Der Ärztekomplex von LillyDelain ================================================================================ Prolog: Prolog - 13 Jahre zuvor ------------------------------- Schlaf mein Kindchen, schlafe ein. Die Nacht, sie schaut zum Fenster rein. Der runde Mond, er hat dich gerne und es leuchten dir die Sterne. „Lauter“ Schlaf mein Kleines, träume süß, bald bist du im Paradies. „Lauter“ Denn gleich öffnet sich die Tür und ein Monster kommt zu dir. Die Tür zu seinem Zimmer ging auf und eine hoch gewachsene, junge Frau kam herein. „Was machst du denn? Du solltest doch schon längst schlafen.“, meinte sie. „Musikanlage Ausschalten“ Mit langsam drehte sich die Lautstärke der Anlage in einer Ecke des Raumes runter und verstummte schließlich. Die Frau setzte sich auf die Bettkante zu ihrem Sohn und strich ihm die Haare aus dem Gesicht. „Jetzt wird aber geschlafen.“ „Aber Mama“ „Keine Widerrede.“ Der Junge murrte und schlüpfte unter die Decke. Seine Mutter lachte amüsiert und gab ihm noch einen Kuss auf die Stirn, ehe sie wieder aufstand. „Mama“ „Was ist denn noch.“ „Erzählst du mir noch die Geschichte von Urgroßvater?“ „Aber das ist doch keine Gutenachtgeschichte.“ „Bitte, bitte, bitte“ Sie lächelte und setzte sich wieder hin. „Es war einmal…“ Kapitel 1: Besessenheit lässt grüßen ------------------------------------ Er marschierte Schnurstracks gerade aus über den weißen Schulhof, über die letzte Grünfläche in seinem Zentrum und hinein in das Hauptgebäude. Das schwarze Haar vollkommen zerzaust in alle Richtungen abstehend, die scharfen grünen Augen schwarz umrandet, die dunkle Kleidung, die mehrere Tätowierungen frei ließ und die Nietenarmbänder gaben ihm in Kombination mit einem stechenden Blick das Aussehen, das den meisten das Blut in den Adern gefrieren ließ. Das war wohl auch der Grund dafür, warum ihm alle so bereitwillig Platz machten. Bela Felsenheimer war nicht nur nach seinem Urgroßvater benannt, zumindest nach dessen Spitznamen, er war ihm auch noch das perfekte Ebenbild. Von den fast Schulterlangen Haaren, bis hin zu den künstlichen Veränderungen durch Bilder, Piercing und Ohrlöcher passte alles perfekt. Sogar Schlagzeug spielen hatte er schon in jungen Jahren gelernt um sich seinem Idol nahe zu fühlen. Er hatte sein Leben damit verbracht so zu sein wie er, doch nur eines hatte er bisher nicht erreicht: Solch einen Erfolg wie sein Urgroßvater mit seiner Band „die Ärzte“. Die Tasche lässig über die Schulter geworfen sprang er die Treppe hinauf, mehrere Stufen gleichzeitig nehmend. Jungen warfen ihm teils einen missbilligenden, teils einen interessierten Blick nach, ob es sich hierbei um homosexuelle Typen handelte oder einfach nur um welche, die so sein wollten wie er konnte er nicht sagen, doch es wird wohl sowohl das eine, als auch das andere sein. Er musste sich nur einmal umdrehen und konnte immer mehrere Mädchen gleichzeitig dabei beobachten, wie sie sich noch schnell abwandten, rot anliefen und aufgeregt miteinander gackerten. Sie standen wegen verschiedener Dinge auf ihn. Er gehört mit zu den beliebtesten Typen der Schule und versprach rein vom äußerlichen her genau das, was sich die meisten Mädchen erträumten: hemmungslose Nächte ohne Ende. Doch wen kümmerte das schon? Heute hatte er nur ein Ziel: zusammen mit Farin Rod zur Schnecke machen. Doch wo steckte sein zwei Jahre jüngerer Mitstreiter eigentlich? Zwei Jahre jünger… Das war der nächste Kritikpunkt den er sich immer wieder ins Gedächtnis rief, wenn er versuchte wie der Drummer der Ärzte zu sein. In ihrer Dreierkonstellation war nicht er der Älteste, sondern Rod. In ihrer Dreierkonstellation war nicht Rod der Jüngste, sondern Farin. Doch daran sollte doch der Erfolg nicht scheitern, oder? Nein! Es lag eher an Rodrigos Einstellung. Er hatte ihre gestrige Probe sausen lassen um sich mit seiner Freundin zu treffen. Seiner Freundin! Er hat seit genau drei Monaten eine Neue am Start und genauso lange schwänzte er schon regelmäßig ihre Treffen. Auf der Suche nach dem ebenso von seinem Großvater besessenen, jüngeren Gitarristen stieß der achtzehnjährige die Tür zur Jungentoilette auf. Sein erster Blick fiel auf einen schwarzen Gitarrenkoffer. Alles klar, hier war er definitiv richtig. Er lehnte sich lässig an die Wand und verschränkte die Arme, während er Farin dabei beobachtete, wie dieser seinen Blondschopf neu richtete. „Sag mir nicht, du willst uns jetzt auch noch betrügen. Oder wieso machst du dich so fein?“, fragte er. Farin öffnete den Wasserhahn und wusch sich die Hände. Als er hochsah fixierte er Belas Spiegelbild. Sein Grinsen wurde breit und ansteckend. Belas Mundwinkel zuckten kurz. Wenn er nicht immer noch so wütend auf Rod wäre, dann hätte er jetzt laut losgelacht. Farin Vetter war nicht anders wie Bela der Doppelgänger seines Großvaters Jan. Wie seine Eltern es allerdings geschafft hatten ihn wirklich Farin zu nennen, war Bela immer noch ein Rätsel. „Jan“ hätte es doch auch getan. Sein gegenüber trocknete sich die Hände und nahm dann den Koffer. „Nee, ich hab’ nur verschlafen!“, meinte er grinsend. „Ja? Dann hast du für mich mit geschlafen. Ich habe mir schon alle möglichen Mordpraktiken für Rod ausgedacht.“, meinte Bela und verließ wieder das Klo. Farin folgte ihm. „Ach komm, immerhin hat er sich entschuldigt oder nicht? Er fehlt ja auch manchmal wegen seinem Studium.“, erinnerte er ihn. Rod war nicht halb so besessen wie sie. Bela mochte es nicht so nennen, für ihn war es wie die Erfüllung von Ehre, doch im Endeffekt lief es auf Besessenheit hinaus. Rodrigo war als Bassist ihres Trios absolut unersetzlich, aber er war einfach nicht so wie Farin und Bela. Er dachte nicht darüber nach wirklich groß raus zu kommen und mit ihnen beiden ein Vermögen zu machen, er blieb lieber rational und überlegte, was ihm auf anderem Wege Geld einbringt. So kam dann dieses Medizinstudium zu Stande. Beide sahen es schon beinahe als Beleidigung an, doch der Einzige, der wirklich Nachtragend in der Sache war, war Bela. Farin konnte nie lange wütend sein. „Vielleicht suchen wir uns dann einfach einen neuen Bassisten.“, schlug er nun vor. „Bist du irre?“, der schwarzhaarige öffnete einen Spind, der von innen voll geklebt war mit Bildern seines Urgroßvaters und packte seinen Rucksack hinein. „Rod ist einfach unersetzlich und das weißt du auch.“ Sein Freund schwieg und schloss nun seinerseits sein Fach auf, in dem er seine Haarstyling-Utensilien verstaute. „Was schlägst du dann vor? Wir können ja schlecht seine Beziehung sabotieren.“, meinte er und zog ein Buch zwischen losen Blättern heraus. „Wieso nicht?“ Gleichzeitig schlossen sie die Türen und sahen sich an. Ja, wieso eigentlich nicht? Wieso waren sie noch nicht eher auf diese Idee gekommen? Schon als es um das Studium ging hätten sie was unternehmen sollen und haben es nicht getan. „Hey Farin“, beide wurden von einem Mädchen aus ihren Gedanken gezogen. Sie presste ihre Mitschriften und Bücher dicht an ihren Körper und sah mit leicht geröteten Wangen zu ihm hinauf. Als Bela den Gang hinunter sah konnte er unweit von ihnen drei weitere Mädchen ausmachen, die kicherten und definitiv zu der gehörten, die hier vor ihnen stand. „Hey Bela“, machte sie gleich weiter um ihre Verlegenheit zu überspielen. Na schön, sie war genau sein Fall, aber seine Liebe gehörte nun einmal der Musik und dieses Mädchen war so wie alle andere: Diese Tatsache würde sie niemals verkraften können. Na schön, er wollte ja nicht fies sein, sie war immerhin ein potenzieller Fan. Farin würde das schon regeln, er war nicht in der Laune dazu. Wie nicht anders zu erwarten grinste er wie immer dieses ansteckende Lächeln und sie schmolz regelrecht dahin, in seinem Blick vertieft. „Was gibt’s?“, fragte er und sie musste mehrmals nach Luft schnappen um ihre Stimme wieder zu finden. Bela seufzte innerlich. Nicht schon wieder eine von der Sorte. „Ich wollte euch was fragen.“, meinte sie nur und trat nervös von einem Bein auf das Andere. „Schieß los.“, kam es sofort von Farin, womit sie vermutlich total überfordert war. Dem allerdings ging es nicht anders als Bela, trotz seiner freundlichen Fassade. Sie war nun nicht die Sorte Mädchen, die er von seiner Bettkante stoßen würde, aber sie war nicht eine von denen, die später keinen Stress machen würden. Ganz im Gegenteil. Er beglückwünschte Rod dafür, dass er eine Gefunden hatte, die nicht so drauf war, aber für ihn und Bela war es schwer eine zu finden, die nicht fünf Minuten für einen Satz brauchte, weil sie keine Luft mehr bekam. Erleichtert Atmeten er und Bela auf, als die Klingel ertönte. „Sorry“, meinte er, immer noch lächelnd, aber wir müssen rein, als sie immer noch herum druckste. Er griff nach seinem Gitarrenkoffer (niemals würde er sein „heiliges“ Instrument einfach im Schließfach lassen) und das Mathebuch und flüchtete schon beinahe zusammen mit Bela. „Wartet!“, rief das Mädchen, scheinbar nun doch wieder fähig etwas zu sagen. Abwartend sahen beide über ihre Schultern. „Was macht ihr am Samstag?“ Sie sahen sich an. „Bandprobe.“, kam es wie aus einem Mund, dann marschierten sie schon weiter. Niemand hielt sie noch auf. Am Ende des Flures trennten sie sich wieder. ** „Hier hast du Mittag.“, Bela stellte eine Tüte auf dem Tisch im Lichthof der dritten Etage und setzte sich neben Farin an die quadratische Platte. Der Blonde sah hinein und zog gleich darauf einen Burger heraus. „Hast du dir was wegen Rod überlegt?“, fragte der Drummer weiter, aber der andere zuckte nur mit den Schultern. „Nicht wirklich. Aber ich meine: Wir können ihn auch nicht zwingen, oder?“ „Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, aber bist du irre?“ „Na dann schlag was vor!“, grummelte Farin. „Sollen wir einen Kerl engagieren, der ihm seine Freundin weg nimmt? Oder ein Mädchen dafür bezahlen, dass sie ihn seiner Freundin ausspannt und dann abserviert, damit er wieder zu uns kommt?“ „Wieso nicht?“ „Auf die Gefahr hin, dass ich dich wiederhole: Irre?“ „Nein, aber ich meine das ist doch die einzige Möglichkeit, oder nicht?“ Farin rieb sich die Schläfen. Irgendwie fand er das nicht richtig, aber Bela hatte nun mal recht. Rod würde schon noch einsehen, dass seine wahre Berufung in der Musik lag und nicht in der Medizin und noch weniger als Familienpapa, zumindest das letzte noch nicht, aber wenn sie ihm keinen Schupps in die Richtung gaben, dann würde er das niemals einsehen. „Was schlägst du vor?“ Wir suchen uns jemanden, der uns hilft. „Am Besten, um alles zu sicher, ein Mädchen, dass Rod klar macht und einen Kerl, der sich um seine Freundin kümmert.“ „Und wen?“ Bela lachte. „Schau dich doch mal um: Diese Schule ist voll von Idioten, die alles für uns machen würden. Wir sind immer noch die unbestrittenen Könige hier.“ Farin zog eine Augenbraue skeptisch hoch. „So wenig Charakter schreibe ich aber trotzdem niemandem zu.“ „Dann machen wir das eben…verdeckt.“, meinte er. Er sah in den Flur. Zwei Mädchen kamen gerade vorbei. Beide hatten Aufzeichnungen in den Händen. Die eine summte etwas vor sicher her, während sie las, die andere bewegte die Lippen, während sie das geschriebene Entzifferte. „Hey, Mädels.“, ein junger Mann kam hinzu, den Bela als einen der Referendare erkannte, die neulich eine Stunde hospitiert haben, aber seinen Namen kannte er nicht. „Ist es das?“, fragte er und nahm der Blonden das Blatt aus der Hand. „Ja, Lilly hat es gestern noch eben zusammen geschrieben.“, erklärte sie. „Aber diese Stelle hier, diese Akkord folge erinnert mich an irgendwas.“ Mit diesen Worten waren sie wieder verschwunden. Er hörte sie noch Reden über Noten und Texte, dann ging eine Tür auf und wieder zu und sie waren verschwunden. Nachdenklich wandte er sich wieder an Farin, der ihn nur abwartend ansah. „Eine von den Mädchen kann man rausschmeißen, aber ich denke die nehmen wir dafür.“, machte er fest. Farin zog ungläubig eine Augenbraue hoch. „Lilly Schrader und Pandora Verlaine? Sorry, die sind zu schlau dazu. Was den Typen angeht weiß ich das nicht, aber die beiden sind so ziemlich die Einzigen, die mich ignorieren und ich sitze immerhin in Englisch, Biologie und in Geschichte zwischen ihnen.“ „Egal, wir können es ja ganz unauffällig machen.“ Sofort sprang Bela auf. „Wohin willst du?“ „Die sind hier in einem der Räume auf dem Gang und genau den such ich jetzt!“ Er marschierte los und schaute in jeden Raum durch die kleinen Fenster in den Türen, bis er sie in einem der Musikzimmer gefunden hatte. Er grinste. „Oh je, eine kleine Band, wie süß ist das denn?“ Der Junge saß am Klavier, die Blonde saß Gitarre spielend neben ihm und die schwarzhaarige die sich eine Seite der Haare Pink gefärbt hatte stand mit einem Stift daneben und strich einige Textstellen an. Erbärmlich, einfach nur erbärmlich. Die würden es niemals zu etwas bringen, dessen war er sich klar. Farin erschien neben ihm. „Wie süß.“, meinte er grinsend. „Tja, ich würde sagen ihre Band verhilft und jetzt dazu unsere zu retten.“ „Hey, nur der Starke überlebt und dieses Trauerspiel da gehört absolut nicht zu den Starken.“ Kapitel 2: Hunger ----------------- Schweigend saßen Bela und Farin am Abend in dem Musikzimmer der Vetters. Gelangweilt sah der schwarzhaarige aus dem Fenster und spielte mit einem seiner Ohrringe, während sein Freund immer noch versuchte seine Gitarre nach zu stimmen. „Er kommt wieder nicht, wetten?“, grummelte der Größere und stellte sein Instrument beiseite. Der Drummer grummelte nur sauer etwas vor sich hin, packte seine Sticks beiseite und sprang von dem Tisch herunter, auf dem er gesessen hatte. „Wir müssen uns mit ihm verabreden, damit wir den Plan durchziehen können.“, erklärte Farin überflüssiger Weise. Bela wusste das natürlich auch so. Und desto länger es dauerte, dass Rod hier auftauchte desto wütender wurde er. Er war beinahe am verzweifeln. Was war nur falsch an Rod? Wieso war er so überhaupt nicht wie er und Farin? Wieso interessierte er sich nicht für sie? Er blieb stehen vor einem Foto der Ärzte. Darunter hing ein Foto von ihnen drei. Sie waren darauf jünger, aber sie Bewegten sich auf die gleiche Art. Sie sahen nur aus wie eine jüngere Ausgabe ihre Urgroßväter. Sie waren so stolz auf dieses Bild, da es wirklich nur durch Zufall aufgenommen wurde. Mit „sie“ meinte er in dem Kontext allerdings nur Farin und sich. Rod… Rod schien sich für gar nichts mehr was sie anging zu interessieren. Es kam ihnen vor als würde er sich immer mehr entfernen, und das passte ihnen nun wirklich nicht in den Kram. Bela sah zu dem Bass, der schon lange hier stand und auf dem Rod beinahe jeden Tag spielte. Zumindest bis er dieses Mädchen kennen gelernt hatte. Sandra, hieß sie, und sie hatte einige Kurse mit ihm zusammen, soviel wussten sie mittlerweile durch Farins Mutter, nachdem die sich mal wieder mit Rods und Belas zum Kaffeeklatsch getroffen hatte. „Wir sollten uns beeilen mit den Dreien.“ „Ach ja? Hast du ne Idee wie wir sie anlabern sollen? „Hey eure Musik ist ja geil, wir können es kaum noch erwarten euch mal auf einer Bühne zu sehen“?“, grummelte Farin. „Du bist doch mit den Mädchen in einem Jahrgang.“ „Ja, aber das letzte mal, das ich mit ihnen geredet habe, da waren wir im Kindergarten.“ Wieder schwiegen beide. Farin sah auf die Einfahrt des Grundstückes hinunter, Bela ging zwischen Schlagzeug und Bass hin und her. „Einfach so ansprechen ist auch nicht gut.“, der Junge am Fenster drehte sich zu dem anderen um und verschränkte die Arme. „Ich weiß, wir haben einen Ruf zu verlieren.“, grummelte er. „Dann denk nach, wie wir das dann anstellen. Von alleine sprechen die uns nicht an.“ Farin nickte und sah wieder gedankenverloren aus dem Fenster. „Na sieh mal einer guck.“, meinte er grinsend. „Wenn das nicht unser kleiner Rod ist. Heute mal so ganz alleine? Vielleicht hat sich ja unser Problem wieder gelöst.“ „Wäre zu schön wenn.“, stellte Bela fest und ging zu ihm hinüber. Rod stieg aus seinem Wagen und schloss die Tür, nachdem er einen Rucksack vom Rücksitz gefischt hatte. Er marschierte gerade Wegs auf das Haus zu. „Auftritt des Verräters.“, murmelte Bela, und gleich darauf öffnete sich die Tür zu ihrem Musikzimmer. Rod hatte sich beeilt noch pünktlich zu kommen. Eine kleine Strähnen seines Haars hingen ihm ins Gesicht. „Sorry.“, meinte er grinsend, als er unter den strafenden Blicken der anderen Beiden seine Tasche in die Nächste ecke beförderte und zu seinem Bass ging. „Ich hab im Zentrum festgesteckt. Irgendein Unfall“ Farin zog eine Augenbraue hoch und dachte das, was Bela unverblümt aussprach: „Dieser Unfall hieß nicht zufällig Sandra, oder?“ Verblüfft und etwas sprachlos sah Rod erst ihn, dann Farin an und wieder zurück zu Bela. „Was soll das denn wieder heißen?