Himitsu no Mahou von AimaiLeafy ================================================================================ Kapitel 27: Brennen soll sie ----------------------------   Es hatte aufgehört zu regnen, aber die schweren, grauen Wolken am verschleierten Himmel deuteten an, dass es nicht lange trocken bleiben würde. Trotz dieser schlechten Wetteraussicht war Elisabeth guter Dinge, während sie ihrer täglichen Arbeit nachging – und das obwohl sie wieder alleine war. Seigi hatte sie an diesem Morgen verlassen, nachdem er sich von dem gestrigen Kampf erholt hatte; er war immer noch verletzt gewesen und Elisabeth hatte nicht verstanden, warum er denn jetzt unbedingt schon gehen müsse, wenn seine Verletzungen denn noch gar nicht verheilt gewesen waren. Aber die Zuversicht in Seigis klaren, minzgrünen Augen hatte ihr gesagt, dass sie sich wegen seinen Verletzungen keine Sorgen zu machen brauchte – und wenn sie ihre Hand an ihre nun verheilte Wange legte, verstand sie auch ein wenig, weshalb. Als sie sich voneinander verabschiedet hatten, hatte sie sich daher viel größere Gedanken um ein baldiges Wiedersehen gemacht – oder die Frage, ob sie sich überhaupt wiedersehen würden. Noch wusste Elisabeth nicht, was das Klopfen in ihrem Herzen bedeutete, wenn sie ihre Hand an die Stelle legte, wo Seigi sie berührt hatte, aber sie wusste, dass sie Seigi trotz allem, was gestern Abend geschehen war und was sie nicht hatte schlafen lassen, wiedersehen wollte. Sie wollte ihn kennenlernen, wollte seine Sprache lernen, wollte – zum ersten Mal in ihrem Leben – unbedingt mehr wissen, wollte verstehen; wollte Seigi verstehen, die mystische Aura, die ihn umgab, durchbrechen. Am gestrigen Abend, als er sie so überrascht angesehen hatte, als sie ihm das Schwert zugeworfen hatte und sein stolzes Lächeln, als er sie angesehen hatte… da hatte sie das Gefühl, dass sie die eigenartige Grenze zwischen ihnen für einen kurzen Moment durchbrochen hatte. Er war daraufhin auch viel netter, aufmerksamer gewesen; er hatte nicht wie zuvor jeden Gesprächsversuch verweigert – umso schmerzhafter war der Abschied gewesen. Elisabeth sah zur Tür, wo Seigi vor wenigen Stunden noch gestanden hatte. Als sie ihn gefragt hatte, wo er hinginge, hatte er nach oben gezeigt, Richtung Himmel… dann hatte er ihren Namen gesagt; nein, den Namen, den er für sie benutzte, „Elly“, und in seinem Tonfall hatte sie die deutliche Botschaft herausgehört: sie solle nicht weinen. Er hatte wohl ihre glasigen Augen bemerkt, den Drang, sich an ihm festzuhalten… dann war er einfach verschwunden. Er war nicht durch die Tür gegangen, an welche Elisabeth sich nun lehnte und in den wolkenverhangenen Himmel hinaufsah, er war einfach verschwunden. Hatte sich ins Nichts aufgelöst – schon wieder Magie. Seigi hatte ihr nicht gerade Hoffnung gemacht, dass sie sich wiedersehen würden. Aber dennoch… dennoch… sie spürte es irgendwie. Sie spürte, wie sich ihr Schicksal mit seinem verwoben hatte. Nicht, weil sie ihn aus dem Wasser gezogen und seine Wunden versorgt hatte, sondern wegen etwas anderem. Elisabeth seufzte und wandte sich lächelnd vom Himmel ab, um wieder in ihre Hütte zurückzukehren. Sie hatte gerade einen ihrer Lehmkrüge hochgehoben, um Wasser zu holen, als es an ihrer Tür klopfte. Verdattert senkte Elisabeth den Krug wieder, drehte sich zur Tür um und wollte sich gerade über Seigis schnelle Rückkehr freuen, als ein weiteres Mal, dieses Mal mit deutlich ansteigender Härte, an ihre Tür geklopft wurde – und Elisabeth verstand.   Unruhig lief Safiya in ihrem Zimmer auf und ab – nur  gelegentlich unterbrochen von ihrem nervösen Schauen zur Uhr oder der wiederholten Frage an ihre Tempelwächterin, ob es denn immer noch keine Nachricht von ihrem Bruder gäbe. Aber auf ihre verzweifelten Fragen folgte immer dieselbe Antwort: „Es tut mir leid, Hikari-sama…“ Die Lichtwächterin schlug die Hände entnervt über dem Kopf zusammen. „Wo steckt er denn nur?! Noch nie hat er so lange auf der Erde verweilt! Mehr als 24 Stunden sind vergangen und nicht das kleinste Lebenszeichen von ihm! Keine Nachricht; nichts! Es wird ja wohl nicht zu schwer sein, einen Hikari ausfindig zu machen?! Während wir hier Däumchen drehen, könnte Seigi TOT sein! Schwer verletzt, irgendwo im Nirgendwo und ohne jegliche Hilfe!