Elementary Angels von abgemeldet (Trilogie - Staffel 3) ================================================================================ Kapitel 1: 24 Jahre Glück ------------------------- Kapitel 1 ~ 24 Jahre Glück Die Sonne am Himmel der Assistants ging mit Luzifers Ende auf und brachte viele Jahre ihr Glück mit sich. Neue Leben erblickten dieses Licht und so kam es, dass diese neue Generation niemals kämpfen musste. ~ Juline Coldfire ~ 20 Jahre... So lange lebte ich in diesem Reich schon und kannte nichts Anderes als diese triste und öde Gegend. In meiner Kindheit erzählte mir meine Ma oft Geschichten von ihrer Zeit auf der Erde. Sie erzählte über ihre Familie und ihre Freunde. Über den Kampf gegen meinen Vater und wie sie schließlich mit ihm in das Reich der Dunkelheit und Elemente zog. Meine Ma, Feye Coldfire und mein Vater, Luzifer, schienen auch nach diesen vielen Jahren glücklich – wie schön für sie. Ich fühlte mich unerfüllt, eingesperrt. Ich wollte mehr sehen, mehr erleben. Ich wollte neue Freunde finden, einen Liebhaber haben. Ich wusste, dass es bei Frauen in meinem Alter üblich war, Sexualität zu erforschen. Ich wusste auch, dass die Menschen unter einem strahlend blauen Himmel lebten und grüne Wiesen vom sanften Wind gestreichelt wurden. Hier gab es keine Wiesen. Ich hatte weder den Himmel, noch die Wiesen gesehen. Zumindest nicht persönlich. In unserer Bibliothek gab es viele Bücher und ich hatte sie bereits alle gelesen. Ich sehnte mich nach Realität... Und deswegen, stand ich hier und heute vor dem Weltentor und trat mit voller Wucht dagegen: „JETZT LASS MICH ENDLICH DURCH DU VERDAMMTES SCHEIß BESCHISSENES DRECKSTOR!!! AHHHRRR!!“ Meine Kehle brannte von dem Geschrei, das ich seit Stunden von mir gab und auch mein Fuß fühlte sich an, als wären mir einige Steine darauf gefallen. Meine Fäuste glühten rötlich, so oft hatte ich dagegen gehauen, doch das Tor blieb geschlossen. Wir konnten nicht raus und keiner konnte rein. Noch ein letztes mal schlug ich dagegen und sank auf die Knie. Es war zwecklos. „Juline, warum versuchst du es immer wieder?“, fragte meine beste Freundin Aris mit ihrer sanften und besorgten Stimme. Aris war die Tochter von Kite und Reeza, die ebenfalls hier lebten. Sie war nur etwas älter als ich und im Grunde konnte ich sie eigentlich als meine Nichte bezeichnen, denn Reeza war immerhin meine Schwester. Seufzend stand ich auf. „Ich will hier nicht mehr leben. Es macht mich wahnsinnig! Jeden verdammten Tag die selben Gesichter sehen, die selben Wände und Türen... Ich kenne fast jedes Staubkorn hier auswendig!!!“ „Es gibt hier keine Staubkörner, unsere Mütter putzen den ganzen Tag um sich nicht zu langweilen.“ „Pff, und unsere Väter? Schlagen sich die Köpfe ein.“ Ich grinste bei der Vorstellung wie sie sich grün und blau schlugen. Kite hatte natürlich keine Chance gegen meinen Dad, egal wie sehr er sich bemühte dagegen anzukommen. Ich war stolz darauf, solch einen mächtigen Engel als meinen Vater bezeichnen zu können, obwohl er ja im Grunde kein Engel mehr war. Was war ich? Ich war kein Engel, doch ich konnte schwarze Flügel beschwören. Ich war wohl eine Mischung aus Dämon und Engel. Meine Kraft war die Dunkelheit und nichts Anderes. Aris dagegen erbte das Licht ihres Vaters. Sie wirkte wie eine strahlende Schönheit, ein Stern, der den schwarzen Himmel beleuchtete. Und nicht nur ihre Kräfte erbte sie von Kite. Ich sah Bilder von Lumen und musste zugeben, dass Aris fast aussah wie ihre Tante. Auch sie hatte diese warmen braunen Haare und die selben blauen Augen. Nur schwarze Haarspitzen ließen Spuren von Reeza erkennen. Ansonsten gab es nur ein einziges Merkmal, an dem man ihre Herkunft noch erkennen konnte – Aris bekam glühend rote Augen, wenn sie wütend wurde. Doch dies war nur selten der Fall. Auch meine Augen veränderten sich bei Wut. Sie wurden schwarz, genau wie die Augen meines Vaters. „Juline, lass das Tor nun in Frieden. Es kann nichts dazu. Auch Tore haben Gefühle!“ „Was du nicht sagst“, entgegnete ich trocken und verschränkte die Arme. Aris musste lachen und ich darauf hin auch. „Der Einzige, der es öffnen kann, ist mein Dad. Doch er wird von meinem Bettelblick nicht schwach.“ „Er wäre auch ein schlechter Lord der Finsternis, wenn er sich von so einem Zwerg weichkochen lassen würde. Du warst schon immer so niedlich. Er ist abgehärtet, weil es nichts neues ist.“ Wieder musste ich seufzten und ging anschließend alleine auf mein Zimmer. Es war das einzige Zimmer, neben dem von Aris, das nicht nach Trübsal und Mittelalter aussah. Mein Zimmer gestaltete ich modern in weiß und hellem rosa. Ich liebte rosa! Drei meiner vier Wände waren weiß, doch die größte Seite bekam vor einigen Jahren einen rosa Anstrich. Rosa Vorhänge verzierten mein Fenster und nahmen ihm die Leere. Und auch mein weißes Bett wurde mit einer rosa Bettdecke verdeckt. Meine Möbel waren weiß, mein Teppichboden dagegen rosa. Darauf hatte ich einen großen runden Teppich liegen. Er war weiß und flauschig. Früher, erinnerte ich mich, schlief ich lieber darauf als in meinem Bett. Meine Blicke wanderten zu meinem Spiegel. Wie kitschig ich war... Es passte nicht zu meinem finsteren Dasein und auch nicht zu meinen dunklen Kräften. Nein, ich passte nicht hierher. Die Welt der Menschen musste kunterbunt sein, ich hatte sie gesehen, auf Bildern! So hübsche Bilder. Alles strahlte mit hellen und bunten Lichtern. Ich sah die Diskotheken der riesigen Städte und wünschte mir nur ein einziges mal dort tanzen zu können. Ich sah in den Spiegel und doch sah ich vor meinen Augen die Märkte, den Trubel. Die Menschen feierten Weihnachten und dann gab es Schnee. Zumindest in einigen Ländern war es so. Ich würde auch gerne Schnee sehen. Ma sagte, dort wo meine Familie lebte, gäbe es keinen Schnee. Es war immer warm in Orlando. Doch auch die Menschen dort feierten Weihnachten und hatten sich aus Europa die Weihnachtsmärkte abgeguckt und selbst eingeführt. Ein Weihnachtsmarkt... Gebäck, Glühwein und fröhliche Musik. Mir kamen fast die Tränen. Erst dann sah ich endlich mein Spiegelbild und schritt näher zu dem Spiegel, der mir ein kleines, dünnes Mädchen mit hellbraunen Haaren und violetten Augen zeigte. Ma erzählte mir, dass wir unsere Augenfarbe von ihrer Familie väterlicherseits hatten. Sie erzählte mir auch gerne von ihrem Vater, der einst von meinem eigenen Dad ermordet wurde und dann traf sie Clyde Coldfire nocheinmal in einer anderen Zeit. Sie sagte, er sei ihr sehr wichtig gewesen und würde leider nicht mehr leben. Wenn sie von ihm erzählt, sind ihre Augen immer mit Trauer erfüllt, doch auf ihrem Mund herrscht stets ein Lächeln. Sie liebte ihn sehr... Ich erschrak als meine Zimmertüre aufging und Ma herein kam. Ich ärgerte mich schon wieder über sie, wie so oft in den letzten Wochen. Sofort stemmte ich die Hände in die Hüfte. „Kannst du nicht anklopfen!?!“ „Tut mir leid. Aris meinte, du seist in deinem Zimmer und dir würde es nicht gut gehen.“ „Mir geht es bestens! Warum sollte es mir im Knast auch schlecht gehen.“ „Och, Juline. Das ist unser Königreich und kein... Knast.“ Geschmeidig kam sie zu mir und stellte sich hinter mich vor den Spiegel. Wir sahen uns so ähnlich... Als wären wir Zwillinge. Liebevoll pflegte sie meine Haare und guckte ab und zu in den Spiegel um zufrieden festzustellen wie sehr ich ihr gefiel. „Du wirst jeden Tag hübscher, meine Tochter.“ „Aber es hat keinen Sinn. Es gibt hier weit und breit keinen Mann, den ich mit meinem Aussehen beeindrucken könnte.“ Sie seufzte. „Ja, das tut mir leid. Das mag stimmen.“ Fast flehend drehte ich mich um und ergriff ihre Hände: „Bitte, warum kann ich nicht dort hin gehen!? Nur für einen Tag! Ich mag auf die Erde zu den Menschen!!!“ „Juline, wir haben dir schon so oft erklärt, warum das nicht geht, weil...“ „... weil solche Kräfte wie unsere auf der Erde nichts zu suchen haben und es nur wieder Ärger gibt, wenn wir das Tor öffnen, jaja, ich weiß. Blablabla!“ „Du musst das respektieren! Wärst du nur dabei gewesen... Der böse Geist, den ich in mir trage, darf niemals mehr frei kommen und erstrecht nicht auf die Erde gelangen. Deswegen kann nur dein Vater das Tor öffnen.“ „Ich zermalme ihn wie eine Fliege, dann tut er was ich will!“, sagte ich hochmütig und streckte die Nase in die Luft. Ma lachte und streichelte mir kurz über die Schulter, ehe sie zur Tür zurück lief. Noch einmal drehte sie sich um. „Wir werden uns nachher alle vor der Festung versammeln und schauen, wie wir dir eventuell helfen können.“ „Lasst mich einfach gehen, das würde mir genug helfen.“ Sie ging ohne zu antworten, was bedeutete, dass sie meine Worte nicht ernst nahm. Manchmal hasste ich sie... Und Dad... Ach, einfach alle, denn sie waren alle der selben Meinung. Alle außer Aris hatten den Kampf miterlebt, doch Aris war zu nett und zu brav. Sie ließ sich diese Meinung aufdrängen und vertrat sie eisern. Es dauerte keine zehn Minuten, da wurde mir erneut langweilig und ich beschloss meinem Vater einen Besuch abzustatten. Vielleicht könnte ich diese Gelegenheit nutzen um ihn doch zu überreden. Seit Jahren nutzte ich jede Gelegenheit, vergebens. Doch ich gab nicht auf! Unsere Dämonen kümmerten sich um die Instandhaltung der Festung und um die Sauberkeit zusammen mit meiner Mutter und meiner Schwester Reeza. Weiter unten befand sich eine Art Trainingsraum, wo ich meinen Vater öfter zusammen mit Kite traf. Sie vertrieben sich die Langeweile mit Kämpfen und Training. Nach dem großen Frieden war das zwar nicht nötig, aber ein guter Zeitvertreib war es dennoch, sagte Dad immer. Schon vor dem Trainingsraum kam Kite mir entgegen. Er hatte einige Verletzungen und fluchte. „Engel dürfen nicht fluchen“, ermahnte ich ihn belustigt. Er verdrehte die Augen: „Irgendwann besiege ich diesen Kerl!“ „Nö, mein Papa ist der Stärkste und Coolste auf der ganzen ganzen weiten Welt!“, redete ich wie ein Kleinkind und lachte erneut. Diesmal kassierte ich einen Klaps auf den Hinterkopf und ging kichernd zu meinem Dad hinein. Sein kräftiger, hoch gewachsener Körper war mit Schweiß und ein paar Kratzern übersät. Angestrengt fuhr er sich mit den Fingern durch die kurzen schwarzen Haare und blickte mich mit den ebenso schwarzen Augen an. „Der Erbschleicher ist besser geworden, aber noch viel zu schwach, hahaha.“ „Du bist blöd. Lass ihn doch mal gewinnen, Paps.“ „Ich!? Einen Engel gewinnen lassen? Ich glaub es hackt. Und, lässt du deinen Zorn inzwischen an dem Weltentor aus, ja? Man hört ja einiges. Ich sollte dich zu einem Therapeuten für schwer erziehbare Kinder schicken.“ „Dad, halt die Klappe... Schick mich hin, Hauptsache ich kann dann auf die Erde.“ „Das würde dir wohl gerade recht kommen. Die Dämonen sind gute Therapeuten, versuch es mal!“ Er sah wie ich ungeduldig wurde und machte sich über mich lustig. Mir entwich ein wütendes knurren und ich hämmerte mit den Fäusten auf seine Schulter. „Kooooomm schon Paaaapiiiii!!! Mach das Tor auf!!! Büüüddee! Papaaaa!“ „Nein!“ „Aber Daddyyyy! Warum tust du deinem kleinen Mädchen nicht diesen einen Gefallen?“ Meine riesigen Kulleraugen durchdrangen ihn wie ein Messer, doch er guckte angewidert zu mir herunter und versuchte mich irgendwie abzuwimmeln. Das Gehämmere auf seinen Arm schien ihn zu nerven, jedoch auch zu amüsieren. Es zeigte alles Andere als eine positive Wirkung für mich. „Du wirst dich mit dem Leben hier begnügen müssen, meine Prinzessin.“ „Ooooh Man! Du Arsch, nenn mich nicht so, während du dich über mich lustig machst!!! Wie ich dich hasse! Dich und Ma und Reeza und den Erbschleicher und ALLES!!!“ Einen kurzen Augenblick schnappte ich nach Luft und dachte ausrasten zu müssen, doch Dad lächelte geduldig und legte seine Arme um mich, ehe er mich fest an sich zog. „Wir machen heute Nacht einen kleinen Ausflug zu den Menschen, ja? Nur du und ich. Und deine Mutter wird es nie erfahren. Wir öffnen das Tor, gehen schnell hindurch, schließen es wieder und amüsieren uns, bis es hell wird. Einverstanden? Prinzessin?“ „Meinst du das ernst?“, fragte ich ihn misstrauisch. Er küsste und tätschelte mich anschließend auf die Wange: „Ja, mein Ehrenwort.“ Glücklich sprang ich ihm in die Arme und jubelte vor Freude. Heute Nacht würde mein Traum wahr werden!!! „Warum so glücklich!?“, fragte meine Schwester, die mit gehobenen Augenbrauen zu uns kam. „Ich bin auf ihre Erpressung hereingefallen und muss ihr nun ein neues Kleid besorgen!“, stöhnte Dad gespielt. Reeza schnaufte: „Du und deine Klamotten. Pink... So widerlich.“ „Ich bin halt keine Gothic-Lolita wie du“, entgegnete ich frech und streckte ihr die Zunge entgegen während ich mich an Dad's Arm klammerte und mich innerlich weiter freute wie ein kleines Kind. Es wäre zwar nur eine Nacht, doch das würde vollkommen reichen! Zumindest erstmal, wahrscheinlich würde ich ihn danach jede Nacht dazu zwingen mit mir zu reisen. „Was gibt es, Reeza?“, fragte Dad. „Feye und Aris wollen, dass wir uns vor der Festung treffen um dort etwas zu besprechen.“ „Warum vor der Festung?“ „Weil es scheinbar das Umfeld hier betrifft.“ „Wenn's sein muss“, meckerte Dad und ich löste mich von ihm: „Ich geh mich noch schnell umziehen und komme gleich hinterher!“ „Ja, aber beeil dich!“, drängte Reeza und lief mit Dad in die andere Richtung des Korridors. Fröhlich sprang ich zu meinem Zimmer und wirbelte mit einem Freudenschrei herum. Ich ließ mich nach hinten auf mein Bett fallen und guckte an die Decke, wo sich erneut vor meinen Augen der menschliche Trubel in den bunten Lichtern der Innenstadt abspielte. Dad würde zu seinem Wort stehen, ich zweifelte nicht daran. Doch nun warteten die Anderen auf mich. Von meinem Fenster aus sah ich sie schon draußen stehen und reden. Als ich meinen Kleiderschrank öffnete, entschied ich mich sofort für mein lieblings Kleid, das wohl heute erst frisch aus der Wäsche kam um die die Dämonen sich kümmerten. Ich kannte sie nur als Putzfeen und Hausverwalter. Dass sie einst gegen meine Familie gekämpft hatten, konnte ich mir so gar nicht vorstellen. Ich zog mich an und wollte gerade gehen, als ein kühler Schauer über mich kam. Die Haare auf meinem Arm stellten sich zu Berge und mir wurde kalt. Deutlich spürte ich eine fremde finstere Aura um mich, doch ich erkannte niemanden. „Lauf, kleine Prinzessin, lauf, solange du noch kannst. Denn ich werde euch alle töten...“, hörte ich eine zischende und flüsternde Stimme sagen. „Wer ist da!?“ Immernoch erkannte ich niemanden und beschloss daher schnell zu den Anderen zu gehen um nicht mehr allein zu sein. Niemand wäre so Lebensmüde sich mit derartig vielen und mächtigen Personen anzulegen. Mein Vater, meine Mutter, Reeza, Aris und Kite würden jeden, der uns irgendetwas antun wollte, sofort zur Strecke bringen... Auf dem Korridor sah ich Kite zusammen mit einem Dämon herumstehen. Da beide mit dem Rücken zu mir standen, bekamen sie nicht mit, dass ich anwesend war. „Lord Luzifer ist ganz schön fett geworden!“, sagte der Dämon. „Es fehlt ihm ja auch an Bewegung. Aber es ist wahr! Er ist fett geworden... Und vor Intelligenz strotzt er auch nicht gerade. Wusstest du, dass Luzifer gerne Mädchenzeitschriften liest!?“ „Was!? Wirklich?“ „Ja, erzähle es schnell weiter.“ „Kite! Verbreite keine Lügen über meinen Dad“, protestierte ich und ertappte mich dennoch fast beim Kichern, weil ich es selbst lustig fand. Kite und der Dämon waren so entsetzt als ich sie ertappt hatte, dass sie einen Satz machten und fast zu Boden fielen weil sie sich gegenseitig im Weg standen. Ich hatte die Hände in die Hüfte gedrückt und wippte ungeduldig mit dem Fuß: „Ich überlege noch, ob ich ihm das erzählen sollte.“ „Nein, Lady Juline, bitte! Verschont uns! Ich werde kein Wort davon an meinesgleichen weitertragen“, bettelte der Dämon und ich ließ noch einmal Gnade walten. Kite fand keine Worte. „Gehen wir jetzt zu den Anderen? Ich frage mich, was die wollen.“ „Aris und die Anderen wollen versuchen dieses Reich mit Hilfe unserer Kräfte zu verwandeln, damit es endlich wieder schön hier aussieht.“ „Oh! Das klingt ja klasse! Dann beeilen wir uns!“ „Ich komme gleich nach.“ Von der Idee hielt ich viel. Ich sehnte mich sehr nach Natur und ihren wunderschönen Farben und Klängen. Würden sie dieses Reich in eine farbenfrohe Landschaft verwandeln und von dieser tristen Einöde befreien, hätte ich sicherlich mehr Spaß an dem Leben hier. Bevor wir damit beginnen würden, beschloss ich aber, ihnen erst von der Stimme zu erzählen, die ich gehört hatte. Noch immer lag ein kalter Schauder über meiner Haut. „Juline! Da bist du ja endlich! Fehlt ja nur noch mein fauler Kerl“, bemerkte Reeza, als sie mich sah. Es fehlten nur noch wenige Schritte zu ihnen. Und da sich alle zu mir gedreht hatten bemerkten sie nicht, dass ein fremder, schwarz gekleideter Typ förmlich vom Himmel herab glitt und direkt hinter meiner Mutter landete. Niemand bemerkte ihn und ich streckte mit panischen Blicken die Hand nach ihr aus und lief schneller. „MUM!!! HINTER DIR!!!“ In mir Zog sich alles zusammen, als der Unbekannte ausholte und sie hinterrücks erstach. Erst in diesem Moment, in dem es schon zu spät war, bemerkten auch Dad, Aris und Reeza den Fremden. Schockiert schoss Dad eine Energiewelle auf ihn, um ihn zurückzudrängen. Der Fremde wurde einige Meter weg geschleudert und Dad fing meine Mutter auf und sackte mit ihr zu Boden. „Feye!!! Was ist mit ihr!?“, fragte Aris weinend. Dad schwieg und meine Blicke wanderten über seine Schulter zu meiner Ma. Ein entsetzlicher Anblick, der mir die Übelkeit hoch trieb. Er hatte ihr Herz direkt durchstochen... Ich schlug mir die Hand vor den Mund und versuchte nach Luft zu schnappen, doch es schien, als würde sie irgendwo stocken. Das konnte doch jetzt nicht sein!? Dad, der die Augen schloss, noch einmal tief durchatmete und nur eine kleine Träne verlor, stand auf und blickte zu dem Mörder, der inzwischen wieder fast bei uns stand und grinste. Er trug einen schwarzen Umhang, dessen Kappe tief in sein Gesicht gezogen war, sodass man nur den Mund erkennen konnte. „Wer bist du!?! Was willst du hier?!“ Schützend hatte er sich vor uns gestellt. Reeza drängte ihre Tochter hinter sich. Weder Aris, noch ich waren kampferprobt. Während ich mich dazu zwang nicht hinunter zu meiner Mutter zu schauen, fragte ich mich wie der Kerl es schaffte derartig unbemerkt zu uns zu kommen. Normalerweise konnte man Energien sofort aufspüren, doch es schien, als hätte er garkeine. Der Fremde grinste erneut und zog sich die Mütze herunter. Dad schien sofort zu wissen wer er war. „Chamuel!?!“ „Wow, du erinnerst dich an mich. Ich bin entzückt...