I'm just more von -ladylike- (... More than I thought) ================================================================================ Kapitel 7: Bleed ---------------- Bleed I bleed my heart out on this paper for you So you can see what I can't say I'm dying here 'Cause I can't say what I want to I bleed my heart out just for you (Bleed – Hot Chelle Rae) Der Kugelschreiber brennt zischen meinen Fingern und vor mir liegt ein leeres Blatt Papier. Irgendwie komme ich mir vor, als säße ich in einer kitschigen Liebesschnulze. Verzweifelte Menschen sitzen am Schreibtisch und schreiben ihre Gefühle nieder, auf Blätter, auf Seiten, schreiben Sätze und Wörter, die einem das Herz zum Bluten bringen. Und jetzt bin ich auch dabei, einen Liebesbrief zu schreiben. Ehrlich hätte ich nie gedacht, dass mir das tatsächlich mal passieren würde. Silbriges Mondlicht erhellt mein kleines Gästezimmer, den Platz, den ich mir zum Schreiben ausgesucht habe. Ich sitze nicht, wie verzweifelte Liebesfilmschauspieler, am Schreibtisch, sondern auf der Fensterbank. Der Block liegt auf meinen Oberschenkeln und ich bin mir sicher, dass die Worte wunderschön glitzern werden, sobald ich sie niederschreibe. Lange tue ich nichts, lausche meinem Herzschlag, der ruhig und gleichmäßig gegen meinen Brustkorb klopft, als wolle er mir zeigen, dass alles in Ordnung ist. Auch mein Altem geht regelmäßig, während ich versuche, Worte für meine Gefühle zu finden. Und dann geschieht es: Meine Hand beginnt zu schreiben, ganz von selbst, als entwickle sie ihren eigenen Willen. Meine Gefühle werden zu Sätzen, fließen durch meinen Körper, sammeln sich in meinen Fingern und verlassen durch den Kugelschreiber mein Inneres, landen auf dem Papierbogen. Es fühlt sich an, als würden tausende Ameisen unter deiner Haut krabbeln. Als würden Schmetterlinge in deinem Bauch Tango tanzen. Als würde ein Feuerwerk in deinem Körper explodieren. Als würde ein Blitz durch deine Glieder fahren. Das und noch so vieles mehr habe ich gelesen, wenn es darum ging, das Gefühl ‚Liebe‘ zu beschreiben. All das stimmt, irgendwie. All das trifft zu, aber es fasst für mich nicht zusammen, wie es sich wirklich anfühlt. Die Wahrheit, meine Wahrheit, klingt nicht nach Romanen. Nicht danach, als hätte ein Autor es aufgeschrieben. Und ich bin ja auch keiner. Für mich ist es ganz einfach: Es fühlt sich an, als wäre deine Welt in Ordnung. Aber auch das stimmt nicht immer. Diese ganzen Beschreibungen treffen es auf den Punkt, wenn man glücklich verliebt ist. Genauso kann Liebe sich anfühlen, als würde man dein Herz aufschlitzen. Als würde man es vor deinen Füßen zerschmettern. Als würde es bluten. Als würde man jedes Körperteil von dir einzeln umbringen. Als würden deine Gedanken nur noch aus Dunkelheit bestehen. Merkst du was? Es klingt wieder nach Roman. Ehrlich gesagt weiß ich dieses Mal auch nicht, wie man es anders ausdrücken könnte, ohne typisch zu klingen. Aber ich habe mit Reita mal darüber gesprochen. Es war nach unserem ersten großen Streit. Wir haben uns so gezofft, dass ich dachte, ich muss sterben. Unsere Wohnzimmerkissen mussten damals ziemlich leiden. Ich habe ihn angeschrien, mit den Kissen nach ihm geworfen, ihn schließlich ohrenbetäubend kreischend aus der Tür gestoßen. Danach habe ich mich mit der Stirn gegen die geschlossene Tür gelehnt und auf die Tränen gewartet. Sie kamen nicht, noch nicht. Stattdessen habe ich mich gefühlt, als hätte ein bösartiges kleines Teufelchen sich mein Herz geschnappt und mit seinem Dreizack so lange darauf eingestochen, bis es aus unzähligen