“ „Das soll heißen, dass ich tierisch sauer bin.“ „Wir beide.“, pflichtete der blonde seinem Freund bei. Wieder fehlten Rod die Worte. „Du hast keine Zeit mehr für uns. Das mit dem Studium war schon krass, aber das? Du kannst doch wohl auch mal was mit uns machen oder?“, fragte Bela. „Nur wegen einer Freundin kannst du nicht einfach die Proben schwänzen.“, ergänzte Farin. „Ich habe doch gesagt, dass es mir leid tut. Das war gestern etwas unglücklich, ich weiß. Aber denkt ihr nicht, dass es auch etwas ansträngend ist sich jeden Tag zu treffen um drei Stunden zu üben oder länger?“ Fassungslos, mit weit aufgerissenen Augen starrten die beiden jüngeren den Zweiundzwanzigjährigen an. „Bist du krank?“ Bela war der erste der seine Stimme wieder fand. „Hast du unseren Traum vergessen?“ „Nein, aber es ist auch nur so was: ein Traum, nichts weiter. Kommt zurück auf den Boden. Nur weil wir wie sie aussehen werden wir noch lange nicht berühmt und können uns mit Musik Geld verdienen.“ „Du hattest auch immer den Wunsch und nie hat uns was davon abgebracht.“ „Gut erkannt, dass du in der Vergangenheit redest.“, bemerkte Rod und stand auf. „Hört zu, ihr seht ja vielleicht die Welt noch aus dem rosaroten Blick eines Teenagers, aber ich nicht. Ich weiß, dass es hart wird.“ „Das wissen wir und es hat uns nie gestört.“ „Was ist denn daran so schlimm, dass ich eingesehen habe, dass Musik nicht alles in meinem Leben ist?“, blaffte Rodrigo weiter. „Gar nichts, aber sie ist immer noch ein Teil von dir. Ein sehr wichtiger.“ „Das weiß ich doch, sonst währe ich doch nicht hier, oder?“ „Aber Sandra ist dir wichtiger als wir und sie Band.“ „Ganz ehrlich? Im Moment schon. Himmelherrgott noch mal sie ist meine Freundin, beinahe schon Familie für mich.“ „Wir sind auch deine Familie.“ „Man, Bela, Farin, ich kann auch nicht mehr sagen, als dass es mir leid tut. Es ist nun mal geschehen und ich versuche mich wieder zu bessern, gehört?“ „Das ist nicht genug.“, murmelte Farin. „Was hast du gesagt?“ „Boa, Jungs“, mit voller wucht schlug Bela auf die Becken seines Schlagzeuges ein. Beide sahen ihn aufmerksam an. „Jetzt ist gut. Wir haben nicht mehr viel Zeit, ehe Mr. Traum-Lover zurück zu seinem Frauchen muss. Also lasst uns spielen. Mir reicht es langsam.“ Farin warf noch einen letzten, undeutbaren Blick auf seinen Bassisten, dann nahm er seine Gitarre. ** Die Mondscheinsonate von Beethoven hallte in einer erdrückenden Lautstärke durch den Raum. „Wie immer ignorieren sie mich. Dafür gaffen mich leider Gottes andere Weiber an. Wollen wir nicht einfach eine von denen nehmen? Das wäre leichter“., schrieb Farin in sein Handy und schickte den Text an Bela ab. Gelangweilt legte er das Telefon wieder auf den Tisch und stützte seinen Kopf auf einer Hand ab. In genau fünf Stunden wollten die Beiden sich wieder mit Rod treffen und dann wollten sie ihm ein Mädchen vorstellen. Aber wie sollten sie das machen, wenn die beiden, die Bela sich ausgesucht hatte, sie nicht beachteten. Seine Tischplatte vibrierte, als das Handy auf ihr zu tanzen begann. Gelangweilt grabschte er danach und tippte mehr als nur offensichtlich darauf herum. „Wenn du darunter eine findest, die wenigstens halbwegs Grips hat und musikalisch ist, dann her damit.“ Okay, das war ein Problem. Nicht das Pandora und Lilly mehr Hirn hätten als all die anderen dummen, Hühner, so war es nicht, aber die beiden konnten wenigstens Instrumente spielen. Was diesen Typen anging, der gerade vor ihnen etwas an die Tafel kritzelte und auch zum Plan gehörte, das dürfte vielleicht einfacher sein mit ihm ins Gespräch zu kommen. Er ist immerhin Lehrer, oder so was in der Art. Mit seinem Schlüssel zu den leeren Musikräumen im Keller hatten er und Bela den perfekten Grund ihn anzusprechen. Der Referendar trat von der Tafel zurück und setzte sich an den Lehrertisch. Daten über den Komponisten standen in fein leserlicher Schrift an ihr. Eine Welle von griffen nach Blöcken und Kugelschreibern ging durch die Reihen. Einige mussten fünf Mal auf das Tafelbild aufmerksam gemacht werden, andere waren eifriger bei der Sache. Farin schuppste seine Blätter erst lustlos auf der Tischplatte hin und her, dann begann er einige Sachen nieder zukritzeln. Als die Musik ausging sah er hoch zu dem Mann vor ihnen. „So, Freunde, das nächste mal geht es dann weiter mit Beethoven.“, erklärte er. „Und bevor ihr mir jetzt hier die Tür einrennt um zur Pause zu kommen währe ich euch sehr verbunden, wenn sich zwei oder drei Leute finden würden, die sich Gedanken zur Gestaltung der Aula machen für den „Tag der offenen Tür“.“, er holte eine Liste heraus und sah auffordernd in die Menge, doch wie nicht anders zu erwarten waren die Schüler nur mäßig begeistert von der Sache. „Pandora, Lilly, wollt ihr mir dabei helfen?“, fragte er seufzend. Die beiden Mädchen zuckten ebenso gelangweilt die Schultern wie auch die anderen aussahen und er schrieb ihre Namen auf. „Schön, dann sehe ich euch morgen zur dritten Stunde.“ Mit einem Schlag war der Kurs wieder aufgewacht und es wurde laut. Es schien beinahe wie ein Wettbewerb in dem es darum ging der schnellste zu sein, als sie ihre Schulsachen in die Taschen schmissen und fluchtartig den Raum verließen. Farin ließ sich Zeit. Wieso so überstürzt in die Pause gehen? Ruhe bewahren war das A und O. Ohne übertriebene Hasst schloss er den Reißverschluss und schwang seine Tasche über eine der Schultern. Pandora und Lilly standen am Schreibtisch des Referenten, gebeugt über mehrere Blätter. Vielleicht währe es ganz nützlich gewesen, wenn er jetzt seine Hilfe angeboten hätte, aber so was war unter seiner Würde, oder nicht? Sollten sie ihn doch fragen, wenn sie seine Hilfe bräuchten. So verließ er den Raum. In der Tür stand bereits Bela. „Was machen die da?“ „Irgendwas wegen Samstag.“ „Was ist da?“ „Schule beschauen.“, erklärte er Achselzuckend. „Ist dir schon was eingefallen?“ „Sehe ich so aus.“ „Nicht wirklich.“ „Dann lass diese Frage.“ Sie stiegen die Treppe hinauf in ihren Lichthof und setzten sich da an einen der quadratischen Tische. „Wir haben noch genau fünf Stunden.“ „Nein, drei. Wir sind nur noch drei Stunden in der Schule.“ Bela lehnte sich in dem Stuhl zurück, Farin wippte mit seinem nervös hin und her. Beide schwiegen, als sie aus dem Fenster starrten zu den gegenüber liegenden Häusern. „Was soll ich nachher mitbringen?“ „Das Übliche.“, meinte Farin desinteressiert. Bela nickte nur. Weiter überlegten Beide nur schweigsam, bis zum Ende der Pause. ** „Ich hatte es hier irgendwo. Ich bin mir sicher!“, fluchte ein Mädchen mit langen, blonden Haaren und ließ nach einander mehrere Schulbücher, eine Lederjacke und ihre Tasche auf den Boden fallen. Ihre brünette Freundin mit der zerzausten Frisur und der pinken Kopfseite lachte nur und presste einen Stapel Blätter gegen ihre Brust. „Vergiss es, Panni, das findest du nicht mehr.“ „Aber wenn ich mein Portmonee nicht finde, dann verhungere ich.“, heulte sie. „Kannst du mir was leihen, Lilly?“ „Vergiss es, ich bin selber gerade knapp.“ Pandora murrte etwas verzweifelt und suchte weiter. Sportzeug, Noten und Zeitschriften flogen zu den restlichen Sachen hinterher. „Komm, gib es auf und räum das lieber wieder ein. Es dauert ja nicht mehr lange, dann gehen wir Proben und Max hat uns ein köstliches Essen versprochen.“ Pandora seufzte und rieb sich den knurrenden Bauch. Doch schließlich musste sie aufgeben, ihrer langjährigen Freundin recht geben und den Haufen von unnützen Dingen wieder zurück in ihr Fach tun. „Was hältst du von dieser Idee unserer Referendare was die Aula angeht?“, fragte Lilly und lehnte sich an die benachbarten Schließfächer an. „Eigentlich ganz interessant.“, gab Pandora zurück und schloss die Stahltür. „Irgendwie würde ich mir vermutlich wie in einem Casino oder so vorkommen. Alle reden und essen und was weiß ich, aber ich stehe auf der Bühne und mach irgendwas, obwohl mir niemand zuhört.“ „Du musst doch nichts machen, das ist freiwillig.“ „Machst du was?“ „Max hat mich gebeten mit ihm zusammen Quando Quando Quando zu singen.“, meinte sie nur. „Dazu braucht ihr mindestens ein Saxophon, ein Schlagzeug, ein Klavier, Streicher, Gitarre, Bass…“, begann Lilly aufzuzählen „Ich weiß. Aber Klavier kann er ja. Die anderen…keine Ahnung.“ Lilly seufzte nur und drehte sich um zum gehen. „Ich denke das ist umständlich.“ Pandora zuckte nur mit den Schultern. „Er hat noch was gut bei mir. Also wenn er welche für die Instrumente findet mach ich mit.“, meinte sie nur. „Na schön, lass uns erstmal die Plakate aufhängen.“ „Auf leeren Magen?“ Lilly schüttelte nur lachend den Kopf und hielt ihr den Stapel hin. „Hier das erste.“, meinte sie und Pandora tat wie ihr befohlen. Sie nahm das Blatt, faltete es auseinander und befestigte es mit Klebestreifen an der Glasscheibe. Es waren Infozettel über Standorte einzelner Fachbereiche und zugehörige Lehrer. Hier, im Eingangsbereich, mussten sie die allgemeinen Aufhängen. Spezielle Zettel mussten auf die zugewiesenen Stockwerke. „Für was hast du dich jetzt entschieden?“ „Ich mach die Kellnerin.“, erklärte Lilly. „Schade, mit dir hätten wir einen Bass.“ „Ich kann dann ja mal kurz Pause machen.“ Pandora nickte und hängte das nächste Plakat auf, als ihr Bauch das erste Geräusch machte. „Ich sterbe!“, heulte sie und schleppte sich theatralischen Richtung Treppe. „Schön, dann habe ich eine Sorge weniger!“, lachte Lilly und kassierte einen bösen Blick. Pandora seufzte, als ihr ein köstlicher Duft in die Nase stieg. Burger, hier roch es nach Burger. Erneut jaulte ihr Magen auf. „Oh das ist nicht Fair.“, jammerte sie und nahm die letzten Stufen. ** Sie beobachteten die Mädchen, die die Treppe herauf kamen. Ein Bündel Papier trugen sie. Die Blonde warf einen Interessierten Blick zu dem Tisch, Bela gratulierte sich. Er wusste es. Sie waren nicht vollends anders als die anderen. Sie flogen natürlich auch auf sie, waren nur nicht so offensichtlich. Er biss von seinem Burger ab, als Lilly Pandora dazu brachte sich wieder auf sie zu konzentrieren. Sie redeten Gedämpft, so dass er nur ein Wispern mitbekam, und hingen eines der Plakate auf. „Das währe eine Chance…wenn wir wüssten wie.“, erklärte Farin und packte einen neuen Burger aus. Er hatte das Gefühl Padoras Nackenhaare sich aufstellen zu sehen. Sie reckte sich kurz und er war sich sicher, dass sie den Duft des Essens einzog. Als sie sich umdrehte leuchteten ihre giftgrünen Augen auf. Sie hatte Hunger, wenn das mal kein Zufall war. Er sah zu Farin, er sah zurück, und wendete seinen Blick wieder in Richtung der Mädchen. Ihre Freundin schien noch gar nicht gemerkt zu haben, dass sie sein Essen anstarrte wie ein Schiffbrüchiger nach drei Monaten Fastenzeit auf einer einsamen Insel. Er biss noch einmal ab und musste grinsen. Ihr Mund öffnete sich als wollte sie dazwischen gehen, aber sie blieb stehen und fixierte seinen Kiefer, der das Brot, den Salat und das Fleisch mahlte. Nun bemerkte auch Lilly, was los war. Sie sah zu den Jungen hinüber. „Okay, wir fragen Max ob er noch was für dich hat.“, meinte sie. Doch Pandora biss sich nur auf die Unterlippe, als Bela erneut zubeißen wollte. Wieder grinste er und nahm den Burger hinunter. Das war seine Eintrittskarte. Leichter ging es ja nun wirklich nicht. Er hielt die Angebissene Seite zu ihr hin und winkte sie heran. Bereitwillig, wie in Trance tappte sie auf ihn zu hob die Hände und wollte ihn abnehmen, doch Bela zog weg. Pandora hatte solchen Hunger, dass sie gar nicht wirklich darauf reagierte. Sie sah nur kurz in sein schelmisches Grinsen, und dann wieder zu den Burger, den er ihr direkt vor den Mund hielt. Sie hob die Hände, berührte das Essen aber nicht, und biss genüsslich mit geschlossenen Augen ab. „Hungrig?“, fragte der Drummer überflüssiger Weise und sah ihrem Mund bei den Kaubewegungen zu. „Sehr sogar.“ Kapitel 3: Auf den Schock folgt die Chance ------------------------------------------ „Und was wollen wir da?“, fragte Rod doch etwas gelangweilt und bog rechts ab. „Vertrau uns, du wirst sie echt gut finden! Ein wenig grün hinter den Ohren, aber sie machen schon ganz gute Musik.“, meinte Bela, der sich halb auf dem Beifahrersitz zu ihm hingedreht hatte. „Stimmt’s, Farin?“ Der Blondschopf, der zwischen den beiden Vordersitzen hervor lugte nickte eifrig. „Oh ja, es sind zwei Mädchen und ein Junge.“, pflichtete er bei. „Klasse, das heißt ihr habt endlich Freundinnen gefunden um mir nicht mehr so auf die Nerven zu gehen?“ Seine zwei Freunde ignorierten einfach diese Spitze und sahen sich an. „Ach quatsch.“, Bela winkte gedehnt ab. „Die interessieren uns doch gar nicht. Nur ihre Musik.“ Rod zog eine Augenbraue hoch. Die Musik von anderen interessierte sie? „Pandora und Lilly gehen in meinen Jahrgang.“, erklärte Farin. „Max ist ein Referendar bei uns.“ „Ah ja und wieso fahren wir dann nicht zu einem von denen, sondern in die große Konzerthalle?“, fragte Rod und musste an einer Straßensperre vorbei. „Pandora hat erzählt, dass sie heute Nachmittag da sind.“, meinte Bela nur und setzte sich wieder gerade hin als der Fahrer hielt nur um gleich seine Augen am raus fallen zu hindern. Auf dem Fußgängerüberweg, vor der sie gerade gehalten hatten lief eine gewaltige Traube Menschen. Einige sahen ganz normal aus, doch der Großteil von ihnen hatte sich regelrecht heraus geputzt. Mit offenem Mund starrten er und Farin hinter den Leuten her. „Was war das?“ „Ist hier irgendwo eine Schleuse aufgegangen oder warum wird die Straße überflutet?“ „Ach, ihr wisst das gar nicht?“, Rod trat wieder aufs Gas als frei war. „Heute spielt Demon Kiss in der Konzerthalle. Darum habe ich mich gewundert, dass eure Freundinnen ausgerechnet da sein sollen.“ „Vielleicht gehen sie ja auf das Konzert.“, überlegte Bela sich. „Na dann ist das ja unsinnig. Dann spielen sie uns doch gar nichts vor.“, Rod bog auf den Parkplatz ein. „Egal, dann hören wir uns eben mit ihnen das Konzert an.“ „Ihr mögt die Gruppe doch gar nicht.“, mit einem verwunderten Ausdruck auf dem Gesicht zog Rod die Handbremse an und den Schlüssel ab. Ganz zu schweigen davon, dass sie gar keine Karten hatten. „Aber du!“, kombinierte Farin und sprang schon aus dem Wagen. Langsam wurde es dem Bassisten zu merkwürdig. Erst machten sie ihn fertig wegen seiner Freundin, dann führten sie ihn hier her mit der Absicht ihm drei neue Freunde von ihnen zu präsentieren und dann wollten sie mit ihm auf ein Konzert von einer Band, die sie gar nicht mochten. Na ja, sie mochten generell keine Musik, die nicht von ihren Urgroßvätern kam, aber was soll’s. Wortlos schloss er den Wagen ab, während die beiden immer noch auf ihn einredeten. „Na gut, Jungs, dann fahrt mal eure Sensoren aus und sucht in dieser Menschenmenge eure Mädels.“, er grinste breit und verschränkte die Arme, als sie an einer gewaltigen Masse Menschen vor dem Gebäude ankamen. „Das ist unmöglich.“, seufzte Bela und versuchte auch nur ein einziges Gesicht unter hunderten zu erkennen. „Habt ihr nicht mal eine Handynummer oder so was?“, fragte der Älteste und nahm schon wieder seinen Schlüssel aus der Hosentasche. Er war sich sicher, dass die Jungs das nicht hatten und dass er endlich nach Hause fahren könnte. Dafür hatten die beiden nicht genug sozialen Verstand. Doch da hatte er sich getäuscht. „Hallo?“, fragte Farin verwundert in sein Telefon. „Hallo ich möchte gerne mit Lilly Schrader sprechen.“ Rod bekam tellergroße Augen. Hatte Farin wirklich die Nummer von einem der Mädchen. Vielleicht waren sie doch nicht so sozial unfähig wie er immer dachte. Oder bahnte sich da etwa noch mehr an? Er versank gerade in Träumen, während Farin nun wieder das Wort an sie richtete. „Da war so eine komische Frau dran…sie meinte wir sollten zum Seiteneingang kommen, sie holt uns da ab.“, erklärte er. „Dann lasst uns keine Zeit verlieren!“, Bela zog sie so abrupt mit sich, dass seine Freunde beinahe gestolpert wären. Vorbei an der Menge, die aufgeregt redete. Rod erkannte einige Lieder der Band die besonders gut gelaunte Fans bereits sangen. Warum hatte er sich eigentlich keine Karte für das Konzert gekauft. Ach ja, dann wäre die Sache mit Farin und Bela noch komplett eskaliert und das wollte er nicht, auch wenn die beiden sich wirklich manchmal unmöglich benahmen. So lies er sich Wortlos mitschleifen zu einem kleineren Seiteneingang, wo bereits eine Frau mittleren Alters heraus spähte. „Hi.“, begrüßte Farin sie. „Farin Vetter, Bela Felsenheimer und Rodrigo Gonzales.“ Die Frau nickte nur. „Gut, dann kommt mal rein. Die drei gesuchten befinden sich im Saal.“, erklärte sie lächelnd. „Ich bring euch hin.