“ „Hikari-Safiya-sama, meint Ihr nicht, dass Ihr ein wenig übertreibt?“ Die Angesprochene wirbelte herum und sah ihre Elementarwächterin des Klimas in ihrer geöffneten Zimmertür stehen. „Aurora!“ Pflichtgemäß verbeugte diese sich und ging dann auf die Lichterbin, die schon den Tränen nahe war, zu. Aurora und Safiya waren Cousinen und beste Freundinnen, auch wenn sie in der Gegenwart von anderen stets die unsichtbare Grenze zwischen einem Hikari und seinem Wächter bewahrten. Deshalb schickte Safiya ihre Tempelwächterin auch schnell fort und stürzte sich daraufhin in die Arme ihrer Freundin. „…Ich mache mir solche Sorgen um Seigi!“ Die Klimawächterin seufzte und strich ihrer Freundin beruhigend über den Rücken, denn jetzt hatte sie auch noch angefangen zu weinen. Seigi war wirklich der Einzige, der es immer wieder – sogar durch seine Abwesenheit – fertig brachte, so gewaltige Gefühlsreaktionen in Safiya zu wecken. Eigentlich war sie zu Zurückhaltung und Formgefühl erzogen worden. Nicht einmal bei dem Tode ihres Verlobten hatte sie zugelassen, dass die Gefühle Herr über sie wurden. Selbstverständlich war sie damals trotz aller Zurückhaltung am Boden zerstört gewesen, aber sie hatte Seigi an ihrer Seite gehabt. Er hatte sie getröstet und sie immer aufzuheitern gewusst; wenn Seigi wegen eines Kampfes nicht anwesend war, war es Aurora, die dafür Sorge trug, dass es Safiya gut ging. Seigi ahnte ja nicht, wie unruhig sie war, wenn er auf dem Schlachtfeld war. „Ich glaube nicht, dass du dir solche Sorgen um ihn zu machen brauchst, Safi-chan. Vergiss nicht, dass er der beste Krieger seit Jahrhunderten ist! Er wird beleidigt sein, wenn er hört, dass du ihn so unterschätzt! Außerdem… denke ich, dass wir es schon längst mitbekommen hätten, wenn Seigi tot wäre.“ Aurora legte ihre Hände auf die Schultern Safiyas und schob sie sanft von sich weg, damit die beiden jungen Frauen sich ansehen konnten.   „Also hör auf zu weinen! Das tut nicht nur dir nicht gut, sondern auch deinem Kind nicht!“ Die Hikari wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und versuchte zu lächeln, woraufhin Aurora sie freudig angrinste. Sie legte ihre Hand auf den Kopf ihrer Freundin und versprach: „Ich werde ein paar Wächter zusammentrommeln und dann gehen wir ihn suchen.“ Safiya nickte und fand schnell zu ihrem eigentlichen Ich zurück: „Das ist eine gute Idee. Seigi macht uns wirklich nichts als Ärger!“ „Was soll das denn heißen?! Ich „mache euch nichts als Ärger“? Wer macht denn hier die Drecksarbeit? Ja wohl ich!“ Beide jungen Frauen wirbelten herum und erblickten Seigi, der sich an den Türrahmen gelehnt hatte. Er sah ziemlich mitgenommen aus, seine Kleidung war zerrissen und mit getrocknetem Blut befleckt – und anders als Safiya bemerkte Aurora auch sofort den in Schiene gelegten rechten Arm. Safiya war dafür aber in diesem Moment blind; nun hatte ein anderes, gewaltiges Gefühl die Oberhand ergriffen; die Wut – und als sie auf ihren Bruder zustürzte, sah es tatsächlich so aus, als würde sie ihn zusammenschlagen wollen: „Wo in Lights Namen bist du gewesen?!“ „Begrüßt man so seinen großen Bruder?! Ich bin verletzt! Siehst du das nicht?!“ „Das ist ja wohl deine eigene Schuld! Du hättest früher zurückkehren können, dann hätte ich dich geheilt!“ „Das könntest du aber jetzt gerne nachholen, Schwesterherz!“ „Tze! Ich glaube, ich lasse dich noch ein wenig schmoren…“  Aurora schüttelte ratlos den Kopf, während die beiden Geschwister sich in einem ausgiebigen Geplänkel vertieften: die beiden waren wirklich nicht gerade ehrlich mit ihren Gefühlen… Besonders Safiya nicht.     