“, gab er kühl von sich und lachte. Dad biss die Zähne zusammen und ballte die Fäuste vor Wut. „Kannst du mir mal erzählen was die Scheiße soll!? Wie siehst du überhaupt aus?!“ „Na, wie ein abtrünniger Erzengel nunmal aussieht. Freust du dich, deinen alten Kumpel wiederzusehen? Wie nanntest du mich immer? Ach, Weichei, stimmt.“ „Was willst du...“, fragte Dad finster. „Vielleicht Rache oder sowas? Aber das ist schon alt... Rache... Ich habe gehört was zwischen Sacred Feye und dir passiert ist. Tragisch, wie das Leid meiner früheren Geliebten zu Ende ging. Diese Rache Nummer ist bescheuert. Ich möchte Spaß haben und euch gleichzeitig alles nehmen, was ihr mir genommen habt, hahaha!“ „Oh, Chamuel, falls du den Zwischenfall damals auf der Erde anspielst...“ „Psst! Ja, mein Lieber, ich weiß doch, dass du in Gottes Auftrag gehandelt hast. So loyal warst du... Hättest du dir jedoch genau zwei Tage eher überlegt deinem Herrn in den Arsch zu treten, wäre dieses Blut nicht vergossen worden!“ „Er hätte wen Anderes als mich geschickt um die Hinrichtung durchzuführen...“ „SCHWÄTZ NICHT!!! Ihr... Du und Gott... Ihr seid es nicht Wert noch zu leben! Die Aufgaben des Engels der Liebe, Pah! Was soll ich damit, wenn ich als „Engel der Liebe“ nicht lieben darf!?“ „Und was hast du jetzt vor?“ „Hehehe, ich töte alles was du liebst, damit du erfährst wie es sich anfühlt.“ „Ja, dann... Der erste Schlag geht an dich. Das war feige und hinterhältig, passend für ein Weichei wie dich. Den Anderen wird nichts passieren, dafür sorge ich.“ „Ach, Luzifer... Ich bewundere es wie du dich so maßlos überschätzt. Oder du unterschätzt mich. Vielleicht beides.“ „Das werden wir sehen.“ Der Hohn in seiner Stimme machte mich wütend. Chamuel... Was haben Gott und Luzifer ihm angetan? Nur mit Abscheu konnte er überhaupt die Worte „Engel der Liebe“ aussprechen. Er war kein Engel, der liebte. Und anscheinend durfte er es gar nicht... Dad und Chamuel fingen an miteinander zu kämpfen. Ich blickte mich um und sah, dass nun auch endlich Kite zu uns kam. Er starrte fassungslos auf meine Mutter, dann auf Dad und Chamuel, die anfingen miteinander zu kämpfen. Aris war starr vor Schreck. „Kannst du ihr noch irgendwie helfen?“, fragte Reeza ruhig und gedrückt, als sie sich an ihren Mann wandte. Kite war blass und untersuchte sie, doch dann senkte er den Kopf und schüttelte ihn leicht. Reeza's Augen waren glasig und wurden schwarz vor Wut. „Juline, Aris, haltet euch im Hintergrund und in Sicherheit“, befahl sie uns und sprang mit Kite zusammen in die Lüfte um Dad beizustehen. Ich legte meine Arme um meine zitternde Freundin und beobachtete die Drei Engel. Ich hatte keinen Zweifel, dass sie es schnell zu Ende bringen würden. Sie waren so stark und mächtig, er alleine hätte keine Chance. Doch je länger ich ihnen zusah, desto eher zog sich mein Magen wieder zusammen und die Hoffnung auf einen Sieg der Dreien schwand immer weiter. Er war stark – verdammt stark. Aris und ich schreckten laut schreiend auf, als Chamuel ausholte und Kite mit einer riesigen Energiewelle auf den tristen Boden dieses Reiches schlug. „PAPA!“, schrie Aris auf und riss sich von mir los um zu dem Krater zu rennen, der durch diesen Angriff entstand. Kite lag darin und bewegte sich nicht mehr. Aris weinte laut, während sie hinunter sprang. Ich folgte ihr vorsichtig und auch Reeza landete bei uns. „Mama! Er lebt doch noch! Bitte, sag dass er noch lebt!!!“, flehte Reeza's Tochter mit zugeschwollenen Augen. Reeza schluchzte bitterlich und für mich war es ein erneuter Schock. Erst meine Mutter, nun auch Kite. Chamuel brachte sie alle einfach so um. „Dieses Monster!!!“, sagte Reeza auf einmal mit schwarzen Augen, so wütend war sie. Sie breitete ihre schwarzen Flügel aus und gab noch einmal ihr Bestes. Doch obwohl Dad und Reeza ihn beide angriffen war er so schnell und wendig, dass sie ihn nicht trafen. Mit einem heftigen Schwung erwischte er meine Schwester und schleuderte sie in einem enormen Tempo weit weg, bis wir sie nicht mehr sehen konnten. Aris brach zusammen. Ich packte sie an den Schultern: „Aris, wir müssen aus diesem Krater raus, deine Eltern hätten nicht gewollt, dass du nun auch noch stirbst.“ „Na und!?! Jetzt ist doch alles egal“, schluchzte sie aus ihren Händen, die sie auf ihrem Gesicht liegen hatte, heraus. Ich hörte nicht auf sie und zerrte sie aus dem Krater. In diesem Moment erwischte er auch meinen Dad, den er zu Boden donnerte. „Wie kann es sein, dass dieser Kerl so stark ist!?“ „Ich halt das nicht mehr aus... Ich muss.... Ich mach ihn zur Schnecke!“ „Du, Aris!? Wie willst du das denn machen, hast du denn jemals gekämpft?“, fragte ich sie verwundert, doch ihre Augen glühten rot und sie ließ sich nicht davon abhalten Chamuel anzugreifen. Er machte sich über sie lustig, doch konnte sie ihn etwas ablenken. Ich nutzte die Zeit und lief zu meinem Vater, der sich schwer tat beim aufrichten. „Dad! Gehts?“ „Er ist das Schlimmste, das ich bisher gesehen habe... Wir haben keine Chance gegen ihn. Nicht im Kampf... Doch, ich weiß es, es gibt noch eine Chance.“ „Welche?“, fragte ich hoffnungsvoll. Schwankend stand Dad auf und packte mich im Nacken un schleifte mich für Chamuel unbemerkt zum Weltentor. „Such diese dummen Assistant's! Feye's Familie... Und versucht... Versucht Elohim zu finden.“ „Elohim!?“ „Ja, Elohim... Ist ein Engel... Ich weiß nicht wo er lebt, aber er ist stark genug Chamuel eventuell den Hintern zu versohlen. Pass auf dich auf... Unseren Ausflug verschieben wir...“ Schwach hob er die Hand und noch ehe ich ihn mit Fragen bombardieren konnte, leuchtete das Tor golden auf und er schubste mich durch. Ich wollte immer zu den Menschen und auf die Erde... Aber doch nicht so... Nicht mit dem Wissen, dass meine Liebsten tot waren. Aris und Dad... Hoffentlich überlebt ihr irgendwie... ~ Aris ~ Es war so schrecklich... All die Jahre war ich immer mit dem was ich hier hatte zufrieden. Ich liebte meine Eltern und meinen Großvater und meine Tante, die jünger war als ich selbst. Warum Juline unbedingt weg wollte, verstand ich nie, doch sie war schon immer ein kleiner Wildfang, den man nicht festhalten konnte. Das Leben, das ich bisher hatte, nein, das wir bisher hatten, endete an dieser Stelle. Es war mir klar, dass ich keine Chance gegen diesen Chamuel hatte, doch ich wollte nichts unversucht lassen. Mit einem kleinen Handschwung schleuderte er mich zu Luzifer herunter. Beide lagen wir schwer verletzt am Boden und ich beobachtete, wie mein Großvater mit seiner letzten Kraft das Weltentor komplett verschwinden ließ. Er ging genau wie ich davon aus, dass dies unsere letzten Atemzüge wären. Chamuel landete mit einem lauten Lachen neben uns. „Da hat das Weichei euch aber ganz schön zugesetzt. Für euch wäre es das Beste, wenn ihr jetzt sterben würdet, aber so einfach mache ich es euch natürlich nicht. Mein Ziel ist es immerhin dich leiden zu sehen, Luzifer. Ich habe viel Zeit, weißt du. Es eilt nicht und Gott kommt auch noch auf seine Kosten. Jetzt spiele ich erstmal und amüsiere mich. Riann, Fiona! Nehmt sie gefangen.“ Ich sah nur noch leicht verschwommen wie zwei Frauen neben Chamuel erschienen. Eine mit schwarzen Haaren, die Andere mit braunen Haaren. Die beiden Frauen ergriffen uns schroff und ich bemerkte nicht mehr wo sie uns hin brachten, denn ich verlor mein Bewusstsein. Meine Knochen schmerzten, als ich meine Augen wieder öffnete. Ich konnte mich nicht schmerzfrei bewegen. Wo war ich? Es sah aus wie ein Kerker, wie man ihn auch in Mittelalterlichen Burgen finden konnte. Ich war eingeschlossen in eine der sechs Zellen, die es hier gab. Hinter mir hörte ich ein schwaches Keuchen und sah Luzifer, der immernoch bewusstlos war. Mit zusammengebissenen Zähnen und Schmerzen kroch ich langsam zu ihm herüber. Er hatte einige Platzwunden, sein Gesicht war blutüberströmt. Er atmete nur flach. Wenn ich ihm nicht helfen würde, dann würde er wahrscheinlich noch heute an seinen schweren Verletzungen sterben. Mein Vater hatte mir etwas über die heilenden Kräfte des Lichtes beigebracht und so versuchte ich Luzifer zu heilen. Ich war nicht gut darin, doch die schlimmsten Wunden verheilten innerhalb kürzester Zeit. Endlich wurde er auch wieder wach. Verkrampft vor Schmerzen griff er sich an seine Rippen. Einige davon waren wohl gebrochen, doch ich war nicht stark genug sie zu heilen. Ich half ihn dabei sich aufzurichten und sank dann selbst gegen die feuchte Steinmauer. „Ich bin so dumm...“, sagte er leise. „Dafür kannst du nichts.“ „Doch. Sie hatte mich gewarnt. Lumen sagte mir... Dass Chamuel nicht mehr der Selbe sein wird. Aber ich hab ihn unterschätzt. Ich dachte, wenn er irgendwann auftauchen sollte, dann hätte er sowieso keine Chance... Nicht gegen uns alle. Und doch...“ Mitleidig legte ich meine Hand auf seine Schulter, als ihm die Tränen kamen und er nichts mehr sagen konnte. Auch mir liefen sie die Wangen herunter, als ich an meine Eltern und Feye dachte. „Feye war die einzige Frau, die ich jemals so liebte... Und Reeza, meine Tochter. Warum hab ich ihr nicht öfter das Gefühl gegeben sie auch zu lieben. Scheiße!“, fluchte er und seine Worte erstickten wieder in Tränen. „Er wird Juline nicht bekommen, sie wird Mittel und Wege finden zu entkommen und ihn vielleicht zu bekämpfen.“ „Ich weiß, dass sie stark ist, aber alleine wird sie das nicht schaffen. Ich hoffe sie schafft es irgendwie diesen Knirps zu finden.“ „Knirps?“ „Elohim.“ „Wer ist das?“ „Ein Engel. Er hat keinen besonders hohen Rang, aber ich habe natürlich immer Informationen über das Himmelsreich gesammelt. Die Kriegsmeister der Engel zerbrachen sich den Kopf über ihn, weil er solche Kräfte hat.“ „Und das, obwohl er kein Erzengel ist?“ „Ja, das ist höchst ungewöhnlich. Er ist für einen Engel noch recht jung. Niemand weiß, woher er stammt. Mehr weiß ich nicht. Aber wenn dieser Typ die Kräfte hat, von denen die Engel sprachen, dann dürfte Juline mit ihm eine Chance haben Chamuel zu stoppen.“ „Hoffen wir es. Weiß sie überhaupt wo sie suchen soll?“ „Nein, das ist das Problem.“ Ich seufzte. So würde sie ihn doch nie finden und selbst dann ist es auch nur eine Vermutung, dass dieser Engel es schaffen könnte. Auch Luzifer seufzte: „Und da gibt es noch ein Problem. Selbst wenn sie ihn findet muss sie ihn auch erst dazu bringen für sie zu kämpfen, denn er soll höchst rebellisch sein und nur seinen eigenen Willen durchziehen. Die Chance, dass wir bis dahin überleben ist noch viel geringer.“ „Er wird zumindest dich am Leben lassen bis er Juline gefunden und eventuell ausgeschaltet hat. Er will dich leiden sehen und würde seinen eigenen Plan zunichte machen, würde er dich vor ihr töten.“ Er nickte zustimmend und wurde wieder nachdenklich. Ich sah ihm deutlich an, dass er sich große Vorwürfe machte. „Chamuel hatte recht... Wenn ich Gott doch nur zwei Tage eher den Rücken gekehrt hätte. Dann wären alle noch da und bei bester Gesundheit. Das was ich ihm angetan habe, hätte nicht sein müssen. Es war meine letzte Aktion, die ich für Gott durchführte, ehe ich begann zu denken, es wäre alles Falsch und ich müsste mich gegen ihn durchsetzen.“ „Aber du hast doch auch gesagt, dass dann ein Anderer diese Aktion durchgeführt hätte. Was auch immer du überhaupt getan hast.“ „Ja, dann hätte er es auf diesen Anderen abgesehen und nicht auf uns. Und was ich ihm angetan habe, fragst du? Ich...“ Gerade als er anfangen wollte es mir zu erzählen platzte die Kerkertür auf und ein bestens gelaunter Chamuel trat uns entgegen. Er guckte uns von oben herab an und lachte uns aus. „Sag, Luzifer, wie fühlt es sich an mitanzusehen wie die Geliebten sterben? Ein schreckliches Gefühl, aber du solltest dich daran gewöhnen. Du siehst müde aus, hast du Schmerzen? Armer Luzifer. Leider wird keiner kommen und dich retten, bis ich dir und der Nutte neben dir, das Licht auspuste.“ Wieder lachte er, doch Luzifer entgegnete nichts. Er hatte aufgegeben zu widersprechen. Scheinheilig und mitleidig lächelnd beugte Chamuel sich etwas zu mir herunter. „Armes Mädchen, es tut mir so unendlich Leid, dass ich deinen Vater töten musste, obwohl er ja überhaupt nichts mit der Sache zu tun hatte. Wirklich! Er war eben auch nur ein schwacher Engel, der sich leider mit mir anlegen musste.“ Widerlich, wie er über meinen Vater sprach. Obwohl ich Schmerzen hatte, stand ich auf, stampfte zu der Gittertür und spuckte ihm ins Gesicht, was ihn sehr verärgerte. Wütend riss er die Tür auf und zerrte mich an den Haaren heraus. Luzifer konnte mir nicht helfen, zu sehr fesselten ihn die Schmerzen seiner Rippen an den Boden. Chamuel schlug mich gegen die Steinwand und schlug mir einige Male ins Gesicht, ehe er mich zurück in die Zelle schleuderte und ich auf Luzifer fiel. „Tu das noch mal und du überlebst den Tag nicht, Schlampe!“ „Bring mich doch um! Es ist mir egal! Komm schon, du feige Ratte!“ „Dein Temperament gefällt mir, du begibst dich auf dünnes Eis. Aber der Tag deines Todes wird noch früh genug kommen, erst amüsiere ich mich noch.“ Spöttisch grinsend verließ er den Kerker wieder und ließ uns zurück. Luzifer versuchte sich aufzuraffen: „Der Drecksack, hast du Schmerzen!? Geht es dir gut, Aris?“ Ich hatte eine Schürfwunde an meiner linken Wange, womit er mich gegen die Mauern geschleudert hatte und in meinem Kopf schien sich alles etwas zu drehen. Kopfschmerzen hatte ich, doch ich lebte zumindest noch. „Mach dir keine Sorgen, es geht mir gut. Besser als dir. Man muss doch hier irgendwie raus kommen!!!“ „Ich weiß nicht... Ich kann nicht aufstehen um die Gitter zu verschieben.“ „Vielleicht kann ich es versuchen, wenn ich meine Kräfte benutze.“ Entschlossen stand ich auf um mit voller Kraft die Gitter zu verschieben, oder das Schloss zu knacken. Doch ehe meine Finger die Eisenstäbe berührten, bekam ich so etwas wie einen Stromstoß und schreckte zurück. Meine Hände taten weh, sie fühlten sich an, als hätte ich mich verbrannt. „Er hat unseren Kerker mit einem Zauber versiegelt... Wir kommen hier nicht raus.“ „Na toll...“ Seufzend und resigniert setzte ich mich wieder neben Luzifer und versuchte nicht durchzudrehen. Nie wieder würde ich das Tageslicht erblicken, dachte ich mir, während ich mein Gesicht in meinen Armen vergrub. „Hahaha, na das sieht ja übel für euch aus...“, hörte ich eine Frauenstimme sagen und blickte mich um. Hier war doch niemand außer uns? Es kam auch niemand nach Chamuel herein. Auch Luzifer blickte sich um, also hatte er es auch gehört. Vor unsere Zelle kam eine Frau mit langsamen Schritten heran gelaufen und lächelte höhnisch. Sie schien keinen festen Körper zu besitzen, sondern wirkte leicht durchsichtig, als wäre sie ein Geist. Fragend blickte ich zu Luzifer, der die Augen verdrehte. „Das darf doch jetzt nicht wahr sein. Als wär es nicht schon schlimm genug, da bist du wieder hier, Sacred Feye.“ „Feye?!“, rief ich erstaunt. Weder meine Mutter, noch mein Vater hatten mir viel von damals und den Ereignissen auf der Erde erzählt. Sie grinste und verschränkte die Arme. „Sag, was willst du? Mich jetzt wieder töten? Bitte, tu's. Ich bin grade ein leichtes Fressen für dich. Und Aris auch. Tu dir keinen Zwang an.“ „Ach, bitte Luzifer. Feye ist tot, somit konnte sie mich auch nicht mehr eingesperrt halten, dieses Biest. Aber ich muss dich enttäuschen, ich werde dich nicht töten.“ „Warum? Ich dachte, du würdest deinem ehemaligen Lover helfen wollen. Gerade weil ihr mich beide hasst.“ „Chamuel und mich verbindet im Grunde nichts mehr.“ „Nenn mir einen guten Grund warum ich dir vertrauen sollte.“ „Du hast keine Wahl. So oder so würdest du sterben, schätze ich. Juline's einzige Chance etwas Hilfe zu bekommen bin ich.“ „Lass deine Finger von ihr!“, schnauzte ich diese Frau an, worauf sie lachte. „Sacred Feye, hör zu... Wenn du mir wirklich helfen willst, so wie du behauptest, dann wirf ein Auge auf Juline und hilf ihr. Ich vertraue dir nicht, aber ich vertraue den Kräften meiner Tochter und dem, was ich ihr beigebracht habe. Wenn du lügen solltest und versuchst ihr etwas anzutun, dann gebe ich dir mein Wort darauf, dass sie dich zerschmettern wird. Unterschätze sie nicht! Ich warne dich.“ „Süß, wie du versuchst ernst und böse zu wirken, wo du doch so schwach auf dem Boden kauerst in der kleinen Zelle. Ich amüsiere mich prächtig bei deinem Anblick. Aber hey, sieh es mal positiv! Diese Zelle ist größer als die, in der du mich einst gefangen hieltest und du darfst sogar noch deine Kleidung tragen und warte, da war noch was! Ach ja, im Gegensatz zu mir früher bist du nicht schwanger von einem Vergewaltiger. Das ist Luxus pur, du solltest es genießen.“ Lachend verschwand sie im Nichts und Luzifer seufzte während er sich wieder die Hand auf seine Rippe presste. „Meinst du sie wird Juline helfen?“ „Ich weiß es nicht. Ich vertraue ihr nicht. Sie hätte allen Grund Chamuel die Arbeit abzunehmen und mich zu töten...