Himitsu no Mahou von AimaiLeafy ================================================================================ Kapitel 3: Nachhilfe -------------------- Es war ein verregneter Sonntagmorgen, der Pink zum Verhängnis werden sollte, denn obwohl es ein perfekter Tag war, um diesen im Bett zu verbringen, dachte eine frischgebackene Wächterin nicht im Geringsten daran: sie hatte vor, Pink zur Rede zu stellen und kaum dass Pink ihre Zimmertür hinter sich gelassen hatte, wurde sie auch schon begrüßt: „Guten Morgen, Pink! Na, gut geschlafen?“ Ausnahmsweise hatte Green ihre Haare zu einem Zopf gebunden und lächelte Pink voller Erwartung an, woraufhin diese den Kopf schief legte und verwirrt dreinschaute. „Guten Morgen… Ist heute irgendwas Besonderes? Du scheinst so gute Laune zu haben!“ Kaum hatte Pink sich an den Küchentisch gesetzt, stellte Green auch schon Pfannkuchen vor ihre Nase, mit extra viel Schokoladensoße. „Ach, eigentlich gibt es keinen bestimmten Grund.“ Pink sah die Pfannkuchen als Einladung zum Essen an und begann auch sofort, ihr Frühstück zu verzehren. „Hmmm! Lecker!“, schwärmte Pink. Das andere Mädchen grinste und setzte sich ebenfalls hin, allerdings ohne etwas zu essen, da sie bereits mit ihrem Frühstück fertig war. „Die habe ich ja auch gemacht. Aber das Beste daran ist: es ist eine billige Mahlzeit! So kannst du mir wenigstens nicht die Haare vom Kopf essen, wenn du schon hier wohnen musst.“ Pink lächelte munter; scheinbar konnte sie sich nicht daran erinnern, was heute auf sie zukommen würde. Doch Green hatte es nicht vergessen, denn sie war schon neugierig auf Pinks Geschichte: eigentlich wollte sie ja, dass das kleine Mädchen von sich aus begann, aber sie war scheinbar zu beschäftig damit, ihr Gesicht in Schokolade zu tauchen. Green blieb daher nichts anderes übrig, als selbst den ersten Schritt zu machen: „Pink, hast du vergessen, was du mir heute erzählen wolltest?“ Greens Lächeln war bei diesen Worten verschwunden, womit auch das breite Grinsen Pinks steif wurde, bis es sich vollständig auflöste. Zwar aß sie weiter, doch es sah bei Weitem nicht mehr so enthusiastisch aus wie zuvor. Green stand auf und legte ihre Hand auf Pinks Schulter; überrascht schreckte sie aus ihren Gedanken hoch und schaute zu Green hinauf, welche sie verständnisvoll anlächelte. „Wie soll ich weiterhin meiner Aufgabe nachgehen, wenn ich nicht die ganze Wahrheit kenne?“ Green konnte nicht deuten, ob es sich um Freudentränen handelten oder deren Gegenteil, doch in Pinks Augen sammelte sich Wasser, welches Pink sich hastig mit dem Ärmel ihres pinken Pyjamas wegwischte. „Ok.“ Green entfiel nicht, dass Pinks Stimme zitterte – war das Thema ihr denn wirklich so unangenehm? Zwar hatte Green es bereits geahnt, doch sie hätte nicht gedacht, dass es ein solch schlimmes Thema für Pink war und nachdem sie sich umgezogen hatte und vor ihr auf dem Sofa saß wie ein kleines, eingeschüchtertes Tröpfchen Elend, kam Green nicht darum herum, Mitleid mit ihr zu haben. Sie war eben doch nur ein Kind. Pink schien es sich schwer zu machen mit dem Anfangen, doch Green hatte dieses Mal nicht vor, den ersten Schritt zu tun - sie wartete also geduldig, bis Pink sich seufzend laut fragte, wo sie nur anfangen sollte. „Wohl am Anfang“, antwortete Green, um die Stimmung ein wenig aufzulockern, doch es war ein eher kläglicher Versuch, der bei Pink nicht anschlug. „Aber genau daran kann ich mich nicht erinnern.