ich heute sehen wollte, ist deins das letzte Potter“, meinte er nur und wandte sich ab. „Ist ja nicht so, als könnte ich das nicht verstehen“, gab der andere zu und bestellte ein Ale. Draco fühlte sich beduselt und seine Zunge hatte sich ziemlich gelockert, aber er glaubte sich so weit unter Kontrolle zu haben, nichts unvorsichtiges zu sagen. „Hast du nichts besseres zu tun, als hier in einem lumpigen Pub zu sitzen?“, fragte er und blickte den anderen an. Eine Frage, die er dem anderen ohne Alkohol niemals stellen würde. „Mann hast du ne Fahne, wie lange sitzt du schon hier?“ Der Schwarzhaarige wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum und dankte dem Wirt, als dieser ihm sein Ale hinstellte. „Lange genug“, meinte Draco und blickte weiter stumpf auf seinen Feuerwhiskey, bemühte sich den anderen neben sich zu ignorieren, was ziemlich schlecht ging. Besonders als dieser wieder begann zu reden. „Ich war auch auf dem Astronomieturm in jener Nacht.“ „Ach ja? Wie schön für dich“, murmelte Draco. Er wusste nicht worauf Potter jetzt hinaus wollte, ob er ihm seine eigene Feigheit unter die Nase reiben wollte, oder ob er ihm vorwerfen wollte, dass er Dumbledore hatte umbringen wollen. Draco zog es vor sich darüber nicht den Kopf zu zerbrechen, er fühlte sich heute sowieso schon elend und da musste er nicht wieder an damals denken. „Ich wollte damit sagen, dass ich dich nicht für einen Handlanger von Voldemord halte. Er hat dich und deine Familie bedroht, ich hätte in deiner Situation vermutlich nicht anders gehandelt“, redete der andere weiter und Draco, der eigentlich nichts mehr hatte trinken wollen, stürzte den Rest in seinem Glas hinunter und bestellte doch wieder einen neuen Drink. Ihm lag eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, aber hütete sich einen Streit vom Zaun zu brechen und besann sich eines anderen. „Es ist kein Geheimnis, dass die wenigsten Anhänger des dunklen Lords in der letzten Phase des Krieges aufgrund ihrer Überzeugung an seiner Seite blieben, als vielmehr weil sie bedroht wurden“, sagte er trocken. „Warum läufst du immernoch herum wie ein Verurteilter Todesser?“ Draco biss die Zähne zusammen und sah zu dem anderen rüber. „Was willst du von mir Potter? Versuchst du dich einzuschleimen, damit ich deine lächerliche Untersuchung genehmige?“, fragte er wütend und wandte nun den Blick von seinem Glas ab und dem anderen zu. Ebenso wütend runzelte der andere die Stirn, seufzte dann aber und trank einen Schluck von seinem Ale. „Nein.. Ginny hat mich rausgeschmissen“, gab er zu und brachte Draco mit seiner Ehrlichkeit dazu dümmlich zu blinzeln. Er hatte nicht mit dieser Ehrlichkeit Seitens des anderen gerechnet. „Das erklärt die Übernachtung im Ministerium.“ Harry hatte sich abgewandt, blickte stumpf geradeaus die Wand gegenüber der Theke an und nickte. „Sie meinte ich verbringe zu wenig Zeit mit ihr und den Kindern. Ich würde mich kopfüber in jedes Abenteuer stürzen und dabei vergessen, dass es nicht mehr nur um mich geht. Dabei bin ich Auror, das ist nun einmal mein Job. Und auch wenn der Krieg nun vorbei ist, scheint die halbe Zaubererwelt zu glauben, dass ich das Allheilmittel gegen jeden Scheiß bin, der in der Welt passiert.“ Draco, der sich fragte warum der andere ihm das überhaupt erzählte, hatte sich nun ebenfalls abgewandt und starrte ebenfalls an die Wand. Er war versucht zu fragen, ob Weasley zu beschäftigt war, um sich Potters Mist anzuhören, stattdessen fanden andere Worte den Weg über seine Lippen. „Scheint als wäre ich nicht der einzige, der noch in der Vergangenheit lebt und nicht loslassen kann.