Wunden blutete. Es hat sich schrecklich angefühlt. Schrecklicher, als ich mir Liebeskummer zuvor vorgestellt habe. Die Tränen kamen erst, als ich am Abend im Bett lag. Eigentlich hat Reita damals bei mir übernachten wollen, doch ich lag allein da und habe mir die Augen aus dem Kopf geheult. Ich dachte beinahe, mein Herzblut würde anstelle der Tränen aus ihnen heraustropfen, doch es blieb beim Salzwasser. Ich habe so lange geweint, bis keine Tränen mehr kamen und noch länger. Meine Stimme war heiser, mein ganzes Gesicht aufgequollen, mein Körper hat gezittert, als ich an dem Abend mein Handy griff und Reita anrief. Er hat abgenommen, allerdings erst mal nichts gesagt. Er hat mich nicht einmal angeschrien. Er hat gewartet, bis ich etwas sage. ‚Warum tut es so weh?‘, habe ich ihn gefragt. ‚Weil du mich liebst‘, hat er geantwortet. Das ist dann wohl die andere Seite der Liebe. Die, von deren Existenz eigentlich keiner wissen will, die sich aber wahrscheinlich gerade deswegen immer wieder zeigt. Momentan habe ich keine Ahnung, wie ich verliebt bin. Ob glücklich oder unglücklich, es fühlt sich irgendwie nach beiden an. Der Einzige, der mir sagen kann, ob glücklich oder unglücklich, bist du, Jun. Denn du bist es, in den ich mich verliebt habe. Ja, ich könnte es dir auch so sagen, aber um ehrlich zu sein, habe ich davor zu viel Angst, zumal wir uns so dumm gestritten haben. Vielleicht wird dieser Brief nie in deinen Händen landen, vielleicht verbrenne ich ihn, bevor du ihn lesen kannst, vielleicht warte ich weiter, ob ich mehr Mut in mir finden kann, als ich glaube zu besitzen. Aber im Grunde weiß ich, dass das nicht der Fall sein wird, was bedeutet, dass du diese Zeilen aller Wahrscheinlichkeit nach lesen wirst. Ich hoffe, du wirst sie dir aufmerksam durchlesen und mir helfen können, meine Frage zu beantworten. Ruki Ich lege den Stift beiseite und falte das Blatt zusammen. Ich will gar nicht wissen, was für herzzerreißende, unglaublich kitschige Gedanken jetzt darauf stehen. Meine Finger schmerzen, so sehr habe ich den Kugelschreiber umklammert. Umständlich versuche ich den Schreibkrampf zu lösen, während ich den Brief in einem Briefumschlag verschwinden lasse und liebevoll und in deutlichen Druckbuchstaben ‚Fabian‘ darauf schreibe. Dann lege ich den Umschlag unter mein Kopfkissen, kuschele mich in meine Decke und versuche zu schlafen. Der nächste Morgen beginnt damit, dass ich tatsächlich glaube, den Brief nur geträumt zu haben. Ich bin schon der festen Überzeugung, er wäre ein Gespinst meiner Fantasie, doch als ich mein Kopfkissen hochhebe, wird mir klar, dass ein bisschen mehr Realität in meinem sogenannten Traum steckt, als ich dachte. Sprich: Meine Augen erblicken dieses wunderschöne weiße Teil, auf dem ‚Fabian‘ steht. Ich seufze. Also kann ich mich doch schnulzigen Liebesgeschwafeln hingeben. Schnell, als könnte ich mein Geschreibsel damit ungeschehen machen, drücke ich mein Kissen wieder auf den Umschlag. Scheiße. Neben mir ertönt ein Niesen, dann ein leises Fluchen. „Scheiß Hausstaub!“ Maya. Erschrocken fahre ich hoch und bete, dass mein Freund noch nicht lange wach ist. Dem verschlafenen Ausdruck in seinem Gesicht zu urteilen, scheint das glücklicherweise wirklich nicht der Fall zu sein. „Oh, Ruki, auch schon wach?“ Ich nicke und brauche ein paar Sekunden, um Worte zu finden, die mich nicht verraten, entscheide mich dann für das wahrscheinlich Unverfänglichste, was ich hätte sagen können: „Wann seid ihr gestern eigentlich zurückgekommen?