“ Sie schaute zu Boden, während sie dies sagte und Green fragte sich schon, ob Pink sie übers Ohr hauen wollte, doch dann setzte das kleine Mädchen seine Erklärung fort: „Ich... habe mein Gedächtnis verloren.“ „Amnesie?“, kam es sofort aus Greens Mund gesprudelt. Pink nickte zaudernd. „Ich kann mich nur noch an die Zeit erinnern, die ich in der Dämonenwelt verbracht habe.“ Greens Hand rutschte von ihrem Kinn und überrascht sah sie ihre Gesprächspartnerin an, unsicher, was sie sagen oder fragen sollte. Doch zum Glück für sie nahm Pink ihr das ab: ohne sie anzugucken fuhr sie fort: „Ich wurde als kleines Kind mitgenommen und weiß nichts mehr von dem, was davor war. Seit diesem Tag habe ich in der Dämonenwelt in Gefangenschaft gelebt. An die Zeit davor kann ich mich nicht mehr erinnern… sie haben mir alles genommen. Familie, Freunde, Träume, mein Ich… ich weiß noch nicht mal, ob „Pink“ mein richtiger Name ist…“ Green schaute sie mit mitleidvollen Augen an und auf einmal brach das Gefühl in ihr aus, dass sie dieses kleine Mädchen beschützen musste und wollte. Es war ein ihr fremdes Gefühl, da ihr das Tun und die Gefühle anderer meistens egal waren; doch für dieses kleine Mädchen empfand sie Mitleid, als wäre sie ihre eigene Schwester. „Deshalb also war dieser Dämon hinter dir her... aber wozu brauchen die dich?“ Pink zuckte kurz. „Wegen meiner Schutzmagie.“ „Was wollten sie damit?“ Pink holte tief Luft. „Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wofür die ganzen Untersuchungen gut waren...“ Heiser brachte Green das Wort „Untersuchungen“ heraus, doch Pink schüttelte nur mit dem Kopf. Die Bedeutung dieser Geste war klar verständlich: Sie wollte nicht darüber reden. „Ich weiß es alles nicht mehr so genau... aber im letzten großen Kampf, in dem die Dämonen gegen uns kämpften, wurden sie in ihrer eigenen Welt versiegelt.“ Green kam unweigerlich ein Krieg in den Sinn und kaum hatte sie dies gedacht, blitzten die Bilder ihres Traumes vor ihrem geistigen Auge auf; etwas, was Pink nicht bemerkte. „Ich glaube, sie wollten mit meiner Magie versuchen, das Siegel zu brechen...“ Green nickte gedankenverloren; immer noch unsicher, was sie darauf erwidern sollte. Eine Weile sagte keiner von ihnen ein Wort, bis Green sie fragte, wie es ihr gelungen war, zu fliehen. „Das Siegel wird schwächer. Einige Dämonen können es überschreiten. Ich bekam mit, dass sie davon sprachen, dich umzubringen“, sagte Pink „Was?! Wieso wollen sie mich umbringen?! Das gibt doch keinen Sinn; ich bin doch nichts anderes als ein unbedeutender Mensch…“, sagte Green hysterisch, sofort um ihr eigenes Leben bangend. „Aber Green-chan, du bist doch kein Mensch! Du bist doch ein Wächter! Wie ich! Und die Dämonen töten Wächter, weil wir die Einzigen sind, die sie aufhalten können!“, antwortete Pink mit strahlenden Augen und abermals mit Tatendrang, etwas was Green nicht so ganz nachempfinden konnte, denn ihr gefiel es weniger, eine lebende Zielscheibe für die gesamte Dämonenwelt zu sein. „Kannst du mir eigentlich mal erklären, was genau „Wächter“ eigentlich sind?“ Pink holte mit der Faust aus, um eine glorreiche Pose zu vollführen, ehe sie triumphierend antwortete: „Wir sind die Beschützer der Menschheit!“ Ok, dachte Green, sie würde wohl keine genaueren Informationen erhalten. Da ihr dies nun bewusst geworden war, beschloss sie, das Thema wieder zu wechseln. „Erzähl bitte weiter, Pink. Wie bist du geflohen?