Elisabeths Mutter war unter anderem als Hebamme tätig gewesen; etwas, wofür sie nicht nur Erkenntlichkeit erhalten hatte. Viele waren ihrer Tätigkeit gegenüber skeptisch gewesen; mehr als skeptisch sogar. Feindlichkeit hatte Elisabeth schon sehr früh erfahren und ebenfalls sehr früh Bekanntschaft mit jenem Wort gemacht, das in naher, sehr naher Verbindung mit Feuer und Tod stand. Ihre Mutter war diesem Schicksal entgangen; nicht der Gnade der Dorfbewohner wegen, sondern weil sie vorher erkrankt und schnell gestorben war. Bis zu ihrem letzten Atemzug hatte sie Elisabeth gewarnt; sie solle vorsichtig sein, die Skepsis, die man ihrer Mutter entgegengebracht hatte, würde sich auf Elisabeth übertragen… sie müsse eine Arbeit finden, am besten einen Mann heiraten… aber es war alles anders gekommen. Sie hatte sich stattdessen zurückgezogen, war in der Hütte geblieben, hatte genauso viel Angst vor den Dorfbewohnern gehabt wie sie vor ihr, war aber bis jetzt nie in die Nähe des unheilschwangeren Dorfzentrums gekommen – nur von Weitem hatte sie ab und zu Rauchsäulen gesehen. Elisabeth hatte sie gemieden und umgekehrt hatten die Dorfbewohner sie gemieden. Aber etwas war geschehen – und noch bevor die Tür gewaltsam geöffnet wurde, wusste Elisabeth, was es war; jemand hatte das sehr magische Spektakel gestern Abend gesehen. Sie wusste ja selbst nicht wirklich, was das gewesen war. Auch sie hatte Erzählungen von einem sogenannten „Hexensabbat“ gehört, wo sich der Teufel selbst mit den unchristlichen Frauen traf und ein dämonisches Fest veranstaltete. Dass das, was gestern Abend geschehen war, alles andere als ein Fest gewesen war, war ihr bewusst, aber dass es unmenschlich und unchristlich war, ebenfalls…   Das kleine Mädchen wurde grob zu Boden geworfen, der Krug stürzte auf den Boden und zerbrach neben ihrem Kopf in Scherben; sie wurde an den Haaren gepackt, ihr verzweifeltes, hoffnungsloses Flehen wurde überhört – und dann hörte sie schon das Wort; das eine verwünschte Wort, das einem Todesurteil glich: Hexe.      Erst ein paar Stunden später, nachdem Seigi geheilt, gewaschen, gesättigt und neu eingekleidet war, kamen die beiden Geschwister dazu, in Ruhe ein normales Gespräch miteinander zu führen: beide hatten sich nach dem gemeinsamen Abendbrot mit ihren Wächtern in seinem Zimmer eingefunden. Safiya saß am Ende seines Bettes und war dabei, ihre langen, silbernen Haare zu flechten, während Seigi auf dem Bett lag und gemütlich Däumchen drehte. Langsam hielt Safiya die Neugierde allerdings nicht mehr aus und fragte ihn nun direkt, wo er gewesen war und wer ihn verarztet hatte – dass er das nicht selbst getan hatte war ihr genauso bewusst geworden wie Aurora, denn Seigi war nicht gerade ein Experte in Erste Hilfe, was es noch verwunderlicher machte, warum er nicht sofort zu ihr zurückgekehrt war, um sich heilen zu lassen. Seigi antwortete nicht, aber seine Schwester bemerkte, wie sich seine Stirn runzelte; statt ihr allerdings eine Antwort zu geben, stellte er eine Gegenfrage:    „Sag mal, Safi…“, begann Seigi und schwang sich schon aus seinem Himmelbett, um auf einen goldenen Globus zuzugehen. Verwundert unterbrach Safiya ihre Haararbeit und sah zu, wie er den Globus nachdenklich mit den Fingern nachfuhr, bis sein Zeigefinger auf einem Land stehen blieb. Safiya sah ihn mit hochgezogenen Brauen an. „Das ist England. Was willst du mir damit sagen?“ „Das war doch da, wo ich gestern hingeschickt wurde, um die Dämonen auszuschalten, oder?“ „Ein wenig weiter nördlich, nahe der Grenze zu Schottland. Aber ich wiederhole mich: wieso willst du das wissen?“  „Welche Sprache spricht man da?“ „Seigi… englisch? Neuerdings jedenfalls; aber ich denke du hast wenig Interesse wie die Sprachentwicklung eines Menschenlandes…“ „Kannst du… englisch?“ „Warum wechselst du das Thema?“ „Kannst du es?“ „Ja, und du würdest die Sprache auch können, wenn du nicht so faul wärst…“ Seigi drehte sich zu ihr um und sagte langsam: „Bring sie mir bei.“ Diese Antwort brachte Safiya nun völlig aus dem Konzept: „Hä? … Was?! Du willst was lernen?! Der faulste Hikari seit neun Generationen, der seinen Schulabschluss nur mit Ach und Krach bestanden hat, will etwas lernen?! Und dann auch noch eine Menschensprache?!“ „Schrei doch nicht so! Und es waren acht! Nicht neun!“, korrigierte Seigi sie, sich daraufhin wieder zu ihr aufs Bett setzend, was Safiya nutzte, um sich zu ihm herüberzulehnen und ihn aus dieser Position heraus skeptisch anzustieren: „Was bewegt dich zu diesem plötzlichen Sinneswandel?“ „Ich will mich einfach verständigen können.“ „Du? Dich mit Menschen verständigen? Seit wann hegst du daran Interesse? Menschenkunde war eines deiner schlechtesten Fächer – und das obwohl unser Vater ein Mensch war.