“ „Um vier“, stöhnt er und hält sich gequält die Hände vors Gesicht, als er versehentlich in die Sonne guckt, die durchs Fenster hereinscheint. Ja, man hat richtig gehört! Es scheint tatsächlich die Sonne! Anfang Oktober und bei so vielen Scheißproblemen scheint die Sonne! Sowas nenne ich Ironie des Schicksals. Alles kommt dann, wenn es am wenigsten ins Leben passt. „Ich sag dir, ich war so verdammt voll …“ „Allerdings, das warst du.“ Gott, hat Aiji mich erschreckt! Himmel, seit wann kann man so leise aufwachen?? „Du hast dem Barkeeper erzählt, ich hätte dich entführt und in diesen Club gebracht, damit du einen Mafiaboss beschattest, da du seit ein paar Jahren der beste Geheimagent der Welt bist – wir können von Glück reden, dass der Typ dich nicht verstanden hat, Maya. Er hat dich lediglich dumm angeguckt und Miyavi hat mir nachher erzählt, der hätte überlegt, einen Arzt zu rufen, weil er sich nicht sicher war, ob du eine zulässige Sprache gesprochen, oder dir selbst eine ausgedacht hast!“ Ganz ehrlich? Ich hätte nie gedacht, dass ich so schnell wieder lachen kann – oder besser gesagt: grinsen. Aber bei der Vorstellung, wie Maya mit einer Men-in-black-Sonnenbrille auf der Nase und einer Pistole im Gürtel des dunklen Anzugs in der Weltgeschichte herumreist, um wichtige Menschen aus der Gefangenschaft der bösen Buben zu befreien oder gar die Welt zu retten, da muss man einfach zugeben, dass es zu komisch aussieht, um unbeteiligt zu bleiben. „Echt jetzt! Fuck!! … Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern …“ „Kein Wunder“, stellt Aiji trocken fest und setzt sich auf. „Sagt mal, könnten wir vielleicht irgendwie den Vorhang zuziehen? Ich will noch ein bisschen weiterschlafen … Bitte.“ Seufzend stehe ich auf. Gerne doch, die Herren, ich hab ja auch sonst nichts zu tun. Aber meinetwegen tue ich ihnen diesen Gefallen – nachher gehen sie mir den ganzen Tag auf die Nerven, weil sie so schrecklich müde sind. Nicht auszudenken. Nachdem ich den Vorhang beiseitegeschoben habe, verlasse ich auf leisen Sohlen den Raum und begebe mich in die Küche. Schnell ziehe ich eine Mich aus dem Kühlschrank, hole ein Glas aus dem Schrank. Was gibt es Schöneres, als den Tag mit einem kalten Glas Milch zu beginnen? Und dann noch allein? Wenn alles ruhig ist und mich niemand stört, wenn ich am Fenster stehen und den Morgen genießen kann, dann ist für mich die Welt in Ordnung. Zumindest zu einem großen Teil. Meine vermeintliche Ruhe wird allerdings schon recht schnell durch Uruha gestört, der hinter mich tritt. „Na“, fragt er und ich kann das Lächeln in seiner Stimme förmlich hören. „Bereit für einen weiteren Tag verwirrendes Deutschland?“ „Nein.“ „Kann ich verstehen … Wir wollen heute erst Miya zur Arbeit bringen, dann vernünftig irgendwo zu Mittag essen und uns mit Jenni in der Stadt treffen. Sie will uns unbedingt noch sehen, bevor ihre Mittagspause zu Ende ist. Einverstanden?“ Ich bin Uruha gerade wirklich dankbar, dass er das Ganze mit unserer Situation nicht weiter ausbreitet, sondern auf andere Themen zurückgreift. „Hmhm“, nicke ich, nippe an meiner Milch. „Gut. Sind die anderen schon wach?“ „Nicht mehr.“ Irritiert wirft Uruha mir einen Blick zu. „Ja, sie waren schon wach. Zumindest Maya und Aiji. Aber sie haben beschlossen, dass es noch deutlich zu früh zum Aufstehen ist.“ Hinter mir ertönt ein unterdrücktes Lachen. „Das klingt ganz nach deinen Freunden. Na ja, Miyavi schläft auch noch … Hilfst du mir dann, den Frühstückstisch zu decken?“ Ich bejahe und folge Uru in die Küche, wo er mir ein paar Teller in die Hand drückt. „Weißt du“, erklärt er mir dabei, „ich glaube, wir sollten gut auf Miyavi aufpassen, Ruki.