“, fragte Green. Das Lächeln auf Pinks Gesicht verschwand. „Durch Zufall erfuhr ich von ihren Plänen und als ich deinen Namen hörte, klingelte es bei mir. Ich muss dich wohl irgendwie gekannt haben…“ Pink zuckte mit den Schultern, als wäre dieses Detail nicht weiter wichtig, was Green allerdings nicht so sah: denn sie war sich ganz sicher, dass sie Pink noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Obwohl dies deutlich in den Augen Greens zu sehen war, fuhr Pink fort, als hätte sie nichts gehört: „Ich setzte alles daran zu fliehen, weil ich deine Magie aktivieren wollte, damit du die Dämonen bekämpfen kannst. Aber ich wusste nicht wie… doch durch eine Unachtsamkeit von ihnen konnte ich das Siegel überwinden und fliehen - und so landete ich bei dir.“ Es stand so deutlich in Pinks gesamter Körperhaltung geschrieben, dass das Thema ihr überaus schwer fiel und dass sie bereits mehr gesagt hatte, als sie es eigentlich wollte. Dennoch war das Thema für Green nicht abgehakt und sie musste diese Chance jetzt nutzen, denn sie glaubte nicht, dass sie Pink jemals wieder dazu würde bringen können, mir ihr darüber zu reden. Doch gerade als sie dem kleinen Mädchen sagen wollte, dass sie stark daran zweifelte, dass sie sich bereits vorher schon einmal gesehen hatten, sprang Pink plötzlich auf. Die bedrückte Körperhaltung fiel von ihr wie ein ungewünschter Nebel und freudestrahlend fragte sie Green, ob sie nicht noch mehr Schokolade im Haus hätten. Überrumpelt von Pinks plötzlicher Veränderung gab Green nach. Mehr als zwei Jahre später würde sich das als ein Fehler herausstellen. Am nächsten Tag war das Gespräch mit Pink bereits Vergangenheit und die alltäglichen Probleme hatten Green wieder eingeholt und sich aufdringlich in den Vordergrund gedrängt: anstatt sich über Pink oder dir Todesdrohung der Dämonen Sorgen zu machen, war Green auf dem Heimweg, sich in Gedanken fragend, wie sie die nächsten Prüfungen überstehen sollte. Die frischgebackene Wächterin mit den eher menschlichen Problemen war so sehr in Gedanken versunken, dass sie erst, als sie beinahe wieder zu Hause war, bemerkte, dass sie den Heimweg nicht so alleine beschritten hatte, wie sie geglaubt hatte: bei dem letzten Fußgängerübergang bemerkte sie plötzlich, dass Gary neben ihr stand und über den gleichen Übergang gehen wollte. „Was machst du denn hier, Ookido?“, fragte Green mit großer Skepsis in der Stimme, welche sie nicht einmal versuchte zu verstecken. Der Angesprochene wandte sich überrascht an sie, als hätte er sie eben erst bemerkt: „Ich bin auf dem Heimweg. Ganz genau wie du, nehme ich an.“ „Seit wann haben wir den gleichen Heimweg? Du wohnst doch gar nicht in meiner Gegend?“ Eigentlich wusste Green nicht, wo ihr persönlicher Widersacher lebte, aber es wäre ihr gewiss aufgefallen, würde er bei ihr in der Nähe wohnen. „Ich habe mich nie dafür interessiert, wo du wohnst.“ Green drehte sich um und zeigte auf einen etwas weiter entfernten Wohnblock, während die Ampel ihnen mitteilte, dass sie die Straße nun überqueren konnten. „Dort wohne ich“, entgegnete Green mit diesem anschaulichen Beispiel und senkte ihren Arm wieder. „Was für ein Zufall; ich neuerdings ebenfalls.