Zimt von Hyoura ================================================================================ Kapitel 2: Wüstensand --------------------- Der scharfe Wind wirbelte Staub auf, der in Gammas Nase flog und ihn kitzelte. Mit eiserner Willenskraft hielt er sich davon ab nicht zu niesen. Sie waren irgendwo mitten in der weiten Prärie, gut 5 Kilometer von dem kleinen Örtchen entfernt, dessen Salon nun sicherlich dringend eine Renovierung nötig hatte. Sie standen so dicht beieinander, dass Gamma praktisch die Wärme Smiths spüren konnte, aber vor allem hatte er die ganze Zeit diesen verdammten Zimtgeruch in der Nase, von dem ihm langsam übel wurde. Außerdem wurde langsam sein Arm mit dem Messer, das er an Smiths Kehle hielt, lahm. Der Lichtschimmer in dieser Situation war, dass vielleicht auch irgendwann Smiths Arm lahm wurde, der die Pistole gegen seine Schläfe drückte. Ursprünglich war Gamma sehr gegen diese ganze Chose gewesen. Smith hatte ihm eine Partnerschaft vorgeschlagen, wollte die näheren Umstände aber nur abseits anderer Menschen besprechen. Das Ganze war eigentlich der Bilderbuchspruch von einer Falle gewesen, bis auf die Tatsache, dass Smith ihm keinen Lutscher angeboten hatte. Drauf und dran, dieses vollkommen verrückte Angebot höflich und mit einer kleinen Aufmerksamkeit in Form eines Schlages mit seinem Schwert auszuschlagen hatte er bereits den Mund geöffnet, als Smith ganz nebenbei die Tatsache daherplapperte, dass es die Chance gäbe, an einen Totenring zu gelangen. Gamma, dessen Mutter ihm nie gesagt hatte, dass man sich von keinen fremden Leuten mitnehmen lassen sollten, auch wenn sie einem Süßigkeiten anboten, hatte jegliche vernünftige Bedenken in den Wind geschlagen, sich gesagt, dass ein Leben ohne Risiko langweilig wäre und zusammen mit Smith den Ort verlassen, stets darauf bedacht, ihm nicht den Rücken zu zuwenden. Als sie schließlich halt gemacht hatten, war er seinem ersten Gedanken gefolgt, nämlich dass es im Falle einer Falle nicht schlecht sein würde, eine Geisel zu haben. Also hatte er eines seiner versteckten Messer gezückt und sie Smith an den Hals gehalten. Blöderweise war besagter Mann anscheinend nicht so blöd, wie sein blödes Grinsen zu vermuten ließ und hatte ihm seine Pistole an die Schläfe gepresst. Langsam wurde Gamma das ganze echt zu blöd. „Also“, sagte Smith schließlich. „Ich habe dir einen Deal vorzuschlagen.“ ‚Sag bloß!’, dachte Gamma, behielt weitere Kommentare aber für sich. „Für diesen Vorschlag wäre es überaus praktisch, wenn du das Messer von meiner Kehle nehmen würdest.“ Gamma zog überaus skeptisch eine Augenbraue empor, konnte aber nicht umhin als zu merken, dass die Argumentation Smiths eine gewisse Logik hatte. „Wenn du die Pistole wegnimmst.“ „Okay.“ „Okay.“ „Dann… auf drei – Eins… Zwei… Drei!“ Keiner der beiden machte auch nur Anstalten, die Waffe wegzustecken. „Wirklich, das verletzt mich jetzt zutiefst.“ Smith zog eine beleidigte Schnute. Bevor Gamma anfangen konnte, Smith zu erklären, wieso ihm seine beleidigten Gefühle noch egaler als wirklich scheißegal waren, unter Zuhilfenahme eines Vokabulars, das sich gewaschen hatte, war Smith verschwunden. Zum nicht ersten Male an diesem Tag hatte Gamma ein starkes Déjà-vu-Gefühl. Panisch blickte er sich um nur um festzustellen, dass Smith sich keine zehn Meter von ihm auf einen Stein gesetzt hatte, die Pistole irgendwo in seinem Jackett verstaute und ihn nun leicht erwartungsvoll ansah. Gamma, der realisierte, wie bescheuert es aussehen musste, wie er dort mit dem Messer in der Hand die Luft bedrohte senkte den – mittlerweile schmerzenden – Arm. Seinen besten ‚Ich bin angepisst, ärger mich weiter und du stirbst’-Blick aufsetzend verschränkte er die Arme vor der Brust. Zugegebenermaßen, was Smith tat, war nicht unvernünftig. Allerdings hatte Gamma Kopfweh, der Ring war ihm durch die Lappen gegangen und der aufdringliche Zimtgeruch wollte einfach nicht aus seiner Nase verschwinden. Ruhe und Geduld gehörten wirklich nicht zu seinen Stärken. Gamma atmete tief durch, zum einen, um sich zu beruhigen, und zum anderen, um den Zimtgeruch loszuwerden – ohne Erfolg. „Also, der Deal.