“ Augenblicklich kommt meine innerliche Beklemmung zurück, von der ich dachte, sie verdrängt zu haben. Muss er damit anfangen? Kann ich nicht wenigstens diesen einen Morgen versuchen, glücklich zu sein, dass ich hier bin? „Uru, sie mir nicht böse, aber können wir vielleicht über was anderes reden?“ Er lächelt mich schief an. „Ja, klar, wenn du willst.“ „Kannst du dich auch noch daran erinnern, dass Maya dem Barkeeper erzählt hat, er wäre Geheimagent?“ Miyavis Mitbewohner grinst, dann lacht er. „Und wie ich das kann! Was meinst du, wieder Typ geguckt hat, als er checkte, dass er Maya nicht nicht versteht, weil die Musik so laut war, sondern weil er irgendwie nicht die richtige Sprache spricht. Wären Miya und ich nicht dagewesen, da wär ein Arzt aufgelaufen … Für Maya und den Barkeeper.“ Ich beobachte, wie Uruha routiniert nach den Aufbackbrötchen greift, anschließend einen ganzen Turm von Tassen ins Ess-/Wohnzimmer balanciert, die Marmelade hochhebt, feststellt, dass sie leer ist und sie, ohne weiter darauf zu achten, gegen eine neue austauscht. „Sag mal, wird das mit dem Helfen heute noch was?“ Erst jetzt stelle ich fest, dass ich noch immer mit den Tellern in der Hand in der Küche stehe und werde rot. „Ähm … ja, klar … sorry …“ Unruhig huscht Miyavi in der Wohnung auf und ab. Heute soll irgendwer wichtiges im Theater aufkreuzen, der das neue Stück, an dem er mitarbeiten soll, zu einem großen Teil sponsern könnte – wenn er sich davon überzeugen lässt, dass Miya und sein Ensemble seine Unterstützung wert sind. Und jetzt hat er schreckliche Sorge, alles zu verbocken. „Mir ist schlecht“, murmelt er kopflos, während sein Hände fahrig in einigen Zetteln auf der Kommode im Flur wühlen. „Mir ist so verdammt schlecht … Hat irgendwer meine Autoschlüssel gesehen?“ Uruha lehnt völlig gelassen im Türrahmen, als würde die Aufregung meines besten Freundes komplett kalt lassen. „Miyavi, jetzt reg dich mal ein bisschen ab. Du kennst das Ganze doch schon. Wie viele Geschäftspartner hatte euer Theater bereits, die sich eure Arbeit angesehen haben? 20? 25? Oder noch mehr?“ Aha, verstehe! Uru tut nicht nur so, als würde es ihn nicht interessieren, es interessiert ihn wirklich nicht. „19. Und mir ist jedes verdammte Mal schlecht …“ „Und das sagt der, der regelmäßig vor prallvollen Clubs und in Restaurants spielt.“ „Ja, da hängt aber nichts von mir ab. Wenn ich’s versaue, komm ich da halt nicht mehr hin. Wenn ich das hier versaue, hat das Theater einen Haufen Geld verloren – und ich vielleicht meinen Job. Das kann man nicht miteinander vergleichen! … Aaah, hier sind die Schlüssel!“ Stolz zieht er sie aus einem dem kleinen Spalt zwischen einem bunten Kästchen und der Wand hervor. „Und, was ist? Fahren wir los?“ Habt ihr schon einmal versucht, mit sechs Personen in einem Viersitzer zu fahren? … Wenn nicht, dann rate ich euch im Guten, es nie auszuprobieren; es ist verdammt eng! Ich sitze eingequetscht zwischen Aiji und Maya, auf dessen Schoß Takeya hockt und sich – ungewöhnlich brav – an ihm festklammert, um nicht hin- und hergeworfen zu werden. Aijis Bein drückt sich gegen mein Knie und ich habe kaum genug Platz, um meine Arme neben dem Körper zu halten. Stattdessen muss ich ein wenig vorgebeugt sitzen, um das Sitzen hier hinten zu ermöglichen. Seeehr angenehm, wirklich. Glücklicherweise halten wir genau in diesem Moment vor dem Theater und Miyavi lehnt sich zu uns nach hinter. „Tschüss, ihr Lieben. Ich geh mal los, ne?“ „Tüss, Papa! Du mat das schon!“ „Danke, Takeya, ich werde mich bemühen.