“ ~ Kapitel 1 ~ 24 Jahre Glück ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ So, hier ist also endlich das erste Kapitel ^^ Eine Woche mit Verspätung. Aber nach der OP meiner Mutter hatte ich einfach keinen Kopf dafür. Eigentlich immer noch nicht. Aber ich will ja niemanden noch länger warten lassen. Von daher, wünsche ich viel Spaß :) (Und kommentiert mal fleißig :P) Euer Kirodings Kapitel 2: Ankunft ------------------ Kapitel 2 ~ Ankunft ~ Raik Coldfire ~ Eine ganze Weile beobachtete ich Hailey, wie sie geistesabwesend aus dem Fenster starrte. Sie war meine beste Freundin, ich kümmerte mich um sie, obwohl ich mit meinen 24 Jahren sicherlich Anderes zu tun hatte. Ich hatte zwar nicht miterlebt, was damals geschehen war, doch ich wusste, dass Hailey psychisch zerbrochen war. Sie lachte nie, die war nie fröhlich und verschloss sich vor allen Anderen. Und ich wusste, es gab nur einen Grund, warum ich der einzige war, mit dem sie halbwegs normal redete. Es lag an meinem Aussehen... An meiner Herkunft. Während ich ihr Tee machte, guckte ich in den Spiegel, der in der Küche hing. Hailey klammerte sich an mich weil ich aussah wie mein älterer Bruder Clyde. Er war wie ein Fluch, der auf meinen Schultern lastete. Es waren die selben Augen, die selben Haare, als wäre er nach seinem Tod zurück gekommen in Form von mir. Doch ich war nicht Clyde, ich war Raik und hatte mein eigenes Leben, meinen eigenen Charakter. Manchmal hatte ich Angst ich würde mich selbst vergessen, wenn jeder mich wie Clyde sehen würde. Nicht nur Hailey belastete mich täglich damit, nein. Die Meisten sagten mir immer wieder wie ähnlich ich ihm sehen würde. Würde er in diesem Moment vor mir stehen, würde ich ihm wahrscheinlich die Visage polieren. Doch er konnte ja auch nichts dazu. Er kannte mich ja nicht und ich ihn ebenso wenig. Manchmal fragte ich mich, wie alles gekommen wäre, wenn er noch Leben würde. Aus den Erzählungen der Anderen und der Fotos von ihm, konnte ich ihn mir gut vorstellen. Wir würden uns sicher gut verstehen. Doch alles ist so gekommen wie es nunmal ist und es belastete mich. Vor einigen Jahren, als ich noch siebzehn war, startete ich erfolgreich in der Musikbranche durch. Ich verdiente viel Geld und viele Leute jubelten mir hinterher. Mir, Raik und nicht dem, den alle Anderen in mir sahen. Doch ich sah Hailey's Trauer und ihre Einsamkeit. Ich tauschte meinen Ruhm und mein Geld gegen ihre Anwesenheit. Wenn ich bei ihr war, wirkte sie zumindest ansatzweise glücklich. Durch unsere Art als Assistants alterten wir nicht. Ich wusste, ich würde für immer so aussehen. Meine Haare würden nie grau werden und ich würde auch keine Falten bekommen. Genauso wie Hailey, die zwar wesentlich älter war als ich, jedoch aussah, als wäre sie gerade ein Jahr älter als ich. Zwar beherrschten Trauer und Müdigkeit ihr Gesicht, doch sie sah immernoch hübsch aus. Oh ja, sehr hübsch. Wäre sie glücklich, dann wäre sie wohl eine wunderschöne Frau. Ich wusste, warum Clyde sie ausgesucht hatte als seine Frau. Und wenn sie mal nicht von Trauer geprägt war, dann war sie warmherzig, besorgt und fürsorglich. Wieder ertappte ich mich dabei, wie frustriert ich war, weil ich mich dagegen wehrte Gefühle für sie zu entwickeln und doch immer wieder scheiterte. Wie gerne würde ich sie aus ihrem Trauersumpf ziehen und sie als glückliche Frau kennen lernen. Doch ob dies jemals passieren würde? Wahrscheinlich könnte niemand ihr dabei helfen. Sie vergrub sich viel zu sehr in ihrer Trauer. Sie war so vertieft in ihre Gedanken, dass sie nicht merkte, wie ich ihr die Tasse Tee brachte, die sie brauchte um Kraft zu tanken. Ich musste ihr immer ihr Essen und Trinken aufzwängen. Sie war so schwach und mager... Dunkle Augenringe zeichneten ihre Augen. „Hail, du musst was trinken.“ „Ob er in der Ewigkeit an uns denkt?“, fragte sie abwesend und starrte in den Himmel. Ich verdrehte die Augen: „Ja, bestimmt. Dein Tee!“ „Oh, du hast mir Tee gemacht, danke.“ Sie bemerkte ihn erst jetzt und trank langsam und erneut abwesend davon. Wieso nahm ich diese Bürde nur auf mich. Als ich in den Fernseher guckte, sah ich die Werbung des neuen Musikvideos von Ayane, meiner Zwillingsschwester. Sie hielt sich nicht an den Gefühlen anderer Menschen auf und konzentrierte sich nur auf sich selbst. Würde ich das nur auch können... Genau wie ich startete sie ihre Karriere in der Musikbranche. Wir waren schon seit unsrer Kindheit mit guten Stimmen gesegnet und hatten ein ordentliches Musiktalent. Ayane schwamm in ihrem Geld. Ihr ging es gut... Und ich wusste bald nicht mehr wie ich überhaupt noch die Miete bezahlen sollte, für die Wohnung in der ich mit Hailey wohnte um sie besser unterstützen zu können. Plötzlich klingelte das Telefon. Nichtmal das bemerkte die hübsche Blondine in ihrer Trance. Genervt ging ich an den Hörer und erschrak als ich die Stimme unseres Vermieters hörte. Er klang wütend und keifte ins Telefon. „Herr Coldfire!!! Wenn ich diesen Monat wieder nicht die volle Miete bekomme, dann klage ich Sie aus dieser Wohnung heraus!!! Ich habe bereits beide Augen zugedrückt, aber das geht so nicht weiter! Die volle Miete!!!“ „Ja, ich bin ja auf Arbeitssuche! Bitte, haben Sie noch etwas Geduld! In einem Monat ist Weihnachten, da können Sie uns doch nicht auf die Straße setzen!“ „Doch, das kann ich! Ich komme in fünfzehn Tagen vorbei um das Geld abzuholen! Am 1.12.! Am besten markieren Sie sich das im Kalender! Bis bald, einen schönen Tag noch!“ „Ja, Tschüss...“ Einen schönen Tag noch... Tzz. Arschloch! Wütend und verzweifelt setzte ich mich wieder auf das Sofa und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Wie soll ich so schnell einen Job bekommen um die Miete zu zahlen!? An meine Familie wollte ich mich nicht wenden. Ma und Dad hatten sich in die Karibik verzogen um dort eine eigene Strandbar zu eröffnen und die geschehenen Dinge zu verarbeiten. Sie wollte ich nicht mit meinen Problemen belasten. Und meine Geschwister mussten auch zusehen wie sie zurecht kamen. Ayane wäre die Letzte, die ich um Geld bitten würde. „Wer war das? Was ist los?“, fragte Hailey ruhig und müde. In ihrem Zustand könnte ich ihr unmöglich davon erzählen. Ich müsste es irgendwie alleine schaffen. „Das war Ayane, die mich angerufen hat um mit ihren Verkaufszahlen anzugeben“, log ich während diese beschissene Werbung erneut im Fernseher lief. Am liebsten hätte ich irgendwas genommen und es in den Bildschirm geschleudert, doch dazu war das Gerät auch wieder zu teuer. „Du möchtest wieder etwas tun. Mit singen und tanzen dein Geld verdienen. Das kann ich verstehen, du musst dir keine Sorgen um mich machen. Raik, ich sehe doch deine Blicke, wenn du Ayane im TV siehst. Du würdest auch gerne wieder dort stehen. Du musst dich nicht um mich kümmern als wäre ich eine alte Frau, die alleine nicht mal mehr duschen gehen kann.“ Irgendwie freute ich mich diese Worte von ihr zu hören und für einen Moment motivierte es mich bei der Agentur anzurufen und wieder um Aufträge zu bitten. „Wenn du das so siehst, dann geh ich gleich Anrufen!“ „Ja, tu das!“, antwortete sie mit einem verständnisvollen Lächeln. Gedankenlos sprang ich in den Flur zum Telefon, ehe mir einfiel, dass ich die Nummer gar nicht mehr kannte und sie in irgendeinem Notizbuch aufgeschrieben hatte. Nur einen Moment war ich weg und schon sah ich, wie Hailey weinend auf dem Sofa saß. Wie konnte ich auch davon ausgehen, dass sie es gut finden würde, wenn ich ginge. Natürlich wollte sie nicht alleine sein. Wenn ich erstmal wieder im Musikgeschäft wäre, dann würde ich nur alle paar Monate mal nach Hause kommen. Das wäre für sie wohl als würde ihr Clyde sie jedes mal aufs Neue alleine lassen. Ich kannte ihre Gedanken inzwischen gut und es war sehr wahrscheinlich, dass sie das so betrachtete. Während ich sie weinend da sitzen sah, fiel mir etwas ein, das sie vor einigen Monaten einmal brachte. Es war schon spät morgens und ich wollte sie wecken. Und als sie mich verschlafen anblickte, lächelte sie und sagte: „Clyde, du bist zurück gekommen...“ Umso enttäuschter und trauriger war sie, als dann „nur“ ich vor ihr stand. Doch ich wollte nicht auf sie wütend sein. Bei ihrem Anblick strich ich die Idee, bei der Agentur anzurufen, aus meinem Kopf. Ich könnte sie so nicht zurücklassen, doch sie wurde mir zu viel. Ich konnte langsam damit nicht mehr umgehen. Sie war anstrengend, doch ich liebte sie leider... Eine dumme Liebe, dumme Gedanken, denn sie würde mir niemals geben, was ich mir ersehnte. Niemals... Denn sie sah in mir nur Clyde, den sie so liebt und vermisst. Ich war ratlos und wusste nicht mehr weiter. Am besten wäre es, ich würde diese Gefühle schnell loswerden! „Hail, ich geh kurz zu Tam!“, rief ich ins Wohnzimmer und ließ sie mit einem schlechten Gefühl alleine. Ich musste etwas Abstand bekommen und an die frische Luft. Dabei würde mir Tam helfen. Maiko's Tochter und meine andere beste Freundin, die erst vor einigen Jahren aus Russland zurück kam um ihren Vater wiederzusehen. Ihre Mutter und Oma hatten sie als kleines Kind mitgenommen, doch ihr gefiel es dort nicht. Tam freute sich immer, wenn ich zu Besuch kam. In den letzten Tagen hatte ich nur wenig Kontakt mit ihr, denn ich wollte ihr nicht weiter weh tun. Ich wusste, dass sie mehr von mir wollte und ich wusste wie es sich anfühlte, wenn man derartige Gefühle nicht zurück bekam. Doch heute wollte ich sie mal wieder besuchen. Ich redete mir ein, dass ich Hailey vielleicht aus meinem Kopf bekäme, wenn ich Tam nicht so abblocken würde. Würde ich mich erstmal auf sie einlassen, würde sich vielleicht etwas an meinen Gefühlen ändern. Ich hoffte, es würde funktionieren. Mit einer freudigen Umarmung empfing sie mich und nahm mich mit in ihr Wohnzimmer. Sie hatte eine eigene Wohnung. Mit 25 war sie ja immerhin auch alt genug dazu. „Raik, schön dich wieder zu sehen. Du siehst schlecht aus“, sagte die charmante Schwarzhaarige mit den braunen Augen zu mir. „Danke... Aber ich bin nicht gekommen um mich bei dir auszuheulen.“ „Nicht? Mir macht das nichts aus. Ich helfe dir gerne. Du weißt, dass ich gerne für dich da bin. Und wie du bereits auch weißt... Mit allem was ich zu bieten habe.“ „Ich weiß, Tam. Es tut mir leid, dass ich dich bisher immer enttäuschen musste.“ Sie nahm meine Hände und lächelte: „Du kannst nicht ewig Babysitter für diese Frau spielen. Ich verstehe, dass es ihr schlecht geht, aber es ist nicht deine Aufgabe. Sie sollte in ein Heim für psychisch kranke Menschen.“ Ihre Worte verletzten mich etwas. „Sag das nicht. So schlimm steht es nun auch nicht um sie.“ Und doch wusste ich, dass Tam eigentlich recht hatte und ich Hailey nicht in Schutz nehmen sollte. Wieder lächelte Tam und ließ meine Hände los. „Magst du etwas trinken? Etwas Whiskey?“ „Meinetwegen.“ Ich setzte mich auf ihr Sofa und beobachtete sie, wie sie uns zwei Gläser einschenkte. Bei ihr würde es mir so viel besser gehen. Doch ich entschied mich schon so lange für den schwierigeren Weg. Skeptisch musterte sie mich, als sie sich zu mir setzte und wir mit unseren Gläsern anstießen. „Möchtest du hier schlafen? Warum kümmern sich nicht die Anderen einmal um sie?“ „Weil sie alle Anderen meidet.“ „Das ist ihr Problem. Du bist jung und so hübsch. Warum verschwendest du dich an sie?“ „Wahrscheinlich weil ich dumm bin und nichts aus meinem Leben mache...“ Erneut kippte ich ein Glas herunter und je mehr Stunden ins Land zogen, desto größer wurden die Mengen, die ich trank, bis ich schließlich komplett aus der Flasche trank und mich volllaufen ließ. „Willst du wirklich nicht hier schlafen?“, fragte Tam, die schon etwas müde wirkte. „Mein Gott, es kotzt mich so an... Immer nur brav Tee machen und aufpassen, Psychiater spielen... Mein scheiß Leben, meine scheiß Schulden... Alles Scheiße!“, beschwerte ich mich und merkte wie mir meine Worte nicht mehr so folgen wollten, wie ich es eigentlich vorsah. Der Alkohol machte mich wütend und depressiv. Ungeplant stand ich auf und schmetterte die Flasche zu Boden. Sie zerschellte in tausend Scherben. Tam musterte mich erschrocken mit großen beängstigten Augen, als ich zu ihr herabsah. „Ich will Geld, ich will ne Frau... Verdammt, ich will endlich mal wieder Sex!“ Ich konnte mich kaum auf meinen Beinen halten. Tam stand auf und scheuerte mir eine: „Den Dreck machst du morgen weg! Geld hab ich selbst keins, aber ich kann dir eine gute Frau sein und dir guten Sex geben....“ Ich brauchte nicht zu antworten, da hatte sie mich schon auf ihr Sofa geschubst und zog mich aus. Zu schade, dass ich nicht mit klarem Verstand mitbekam, wie es sich anfühlte... Doch ich wusste zumindest, dass ich kaum genug bekommen konnte und ihre Berührungen genoss. Sie stöhnte laut, als wir uns rhythmisch zusammen bewegten. Schnell und energisch... „Gib mir mehr... Bleib für immer bei mir...“, keuchte sie erregt und griff mit ihren Händen in meine Haare. Ich antwortete nicht. Im Vollrausch hätte ich sowieso gelogen. Ich hätte ihr gesagt, dass ich bei ihr bleiben würde. Nachdem wir beide gekommen waren kuschelte sie sich an mich und seufzte zufrieden. „Ich liebe dich, Raik.“ „Ich dich auch... Irgendwie...“ Dann fielen mir die Augen zu. Ich hatte geahnt, dass ich am nächsten Morgen alles bereuen würde. Mein Schädel klopfte heftig und ich rieb mir die Schläfen, was absolut nichts brachte. Als ich nach oben schaute, stand Tam schon angezogen und fröhlich vor mir. „Die letzte Nacht war so schön... Du warst wie ein Raubtier, das ausgehungert nach Fleisch suchte.“ „Haha... Ja, ich fühlte mich auch ausgehungert. Oh Gott, dieser Scherbenhaufen... War ich das?“ „Ja und du hast gesagt, du räumst es heute weg, mein Schatz. Möchtest du etwas essen?“ „Ja, eine Kopfschmerztablette. Die Stärkste, die du zu bieten hast.“ Sie wanderte wieder in die Küche und ich beobachtete den Scherbenhaufen. Ich erinnerte mich wie ich die Flasche zu Boden schlug und förmlich um Sex flehte. Wie peinlich... Im Fernseher lief schon wieder die Werbung von Ayane. Sie hatte jedes mal die selbe Wirkung auf mich. Sie machte mich aggressiv. Müde ließ ich mich zurückfallen und seufzte laut. Wie Hailey die Nacht ohne mich wohl verkraftet hatte? Vielleicht sollte ich sie ganz verlassen und hier bleiben. Hier gab es guten Sex... Ich lachte leise und musste grinsen. Was für ein Arschloch ich war. Tam kam mit einer Tablette, etwas zu Essen und einem Kaffee zurück. Glücklich setzte sie sich neben mich. „Bald geht es dir besser. Ich könnte dich richtig verwöhnen.“ „Wieso?“ „Dummerchen. Ich liebe dich, ich verwöhne dich gerne. Wir könnten nochmal miteinander schlafen, wenn du aufgegessen hast.“ „Du verlangst Sachen von mir...“ „Tut mir leid, ich habe Blut geleckt, jetzt möchte ich mehr.“ „Das überlege ich mir noch.“ Auf was hatte ich mich nur eingelassen? Abwesend blickte ich zum Fernseher und traf eine Entscheidung. Nein, eher zwei Entscheidungen. Zum Ersten würde ich gleich nochmal über diese sexy Frau herfallen und zum Anderen würde ich heute in der Agentur anrufen um einen Job zu bekommen. Um weg zu kommen von Hailey und von Tam. Ich brauchte Abstand – von Beiden. ~ Juline Coldfire ~ Es schien, als hätte ich von meiner Reise durch das Weltentor mein Bewusstsein verloren. Ich hatte Sand im Mund, als ich wieder aufwachte. Hustend und spuckend versuchte ich ihn wieder weg zu bekommen und war so genervt, dass ich gar nicht mitbekam, wo ich überhaupt war. Dieser Tag brachte nur Pech mit sich! Er hat sie alle getötet... Wieder erschien dieses Bild vor meinen Augen. Wie Chamuel von oben herab glitt und meiner Mutter fein säuberlich das Messer durch die Brust schlug. Ihr leerer Blick... Das viele Blut. Dann Kite, der tot in dem Krater lag und Reeza, die wahrscheinlich in der Luft zu Staub zerfetzt wurde. Ich ging davon aus, dass er auch Aris und meinen Vater auf dem Gewissen hatte. Ich würde sie alle nie wieder sehen... „DU DUMMES ARSCHLOCH!!! WAS FÄLLT DIR ÜBERHAUPT EIN MEIN LEBEN ZU VERSAUEN!!!“, schrie ich laut und trat gegen eine Palme, wovon mir erneut der Fuß schmerzte. Zu oft hatte ich am Morgen gegen das Weltentor getreten. Moment mal! Eine Palme?! Erst jetzt beachtete ich meine Umgebung. Ich sah den Himmel, der mit grauen Wolken bedeckt war. Schade... Ich hätte ihn gerne zum ersten mal blau gesehen. Darunter lag das schier endlose Meer, das den Horizont kreuzte. Ich konnte es nicht fassen. Noch nie hatte ich so etwas real gesehen! So schnell meine Füße mich tragen konnten rannte ich zum Wasser und zog meine Schuhe aus um es zu spüren. Es fühlte sich anders an, als das Wasser mit dem ich mich immer badete. Es war kühl und der Wellengang schubste mich leicht im Rhythmus. Ich fand es so lustig, dass ich lachen musste und meine Hände hinein tauchte um sie schnell wieder nach oben zu reißen. Das spritzende Wasser meiner Hände tropfte auf mich herab und am liebsten hätte ich mich komplett hinein geworfen. Es war seltsam. Einerseits verspürte ich so viel Glück, doch gleichzeitig diese tiefe Trauer um die Familie, die mir so fehlte. Ich hätte das Meer heute Nacht kennen gelernt. Zusammen mit meinem Vater. Wir hätten zusammen gelacht und er wäre sicher mit mir schwimmen gegangen. Nun stand ich hier alleine, ohne ihn. Nur mit dem Wissen sie alle nie wieder zu sehen. Ich war nun auf der Erde, in der Welt, in der ich immer leben wollte. Die Welt, von der ich Tag und Nacht träumte. Was hatte sie jetzt noch für einen Wert? Ich hatte immerhin niemanden mehr, dem ich von meinem Glück erzählen konnte. Mit gesenktem Kopf setzte ich mich in den Sand, sodass die Wellen gerade noch meine Füße erreichten und fing an zu weinen. Der Himmel schien meine Gefühle zu teilen. Als der Regen in Strömen auf mich goss, fror ich und war vollends durchnässt. Da hätte ich auch gleich baden gehen können. Trotzdem blieb ich sitzen und suchte keinen Schutz vor dem Regen. Ich wusste sowieso nicht wohin. Dad sagte, ich sollte die Assistants, meine Familie suchen. Und Elohim... Doch wo würde meine Suche beginnen!? „Du solltest schnell ins Warme, bevor du dich noch zu Tode erfrierst“, sagte hinter mir eine Stimme, die wie meine Mutter klang. Mit Schwung drehte ich mich: „Mama!?!“ Doch ich war enttäuscht. Wie konnte ich auch glauben es wäre meine Mutter, wenn sie doch vor meinen Augen gestorben war. Stattdessen stand eine Frau vor mir, die ein Geist zu sein schien. Ich vermutete Sacred Feye. Sie ähnelte der Beschreibung, die meine Eltern mir gaben. Meine Mutter war tot und konnte somit den Geist des Monsters nicht mehr zurück halten. Nun stand diese Bestie vor mir und ich würde sie irgendwie bekämpfen, wenn es nötig wäre. „Was willst du!?“ „Oh, du fragst nicht wer ich bin? Deine Eltern haben dich anscheinend schon aufgeklärt.“ „Nochmal: Was willst du!? Eine falsche Bewegung und du bekommst meine Kräfte zu spüren, ob Geist oder nicht.“ „Ich sehe schon, du hast das Temperament deines Vaters. Feye hätte vor Angst gezittert, haha.“ „Lass meine Mutter aus dem Spiel!“ „Ich meine das nicht böse. Ich bin auf deiner Seite, mein Mädchen.“ „Nenn mir einen Grund, warum ich dir vertrauen sollte.“ Sie schritt langsam zu mir, während sie erklärend die Hand hob und selbstgefällig grinste. „Ja, du bist wirklich genau wie dein Vater. Den selben Satz hat er auch zu mir gesagt.“ „Er lebt!?“ „Ja, Aris auch. Sie sind gefangen in einem Kerker. Und die einzige Chance bist du. Ich werde dir helfen. Du hast keine Wahl.“ Eigentlich wollte ich sie angreifen, wenn sie auch nur einen Schritt näher käme, doch sie hatte recht. Ich musste mir anhören, was sie zu sagen hatte. Zur Not könnte ich sie immernoch angreifen. Ich wusste zwar nicht viel vom Kämpfen, doch Dad hatte mir einige Übungsstunden gegeben, damit ich meine Kräfte kontrollieren konnte. „Was hast du zu sagen? Wie willst du mir helfen?“ „Nun, ich kann nicht mehr lange bleiben, mein Geist ist geschwächt. Du solltest wissen, dass du hier am richtigen Ort bist für den Anfang deiner Suche. Und du solltest dich unauffällig verhalten. Habe keine Angst, auch wenn Chamuel bald mit Angriffen und seiner Suche nach dir beginnen sollte.“ „Ich habe keine Angst vor ihm. Mein Ziel ist es, Aris und Dad zu retten.“ „Versuchen wir es. Frage hier nach dem Namen Hiwatari, das wird dich zu deiner Familie führen.