“ Ihr Weg führte sie durch ein verschlungenes System aus nackten, schmalen Gängen. Mal gingen sie eine Treppe hoch, dann wieder eine hinunter und irgendwann fragten sich die Jungs, ob das eigentlich Absicht war. Nun gut, bei Fernsehsender war es nicht anders wegen der Angst vor übergriffen, aber in einer Konzerthalle? Rod machte ein beeindrucktes Gesicht, als sie an einer Tür mit einem goldenen Sternchen darauf vorbei kamen. Auf dem Auswechselbarem Namensschild stand groß der Name der Band, die hier heute spielen sollte. So Nahe würde er ihnen wohl nie wieder kommen. Er schwelgte schon in einer neuen Traumwelt als er das harte, rhythmische Spiel von Gitarre, Bass und Schlagzeug hörte. Irgendwo übte wohl die Band gerade. Aber das Lied kannte er doch gar nicht. Während er noch überlegte, ob sie vielleicht ein neues einstudierten setzte eine weibliche Stimme ein. Er stutzte. Die Band bestand aus fünf Männern im mittleren Alter aber keiner Frau. Die Dame, die sie geführt hatte öffnete eine Seite einer schweren Flügeltür und lies sie hinein. „Oh mein Gott…“, murmelte Farin, als sie an den Rand der Bühne traten. Nicht nur er riss ungläubig die Augen auf, auch Bela traute den seinen nicht. Vor ihnen spielte sich ein reines Spektakel einer Lasershow ab. Drei Personen standen dort und spielten aus Leibeskräften für ein unsichtbares Publikum. Lilly Schrader wiegte sich im Takt des Schlagzeuges und bearbeitete ihren Bass auf eine Art und Weise, die Niemand von ihnen einem so zarten Mädchen jemals zugetraut hätte. Maxwell Jorden, der verklemmt wirkende Referendar, schlug einen wilden, harten Rhythmus auf seinem Schlagzeug. Und Pandora Verlaine vollführte mit ihrer Gitarre und ihrer Stimme etwas so gegensätzliches, dass man glaubte sie hätte eine Gespaltene Persönlichkeit. Sie spielten eine solch aggressive Melodie, dass es in Kombination mit dieser zarten Stimme, die trotzdem den Instrumenten nichts nachstand, einfach nur faszinierend war. Kreise und Zickzacklinien von Lasern in den verschiedensten Farben wurden über den Zuschauerraum und die Bühne gejagt. Das Lichtspiel passte sich in der professionellsten Art und Weise die es nur gab den Instrumenten an. „Verdammt, die sind gut…“, murmelte Rod. „Da habt ihr euch ja genau die Richtigen ausgesucht.“, er klopfte seinen Jungs auf die Schultern, doch das war vermutlich ein Fehler. Ein Blick in ihre Gesichter sagte ihm, dass sie sich der Halle nicht mal hätten nähern dürfen. Sie bissen sich wütend auf die Unterlippen. Würde das grelle Licht ihre Farben nicht verändern, und Bela gerade hellblau strahlen und Farin grün, dann, so war er sich sicher, würde Zornesröte auf ihren Gesichtern stehen. Prompt hatte er Angst um die Mädchen. Farin drückte seine Faust so fest zusammen, dass es den Bassisten nicht gewundert hätte, wenn Blut seine Finger hinunter geronnen wäre. Das Licht flackerte, als Pandora ihrer Gitarre einen schrillen Ton abzwang und erlosch beinahe, als mit einem abklingenden Laut die Instrumente verstummten. Er wollte sich gerade beglückwünschen, dass dieses Spektakel ohne Tote von statten ging, doch noch ehe die letzte Schallwelle wirklich vorüber war, war wieder die Stimme der Sängerin zu hören war. Drei Töne, dann setzten die Instrumente wieder ein, und der letzte Anlauf begann. Er glaubte Belas Augen aus den Höhlen springen zu sehen vor Zorn und dass ihm Reißzähne wuchsen bei dem Anblick, was Maxwell mit seinen Sticks konnte. Und dann ein letzter Hoher Ton der Gitarre und das Licht ging aus. Endlich. Das Ende. Hoffentlich gab es keine Zugabe. Plötzlich klatschte es aus allen Ecken und Enden und Festbeleuchtung aus einfachen, weißen Lampen flutete den Saal. An ihnen vorbei und von der anderen Seite der Bühne kamen Männer und Frauen auf sie zu. „Reißt euch wieder zusammen Jungs.“, forderte er und stieß die beiden in die Seiten. Bela und Farin sahen sich nur mit angewidertem Blick an. Sie konnten es nicht ertragen. Sie waren absolut unfähig, wenn es um Konkurrenz ging. „Wollen wir gehen?“ Die Jungs schüttelten den Kopf. Nichts desto trotz mussten sie immer noch Rod mit einer verkuppeln die sie unter Kontrolle hatten. Und die beiden waren die einzige Chance. Nur wen sollten sie nehmen? Sie wussten nicht, welche die Bessere war, wenn es überhaupt eine gab. Aber vielleicht sollte es jemand sein, durch den sie dann die ganze Band zerstören würden. Diese kleine Gruppe von möchte gern Stars sollte auf keinen Fall ihnen die Show stehlen. „Na nu, sind das nicht Bela und Farin?“, hörten sie Maxwell sagen und setzten sofort ihre freundlichsten, begeisterten Gesichter auf, die sie vortäuschen konnte. Rod brauchte sich da keine Mühe machen. Er war wirklich sprachlos. „Was macht ihr hier?“, fragte Pandora und gab einem der Techniker die Gitarre, die sie gerade gespielt hatte. „Ihr hattet doch gesagt, dass ihr heute hier seid, da dachten wir, wir kommen mal vorbei.“, erklärte Bela grinsend. „Hey, war das nicht gerade die Gitarre von Rasmus Verlaine?“, fragte Rod begeistert. Padora sah ihn groß an, nickte dann aber. „Ja schon.“ Bela und Farin sahen sich an. Na klasse, das dürfte ein toller Auftritt von Rod sein. Er macht sich gleich beim ersten Mal zum Affen. „Wow, das ist echt beeindruckend.“, meinte Rod und nickte, als er dann auch den Bass erkannte, der Lilly abgenommen wurde und das Schlagzeug, mit dem unverkennbaren Zeichen der Hauptband heute Abend. „Also, was macht ihr hier?“, fragte Bela einfach mal. „Wir helfen ein wenig die Instrumente zu Stimmen und das Licht einzustellen und so weiter.“, erklärte Lilly. „Das hat man gesehen.“, murmelte Farin. „Ihr seit absolut klasse!“, erklärte Rod immer noch beigeistert. Er war sich klar, dass das eine schwache Ablenkung von dem Eifersuchtsschild über seinen Jungs war. „Oh ja das sind sie.“, meinte eine Stimme hinter ihm. Als sie sich herum drehten trauten sie ihren Augen nicht. Mit einem Schwung sprangen die Mitglieder der Demon Kiss auf die Bühne. „Ihr werdet immer besser. Es macht echt spaß euch zuzuhören!“, meinte Rasmus Verlaine und klopfte seine schwarze Lederhose ab, ehe er zu Pandora hinüber ging. „Ich bin stolz auf dich mein Engel.“ „Danke Daddy.“ Sie lächelte Breit, als der Mann mit einem so liebenswürdigen Gesicht zu ihr hinunter lächelte, dass man im mit all seinen Tätowierungen, Totenköpfen und Piercings gar nicht zugetraut hätte. „Daddy?“, fragten Bela, Farin und Rod wie aus einem Mund. Rasmus lächelte freundlich und reichte ihnen die Hand. „Rasmus Verlaine, freut mich euch kennen zu lernen.“, meinte er grinsend. Rod wusste ja, dass dieser absolut brillante Gitarrist allein erziehender Vater war und dass er und seine Tochter hier in dieser Stadt lebten, aber er hätte es sich niemals ausgemalt einen von den beiden jemals zu begegnen. Es war ein Wunder, dass die Kleine noch nicht berühmt war mit ihrer Band. Da waren sich die drei einig, auch wenn keiner was gesagt hatte. Noch größer wurde der Schock, als dann auch noch ein wichtig aussehender Anzugträger auf die Bühne kam. Der Produzent Birk Schrader. Bekannt aus allen möglichen Medien. Fluchtinstinkt stieg in Bela und Farin hoch, als ihnen bewusst wurde, dass das kein Zufall war. Auch Lilly hatte hohe Tiere der Musikindustrie als Verwandte. Okay, gut, ihre Eltern hatten auch in diesem Bereich zu tun, in ebenfalls hohen Positionen, aber sie arbeiteten in anderen Firmen, teilweise auf anderen Kontinenten. „Das sind Farin Vetter aus unserem Jahrgang und Bela Felsenheimer, mein heutiger Lebensretter.“, stellte Pandora sie gerade vor. „Ich bin Rodrigo Gonzales. Mich kennen sie noch nicht. Die Jungs haben mich mitgeschleppt als Chauffeur.“, übernahm Rod, merkwürdiger Weise völlig unbefangen Witze reißend. Wie konnte er nur sah er nicht die Gefahr in diesen Leuten? Bela und Farin waren kurz davor die ganze Sache einfach abzublasen und noch mal bei Null zu beginnen, als Lillys Vater das Wort ergriff. „Sagt mal, hab ihr irgendwas mit dieser Band „die Ärzte“ zu tun?“, fragte er. „Wir sind ihre Urenkel.“, erklärte Rod glücklich lächelnd. Da wurden die anderen beiden wieder hellhörig. Plan zwei schmiedete sich zeitgleich in ihren fanatischen Hirnen zusammen. Berühmt werden und Rod einspannen war viel besser und leichter als der erste Plan. „Gefällt ihnen die Band?“, fragten sie gleichzeitig und mussten sich angrinsen. Sie waren wie immer auf derselben Wellenlänge. Rasmus lachte auf. „Soll das ein Scherz sein?“, fragte er mit großen Augen. „Wenn ich damals schon gelebt hätte wäre ich Groupie geworden!“ Sie lachten. Natürlich wäre er das!, dachten Farin und Bela gleichzeitig. Dieser Mann war ihnen sympathisch. Jeder der ihre Urgroßväter gut fand war ihnen sympatisch. Und das traf scheinbar auf die Meisten Anwesenden zu. Sofort waren die beiden gelöster. Rod schickte ein Dankeschön zum Himmel. „Macht ihr drei auch Musik?“, fragte Rasmus begeistert weiter. „Ein wenig, ja.“, meinte Bela in einer vollkommen bescheidenen Rolle und wedelte ein wenig mit der Hand herum. „Klasse.“, meinte der Mann. „So was find ich toll, wenn sich junge Geister wie ihr mit Musik befassen.“ „Wo wir gerade dabei sind“, begann Birk und legte einen Arm um Max und einen um seine Tochter. „Unsere Vorband hat gerade abgesagt. Ich dachte mir ihr wärt eine klasse Einstimmung.“ Pandora und Lilly sahen sich an, bekamen Teller große Augen und Münder und fingen fast an zu schreien, als sie sich um den Hals fielen. Aufgeregt hüpften sie hin und her. Sofort zischten wieder Blitze aus den Augen von Bela und Farin. Rod überlegte sich inzwischen wie sein Testament aussehen sollte. Denn das wäre nach diesem Besuch hier definitiv fällig. Morgen wären diese drei hier berühmt und die Jungs würden richtig ätzend sein. „Alles schön und gut, aber ich kann nicht.“, verblüfft sahen alle zu Maxwell. „Wie, du kannst nicht?“, fragte Lillys Vater und machte einen Schritt beiseite. „Ich habe morgen Zwischenprüfung, da muss ich fitt sein und ich wollte heute noch mal ein wenig lernen.“ Ein gehässiges Grinsen setzte sich auf die Gesichter des Drummers und des Gitarristen der Jungen. Oh das war ja so genial. Woher kannten sie dieses kleine Schauspiel nur? Mit Sicherheit würden die Mädchen gleich ausrasten und es an ihrem Drummer auslassen und wer sollte dann noch die Vorband sein? Was sollte dann nur aus dieser Armen kleinen Band hier vor ihnen werden wenn sich der Drummer mit seinem Studium beschäftigte. Wen sollte dann der arme, arme Produzent nur auf diese Bühne bekommen? So in letzter Sekunde? Ja wen nur? Natürlich würden sich die beiden anbieten. Wenn es denn gar nicht anders ginge würden sie alles stehen und liegen lassen, nur um diesen Auftritt zu retten. Sie wären die großen Helden in der Not. Und was Rod anging, der würde sich schon fügen. Keine Frage. Gleich war es soweit, Lilly und Pandora lösten sich bereits aus ihrer Umarmung, gleich würde das Donnerwetter kommen. Sie trauten ihren Augen nicht, als die Mädchen sich nur ansahen und dann zu lächeln begannen. „Schon gut, Max.“, meinte Pandora. „Dann eben ein anderes Mal. Das ist ja nicht der Weltuntergang.“ Bela und Farin klappte der Kiefer nach unten. Rod fand es beeindruckend. Diesen Mädchen würde er seine beiden Kampfhähne blind anvertrauen. Die würden sie bestimmt zähmen können. Er sah zu ihnen hinüber. Sieh sie sich einer an. Die beiden waren so perplex, dass ihre Mädchen den Auftritt einfach sausen ließen, sie schiene wirklich auf ihren Erfolg zu hoffen. Rod schüttelte lächelnd den Kopf, wusste er doch nicht, das er das alles falsch interpretierte, und tat etwas, was er von sich selbst nicht gedacht hätte, aber mit absoluter Sicherheit das Richtige war, um die Jungs wenigstens etwas zu trösten. „Wenn sie wollen, dann übernehmen wir das.“, schlug er vor. „Wir sind vielleicht keine Profies aber auch ganz gut. Und ich glaube die beiden haben nichts dagegen.“ Alle Augenpaare waren auf ihn gerichtet. Bela und Farin glaubten nicht, dass Rod gerade diesen Vorschlag gemacht hatte, doch es schien so. Sein Mund hatte sich bewegt und seine Stimme kam zum Vorschein. Birk dachte einen Moment nach. „Na schön, wieso nicht?“, meinte er schließlich lächelnd. „Das könnte eure Chance sein, Jungs, nutzt sie.“, er klopfte Bela auf die Schulter, der nur abwesend nickte. Der Produzent zückte sein Handy und ging wieder. „Gut, dann kann ich ja gehen.“, verabschiedete sich Maxwell, winkte noch einmal und machte sich dann schnell davon. „Und euch bereiten wir jetzt auf den Auftritt vor.“, entschied Rasmus. „Und ihr guckt hoffentlich zu.“, schlug Rod noch den beiden Mädchen vor. „Gerne.“, antwortete Lilly. Ein Mann kam auf Bela zu und reichte ihm die Sticks vom Schlagzeug, zwei weitere brachten E-Bass und E-Gitarre zu den Jungen. „Dann zeigt mal was ihr könnt.“, forderte Rasmus und zog die beiden Mädchen mit sich runter von der Bühne. Das Konzert versprach großartig zu werden. Kapitel 4: Zum Star über Nacht ------------------------------ Das war ein Empfang wie ihn sich Farin immer vorgestellt hatte. Er stieg in den gelben Schulbus und wurde von Gemurmel zu seinem Stammplatz begleitet. Er stieg an der Endhaltestelle aus, warf sich den Rucksack über die Schulter, die Sonne blitzte auf in seiner schwarzen Sonnenbrille und sofort begannen alle zu kreischen. Er war vorher schon beliebt, keine Frage, aber dieser Abend als Vorband für Demon Kiss hatte ihn schier zu einem Gott gemacht. Er sah hinüber zu den Privatparkplätzen der Schule. Ein Motorrad fuhr auf einen der Stellplätze, der Fahrer richtete sich halb auf und nahm den Helm ab. Wie auch immer Bela es machte, dass selbst nach der beklemmenden Enge des Helmes seine Haare standen war ihm ein Rätsel, aber es war das erste mal, dass dieser Zustand auch noch mit lautem Gekreische beglückwünscht wurde. Man, das war das Größte. Jetzt wusste der blonde endlich wie es war ein Star zu sein, und viel mehr noch: wie es war einer von Die Ärzte zu sein. Er ging hinüber zu dem Schlagzeuger. Mannoman, noch ein paar Konzerte mehr und sie würden an der Schule noch mehr Security einstellen müssen und das nur wegen ihnen beiden. „Es ist absolut Irre.“, meinte Bela und zog den Reißverschluss seiner Lederjacke auf, als der Gitarrist näher kam. „Ich stand heute Morgen auf, öffnete das Fenster und als ich hinaus geschaut habe standen da mindestens eindutzend Mädels, die mir zugerufen haben.“, er lachte. „Ich wäre fast nicht aus der Garage gekommen!“ „Ja, wem sagst du das und ich hatte ne eins a Geräuschkulisse im Bus, auch wenn ich nur den Arm gehoben habe.“ Das reinste Glück schoss ihnen durch die Körper. So viel davon hatten sie noch nie auf einmal gespürt. Es war überwältigend. Bela nahm seinen Rucksack und zusammen bahnten sie sich einen Weg durch die Massen in Richtung Schulgebäude. Dauernd sprach sie ein Mädchen an, plötzlich waren die gar nicht mehr so schüchtern was das anging, und hier und da rief ihnen jemand was hinterher. So mussten sich die Großen der Großen fühlen. Dass diese offene Beliebtheit vermutlich nur daher rührte, dass man nun erwartete, dass sie Demon Kiss kennen könnten verdrängten sie einfach. Dieser Erfolg konnte nur ihnen zugesprochen sein. Immerhin wurde Pandora ja nicht so taxiert. Zumindest hatten sie das noch nie mitbekommen. „Vielleicht brauchen wir die Mädchen doch nicht.“, überlegte Bela. „Jetzt, wo sie uns entdeckt haben wird Rod doch gar keine andere Wahl bleiben, oder?“ „Da kennst du ihn aber falsch. Der findet doch immer ein Schlupfloch.“ „Das schafft er nicht lange, wetten? In seiner Uni machen sie sicher auch so ein Trara um ihn wie die hier alle bei uns?“ Farin dachte nach. Das klang einleuchtend. Die Band von Pandoras Vater war so bekannt wie Michael Jackson, Brad Pitt, Jonny Depp, Orlando Bloom oder sogar die Backstreet Boys. Jährlich besuchte mindestens die halbe Menschheit ihre Tourneekonzerte, zumindest kam es den Jungen so vor. Dass nun ausgerechnet sie eine Vorband gewesen waren hatte ihren Bekanntheitsgrad um mindestens hundertachtzig Grad gedreht. „Also was meinst du?“, fragte Bela noch einmal. „Brauchen wir Verlaine und Schrader noch?“ „Ich weiß nicht.