“ Lächelnd wuschelt er seinem Sohn durchs Haar, öffnet dann die Tür und steigt aus. Uruha fährt an. „Uru?“, frage ich schnell, bevor ich es mir doch noch anders überlegen kann, „Können wir noch einmal kurz bei Jun vorbeifahren? Ich muss da noch was abgeben …“ „Ruuukiii?“, quengelt es neben mir. „Es ist echt deprimierend, nichts zu verstehen. Was hast du gesagt?“ Mit seinen großen braunen Augen schaut Maya mich an, die Lippen zu einem bittenden Schmollmund verzogen … Wie sollte man da denn bitte „Nein“ sagen? Mittlerweile sind Miyavi und ich ganz gut im Dolmetscher spielen und wissen schnell, wann der eine und wann der andere übersetzt, jedoch sind wir dazu übergegangen, nicht alles zu übersetzen. Außerdem spricht Uruha auch Japanisch und ist sogar dabei, Aiji und Maya Deutsch beizubringen – wenn auch nicht mit allzu viel Erfolg, was den Flummi angeht. Er hat den Kopf einfach viel zu voll mit anderen Angelegenheiten, als dass er sich darauf konzentriert, so etwas Unwichtiges wie die deutsche Sprache zu lernen. „Ich habe ihn gefragt“, sage ich also, obwohl ich die Frage absichtlich nicht auf Japanisch gestellt habe, um dummen Erklärungen auszuweichen, „ob wir noch kurz bei Jun vorbeifahren können, weil ich da noch was abgeben muss.“ „Wie jetzt?“ Irritiert zieht Maya die Augenbrauen zusammen. „Ich dachte, ihr habt Stress?!“ Auch Aiji sieht mich überrascht an. „Ich auch …“ „Ja, haben wir ja auch. Aber ich hab noch einen Brief loszuwerden. Ich finde, ich sollte ihn abgeben, auch wenn wir zerstritten sind. Er gehört ihm ja irgendwie …“ „Da magst du Recht haben, Ruki. Wir können da gerne vorbeifahren.“ Oh, wie ich Uruha liebe! Genau im richtigen Moment! Wer weiß, wie es weitergegangen wäre, hätte er dieses unangenehme Gespräch nicht unterbrochen. Worum geht’s denn in dem Brief, Ruki? Warum hast du den denn geschrieben? Und so weiter, und so weiter, und so weiter. Unter Garantie hätte Maya nicht aufgehört, hätte man ihm nicht geschickt das Wort abgeschnitten und ihn somit abgelenkt. Aijis bester Freund ist nämlich unglaublich leicht abzulenken: Kaum hat man ihn einmal unterbrochen, macht er anschließend mit einem völlig anderen Thema weiter. Als das Auto fünf Minuten später in Juns Straße einbiegt, glaube ich, gleich tot umzufallen. Zack bumm, aus die Maus. Und wie. Aber nichts passiert. Stattdessen hält Uruha vor Juns Haustür und wirft mir einen auffordernden Blick zu. Unsicher steige ich aus. Mann, ich glaub, ich versuchs nochmal: Zack bumm, aus die Maus! … … Scheiße, funktioniert nicht. Also muss ich wohl wirklich. Langsam gehe ich auf die Tür zu, den Briefumschlag mit der Hand umklammert. Ich zittere, ohne es zu merken. „Tumpfbappe!“, ruft es hinter mir, „Beeil dis!!“ Danke, Takeya … Sehr hilfreich. Als ich vor der Tür stehe, strecke ich vorsichtig die Hand aus und öffne den Briefkasten. Oh bitte, bitte, bitte lass Jun jetzt nicht rauskommen! Bitte! Bi- … Geschafft! Er ist nicht rausgekommen. Zum Glück. Schallend lasse ich den Briefkasten zufallen und renne zum Auto, öffne die Autotür, werfe mich auf den Beifahrersitz. „Losfahren!“, keuche ich, während ich mich anschnalle. Uruha sieht mich leicht komisch an, gehorcht aber und fährt in Richtung unseres Treffpunkts mit Jenni. Uruhas Freundin winkt uns schon von Weitem zu. Wir laufen auf eine kleine italienische Pizzeria zu, bei der es – laut WG Takeya-Uru-Miya – die beste Pizza Frankfurts gibt. Ich fürchte fast, in diesem Punkt müssen wir ihnen wirklich vertrauen (neeein, damit will ich nicht ausdrücken, dass ich kein Vertrauen in sie habe). „Heeey!!