“ Ich merkte mir den Namen und sah zu wie Sacred Feye im Nichts verschwand. Hiwatari... Diesen Namen hatte meine Ma öfters in ihren Geschichten erwähnt. Ich raffte mich auf und putzte den Sand von meinen Knien, die rot angelaufen waren. Mein Körper tat weh. Doch nun gab es einen Hoffnungsschimmer. Dad und Aris lebten und ich würde für sie kämpfen. Ich erschrak als fast neben mir eine Frau stand, die ich gar nicht bemerkt hatte. Als ich ihre Aura erfühlte, bemerkte ich, dass sie ein völlig normaler Mensch war. Sie hatte braunrote Haare und blaue Augen, die mich besorgt anblickten. „Mädchen, was treibst du hier alleine im Regen? Ich bin Kate.“ „Juline...“, antwortete ich skeptisch und wusste nicht wie ich meinen Aufenthalt hier erklären sollte. Wie hätte ich ihr sagen sollen, dass ich aus dem Weltentor herab gefallen bin und mir den Schädel am Sand aufschlug!? Sie lächelte. Wahrscheinlich war sie Mutter, so ein Lächeln hatten nur Mütter. „Ich bin gerade auf dem Weg nach Hause. Der Regen hat mich überrascht. Wenn du magst, kannst du mitkommen bis es aufgehört hat zu regnen.“ „Wieso vertrauen Sie mir?“, fragte ich verwundert. „Naja, du siehst so niedlich und nett aus, dass ich mir kaum etwas Böses bei dir denke.“ „Danke, das ist sehr freundlich.“ Ihre freundliche Art und ihr Angebot mit zu ihr nach Hause zu kommen überraschten mich wirklich. Dad hatte immer erzählt, dass Menschen erbärmlich wären, egoistisch und niederträchtig. Sie würden nur an ihr eigenes Wohl denken und niemandem helfen. Aber die Ansichten meines Vaters waren auch nicht gerade überzeugend. Meine Mutter sprach besser von den Menschen. Schweigend lief ich neben der fremden Frau her und war froh, dass sie mich nicht mit weiteren Fragen in Schwierigkeiten brachte. Wenn sie wüsste wer ich wirklich bin... Es war nicht weit bis zu ihrem Haus. Schnell erkannte ich, dass sie recht wohlhabend war. Sie besaß ein großes Haus mit Meeresblick. Als wir in den warmen Hausflur kamen, gab sie mir erstmal ein Handtuch. „Schatz! Ich bin wieder zu Hause! Ich hab Besuch mitgebracht!“, rief sie und trocknete sich selbst ab. Einige Sekunden später kam ein blonder junger Mann mit gut gebautem Körper und blauen Augen zu uns. Strahlende blaue Augen... Ma erzählte mir einmal, dass sie einen Freund mit solchen Augen hatte. Nein, nicht nur einen. Zwei ihrer besten Freunde, hatten blaue Augen. Doch dieser hier hatte die blonden Haare, von denen sie mir auch erzählte. Seine Blicke waren schockiert, er ließ sogar seine Kaffeetasse fallen vor Entsetzen. Kate hielt inne und starrte ihren Mann verdutzt an: „Was ist, Schatz?“ Der Kerl kam hektisch zu mir gelaufen und legte seine Hände auf meine Wangen, ehe er mir in die Augen schaute. Verunsichert entriss ich mich und schnaufte kurz. „Was zur Hölle...“ „Feye?! Feye, bist du das?!“ „Oh mein Gott“, sagte seine Frau genervt und warf ihm vorwurfsvolle Blicke entgegen. Er ignorierte sie und starrte mich weiter an: „Bitte! Du siehst aus wie Feye!!! Bist du Feye!? Ich bin es, Jayden! Erinnerst du dich?“ „Jayden...“ „Schatz! Lass es gut sein! Und rede nie wieder von dieser Frau! Du hast es mir am Altar geschworen!!!“, sagte seine Frau nun wütender und knurrte leise. „Ich... Ich bin nicht Feye. Jayden... Du warst der beste Freund von Mama, oder?“ „Mama? Feye ist deine... Mutter?“ Kate schnaufte inzwischen laut und warf das Handtuch auf den Boden, ehe sie in ein anderes Zimmer ging und die Tür hinter sich zu schlug. Wir beide fuhren kurz zusammen, doch unsere Blicke trafen sich weiterhin. „Ja, Feye war meine Mutter.“ „War?! Ist sie tot!?“, fragte er und wurde blass. „Sie wurde heute ermordet“, erklärte ich mit gesenktem Kopf und musste meine Tränen zurückhalten. „Von Luzifer!? Dieses Schwein!!!“ „Mein Vater hat ihr nichts getan! Sie wurde von jemand Anderem ermordet!“ „Moment mal... Luzifer? Dein Vater? Okay... Oooookay, ganz ruhig... Es war ja naheliegend. Aber ich muss es... Erst verarbeiten...“ Er schnaufte kurz durch und lehnte sich mit dem Arm gegen die Wand. Seine Stirn legte er gegen seinen Arm. Ich ließ ihm diesen Moment. Wenn Ma seine beste Freundin war, dann trauerte er nun. Mit glasigen Augen nahm er mich in die Arme: „Erzähl mir was passiert ist.“ „Deine Frau hat mich zwar hierher eingeladen, aber ich glaube, sie ist nicht begeistert davon.“ „Sie hat ein Problem mit Feye, oder eher mit dem, was ich lange Zeit nach ihrer Abreise noch für sie empfand.“ „Oh...“ „Mach dir keine Sorgen. Komm herein, wärm dich auf. Magst du etwas essen oder trinken?“ „Trinken wäre gut.“ „Gibt es bei euch in der Hölle Kaffee?“ „Nein, da gibt es einiges nicht. Deswegen würde ich ihn gerne mal probieren.“ „Dieser Miese...“, knurrte Jayden, als ich ihm erzählte, was Chamuel mit meiner Familie angestellt hatte. „Und Luzifer konnte dich gerade noch so durch das Tor schieben?“ „Werfen... Ja, er hat mich gerettet.“ „Kaum zu glauben... Der alte Teufel...“ Ich genoss den Kaffee. Es war eines der kleinen Wunder, die ich noch entdecken wollte, solange ich hier war. Meine erste Aufgabe hatte ich erfüllt. Ich hatte Jayden gefunden. Mit ihm würde ich auch die Anderen finden. Wodurch ich auch auf das Thema kam. „Wo finde ich die anderen Assistants?“, fragte ich ihn neugierig. „Oh, die wohnen weiter weg. Sie leben in Orlando und ich bin vor einigen Jahren nach Florida gezogen wegen meinem Beruf.“ „Orlando... Florida... Habe ich schon gelesen. Wie komme ich dort hin?“ „Mit dem Flugzeug, aber darum kümmern wir uns morgen. Ich muss schauen wie ich das regeln kann, ich bin durch meinen Beruf nicht sehr flexibel.“ „Was arbeitest du denn?“ „Ich spiele Basketball.“ „Das ist doch kein Beruf“, antwortete ich verwirrt, weshalb er lachen musste. „Es gibt viele Berufe. Vielleicht lernst du noch welche kennen.“ „Schatz! Ihr habt jetzt genug geredet, bitte sie endlich zu gehen“, forderte Kate ihn wütend auf. Ich konnte nicht verstehen warum sie so abgeneigt war. „Nein, Kate. Du weißt was ich bin... Und sie ist Feye's Tochter. Sie ist praktisch so etwas wie unsere Königin und ich kann sie nicht rauswerfen.“ „Tzz!“ „Bitte, ich bleibe nicht lange und werde auch nichts schmutzig machen!“, beteuerte ich, doch sie beachtete mich nur mit Abneigung. Ich hatte mich wohl doch von ihrem ersten Eindruck getäuscht. Menschen waren doch egoistisch... „Schatz, ich kümmere mich morgen gleich darum, dass Juline nach Orlando kommt. Ich werde dir wohl kaum mit ihr fremdgehen!“ „Das hoffe ich...“ „Uärgs“, gab ich leise von mir, wovon er wieder lachen musste. Ich schlafe doch nicht mit dem Mann, mit dem meine Mutter mal was am Laufen hatte. Iiih. Mein erstes mal stellte ich mir nicht mit einem derart älteren Mann vor. Niemals! Auch wenn er aussah wie 25. Langsam musste ich gähnen. „Du kannst heute Nacht bei meiner Tochter im Zimmer schlafen. Es wird ihr zwar nicht gefallen, aber es ist ja nur für eine Nacht“, erklärte er. „Oh, du hast eine Tochter?“ „Ja, hehe. Sie ist siebzehn und etwas rebellisch. Ihr werdet euch schon verstehen.“ „Ich bin ja auch nur zum Schlafen hier.“ In dem Zimmer sah ich eine junge Blondine mit einem Buch auf ihrem Bett liegen. Sie starrte uns überrascht an. Sie sah sehr hübsch aus. Das Highlight ihrer blonden Haare war die eine schwarze Strähne, die sie über ihren Pony laufen hatte. Und ihre Augen waren die von Jayden. Kate hatte zwar auch blaue Augen, doch es war ein anderes Blau. Ihr Zimmer war groß, es standen zwei Betten darin. Sie hatte wohl oft Besuch von Freunden. Oder es war einfach nur da um Platz auszufüllen. Die gesamte Inneneinrichtung zeugte von Reichtum. Jayden verdiente sicherlich viel Geld mit seinem Sport. „Was gibt’s?“, fragte sie genervt. „Melody, das hier ist Juline, sie wird diese Nacht hier bleiben. Keine Sorge, morgen lasse ich mir etwas einfallen. Juline ist mit uns verwandt. Sie ist die Tochter meiner Nichte, also sei nett zu ihr.“ „Ist sie die Tochter von dieser Feye?“ „Ja, von genau dieser Feye, und trotzdem bist du nett zu ihr!“ „Ja, ist gut...“, antwortete sie mürrisch. Jayden schob mich noch in ihr Zimmer und schloss hinter mir die Tür. Kurz darauf konnte ich hören wie im Wohnzimmer ein Streit zwischen dem Ehepaar entfachte. „Das hast du ja super hingekriegt. Sie streiten sich nie, es sei denn es geht um deine dumme Mutter.“ „Ey, mach mich nicht so dumm an, was kann meine Ma dafür!? Sie ist heute gestorben und ihr habt nichts Besseres zu tun, als mich dafür dumm anzulabern!“ „Mein Beileid“, entgegnete sie trocken und musterte mich weiterhin abfällig, während ich mich auf das andere Bett setzte. Ich fühlte mich unwohl. Tiefe Trauer und Dunkelheit herrschten in mir. Ich war plötzlich so fern von meinem Leben, von meinen Liebsten. Diese Leute waren mir so fremd. Sie konnten mich nicht einmal leiden. Jayden akzeptierte mich, doch ich erkannte wie mein Anblick ihn schmerzte. Die ganze Welt war mir fremd. Wie sollte ich so ein Auge zu bekommen? Und nun lag ich bei dieser Zicke im Zimmer, die mich wegen meiner toten Mutter verurteilte. Sie schaffte es nicht ihre Blicke abzuwenden, was mich aggressiv werden ließ. „Boah, hab ich nen Pickel am Kopf oder so!?“ „Gott, du bist so gereizt.“ „Was hab ich dir getan, dass du mich so anguckst!?“ Sie schnaufte und richtete sich auf, ehe sie mich mit wütenden Blicken anguckte: „Deine Mutter war es, die meinem Dad das Herz gebrochen hat! Dein Vater war es, der meinen Dad schlimme Dinge tun ließ! Luzifer, das Schwein hat alle gequält! Er wollte sie töten! Und sowas ist dein Vater! Wahrscheinlich bist du nicht besser. Sie vertrauen dir, doch wer sagt, dass du nicht mit den selben Absichten wie dein Vater hierher gekommen bist!?“ „Willst du damit sagen, ich hätte sonst nichts zu tun wie nach dem Tod meiner Mutter auf die Erde zu kommen um euch das Licht auszupusten!?“ „So sieht es aus! Ihr habt doch sowieso keine Gefühle! Ihr aus der Dunkelheit!“ Am liebsten hätte ich ihr eine reingehauen, doch das würde ihren Glauben nur bestärken. Ich sagte dazu nichts mehr und drehte mich mit dem Rücken zu ihr, als ich mich hingelegt hatte. Die brennenden Tränen in meinen müden Augen, die Bilder in meinem Kopf und der Lärm des streitenden Paares hielten mich noch lange vom Schlafen ab. ~ Kapitel 2 ~ Ankunft ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Waah, ich weiß... Eigentlich ist dieses Kapitel längst überfällig. Aber was soll ich sagen? Die Faulheit hat gesiegt, denn alle Kapitel, die bisher korrigiert wurden, sind vom USB-Stick abhanden gekommen u_u und so muss erstmal alles wieder gebetat werden. Dafür nochmal ein Dankeschööön an meinen Freund, der diese Aufgabe übernimmt. Ich bin so lesefaul xD Nun... Ich hoffe ihr habt Spaß beim Lesen. Und da ich inzwischen bei Kapitel 8 bin, dürft ihr euch schon bald auf ein weiteres Kapitel freuen. :D lg, eure Jeyjey/Kiro Kapitel 3: Verborgene Gefühle ----------------------------- Kapitel 3 ~ Verborgene Gefühle ~ Raik Coldfire ~ Diesen Morgen wollte ich weder bei Tam noch bei Hailey verbringen, obwohl ich mir schon einige Sorgen machte. Hoffentlich musste sie nicht zu sehr weinen, weil sie diese Nacht alleine war. Ich brauchte einfach etwas Zeit für mich und Tam kümmerte sich gut um mich und meine Bedürfnisse. Eigentlich fand ich mein Handeln egoistisch und es hatte nicht das Ergebnis, das ich mir erhofft hatte. Nein, ich hatte mich Tam geöffnet, doch meine Gefühle waren die Selben wie vorher. Zumindest hatte ich nun nicht mehr dieses dringende Verlangen nach einer Frau im Bett. „Hey, Brüderchen!“ Ich drehte mich um und sah Jenn, die mir entgegen lief. Sie trug einige Einkaufstüten, die ich ihr gleich abnahm. „Du hast dich aber schwer bepackt. Wo ist dein Auto!?“ „Ach, Alec brauchte es heute leider. Und der Kühlschrank ist leer. Was treibst du? Wie geht es Hailey?“ „Keine Ahnung, ich war die Nacht nicht zu Hause.“ „Oh... Ich verstehe“, sagte sie uns grinste hämisch. Ich wusste, dass sie eine Antwort erwartete und ich wusste auch, dass sie sich schon dachte, wo ich war. „Ja, guck nicht so, ich war bei Tam.“ „Ich sag doch gar nichts!“ „Ich kenne aber deine Gedanken.“ „Hahaha! Gehst du jetzt nach Hause?“ „Habe ich noch nicht vor.“ „Gut, dann komm mit zu mir. Ich hab heute frei und bin etwas einsam zu Hause. Es ist langweilig.“ „Genießt du nicht die Ruhe, wenn keiner da ist?“ „Sollte ich eigentlich. Ich beschwere mich immer. Aber wenn ich dann mal Ruhe habe, langweile ich mich zu Tode.“ Jenn benutzte mich also als Packesel und zur Unterhaltung. Bei ihr zu Hause war alles still, was selten vorkam. Wenn ihre beiden Kinder zu Hause waren, gab es nur Lärm und Geschrei. Ihr Sohn Jo und ihre Tochter Ashley kamen beide nach Jenn und waren daher sehr hitzig. Durch den Altersunterschied waren die beiden schon dazu verdammt sich zu hassen. Jo, der nun neunzehn wurde und Ashley, die erst dreizehn war. Das klappte einfach nicht. Und obwohl Jenn es einerseits nervig fand, genoss sie die Zeit mit ihren Kindern. Jedoch mehr mit Ashley, denn Jo war selten zu Hause. Mit ihm kam sie kaum zurecht. „Ist Jo in der Schule?“, fragte ich sie und bekam schon einen genervten Blick zurück. „Ich hoffe es für ihn. Irgendwann muss ich mir noch was für ihn einfallen lassen! Er ist so schwierig, lässt sich nichts sagen, kommt spät nachts nach Hause und will morgens nicht aufstehen.“ „Sei froh, dass er überhaupt nach Hause kommt.“ „Ach... Das macht er in letzter Zeit auch weniger. Er raucht, er trinkt...“ „Ist sicher nur ne Phase“, entgegnete ich um sie etwas zu beruhigen. Wir alle hatten diese Phase. Manche mehr, manche weniger. Bei mir hielt es sich in Grenzen, bis ich ins Musikgeschäft kam. Da betrank ich mich auch öfters und hab irgendwelche Groupies verführt. Jenn stellte uns beiden einen Kaffee hin und lächelte: „Ich sollte mir nicht zu viele Sorgen um ihn machen. Ich sollte mir eher Sorgen um dich machen, kleiner Bruder. Du siehst schlecht aus, richtig blass und müde. Und jetzt benutz ja nicht die Ausrede, von wegen du hättest gestern zu viel getrunken! Das sieht nicht aus wie ein einfacher Kater, den man vom Alkohol bekommt.“ „Ja, du hast ja recht. Ich dachte, ich sollte heute vielleicht mal in der Agentur anrufen und nach Arbeit fragen.“ „Hey, das klingt doch super, was hält dich davon ab?“ Wie sollte ich ihr nur erklären, dass ich mich lieber um eine Frau sorgte, die viel älter war als ich, doch äußerlich meinem Alter glich. Eine so hübsche Frau, die derartig verletzt und zerbrochen war... „Naja, wer kümmert sich um Hailey?“ „Die ist alt genug. Jill ist auch noch da um sich um sie zu kümmern.“ „Hmm ja, obwohl sie sich vor allen eher verschließt. Sie redet eigentlich nur noch mit mir.“ „Ja, weil du aussiehst wie Clyde. Hart aber wahr... Ich weiß du hörst es nicht gerne, aber es ist so.“ „Soll ich mir die Haare grün färben?“ „Es liegt ja nichtmal an den Haaren. Alles... Deine ganzen Gesichtszüge, dein Verhalten. Unsere Eltern haben echt Schrott fabriziert...“ „Daaanke“, seufzte ich, worauf sie laut lachen musste und mir durch die Haare wuschelte. „Ernsthaft... Ruf dort an. Jetzt! Nimm unser Telefon.“ „Ich kenne die Nummer nicht auswendig.“ „Ausreden... Im Wohnzimmer steht unser PC, such sie im Internet.“ Wieder seufzte ich. Wenn Jenn sich erst was in den Kopf gesetzt hatte, dann zog sie es auch durch, so verbissen war sie. Resigniert setzte ich mich kurz an den PC und suchte die Nummer der Agentur raus. Gleich darauf rief ich dort an mit einem mulmigen Gefühl in der Magengrube. Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte und zuckte zusammen als ich die Sekretärin sprechen hörte. Für einen kurzen Moment hätte ich am liebsten aufgelegt, doch bei Jenn's prüfenden Blicken musste ich eisern bleiben. „Raik Coldfire hier, ich rufe an weil ich fragen wollte, ob sie Jobs zu vergeben haben.“ „Coldfire... Coldfire, hmm. Ach! Sie sind der junge Mann, der vor einigen Jahren für uns gearbeitet hat. Der Bruder von Ayane, richtig?“ „Ehh, ja.“ Entweder erkannte man mich an Clyde's Aussehen oder daran, dass ich irgendwie mit Ayane verwandt war. Doch mich selbst sah niemand, das trieb mir wieder die Wut hoch, doch ich musste sachlich bleiben. „Ja, uns ist heute jemand abgesprungen und wir hätten in einer Stunde einen Termin zum Vortanzen frei. Hätten Sie Zeit?“ „Ja, klar hab ich Zeit!“, gab ich mit gespielter Freude zurück um meine Nervosität zu verdecken. Sie schrieb sich den Termin auf und ich legte den Hörer weg. Jenn faltete stolz die Hände: „Siehst du, es war doch nicht so schwer!“ „Ich muss in ner Stunde dort sein... Heute, bei meinem Bummschädel. Oh Mann...“ „Da musst du durch!“ Wieder lachte sie mich aus und trank ihren Kaffee fertig. Zu meiner Erleichterung schenkte sie mir noch eine Schmerztablette. Nervös stand ich vor meinem damaligen Chef, der mich mit strengen Blicken beobachtete und mich darum bat ihm zu zeigen, was ich noch drauf hatte. Ich hatte schon lange nicht mehr getanzt und gesungen auch nicht. Meine Gedanken spielten verrückt, konzentrieren konnte ich mich kaum. Krampfhaft versuchte ich mich an einige Moves von früher zu erinnern und führte sie so gut es ging durch. Schnell wurde mir klar, dass ich das mal besser konnte. Er verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf. „Das sieht zu verkrampft aus. Deine Bewegungen sind nicht fließend. Du denkst zu viel. Tu es einfach...“ „Okay“, stammelte ich und atmete nochmal durch. Erneut führte ich diese Bewegungen durch, aber nicht viel besser als beim ersten Versuch. „Raik, du machst dich lächerlich, wenn du meinst, mit deiner jetzigen Verfassung sofort wieder durchstarten zu können. Das geht nicht. Ich lehne das ab.“ „Chef, kommen Sie schon! Sie wissen was ich kann! Früher konnten Sie nicht genug von meinem Können bekommen und sagten ich sei ein Goldesel!“ „Natürlich warst du das. Du bist ein begabter Tänzer und singen kannst du auch gut. Aber dir fehlt die Übung. So kann ich dich nicht auf die Leute loslassen.“ Er überlegte. Und ich bangte. Wenn er mir keine Chance gäbe, dann müsste ich mir etwas Anderes überlegen womit ich Geld verdienen könnte. Doch ich wusste, dass ich außer Tanzen und Singen nichts konnte. Wer würde mich anstellen? Ich hatte keinen Abschluss, weil mir die Schule egal war. Sie langweilte mich und ich hasste es über Stunden hinweg still zu sitzen. Sein Seufzten riss mich aus meinen Gedanken: „Du machst es mir schwer... Da gibt es doch noch eine Möglichkeit. Ein Workshop, der allerdings schon morgen startet.“ „Ein Workshop?“ „Ja, wir haben sechs Plätze frei, doch wie du bereits weißt, ist uns heute jemand abgesprungen. Wenn du dort teilnimmst, trainierst und wieder fit wirst, dann würde ich es mir vielleicht überlegen, dich zu einem zweiten Vortanzen einzuladen. Und glaub mir, es würde dir gut tun, du hast zugenommen. Dein dicker Hintern macht sich nicht gut auf der Tanzfläche und auf den TV Bildschirmen.