“, Farin öffnete sein Schließfach und nahm die Sonnenbrille ab. Geschäftig sah er in seinen kleinen Spiegel und zupfte ein wenig an seiner Frisur herum, während sein Freund seine Motorradsachen einschloss. Unauffällig sah er sich um. Überall diese Mädchen. Er konnte sich nicht vorstellen wieso einige Stars ihre Security aufstockten. Es war einfach unglaublich. Egal wo sie gingen oder standen: überall waren sie der absolute Mittelpunkt. Er wartete eigentlich nur noch darauf, dass jemand kam und ein Autogramm wollte. Er warf einen Blick zu Farin, der scheinbar genau das Gleiche gedacht hatte. Sie lächelten sich verwegen an und sonnten sich ausgiebig in den Blicken. Dann kam ein Schatten. In dem ganzen Gerummel um sie würde es sonst niemandem auffallen, und es fiel auch niemanden weiter auf, nur ihnen. Auf der anderen Seite des Ganges an den Schließfächern standen zwei Schülerinnen, die sich nicht die Bohne um sie scherten. Sie waren nur mit sich beschäftigt, beobachteten sie nicht so eingehend wie all die anderen. Pandora und Lilly. Die schwarzhaarige lehnte an den Schränken und redete auf ihre Freundin ein, die andere sah sie hin und wieder mal an, war aber sonst mit ihren Sachen beschäftigt. An sich hätte es ihnen egal sein können. Beiden war es klar, aber die Mädchen stachen so hervor, dass es ihnen beinahe weh tat von ihnen nicht die gleiche Aufmerksamkeit zu bekommen wie von den anderen. Sie wollten ungeteilte Aufmerksamkeit von allen ausnahmslos haben. Sie wollten vergöttert werden. Farin sah Bela an. Sein Blick war nicht mehr so glücklich wie vor einigen Minuten noch. Sie warfen ihre Schränke zu und gingen wie von selbst auf die beiden zu. In ihrem Gespräch übernahm Lilly das Wort, Schloss den Schrank und drehte sich gerade um, um mit ihrer Freundin in die gleiche Richtung zu verschwinden in die auch Bela und Farin unterwegs waren. „Na gut, dann setzen wir uns morgen eben wieder an das Lied.“, beschloss Lilly. „Das hat ja keine Eile. Und du trete Max in den Hintern, er soll seine Freunde gefälligst fragen wegen der Instrumente.“ Pandi warf sich klimpernder Weise eine Strähne über die Schulter, als die beiden geschockt zusammen fuhren und herum wirbelten. Erleichtert hielten sie sich ihre Herzen und lachten los. Hinter ihnen standen Bela und Farin. Sie hatten sich gerade bemerkbar gemacht. „Info, mir geht es wie Snowbell in Stuard Little: ich habe einen Robusten Magen, aber nur ein sehr schwaches Herz! Also schleicht euch gefälligst nie wieder einfach so von hinten an!“, meckerte Pandora. Farin und Bela waren sich einig: dass sie sie nicht beachtet hatten war definitiv zu viel. Das musste geändert werden. „Hey, Jungs, übrigens: spitzen Konzert gestern.“, erklärte Lilly mit beiden Daumen oben. „Eigentlich wollten wir das gleich noch sagen, aber Rod hat uns dann ein wenig aufgehalten!“ Zeitgleich wurden der Schwarzhaarige und der Blonde hellhörig. Das klang viel versprechend. Vielleicht würde es ja doch helfen, wenn sie Rod mit einer von ihnen verkuppeln würden. Sicher war ja bekanntlich sicher, nicht? „Ja, ja, der gute, alte Rod.“, meinte Bela und grinste die Decke an. Seine Hände verschwanden in seiner Hosentasche. „Er ist wirklich ein toller Freund.“, bestätigte Farin, um ihn weiter anzupreisen. „Er lässt einen nicht hängen, tut alles um einen Freund glücklich zu machen.“ Wissend grinsten sich die Mädchen an. Der Bassist hatte ihnen von den Spannungen zwischen ihm und den Jungs erzählt und noch so einiges mehr fallen lassen. Es stand um ihre Freundschaft gar nicht gut. Entweder wollten die beiden das nicht wahr haben oder sie verfolgten ein Ziel. Vermutlich letzteres, da Rodrigo ihnen sein Leid geplagt hatte, zusammen mit der Bitte, sie sollten sich gut um seine kleinen Spinner kümmern und sie nach Möglichkeit zähmen. „Ignoriert sie einfach.“, hatte der Student gesagt. „Sie wollen von ausnahmslos alles beachtet und bewundert werden um jeden Preis.“ Also hielten sie sich daran. „Ach, da fällt mir gerade was ein!“, Pandora zog ein dickes schwarzes Portmonee heraus und öffnete es. Geld genug hatte sie. Es ging ihr bei dieser „kleinen“ Geste darum den Jungs zu zeigen, dass sie sie nicht brauchten. Auch nicht finanziell, falls sie sie damit einmal locken wollen würden. Sie zog einen Fünfziger heraus. „Kleiner hab ich es leider nicht.“, meinte sie grinsend und steckte Bela das Geld in seine Hosentasche. „Für das Essen gestern.“ Er wusste nicht wirklich, was er davon halten sollte, als sie ihm auch noch auf die Tasche klopfte und dann die Goldmiene wieder einpackte. Irgendwie kam er sich dabei wie ein Stripper vor. Unwichtig, klein und entblößt. Das wollte er nicht. Er wollte beachtet werden und man sollte zu ihm aufsehen. Pandora hingegen untergrub seine Autorität eher. Farin ging es nicht besser. Mit zusammen gekniffenen Augen kam Lilly etwas näher und strich sich mit kritischem Blick mit der Zunge über die Zähne. „Du hast da was!“, erklärte sie und pulte sich theatralisch zwischen in der Kauleiste herum. Es war als würde sie ein Kind oder so zu Recht weisen. War er etwa nicht etwas Besonderes? Er war immerhin ein Gitarrist, der über Nacht zum Star geworden war. „Lilly, es ist spät, wir sollten zum Direktor.“, erklärte Pandora. „Bin schon da.“ Sie zogen den Direktor ihnen vor? Was war nur mit den Mädchen los? Sie gingen lieber in ein kleines, eingestaubtes Büro mit einem alten, fetten, glatzköpfigen Sack, der beim Essen grunzte, als ihre Zeit mit ihnen zu verbringen? „Also dann, Jungs, wir sehen uns.“, Pandi winkte noch einmal kurz, während Lilly ihnen einen Kussmund zu warf. Dann waren sie schon im Verwaltungsflügel verschwunden. „Ehm…“, begann Bela und starrte auf den halben Hunderter in seiner Hand. „Irgendwie fühl ich mich gerade…“, Farin suchte seine Zahnrillen mit der Zunge ab. Bela sah ihn an, weil er den Satz nicht beendet hatte. „…unbedeutend? Scheiße?“ „Das auch, aber ich meinte eher, stehen gelassen.“ „Sitzen gelassen.“, bestätigte Bela. „Dieses Weib macht mich wahnsinnig.“, sprachen beide und sahen sich schuldbewusst und irritiert an. Welche der beiden meinten sie eigendlich? Die Produzententochter und der Engel des Hardrockers? ** Bela war sich zu fein um Sport mit zu machen. Er sah lieber den Jungen dabei zu, wie sie sich vollends zum Deppen machten und beobachtete die Mädchen in ihren viel zu knappen Outfits beim Schwitzen und ihn begaffen. Dieser Nachmittag stand im Zeichen der Leichtathletik für die Klassen zehn bis zwölf. Es war so eine verrückte Idee der Sportlehrer, wenn aus anderen Schulen Gastschüler kamen. So sollten Bekanntschaften gepflegt werden. Das war doch alles nur ein Witz. Er war Volljährig, er ließ sich da nicht mehr hinein reden. Farin hingegen war erst siebzehn und wurde noch mehr oder weniger dazu gezwungen, doch der fand immer eine Ausrede, was unliebsame Fächer anging. Nachdenklich streckte der Blonde seine Beine aus und das Gesicht in die Sonne. Im Laufe der Mittagspause war das Schmachten der Mitschülerinnen irgendwie langweilig geworden, fand er. Auch wenn es ihn immer noch nervte, dass Lilly und Pandora sie nicht beachteten. Die Beiden vergnügten sich in aller Seelenruhe an der Weitsprunggrube mit Dreierhob. „Tun die nur so oder interessieren sie sich wirklich nicht für uns?“, fragte Farin. „Weiß nicht? Vielleicht sind sie ja Lesbisch?“ „Nein, das denk ich weniger.“, der jüngere winkte ab. „Soweit ich weiß hatte Lilly mal nen Schwarm. Da hat sie einen Tisch an dem wir beide saßen immer mit seinem Namen zugekritzelt. Das war vielleicht nervig.“ „Ach ja und Pandora hatte mal was mit diesem komischen Esten dahinten, zumindest haben die beiden sich lautstark gezofft den einen Tag in der ersten Etage mitten im Unterricht, weißt du noch?“ Farin nickte. Merkwürdig wie viel ihnen plötzlich zu den Mädchen einfiel. Die Gruppe von Pandora und Lilly wurde von der Sprunganlage entlassen und war nun auf der fünfhundert Meter Bahn wieder unterwegs. Als die Jungs sahen, dass die Mädchen zu ihnen abdrifteten setzten sie sich Kerzen gerade auf und gleich darauf ließen sie sich zu ihnen ins Gras plumpsen. „Na ihr faulen Kinder?“, grinste die Blonde und sah sich um. Bevor es los ging hatten sie ihr Trinken bei Bela und Farin gelassen. Lilly schraubte gerade den Deckel von ihrem ab und setzte an. „Wo ist denn meine Falsche schon wieder hin?“, wunderte sich Pandora. „Sicher, dass du sie überhaupt mit draußen hattest?“, wollte Lilly wissen. „Glaubst du ich bin so blöd?“, ihr Blick blieb auf Bela hängen. Sein Plan klappte. Er hatte ihre Aufmerksamkeit. Zwar das Dümmste, was ihm einfallen konnte, aber immerhin. Irritiert musterte sie ihn von oben bis unten. Wieso hatte er die Hände auf seinem Rücken? Sie sah hoch in sein Gesicht. Er grinste schelmisch. „Manno.“, Pandi krabbelte auf ihn zu und grabschte hinter seinen Rücken, aber er lehnte sich nur weiter zurück. Je näher sie kam desto weiter begrub er die Falsche unter sich. Lachend versuchte sie ihn beiseite zu schieben und bekam schließlich das Wasser zu fassen. Während sie der Verschluss öffnete landete sie wieder auf ihrem Hinterteil. „Wir sollen euch übrigens fragen, ob ihr Samstagabend zu der Geburtstagsparty von Alan kommen wollt.“, meinte Lilly an Farin gewandt. „Wieso das?“ „Die Mädchen wollen das alle, aber irgendwie traut sich keine Euch zu fragen. Als ob das so was Besonderes wäre.“, Pandora verdrehte die Augen. Sie meinte es allerdings anders als es bei Bela und Farin ankam. Für sie musste es einfach so sein, dass Jemand Bammel davor hatte mit ihnen zu reden. Bela machte eine abfällige Handbewegung. „Wir wollten den Samstag zum Proben nutzen.“, gestand er. „An solch einer Party haben wir sowieso kein Interesse.“ „Ja, das ist doch langweilig.“, meinte Farin nur lässig. Lilly nickte. „Schade, den anderen wird sicher was fehlen.“ Bela sah auf. „Und euch?“ „Was haben wir damit zu tun? Wir sind nicht eingeladen.“, sie zuckte mit den Schultern. „Nur unsere Austauschschülerinnen wollen unbedingt hin.“, gestand Lilly. „Da, die Beiden dahinten sind das.“, Pandora suchte kurz die Basketballfelder ab und wies dann auf zwei relativ große Mädchen, bei denen die Natur nicht an Busen und Hintern gespart hatte. Farin und Bela rissen gleichzeitig die Augen auf. Wäre das ein Comic gewesen würden ihre Kiefer auf dem Boden schleifen und die Zungen sich als lange rote Teppiche ausrollen. Mit hochgezogenen Augenbrauen sahen die Mädchen sich an. „Und woher kommen sie?“, fragte Farin ohne seinen Blick von ihnen zu nehmen. „Frankreich.“, antwortete Lilly. In dem Moment wurde auch der Kurs von den beiden Beendet und ihre Gruppe lief los. Ohne Umwege kamen die Mädchen lachend auf sie zu. „Allo“, begrüßten sie sie. Pandora stand auf und reichte einer von ihnen ihre Flasche. Lilly folgte, Bela und Farin sprangen fast sofort ebenfalls auf die Beine. „Also, darf ich vorstellen? Jeannine und Jaqueline.“, stellte die Bassistin die Mädchen vor. Zwillinge waren sie, das stand fest. Und auf gar keinen Fall von schlechten Eltern. Ungeniert musterte Bela die zwei von ihrem Verschwitzten Ausschnitt bis hin zu den nackten Oberschenkeln. Seine Augenbrauen zuckten kurz als er sie wieder anlächelte. „Hör auf zu sabbern, Pluto.“, knurrte Pandora zu seiner linken. „Ja, ja, du siehst auch ganz schick aus.“ Natürlich wollte sie, dass er sie beachtet. Wer würde das nicht wollen? Aber da sollte sie sich schön hinten anstellen. Erst war Jeannine dran. Oder Jaqueline, oder welche von beiden da auch gerade immer direkt vor ihm stand und so wunderbar naiv lächelte. Pandora machte gerade den Mund auf um etwas zu sagen, da hielt ihr Lilly auch schon eine Hand auf die Lippen. „Wir offen ihr kommt auch am Wochenende?“, fragte eine von ihnen in einem harten Akzent. „Ja klar, unbedingt!“, willigte Farin ein. Nun riss auch Lilly den Mund auf. „Okay?“, sie musste diese Information erstmal verarbeiten. Der Kerl war aber mehr als nur oberflächlich. Vielleicht sollten sie sich demnächst Papier in den BH stopfen und Tonnenweise Make Up auftragen. „Gut, dann machen wir jetzt weiter.“, meinte Pandora und lief los. „Ja, ja“, rief die Jungs nur hinterher und widmeten sich dann Hände reibend wieder den Mädchen. „Männer…“, knurrte Lilly. „…sind Schweine“, beendete Pandora den Satz. Kapitel 5: Von hungrigen Farins und shoppenden Pandoras ------------------------------------------------------- Wütend klappte Farin sein Handy zu, sah noch einmal auf das große Display und stopfte es zurück in seine Hosentasche. Mit hoch rotem, rauchendem Kopf verschränkte er die Arme vor der Brust, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und begann zu kippeln. Mit zusammen gekniffenen, Gift sprühenden Augen betrachtete er den Gang neben sich. Wenn er diese Weiber in die Finger bekommen würde, dann würde er ihnen den Hals umdrehen. Was viel ihnen eigentlich ein sie zu ignorieren? Wussten diese dummen Gänse etwa nicht, wie wichtig sie für ihn und Bela waren? Rein auf nützlicher Basis natürlich! Er wand seinen Blick an den Schwarzhaarigen neben ihm, der genüsslich mit der Zunge an seinem Lolli spielte und ihn von einer Wange in die andere schob. Sein Blick war stur auf sein Handy gerichtet. Seine beiden Daumen huschten flink über die Tasten, während er eine SMS schrieb. Wie konnte er nur so gut gelaunt sein? Da, schon wieder diesen Grinsen in seinem Gesicht. Bela schrieb keine SMS, er chattete mit einer der französischen Zwillinge und das sehr angeregt wie es aussah. Hoffentlich bahnte sich da nicht auch noch so was an wie bei Rod und dieser Sandra. Nachdem der Schlagzeuger kurz gewartet hatte auf eine Antwort schrieb er noch ein letztes mal zurück, dann schob er auch sein Telefon zu und steckte er zurück in die Hosentasche. Grinsend wippte er in dem Sitz vor und zurück wie in einem Schaukelstuhl, und sah ihn an. „Genug geflirtet?“, knurrte der Blonde. Sofort verging seinem Drummer das Grinsen. „Was ist los?“ „Lilly, das ist los. Ich versuche sie seit gestern Abend zu erreichen, aber sie geht nicht an ihr Handy.“ Verwundert hob der andere seine Augenbrauen. „Und deswegen schaust du wie ein Pudel im Regen?“ „Natürlich! Hast du etwa unseren Plan schon vergessen? Was machen wir, wenn sie auf einmal nicht mehr mit uns reden?“ Bela lacht. „Du spinnst doch. Das sind Mädchen, die können die Finger nicht von zwei so gut aussehenden Typen wie uns lassen.“, erklärte er selbstsicher und holte in einer großen Geste sein Telefon wieder hervor. Er drückte auf einen Pfeil des Touchfeldes und rollte seine Nummernliste hinunter, bis zu dem Buchstaben P. Pandora war die Oberste in dieser Kategorie. Er wählte sie an, drückte auf den grünen Höher und hielt sich das Telefon an das Ohr. Selbstsicher sah er seinen Freund an als der Ruf raus ging und lehnte sich dann zurück. Es klingelte. Einmal. Zweimal Und noch ein drittes mal und dann… Tut, tut, tut, tut… Verwundert sah er sein Display an. „Weggedrückt“, stellte er mit großen Augen fest. „Da hast du es. Die reden nicht mehr mit uns.“ „Wieso sollten sie?“ „Was weiß ich?“ Nun stieg auch in Bela die Wut hoch. Was bildeten sie sich eigentlich ein? „Oh Gott, ich glaube die beiden waren die Falschen.“, erklärte Farin stöhnend. „Wieso?“ „Na ja jetzt ist unser Plan im Eimer und Schrader-Records wird uns jetzt auch nicht mehr haben wollen. Und dann noch den Einfluss von Rasmus Verlaine…“ Bela verstand und lehnte sich zurück. „Verdammt, wenn wir uns die Gören zu Feinden machen haben wir die längste Zeit von der großen Karriere geträumt.“ „Eben.“ Es klingelte zur zweiten Stunde. „Was machen wir jetzt?“, fragte der Blonde und stand auf. „Hast du jetzt mit ihnen Unterricht?“ „Nein“ „Dann suchen wir nachher nach ihnen.“ Der Gitarrist nickte und verschmolz mit dem Gewühle auf dem Gang. Bela blieb sitzen. Und sah aus dem großen Pandoramafenster neben ihm… Verzeihung, er sah natürlich aus dem Panoramafenster. Wie von selbst glitten seine Hände wieder in seine Hosentaschen, während er so wie apathisch hin und her wippte und die Massen beobachtete, die durch die Sonnenstrahlen wieder ins Haus fluteten um pünktlich zum Unterricht zu kommen, der in fünf Minuten beginnen sollte. Warum hatte Pandora ihn weggedrückt? Hatte er irgendwas gemacht, was sie verletzt hatte? Nein, sicher nicht. Das wäre ihm doch aufgefallen. Und so blöd die Tochter von einem der einflussreichsten Musiker der Welt gegen sich zu bringen war er nun auch nicht. Jeder kleine Schritt den er je bei ihr gemacht hatte war er vorher in Sekunden schnelle durchlaufen um ihn auf mögliche Konsequenzen zu überprüfen. Und doch redete die Blonde nicht mehr mit ihm. Irgendwie machte ihn das schon verrückt, sie konnte ihn doch nicht einfach ignorieren. Sie war doch Lebensnotwendig für seine Zukunft. Sein Handy vibrierte. Schnell holte er es hervor, doch es war nur eine SMS von Jaqueline. Oder war es Jeannine? Er konnte die Zwillinge nicht auseinander halten. Na ja, so lange wie er aufpasste sie nicht bei Namen zu nennen und sie im Bett auch nicht aus versehen bei Namen nennen wollte war alles in Ordnung. Und ins Bett wollte er mit einer der beiden definitiv. Da konnte ihn auch keine zankende Pandora von abbringen. Was hatte die eigentlich damit zu tun? Er öffnete die Nachricht, merkte aber zeitgleich, das der Inhalt in plötzlich kalt lies. Bis gerade eben fand er sich noch toll als sie ihm schrieb wie unwiderstehlich er doch war und alles so was. Aber nun ließ es ihn irgendwie kalt. Sie wollte wissen, ob sie sich nach der Schule sehen konnten, doch das ging nicht. Er musste dann erstmal zur Probe, aber Morgen war Freitag, da konnten sie sich ungeschoren von den Vorbereitungen zum Tag der offenen Tür davon stehlen und dann würde er das vielleicht noch mit ein paar Dingen von ihr tun… Er tippte ihr die Uhrzeit und steckte das Handy wieder weg. Merkwürdig. Nichts an ihm freute sich auch nur im Geringsten auf diese Jaqueline-Jeannine. Wieder vibrierte das Handy. Pandora, schoss es ihm durch den Kopf, aber es war wieder nur eine Nachricht des Zwillings. Langsam nervte sie ihn. Er drückte die Sinnlose Nachricht weg (sie enthielt nur: ok) und starrte sauer auf das Display. Meld dich, Meld dich!, knurrte er es gedanklich an, doch das Licht ging nur aus und nach einigen Sekunden wieder an um zu zeigen, dass die Tastensperre drin war. Wütend prügelte er sie wieder raus, tippte auf die Wahlwiederholung und rief Pandora an, ohne darauf zu achten, dass schon längst wieder Unterricht war. Keine Antwort. Dieses Mal sprang nur die Mailbox an. Er brach die Verbindung ab und feuerte das arme Telefon auf den Tisch. Langsam war er nicht mehr er selbst. Es brachte ihn in Rage, dass dieses Mädchen nicht mehr auf ihn reagierte wie sie sollte. Er sah vor sich, wie sie seinen Burger essen wollte ohne ihn berühren zu dürfen. Warum fand er das plötzlich erotisch? Er schüttelte den Kopf. Wieder in einem Anflug von Wut griff er nach dem Telefon und wählte ihre Nummer. Der Ruf ging raus wieder immer, es tutete und dann das gewohnte Klick wenn jemand annahm. „Könntest du damit bitte aufhören? Das nervt!