“ Freudig fällt Jenni ihrem Freund um den Hals, drückt ihm dann einen Kuss auf die Lippen und lächelt uns an. „Schön, dass ihr euch doch noch dafür entschieden habt, hier anzukommen – wenn auch 20 Minuten zu spät.“ „Ja, das tut uns leid“, entschuldigt sich Uruha, „aber wir mussten noch einen Umweg machen, weil Ruki Jun noch einen Brief schuldet.“ „Warum das? Ich dachte die haben alle Stress?“ Himmel! Kenne ich jetzt alle, die davon wissen oder les ich das morgen noch in der Zeitung?? „Nein, außer uns weiß das keiner. Es sei denn, Jun war gesprächig.“ OH!! Ich hab das laut gesagt? Was ein Mist aber auch … Könnte ich in meinen Gedanken einen Smiley setzen, glaubt mir, ich würde einen setzen. Und zwar dieses lustige Ding, bestehend aus zwei Bindestrichen und einem Punkt. Ihr wisst, von welchem ich rede, oder? Wenn nicht tut’s mir leid, echt ... Nicht. „Kommt ihr? Meine Pause dauert nicht ewig und ich würd gern noch was essen.“ Lächelnd schnappt Uruha sich die Hand seiner Freundin. „Klar. Immerhin haben Maya, Aiji und Ruki hier noch nie gegessen. Das muss schnellstens geändert werden!“ Sie haben Recht. Die Pizza schmeckt wirklich ungewöhnlich gut, aber da Pizza nicht unbedingt das ist, was ich gern und häufig esse, bräuchte es noch ein bisschen, damit ich mich zu einem „überragend“ hinreißen lasse. Maya hingegen scheint damit kein Problem zu haben: er hat gedanklich wahrscheinlich schon mindestens 100 überragends hinter sich, so wie er seine Salamipizza hinunterschlingt – oder er hat Hunger. Ich tippe allerdings auf ersteres, da er heute Morgen für fünf mitgefressen hat, mindestens. „Ich liiiieeebe Pizza!“ Aha, ich hab wirklich Recht! Es ist nicht der Hunger … Gott, ist es nicht irgendwie peinlich, sich über so was freuen zu können? Vielleicht. Aber momentan ist sowieso alles so verdammt durcheinander, dass man sich über das kleinste bisschen echt enorm freuen kann; Wäre ich jetzt Psychologe, ich würde das faszinierend finden. „Is aaaauuch!!“ Freudig strahlt Takeya in die Runde, isst noch einen Bisschen Pizza und schmiert sich dann die Hände an der Hose ab. „Aber Takeya!“ Man hört Jenni an, dass sie es nicht schafft, ganz so streng zu klingen, wie sie vorhatte. „Das macht man doch nicht! Sonst wird deine Hose ja ganz dreckig.“ „Aba sonst sind meine Hände deckig!“, empört sich der Kleine, der sich vehement dagegen wehrt, sich von Uruhas Freundin die Hände an der Servierte zu säubern. Schon süß. Miyavis Sohn erinnert mich, sollte ich es noch nicht erwähnt haben, an Maya … oder an Jun. Sagen wir: An eine Mischung aus Maya und Jun. Aiji neben mir lacht still vor sich hin, als Uruha ihm Takeyas Worte übersetzt und auch mein anderer Freund beginnt zu kichern. Leute im Restaurant sehen sich nach uns um, eine ältere Frau im rosafarbenen Designerjäckchen mit Leopardenmuster, einem Lippenstift in pink und Federboa (unglaublich, dass manche Leute das in der Öffentlichkeit tragen können) verzieht mit einer Mischung aus Ekel und genervt sein den Mund, schnippelt mit dem Messer zwischen ihren Pornoschaufeln ein Stückchen Pizza ab und schiebt es sich in den Mund. Langsam schließt sie die Lippen um die Gabel und zieht die streng gezupften Augenbrauen zusammen. Buäääh, wie widerlich! Sie sieht aus, als hätte man sie als Teenager in diese Klamotten gesteckt und dann in Sekundenschnelle altern lassen. Eine erwachsene Frau mit Mädchengeist. Jemand, der davon eingeholt wird, dass das eigene Leben nicht mehr ganz so lange dauern wird und der meint, unbedingt nochmal auf den Putz hauen zu müssen. „Schrecklich, oder?