“ „Tzz!“ „Also?“, fragte er belustigt. „Ja, gut... Ich nehme daran Teil. Dicker Hintern... Da ist kein Gramm Fett zu viel dran!!!“ „Ich sehe, eines hast du wohl doch mit deiner Schwester gemeinsam.“ „Bitte!?“ „Ihr seid beide Eitel und Ehrgeizig. Na dann, sehen wir uns morgen wieder. Um 11 Uhr am Flughafen.“ „Wo ist der Workshop?“ „Erfahrt ihr dann morgen.“ Der Chef war ein seltsamer Kerl, der sich einen Spaß aus der Unsicherheit seiner Neulinge machte. Doch ich war dankbar, dass er mir zumindest diese kleine Chance gab. Nachdem ich Jenn von Draußen gleich anrief um ihr die Neuigkeiten zu erzählen, überlegte ich mir endlich mal nach Hause zu gehen. Ich wusste nicht was mich nervöser machte. Die Vorstellung schon morgen weit weg reisen zu müssen, oder die Frage, wie Hailey mir gleich gegenüber stehen würde? Mit einem unguten Gefühl öffnete ich die Wohnungstür und hörte mich um. Es herrschte Totenstille. Im Wohnzimmer war niemand, in der Küche auch nicht. Nun wurde ich noch nervöser. Wo könnte sie sein? Sie hatte sich doch wohl nichts angetan... Doch dann fand ich sie in ihrem Schlafzimmer. Sie lag in dem großen Bett und blickte mich mit halb offenen Augen an. Sie hatte schon wieder geweint, ihre Augen und Wangen waren ganz rot. Besorgt setzte ich mich zu ihr auf den Bettrand und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. „Da bist du ja wieder...“, sagte sie leise. „Tut mir leid, ich hatte nicht geplant die ganze Nacht weg zu bleiben. Seit wann liegst du hier?“ „Ich weiß es nicht...“ „Hmm. Magst du aufstehen?“ Ich gab ihr meine Hand und half ihr beim Aufstehen. Ihre Hände fühlten sich kalt und knochig an. Sie war so mager, dass man denken könnte sie würde nur noch aus Haut und Knochen bestehen. Bei einer Körpergröße von 1,70 Metern wog sie auch nur 42 Kilo, was mir Sorgen bereitete. Sie taumelte etwas beim Aufstehen und fiel mir in die Arme. Am liebsten hätte ich sie in diesem Moment niemals mehr losgelassen, doch sie fing sich schnell ab und löste sich wieder. „Tut mir leid... Mir ist etwas schwindelig.“ „Hast du seit gestern denn schon mal etwas gegessen und getrunken?“ Sie drehte sich zu mir und sah verwirrt aus: „Ich weiß nicht...“ „Na, wenn du das schon so sagst, bezweifle ich es mal. Komm mit, ich mach dir was. Und dann hab ich dir etwas zu erzählen.“ „Oh. Gut, ich bin gespannt.“ „Es wird dir nicht gefallen.“ Für einen kurzen Augenblick blieb sie stehen und guckte mir ratlos hinterher. Ich wollte und durfte jetzt nicht schwach werden. Sie hatte es zu akzeptieren und irgendwie mussten wir ja die Wohnung halten. Sie müsste endlich alleine klar kommen, so wie damals, bevor ich mich um sie kümmerte. Ich wusste, dass meine Anwesenheit ihr gut tat. Früher kümmerten sich die Anderen um sie. Jill zum Beispiel. Shinji auch. Aber seit sie gemerkt hatten, dass Hailey auf mich am besten reagierte, ließen sie mich diese Arbeit erledigen. Seither ging es ihr auch besser, mir dagegen schlechter. Ich hatte Mitleid mit ihr und dummerweise begann ich mehr für sie zu empfinden. Sie war so schwach und hilflos... Ich beobachtete sie eine weile schweigend dabei wie sie sich zwang das Essen leer zu bekommen. Und auch das Trinken dauerte eine Weile. Doch sie hatte es geschafft. Jeder leere Teller war ein großer Erfolg. Dann wandte sie sich mir zu zu. Für einen Moment sahen ihre Augen richtig klar aus. Mein Magen zog sich zusammen und meine Kehle fühlte sich trocken an. „Was willst du mir denn erzählen?“ „Ich werde morgen zu einem Workshop gehen um wieder Geld verdienen zu können.“ „Das... Das ist toll. Wirklich, ich freue mich für dich.“ Sie schenkte mir ein gezwungenes Lächeln. Ich wusste, dass sie innerlich unruhig wurde. „Wie lange bist du denn Weg?“ „Wahrscheinlich einige Wochen.“ Ihre Haut wurde blasser als sie sowieso schon war und ihre Augen wurden glasig. „Ich weiß, dass du nicht willst, dass ich gehe. Aber ich muss... Wir brauchen endlich wieder Geld. Du kannst so nicht arbeiten und ich kann eben nur meine Musik machen.“ „Natürlich sollst du gehen und tun was du willst... Wirklich, ich freue mich.“ „Hail, hör auf zu lügen...“ Einen Moment fühlte sie sich offensichtlich ertappt und dann ließ sie ihren Tränen freien Lauf und lehnte sich an meine Schulter. Lange und geduldig saß ich bei ihr und versuchte sie beruhigen indem ich ihr über die Haare streichelte. Es hatte allerdings kaum Wirkung und dauerte einige Stunden bis sie zu müde zum weinen war. Wie sollte sie nur allein und in diesem Zustand hier zurecht kommen? Wahrscheinlich müsste ich meine Schwestern bitten ein Auge auf sie zu werfen. Als Hailey zu schlafen schien, packte ich sie und trug sie ins Schlafzimmer wo ich sie sanft in ihr Bett legte. Doch gerade, als ich mich wieder aufrichten wollte, schlang sie ihre Arme um meinen Nacken und klammerte sich fest. Ich war so erschrocken, dass ich im ersten Moment nichts unternahm um sie schnell von mir loszubekommen. Ich hasste so viel Nähe zu ihr... Dann trieb sie es auf die Spitze und drückte ihre Lippen auf meine. Ich spürte wie meine Knie weich wurden, bezweifelte jedoch, dass sie gerade bei klarem Verstand war. Ich drückte sie etwas von mir weg und sah ihr zufriedenes Lächeln, das mich verwirrte. „Ich liebe dich, Clyde...“, nuschelte sie leise. „Schlaf gut“, antwortete ich und brauchte erstmal frische Luft. Als ich draußen stand und eine Zigarette rauchte, dachte ich mir, dass es wirklich an der Zeit war zu gehen. Der Kontakt zwischen uns hatte brachte nichts Gutes mit sich. Zwar konnte ich Hailey helfen etwas glücklicher zu werden, doch ich wollte es nicht mit diesen Mitteln. Sie sollte ohne Clyde glücklich sein und nicht nur mit der Illusion ihn in Form von mir vor sich stehen zu haben. ~ Jade Coldfire ~ Mein Freund Chris schnurrte wie ein Kätzchen, als ich auf seinem Rücken saß und ihm den Rücken massierte. Wir hatten nicht oft die Gelegenheit unsere Zweisamkeit zu genießen. Ja, wirklich sehr selten, denn immer wenn ich zu ihm ging, musste ich mir eine Ausrede einfallen lassen, was ich Adriano, meinem Bruder, sagen könnte. Meistens halfen mir Fabio - mein anderer Bruder, und meine Eltern dabei. Meine Brüder und ich waren Drillinge und Adriano meinte es nicht böse. Er wollte mir keine Beziehung verbieten, dazu hatte er gar nicht das Recht. Doch er war im Grunde wie ein großer Bruder, der auf Fabio und mich aufpasste. Die Mädels flogen Reihenweise auf Adriano, was ich nicht verstehen konnte. Er sah wirklich sehr gut aus, doch seine schroffe und kühle Art gab mir zu denken. Er wäre nicht mein Typ. Fabio dagegen war immer lustig, fast wie ein Clown. Als Mädchen, das nicht mit ihm Verwandt wäre, würde ich mich wohl eher für ihn entscheiden. Trotz des ganzen Charmes und des Humors, den Fabio an den Tag legte, entschieden sie sich für Adriano. Und so kam es, dass Fabio wirklich noch nie eine Freundin hatte, weil Adriano ihm unbewusst die Aufmerksamkeit der Frauen stahl. Dabei hatte Adriano ja eine feste Freundin und das schon sehr lange. Wir waren nun achtzehn, alle drei, am selben Tag. Ich musste schmunzeln, als ich mich fragte, wie meine Mutter uns drei so lange schon ertragen konnte. Mein Vater machte es sich einfach... Nein, so dürfte ich das nicht sehen. Unser Vater, Ryan Coldfire, ging zur Armee um unserem Land zu dienen. Sicher nicht um Spaß daran zu haben eventuell Leute zu töten, nein. Meine Mutter erzählte, dass sie uns recht jung bekommen haben. Meine Eltern waren vierzehn... Dummheit, würde ich sagen. Obwohl ich meine Mutter nicht so einschätzte. Von ihr hatte ich meinen starken willen, mein Durchsetzungsvermögen und meine strenge Art. Und nicht nur das. Auch meine blonden Haare hatte ich von ihr. Ich färbte mir die Haarspitzen vor einer Weile rot, weshalb mich alle „Spagettieis“ nannten. Eigentlich nicht lustig... Meine teils italienische Herkunft gab meinem starken Temperament nochmals einen großen Schub. Meine Brüder hatten im Gegenteil zu mir die braunen Haare unseres Vaters, dafür aber die grünen Augen von Mama. Das Temperament hat auch bei Adriano seine vollen Ausmaße erreicht nur bei Fabio blieb es irgenwo hängen. Unsere Mutter, Nyria Lombardini, die hübsche Italienerin... Dad hatte einen guten Geschmack. Wieder drückte ich fester auf die Schultern von meinem Freund, der fast einschlief. Sein Anblick trieb mir ein Lächeln aufs Gesicht. „Es gefällt dir.“ „Hör niemals mehr auf“, nuschelte er verschlafen und vergrub sein Gesicht in seinen Armen. Ich hoffte, ich könnte mit Chris für immer glücklich sein. Meinem Dad wäre die Ewigkeit mit Mama nicht vergönnt, denn im Gegenteil zu uns war sie kein Assistant. Als ganz normaler Mensch wurde sie älter und irgendwann würde sie sterben. Langsam verstand ich warum viele von uns Assistants sich beispielsweise mit Cousine oder Cousin einließen. Sie hatten Angst davor den Partner altern zu sehen und zu verlieren. Auch Chris war ein Assistant. Zum Glück. Ich klatschte die Hände zusammen und seufzte: „So, jetzt reicht es aber! Sonst pennst du mir ja gleich wieder ein. Es ist noch so früh und wir müssten eigentlich in die Schule.“ Verschlafen drehte er sich unter mir damit er mich angucken konnte. Diese wahnsinnigen blauen Augen... Wie sie mich immer wieder faszinierten... „Lass uns doch heute mal schwänzen. Ehrlich... Wenn wir nachher wieder gehen, dann müssen wir wieder so tun, als würden wir uns hassen.“ „Vielleicht wandert Adriano ja aus, bevor wir heiraten wollen... Irgendwann halt.“ „Na hoffentlich, sonst kann ich dir das Jawort im Krankenhaus geben. Mit Adde will mich ungern anlegen, auch wenn er seit über sechs Jahren mein bester Freund ist.“ „Dass er seinem besten Freund nichtmal erlaubt mit seiner Schwester zu gehen. Tzz. Ich verstehe ihn nicht.“ „Ich schon. Ich hab damals viel Müll geredet um mit den Jungs mithalten zu können. Vor allem mit Jo.“ „Ach komm, Jo. Der ist ein Fall für sich. Damit darf man sich nicht vergleichen. Was hast du denn geredet?“ „Irgendwas... Jedenfalls denkt Adriano wohl, dass ich ein Aufreißer bin.“ Ich musste lachen. Chris und ein Aufreißer... Ich war diejenige, die ihn verführt hatte und dabei hat er sich sogar richtig bescheuert angestellt. Nun, inzwischen hatte er zum Glück alles drauf, was zu einer Beziehung gehört. Ich legte mich neben ihn und kuschelte mich in seine Arme. „Soso, du willst heute also schwänzen. Was deine Eltern davon wohl halten werden?“ „Die waren doch selber nicht besser und sind trotzdem glücklich. Ich denke nicht, dass sie Einwände haben.“ „Gut, dann gehen wir mal zu ihnen runter, erzählen ihnen von unserem Vorhaben und essen etwas. Ich hab total viel Hunger!“ „Fresskuh...“ Ich erwischte ihn grade noch, als er lachend aufstand und vor mir floh. Ich fühlte mich sehr wohl bei ihm zu Hause. Seine Eltern behandelten mich gut, als wäre ich ihre Tochter. Sein Vater saß schon am Frühstückstisch, während seine Mutter noch mit Küchenarbeit beschäftigt war. Auch Chris Opa war zu Besuch, worüber ich immer besonders freute. „Da hocken sie ja schon alle“, erwähnte Chris etwas erschlagen. Er genoss seine Familie nicht so sehr wie ich. „Guten Morgen Jade!“, begrüßte mich Chris' Mutter Maya. „Guten Morgen Maya, Morgen Maiko, guten Morgen Rico“, begrüßte ich sie alle und setzte mich neben Rico. Er war schon ein richtiger Opa geworden, auch vom Aussehen her. Der Arme! Maiko und Maya hingegen erfreuten sich an dem frischen und ewigen Aussehen, das 25 Jahre mit sich brachten. „Dad, ich sag es dir gleich, wir schwänzen heute“, sagte Chris matt und nahm die Tasse Kakao, die seine Mutter für ihn gemacht hatte, entgegen. Ich beobachtete Maiko's Blicke und Rico musste lachen. „Jaja, dann bleibt eben heute zu Hause, aber wehe ihr verhütet nicht!“, sagte Maya streng und musste auch lachen. Sie gab mir einen frischen und noch dampfenden Kaffee. Sie wusste eben was ich gerne mag. „Ihr seid nicht streng genug zu euren Kindern, wo soll das hinführen.“ „Klappe, Dad!“, schimpfte Maiko nun mit seinem eigenen Vater. Maya, die nun endlich alle bedient hatte ließ sich lachend auf dem Schoß ihres Mannes nieder und schlang ihre Arme um ihn. „Sie sind doch brav! Meistens gehen sie doch zur Schule und über Chris Noten kann ich mich nicht beschweren.“ „Streberjunge“, murmelte Maiko und tat unschuldig. Schneller als ich hinsehen konnte, hatten Vater und Sohn ihre Tassen schon geleert und schenkten sich Kaffee nach. Sowohl Rico, Maya als auch ich beobachteten beide skeptisch, als sie sich jeweils sechs Löffel Zucker in den Kaffee kippten. „Ihr bekommt noch Diabetes. Alle beide.“ „Egal“, antworteten sie fast synchron und tranken weiter. Das muss doch ekelhaft süß schmecken. Es schüttelte mich leicht bei dieser Vorstellung. „So, wir müssen langsam zur Arbeit“, bemerkte Maiko mit einem Blick auf die Wanduhr über uns. Ich bewunderte es, dass Rico in seinem Alter noch so hart schuftete. Wahrscheinlich war seine Frau Scarlett auch jetzt noch mit Schminken und ihren Nägeln beschäftigt. Maiko's Mutter war durchaus eine seltsame Frau. Sie kam nie zu Besuch, Maiko duldete es nicht. Sie machte auch keine Anstalten sich mit ihrem Enkel zu beschäftigten. Mit beiden Enkeln nicht, immerhin hatte Chris ja auch noch seine ältere Schwester Tam, die allerdings eine andere Mutter hatte. Maya erzählte es mir einmal, als wir alleine waren. Wie Maiko eigentlich ihre Schwester Pia geheiratet hatte und mit ihr Tam bekam. Und dann verliebten sich die beiden. Maiko und Maya widersetzten sich ihrer Familie. Er ließ sich von Pia scheiden um mit Maya zu leben. Pia und ihre Mutter Naga schienen ihn auch nicht wirklich gut zu behandeln. Danach zogen die Beiden zusammen und bekamen sechs Jahre später Chris, mit dem ich nun schon seit längerem zusammen war. Eine rührende Geschichte, wie ich fand. Und auch Maiko bekam meine Bewunderung und meinen Respekt, denn er lebte recht sorglos, obwohl er nur noch einen Arm bewegen konnte. Er ging damit arbeiten und das nicht schlechter als seine Kollegen. Ja, er meisterte sein Leben gut und Maya gab ihm die Liebe und das Glück, die ihn täglich mit Kraft beschenkten. Es wurde hektisch in der Küche und Maiko ergriff seine Autoschlüssel. Mit einem Kuss und einen Winken verabschiedete er sich erst von seiner Frau, dann von uns. Im Vorbeigehen wanderte seine Hand nochmal in eine Schale, die mit Schokoriegeln gefüllt waren. Der Mann hatte einen Drang nach Schokolade und vererbte ihn an seinen Sohn weiter. Maya grinste: „Lass dir den Riegel schmecken mein Schatz. Der ist glaub ich schon seit sechs Jahren abgelaufen!“ „Bah!!! Du Kuh! Wieso hebst du sowas auf!“ „Iss ihn schon fertig und komm, sonst kommen wir zu spät“, meckerte Rico und drückte seinem Sohn den Riegel in den Mund, wovon Maiko fast kotzen musste. „Schokolade wird nicht schlecht“, bemerkte Chris entspannt und trank seinen Kaffee mit geschlossenen Augen aus. Ich liebte den Trubel, der hier jeden Morgen zu herrschen schien. Genüsslich biss ich in den Croissant, den ich mir aus der Brotschale genommen hatte. „Was machen wir gleich, Schatz?“, fragte ich ihn voller Tatendrang. „Darf ich dich abzocken? So an der Konsole?“ „Tzz! Diesmal gewinnst du nicht!“ „Haha. Sagst du jedes mal.“ Während Maya weiterhin etwas den Haushalt erledigte, gingen Chris und ich wieder nach oben und setzten uns vor seine PS3. Er hatte schon recht, er besiegte mich immer wieder in dem Kampfspiel, das wir öfter spielten. Und jedes mal drohe ich ihm mit Revanche und schwöre auf meinen baldigen Sieg, der wohl noch lange auf sich warten ließe. Während Chris gechillt neben mir lag und auf einer Salzstange herumkaute, stand ich fast rasend neben ihm und vergewaltigte den Controller. „DU ARSCH!!! DU ARSCH, DAS KRIEGST DU ZURÜCK! NA WARTE!!! AAAAHHHR!!! BÄM!!! HAHA! NEEEEIIIIIN! GOTT EH JETZT LASS MICH DICH DOCH AUCH MAL SCHLAGEN!!!“, schrie ich und holte aus um den Controller irgendwo hin zu schmettern, doch mit zuckenden Armen hielt ich dagegen an um nichts kaputt zu machen. Chris lachte und packte mich an der Taille, womit er mich auf sich zog und mich dann küsste: „Du hast es nicht drauf. Aber dafür kannst du andere Dinge besser.“ „Welche?“, fragte ich grinsend und hatte meine Wut über das Spiel wieder vergessen. „Einige“, antwortete er schlicht und küsste mich erneut. Ich wusste, was er meinte, doch ich spielte gerne mit ihm. Wir beeilten uns nicht möglichst schnell unsere Klamotten vom Leib zu reißen. Nein, so früh am Morgen gingen wir es langsam an und genossen die Stille und die Berührungen. Ich liebte seine Wärme, seine Berührungen und wie er mit mir redete. Eigentlich liebte ich alles an ihm und lächelte zufrieden, während er mir mein Oberteil auszog. Doch plötzlich zuckten wir beide zusammen, als Maya rief. „Chris!!! Adriano ist da!“ „Oh, Scheiße, was will der denn?“ Hektisch suchte ich alle meine Sachen zusammen und hörte schon die Schritte auf der Treppe. Doch ehe ich mir ausdenken konnte, wo ich mich verstecken sollte, gab Chris mir einen schubs und ich fiel mit Schwung in den Wandschrank, den er hinter mir zu schlug ohne mich zu fragen ob es mir gut ging. Durch die Rillen, die etwas Licht in den Schrank ließen, konnte ich sehen was in dem Zimmer vor sich ging. Mein Bruder kam ins Zimmer, als Chris sich gerade hingesetzt hatte. „Hey Alter, warum hockst du hier noch rum?“ „Gute Frage. Und du? Hast du keine Schule?“ „Doch, aber wir haben nach der ersten Stunde zwei Freistunden und da dachte ich mir, dass ich dir einen Besuch abstatte. Bist du krank oder hast du einfach kein Bock?“ „Beides“, antwortete Chris knapp und grinste lässig. Adriano schnaufte und machte sich neben seinem Kumpel breit. „Weißt du, ich find's ja schon komisch, dass ihr heute beide fehlt.“ „Wie?“ „Jade und du.“ „Sie ist heute auch nicht in der Schule?“ „Nee, und ich hab mich gefragt ob du vielleicht etwas damit zu tun hast.“ „Nö, wie kommst du darauf? Die interessiert mich doch garantiert nicht.“ „Wieso nicht? Jade ist doch schon sexy, findest du nicht?“ Ich sah Chris an wie er plötzlich verlegen wurde und um eine Antwort rang. Am liebsten hätte ich meinem Bruder in diesem Moment den Hals umgedreht. Aber ich hatte ein viel zu schlechtes Gewissen ihm gegenüber um ihm deswegen Vorwürfe zu machen. Seit unserer Mittelschulzeit war er es, der die Schläge von den Mitschülern für uns kassierte. Er war es, der sich täglich vor uns stellte und sich verhauen ließ... Wie mutig er dafür die Schmerzen in Kauf nahm nur damit keiner uns einen Kratzer zufügte. Nein, ich dürfte ihm nun nicht in den Rücken fallen und musste dankbar sein, dass er das für uns auf sich nahm. „Adde, bist du gekommen um mich mit deiner heißen Schwester zu verkuppeln?