“, schnarrte Pandora wütend in ihre Telefon. Ein Echo, es klang als würde sie… Er drehte sich zu seiner rechten zum Gang hin. Ein angesäuerter Blondschopf stand auf dem Linoleum und funkelte ihn an. „Wenn ich dich einmal weg drücke heißt das, dass ich keine Zeit habe. Dann schreib mir gefälligst ne SMS.“, damit legte sie auf. „Also, was willst du von mir?“ Sie ließ einen Gitarrenkoffer und ihre Umhängetasche neben dem Tisch auf den Boden nieder und fiel in den Stuhl, mit dem Rücken zum Gang. Ja was wollte er eigentlich? „Hast du kein Unterricht?“, okay, das war dumm. „Um mich das zu fragen rufst du mich an?“, fragte sie verwundert. „Nein habe ich nicht. Ich habe gerade Ausfall.“ „Nein das wollte ich nicht!“, feixte er. „Ich wollte wissen warum Lilly nicht ran geht, wenn Farin sie anruft.“ „Was interessiert es dich?“, sie blockte ab, ebenso stur wie er war. „Zufällig saß er gerade eben noch hier!“, knurrte er. „Ich schlage vor das macht er mit Lilly alleine aus.“, meinte sie und griff wieder nach ihrer Tasche. „Also wenn das dann alles war gehe ich raus.“, meinte sie und erhob sich. Ein Impuls ergriff von Bela besitz, den er nicht schnell genug unterdrücken konnte. E sprang auf und schnappte sich seine Sachen. „Ich komm mit.“ „Was?“, vor Schreck lies sie beinahe ihr Instrument fallen. Gerade noch so konnte er eine Hand dazwischen halten. Wortlos wechselte sie die Hand und sah ihn prüfend an. Jetzt gab es kein zurück mehr. „Ja, ich dachte mir wir machen mal was zusammen.“, schlug er vor. „Was?“ „Lass uns einfach raus gehen.“, schlug er vor und ging voran. Seine Verlegenheit über das was er hier gerade tat musste sie nun wirklich nicht noch mitbekommen. ** Es war so laut wie auf einem Bahnhof und das Gewühle war unordentlicher als ein Haufen Laubblätter im Herbst, als gleich zwei Deutschkurse gleichzeitig sich in den Raum zwängten. Vor der Tafel spielten die beiden Lehrer mit einem DVD Player herum und lebten ihre technisches-Embryo-Seite mit vollen Zügen aus. Immer mehr Nachzügler der Kurse strömten herein, doch davon nahm Farin keine Notiz. Brummelnd sah er aus dem Fenster und entdeckte Pandora und Bela, die neben einander her über die immer grüne Wiese marschierten auf dem Weg zu dem Hoftor. Wenigstens eine von den Beiden redete noch mit ihnen, damit wäre Lilly nicht mehr so wichtig. Für den Plan brauchten sie ja auch nur ein Mädchen. Zufrieden lehnte er sich zurück und bekam beinahe einen Herzinfarkt, als eine Tasche mit lautem Knall neben ihm auf dem Tisch landete. „Hör auf mich anzurufen.“, knurrte Lilly mit sichtlich schlechter Laune, fiel wie ein nasser Sack auf den Stuhl und schlug die Beine übereinander. „Was ist dir denn über die Leber gelaufen?“, fragte er und zog eine Augenbraue hoch. „Du nervst, das ist alles. Wenn ich nicht rangehe kannst du mir auch einfach eine SMS schreiben oder mich am nächsten Tag ansprechen, aber alle fünf Minuten anrufen ist dann doch ein zacken zu scharf.“ Jedes andere Mädchen hätte sich über so viel Aufmerksamkeit gefreut. Vor allem, wenn es von ihm kam, aber dieses hier war anders. Nachdenklich sah er sie von der Seite an. Die Pink gefärbte Seite ihrer Haare war auf seiner Seite und stand wirr herum, als ob sie sich mal wieder nicht gekämmt hätte. Die Beine, eines in einer Netzstrumpfhose, das andere nur mit einem zerfetzten Teil des nicht mehr vorhandenen Beines als Strumpfband bekleidet, erzeugten einen merkwürdig anziehenden Kontrast. Zwanghaft drehte er den Kopf weg um nicht auch noch den Rest von ihr zu Mustern und vermutlich noch mit dem Sabbern zu beginnen und sah wieder aus dem Fenster. Sein Blick fiel auf die Parkplätze. Bela zog gerade seine Lederjacke aus und entblößte die beiden perfekt tätowierten Arme. Mit einer schwungvollen Geste half er in einer übertriebenen Höflichkeit Pandora in die Jacke, was sie zum lachen brachte und reichte ihr einen Helm. Gleichzeitig zogen sie sie über, sie setzte sich hinter ihm auf das Motorrad und dann ging es schon mit einem kurzen aufheulen der Maschine davon. „Das ist eine interessante Entwicklung.“, bemerkte Lilly, die auch hinaus gesehen hatte. Farin rollte nur mit den Augen und knallte mit dem Kopf auf die Tischplatte. Mehrere Blicke sahen sich zu ihm um, als er begann mit dem Kopf auf das Holz einzudreschen. „Geht’s dir nicht gut?“ ** „Ich glaube wenn mir ein Kunde kommen würde mit „das Übliche“ würde ich ihm einen Lappen um den Kopf wickeln.“, meinte Pandora und setzte sich an einen der hohen Tische während Bela noch nach seinem Portmonee suchte. „Ich fahre jeden Tag vor der Mittagpause mal kurz her und wir essen immer das Gleiche.“, erklärte Bela. Er klopfte sich auf den Hintern um noch einmal sicher zu gehen, dass er das Stück Leder nicht in der Hose hatte und öffnete dann einfach kurzer Hand den Reißverschluss vor Pandoras Oberkörper. Wer dort aber in seiner Jacke steckte wurde ihm erst wieder bewusst, als ihn auf einmal zwei Brüste, eingepackt in einer schwarzen Weste, verschlossen mit großen Knöpfen, entgegen lachten. Doch da ihr das scheinbar nichts ausgemacht hatte überspielte er einfach mal seine Verlegenheit, öffnete die Jacke weit und griff in eine der Innentaschen. Da war das verdammte Ding. „Willst du mir nicht vielleicht doch mal erklären, wieso Lilly nicht auf Farin reagiert hat?“ „Weiß nicht, vielleicht hatte sie schlechte Laune.“ „Und Weshalb?“ „Also ich bekomme schlechte Laune, weil ich mir den ganzen Nachmittag das blöde Gekicher von Jaqueline anhören muss wenn sie mit dir SMS und so was schreibt.“ Irgendwo tief in seinen Gehirnwindungen meldete sich gerade eine triumphierende Stimme mit: „Alles klar, mit Jaqueline schreibe ich die ganze Zeit!“, aber das nahm er gar nicht war. Ihn interessiert gerade eher der Unterton, der in ihrer Stimme mitgeschwungen hatte. Er sah in ihre grünen Augen, oder zumindest versuchte er es, denn so lässig wie sie da saß, nach hinten gelehnt mit den Armen auf dem kleinen runden Tisch hinter ihr, sah sie nicht zu ihm, sondern an ihm vorbei. Er grinste breit. Erschrocken sah sie zu ihm, als er näher trat, sich an dem kalten stahl abstützte und sie frech angrinste. „Eifersüchtig?“ Sie lachte verlegen. „Ja, klar, und von was träumst du nachts.“ Er sagte nichts, grinste nur weiter. Kurz schwebte die Stimmung schwer zwischen ihnen. Die Luft schien warm zu werden, vor allem, als sie der Meinung war, dass das ein Ende haben sollte und ihn weg schieben wollte, das aber nicht ging. Er lachte nur lauter, bis die Bedienung in plötzlich ansprach. „Hallo? Ihre Bestellung.“, rief sie herüber und so musste sich der Schlagzeuger dann wohl doch los reißen. Er nahm die Tüte an in der sich Karton Packungen und Tüten stapelten und als er sich wieder zu Pandora umgedreht hatte, war sie schon aufgestanden und hatte die Jacke geschlossen. „Fahren wir wieder zurück.“ Er nickte und zusammen gingen sie wieder zu dem Motorrad zurück du zu Schule. ** Mit gequältem Blick sah Farin zum Tor der Einfahrt und rieb sich die Stirn. Sofort brach Lilly in Gelächter aus. „Was haust du dir auch den Kopf an der Tischplatte?“, fragte sie und lehnte sich an einen Baum. „Mein Leid ist deine Freude ja?“ „So kann man es auch sehen.“, sie nickte freudig. „Ich weiß immerhin nicht mal wieso du dir die Birne demolierst!“ Er zuckte mit den Schultern. Er hatte keine wirkliche Lust es ihr auch noch unter die Nase zu binden, zumal er es ja selbst noch nicht so ganz verstand. Aber eines war sicher: er und Bela waren gerade dabei sich zu verändern. Der Schlagzeuger hatte schon oft Weiber auf seiner Maschine mitgenommen, aber er hatte das dumpfe Gefühl, dass hier etwas faul war. Und er: Es hatte schon oft Mädchen gegeben, die irgendwann nicht an ihr Handy gegangen waren wenn er anrief. Natürlich nur weil sie es gerade nicht bei sich hatte, aber es hatte gereicht damit er sich nie wieder bei ihnen meldete. Mädchen hatten sofort abrufbar zu sein. Nur bei Lilly hatte es ihn so genervt, dass er ständig angerufen hatte. Verdammt, es war erst Donnerstagmittag und doch war in dieser Woche schon so viel passiert, dass er ganze Memoarien damit füllen könnte. All seine Gedanken, Gefühle… Aber vor allem diese Bilder mit Kopfschmerzen. Ach nein, das sind ja Ideen. „Du hast mir jetzt übrigens immer noch nicht gesteckt wieso du so dringend versucht hast mich zu erreichen.“, meinte Lilly, stieß sich vom Baum ab und stellte sich dicht vor ihn. Eine Weile sah er sie an und überlegte, was sie eigentlich gerade gesagt hatte, dann fiel es ihm wieder ein: „Bela und ich wollten euch fragen ob ihr drei heute Nachmittag mit uns was unternehmen wollt.“ „Wir drei?“ „Na du, Pandora und der Referendar.“ „Max?“ „Genau. Du, Pandora und Max. Rod kommt auch… wobei der vielleicht seine Freundin mitbringt. Wer weiß. Die kleben ja nur noch zusammen.“, er verzog kaum merklich das Gesicht. „Klingt ja nicht sehr begeistert.“, folgerte sie. „Ich mag sie nicht.“ „Was macht sie denn?“ „Ihn kontrollieren. Er denkt nicht mal mehr alleine.“ Lilly nickte verstehend und sah zum Eingang, als sie ein Motorgeräusch hörte, aber es war nur eine Maschine die vorbei fuhr. Stumm beobachtete Farin sie. Als seine Gedanken abschweiften zu dem was er mit ihrem hals alles machen könnte rief er sich zur Ordnung. „Verdammt wo bleiben die denn?“, fragte er und hüpfte nervös von einem Fuß auf den anderen. Lilly verzog verwegen ihren Mund zu einem Grinsen und es… Gefiel ihm? „Das wird wohl etwas länger dauern bei Pandi, kann ich mir vorstellen.“ „Was? Du glaubst doch wohl nicht etwa…?“, bei dem entsetzten Blick den er aufsetzte musste Lilly schon wieder lachen. Und dieses Lachen ließ ihn merkwürdig schweben, wie er feststellen musste. „Das ist nicht lustig! Wenn Pandora shoppen gehen will soll sie das nach der Schule machen, aber nicht wenn ich auf mein Essen warte!“ Diese offensichtliche, unschuldige Ausflucht die er machte indem er aus dem Matratzensport den Lilly eigentlich meinte mal eben eine Shoppingtour zauberte brachte sie noch mehr zum lachen. Farin stimmte ein. Und plötzlich fühlte er sich beinahe schon befreit. Mit einem Mal war ihm alles egal. Dass er Hunger hatte, dass er mit Bela diesen Plan hatte Rod von Satan…ich korrigiere: Sandra zu lösen damit er sich mehr um die Band kümmerte. Gerade als er seinen Gedanken auf die Spur kommen wollte bog das Motorrad von Bela auf den Hof und kam vor ihnen zum stehen. „Was für ein Begrüßungskomitee!“, stellte Pandora fest und stieg ab. „Hör auf zu witzeln, wo ist mein Essen?“, bettelte der blonde Junge los und hielt auffordernd eine Hand hin. Pandi nahm den Halm vom Kopf und holte aus ihrer Tasche eine Tüte. Bevor der andere Gitarrist danach greifen konnte zog sie sie zurück. „Hände waschen und hinsetzen! Im Stehen wird nicht gegessen.“ „Aye Aye Ma’am“, Farin salutierte und lief los auf der suche nach einem schattigen, freien Platz auf der Wiese. „Warte auf mich!“, rief Lilly und folgte ihm stolpernder Weise. Kapitel 6: Der Plan geht auf? ----------------------------- Pandora und Bela saßen auf seinem Motorrad und steuerten auf die Uni der Stadt zu. Farin und Lilly bestritten den Weg im Bus. Sie sah verträumt aus dem Fenster, während er sich immer wieder dabei erwischte wie er sie musterte. Der Plan war kurz vor der Vollendung, heute würde Max Sandra kennenlernen, sie würden sich verlieben und Rod würde verkuppelt werden mit einem kontrollierbaren Mädchen. Bela würde einsehen, dass Pandora die Richtige für den Job war, Lilly war viel zu tollpatschig für Rod, er wäre nicht lang an ihr interessiert. Den Beschützer spielen liegt ihm doch gar nicht. Während Farin diesen Gedanken nachging und dabei vor sich hin, also auf Lilly, starrte war sie aus ihrer Trance erwacht und bemerkte seine Blicke. „Gefällt dir was du siehst?“ fragte sie den Blonden belustigt. Durch ihre Worte wurde Farin aus seinen Gedanken gerissen, er verstand nicht sofort was sie wissen wollte und sah sie entsprechend verwirrt an, was sie nur noch mehr amüsierte. „So hingerissen von meinem Körper?“ wollte sie mittlerweile lachend wissen. „Äähh…also…“ stammelte der Arzt mit rötlichem Kopf. Bevor er antwortete kamen sie aber schon an der Haltestelle bei der Uni an. Er ging schnurstracks auf das Gelände der Uni zu und rief seiner Begleiterin nur ein knappes „Nö.“ über die Schulter zu. Lilly konnte keinen Blick auf ihn erhaschen, sie hatte genug damit zu tun mit den langen Beinen des Gitarristen mitzuhalten. „Hey, warte doch!“ ** Pandora und Bela warteten schon auf die beiden Nachkömmlinge, auf dem Motorrad waren sie natürlich deutlich schneller an der Uni. Bela freute sich, dass ihre Band bald wieder komplett sein würde. Satan…oder Sandra wird sich in Max verlieben und mit ihm zusammen sein, Rod hätte ein Mädchen an seiner Seite, das auf die andern beiden Bandmitglieder hören würde…ja, nur wen? Sein Blick schweifte zu dem Mädchen neben ihm. Sie ist nicht kontrollierbar und zu eigensinnig. Sie könnten sie nicht nehmen! Lilly muss das Mädchen an Rods Seite werden. Sie ist zwar etwas tollpatschig, aber das würde doch nur Rods Beschützerinstinkt wecken, oder? Ja, so würde es sein! Farin würde sicher verstehen, dass Lilly die Richtige für diese Aufgabe war. Bela entdeckte den fast schon rennenden Farin und die hinterher stolpernde Lilly zuerst. Mit den Worten „Was hat Lilly denn gemacht, dass er so vor ihr wegrennt?“ machte der grinsende Schlagzeuger die Gitarristin der Standarts auf den seltsamen Anblick aufmerksam. Auch sie war sichtlich amüsiert als sie die anderen beiden sah. Farin war gefühlte fünf Minuten vor Lilly bei den Motorradfahrern. Nach einer kurzen Begrüßung gingen die Mädels voraus, sie wussten ja im Gegensatz zu den Jungs wo Max zu finden war. „Warum ist Farin so vor dir geflohen?“ wollte Pandi etwas kichernd von ihrer Freundin wissen. „Wenn ich das wüsste…ich hab ihn nur im Scherz gefragt ob ihm gefällt was er sieht, weil er mich angestarrt hat. Er hat gestammelt und ist dann weggerannt. Irgendwann auf dem Weg rief er mir ein ‚Nö.‘ zu, aber das war es dann auch.“ Pandi dachte sich ihren Teil und grinste vor sich hin. Irgendwann blieb Lilly stehen „Ähm…Pandi? …wo sind unsere Begleiter?“ „Wie?“ Pandora verstand nicht, sie waren doch hinter ihnen…gewesen. Sie sahen sich beide um und entdeckten eine Traube aufgeregter Studentinnen. Beiden ging ein Licht auf und Pandora klatschte sich mit der Hand aufs Gesicht. „Wie konnten wir vergessen wie berühmt und beliebt sie jetzt sind?“ „Ach komm, wir holen Max, die beiden bekommen wir da doch eh nicht weg. Sie lieben doch die Aufmerksamkeit.“ Gesagt getan. Nach kurzer Zeit standen die Standarts mit etwas Abstand zu der kleinen Menschentraube rum und mussten warten. Farin und Bela schienen beste Laune zu haben. Pandora schnaubte nur verächtlich als sie sah wie sich die beiden Ärzte in der Aufmerksamkeit sonnten. „Langsam reichts mir. Ich bin doch nicht hergekommen um dumm rumzustehen und denen zuzugucken wie sie belagert werden.