“ Seigi war vom Charakter her nicht der Typ, der sich über Dinge aufregte, an denen er nichts ändern konnte; dennoch sprach er nicht gerne über deren menschlichen Vater. Nicht, weil er es wie andere Wächter als einen sehr eigenartigen Zufall oder gar eine Schande ansah, dass seine Mutter sich in einen Menschen verliebt und mit ihm nicht nur eins, sondern gleich zwei Kinder gezeugt hatte, sondern weil er seinen Vater für seine eigentümliche Augenfarbe verantwortlich machte. Alle Hikari hatten eigentlich weiße Augen, doch wenn ein Wächter und ein Mensch in Liebe zusammenfanden, dann konnte es geschehen, dass selbst die festgeschriebensten Normen gebrochen wurden. Seigi selbst interessierte seine Augenfarbe nicht, aber er wusste, dass es andere interessierte – ganz vorneheran seine verstorbene, im Jenseits weilende Verwandtschaft, die seine Augenfarbe nur als ein weiteres Indiz dafür betrachtete, dass Seigi… anders war.  „Menschen sind dir doch immer egal gewesen?“, fuhr Safiya behutsamer fort, denn sie spürte irgendwie, dass Seigi das Thema nicht mochte. „…Bist du etwa bei einem Menschen untergekommen? Hat dich ein Mensch verarztet? Willst du deswegen… eine Menschensprache lernen?“ Sich plötzlich der Tragweite ihrer Fragen bewusst werdend, purzelte Safiya bereits die nächste Frage heraus, die mehr eine Erkenntnis war: „Es ist eine Frau, nicht wahr?“ Seigi blieb es leider nicht unbemerkt und auch Safiya nicht, weshalb sie sich beeilte, sich aufzurichten und irgendeine Entschuldigung zu finden, irgendeine Ausrede, um das Zimmer ihres Bruders so schnell wie möglich zu verlassen: Ihre Stimme, als sie diese letzte Frage gestellt hatte, war von Traurigkeit erfüllt gewesen.      Das Thema „Frau“ war in Seigis Leben nie relevant gewesen. Die Hikari hatten zwar schon oft versucht, ihn zu verkuppeln, und Seigi hatte sich auch immer ohne Proteste damit abgefunden, aber bis jetzt hatte er jede Frau vergrault – nicht weil er es aktiv darauf anlegte, sondern weil er einfach er selbst gewesen war. Das Wächtertum schätzte ihn zwar als großartigen Schwertkämpfer, aber als Hikari, als Mitwächter, zeigten sie sich ihm gegenüber zwar höflich, aber nahmen lieber einen großen Bogen um ihn, wenn es möglich war. Safiya war ihre Hikari. Das Gerücht, dass es nun eine andere Frau außer Safiya in Seigis Leben geben sollte, dass dieser blutrünstige Hikari sich tatsächlich verliebt haben sollte, kam schneller in Umlauf als jede Kriegserklärung. Safiya hatte ihre Befürchtungen Aurora erzählt und dieses Gespräch hatte wiederum ein Tempelwächter gehört und sofort das getan, worin die Tempelwächter sehr geübt waren; es in Umlauf gebracht. Aurora verfluchte sich selbst dafür, dass sie so unachtsam gewesen waren und bei geöffneter Tür gesprochen hatten; Safiya versuchte, das Thema zu verdrängen, während Seigi sich ganz auf seine Englischstudien konzentrierte – was es Safiya wiederum schwer machte, das Thema zu verdrängen. Denn dass Seigi sich so auf etwas anderes als das Kämpfen stürzte, war genauso unglaublich wie es eindeutig war. Da war etwas im Busch. Etwas war geschehen. Was war das nur für eine Frau? Eine Woche später traf Safiya Seigi wieder beim Lernen an: sie kam gerade in sein Zimmer, wo sie ihn dabei erwischte, wie er gerade die Aussprache übte und musste unwillkürlich ein Lachen unterdrücken, denn seine Aussprache war mehr als katastrophal. Als Seigi ihre Anwesenheit bemerkte, unterbrach er hastig sein Lernen und drehte sich von ihr weg, denn er war rot geworden. Safiya kicherte hinter vorgehaltener Hand und ließ sich in einem Sessel nieder. „Tut mir leid, Bruder, aber du hörst dich einfach komisch an.“ „Ja ja! So lange bin ich ja noch nicht dabei – nach einer Woche wird ja wohl noch niemand perfekt sein! Gibt es was Neues aus dem Reich der Alten und Grauen?“ „“Reich der Alten und Grauen“? Also, Seigi! Etwas mehr Respekt, wenn ich bitten darf, das sind auch deine Vorfahren. Und sowieso – „alt“ und „grau“?“ „Na, in der Zeit gemessen wie lange sie schon existieren sind sie ja wohl „alt“, oder nicht?