“ „Also doch heiß! Nein, ich bin nur gekommen um zu sehen ob es dir gut geht. Verkuppeln steht nicht auf dem Tagesplan.“ „Ja dann... Kannst du dich ja wieder verziehen. Ich chill heute.“ Für einen kleinen Moment befürchtete ich, dass Adriano auch spontan beschließen würde zu schwänzen und einfach hier zu bleiben. Dann dürfte ich noch Stunden hier drinnen sitzen und denen beim Zocken zuschauen. Und dann gab es noch Maya, die davon nichts wusste und eventuell nach mir fragen könnte. Doch ich schnaufte erleichtert, als Adriano wieder ging. Ebenso erleichtert wie ich, schloss Chris seine Zimmertür ab und ließ mich aus dem Schrank heraus. „Das war knapp“, sagte er und lachte. „Tut mir leid, dass er so ist.“ „Ach... Adde halt. Er ist ja kein schlechter Mensch und nicht umsonst ewig schon mein bester Kumpel. Er wird es verkraften... Irgendwann.“ „Ja, hehe. Hoffentlich ohne deinen Krankenhausaufenthalt.“ „Schauen wir mal. Und jetzt? Sex?“ „Depp...“ ~ Kapitel 3 ~ Verborgene Gefühle ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Da isses :D Kapitel 3! Eigentlich bin ich ja schon bei 13, aber ich mag euch nicht zu oft mit neuen Kapiteln bewerfen. Vor allem diejenigen, die neu angefangen haben zu lesen, werden etwas Zeit brauchen bis sie am aktuellen Stand sind. Für alle die sich vielleicht mal gefragt haben, wie lange ich für ein Kapitel so brauche: 4-5 Stunden, wenn ich mich gut reinversetzen kann :) Übrigens: Haltet ihr Adriano jetzt für ein fieses kleines Miststück? :'D Bis zum nächsten Kapitel Kapitel 4: Aufbruch ins Ungewisse --------------------------------- Kapitel 4 ~ Aufbruch ins Ungewisse ~ Juline Coldfire ~ „Wie kannst du nur von mir verlangen, dass ich mit diesem Teufelsweib zusammen so weit weg reise!?!“, schrie Melody ihren Vater störrisch und wütend an. Meine erste Nacht dort war schrecklich. Fast jede Stunde wurde ich von meinen Alpträumen geweckt. Diesen Morgen wachte ich mit einem dumpfen Gefühl im Magen auf. Er fühlte sich leer an, ich hatte Hunger, aber mir war zu übel um etwas zu mir zu nehmen. Wie unwohl ich mich fühlte... Und wie schrecklich ich sie alle vermisste. Wie hatten Dad und Aris nur die Nacht überstanden!? Hoffentlich würde Chamuel sie wirklich am Leben lassen bis er mich finden würde. „Melody, dein Gemecker nervt langsam, ehrlich! Ich kann sie nicht nach Orlando bringen! Ich habe ein wichtiges Spiel, das ich nicht einfach absagen kann!“ „Du und dein scheiß Basketball!“ „Mein scheiß Basketball sorgt dafür, dass du jeden Tag was anständiges zu Essen hast! Und dafür, dass du immer shoppen gehen kannst, also beschwer dich nicht und tu ein einziges mal was von dir verlangt wird.“ „Das ist zu viel!!! Ich will, dass sie geht und sie nie wieder sehen!“ Langsam fühlte ich mich echt beleidigt. Ich konnte sie ja irgendwo verstehen, aber diese Dinge, die geschehen waren, an mir auszulassen war nicht richtig. Jayden stemmte die Hände in die Hüfte. „Du brauchst dich nicht dafür zu verantworten, was mit mir damals passiert ist, hörst du!? Es war meine Sache, damit hast du nichts zu tun und Juline auch nicht. Es ist nicht deine Aufgabe, ihr diese Dinge vorzuhalten! Ich habe Feye verziehen! Dann tu es auch! Es gibt nichts, was du Juline anschuldigen könntest! Also beherrsch dich endlich junge Dame!“ „Du willst also mein Leben riskieren!?“ „Wer redet denn davon!?“ „Du schickst mich mit dieser gefährlichen Satanistin weg! Vielleicht überfällt sie mich und trinkt mein Blut!“ „Also ehrlich...“, murmelte ich und verschränkte die Arme. „Was hast du bitte für ein Bild von Satanisten.“ „Die machen sowas!“ „Ja, dumme Menschen die den Teufel anbeten, den sie sich völlig anders vorstellen als er vielleicht ist. Satanismus ist ein Glaube den die Menschen sich einbilden. Das was sie mit ihrem Blut treiben hat nichts mit uns zu tun!“, wandte ich ein und schnaufte. Diese Göre war so anstrengend... Jay packte seine Autoschlüssel und zog sich die Schuhe an. Melody und ich waren schon fertig zur Abreise. Sie hatte sich schon den ganzen Morgen dagegen gesträubt, genau wie ihre Mutter, die Jay inzwischen ruhig stellen konnte. Er musste seine Tochter regelrecht aus dem Haus schieben. „Das ist nicht fair!!!“ „Jetzt beruhige dich endlich wieder, Mel. Du fliegst doch nur nach Orlando, zu unserer Familie. Du kennst dort doch alle. Sie werden sich gut um dich kümmern.“ „Klar... Die sind doch alle bekloppt dort! Ich will hier in LA bleiben!“ „In ein paar Tagen darfst du doch schon wieder zurück fliegen, meine Güte! Du bist nunmal gerade die Einzige, die Juline dort hin bringen kann. Ab ins Auto jetzt!“ Während die Beiden noch immer munter diskutierten guckte ich in den Himmel, der nun endlich blau war. Die Sonne blendete mich richtig und ich musste mir die Hand schützend über die Augen halten. Wunderschön... Das Meer funkelte unter dem Licht der Sonne. Am liebsten würde ich alles festhalten, damit ich es niemals vergessen würde, wenn ich erstmal wieder zu Hause wäre. Nun interessierte mich mehr das Auto, wie Jayden es nannte. Ich hatte noch nie eins gesehen. Höchstens in den Büchern, die ich gefunden hatte, doch dieses Auto sah anders aus. Der schwarze Lack glänzte. Wahrscheinlich war dieser Wagen noch nicht sehr alt. Melody riss die Tür derartig auf, dass sie gegen mich schlug. Vorsichtig wagte ich einen Blick in den Innenraum, der mit hellem Leder in Beige überzogen war. „Was ist!? Steig halt endlich ein du blöde Kuh!“, fauchte die Blondine mich an. Ich war weiterhin fasziniert, als ich einstieg und die Tür zu machte. Im Vorderraum hörte ich ein Signal, das ich mir nicht erklären konnte. „Du musst die Tür fest zu schlagen, sonst will das Auto nicht angehen“, erklärte Jayden geduldig und mit einem Lächeln. Meldoy verschränkte die Arme und verdrehte die Augen. „Geht da auch nichts kaputt?“ „Hehe, nein.“ Noch einmal versuchte ich es mit mehr Wucht und hatte Angst, nicht doch etwas zerstört zu haben. Doch Jayden sagte nichts und der Signalton verschwand. „Da!“, sagte Melody grob und warf mir einen schwarzen Gurt entgegen. „Was ist das?“ „Guck halt...“ Sie deutete auf ihren Bauch über den sich der selbe Gurt spannte. Ich guckte mir die Funktion an und befestigte den Gurt in der Schnalle. „Man, bis wir in Orlando sind, vergehen sicher Monate! Wenn die schon mit einem Auto nicht klar kommt, wie wird das dann mit einem Flugzeug?“ „Mel, du bist ein großes Mädchen, du wirst ihr sicher helfen können“, sagte ihr Vater nun etwas genervter und fuhr aus der Einfahrt heraus auf die große Straße. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Dieses Gefühl in einem Auto zu fahren... Eine neue Erfahrung. Und wie schnell man damit vorankam. Die Landschaft war wunderschön! Die Straße führte an dem Strand und dem Meer entlang und meine Augen wurden magisch von dem weißen Sand angezogen. „Wow, alles ist so schön hier!“ „Ja, herrlich“, sagte Melody sofort trotzig und legte einen grimmigen Blick auf. „Warum willst du nicht zu deiner Familie?“, fragte ich sie verständnislos. „Weil ich sie nicht leiden kann!!! Die ganzen Leute in meinem Alter sind kindisch und bekloppt! Die haben nur Scheiße im Kopf!“ „Melody, das letzte mal habt ihr euch gesehen, da warst du zwölf. Ich denke, sie haben sich auch etwas verändert.“ „Tzz... Und wenn schon, Dad.“ „Wie auch immer, ich freue mich schon darauf sie endlich kennen zu lernen“, sagte ich mit Freude. Vielleicht würde es mir dort dann auch wieder besser gehen. Ich war schon so gespannt auf die vielen neuen Gesichter und alle waren irgendwie mit mir verwandt. Wie sie wohl so waren? Vielleicht lustig, aber hoffentlich nicht so ätzend wie die Blondine, die immernoch grimmig dreinschaute. „Haha Melody, dein bester Freund Jo freut sich bestimmt, wenn er dich sieht“, sagte Jayden belustigt. „Wer ist das?“ „Das ist der Sohn meiner Cousine.“ „Hör mir mit dem auf!!! Ich hasse ihn von allen am Meisten! Und jetzt wo du ihn erwähnt hast, bitte ich dich noch einmal: Dreh um!!!“ „Nein, das muss jetzt leider sein, Mel. Wir telefonieren gerne jeden Abend und du hast ja die Kreditkarte. Ich hab heute morgen schon herum telefoniert und ein Hotel für euch gebucht. Dort werdet ihr erstmal bleiben. Zum Glück habe ich noch einen Flug für euch bekommen.“ „Glück!?! Verarsch mich nicht, Dad!“ Sie war so ätzend... Wie konnte man nur so unzufrieden und undankbar sein, wenn man so viel besaß? Sie hatte gute Eltern, einen wahnsinns Wohnort und viel Geld. Dazu noch eine große Familie und im Grunde alles was sie wollte. Ich dachte mir jedoch schon, dass es ihr mit ihrer Art an Freunden mangelte. Wie sollten wir die nächsten Stunden nur gemeinsam auskommen? ~ Raik Coldfire ~ Nach dem langen Flug war ich richtig müde und hätte mich am liebsten erstmal schlafen gelegt. In der Zeit hatte ich auch oft die Gelegenheit noch einmal an Hailey zu denken und an Tam, die mich zum Flughafen begleitete und sich mit den Worten: „Ich liebe dich, wir sehen uns bald wieder, Schatz“, verabschiedete. Ich hatte wirklich einen großen Fehler gemacht indem ich mit ihr schlief. Sie redete sich nun leider eine Beziehung zwischen uns ein und wenn sie erfahren würde, wie es in mir wirklich aussah, würde sie mir die Hölle heiß machen. Natürlich wäre ich dann wieder der „Playboy“ der nur an Sex denkt. Die heiße Karibiksonne brannte mir in den Augen als ich durch die Flugzeugtüre schritt. Lange konnte ich den Anblick von Strand und Palmen aus der Höhe allerdings nicht genießen, denn die anderen Passagiere drängten schon und wollten zu ihren Bussen, die sie in die umliegenden Hotels bringen würden. Für mich und meine fünf Mitstreiter gab es einen extra Abholdienst und ein anderes Hotel. Karibik... Vielleicht hatte ich ja die Gelegenheit meine Eltern irgendwo zu finden. Sie trieben sich immerhin auch hier irgendwo herum. Ich stellte mir jetzt schon Dad's entsetztes Gesicht vor, wenn er mich sehen würde. Er war immer so fertig, wenn er unangekündigten Besuch von mir oder meinen Geschwistern bekam. Er sagte, er müsste sich immer erst drei Tage mental auf seine Kinder einstellen, bevor er sie unbesorgt sehen könnte. Meine Ma stellte sich da nicht so an. Sie ließ es einfach auf sich zukommen. Doch jetzt war die große Frage erstmal, wer unser Teamleiter und Coach wäre. Hoffentlich kein mürrischer alter Sack. Vielleicht eine sexy Lady... Nein, die würde nur zu sehr ablenken. Leider sank mir das Herz irgendwo in die Hose. Es war tatsächlich eine sexy Frau, allerdings eine, die mich nicht auf sexueller Ebene ablenken würde. Nein, sie würde mich ablenken, aber eher mit Aggressionen. Meine Zwillingsschwester Ayane hatte eine Sonnenbrille auf den blauen Haaren sitzen. Ihre einzige violette Haarsträhne drängte sich etwas vor ihr Gesicht im Karibikwind. Unbeeindruckt von meinem Anblick, strich sie sich die Haare zurück. Sie hatte sich aufgetakelt... Eine weiße Hotpants, die nur knapp ihren Hintern bedeckte und ein rotes Top, das gerade so unter ihren Brüsten endete, trug sie heute. Das tat sie gerne... Um die männlichen Teilnehmer aus der Fassung zu bringen und mit ihrer üppigen Oberweite zu prahlen. „Uii, wen haben wir denn da? Wenn das nicht mein geliebtes Brüderchen ist“, sagte sie gespielt erfreut und mit heller quiekender Stimme, als sie ihre Arme um mich legte und auf beiden Wangen küsste. Sie stellte sich vor mich und musterte mich von Kopf bis Fuß, ehe sie ihre Augenbrauen noch oben zog. „Man, siehst du beschissen aus. Fett bist du geworden. Wie viel hast du zugenommen? Zwanzig Kilo!?“ „Fünf...“ „Hm, auch gut. Sieht aus wie zwanzig.“ „Kuh...“ Frech grinsend schlug sie mir ihr Notizbrett gegen den Kopf: „Nicht in diesem Ton, ich bin deine Chefin. Und eure auch!“, dabei wandte sie sich an die fünf Anderen, die noch dabei waren. Zwei weitere Kerle und drei Frauen. Allesamt recht gut trainiert, gute Körper. Hoffentlich könnte ich sie zumindest im Gesang übertreffen. Ayane machte sich Notizen und kaute auf dem Kuli herum. Eine Angewohnheit von ihr, die sich im Laufe der letzten Jahren nicht geändert hatte. „So, womit starten wir das Programm?“ „Dürfen wir nicht erst ins Hotel gehen und uns vom Flug erholen?“, fragte einer der anderen Jungs. „Genau, wir haben Hunger und Durst!“, stimmte eine der Frauen zu. Sie sprachen mir aus der Seele, doch Ayane lächelte nett: „Wenn ich einige Monate auf Tour bin, steige ich nach über dreißig Stunden Flug aus und muss gleich auf die Bühne. Dort muss ich dann weitere drei Stunden herumspringen, tanzen, singen. Beschwere ich mich wegen Hunger und Durst? Nein. Ich sehe trotz aller Anstrengung und Müdigkeit sehr sexy aus.“ Die drei Mädels verdrehten die Augen, in den Augen der Jungs hingegen brodelte die Lust und ich beobachtete wie die Blicke immer wieder auf Ayane's Hintern und ihre Brüste wanderten. Sie wusste es genau wie ich... Und sie genoss es. Sie liebte es, wenn die Männer sie angafften und sich vorstellten, wie sie wohl im Bett sei. Wie sie ohne das bisschen Kleidung aussehen würde. Ja, das war Ayane. Sie strotzte nur so vor Ego. Grinsend lief sie in ihren Highheels durch den heißen Sand und fuhr langsam mit ihrer Hand über die Brust von einem der Kerle. „Du willst mich, oder? Ich sehe es an deinen Blicken... Heiß, wild... Stellst du dir gerade vor, wie ich mich ausziehe, ja?“ „Äh... Tut mir leid... Mir ist gerade etwas heiß“, redete er sich heraus, doch ein Blick nach unten verriet mir, dass da etwas recht stramm stand. Ayane genoss es erneut und lachte: „Gut, es ehrt mich. Es bestätigt, dass es kein Mann gibt, der mir widerstehen kann. Außer der Penner da“, sie zeigte auf mich und grinste erneut: „Ich bin heute allerdings niemand, den ihr verführen könnt. Ich bin eure Chefin und entscheide, ob ihr eine Stelle in unserer Agentur bekommt. Du! Du bist eigentlich schon fast ausgeschlossen, du wirst zu leicht geil, bei dem Anblick einer schönen Frau. Und du, Raik. Du bist zu fett. Deine Chancen stehen bei null! Hahaha. Aber wir versuchen es mal. So, und jetzt nehmt eure Taschen und folgt mir.“ „So eine blöde Kuh“, hörte ich diese Mädels miteinander tuscheln und alle folgten ihr. Das würden einige harte Wochen werden. Wir gingen zu einem anderen Strandabschnitt und ließen unsere Taschen in den glühenden Sand fallen. Die Sonne brannte schrecklich auf meiner Haut, doch in meinen Klamotten war es mir zu warm und ich zog mein Oberteil aus. Die drei Mädels schauten zu mir rüber und eine kam sogar zu mir. „Ist diese Zicke wirklich deine Schwester?“ „Leider, ja.“ „Oh mein Gott... Du Armer.“ Nun kamen auch die anderen Beiden, die meinen Oberkörper anstarrten. Sie waren eigentlich kaum anders als die beiden Männer, die Ayane bei jedem Schritt beobachteten. „Ich bin Jessy“, sagte eine der Dreien und zwinkerte mir kurz zu. Ihre blonden Haare stachen förmlich heraus bei ihrer braun gebrannten Haut. Sie sah schon sexy aus, doch die anderen Beiden hatten es auch in sich. „Mein Name ist Trisha“, erklärte die Schwarzhaarige mit den braunen Augen und die Rothaarige streckte mir die Hand entgegen: „Ich bin Serah.“ „Freut mich euch kennen zu lernen. Raik, heiße ich.“ Jessy schrie kurz schrill auf und sprang hibbelig vor mir herum: „Du bist der Raik!!! Oh Gott, ich hab dich damals so gern gehört und war dein Fan!!!“ „Dieser Raik!? Ja! Natürlich! Ich erinnere mich!“, sagte Trisha und nun sprang auch sie vor mir herum. „Sagt mir nichts, aber anscheinend hast du Fans“, entgegnete Serah und schmunzelte. „Und seid ihr fit, Mädels?“ „So! Genug Smalltalk! Wir machen jetzt erstmal ein paar Übungen für eure Fitness. Wir wollen euch immerhin trainieren, deswegen werdet ihr jetzt alle erstmal eine Runde joggen. Seht ihr das große weiße Hotel dort hinten!? Ihr lauft bis zum Strandabschnitt davon und kommt dann zurück“, ordnete Ayane zufrieden an. Es machte ihr Spaß die Leute herumzujagen. Bevor sie den Startschuss gab, kam sie zu mir und lehnte sich an mich: „Ich erwarte mal, dass du als Erster wieder zurück kommst. Es wäre peinlich sich von Menschen schlagen zu lassen.“ „Was denkst du denn? Willst du mich jetzt extra schikanieren, weil ich Kräfte habe?“ „Sicher! Hahaha, sonst wäre es ja auch einfach. Und die Anderen sollen immerhin eine Chance bekommen, den Job zu kriegen.“ „Ayane, fick dich.“ „Hihi, ich hab dich auch vermisst.“ Sie scheuchte uns los und ich merkte schnell, dass die Entfernung geringer aussah, als sie eigentlich war. Der Sprint durch den Sand schmerzte und war anstrengend. Mir war schrecklich warm. Hätte ich doch nur mehr Sport gemacht. Aber ich gönnte Ayane ihren Triumph über mich nicht. Besonders schneller als die Anderen lief ich jedoch auch nicht. Ich joggte mit den Mädels und mit den Typen, die sich als Max und Alex vorstellten in einer konstanten Geschwindigkeit. „Ich will schlafen“, beschwerte sich Max. Er sah aus wie ein typischer Beachboy. Braungebrannte Haut, blonde Haare, blaue Augen. Alex dagegen war eher dieser coole Hip-Hop Typ. Ein weites und viel zu großes Shirt bedeckte seinen dunklen Oberkörper. Er weigerte sich seine Mütze abzusetzen. Wir alle hofften inständig, dass sie uns erstmal zur Ruhe kommen lassen würde, wenn wir diese erste Aufgabe hinter uns gebracht hätten. Ich wollte endlich in ein Hotel, etwas Schatten, etwas Abkühlung. Doch zumindest hatte ich erreicht, was ich mir erhofft hatte – ich dachte in dem Moment weder an Tam noch an Hailey. Eigentlich genoss ich die Bekanntschaft mit den fünf neuen Gesichtern und die drei Mädels waren mehr als heiß. Vielleicht würde sich sogar noch was ergeben. Nur Sex, auf Beziehungen hatte ich absolut keine Lust. „Da seid ihr ja alle wieder! Und es gibt keinen Gewinner! Habt ihr euch etwa abgesprochen, alle gleichzeitig einzulaufen!?“, fragte Ayane geschockt. „Ja, sowas tun Menschen, wenn sie nicht so egoistisch sind wie du!“, entgegnete ich belustigt. Ich als ihr Bruder durfte mir als Einziger solche Worte herausnehmen ohne gleich rausgeworfen zu werden. Sie grinste ja auch darüber... „So, dann erlöse ich euch halt erstmal von euren Qualen und bringe euch in euer Hotel. Dann habt ihr erstmal zwei Stunden Pause. Danach treffen wir uns wieder in der Hoteleigenen Trainingshalle. Wir sind hier um zu üben, euch für die Branche vorzubereiten und nicht zum karibischen Traumurlaub.