“ Diese Worte kamen auch bei Bela an. Sie bescherten ihm einen kleinen Stich in der Magengegend. Sie darf nicht gehen! Sie ist doch unentbehrlich…für den Plan. Sie kann Lilly besser kontrollieren als er und Farin zusammen Widerwillig löste er sich und Farin aus der Menge der Fans, doch seine gute Laune hatte nicht abgenommen, im Gegenteil. Strahlend ging er zu den Standarts. „Wisst ihr was? Ich lad euch ein, ich kenn ein echt gutes Cafe hier in der Nähe.“ Lilly und Pandora tauschten ahnende Blicke aus, doch sagten nichts. Bela und Pandora fuhren wieder vor den anderen auf dem Motorrad. Max, Farin und Lilly fuhren in Max‘ Auto direkt hinter den anderen beiden her. Keiner sagte etwas während der Fahrt. ** Kurz nachdem sie sich einen Tisch gesucht hatten kam auch schon die Bedienung. Farin und Bela taten total überrascht, dass Sandra gerade Schicht hatte. Sie jedoch blieb mit ihren Blicken förmlich an Max kleben. Farin und Bela sahen sich triumphierend an. Sie hatten es gut geplant, in wenigen Minuten würde Sandras Schicht vorbei sein, Rod würde kommen um sie zu holen und sie wäre nicht mehr an ihm interessiert, er müsste sich trösten lassen…nur von wem? Pandora, die Unzähmbare oder Lilly, der Tollpatsch. Das war das Einzige was die beiden noch nicht richtig abgesprochen hatten, doch keiner der beiden wollte den anderen zuerst ansprechen. Was wenn der Andere doch uneinsichtig wäre? Wie geplant endete Sandras Schicht bald und sie gesellte sich zu den fünf anderen. Sie setzte sich neben Max und alles schien so zu laufen wie es laufen sollte. Auch Rod kam kurz danach und sah seine Bandmitglieder überrascht an. „Was habt ihr vor?“ „Nix, wir wollten nur mit unseren neuen Freunden in ein Cafe. Dass wir hier Sandra treffen würden wussten wir ja nicht.“ log der Schlagzeuger und sah danach Farin auffordernd an. „Ja, wir wollten eigentlich die drei besser kennenlernen und waren ganz überrascht, dass sie hier arbeitet. Warum hast du das nie gesagt?“ Rod war klar, dass Farin ihm eine rhetorische Frage gestellt hatte und somit gab er auch keine Antwort obwohl er sich sicher war mehrfach erwähnt zu haben wo seine Freundin arbeitete. Er war auch mehr vom Anfang der Aussage Farins irritiert. Sie wollten die anderen besser kennenlernen? Seit wann waren sie an anderen Menschen interessiert? Könnten die beiden Mädchen seine Sturköpfe wirklich zähmen? Pandora und Lilly machten ihm mittlerweile den Platz zwischen ihnen frei und nachdem er sich gesetzt hatte sah er schon in den Gesichtern seiner Freunde, dass ihnen das nicht gefiel und irgendwie doch. Sie waren doch nicht etwa wirklich…? Nein…nicht seine beiden Egomanen…bestimmt nicht. Lilly lenkte ihn allerdings ab bevor er weiter nachdenken konnte „Na, wie läufts mit deinem Studium?“ Irgendwann redet Max fast nur noch mit Sandra und Rod. Sie schienen sich sehr gut zu verstehen. Farin sah Bela grinsend an „Na wenn das nicht läuft.“ meinte er gedämpft. Doch beiden stand ins Gesicht geschrieben, dass es ihnen auf einmal doch nicht so zusagte wie anfangs geplant. ** Später waren Farin und Bela allein beim Gitarristen. „Unser Plan wird aufgehen!“ freute sich der Blondschopf. „Zuerst war es etwas seltsam, dass sich Rod und Max auch so gut verstanden, wer weiß wie viel Anstand der Referendar hat, mit der Freundin eines Freundes und so…aber als sich Rod mehr zu Pandora und Lilly gewandt hatte und sie sich auch so gut verstanden war eigentlich alles geritzt.“ „Und vergiss nicht, dass er die beiden unbedingt noch nach Haus bringen wollte und Sandra deshalb mit Max wegfuhr!“ erinnerte der Schlagzeuger. „Uns steht eigentlich nichts mehr im Wege.“ Beiden schwirrte allerdings die Frage im Kopf rum wen der Mädchen sie nehmen sollten, doch keiner wollte die Frage aussprechen. Warum musste sich Rod eigentlich mit beiden Mädchen so gut verstehen? Er könnte ihnen dieses unangenehme Gespräch doch wohl von vorherein abnehmen. Bela holte tief Luft und überwand sich als Erster. „Warum hattest du eigentlich so komisch geguckt als sich Rod so wunderbar mit den beiden Mädels unterhielt?“ wollte er wissen und vermied es dabei den Gitarristen anzusehen. Farin zuckte mit der Schulter. „Dasselbe könnte ich dich auch fragen.“ „Ich? Naja…Ich hab mich nur gefragt ob du vielleicht doch mehr für eine der beiden empfindest und deshalb doch nicht willst, dass Rod ihr zu nahe kommt…?“ Farin lachte gespielt auf und hoffte, dass es nicht zu sehr auffiel. „Ich und Interesse an einer der beiden? An wem denn bitte?“ Jetzt sah Bela ihn unverwandt an. „An dem kleinen Tollpatsch. Lilly.“ Er analysierte genau die Reaktion des Gitarristen, der ihn jetzt nicht mehr ansah. „Wie kommst du nur auf sowas? Die ist doch gar nicht meine Kragenweite. Hast du sie mal genauer angesehen? Sie kommt doch gar nicht an mich ran.“ Und nach einer kurzen Pause wollte er noch wissen „Bist du denn an einer der beiden interessiert?“ Bela grinste. „Tzz…ich liebe nur die Musik, das solltest du doch wissen. Ich will doch nicht so enden wie Rod mit Satan.“ Danach setzte eine unangenehme Stille zwischen den beiden ein. Sie kannten sich gut genug um die Zeichen zu deuten. Kapitel 7: Heldentat und Enttäuschung ------------------------------------- Als Farin am nächsten Tag unter den üblichen begeisterten Blicken seiner Mitschülerinnen, die ihn langsam eher nervten als erfreuten, zu seinem Platz im Deutschraum ging fiel ihm schnell auf, dass Lilly vorn mit ein paar Jungs um ihre Federtasche rangelte. „Das ist nicht mehr witzig! Gebt sie mir wieder!“ verlangte sie mit einem Anflug von Wut in der Stimme. Doch die Jungs interessierte das kaum, im Gegenteil, sie fanden es umso witziger je mehr sie sich aufregte. „Ihr seid so kindisch!“ rief sie und sprang in die Luft um ihre Tasche zu erwischen, die der Junge vor ihr über ihren Kopf hinweg zu seinem Freund warf. Doch bei dem kam sie gar nicht erst an, Farin, der Riese, hatte sie vorher aufgefangen und wortlos an Lilly weitergereicht. Die Jungs regten sich darüber auf, dass er sich einmischte, doch noch bevor sie sich irgendwie bei ihm revanchieren konnten kam auch schon ihr Lehrer rein. „Fangen wir gleich an, heut haben wir nicht die ganze Stunde, weil einige von euch beim Schmücken für den Tag der offenen Tür helfen und deshalb früher gehen müssen. Also, letzte Stunde hatten wir angefangen Goethes ‚Faust‘ zu lesen…“ Ein Kramen ging durch die Klasse als alle ihre Bücher rausholten. „Danke.“ flüsterte Lilly Farin zu, der direkt neben ihr saß. Dabei lächelte sie ihn an. Plötzlich bekam Farin ein leichtes Kribbeln im Bauch. „Ach, schon gut. Du kannst ja nichts dafür, dass du so klein bist.“ antwortete er cool. Lilly blies daraufhin empört ihre Wangen auf „Ich bin nicht klein, du bist einfach nur ein Riese!“ grummelte sie und wandte sich wieder zum Lehrer. Farin musste grinsen. Ihre kindliche Ader war einfach zu niedlich…Moment mal…niedlich? Noch bevor er sich zurückhalten konnte fragte er sie „Hey, willst du nach dem Schuleschmücken was mit mir machen?“ Ihr Kopf schnellte sofort wieder zu ihm. Nachdem seine eigenen Worte in sein Hirn vorgedrungen waren stammelte er schnell noch „Also nur als Freunde natürlich, ich will kein Date mit dir…“ er lachte kurz auf. „…und du musst auch nicht.“ Zu seiner Überraschung antwortete sie mit einem kurzen „Gern.“ Danach blickte sie grinsend nach vorn und dachte sich ihren Teil. Normalerweise wäre ein Mädchen dazu nicht mehr in der Lage gewesen, sie würde schon ohnmächtig da liegen…doch sie war anders. ** Als die Schüler, die helfen mussten, aus dem Unterricht entlassen wurden, liefen Farin und Lilly zusammen zur Aufgabenverteilung, die fast am anderen Ende der Schule stattfand. Die beiden Ärzte waren aufgrund mangelnden Interesses der restlichen Mitschüler ebenfalls dazu verdonnert worden beim Saubermachen und Schmücken mitzuhelfen. Farin lief aus zwei Gründen nicht schnell zum Treffpunkt. Einmal hatte er eh keine Lust darauf und dann hatte er jetzt auch noch die Chance allein mit seinem Tollpatsch zu sein. Hatte er sie grade wirklich in Gedanken ‚seinen Tollpatsch‘ gennant? „Kommst du kurz mit zu den Spinten? Die liegen doch eh auf dem Weg.“ Farin antwortete mit einem Schulterzucken und einem gleichgültigen „Warum nicht?“ „Und, wo willst du nachher mit mir hin?“ wollte sie wissen als sie vor ihrem Spint stand und sich mit selbigem beschäftigte. „Hmm…mal gucken, hast du nen Vorschlag?“ Sie sah ihn kurz spöttisch an. „Du hast es vorgeschlagen, ich dachte du hättest einen Plan.“ Er überlegte nicht lang und sprach das erste, was ihm in den Kopf kam, aus. „Wie wärs mit Kino?“ Lilly dachte an die berühmte Armkobra, gemeinsames Popcornessen, schützende Dunkelheit. Das alles klang doch nach einem typischen Date. Ob er sich dessen bewusst war? Sie grinste nur. „Okay.“ ** Bela und Pandora hatten beide frei gehabt und waren als erste bei der Aufgabenverteilung angekommen. Sogar noch vor den Lehrern. Sie blickten sich um und wussten beide nicht recht wie sie ein Gespräch beginnen sollten. Bela ergriff zuerst das Wort. „Na, ihr habt euch gestern gut mit Rod unterhalten, oder? Pandora fiel der gewisse Klang von Belas Stimme auf. „Ja, er ist ziemlich nett.“ meinte sie nur. Der Schlagzeuger nickte. „Ja, der gute alte Rod. Vielleicht solltet ihr ihn besser kennenlernen. Ich glaube ihr würdet euch ziemlich verstehen.“ Dann fügte er beiläufig hinzu „Wobei ich auch denke er und Lilly liegen mehr auf einer Wellenlänge.“ Pandora sah ihn misstrauisch an. Dann grinste sie. „Sag bloß du willst nicht, dass ich Rod zu nah komme…oder eher er mir.“ fragte sie neckend. „Warum sollte ich sowas wollen?“ Bela sah sie nicht an. „Och…vielleicht nur so…oder aus Eifersucht?“ ihr Grinsen war mittlerweile auch überdeutlich zu hören. „Quatsch, ich doch nicht. Denkst du etwa ich wäre an dir interessiert?“ er lachte gespielt auf und versetzte damit sich selbst und ihr einen Stich in der Magengegend. Pandi wandte sich ab. „Hätte ja sein können.“ waren ihre letzten Worte zu ihm. War es für ihn wirklich so unwahrscheinlich? Sie schwiegen sich wieder an. Mittlerweile waren viele der Schüler angekommen und auch die Lehrer waren schon anwesend. Lilly und Farin kamen auch grade in die große Halle, sie grinste von einem Ohr zum anderen und ging schnurstracks zu Pandi während Farin sich gradewegs auf zu Bela machte. Die Lehrer fingen an die Aufgaben zu verteilen. ** „Bist du völlig bescheuert? Sie soll mit Rod zusammen kommen und nicht mit dir!“ Farin hatte Bela grade von seinem unwiederrufbaren Ausrutscher erzählt. „Zuerst spielst du den großen Retter und dann lädst du sie zu nem Date ein?“ „Ach Quark! Ich will doch nur ihr Vertrauen gewinnen und mehr über sie erfahren um Rod dann zuzuspielen!“ verteidigte der Blonde sich schwach. „Ja, klar. Wers glaubt.“ schnaubte sein Gegenüber nur. Sie schwiegen. „Außerdem“ setzte Farin nach kurzem erneut an „warum sollte Rod ausgerechnet den Tollpatsch haben wollen? Ihm würde das doch bestimmt schnell zu öde sein immer auf sie aufzupassen.“ Er achtete darauf Lilly nicht wieder ‚seinen Tollpatsch‘ zu nennen. „Dir aber offensichtlich nicht!“ gab der Schlagzeuger wütend zurück und bevor sich sein Gitarrist verteidigen konnte sagte er noch. „Und Pandora ist doch viel zu eigensinnig und zu eigenständig für ihn. Meinst du sie würde zu einer Verbesserung unserer Lage beitragen? Sie würde ihn genauso kontrollieren wie Satan. Es würde sich nichts für unsere Band ändern, und wenn dann nicht zum Positiven! Lilly ist eher die, die kontrolliert wird statt zu kontrollieren.“ Darauf wusste der jüngere Arzt nichts zu erwidern und so fegte er wortlos den Flur weiter. ** Lilly und Pandora sollten gemeinsam Girlanden im Raum verteilen. Die Blonde sah skeptisch auf das Grinsen ihrer Freundin. „Hattest du nen Quickie mit Farin oder warum hast du so gute Laune?“ Die Bassistin grinste noch mehr bei dem Gedankengang ihrer Freundin. Schnell erzählte sie von der Heldentat des blonden Arztes. Ihre Begeisterung für seine unangeforderte Hilfe konnte sie nicht ein bisschen verstecken. Doch bevor sie auch noch von dem geplanten Treffen erzählen konnte erzählte Pandi ihr auch was zwischen ihr und Bela war bevor die anderen Schüler da waren. Das trübte ihre Freude. Stille breitete sich über ihnen aus. „Habt ihr jetzt eigentlich genug Leute, die ihre Instrumente beherrschen, für euer Vorhaben?“ Lilly wollte ihre Freundin ablenken. „Ja, irgendwie hat Max genug auftreiben können. Als Musikreferendar hat er scheinbar genug Leute testen können.“ meinte Pandora. „Ich muss auch gleich nachdem wir fertig sind zum üben mit ihnen gehen.“ Aus dem Augenwinkel sah sie Farin und Bela zankend auf dem Flur stehen. Dadurch, dass die Fenster der großen Halle, die den Blick zum Flur freigaben, frisch geputzt waren, konnte man jetzt alles perfekt sehen. „Ich glaub ihr Haussegen hängt schief.“ meinte sie grinsend und nickte zum Fenster, damit ihre Bassistin den Anblick nicht verpasste. Irgendwie gefiel es ihr, dass auch Bela es nicht allzu leicht hatte nachdem er ihr diese Worte vor den Kopf gehauen hatte. „Oh…ja, kann sein. Vielleicht ja wegen vorhin.“ meinte die Schwarz-Pinkhaarige nur beiläufig und widmete sich wieder der Girlande, die sie aufhängen sollten. Die Blonde wurde hellhörig. „Vorhin? War etwa noch was?“ fragte sie und zog ihre Augenbraue hoch. Das Date kam ja noch nicht zur Sprache. Lilly sah ihre Freundin nicht an. „Ja, Farin will was mit mir unternehmen, wenn wir hier fertig sind. Wahrscheinlich gehen wir ins Kino. Nur als Freunde versteht sich.“ Ein Grinsen konnte sie beim letzten Satz nicht unterdrücken. „Soso, Freunde, ja?“ Auch Pandora musste grinsen. „Dann musst du als Dank für seine heldenhafte Rettung von vorhin die Armkobra ertragen. Und guck ihm am besten nicht in die Augen, wer weiß welche dunklen Fähigkeiten er beherrscht. Am Ende kontrolliert er dich und macht noch ganz andere Dinge mit dir…“ Beide prusteten los. „Dass ich meine wertvolle Zeit für ihn opfer wird ja wohl als Dank reichen, dann sind wir quitt. Wenn er das anders sehen sollte ist das aber auch nicht mein Problem.“ ** Einige Zeit später begutachteten alle ihr fertiges Werk. Die Schule war so festlich geschmückt, wie sie noch keiner der Anwesenden je erlebt hatte. „Die Arbeit hat sich doch gelohnt!“ meinte Lilly und klopfte sich selbst auf die Schulter. „Joa, ist ganz okay.“ antwortete Pandora ruhig. Sie war abgelenkt. Auf dem Flur wurde Bela grade von einem der französischen Zwillinge angesprochen. Seine Begeisterung war ihm anzusehen und nach wenigen Minuten führte der Zwilling ihn, an der Hand haltend, aus Pandis Sicht heraus. Lilly bemerkte was dort los war und zählte genau wie Pandora eins und eins zusammen. Doch ihre Gedanken gingen noch weiter. Was Farin wohl macht? Würde er ihr Treffen vergessen wenn der andere Zwilling auf ihn zuging und ihm dasselbe anbieten würde? Wo war Farin überhaupt? „Pandi, kommst du zur Probe? Und Lilly, kannst du mir auch helfen? Mein Bassist hat noch zu tun und der Bass klingt schrecklich. Kannst du ihn bitte stimmen?“ rief Max den beiden von der Bühne herunter zu. Lilly nickte und zog die etwas betäubte Pandora hinter sich her auf die Bühne. Von dort aus hatte sie auch einen besseren Überblick und sie entdeckte Farin nach einer Weile im Getümmel. Er sprach wirklich mit Jaqueline oder Jeannine, dem verbliebenen Zwilling. Sein Blick wanderte kurz durch den Raum und blieb an Lilly hängen, welche so tat als würde sie sich vollkommen auf das Stimmen des Basses konzentrieren müssen. Dann sah sie, wie auch er von der französischen Austauschschülerin abgeführt wurde. Auch Pandora blieb das nicht verborgen. „Ich glaubs nicht.“ sagte sie nur fassungslos neben ihrer kleineren Freundin. „Tja…ihr Hirn ist in eine andere Körperregion gerutscht.“ antwortete diese so gleichgültig wie sie nur konnte und ihr Blick ruhte auf dem Bass vor sich. Nach kurzer Zeit fügte sie noch ein ebenso gleichgültig klingendes „Ich hab irgendwie das dumpfe Gefühl, dass sich unser Treffen jetzt erledigt hat.“ hinzu. Pandora lachte kurz auf und schüttelte den Kopf als könnte sie nicht fassen was da grade passiert war. Dann summte sie das altbekannte Lied ‚Männer sind Schweine‘ und wandte sich wieder den Proben zu. Doch beiden Mädchen war klar, dass nicht nur die paar weinenden weiblichen Fans in der Ecke bestürzt waren was die beiden Ärzte getan hatten. Kapitel 8: Ausrutscher können passieren? ---------------------------------------- Lilly wartete auf Pandi vor der Schule, damit sie gemeinsam nach Haus konnten. Sie wohnten sowieso in der gleichen Gegend, nur wenige Häuser voneinander entfernt. „Ich hoffe die sind fertig und weg, wenn wir nach Haus kommen.“ grummelte die Blonde. „Wenn nicht, oder wenn Farin sogar noch die Dreistigkeit besitzt jetzt noch mit mir ins Kino gehen zu wollen, dann schmeiß ich ihn eiskalt aus dem Haus!