“ Ganz offensichtlich hatte sich ihr Leben gegen sie verschworen, denn das war eindeutig zu viel. Wie kam dieser Typ auf die Idee, ausgerechnet in ihre Gegend zu ziehen? Tokio war eine Metropole! Es gab tausend andere Wohnmöglichkeiten; warum war das Leben also so grausam? Womit hatte sie das verdient? Auf einmal jedoch fragte sich Green etwas anderes: war das Pink, welche am Ende der Straße stand und offensichtlich auf sie wartete, denn kaum, dass sie sie gesichtet hatte, kam das kleine Mädchen schon stürmisch auf sie zugerannt, obwohl Green diese Geste nicht erwiderte, sondern verwirrt stehen blieb, was Gary ihr gleichtat. „Was machst du denn hier?“, fragte Green, nachdem Pink strahlend bei ihr angekommen war. Diese zeigte auf etwas, etwas was sie in der Hand hatte: Greens Inlineskates. „Ich wollte sie dir nur vorbeibringen.“ Green sah Pink an, als würde sie sich fragen, ob das Mädchen noch ganz bei Trost war: was brachten ihr die Inlineskates, wenn sie nur noch wenige Meter von ihrem Zuhause entfernt war? Hätte Pink ihr diese zu Beginn des Tages gebracht, sähe der Fall anders aus. Dennoch bedankte sich Green ein wenig zögernd bei ihr und nahm sie entgegen, ohne sie anzuziehen. Green schielte zu Gary und bemerkte dabei, dass er Pink mit seinen kritischen Augen aufmerksam musterte. Pink bemerkte die plötzliche Aufmerksamkeit, die ihr zuteilwurde und legte fragend den Kopf schief. Beide sagten nichts; es war Green, die die Stille und damit diese merkwürdige Situation unterbrach: „Pink, wir sollten langsam gehen. Ich habe genug von eingebildeten Igeln.“ Green überlegte langsam ernsthaft, ob sie Nachhilfe nehmen sollte. Die schlechte Note vom letzten Test spukte in ihrem Hinterkopf herum und vor ihren Augen türmten sich die Hausaufgaben. Das Problem dabei war, dass sie diese in knapp zwei Stunden abgeben sollte, denn natürlich hatte sie sie so lange vor sich hergeschoben, dass sie jetzt nur noch eine Pause hatte, um diese schreckliche Arbeit zu erledigen. Die Tatsache, dass Gary nun nicht nur in ihrer Nähe lebte, sondern auch gleich nebenan, war einfach zu schrecklich gewesen, als dass sie sich sofort von diesem Schock hatte erholen können. Doch wie erwartet verstand sie nicht einmal die Hälfte davon. Es brachte nichts, die Aufgabenstellung wieder und wieder zu lesen. Beständig zeigte sich das gleiche Resultat: Verwirrung. Wäre Sho in der Schule, hätte Green von ihr abschreiben können, doch diese hatte kurzerhand ihr Wochenende verlängert und war mit ihren Eltern auf einem Wochenendausflug. Sie hatten Green auch gefragt, ob sie nicht mitkommen wollte, aber sie hatte dankend abgelehnt - Pink im Hinterkopf habend. Green raufte sich die Haare, als die Aufgabe zum wiederholten Male keinen Sinn ergab. Vor sich hin fluchend wischte sie ihre Antwort mit der Rückseite ihres Bleistiftes weg; erst bei dieser wütenden Aktion bemerkte sie, dass sie beobachtet wurde: Gary saß am Tisch neben ihr, vergraben in einem Haufen Büchern. Green sollte nicht darüber verwundert sein, ihn hier zu sehen; immerhin befanden sie sich in der Schulbibliothek - seiner persönlichen Domäne. „So schwer waren die Aufgaben doch gar nicht“, sagte er und zur Abwechslung, klang es nicht einmal beleidigend, sondern eher freundlich. „Für dich vielleicht nicht. Aber für mich“, antwortete Green und nahm wieder ihren Taschenrechner in Betrieb. Sie versuchte, nicht auf ihn zu achten, doch das wurde geradezu unvermeidbar, als er sich direkt vor sie setzte. Skeptisch sah sie von den Aufgaben auf und stellte Augenkontakt her. „Lass mich dir helfen“, sagte er überraschend zuvorkommend und streckte schon die Hand nach ihrem Heft aus. „Du willst dich doch nur über mich lustig machen.