“, flüstert Jenni mir ins Ohr. „Das ist meine Kollegin. Sie heißt Aurelia Wolf und arbeitet schon Ewigkeiten in der Boutique, in der ich jobbe. Furchtbare Frau, wirklich. Sie rennt ungefähr alle fünf Tage zum Friseur und wie oft sie sich von irgendwelchen freundlichen Mädels Mani- und Pediküre machen lässt, kann und will ich gar nicht wissen.“ Jenni grinst Uruha verschwörerisch an, er grinst zurück, ich übersetze für Aiji und Maya und schon sitzt unser ganzer Tisch grinsend da, immer wieder verstohlen Frau Wolf beobachtend. Irgendwann steht die Dame auf und ich stelle entsetzt fest, dass sie mörderisch hohe, weiße Stöckelschuhe trägt. Aua! „Jenni, ist deine Pause nicht längst vorbei?“, flötet sie, während sie uns einer Musterung unterzieht. „Aurelia, ich glaube, ich habe noch länger Zeit als du. Laut meiner Uhr müsstest du seit fünf Minuten wieder in der Boutique sein. Also, warum gehst du da nicht hin? Oder musst du deine blondierte Dauerwelle noch erneuern lassen?“ „Pf … So was muss ich mir von einem kleinen Gör wie dir nicht sagen lassen, das kein Gespür für Mode hat.“ „Kein Gespür für Mode? Und das sagt die, die mit 56 in einer rosafarbenen Leopardenjacke durch die Welt stöckelt? Interessant.“ Jenni lächelt falsch. „Ich würde vorschlagen, du lässt mich in Ruhe meine Pause beenden und diese Pizza essen und du gehst schon mal vor.“ Kurz hebt Aurelia die Brauen, dann verlässt sie arschwackelnd die Pizzeria. Kaum ist sie weg, sehen wir uns an – und beginnen zu lachen. Ich habe keine Ahnung, wie lange wir so dasitzen und lachen, doch als wir aufhören, tut mir vor guter Laune echt der Bauch weh. Aiji, der einzige, der weniger haltlos gelacht hat, sich nur zu einem ruhigen Kichern hat hinreißen lassen, versucht, noch einen Bissen Pizza zu sich zu nehmen, ohne sich daran zu verschlucken. Maya wischt sich die Lachtränen aus den Augen, Jenni kippt schon das dritte Glas Wasser herunter, um ihren ausgetrockneten Mund wieder ein wenig zu „bewässern“. Gerade werfe ich einen Blick zu Uruha, um zu gucken, wie es ihm mit unserem Lachanfall ergangen ist, als mein Blick auf einen leeren Stuhl fällt. „Leute“, frage ich alarmiert, „wo ist Takeya hin?“ __________________________ Tadadadaaaamm ... !! Uiuiuiuiuiii, jetzt wirda spannend, was? ^^ Der erste Teil des Kaptitels ist echt schön, oder? Ich würde übrigens empfehlen, ihn einmal mit dem "Titelsong" zu hören. Die Szene mit dem Brief habe ich schon vor Monaten geschrieben, in den Sommerferien. Da waren wir in Amerika und ich saß um 4 Uhr morgens im Wohnmobil, habe "Bleed" gehört und diese Szene geschrieben. Eventuell war das sogar in Las Vegas - ich erinnere mich, dass es da total heiß war. (Also da, wo ich geschrieben habe.) Astrido: Ja, das mit Maya und Aiji gebe ich zu. Es war vorherzusehen :D Aber ich finde die beiden einfach soo SÜSS zusammen *.* Und was mit Jun und Ruki jetzt passiert, da können wir wohl gespannt sein, oder? klene-Nachtelfe: Freut mich, dass du noch immer so euphorisch bei der Sache bist xD Ich will doch mal sehr hoffen, dass das auch noch bei den letzten Kapiteln so bleibt :) Die werden jetzt recht schnell kommen, da ich je bis Ende des Jahres fertig werden muss -.-" ... Das wird schwerer als gedacht ;D JAAAA, er ist sooo nieeedlich!! Ich habe Takeya an meine Großcousine angelehnt, die ist auch so ein kleiner, liebenswerter, naiver Frechdachs. Die würdest du auch am liebsten in den Arm nehmen und niiiiie wieder loslassen :) Lieben Gruß an euch alle, lady PS: Freue mich wie immer über Rückmeldung! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)