“ die Wut war unüberhörbar in Lillys Worten. „So blond wird doch nicht mal er sein. Hoff ich…“ „Wenn ich nur daran denk was er und Jeannine auf unserem Gästebett gemacht haben werden…Argh! Sobald sie weg ist verbrenn ich das Ding und kauf ein neues.“ Schneller als es ihnen lieb war, waren sie schon bei Pandoras Haus angekommen. Beide blieben stehen und sahen zum Anwesen hoch. „Na dann, viel Glück…“ meinte die Bassistin und seufzte. „Dir auch…“ murmelte Pandi noch und ging dann schon in Richtung Haus. Dort angekommen drehte sie sich noch einmal zur Einfahrt um, doch ihre Freundin war schon verschwunden. Seufzend schloss sie die Tür auf. Zunächst bleib sie stehen und lauschte, doch als sie keine verdächtigen Geräusche hören konnte ging sie rein. Es dauerte nicht lang, da kam ihre Austauschschülerin auf sie zugestürmt. Jaqueline küsste ihre Wange links und rechts und strahlte sie an. „Oh, mein Aufent‘alt ‘ier ist tres bon! Du bist die Erste, die es erfä‘rt…isch ‘abe einen Freund.“ sagte sie aufgeregt und hüpfte danach auf und ab. „Wie schön für dich.“ meinte Pandi nur matt. „Wer ist denn der Glückliche?“ fragte sie noch überflüssigerweise. „Na wer schon, Dummerchen? Dieser ‘eiße avec schwarzen ‘aaren. Bela war sein Name.“ grinste sie. Pandi erwiderte nichts, ging nur in ihr Zimmer und schloss sich dort ein. Nach einer Zeit, die sie größtenteils damit verbracht hatte vor sich hinzustarren, realisierte sie, dass ihr Handy vibrierte. Es war ihre Freundin und so ging sie ran. „Hey, wie liefs?“ sie kam sofort zum Punkt. Pandi erzählte alles und erfuhr dann, dass es Lilly genauso ergangen war. „Ich fass es nicht.“ schnaubte sie verächtlich ins Telefon. „Lass uns heut was machen, wir können ja zu Max oder so, aber ich halt es hier nicht aus. Jeannine hat mich in ihr Zimmer geschleift…weißt du wie durchdringend Farins Geruch ist?“ sie machte ein angewidertes Geräusch und Pandora kannte ihre Freundin gut genug um auch zu wissen wie ihr Gesicht jetzt aussah.. „Ich hab Max vorhin schon gewarnt, dass wir heut wahrscheinlich noch zu ihm kommen, er meinte er habe immer Zeit für uns.“ „Dann lass uns das auch nutzen. Ich komm gleich zu dir.“ Nur wenige Minuten später machte sie ihr Versprechen wahr und sie machten sich beide auf den Weg zu Max. Der ließ sie auch sofort rein. Die beiden Mädchen bemerkten sofort, dass etwas anders war. Max hatte unfassbar gute Laune. „Warum grinst du die ganze Zeit so?“ wollte die Blonde wissen als sie bemerkte was seltsam war. „Nur so.“ meinte ihr Schlagzeuger weiter grinsend. Die Mädels wurden aufmerksam. Irgendwas war im Busch. „Erzähl schon!“ verlangte die Bassistin mit hochgezogener Augenbraue. „Es ist nix.“ das Grinsen verschwand nicht aus seinem Gesicht. „Wie lang kennen wir uns schon? Du kannst uns nicht täuschen, versuchs erst gar nicht!“ hackte die Gitarristin weiter nach. „Na gut, na gut. Wenn ihr dann aufhört zu nerven.“ das einzige männliche Mitglied der Truppe gab sich lachend geschlagen. „Naja, ich hab mich…gewissermaßen…ein bisschen…verliebt. Oder so.“ Die anderen beiden sahen sich überrascht an. Noch bevor sie etwas fragen konnten wurden sie von einem klingelnden Handy unterbrochen. Pandi starrte ihr Display an. Bela. Wortlos zeigte sie es Lilly und steckte es danach wieder in ihre Tasche. Lilly verdrehte nur die Augen. Max entging nicht, dass etwas bei den beiden nicht stimmte. Durch seinen Liebesrausch fiel es ihm nur später auf als normalerweise. Doch bevor er fragen konnte was passiert war klingelte auch Lillys Handy. Bei ihr wurde natürlich ein anderer Name angezeigt, der bei ihr aber genauso unwillkommen war wie der andere Anrufer bei ihrer Freundin. Sie drückte den Anruf nur weg. Die anderen mussten ihren Display nicht lesen um zu wissen wer dran war. „Was ist denn passiert? Ich dachte ihr würdet euch gut verstehen und so…“ wollte der Referendar jetzt doch wissen. ** „Weggedrückt…“ Farin starrte überrascht auf seinen Display. „Und ich wurde ignoriert.“ meinte Bela nur knapp. „Was habt ihr erwartet? Dass sie euch freudig entgegenspringen und drum betteln, dass ihr mit ihnen dasselbe macht wie mit ihren Austauschschülerinnen?“ mit diesen Worten wollte Rod seine Freunde auf den Boden der Tatsachen zurückholen. „Nein…aber, dass sie uns ignorieren dachte ich auch nicht…“ Rod wusste mittlerweile alles von seinen Freunden. „Die Mädels sind nicht wie ihr. Farin, was hast du dir überhaupt dabei gedacht? Wenn man jemanden um n Date bittet haut man doch nicht ohne was zu sagen ab nur um nen Quickie zu bekommen!“ Rod wusch seinem Freund nicht zum ersten Mal deswegen den Kopf. „Das sollte kein Date werden.“ Farin versuchte sehr schwach auch Rod davon zu überzeugen und sah leicht geknickt auf den Boden. Nicht Mal er selbst würde sich das abkaufen. Bela sah auch nicht besser aus. „Und es war doch nur ein Ausrutscher, sowas kann doch mal passieren!“ War es das wert gewesen? ** „Isch ‘offe wir ‘aben dein Gästebett nischt entwaiht oder so. Hihihi…“ Lilly äffte grad ihre Austauschschülerin nach und ihr Blick dabei sprach Bände. „Ich könnt kotzen!“ damit schloss auch sie ihre Ausführungen ab. Max hatte ihnen die ganze Zeit zugehört was am Tag passiert war. Mittlerweile war sogar sein Grinsen verschwunden. Er konnte nicht glauben was diese Egoisten seinen Freundinnen angetan hatten. Fassungslos schüttelte er den Kopf. Alle schwiegen. Nach einer Weile wollte Pandi nicht mehr darüber nachdenken, griff das Gespräch wieder auf und lenkte es in eine andere Richtung. „Sag mal, Max…wie war es eigentlich gestern mit Sandra, du hast sie doch nach Haus gefahren…?“ ein leicht spöttisches Lächeln konnte sie nicht unterdrücken. „Naja... Wie soll es gewesen sein?“ er wusste in welche Richtung Pandi zielte. Doch er wollte sie noch schmoren lassen. „Wir haben uns viel unterhalten über Gott und die Welt und es war auch alles gut…sie hat teils seltsame Ansichten, aber naja. Was solls…“ er zuckte mit den Schultern. Die anderen beiden warteten darauf, dass noch mehr kommt. Als die Kunstpause nicht aufhören wollte fragten sie im Chor. „…und…? Weiter?“ „Als wir bei ihr vorm Haus waren wollte sie mich auf nen Kaffee mit hoch nehmen.“ Die Mädchen grinsten. Max nicht. „Ich ging mit, doch sie hatte keinen Kaffee.“ jetzt musste sogar er lachen. „Ende des Liedes ist, wir hatten nichts miteinander, nicht alle Männer denken mit ihrem Genital, sie nervte mich und ich ging. Seitdem hat sie mich etwa 10 Mal angerufen und mir etwa genauso viele SMSen geschrieben.“ er seufzte. Jetzt waren die Mädchen doch irritiert. „Ja aber wen…“ setzte Lilly an. Doch sie kam nicht weiter, weil Pandis Handy wieder klingelte. Es war wieder Bela. Noch während es klingelte vibrierte auch Lillys Handy. Doch bei ihr war es kein Anruf sondern eine SMS. ‚Geh bitte an dein Handy, ich muss dir was Dringendes sagen! Farin‘ „Pfff…“ Sie ignorierte auch den wenig später folgenden Anruf von ihm komplett. „Also…wo waren wir? Ach ja… Wen liebst du denn dann, Max?“ „Tja…“ er grinste nur geheimnisvoll. ** „Nichts zu machen.“ Farin war enttäuscht. „Wartet doch einfach morgen ab, beim Tag der offenen Tür sind sie doch dabei, oder?“ Kapitel 9: Vergebliche Aufklärung --------------------------------- Die drei Ärzte trafen sich vor der Schule. Farin und Bela waren schon da, nur Rod fehlte mal wieder. Die anderen beiden wollten den Mädchen klarmachen was passiert ist, sie sollten kein falsches Bild von ihnen haben. Beide hatten ein schlechtes Gefühl in der Magengegend, so wie es war konnte es nicht weitergehen. „Mann, wo bleibt Rod denn?“ „Wetten er ist wieder bei Satan hängen geblieben?“ „Von mir aus kann er mit ihr machen was er will, aber wenn wir auf ihn warten und er vermitteln soll wenn Pandora und Lilly uns nicht zuhören, dann hat er pünktlich hier zu sein!“ Bela war offensichtlich wieder alles andere als begeistert von der Unzuverlässigkeit seines Freundes. „Das geht so nicht weiter, unser Plan muss klappen!“ Ja, der Plan… Sie waren sich immer noch nicht einig welches Mädchen am besten war. Beide seufzten. Endlich bog das Auto von Rod in die Einfahrt der Schule. „Da ist er ja endlich!“ „Wo warst du so lang?“ Die Wut von Farin und Bela verflog sofort als sie Rod sahen. „Was ist denn bei dir passiert?“ Sie waren nicht sicher welche Emotion in Rods Gesicht überwog…war es Wut oder Traurigkeit? Sie sahen sich verunsichert an. „Max ist passiert! Er hat mir Sandra ausgespannt!“ Bela und Farin sahen sich geschockt an. Der liebe Referendar soll zu sowas fähig sein? „Der wird was von mir hören. Los, kommt. Wir suchen eure Mädels, klären das mit ihnen und dann hab ich ein Wörtchen mir eurem Musikfritzen zu wechseln!“ Rod ballte vor Wut seine Hände zusammen. Noch bevor sie ins Gebäude konnten wurden die drei von den Französinnen abgefangen. Ohne zu zögern gingen diese zu ihren vermeintlich festen Freunden und küssten sie hemmungslos. Rod bemerkte derweil, dass Pandora an einem Fenster stand und sie alle sah. Als sie bemerkte, dass Rod sie gesehen hatte wandte sie sich nur ab. Rod konnte auch auf die Entfernung noch sehen, dass sie verletzt war. Bela und Farin rissen sich derweil von den Zwillingen los. „Was soll das? Lasst das gefälligst!“ Die Zwillinge waren völlig baff. Ohne ein weiteres Wort gingen die drei Jungs in das Schulgebäude. Rod zögerte nicht ihnen zu sagen was er grad gesehen hatte. Bela riss seine Augen auf und seine Kinnlade flog runter. „Nicht doch.“ Auch Farin war nicht erfreut über diese Nachricht. „Kommt, steht nicht so blöd hier rum. Sucht sie, klärt es mit ihnen!“ drängte Rod. ** Auch wenn die Mädchen nicht mehr wollten…sie hatten sich verpflichtet beim Tag der offenen Tür ihrer Schule mitzuwirken. Seufzend zog sich Lilly um, die Schule hatte jedem Kellner eine „Uniform“ spendiert. Ihr Handy vibrierte und sie schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass Farin nicht wieder anfing zu nerven. Gestern hatte er wieder Hartnäckigkeit bewiesen, bis spät in die Nacht hatte er sie mit SMSen und Anrufen genervt. Als sie ihre Tastensperre entfernte sah sie allerdings, dass Pandora ihr geschrieben hatte. ‚Ich glaub die Zwillinge haben sich die Beziehung nicht eingebildet. Ich hab sie grad mit Farin und Bela gesehen…sie haben sich geküsst.‘ Wütend machte Lilly die SMS zu, steckte ihr Handy wieder ein. ** „Nein, wo Pandora ist weiß ich nicht…aber ich glaube Lilly zieht sich in den Mädchenumkleiden für ihre Schicht als Kellnerin um.“ Rod war auf die grandiose Idee gekommen einen Mitschüler nach dem Aufenthaltsort der Mädchen zu fragen. Ohne weitere Zeit zu verschwenden rannten die drei zu den Umkleiden. Was Pandora wusste, wusste auch Lilly bald, das war Farin klar. Er musste Pandora zuvor kommen. ** Lilly musste bald ihre Schicht anfangen. Sie war das letzte Mädchen in der Umkleide. Grade als sie aus selbiger raustrat und abschließen wollte sah sie am anderen Ende des Ganges die drei Jungs in ihre Richtung rennen. Sie tat als hätte sie etwas in der Umkleide vergessen und ging wieder rein. Doch die Tür hielt keinen der Jungs auf. „Ihr dürft hier nicht rein, das ist die Mädchenumkleide.“ meinte Lilly nur ruhig ohne einen der drei anzusehen. Sie fummelte in ihrem Spind rum um den Schein zu wahren. „Ich muss mit dir sprechen, aber du ignorierst meine Anrufe und SMSen…“ Farin ergriff zuerst das Wort. „Ich dachte das würde dir zeigen, dass ich grad keinen Bock auf dich habe…“ Lilly weigerte sich weiter ihn anzusehen. „Weißt du wo Pandi ist?“ wollte Bela wissen bevor Farin wieder etwas sagen konnte. Sie schüttelte nur den Kopf. Natürlich wusste sie es, doch ihre Freundin verraten? Niemals. Sie schloss die Tür ihres Schließfaches und ging in Richtung Umkleidetür, doch Farin stellte sich ihr in den Weg. Bela und Rod hatten das seltsame Gefühl nur zu stören und so machten sie sich auf die Suche nach der vermutlich schwerer zu knackenden Pandora. „Warum ignorierst du mich?“ Farin war überraschend ruhig dafür, dass in ihm ein Chaos herrschte. „Lass mich einfach in Ruhe, ich muss gleich meine Schicht anfangen.“ Farin seufzte, doch ging nicht aus dem Weg. „Ist es wegen gestern? Weil ich abgehauen bin ohne dir was zu sagen?“ Lilly war klar, dass er sie nie raus lassen würde wenn sie nichts sagen würde. Deshalb gab sie sich geschlagen. „Zum Beispiel. Oder aber weil du in meinem Gästebett mit meiner Austauschschülerin gevögelt hast, oder weil du mir Hoffnungen gemacht hast und sie brutal zerschlagen hast oder weil du jetzt mit Jeannine zusammen bist und sie auch küsst. Darf ich jetzt raus?“ Farin ging ein Licht auf. Wie konnte er das die ganze Zeit übersehen? Sie war also doch in einem Punkt wie alle Mädchen. Sie wollte ihn. Er grinste. „Du bist eifersüchtig!“ Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen, das sah er. Der Blonde setzte sich auf die nächste Bank und zog die schweigende Lilly neben sich. „Hör mal zu, Kleine.“ ohne auf ihre offensichtliche Empörung zu reagieren sprach er weiter. „Es stimmt, dass ich mich einfach verkrümelt hab und, dass ich mit der Französin geschlafen hab, aber ich bin nicht mit ihr zusammen…“ „Erzähl das deinem Frisör.“ Er musste lachen. Selbst wenn sie sauer ist, ist sie noch so süß. Sein kleiner Tollpatsch. Mit einem Mal wurde ihm klar, dass sie etwas für ihn bedeutet, dass sie etwas in ihm auslösen konnte. „Wenn sie dir nichts bedeuten würde hättest du sie heute nicht mehr geküsst. Und jetzt lass mich in Ruhe, ich muss zu meiner Schicht!“ mit diesen Worten stand sie auf. Farin hielt sie fest. „Bitte bleib hier.“ er sah sie ausnahmsweise von unten an, da er noch saß war er ja kleiner als sie. Seinem Blick konnte sie nicht widerstehen, so hatte sie ihn noch nie gesehen. Es wirkte als läge ihm wirklich etwas daran, dass sie bleiben musste, er bettelte fast schon mit einem Hundeblick darum, der jeden Hund neidisch machen würde. So seufzte sie und setzte sich wieder. „Meine Güte, dann hör aber auf zu gucken wie ein im Regen stehen gelassener Hund.“ Sie starrte danach trotzdem wieder stur geradeaus. Nachdem sie sich eine Zeit lang angeschwiegen hatten, weil Farin immer wieder neu zurecht formulierte was er sagen wollte und Lilly darauf wartete, dass er etwas sagen würde, schaffte Farin es endlich doch seine Gedanken zu formulieren. „Ich möchte nicht, dass du was Falsches denkst. Das mit deiner Austauschschülerin war nichts, völlig belanglos. Und heut kamen wir nur her um euch das zu erklären. Wir wurden von den beiden abgefangen und ohne uns zu fragen oder so küssten sie uns. Pandora hatte uns aber nicht lang genug beobachtet um zu sehen, dass wir die beiden ziemlich schnell wegstießen und sie dann stehen ließen, weil ihr wichtiger seid, wir fühlen uns die ganze Zeit schlecht wegen gestern…“ Jetzt sah Lilly ihn doch an. Sehr misstrauisch musterte sie ihn genau. Es sah so aus als meinte er das ernst…bedeutete sie ihm etwa doch was? Dann ging die Tür auf und der Vater von Pandi stand im Türrahmen. „Hier bist du also Lilly…und Farin ist bei dir…? In der…Mädchenumkleide?“ Rasmus dachte sonst was… „Lilly, deine Schicht hat vor ner ganzen Weile schon angefangen und du wirst gesucht.“ Lilly sprang völlig schockiert auf. „Das hab ich vollkommen vergessen!“ Hals über Kopf rannte sie in die Aula, wo sie erst mal eine Rüge von ihrem Direktor bekam. ** Bela und Rod hatten sich in der Zwischenzeit in die Musikabteilung der Schule geschlichen. Da jetzt Bandprobe war hatte kaum jemand mehr Zutritt zu diesem Bereich. „Was machst du wenn sie hier auch nicht ist?“ Darüber wollte Bela gar nicht erst nachdenken. Sie musste hier sein! Sie spähten durch die kleinen Fenster in den Türen und im dritten Raum sahen sie die ganze kleine Truppe, unter ihnen auch Pandora. „Was nun, Casanova…oder eher Belanova?“ Rod konnte nicht anders, er musste grinsen. Bela biss sich auf die Unterlippe…wenn er das wüsste. Den neuen Spitznamen ignorierte er gekonnt. Pandoras Blick wanderte derweil durch den Raum und blieb an der Tür kleben. Sie blinzelte kurz und als die unverkennbaren Gesichter immer noch nicht verschwunden waren stand sie kurz auf. „Bin gleich zurück, Max.“ Zu ihrem Glück…oder Pech, je nach Interpretation, hatten sie eh grad Probenpause. Die Blonde riss die Tür geradezu auf. „Was wollt ihr denn hier?“ zischelte sie so leise sie grad konnte, ihre Wut war aber dennoch nicht zu überhören. Bevor einer der beiden etwas sagen konnte fügte sie noch hinzu „Lasst uns irgendwo anders hingehen, das müssen nicht alle mitbekommen!“ und lief schon in den Innenhof. Bela und Rod folgten ihr. Irgendwann blieb Pandi stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Bela erwartungsvoll an. Bela schluckte. „Also…ähm…ich wollte dir etwas erklären.