“ Das lenkte Safiya kurz von dem Bemängeln von Seigis Höflichkeit ab und ihr Gesicht zeigte sich nachdenklich – und als sie bemerkte, dass er recht hatte, musste sie kurz kichern, entdeckte aber ihr unhöfliches Vergehen sofort und räusperte sich, um zum eigentlichen Thema zurückzukehren. „Es gibt in der Tat einiges „Neues“ im Jenseits: dem Reich unserer heiligen Vorfahren.“ Sie fixierte ihn tadelnd, doch Seigi grinste bloß, sich scheinbar nicht entschuldigen wollend: „Aber vielleicht solltest du dich lieber selbst dorthin begeben? Unsere Mutter…“ „Ach, was soll ich denn da? Die diskutieren immer nur hin und zurück, hin und zurück, immer über dasselbe, immer dasselbe Geleiere…“ „Eigentlich ist es momentan sehr interessant“, unterbrach Safiya ihren Bruder, ehe er ihre Vorfahren womöglich noch weiter beleidigte: „Es sieht so aus, als würde ein Dekret erlassen werden, das uns Hikari vorübergehend verbietet, das Reich der Menschen zu betreten.“ Safiya hatte sich eigentlich abgewandt, um diese Worte zu sagen, aber ihre Neugierde brachte sie wieder dazu, Seigi anzusehen; wie reagierte er darauf? Verriet er sich? Wenn er wirklich in eine menschliche Frau verliebt war, dann… „Ha? Warum denn das?“ Aber da war keine besondere Reaktion und Seigi spielte Safiya selten etwas vor – oder hatte er einfach nicht begriffen, dass das auch bedeutete, dass er sie nicht mehr sehen konnte? Oder war es ihm einfach egal, was seine Vorfahren vorschrieben? „Wegen der Hexenverfolgung. Sie nimmt zu, Seigi. Jedenfalls in Europa und in einigen Teilen der neuen Welt… es scheint so, als würde das Dekret nicht allumfassend werden, aber es wird noch besprochen.“ „Warte mal, warte mal.“ Seigi löste sich aus seiner entspannten, eher gelangweilten Haltung und Safiya bereitete sich darauf vor, einige Stiche in ihr Herz zu erhalten – aber es kam anders: „Aber die meisten Dämonen tauchen doch momentan in Europa auf?!“ „Ja, das ist richtig. Es soll auch untersucht werden, ob ein Zusammenhang zwischen der Hexenverfolgung und dem vermehrten Auftauchen von Dämonen in Europa besteht. Es gab bereits einige bestätigte Fälle von Dämonie sowohl unter denen, die richten, als auch unter denen, die gerichtet werden…“ Seigi unterbrach sie:  „Lass sie untersuchen, was sie wollen! Was ist mit dem Ausschalten? Wie in Lights Namen soll ich denn Dämonen auslöschen, wenn ich nicht dorthin darf, wo sie sind?!“ Kurz war Safiya verwirrt und auch kurzzeitig nicht in der Lage, seine Worte einzuordnen: „Aber, Seigi, darum geht es doch gar nicht… das Auslöschen werden andere Wächter übernehmen; es sind doch nur wir, die sich von Europa…“ „Na toll! Und was bringt das meinem Rekord, dass irgendwelche zweitrangigen Wächter…“ „Also, Seigi!“ „… mir meine Dämonen wegschnappen?! Wir sind ja nicht im Krieg, also darf ich nicht mal die Dämonenwelt betreten! Ich brauche nur noch 102 Dämonen und unsere verfluchten Vorfahr-“ „Also, Seigi, jetzt reicht es!“ Safiya hatte mit dem Fuß aufgestampft, aber das war es nicht, was Seigi zum murrenden Schweigen brachte, sondern ihr alles durchbohrender Blick – der einzige, dem er sich bis jetzt immer gebeugt hatte. „Denkst du auch mal ein wenig an die Menschen?! Unschuldige Menschen, die wegen eines Irrglaubens gefoltert und verbrannt werden?! Vergiss nicht, dass du zur Hälfte auch ein Mensch bist – wäre dir dein Rekord auch wichtiger gewesen, wenn es unser Vater gewesen wäre, der Opfer dieses Schreckens geworden wäre?! Es geht hier nicht nur um deinen Rekord, sondern auch um deinen Schutz. Wie ich schon sagte; die Hexenverfolgung nimmt zu – es ist einfach für uns alle zu riskant geworden, uns unbehelligt in Europa zu bewegen! Besonders wenn es darum geht, Dämonen auszulöschen – oder achtest du besonders darauf, dass dich niemand sieht? Wir könnten nicht nur selbst in Gefahr geraten, sondern auch die Verfolgung weiter anfachen. Wir Wächter fallen unter normalen Menschen auf, besonders wir Hikari. Du weißt doch, was mit Mary passiert ist… jämmerlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt, bevor ein Wächter sie retten konnte.