“ Das Hotel war groß und sehr Luxuriös. Die Eingangshalle allein war schon mit Marmor gefliest. Solche Dinge kannte ich natürlich schon von früher, doch meine fünf Kameraden bekamen den Mund nicht mehr zu vor Erstaunen. Ayane ignorierte ihre Umgebung komplett und lief gleich zum Empfang um uns anzumelden. Danach überreichte sie jedem von uns einen Schlüssel. „Passt gut darauf auf. Packt eure Sachen aus, macht euch frisch, esst und trinkt, ruht euch etwas aus und in zwei Stunden sehen wir uns wieder, genau hier.“ „Okay, bis dann!“ „Bis später.“ Erschöpft und erleichtert öffnete ich meine Zimmertür und genoss die Stille und den Meeresblick. Alles sah sauber und ordentlich aus. Meine Tasche legte ich erstmal auf einen der beiden Stühle, die neben dem Balkon standen. Zwischen ihnen stand ein kleiner runder Tisch und gleich einen Meter weiter ein kleiner Schrank mit einem winzigen Fernseher drauf. Wenigstens das Bett war groß. Ein Doppelbett für mich ganz allein. Das hatte ich zwar auch zu Hause, doch hier war wirklich alles für mich alleine. Hier musste ich nicht alle paar Stunden aufschrecken und mich nach Hailey umsehen. Wahrscheinlich würde ich die Tasche erst auspacken, wenn mir die Unordnung in einigen Tagen auf die Nerven ginge. Neugierig erkundigte ich mich weiter und entdeckte das kleine Badezimmer, in das man durch den schmalen Flur gelangte. Eine Badewanne, daneben gequetscht eine Toilette und neben der Tür befand sich ein Waschbecken mit einem großen Spiegel, der die Wand über dem Becken komplett ausfüllte. Es war nicht das größte Hotelzimmer in dem ich je gewohnt hab, jedoch zufriedenstellend für eine einzelne Person. Ich wusste, dass Ayane natürlich eine große Luxussuite hatte, aber das störte mich nicht weiter. Sie arbeitete schließlich hart dafür. Schon nach wenigen Minuten wurde mir das Zimmer wieder zu still. Der Fernseher hatte keine Programme zu bieten, wie in so vielen Hotels. Man musste sie sich extra mieten und bezahlen. Da ich knapp bei Kasse war und das TV-Programm nicht von der Agentur übernommen wurde, müsste ich eben ohne Fernsehen leben. Lieber schwang ich mich kurz unter die Dusche und zog mir frische Kleidung über. Ein gemütliches helles Shirt und Shorts sollten genügen. Oben ohne würde ich so schnell hier nicht mehr herumlaufen. Die Frauen hier schienen wahre Geier zu sein. Zufrieden mit meinem Anblick verließ ich das Zimmer und blickte kurz auf die Uhr. Ich hatte nun noch eineinhalb Stunden Zeit und nutzte diese um mir das Hotel und den Pool anzusehen. Hier würde ich gerne Urlaub machen... Der Pool sah sehr verführerisch aus, doch zum Schwimmen hatte ich nun keine Zeit. Ein kleiner mit Steinen gefliester Pfad führte zum Strand, über den sich einige Palmen zogen, die etwas Schatten spendeten. Alles war voll mit Touristen, die ihren Urlaub genossen. Ich beneidete sie. Nur wenige Meter weiter befand sich eine kleine Strandbar, die mich interessierte. Sie wirkte richtig idyllisch, wie im Bilderbuch. Als ich dann ein paar Schritte näher kam, begann ich zu lachen und lief schneller. Vor den bunten Flaschen, die den verschiedensten Alkohol beinhalteten, sah ich doch tatsächlich meine Eltern schuften. Ich hatte ja gewusst, dass sie hier irgendwo arbeiteten, doch dass ich sie so schnell finden würde, hätte ich nicht für möglich gehalten. „Maaaa!!! Daaaad!“, rief ich ihnen laut und fröhlich entgegen und winkte ihnen zu. Sie guckten gleich aufmerksam und erkannten meine Stimme. Meine Ma bekam richtig strahlende Augen, so sehr freute sie sich. Dad jedoch wurde blass und sank hinter der Theke ab. „Raik! Wow! Was machst du hier?!“, fragte Ma erstaunt und kam hinter der Theke vor um mich in ihre Arme zu schließen. „Ich bin mit einem Workshop hier.“ „Du arbeitest wieder?“ „Haha, ja. Ich versuche es. Ayane ist auch hier. Und sie nervt.“ „Als könntet ihr beide euch auch jemals lieb haben. Rick!!! Du Spinner, jetzt hör auf dich zu verstecken!“ Langsam folgte ich Ma hinter die Theke wo Dad leicht zitternd und noch immer blass auf dem Boden saß. „Dad! Was ist?“, fragte ich. „Das... Das kommt echt unerwartet... Ich brauche doch... Mindestens drei Tage... Um mich mental auf Besuch von euch... Vorzubereiten...“, stammelte er, worauf Ma und ich lachen mussten. „Jetzt hör mit dem Scheiß auf!“, lachte ich und er seufzte und stand endlich auf. Dann nahm auch er mich in die Arme. Die Touristen, die an der Bar saßen, guckten schon ganz neugierig. „Willst du nen Drink? Er geht aufs Haus.“ „Hm. Eigentlich sollte ich ja nüchtern bleiben, aber ich glaube etwas Alkohol ist genau das was ich jetzt brauche“, antwortete ich auf Dad's Frage und setzte mich nun auch auf einen der Barhocker. „Wie geht es dir? Kommst du mit Hailey klar?“ „Ja, Ma. Es geht. Sie kostet mich viele Nerven und viel Kraft. Deswegen musste ich erstmal Abstand bekommen und wollte meine Karriere wieder starten. Aber ich hab leider viel verpasst und muss wieder aufholen.“ „Ach, du schaffst das schon. Die arme Hailey. Ich kann immernoch nicht glauben, dass sie so geworden ist. Dass Clyde's Tod sie fertig machen würde, war mir klar, doch ich hatte gehofft sie würde es nach einigen Jahren endlich verkraften.“ „Meiner Meinung nach gehört sie in eine Klinik“, sagte Dad, der damit beschäftigt war meinen Drink zu Mixen. „Klinik ist hart ausgedrückt. Aber irgendwo stimmt es ja. Sie war so lebensfroh... Am wichtigsten ist mir, dass es dir gut geht!“, sagte Ma und guckte mich besorgt an: „Du bist etwas blass und siehst müde aus.“ „Ich bin lange geflogen und konnte mich erst jetzt ausruhen.“ „Nein, das meine ich nicht. Du siehst allgemein ausgebrannt aus. Ich glaube, da sind mehr als ein paar Stunden Schlaf nötig.“ „Hier, Sohnemann!“ Dad gab mir den Cocktail, den ich genüsslich vor mich herschlürfte. „Lecker!“ „Du hättest mal was Anderes sagen sollen, haha.“ „Läuft eure Bar gut?“, erkundigte ich mich, während Dad schon die neuen Bestellungen aufnahm. „Ja, ich kann mich nicht beklagen. Den ganzen Tag hier zu stehen und zu arbeiten ist zwar schon etwas anstrengend, aber wir verdienen gut und haben Spaß mit den netten Leuten.“ Ma lehnte sich etwas zu mir herüber und nahm die Hand zu unseren Gesichtern, damit auch ja niemand etwas hören konnte. „Ehrlich, die halten Rick und mich für ein junges Paar, das sich hier etwas aufbauen will. Wenn die wüssten...“ Nun musste ich laut lachen. Meine Stimmung drückte sich etwas, als Ayane plötzlich zu uns kam und sich einfach neben mich auf den Hocker setzte. „Hallo, Eltern.“ „Oh, Ayane, schön, dass du auch hier bist.“ „Na, Schätzchen?“, fragte Dad überaus nett und lächelte sie so süß an, dass mir schlecht wurde. „Ich sehe, ihr arbeitet mal nicht an der Familienplanung. Mal was ganz neues. Aber so lang ihr glücklich seid. Schmeckt euer Kram denn?“ „Probier es. Ich mische dir vielleicht auch kein Gift rein“, antwortete Dad gehässig und bereitete eine neue Mischung aus Alkohol vor. „Und Ayane, was geht?“, fragte Ma, die sich eine kurze Pause gönnte und sich zu uns setzte. „Bestens. Ich bade im Geld und bin von schönen Männern umgeben. Meistens. Gerade nicht...“, sagte sie sarkastisch und klopfte auf meinen Bauch, womit sie meine fünf Kilo anspielte. „Was ist das Problem, Raik sieht gut aus.“ „Nein, er ist fett und hässlich. Raik, soll ich dir Make-Up kaufen? So welches, das die schwarzen Augenringe etwas verdeckt. Wobei ich mir bei dir gar nicht sicher bin, ob da überhaupt noch was hilft.“ „Halt die Klappe. Du hast die Schönheit auch nicht mit dem Löffel gefressen.“ „Nein, sie wurde mir in die Wiege gelegt. Woher auch immer.“ „Ayane, ist gut jetzt“, sagte Ma etwas eingeschnappt. „Sie meint es nicht so, hahaha!“ „Seht ihr, Dad erkennt meinen Humor. Danke, Papi“, sagte sie und nahm ihren Drink entgegen. „Raik, gehen wir nachher feiern?“ „Das kann ich ihm nicht erlauben, Ma. Der Fettsack ist zum abnehmen und arbeiten hier.“ „Du hast nicht alles zu entscheiden“, giftete ich ihr entgegen. „Doch. In diesem Fall schon. Verdiene etwas Geld und buche dir einen eigenen Cluburlaub, da kannst du feiern bis du umfällst. Aber nicht jetzt und hier.“ Ich lächelte Ma nett an: „Das nächste Mal, Mum.“ „Die gönnt uns nichts, was?“ Lachend ging sie zurück hinter die Theke um Dad zu helfen. Wir saßen noch eine ganze Weile zusammen und Ayane ging uns dann auch nicht mehr so auf die Nerven. Eigentlich lachten wir sie dann eher aus. Die Zeit verging wie im Flug und es war Zeit zurück zur Arbeit zu gehen, worauf ich gar keine Lust mehr hatte. Der Alkohol machte meinen Kopf schwer. Ayane schien es weniger etwas auszumachen. Sie musste sich ja auch kaum bewegen. Wie ein Feldwebel hetzte sie uns durch die Halle, wobei sie es besonders auf mich abgesehen hatte. Mein Shirt war schnell komplett durchgeschwitzt und meine Nerven lagen langsam blank. Es war schon dunkel, als sie uns endlich gehen ließ und in mir staute sich der Frust auf. Irgendwie vermisste ich Hailey und Tam etwas. Dabei wollte ich doch nur meine Ruhe vor ihnen und hatte ich am Mittag sogar noch darüber gefreut nicht an sie zu denken. Doch gerade hatte ich einfach nur den Drang die Stimmen von Beiden zu hören. Durch die Telefonzellen im Hotel konnte man günstig ins Ausland telefonieren. Günstiger als mit dem Handy allemal. Lange überlegte ich welche von ihnen ich als erste anrief und entschied mich für Tam, da sie eine aufbauende Wirkung auf mich hatte. Es klingelte nicht lange, da ging sie schon an den Hörer: „Raik!“ „Hey.“ „Schön, dass du auch endlich mal Zeit findest, dich zu melden!“ „Sorry! Ich war den ganzen Tag mit Arbeiten und Sport beschäftigt.“ „Ja, komm. Erzähl mir kein Stuss. Bestimmt hast du irgendwelche Groupies oder Beachgirls gefunden und dich mit ihnen vergnügt.“ „Ooookay... Ich ruf dich an, weil ich müde und fertig bin. Eigentlich hatte ich mir ein paar nette Worte erhofft, stattdessen machst du mir ne Szene.“ „Tzz! Da meldest du dich endlich und ich darf mir sowas anhören. Weißt du was? Amüsier dich halt mit den Weibern!!!“ Dann legte sie einfach auf und ließ mich verwirrt hier stehen. Ich verstand die Welt nicht mehr und wusste gar nicht was auf einmal los war. Bevor ich ging war doch noch alles in Ordnung. Aus Verwirrung wurde Wut und ich wollte zumindest noch Hailey anrufen, doch da ging niemand ran, was mich noch wütender machte. Da ist man jahrelang immer da, aber wehe man hat selbst Probleme, dann steht man alleine da, so wie ich gerade. Frustriert lief ich zurück zu meinem Zimmer, wo Jessy stand. Sie hatte das Zimmer genau gegenüber von mir und lächelte mich an. „Hey, du bist ja noch unterwegs. Gar nicht müde?“ „Doch, total. Aber eher frustriert gerade. Nichts läuft wie es soll.“ „Hmm... Möchtest du noch mit herein kommen und reden? Ich habe Zeit und wollte sowieso noch nicht schlafen gehen.“ Natürlich wusste ich worauf sie hinaus wollte, doch ich hatte gerade nichts dagegen und folgte ihr. Ihr Zimmer sah genauso aus wie meins, nur ihre Sachen waren schon ordentlich in die Schränke verpackt. Ich setzte mich auf einen der Stühle, die auf dem Balkon standen. Sie hatte im Gegensatz zu mir keinen Meeresblick, sondern den Pool vor dem Fenster. Von oben herab sah die Pool Landschaft im Dunkeln herrlich aus. Sie bot mir eine Zigarette an und setzte sich neben mich. „Wie ist das Leben als Star?“ „Turbulent, anstrengend... Aber gut. Die Menschen rennen dir hinterher, du hast immer Geld, aber nie Zeit.“ „Klingt ja, als würde man von seinem Geld nicht viel haben.“ „Nun, man kann es sparen, sich Luxus aneignen, von dem man dann auch nichts hat. Die Partys, auf denen man auftritt, sind meist kostenlos weil man Gäste anlockt, die Geld bringen.“ „Hattest du schon viele?“ Ich guckte sie fragend an und pustete den Rauch meiner Zigarette in die Luft. „Viele was?“ „Groupies im Bett.“ „Direkte Worte...“ „Was dagegen?“, fragte sie mich mit einem charmanten Lächeln. Ich mochte ihre blonden Haare. Sie erinnerten mich an Hailey, obwohl sie viel länger waren als ihre. „Verdammt viele...“ „Dann musst du gut sein... Überzeuge mich.“ Nun blies sie mir ihren Zigarettenrauch direkt ins Gesicht und schenkte mir herausfordernde Blicke. Ohne Worte stand ich auf, packte sie und zog sie hinein, wo ich sie aufs Bett warf. Nachdem ich mich über sie beugte und ihren Hals küsste, hielt ich kurz inne: „Ich will gleich klarstellen – Sex, keine Beziehung.“ „Wenn du gut bist, würde ich die nächsten Wochen gerne öfters die Nächte mit dir verbringen. Nur so lange wir hier sind.“ „Einverstanden. Das werden wir... Ich geb dir Garantie darauf.“ ~ Kapitel 4 ~ Aufbruch ins Ungewisse ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 5: Einblicke -------------------- Kapitel 5 ~ Einblicke ~ Aris ~ Seit unzähligen Stunden saßen wir also schon hier fest und es machte nicht den Anschein, als würde sich bald etwas an unserer schrecklichen Situation ändern. Die gesamte Nacht brachte ich kaum ein Auge zu, obwohl mich die Müdigkeit zu erdrücken drohte. Wäre ich jetzt in meinem Bett und in einer anderen Situation, würde mich wohl nichts mehr vom Schlafen abhalten können. Doch ich war nicht in meinem Bett... Es war die erste Nacht in meinem Leben, die ich ohne meine Eltern verbrachte. Natürlich schlief ich schon seit meiner Kindheit nicht mehr bei ihnen, aber es war die erste Nacht wo ich wusste, dass sie nicht mehr da waren. Über ihren Tod machte ich mir zuvor nie Gedanken. Warum auch? Es herrschte Frieden und sie waren Engel. Engel starben bekanntlich nicht an Altersschwäche und ich ging automatisch davon aus, dass wir die Ewigkeit zusammen verbringen würden. Allerdings war nun alles anders gekommen und die einzige Person, die ich noch hatte, saß mit mir eingesperrt in dieser Zelle und verzog das Gesicht vor Schmerzen. Ich hatte Luzifer vor einigen Stunden geholfen sein Oberteil auszuziehen um mir seine Rippen einmal anzuschauen. Sie komplette Seite war mit tiefblauen Flecken überseht und besorgte mich sehr, doch ich war zu geschwächt um meine Kräfte noch einmal zur Heilung einzusetzen. „Du musst schnell verarztet werden“, sagte ich leise, als Luzifer sich aufrichtete und erneut seine Augen zusammenkniff. „Ist doch nun eh egal...“ Seine Augen wirkten leer und glasig. Er vermisste Feye, das konnte man ihm gut ansehen. Und nicht nur sie... Natürlich trauerte er auch um meine Mutter und hatte Angst um Juline. „Ihr wird bestimmt nichts passieren.“ „Und wenn... Wie soll es weiter gehen? Angenommen irgendjemand kommt und schafft diesen Irren beiseite? Was soll aus uns werden... Ich kann mir dieses Leben ohne Feye gar nicht vorstellen.“ „Du hast so viele Jahre davor auch ohne sie gelebt. Was war da?“ „Nichts... Doch, Hass vielleicht. Aber ich möchte nicht mehr zum Monster werden, das bin ich meiner Frau schuldig. Sie würde es nicht wollen.“ „Ich auch nicht. Juline und ich brauchen dich. Du darfst dich nicht aufgeben.“ „Wenn er euch tötet, gibt es nichts mehr wofür sich das Leben lohnt.“ Er betrachtete die Situation mit allem Pessimismus, den er zu bieten hatte. Aber zurecht! Wie sollte man auch noch einen positiven Gedanken fassen angesichts unserer Lage? Nein, ich dürfte nicht auch noch damit anfangen mich gehen zu lassen. Irgendwie würden wir es schaffen ein gutes Leben zu führen – für unsere verstorbenen Liebsten. Irgendwie würden wir wieder glücklich werden. Vorausgesetzt wir würden dies hier überhaupt überleben. Mit kleinen Tränen in den Augen lehnte ich mich an seine Schulter und versuchte diese bitteren Gefühle irgendwie zu ertragen. Immer wieder sah ich das ausgelassene Lachen und die Fröhlichkeit meines Vaters. Wie er meine Mutter damit aus ihrer trüben Art lockte und sie zum strahlen brachte. Ich genoss es, die beiden zu beobachten. Sie war ihm immer so unendlich dankbar, dass er ihr Liebe und Glück geschenkt hat. Meine Mutter war von Natur aus innerlich nicht wirklich fröhlich, doch mit meinem Vater wurde sie zu einer anderen Person. Mir fehlten ihre Gesichter... und Papa's sanfte Stimme. Je mehr ich an die Beiden dachte, desto mehr brannte es in meinem Herzen und meine Kehle drohte sich komplett zusammenzuschnüren. Irgendwie hatte ich Angst demnächst an meinen Tränen zu ersticken. Für einen kurzen Moment wandelte sich meine Trauer in Wut, als Chamuel durch die Tür kam und wir ihn erblickten. Luzifer reagierte gar nicht besonders auf ihn. Er hatte eine Tüte Gummibärchen in der Hand, die er schweigend in sich reinstopfte, während er uns von oben herab beobachtete. Dann grinste er. „Die sind lecker. Solltet ihr auch mal probieren. Habt ihr Hunger? Schade, ich hab euch leider nicht fürs Abendessen eingeplant“, fügte er gehässig hinzu und nahm ein weiteres Gummibärchen in den Mund. „Verschluck dich nicht“, zischte ich kaum hörbar. „Was willst du?“, fragte Luzifer nun genervt. Er lächelte uns höflich entgegen, als seien wir seine Gäste. Die leere Tüte seiner Gummibärchen ließ er einfach fallen und kickte sie zwischen den Stäben zu uns durch. „Nun... Ich habe mich gefragt, wo deine kleine Tochter denn nun eigentlich stecken könnte. Wisst ihr... Ich kann sie mit meinen Kräften nicht ausfindig machen und das hat bestimmt einen Grund, den ihr mir nennen könnt. Ihr wisst bestimmt wo sie ist.“ „Nein“, antwortete Luzifer bestimmend. „Selbst wenn ich es wüsste!!! Eher würde ich sterben, als dir Bastard zu sagen wo sie ist!!!“, schrie ich ihn aufgebracht an, worauf er wieder grinste. „Du weißt es also.“ „Das habe ich nicht behauptet.“ „Aris...“, ermahnte mich Luzifer. Er hatte natürlich recht, ich verhielt mich viel zu aggressiv für meine Position. „Schätzchen, deine Augen glühen ja schon ganz rot. Wir werden doch nicht etwa wütend sein? Vielleicht sprichst du auch eher, wenn dein geliebter Großvater nicht dabei ist. Sag Tschüss, Opa Luzifer.“ Dabei riss er die Tür auf und griff mich in den Haaren, was schrecklich weh tat. Natürlich versuchte ich mich zu wehren und natürlich wollte Luzifer aufspringen um mir zu helfen, doch er hatte noch zu große Schmerzen und verzog bei jeder Bewegung das Gesicht. Weiterhin an den Haaren zerrte Chamuel mich mit sich und schloss Luzifer wieder ein. Ich wehrte mich so lange bis wir in Luzifers ehemaligen Arbeitszimmer angekommen waren und er mich heftig gegen den Holztisch stieß. Gerade noch rechtzeitig konnte ich mich mit den Händen auffangen, damit ich mir nicht den Kopf dagegen schlug. „Wo ist sie!?“, fuhr er mich an, und ich taumelte etwas, bevor ich mich ihm entgegen wandte. „Nochmal! WO IST SIE!?“ „Ich weiß es nicht.“ Er holte aus und ohrfeigte mich mit der Rückhand, was immer besonders weh tat. „Sag es! Du weißt wo sie ist!“ „ICH WEIß ES NICHT!“ Und ich wusste es wirklich nicht... Woher auch? Ich hatte sie zuletzt gesehen, als wir vor meinem toten Vater knieten und bevor ich auf Chamuel losgegangen war. Ich konnte mir lediglich vorstellen, dass Sacred Feye mittels ihrer Kräfte verhinderte, dass er Juline aufspüren konnte. Aber ich war fest entschlossen eher zu sterben, als es ihm zu sagen. „Ich verliere langsam die Geduld, Engelchen.