“ Sie reagierte nicht. „Mit deiner Austauschschülerin war es so…ich habe keine Gefühle für sie, es war ein einfacher One-Night-Stand.“ „Ach, und deshalb küsst du sie noch heut Morgen.“ Er wusste, dass ihm das auf die Füße fallen würde. Rod ergriff das Wort. „Sie hat ihn geküsst. Nur eine Sekunde nachdem du dich abgewandt hattest, haben Farin und Bela die Französinnen weggestoßen und angeschrien was das sollte. Ohne sie auch nur zu Wort kommen zu lassen sind sie dann losgestürmt und seitdem suchen wir euch.“ Pandi sah nicht überzeugt aus. „Selbst wenn das stimmen sollte…warum erzählt ihr mir das? Bela, du willst doch eh nix von mir. Hast du mir gestern noch gesagt. Was ist euer Plan?“ „Ja, der Plan…“ Bela war bewusst, dass er gleich alles sagen konnte. Wieder wurde er von Rod unterbrochen. „Mein Plan ist es euren Referendar zur Schnecke zu machen!“ Jetzt war Pandi irritiert. „Warum?“ „Warum? Sandra hat mit mir Schluss gemacht! Seinetwegen, er hat sie mir ausgespannt!“ Der Blick der Blonden verriet, dass sie nicht sicher war ob Rod sie veräppeln wollte oder es ernst meinte. Sie lachte auf. „Er hat dir Sandra ausgespannt?“ „Was ist daran so komisch?“ Rod war sauer. „Komisch daran ist, dass Max null Interesse an Sandra hat…oder anderen Frauen.“ Der Groschen fiel Pfennigweise. Um den Vorgang zu beschleunigen sprach sie Klartext. „Max ist schwul und macht daraus keinen Hehl.“ Damit hatte sie Rod doch den Wind aus den Segeln genommen. „Schwul? Aber…“ Ohne weiter an seinen Freund zu denken machte er sich auf den Weg zu dem Musikraum, das musste er vom Übeltäter selbst hören. Pandora schüttelte nur amüsiert den Kopf. Doch dann holte Bela sie zurück. „Der Plan war…“ er holte tief Luft. Das war seine letzte Chance. „Wir wollten, dass Max mit Sandra zusammenkommt und Rod wollten wir mit dir oder Lilly verkuppeln, einem Mädchen, welches wir kontrollieren können. Damit unsere Band wieder läuft wie früher. Farin und ich wussten nur noch nicht wen wir nehmen sollten. Du bist zu eigensinnig für Rod und Lilly zu tollpatschig. Und je näher wir euch kennenlernten desto weniger verfolgten wir den Plan…wir genossen es bei euch zu sein.“ „Ach, und deshalb poppst du Jaqueline? Und sagst mir vorher noch, dass du kein Interesse an mir hättest und lachst mich aus wegen der Idee? Sorry, aber das ist mir definitiv zu hoch!“ Sie traute ihm ohne Zweifel zu, dass er und Farin einen solchen Plan hatten, aber sie glaubte ihm nicht eine Sekunde, dass er je ernsthaftes Interesse an ihr gehabt hatte. Eine gewisse Körperregion von ihm vielleicht, aber er selbst nicht. Bela begriff nichts mehr. Jedes Mädchen wäre ihm um den Hals gefallen, wenn er sowas gesagt hätte…und sie ließ ihn eiskalt abblitzen? „Ich hab nicht mit ihr geschlafen um dich zu verletzen oder so, ich hab in dem Moment einfach nicht nachgedacht. Und das gestern…ja…das war…“ Er konnte doch nicht seine coole Fassade fallen lassen! „Das war unbedacht und falsch.“ Nie im Leben würde er zugeben, dass er das nur gemacht hatte, damit sie nicht merkte, dass er doch mehr für sie empfand. Pandora schnaubte nur verächtlich. „Was auch immer. Ich muss zurück, die Probe geht gleich weiter. Mach mit Jaqueline was du willst.“ Mit diesen Worten ließ sie ihn stehen und lief zurück zum Musikraum. Bela starrte ihr nur wie betäubt nach. Nachdem er gefühlt eine Stunde so rumstand kam Farin zu ihm. „Hattest du Erfolg?“ „Seh ich so aus?“ Farin schüttelte den Kopf. Doch er sah auch nicht besser aus. „Gings denn bei dir? Farin zuckte die Schultern. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich glaub ein bisschen, doch dann kam der Vater deiner Liebsten und erinnerte Lilly an ihre Verpflichtung…“ Farin seufzte. Bela nickte nur. Das Farin Pandora seine ‚Liebste‘ genannt hatte störte ihn nicht wirklich. „Wie wär es wenn wir in die Aula gehen und uns was bestellen? Wenn du Glück hast kommt Lilly an unseren Tisch.“ Farin sah Bela überrascht an. Warum war er nicht von selbst auf die Idee gekommen? ** Lilly war tatsächlich die einzige freie Kellnerin, als die Jungs sich setzten und so ging sie, widerwillig, zu ihrem Tisch. „Was wollt ihr?“ fragte sie knapp. Farin setzte sein verführerischstes Lächeln auf „Also mein erster Wunsch, die schönste Kellnerin der Schule zu bekommen, hat sich schon mal erfüllt.“ Lilly reagierte nur mit einem sehr schwachen Lächeln, etwas Körperbeherrschung war ihr geblieben. „Schön, dann kann ich ja gehen oder?“ Mit diesen Worten wandte sie sich wieder ab. Doch Farin ließ sie erneut nicht gehen. Schneller als sie gucken konnte hielt er sie wieder am Handgelenk fest. „Wie lang geht deine Schicht noch?“ Lilly sah auf die große Uhr an der Wand. „Noch 15 Minuten etwa. Warum?“ „Die Zeit kannst du doch bei uns verbringen und die danach auch.“ Farins Lächeln ließ Lilly immer mehr dahin schmelzen. Sie seufzte. „Ich komm am Ende meiner Schicht zu dir. Wollt ihr jetzt was zu trinken oder so? Wenn nicht, dann lass mich wenigstens meine Schicht beenden, die ich deinetwegen schon zu spät angefangen hab.“ Die Jungs bestellten etwas und Lilly brachte ihnen alles. Dann ging sie um noch die verbleibenden Minuten ihrer Schicht hinter sich zu bringen. „Dass ich sie noch mal in halbwegs normalen Klamotten sehen würde hätte ich auch nicht gedacht…“ murmelte Bela nur. Kapitel 10: Volltreffer oder Fehlschlag --------------------------------------- Kurz bevor Lillys Schicht beendet war sah Bela die Band hinter die Bühne gehen. „Entschuldige mich mal.“ sagte er ohne seinen Freund auch nur anzusehen. Farin, dem das ebenfalls nicht entgangen war, nickte nur. Als er sein Glas geleert hatte stand er auf und stellte sich zum Ausgang der Aula um auf Lilly zu warten. Diese kam auch wenig später zu ihm. Keinem von beiden fiel ein ordentlicher Gesprächsanfang ein und so gingen sie wortlos wieder zur Umkleide der Mädchen. Farin hielt Lilly die Tür auf. „Danke.“ sagte sie nur knapp und ging hinein. Als er ihr folgen wollte stoppte sie ihn. „Das ist immer noch die Mädchenumkleide.“ meinte sie mit hochgezogener Augenbraue. Farin grinste. „Und?“ Lilly schob ihn wieder raus. „Warte da, wenigstens bis ich mich umgezogen hab.“ und verschwand wieder in der Umkleide. Einige Minuten später wurde es ihm zu langweilig und er ging einfach rein. Da Lilly schon die Vorahnung hatte, dass Farin nicht auf sie hören würde hatte sie zuerst die wichtigsten Klamotten gewechselt. Er erwischte sie also nur dabei, wie sie zuerst ihr Strumpfband am linken Bein zurechtrückte und dann das andere Bein in die teilweise zerrissene Netzstrumpfhose steckte. Sie beachtete ihn einfach nicht und zog sich noch ihre hochhackigen Schuhe an. Er beobachte sie aufmerksam dabei. Seine Gedanken schweiften ab was er so alles mit ihr anstellen könnte jetzt, wo sie so allein waren. Lilly setzte sich wieder hin und forderte Farin auf sich neben sie zu setzen. „Was willst du also noch?“ „Naja, wir wurden vorhin unterbrochen und ich dachte wir reden weiter…oder so…“ Sie zog wieder ihre Augenbraue hoch. Bei seinem Blick war es nicht schwer zu erraten was er dachte. „Reden, oder so…?“ Sie seufzte, er würde sich doch nie ändern…so stand wieder auf und schloss ihren Spind, dann machte sie sich zum Gehen bereit. Farin umarmte ihre Taille, damit sie nicht wieder von ihm wegging. „Bleib hier, mein Tollpatsch.“ Das Mädchen wusste nicht was sie mehr irritierte. Dass er sie Tollpatsch nannte, dass er sie seinen Tollpatsch nannte oder, dass er sie so umarmte. ** Bela hatte sich inzwischen hinter die Bühne geschlichen. Er sah, dass sich Pandi, Max und Rod angeregt unterhielten. Auf einmal flüsterte Rod Pandora was ins Ohr…oder küsste er sie? Bela war sich nicht sicher was sich da vor seinen Augen abspielte. Mit Wut im Bauch ging er zu den dreien und fragte hörbar unbegeistert. „Was, seid ihr jetzt beste Freunde oder so?“ Pandora, die mittlerweile vollkommen von Rod aufgeklärt wurde was gestern und heut vorgefallen war und ihm glaubte, grinste nur. Die Eifersucht in Belas Stimme gefiel ihr. Um noch eins drauf zu setzen legte sie ihren Arm grinsend um Rods Rücken, was ihr einen strafenden Blick von Max und Bela bescherte. „Hast du etwa ein Problem wenn ich Rod näher komme?“ Sollte sich das Spiel von gestern wiederholen? Bela wusste was dabei raus käme, wenn er genauso reagieren würde wie am Vortag. So biss er sich nur auf die Lippen und sagte nichts. „Na komm, sags ihr schon!“ forderte Rod ihn auf. „Sie weiß schon was gestern so los war bei mir und wie ihr euch gefühlt habt.“ Bela sah seinen Freund geschockt an. Einerseits war das ein klarer Verrat, aber andererseits hatte er ihm viel Arbeit abgenommen. Er holte tief Luft. „Okay. Pandora, das was ich gestern sagte war Quatsch. Es ist nicht im Geringsten abwegig, dass ich Interesse an dir haben könnte.“ Das war peinlich. Besonders für einen sonst so coolen und harten Kerl wie Bela. Es war ihm sogar so peinlich, dass seine Wangen eine leichte Farbänderung in einen rosanen Ton bekamen. Bevor es noch peinlicher würde wollte er es ganz hinter sich bringen. „Ich liebe dich, Pandora Verlaine!“ Alle Umstehenden waren sprachlos. Sowas aus seinem Mund zu hören. Auch Pandora blinzelte mehrfach. Ihr Arm sank zurück an ihre Seite. Das hatte sie sich doch nicht eingebildet oder? Belas Mund hatte sich bewegt, wie er sich für diese Worte bewegen musste und sie hatte seine Stimme gehört. Aber er würde sowas doch nie zugeben. Wie oft hatte sie überlegt wie sie darauf reagieren würde? Doch jetzt, als es soweit war, war ihr Gehirn wie ausgeschaltet. Minuten, oder gar Stunden schienen zu vergehen. „Jetzt sag was, sonst wird es noch peinlicher.“ bat der schwarzhaarige Arzt sie mit weiterhin geröteten Wangen. Pandora schüttelte leicht den Kopf, wie um aus der Trance zu erwachen. „Dass du sowas mal sagen würdest…“ Nach und nach schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Sie breitete die Arme aus und nahm Bela in selbige. „Komm her, du Dummkopf.“ „Ja, danke…das machts viel weniger peinlich…“ murmelte er nur in ihre Schulter. Sie lachte erleichtert. ** „Ich hab noch eine Frage an dich…“ Nachdem sie lang so dagestanden, bzw. gesessen haben, brach Lilly das Schweigen. Er sah nur erwartungsvoll zu ihr auf. „Warum habt ihr euch ursprünglich mit uns angefreundet oder wie man es nennen will? Ist es weil wir Kontakte haben in der Musikszene und ihr durch die berühmt werden wolltet?“ Das Mädchen sah den Blonden ganz ernst an. Er setzte sich gerade hin und ließ sie los. „Nein, nicht ganz. Von euren Kontakten haben wir erst erfahren als wir in der Konzerthalle waren.“ Er seufzte. „Es war anders, aber auch nicht viel besser, weshalb wir anfangs euer Vertrauen wollten.“ Auch Farin legte nun das ganze Geständnis ab. Er merkte wie sich Lillys Miene nach und nach verhärtete. „…aber als ich sah wie gut du dich mit Rod verstehst und als Bela verlangte du solltest diejenige sein, welche an Rods Seite gehört, da hab ich…Angst bekommen. Ich wollte das nicht.“ Die Bassistin der Standarts ging einen Schritt zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an den Spind hinter sich. In ihrem Gesicht war keine Regung zu erkennen. „Ach, und warum?“ Farin stand auf und ging so nah an sie heran, wie sie es zuließ. Sie war nun gezwungen ihren Kopf in den Nacken zu legen um ihn noch ins Gesicht sehen zu können, während er einfach zu ihr runter schaute. „Da habe ich mich auch bis heute gefragt. Warum macht es mich so fertig wenn du nicht an dein Handy gehst, wenn ich versuche dich zu erreichen? Warum ist es mir so wichtig, dass du nichts Falsches von mir denkst? Warum? Doch vorhin fiel es mir wie die berühmten Schuppen von den Augen. Du löst etwas in mir aus, dein Lachen gibt mir ein Gefühl der Leichtigkeit, selbst wenn mein Kopf schmerzt.“ Er lachte auf und auch sie wusste auf wann er anspielte, doch ihre Lippen zuckten nur kurz. „Dein Anblick übt eine mir unbekannte Faszination auf mich aus.“ „Man merkt, dass du Songschreiber bist, nur ihr könnt euch so ausdrücken.“ Lilly schnaubte und zwang sich den Kopf wegzudrehen. Farin ging nicht drauf ein, was sie sagte. „Was ich so wortgewandt versuche auszudrücken dürfte dir doch klar sein, oder?“ Er grinste das ansteckende Farin-Grinsen. ** Nachdem sie ihren Auftritt absolviert hatten, machten sich die drei Jungs und Pandora auf die Suche nach Lilly. „Die wird was von mir zu hören bekommen, versäumt die einfach so unseren Auftritt, ich fass es nicht!“ ließ Pandi gespielt empört vernehmen. Sie könnte ihrer Freundin nicht wirklich böse sein, nicht heute. „Vielleicht ist ihr ja was dazwischen gekommen. Sie wollte sich noch mit Farin treffen nach ihrer Schicht.“ Die Zweideutigkeit war Bela absolut bewusst und voll beabsichtigt. Pandora stürmte geradezu in die Mädchenumkleide nur um nach einem Schritt wie versteinert stehen zu bleiben. Sie stammelte eine Entschuldigung und zog sich zurück. Lilly sah ihre Freundin belustigt an. Noch bevor Farin die erhofften Worte aussprechen konnte wurden sie gestört. Dennoch konnte sie bei diesem Anblick ein Lachen nicht unterdrücken. Pandora war in die Umkleide gestürmt, hatte sie angesehen als würden sie sonst was miteinander tun und war rückwärts raus gestolpert. Von den sich reckenden Köpfen der drei Jungs hinter ihr ganz zu schweigen. Sie wollte gerade raus gehen um alles aufzuklären, als Farins Arme sie quasi einsperrten. „Hier geblieben.“ sagte er nur ernst. „Renn mir nicht immer davon.“ Er nahm ihr Kinn und zwang sie so wieder zu ihm aufzuschauen. Bevor sie sich wirklich wehren konnte küsste er sie. Als er den Kuss löste sah sie ihn nur verzaubert an. Jedoch entgegen seiner Erwartung von einer in seinen Armen schmelzenden Lilly, blinzelte sie einmal und der Ausdruck war verschwunden. Sie löste sich von ihm und ging ohne ein weiteres Wort zu ihm aus der Umkleide heraus. „Meine Güte, was denkst du denn, Pandi? Dass er mich im Stehen begattet?“ sie lachte laut auf, weil das Gesicht ihrer Freundin immer noch zu göttlich war. Diese lenkte nur ab. „Wir haben dich vermisst, unser Auftritt war grade.“ Mit einem Mal war Lilly das Lachen vergangen, den Auftritt hatte sie auch völlig vergessen, was war denn heut nur los? Sie klatschte sich selbst gegen die Stirn. Mittlerweile kam auch Farin hinter ihr aus der Tür. Auf einmal trat auch Rasmus neben sie, der den Auftritt seiner Tochter mit verfolgt hatte. Rod war irritiert, wie der sonst so harte Rocker in Zivil aussah. Ganz menschlich und der Blick, mit dem er seine Tochter ansah war richtig liebevoll. „Ihr ward großartig, mein Engel.“ „Danke, Daddy.“ sie strahlte selig zu ihm herauf. Dann sah sie auf die Uhr. „Oh, du hast doch nicht mehr viel Zeit, oder? Euer Auftritt…“ erinnerte die Blonde ihren Vater. „Ich weiß, ich wollte dich grad eh fragen ob ich dich noch nach Haus fahren soll.“ Pandora nickte nur. „Sollen wir dich auch mitnehmen, Lilly?“ Die Angesprochene wägte kurz ihre Möglichkeiten ab bevor sie lächelte und zusagte. Farin sah sie überrascht an. Hatten sie nicht noch etwas zu klären? Die Mädchen verabschiedeten sich von den Jungs und gingen dann zum Auto des berühmten Gitarristen. Max und Rod gingen auch kurz später, sodass nur Farin und Bela auf dem Schulgelände zurückblieben. Bela grinste, er hatte alles klären können und es schien fast als hätte er eine feste Freundin. Farin hingegen wirkte nicht so glücklich. Es dauerte etwas bis Bela das auffiel. „Was ist denn los mit dir?“ Farin winkte nur ab. „Ich weiß auch nicht…sie hat mich einfach stehen gelassen.“ „Hast du denn alles klären können?“ „Fast…und du?“ der Gitarrist wollte nicht darüber reden. Sein Drummer nickte freudig. Epilog: The end? ---------------- Später am selben Abend lag Farin auf seinem Bett und starrte die Decke an. Bela hatte es geschafft, Rod hatte plötzlich andere Seiten an sich entdeckt, es war schon immer seltsam, dass seine Beziehungen nie lang hielten, doch so?... Nur Farin hatte nicht erreicht was er erreichen wollte. Seine Hoffnungen schwanden. Sie waren kurz vorm Schulabschluss. Lilly wollte Psychologie studieren, das wusste er. Er wollte am liebsten gleich mit der Musik durchstarten, wenn es sein müsste würde er Musik studieren… Rod hatte sein Studium schon, Max ebenso. Von Bela hatte er gehört, dass Pandora Medizin studieren wollte, Bela selbst wollte dasselbe wie Farin. Fast alle Wege würden irgendwie auseinander laufen. Es ließ ihn nicht los, dass er Lilly nicht überzeugen konnte. Vielleicht hatte er sich ja geirrt und sie wollte ihn gar nicht. Vielleicht wollte sie aber auch nur jetzt noch nicht und es würde eine Fortsetzung geben. Er war sich nicht sicher. Er hatte nur das sumpfe Gefühl, dass es so nicht enden konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)