“ „Ja, ich weiß. Aber das war ein Unfall, ein Missgeschick, eine Verkettung ungünstiger Umstände – das könnte mir aber doch niemals geschehen, ich kann mich doch wehren-“ „Das ist nur eine Sicherheitsmaßnahme – und dein Rekord wird dir ja wohl nicht wichtiger sein als dein Leben? Man weiß nie, wer das Opfer einer „Verkettung ungünstiger Umstände“ sein könnte.“ Der Angesprochene antwortete nicht. Eine Weile schaute er verbissen in den Nachthimmel hinaus, ohne seiner Schwester zu verraten, was in ihm vorging. Gerade als sie ihn ansprechen wollte, fragte er: „Was meinst du damit „die Hexenverfolgung nimmt zu“?“ „Sie ist momentan sehr entflammt, besonders in den südlichen Teilen von Preußen, Spanien und Frankreich. Aber auch Schottland, England und die skandinavischen Länder sind betroffen… In Südpreußen haben wir wahre Massenprozesse konstatieren können. Die Zahlen der unschuldigen Opfer sind seit unserer letzten Zählung gestiegen und die Methoden, sie zu ihrem „Geständnis“ zu zwingen, sind immer brutaler geworden… Du kennst die Geschichten doch selbst, Seigi. Du hast von mir doch gehört, was bei den Prozessen im Jenseits besprochen wurde… Hizashi-sama beteuert, es seien Dämonen am Werk, weshalb er auch derjenige ist, der die Verantwortung für die Kommission tragen wird. Ich dachte mir, dass ich, sobald ich mein Kind zur Welt gebracht habe, mithelfen könnte, wegen unserem Vater… Ich denke, das bin ich ihm schuldig... Seigi? Wo willst du hin?!“ Seigi hatte genug gehört; abrupt war er nun plötzlich aufgestanden, schmiss seinen Umhang auf den Stuhl und schritt Richtung Tür. „Ich gehe ins Bad!“ Mit diesen Worten knallte er die Tür hinter sich zu und hinterließ seine Schwester mit einem großen Fragezeichen im Gesicht.      Seigi verstand gar nicht, wieso ihn dieses Thema so beschäftigte. Hexenverfolgung – das ging ihn eigentlich überhaupt nichts an! Sollten sich die Menschen doch gegenseitig umbringen, das konnte den Wächtern eigentlich egal sein, warum machte man so viel Aufstand… – dann hatten sie weniger zu beschützen und weniger Ärger, wenn sie sich gegenseitig umbrachten!   Seigi kam im Bad an, schlug wieder die Tür hinter sich zu und lehnte seinen Kopf an einen der großen Wandspiegel. Das kühle Glas des Spiegels und sein eigenes, grimmiges Gesicht beruhigten sein Gemüt ein wenig und nach einer kurzen Weile begann er, unzufrieden an seinen silbernen Haaren zu zupfen, dabei bemerkend, dass sie bald wieder zu lang waren. Safiya wollte, dass er sie sich lang wachsen ließ, aber er war dagegen; lange Haare würden ihn beim Kampf behindern. Wieder starrte er in seine eigenen minzgrünen Augen; hatte Safiya tatsächlich versucht, ihm mittels ihres menschlichen Vaters ein schlechtes Gewissen einzureden? Demjenigen, dem er diese Augen zu verdanken hatte? Was war er ihm denn schuldig? Nichts. Und nur weil er einen menschlichen Vater hatte, musste er jetzt Mitleid mit dessen Rasse haben? Er war es nicht, der eine Verfolgung gestartet hatte, oder?! Und jetzt blockierten diese dummen Menschen auch noch seinen Rekord, schrecklich, schrecklich – schrecklich nervig! Aber nein, seine Schwester wollte ihm lieber ein schlechtes Gewissen einreden. Safiyas Sinn für Gerechtigkeit war einfach… schrecklich immens und allumfassend. Dass sie ihren Bruder noch nicht aufgegeben hatte… Der Hikari seufzte und fing an, sich seiner Kleidung zu entledigen, wobei er sein Schwert achtsam samt Scheide auf einen kleinen Schemel nahe dem sich nun langsam füllenden Wasserbecken ablegte – doch bevor er es ablegte, wog er es noch ein wenig hin und her in seiner Hand, besah es sich nachdenklich; und er jetzt, wo er sein eigenes Spiegelbild in dem blanken Material seines Schwertes sah, dachte er an Elisabeth. Sie hatte auch auf seinen Augen herumgepocht; es war unmöglich gewesen nicht zu bemerken, wie sie ihm dauernd in die Augen gestarrt hatte. Was hatten sie nur alle mit seinen Augen? Seigi schüttelte den Kopf; er hatte keine Lust, darüber nachzudenken; er hatte allgemein keine Lust nachzudenken. Er wollte jetzt baden und dann darauf hoffen, dass die Dämonen in England seine Botschaft richtig verstanden hatten und gefälligst so schnell wie möglich mit Nachschub anrücken würden – noch war diese tolle neue Regelung ja noch nicht eingeführt, vielleicht schaffte er es ja, den Rekord zu brechen, bevor sie eingeführt werden würde--- Ein plötzlicher Schmerz zwang ihn in die Knie und fesselte ihn an den Boden – seine Brust, es war seine Brust, die von einem heftigen Schmerz erschüttert wurde und die seinen Atem dazu brachte, sich übereilig zu beschleunigen. „…W-Was in Lights Namen…?!