“ „Also, der Deal“, sagte Smith und strich die leicht zerfledderte Karte glatt. „Wir befinden uns… hier.“ Er deutete mit dem Finger auf einen Fleck im Nichts, unweit von etwas, das wohl aussehen sollte, wie eine Ansammlung von Häusern und den Namen „Mitheton“ trug; das Kaff, aus dem sie gekommen waren. „Und wir müssen… dorthin.“ Smith deutet auf einen weiteren Fleck im Nichts, der ein erhebliches Stück im Westen vom ersten Fleck lag. „Und was genau ist dort?“ „Das Hauptquartier der Equiros. Eine der blutrünstigsten, einflussreichsten Banditenbanden im-„ „Ich weiß, wer die sind!“ „Die Basis liegt also gerade mal fünf Kilometer von uns entfernt. Und sieht ungefähr so aus...“ Mit dem Zeigefinger begann er, Umrisse eines Gebäudes in den Wüstensand zu zeichnen. Herauskam eine Art U-förmiger Komplex mit zwei auseinanderliegenden Strichen an der unteren Seite im Innern des Us. „Was ist das da?“, fragte Gamma und deutete auf einen der beiden Striche. „Der Eingang?“ Smith blickte ihn an, als ob er gerade eben behauptet hätte, Schweine könnten fliegen. „Weitere Fragen?“ Als Gamma schwieg, stand Smith aus seiner Hockestellung auf und wischte sich den Staub aus der Kleidung. „Dann können wir ja los.“ „Ist das alles an Informationen, was du hast?!“ Smith guckte ihn an. „Also, ich finde, dass ist schon echt viel!“ „Alles was du weißt ist, wo das Ding liegt und das es aussieht wie ein U! Zu mehr reicht's nicht?“ „Ich hab dort die Eingänge eingezeichnet, ja?“ Gamma schnaubte nur. „Keine Sorge, alles andere sehen wir schon vor Ort.“ Smith grinste ihn auf diese ihm eigene merkwürdige Art an. „Oder hast du noch nie etwas von improvisieren gehört?“ Wenn Gamma so nachdachte, fiel ihm auf, dass er eigentlich bei solchen Angelegenheiten nie etwas anderes tat als improvisieren. Aber das würde er Smith garantiert nicht auf die Nase binden. Das Hauptquartier der Equiros hatte genau wie Smith es gesagt hatte, einen U-förmigen Grundriss. Um das Gebiet war ein Zaun mit Stacheldraht gezogen und vereinzelt sah man bewaffnete Wachen herumstehen. Ansonsten handelte es sich einfach nur um einen hässlichen Betonklotz, der so aussah, als hätte irgendein Riese ihn dort willkürlich hingeschmissen und vergessen, ihn zu vergraben oder sonst vor der Welt zu verstecken. Sie hatten sich hinter einer mannshohen Felsformation versteckt, bei der der scharfe Wind es noch nicht geschafft hatte, es dem Erdboden gleichzumachen. Dafür schaffte der Wind es, Gamma Sand in Augen, Nase, Ohren und jegliche Spaltöffnung seiner Klamotten zu pusten. „Um da reinzukommen, müssen wir zeitgleich diese beiden Schlüssel hier an zwei unterschiedlichen Türen umdrehen.“ Smith ließ einen Schlüssel vor seiner Nase baumeln. „Danach-“ „Moment mal, Schlüssel?“ „Damit schließt man Sachen auf, falls du das mei-“ „Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass du das vielleicht etwas früher hättest erwähnen können?“ Smith überlegte kurz. „Nö“, erwiderte er und grinste breit. Gamma stand kurz davor, seinen Kopf gegen einen der Steine zu hauen. „Deshalb brauchtest du also einen Partner?“ „Ganz genau!“ „Okay, okay, ich verstehe...“ Gamma fuhr sich geschafft durch die weißen Haare. „Und was dann weiter?“ „Improvisieren natürlich!“ Gamma hieb seinen Kopf gegen den Stein. 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