“ Gary schüttelte leicht den Kopf. „Werde ich nicht. Ich verspreche es dir.“ Mit leichter Schamesröte gab sie ihm ihr Heft; sich nicht sicher, ob das die richtige Entscheidung gewesen war. Doch was war ihr denn anderes übrig geblieben? Die Pause war so gut wie vorbei. „Aber erklär es mir bitte langsam.“ Er begann das Heft zu überfliegen und Green machte sich auf neckische Bemerkungen gefasst, doch diese blieben aus. Gary schwieg, überflog nicht nur ihre heutigen Aufgaben, sondern auch die letzten. Mit einem Kloß im Hals bemerkte Green, dass er ihr gesamtes Heft unter die Luppe nahm und ihr unwohles Gefühl steigerte sich von Sekunde zu Sekunde. Erst nach einer ganzen Weile sah er auf. „Najotake.“ Green zuckte zusammen, als würde sie auf das Urteil eines Richters warten. „Ja?“, fragte sie mit leicht zitternder Stimme. Seufzend gab er Green ihr Heft zurück und sie war erstaunt, als er aus seiner Tasche sein eigenes Heft herausholte. „Du hast das Problem, dass du das Grundprinzip nicht verstanden hast. Wir haben nicht mehr genug Zeit, als dass ich es dir jetzt erklären könnte. Daher darfst du von mir abschreiben.“ Skeptisch sah Green ihn an, denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass er dafür nichts im Gegenzug haben wollte. Doch er fing bereits an, fortzufahren, ehe sie etwas sagen konnte: „Und heute nach der Schule gebe ich dir Nachhilfeunterricht. So lange, bis du es verstanden hast.“ Die Skepsis der Angesprochenen fiel in sich zusammen und erstaunt sah sie ihn an. „Und was willst du dafür?“ „Nichts. Nur eine fleißige Schülerin.“ Weder Green noch Gary sprachen besonders viel, als sie ein weiteres Mal ihren neuen, jetzt gemeinsamen Heimweg antraten. Schweigend, einen großen Abstand zueinander einhaltend, fanden sie schließlich den Weg nach Hause. Zwar war das die perfekte Gelegenheit für Green gewesen, das Thema anzusprechen, welches sie bereits am Vortag hätte besprechen wollen, doch wie hätte sie es anfangen sollen? Sollte sie ihn einfach fragen, ob er genauso menschlich war wie sie? Und obendrein auch noch in der Lage war, ihr einen Haufen Fragen zu beantworten? Wenn sie mit ihrer Vermutung falsch lag, wollte sie sich gar nicht ausmalen, wie peinlich das werden würde: sein Blick wäre garantiert Gold wert. Seufzend schmiss Green ihre Tasche schnell in ihr Zimmer; sich gegen das Umziehen entscheidend, da sie nicht wollte, dass Gary sich allzu sehr in ihrer Wohnung umsehen konnte. Doch sie war schon zu lange in ihrem Zimmer gewesen, denn schon hörte sie Gary sagen: „Najotake, hier liegt ein Zettel an dich adressiert.“ Auf diese Worte hin schritt Green schnell in das größte Zimmer ihrer Wohnung; der Kombination zwischen Stube und Küche, und gesellte sich zu Gary, um den Zettel zu lesen, der in pinker Glitzerschrift geschrieben stand: HOI YA! Kom heutte speter!!!! Binn in der Statt Schopppen!!!! Hoff wen ich wider da bin das ich den Fannkuchen bekomme!!!! Piink Green schaute sich denn Zettel genau an und las ihn ein zweites Mal, um zu begreifen, wie viele Fehler sich in nur zwei Zeilen befinden konnten. Pink konnte noch nicht mal ihren eigenen Namen schreiben… Aber eigentlich wunderte sich Green darüber, dass Pink überhaupt schreiben konnte. „Ich muss schon sagen, sie ist ja dümmer als du.