“ Sein wirrer Blick fiel auf seine am Boden festgekrallten Hände und für einen Moment kam es ihn so vor, als wären seine Hände --- blutüberströmt. Aber das… wie war das möglich? Und so viel Blut… wie Wasser, das zwischen seinen Händen auf den Boden floss und sich auf den Fliesen ergoss. Verwirrende, verworrene Bilder eines Kampfes tauchten vor seinen Augen auf, vereinten sich mit dem Schmerz und dem Blut und dann ---- verschwand das alles. Das Blut, die Bilder, der Schmerz. Nur sein beschleunigter Atem blieb übrig.    Dennoch blieb er ein paar Sekunden auf den Knien und starrte seine Hände fassungslos an, die wieder normal und ohne Blut waren. Auch auf dem Boden war kein einziger roter Punkt zu sehen. Wurde er langsam wahnsinnig? Kämpfte er zu viel? Und wieso beunruhigte ihn dieser Anblick so sehr? Warum war sein Herz so sehr in Aufruhr? Er hatte oft, sehr oft, blutüberströmte Hände gehabt. Dieser Anblick erschreckte ihn schon lange nicht mehr. Warum diesmal?     Seigi war nicht der Einzige, der beunruhigt war. Auch Aurora hatte etwas Beunruhigendes festgestellt. Sie hatte in ihrem Arbeitszimmer gesessen, gerade noch einmal das Sicherheitssystem gewartet und sich von den Computerbildschirmen abgewandt, als ein schriller Piepton sie von ihrem Kaffee abhielt. Hastig stellte sie die Tasse auf einem ihrer Schreibtische ab und lief zum Bildschirm. Doch noch bevor ihre Hände auf die Tastatur niedersausen konnten, war der Piepton verschwunden und der Computer zeigte nur noch den Standard-Bildschirm an. „Was in Lights Namen…“ „Was in Lights Namen ist hier los?!“ Der momentane Elementarwächter der Erde, ein brauner Wuschelkopf namens Tiadrik, kam keuchend in ihr Arbeitszimmer gestürmt: er hatte seine Waffe schon kampfbereit in der Hand. „Tiadrik… Ich weiß-“ Doch weiter kam sie nicht, denn auch Safiya kam, begleitet von ihrer Tempelwächterin, ins Zimmer gerannt. „Aurora-san! In Lights Namen-“ „Lasst den armen Light doch aus dem Spiel! Der kann auch nichts dafür…“, rief Aurora leicht genervt und erntete sich von Safiya einen fragenden Blick, die weder die momentane Situation verstand noch die Reaktion ihrer Freundin. Tiadrik stemmte die Hände in die Hüfte und sagte: „Ich bitte um Erklärung! Ich scheine hier nicht der Einzige zu sein, der einen Dämon gespürt hat!“ Er drehte sich zu Safiya um und fügte hinzu: „Liege ich mit meiner Annahme richtig, Hikari-Safiya-sama?“ Die Angesprochene nickte. „Mein Sicherheitssystem hat ebenfalls einen Dämon geortet. Allerdings ist er schon wieder verschwunden“, erwiderte Aurora nachdenklich zu ihren Bildschirmen blickend. „Feigling!“, kommentierte Tiadrik in einem beleidigten Tonfall, denn seitdem Seigi mit seinem Rekord angefangen hatte, war Tiadrik, genau wie die anderen Elementarwächter, nicht oft dazu gekommen, seine Waffe in Gebrauch zu nehmen und das löste in ihm nicht gerade Gefallen aus – denn Seigi war nicht einzige, der gerne kämpfte. „Was ist mit Seigi? Vielleicht war er es ja, der den Dämon besiegt hat…“ Ohne auf eine Antwort zu warten, lief Safiya los. Die drei verbliebenen Wächter sahen sich kurz an und Tiadrik fragte: „War Hikari-Seigi-sama nicht gerade im Bad?“ Die Tempelwächterin nickte, was überflüssig war, denn ein schriller Schrei von Safiya war mehr als Antwort genug und kaum eine Minute später lief Safiya mit hochrotem Kopf an ihnen vorbei in Richtung ihres Zimmers. „Ich sehe eine schwere Nacht vor mir…“, seufzte die Tempelwächterin, denn das würde einiges an Beruhigungsarbeit kosten. „Soll sich mal nicht so anstellen, die werte Hikari-Safiya-sama. Die beiden Geschwister haben doch früher immer zusammen gebadet – und als ob sie nicht darauf vorbereitet gewesen wäre, ihn entkleidet zu sehen, wenn sie ins Badezimmer stürzt.