“ Potter nickte und ein leichtes Lachen kam über seine Lippen. Es war ein deprimierender Tag, aber dadurch, dass es jemandem ähnlich mies wie ihm ging, besserte sich seine Laune ein wenig. „Es tut mir sehr Leid was mit deiner Frau passiert ist“, sagte der andere, total aus dem Zusammenhang gerissen. Als er „Für so eine Welt habe ich nicht gekämpft“, sagte begann es Draco zu dämmern, dass auch dem anderen die Entwicklung der Welt nicht gefiel. Der Blondhaarige erinnerte sich noch sehr genau an die Schlagzeile, die vor 19 Jahren im Tagespropheten aufgetaucht war. „Harry Potter verweigert die Teilnahme an den Nachkriegsprozessen“. Damals hatte er gedacht, der andere habe dies getan, um ihn und alle anderen Angeklagten zu demütigen. Nun stand die Sache jedoch anders und es stimmte vermutlich, dass er seine Teilnahme verweigert hatte, um jegliche Objektivität der Prozesse zu vermeiden. Draco zuckte die Schultern, denn ändern ließ sich an dem Tod seiner Frau nun nichts mehr. „Es ist an einer späteren Generation das zu ändern“, sagte er und trank wieder einen Schluck Whiskey. „Es ist zu viel zu verlangt von den Opfern Vergebung zu verlangen, für all die Jahre in Angst und Schrecken, Folter und Tod.“ Draco schüttelte den Kopf und fuhr mit der Hand über den Rand seines Glases. Harry, der neben ihm saß schnaubte nur und brachte den Blondhaarigen dazu ihn anzublicken. „Was?“ „Nichts, nur bist du der letzte von dem ich sowas zu hören geglaubt hätte“, meinte der ehemalige Gryffindor und trank sein Glas leer. Draco schwieg dazu nur, trank sein Glas leer und ließ sich abermals ein neues hinstellen. „Die Zeiten waren nicht einfach nach dem Krieg“, sagte er schließlich, die Zunge seltsam locker von all dem Alkohol, den er getrunken hatte. „Wir waren nichts, weder gewollt von der einen, noch von der anderen Seite. Alles was wir tun konnten, war uns drei elendig lange Jahre in unserem Anwesen einzuschließen und zu hoffen, dass niemand es wagen würde einzudringen.“ Sein Blick glitt in die Ferne, als er an die Zeit damals zurückdachte. Drei lange Jahre hatte es nichts als bedrücktes Schweigen in Malfoy Manor gegeben und die Angst überfallen und aus Rache getötet zu werden war allgegenwärtig. Durch ihren Verrat gehörten sie nicht mehr zu den Todessern, aber die restliche Welt hatte sich gegen sie gestellt für das, was sie vorher getan hatten. Es war eine beschissene Zeit gewesen. „Bis ich eine Stelle im Ministerium bekam und uns dadurch politischer Schutz gewährt wurde. Nichts ist mehr wie damals und es wird auch nie mehr so sein“, sagte er bitter und schwieg dann, was der andere ebenfalls tat. Sie saßen noch lange schweigend und jeder trank still vor sich hin, bis Draco beschloss sich zu verabschieden. „Nacht Potter“, sagte er und stand auf, seine Jacke nehmend. „Nacht Malfoy.“ Einen Moment fragte sich der Blonde wo der andere schlafen würde, nun da ihn seine Frau rausgeschmissen hatte. Aber es war nicht seine Sache, also fragte er nicht nach und ging einfach. Bestimmt würde Harry Potter, der Retter der Welt kein Problem haben irgendwo in einem weichen Bett unter zu kommen. Dieser jedoch machte sich nach einer Weile wieder ins Ministerium auf, wo er sich auf seine Couch legte und dort einschlief, wie er es schon seit beinahe zwei Wochen tat. Am nächsten Tag fanden sowohl Harry, als auch Draco beim Frühstück einen Artikel in der Zeitung, welcher offiziell vom Tod Lucius Malfoys berichtete. Über dem Artikel prangte ein Bild, welches Draco, Narcissa und den kleinen Scorpius zeigte, wie sie vor der Familiengruft standen, die Gesichter von Trauer gezeichnet. Unter dem Foto prangte in großen Buchstaben die Überschrift „Der freigesprochene Todesser Lucius Malfoy verstarb vor drei Tagen“. TBC -------------- Freue mich über Kommentare :D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)