“ Verwundert hatte er über Greens Schultern mitgelesen; eine Tat, die Green alles andere als höflich fand und sich daher erbost umdrehte. Und ihre Post dann auch noch mit einer Beleidigung kommentieren! Aber da Green nicht vorhatte, jetzt schon einen Streit anzufangen - immerhin musste sie noch einige Stunden mit ihm aushalten - verzichtete sie darauf, sich zu ausgiebig zu verteidigen. „Anstatt hier große Sprüche zu klopfen, könnten wir ja mal anfangen.“ Je schneller sie in die Puschen kommen würden, desto schneller war sie ihn auch wieder los, dachte Green, während sie unbemerkt eine Grimasse schnitt. Keine zehn Minuten später waren die zwei auch schon vertieft in die unheimlichen Abgründe der Mathematik - oder eher gesagt nicht beide, sondern eigentlich nur Gary: Green ging in diesen Tiefen eher verloren. Fieberhaft versuchte sie, die Aufgabe zu lösen, doch irgendwie klappte es nicht so recht. Gary nippte an seinem Orangensaft, welchen Green ihm unhöflicherweise viel zu spät angeboten hatte und sah ihr etwas belustigt dabei zu, wie sie ihren Kopf zerbrach. Er besah sich ihre Aufgabe genauer und bemerkte sofort den Fehler. „Najotake, gib mal her. Du machst gleich am Anfang einen entscheidenden Fehler…!“, sagte Gary, nahm sich dann das Heft und legte dieses so hin, dass Green jeden seiner Schritte sehen konnte. Langsam tippte er die Zahlen in den Rechner ein und untermauerte dies mit Erklärungen. Green lauschte seinen Worten eifrig, war aber doch etwas verunsichert, als Gary ihr nun den Taschenrechner und das Heft zurückgab, mit den Worten, dass sie jetzt an der Reihe war. Sie schluckte, als wären die Aufgaben ein Dämon, den es zu besiegen galt. Zuerst zögernd ging sie an die Aufgabe, bis sich das wackelige Eis unter ihr festigte und sie die Aufgaben schlussendlich auf dem Papier hatte. Die Resultate erschienen sogar logisch... Green war überrascht. Mit ernster Miene gab sie ihm das Heft und gespannt wartete sie auf sein Urteil. „Na bitte, geht doch.“ „Ist es…richtig?!“, fragte Green sicherheitshalber nach, da sie das Unfassbare nicht glauben konnte. Als er bekräftigte, dass sie die Aufgabe tatsächlich richtig gemacht hatte, starrte das Mädchen die Aufgabe lange an. Er sprach bereits munter über die nächste Aufgabe, ohne zu bemerken, dass Green seinen Worten nicht folgte. „Die Aufgaben sind doch… wirklich…richtig?“, fragte Green mitten in seine Erläuterung hinein. Da er unterbrochen wurde, sah er genervt auf und erwiderte: „Natürlich - oder willst du eine schriftliche Erklärung dafür haben?“ Er wollte gerade da weiter machen, wo er stehen geblieben war, doch Green unterbrach ihn ein weiteres Mal und diesmal ließ sein Herz einen Schlag aus. „Danke, Gary!“ Gary konnte sich nicht erklären, warum er so darauf reagierte, aber ihre Stimme zusammen mit dem ungewohnten Anblick eines lieben Lächeln auf ihrem Gesicht brachte ihn kurz aus dem Konzept. „W-Wir sollten keine Zeit verschwenden und da weitermachen, wo wir aufgehört haben, Najotake.“ Die Angesprochene sah ihn unschuldig und ein wenig überrascht an, als sie bemerkte, dass er stotterte. Dieser eingebildete Idiot war doch in Wirklichkeit nicht etwa schüchtern? „Du kannst mich auch einfach Green nennen.“ Die Antwort kam schneller als erwartet. „Von mir aus.“ Die beiden schwiegen sich an. Green war leicht rot und als sie Gary ansah bemerkte sie, dass auch er leicht rot war. Sie lächelte etwas unsicher, denn die Situation war ziemlich plötzlich ziemlich peinlich geworden. „Ähm, sollten wir nicht langsam weitermachen?“ Fertig gestellt: 14.08.08 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)