“ „Ja, Tiadrik, das mag sein, aber das gemeinsame Baden liegt mittlerweile fünf Jahre zurück. Hikari-Seigi-sama ist jetzt immerhin 19…“, erklärte Aurora und wollte fast schon sagen, dass Safiya sich damals ihren Gefühlen für Seigi auch noch nicht bewusst war und dass man es daher kaum miteinander vergleichen konnte… Seigi machte sich darüber keinen Kopf. Über Safiyas Schreianfall hatte er nur gegrinst: ihm war es egal, ob sie ihn nackt sah, denn er sah es genauso wie Tiadrik. Außerdem schwirrten in seinem Kopf ganz andere Gedanken herum. Seufzend legte Seigi seine Oberarme auf den Beckenrand und legte seinen Kopf auf diese.  Das mit dem Blut ließ ihn nicht los; was war das nur gewesen? Ein Schwächeanfall? Unsinn, sein Immunsystem war ausgezeichnet. Noch nie war er krank gewesen, geschweige denn einen Schwächeanfall gehabt und er hatte auch keinerlei Verletzungen. Ob er sich an diesem einen Tag, den er auf der Erde verbracht hatte, eine Krankheit eingefangen hatte? Aber das hätte Aurora doch bemerkt… Seitdem er wieder im Tempel war, hatte er schon wieder einige Gesundheitstests hinter sich gebracht und alles war wie immer in bester Ordnung mit ihm. Alles im grünen Bereich. Vielleicht machte er sich einfach zu viele Gedanken… „Oder es liegt an Ellys widerlichem Essen“, sagte er mit einem Grinsen, doch das Grinsen verdunkelte sich schnell, als Seigi klar wurde, dass er schon wieder gegen seinen eigenen Willen an dieses Menschenmädchen gedacht hatte. Was war eigentlich los? Warum ging ihm Elisabeth nicht aus dem Kopf? Wahrscheinlich war sie auch der Grund, weshalb die ganze Sache mit der Hexenverfolgung ihm keine Ruhe gab. Es war schon so lange ein Thema für die Hikari gewesen, aber Seigi hatte es nie interessiert… er hatte es am Rande mitbekommen, ja, das war ja auch nicht zu vermeiden, so oft wie die Wächter und die Hikari darüber diskutierten. Einige wollten sich einmischen; dem ganzen ein Ende setzen, andere meinten, es wäre nicht die Aufgabe der Wächter, die Menschen vor ihrer eigenen Dummheit zu schützen; sie schützten sie vor Dämonen, alles andere lag außerhalb ihres Aufgabengebietes. Seigi nahm eine der Glaskaraffen, schüttete deren Inhalt auf seiner Hand aus und rieb ihn sich beiläufig in seine silbernen Haare. Normalerweise war er sogar zu faul, um seine eigenen Haare zu waschen, weshalb er das oft seine Tempelwächterin machen ließ, aber nicht heute – auf die Gesellschaft seiner Dienerin konnte er verzichten. Nachdem er sich seine Haare gewaschen hatte, lehnte er sich wieder an den Beckenrand und genoss einen Augenblick lang die warmen Dämpfe des Wassers – bis seine Gedanken ihn wieder ärgerten: …Die Zahl der unschuldigen Opfer steigt… Seigi schlug die Augen wieder auf und musste ein Fluchen unterdrücken, denn unwillkürlich musste er sich mit der Frage konfrontieren, ob Menschen gesehen hatten, wie er die Dämonen bekämpft hatte – tatsächlich hatte er wie immer nicht darauf geachtet, ob ihn jemand dabei beobachtet hatte. Ob es in Elisabeths Gegend auch Hexenverfolgungen gegeben hatte? …Die Methoden, sie zu ihrem „Geständnis“ zu zwingen, werden brutaler… Seigi wusste sehr wohl, was das für „Methoden“ waren. Folterung der abscheulichsten, kreativsten Art; sie wollten den Dämonen wohl Konkurrenz machen. Die Wächter hatten schon Abhandlungen darüber geschrieben; Seigi hatte diese nie gelesen, aber auch er wusste von den Methoden, die die Menschen anwandten, um Hexen zu einem sogenannten „Geständnis“ zu zwingen, damit sie noch weiter gefoltert werden konnten, um dann letztendlich im Feuer zu enden. Wenn irgendjemand Seigis Kampf gesehen hatte, dann war Elisabeth in Gefahr, in genau diese Teufelsspirale zu fallen und in ihr zu verbrennen. Diese Monster würden auch vor diesem zerbrechlichen Mädchen keine Scheu zeigen. Seigi wurde bei diesen Gedanken schlecht und ein glühender Hass gegen die Menschheit breitete sich in ihm aus wie Gift. Wie vom Blitz getroffen stand er auf, stürzte aus dem Becken und zog sich schnellstmöglich an. Ohne die Fliesen hinter sich zu trocknen oder das Wasser rauszulassen und mit dem Schwert in seiner rechten Hand verließ er das Bad und lief zu der Kammer seiner Tempelwächterin. Er schlug die Tür auf und ohne ein Wort der Entschuldigung keifte er: „Besorg mir einen Mantel! Und wehe, du lässt dir Zeit!“    Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)