“ „Dann töte mich eben...“, sagte ich trotzig und verlor den Boden unter den Füßen. „Ich kann dich auch anders zum Reden bringen. Überlege es dir ein letztes mal.“ „WAS WILLST DU EIGENTLICH!? DU WEIßT JA GAR NICHT WIE ES SICH ANFÜHLT EINE GELIEBTE PERSON ZU VERLIEREN!!!“ Er lachte laut auf und zerrte mich an den Haaren wieder nach oben: „Ich würde aufpassen, was ich an deiner Stelle sage. Du hast gar keine Ahnung von Gott und von deinem Opi! Also, wo ist die Schlampe!?“ „Ich weiß es nicht...“, antwortete ich resigniert und wusste, dass er mich nur noch einmal fragen würde, und zwar nachdem er mir Schlimmeres angetan hätte. Wieder schlug er mich und schubste mich mit dem Bauch an den Holztisch, ehe er anfing mir die Kleider vom Leib zu reißen. Was auch immer er tun würde, ich würde kein Wort über Sacred Feye und Juline verlieren... Auch wenn ich so schreckliche Angst hatte. Ich wusste, was er vorhatte und ich hatte Angst vor den Schmerzen. Ich hatte noch nie Sex und wollte ihn so auch nie erleben. „Lass mich in Ruhe!“, fuhr ich ihn erneut an, doch ich hatte kaum noch Kraft und fühlte mich ihm wehrlos ausgesetzt. Plötzlich hielt er inne, als die große Tür aufging und die beiden Frauen hereinkamen, die uns am vorigen Tag in unsere Zelle gebracht hatten. Die braunhaarige wirkte dabei deutlich zurückhaltender als die mit den schwarzen Haaren. „Lord... Wieso vergeht Ihr euch an diesem hässlichen Weib?“ „Was willst du, Fiona?“, fragte er genervt und stieß mich zu Boden. Hoffentlich würden sie ihn derart ablenken, dass er sein Vorhaben mit mir vergessen würde. Noch war mir ja nichts passiert. Mir fehlte zwar der untere Teil meines Gewandes, aber ich hatte zumindest noch meine Unterwäsche an. Diese Fiona, gab sich ihrem „Lord“ vollkommen hin und drängte sich ihm auf um ihn zu verführen. Als sie schon halb nackt war, nahm sie ihn mit in das Nebenzimmer. „Riann, du gehst auf diese verfluchte Erde um die Schlampe zu suchen!“, befahl er der anderen Frau noch bevor er hinter der Tür verschwand. Sie nickte ergiebig, aber mit traurigen Blicken. Wieso arbeitet ein Mädchen wie sie für so einen Kerl? Ihr Handeln wirkte alles andere als freiwillig. Gerade, als ich aufstehen und ihr folgen wollte, erschienen zwei Dämonen neben mir und packten mich an den Armen. Es waren nicht die Dämonen, die zu uns gehörten und uns treu dienten... Sie sahen ihnen zwar ähnlich, aber waren doch ganz anders. Größer, kräftiger... Und viel stärker. Unsere Dämonen waren manchmal echt dämlich, sie redeten viel. Diese hier schwiegen komplett und ließen sich erst gar nicht auf irgendwelche Verhandlungen ein. Mit Wucht warfen sie mich zurück in die Zelle, wo ich Luzifer in die Arme fiel. Er guckte mich schockiert an, als er meine Kleidung bemerkte. „Was hat er gemacht!?!“ „Nichts... Es geht mir gut...“ „Aber deine Kleider!“ „Ja... Er wollte mich dazu zwingen zu reden. Aber in dem Moment sind seine Dienerinnen gekommen und haben ihn abgelenkt.“ Erleichtert, dass mir nichts Ernsthaftes passiert war, schloss er beide Arme fest um mich und drückte mich an seine Brust. Was, wenn Chamuel sein Vorhaben nicht vergessen hatte und direkt weiter machen würde, wenn er mit seiner Schlampe fertig war? Zitternd und weinend blieb ich in Luzifers Armen sitzen und versuchte nicht daran zu denken. Doch es dauerte nur eine geschätzte Stunde, da stand er schon wieder vor den Gittern und mir stellten sich die Nackenhaare auf. Wenn er mich jetzt wieder herauszerren würde? Und ihn diesmal niemand ablenken käme? Ich graute mich vor der Vorstellung. Luzifer schlang die Arme mit einer schützenden Geste fester um mich und er würde mich festhalten, mit aller Kraft. „Entspann dich, Luzifer. Wenn ich die Alte haben will, dann kannst du mich eh nicht daran hindern.“ „Wie wär's, wenn du dich mal entspannst? Lass Aris da raus. Sie hat nichts damit zu tun, was passiert ist, genau wie Juline. Und meine Frau und Tochter eigentlich auch. Wenn du magst, kannst du mit mir reden, mich mitschleifen und mich mit Fragen bombardieren. Meinetwegen kannst du mich auch umbringen oder zusammenschlagen, wie dir beliebt. Aber lass sie in Ruhe!“ „Wie heldenhaft... Du bietest mir reden an? DU!? Reden... REDEN!!! VERDAMMT!!! DAMALS WOLLTEST DU AUCH NICHT REDEN! WIE EIN BLINDER HAST DU DEINEN BESCHISSENEN AUFTRAG DURCHGEFÜHRT! ICH WILL NICHT REDEN! DU SOLLST VERDAMMT NOCHMAL WISSEN WIE ES SICH ANFÜHLT! DU UND GOTT!!! Nicht, dass euch einmal gereicht hätte... Nein, zweimal musstet ihr mir alles nehmen... Und du kommst mir, von wegen wir könnten reden. Ein Scheiß mach ich!“ „Wie ein stures Kind“, gab Luzifer unbeeindruckt zurück und Chamuel ballte die Fäuste. Ich hatte Angst, dass Luzifer ihn noch weiter provozierte und er es eventuell dann wieder an mir auslassen würde. Gerade als Chamuel wohl den Höhepunkt seiner Wut erreicht hatte, lachte Luzifer leicht auf, was ihm wohl große Schmerzen bereiten musste. „Wer regiert eigentlich derzeit das Himmelsreich?“ „Wie?“ Chamuel war so verblüfft von Luzifer's Themenwechsel und einfacher Frage, dass er auf einmal seine ganze Wut vergessen hatte. Was wollte er damit bezwecken? Vielleicht genau das? Er wusste wohl, wie er geschickt ablenken konnte. „Warum?“, hakte Chamuel skeptisch nach, weil er nicht verstehen konnte, wie Luzifer in dieser Situation auf so eine belanglose Frage kam. „Na, einfach so. Wer regiert gerade? Früher habe ich ja regiert. Und wer tut es seit dem? Lumen?“ „Lumen? Nein. Metatron...“ „Der Metatron!? Der alte Sack?“ „Ja, genau der alte Sack.“ „Oh Man, seine Predigen werde ich wohl nie vergessen.“ „Nicht nur du... Sein ewiges Gemeckere über das Gleichgewicht und so ging mir schon immer auf die Nerven.“ „Haha, ja und wie er uns immer auf die Finger geschlagen hat, wenn wir lieber geredet haben, statt seine Lehren zu beachten.“ Ich konnte kaum glauben, was dort vor sich ging... Sie unterhielten sich urplötzlich wie alte Kumpels. Die Stimmung zwischen ihnen war kein bisschen angespannt. Als wären sie ewig befreundet und hätten sich nie etwas Böses angetan. Als... Wären sie noch die beiden Engel, die sie früher waren. Ich klammerte mich noch immer an Luzifer, während ich ihnen dabei zuhörten wie sie Metatrons Art zu sprechen imitierten und dann lachen mussten. „Als ich noch regierte, wollte er mir immer dazwischen reden, weil er seinen Willen durchsetzen wollte... Tja, jetzt hat er was er schon immer wollte. Der alte Knacker.“ Nun seufzten beide resigniert. Während er sich so locker mit Luzifer unterhielt, fragte ich mich, was Chamuel angetan wurde, dass er solch einen Hass in sich trug. Für einen kleinen Moment schien er gar nicht so böse zu sein. Er faszinierte mich sogar etwas. Wer war er vorher? Was war ihm passiert? Fragen, die ich Luzifer bisher nicht mehr stellte und Themen, die ich nicht mehr angesprochen hatte. Als ich Chamuels ausgelassenes Lachen sah, kam in mir der Drang hoch, es zu erfahren und mehr über ihn herauszufinden. ~ Jade Coldfire ~ Wie fast jeden Tag traf sich unsere kleine Clique mittags um miteinander Spaß zu haben und zum Faulenzen. Was der Begriff „klein“ überhaupt der Richtige für die Anzahl unserer Freunde, die sich immer trafen? Ich guckte durch die Runde... Adriano, Fabio und ich... Meine beste Freundin Carolina, die wir allerdings immer Caro nannten. Sie war zudem noch meine Cousine und die Tochter von Jill und Shinji. Dann waren da noch Chris und Jo. Ich wünschte mir ja mehr Mädels in unserer Clique, doch außenstehende Mädchen dazu zu holen war eine schlechte Idee. Wir waren alle Assistants. Und natürlich redeten wir auch ab und zu über unsere Kräfte. Das waren nun wirklich keine Themen für irgendwelche Mitschüler, die dann vielleicht alles ausplaudern würden. Jo zog kräftig an seiner Zigarette und gab sie an Adriano weiter. Sie waren die einzigen beiden Raucher in unserer Clique. „Was machen wir?“, fragte Chris und gähnte etwas. Mir fiel nichts ein. Den Anderen scheinbar auch nicht, denn sie schwiegen und beschäftigen sich mit anderen Dingen. Caro spielte mit ihrem Smartphone, während Fabio im Schneidersitz auf der Straße saß und noch an seinen Schulaufgaben arbeitete. „Ich hab's!!! Wir kaufen uns Vanilleeis!“, schlug Jo voller Tatendrang vor. Wir alle blickten ihn skeptisch an. „Warum?“, fragte Caro und ließ den Blick nur ganz kurz von ihrem Spiel ab. „Wir könnten es auf unseren Körpern verteilen und es uns gegenseitig runter lecken, hahaha!“ „Iiih“, entgegnete ich. Auch Chris und Adriano verzogen die Mine. Caro gab ein kurzes Ächzen von sich. „Ich weiß schon wo du es hinschmieren würdest“, sagte ich abgeneigt und verschränkte die Arme, während ich mich an Fabio lehnte und kurz guckte, was er da eigentlich schrieb. Er kritzelte irgendwelche komischen Strichmännchen in sein Matheheft. „Jo, du bist widerlich“ „Du bist auch geil, Caro.“ „Scheiß Idee. Lass dir was Anderes einfallen“, entgegnete Adriano darauf hin schroff und warf Jo einige tödliche Blicke zukommen. Kurz wechselten meine Blicke zwischen ihm und Caro. Ich vermutete ja, dass da was zwischen den Beiden lief. Doch Adriano hatte eine Freundin, die er uns noch nie vorgestellt hatte. Er sagte immer, sie hätte viel zu tun... Und das schon seit fast zwei Jahren. „Hört mal auf, Jo zu dissen“, murmelte Fabio ohne uns großartig zu beachten. „Dissen? Wo sind wir?“, fragte Chris verwirrt. „Der Junge sagt es! Hört auf mich zu dissen! Gut, wenn ihr kein Eis wollt, dann hab ich noch eine gute Idee.“ Wir seufzten schon. Das konnte mit nichts Gutem enden. Alles, was Jo vorschlug, hatte immer mit Sex zu tun. Er grinste schon wieder Triumphierend auf und legte einen Arm um Adrianos und Chris' Schulter. „Wir drehen einen Porno!!!“ „WAS!?“, schrien Caro und ich entsetzt auf, während die Jungs ihn neugierig anblickten. Sogar Fabio diesmal. „Ja! Jade und Caro sind die Hauptrollen und ich nagel euch beide! Gut?“ „Ich filme es“, schlug Fabio gleich vor und kassierte einen Schlag auf den Hinterkopf von mir. „Was geht?!“, fragte Caro genervt mit dem Blick auf dem Spiel gerichtet. „Abgelehnt“, antworteten Chris und Adriano gleichzeitig und blickten sich wiederum verwirrt an. „Habt ihr eigentlich nur Scheiße im Kopf?“, fragte ich entsetzt und stand auf. Jo lächelte nur charmant und Adriano verschränkte die Arme, sowie Chris auch. Fabio schien schon fast ein wenig enttäuscht und Caro war abgelenkt von ihrem Spiel. „Leute... Wir brauchen mal wieder Stimmung in der Runde. Jeden Tag stehen wir hier und fragen uns stundenlang was wir tun könnten. Und bis uns dann vielleicht was einfällt, ist es schon wieder Zeit nach Hause zu gehen.“ „Ich dachte, wir chillen“, entgegnete Jo meiner Rede. „Die Porno Idee ist echt Scheiße“, beschwerte sich Chris erneut. Er konnte die Vorstellung von Jo und mir nicht dulden. Aber Jo wäre eh der Letzte, den ich an mich lassen würde. „Gehen wir zu Mc' Donalds“, sagte Fabio unbekümmert und erntete gleich Zustimmung von Jo und Chris. Ich war eigentlich auch dafür und Caro gab nur ein leises „mhm“ von sich. „Zu Mc'es? Alter, was wollt ihr immer da? Ich bin dagegen, bin pleite“, grummelte Adriano. „Haben wir nicht letzt erst Taschengeld bekommen?“, fragte Fabio verwundert und guckte mich an. Ich nickte: „Was machst du immer mit deinem Geld? Du hast nie Geld...“ „Ich hab eben ne scheiß teure Freundin. AHR!“ „Huch...“, sagte Caro relativ unbetroffen, als sie ihren Becher Cola zu fest drückte und sie Adriano fast komplett über das Oberteil geschüttet hatte. Dann warf sie den Pappbecher hinter sich und lief lässig, mit dem Blick erneut auf ihr Handy gerichtet, voraus. „Ich spendiere dir das Futter“, bot Chris meinem Bruder an und Jo lachte. „Wann sehen wir deine scheiß teure Freundin eigentlich endlich mal?“ „Keine Ahnung, Fabio. Wann sie mal Zeit hat?“ „Sie hatte die letzten zwei Jahre keine Zeit!“, entgegnete ich trotzig und drängte mich zwischen ihn und Fabio, woran sich beide nicht störten. „Sie ist eben sehr beschäftigt.“ „Hoffentlich hat sie wenigstens genug Zeit für Sex.“ „Du denkst auch nur an Sex, oder Jo?“ „Jep“, antwortete er mir mit einem breiten Grinsen. Ab und zu blickte ich unauffällig zu Chris. Ich hatte das Gefühl, dass sich unsere Blicke jedes Mal zufällig trafen, wenn ich das tat. Als wüsste er genau, wann er auch mich angucken sollte. Gerne würde ich an seiner Hand laufen. Irgendwann würde der Tag wohl auch kommen, an dem Adriano die Wahrheit erfahren würde. Doch dieser Tag sollte nicht heute sein. Zu sechst gingen wir in den Laden und machten uns an einem großen Tisch breit. Die Jungs holten unsere Bestellungen, während ich mit Caro den Platz hielt. „Sag mal Hasilein, bist du süchtig danach?“ „Ich hab das Handy erst seit gestern. Das Game ist toll.“ „Du glotzt ja nur noch da rein.“ „Na und? Ich verpasse doch nichts. Die Kerle haben sowieso nichts zu bieten, was meiner Blicke würdig wäre.“ Dann mussten wir beide kichern. Ja, da hatte sie wohl recht. Caro war manchmal seltsam... Sie war eitel und ihre braunen Haare konnte sie nicht leiden, deswegen färbte sie sie zweimal im Monat blond nach. Sie ging gerne shoppen und hatte immer die neusten Klamotten. Natürlich auch die neusten Handys. Sie war ein beliebtes Mädchen, das selbstbewusst war und viel von sich hielt. Vielleicht manchmal zu viel. Aber man konnte Spaß mit ihr haben und ich mochte sie, trotz ihrer Macken. Es wunderte mich, dass sie nie einen Freund anschleppte. Eigentlich sprach sie sowieso nie von Jungs und guckte sie sich auch nicht an. Irgendwas schien da nicht ganz zu stimmen oder es war nur eine Phase, in der sie einfach nur sich selbst am nächsten war und keine Beziehung wollte. Wahrscheinlich wäre sie auch eine schwierige Freundin, mit vielen Erwartungen und Wünschen, die ihr Kerl erfüllen müsste. Caro konnte wirklich ziemlich zickig sein, wenn sie nicht bekam, was sie wollte. Shin verwöhnte sie immer viel zu sehr. Ihre Eltern ließen sich lange Zeit überhaupt ein Kind zu bekommen. Ich glaube, als Jill hörte, dass ihr kleiner Bruder – mein Vater – nun auch schon Kinder bekommen würde, wollte sie einfach mithalten. Shin ließ nichts auf sein kleines Mädchen kommen und da er gut verdiente, hatte sie auch immer viel Taschengeld. Meine Eltern hatten auch nicht viele Geldsorgen. Mein Vater hatte als Soldat mehr als genug verdient und würde wahrscheinlich wieder zum Dienst antreten, sollte es wieder knapp werden. Doch das Leben mit drei Kindern war recht teuer und so mussten wir etwas gezügelt leben. Ich mochte meinen Dad und wollte nicht, dass er so schnell wieder gehen würde. Aber ich hatte das Gefühl, dass es Adriano hingegen gar nicht schnell genug gehen könnte. In dem Moment kamen die Jungs zurück und breiteten die vier bis zum Überlaufen gefüllten Tabletts auf dem großen Tisch aus. Wir griffen beherzt zu den Dingen, auf die wir gerade Lust hatten. Es gab ja mehr als genug. „Adde, wenn wir immer so viel hier futtern, müssen wir bald mal wieder trainieren gehen“, sagte Jo und knabberte genüsslich an seiner Pommes mit Mayo. Adriano guckte skeptisch auf das Essen: „Es ist unsere vierte Orgie in sieben Tagen. Ja, ich glaube wir sollten bald mal was ausmachen zum Training.“ „Fabio, Chris, warum kommt ihr nie mit?“, fragte Jo und war schon wieder bei der nächsten Portion angekommen. Er schaufelte wie ein Bagger. „Ich finde es unnötig. Hab keine Lust auf große Muskeln“, antwortete Chris. „Ich lebe, so wie ich will. Wenn ich essen will, dann tu ich das ohne über meinen Körper nachzudenken“, fügte er noch hinzu. Ich liebte ihn und seine Ansichten so sehr... Er machte sich nie wirklich Gedanken um etwas sondern ließ alles ganz langsam auf sich zukommen. Adriano und Jo waren nun nicht die Bodybuilder schlechthin. Sie waren auch nicht so besessen, dass sie unbedingt jeden Tag trainieren mussten. Doch einmal die Woche oder spätestens nach zwei Wochen, trafen sie sich immer. Dass Adriano so viel mit Jo unternahm gab mir manchmal etwas zu denken. Jo war nicht wirklich das beste Vorbild für einen normalen jungen Mann in Adriano's Alter. Er brachte ihn fast nur auf schlechte Gedanken. Eigentlich wollte ich Jo nicht schlecht reden. Er hatte ja auch einen guten Kern. Aber manchmal war er unausstehlich. „Unser Fabsi und Muskeln... Kann ich mir gar nicht vorstellen, haha.“ Adriano lachte, bevor Fabio sich dazu äußern konnte. Wieder spürte ich wie sehr Fabio durch Adrianos unbewusstes Verhalten unterging. Er beschloss nichts weiter zu sagen und nahm sich einen Cheeseburger. Ich sah wie Jo Caro beim Essen beobachtete. Caro schlang wortlos die Hälfte des ganzen Essens herunter und bemerkte nicht, dass alle sie schon anstarrten. Jo grinste natürlich wieder: „Caro, Schatz. Bist du schwanger? Du frisst wie eine Frau, die mehrere dutzend Kinder erwartet.“ Adriano verschluckte sich kurz und Caro blickte wieder kurz von ihrem Game herauf und lächelte: „Und selbst wenn ich Hundertlinge bekäme, wären sie nicht von dir. Ich stehe nicht auf braune Augen.“ „Ohoo! Aber auf Grüne?!“ „HALT'S MAUL JO!!!“, keifte Adriano, der die Anspielung auf ihn und Caro gleich verstanden hatte. Hemmungslos schlug er ein paarmal auf seinen Kumpel ein und ließ ihn dann wieder los als dieser sich mit einem lauten Lachen die Schulter rieb. „Warum so aggressiv? Haha... Hab ich nen wunden Punkt getroffen?“ „Caro steht wohl auf braune Augen. Allerdings nur auf mein!“, wendete ich ein und legte meinen Arm um ihre Schulter. Sie lächelte und küsste mich auf die Wange: „Das stimmt... Ich stehe auf dich... Du bist so sexy. Meine Hundertlinge sind von dir, mein Schatz. Freust du dich?“ „Oh ja!“ „Geil, Lesbensex!!!“, platzte es aus Jo, der leuchtende Augen bekam und die Hände faltete. Wieder bekam er von Adriano einen Hieb. Diesmal in die Seite, weswegen er lachend zusammenfuhr. „Ihr seid Scheiße“, bemerkte Chris unbeeindruckt und nahm sich den letzten Cheeseburger, der auf dem Tisch lag. „Wäre Jade nicht meine Schwester, würde ich es gern sehen wollen.“ „Fabio! Du bist viel zu unschuldig für solche Dinge!“, bemerkte ich und musste nun auch lachen. Ich wusste gar nicht wie viele Stunden vergangen waren, seit wir hier saßen. Wir hatten es nicht eilig wieder aus dem Laden zu gehen, immerhin hatten wir den ganzen Tag Zeit. Doch als es langsam spät wurde und draußen die Dunkelheit einbrach, wurde ich innerlich etwas unruhig. Irgendwas fühlte sich komisch an und ließ meine Alarmglocken ihm hohen Takt aufschreien. Auch die Anderen wurden schweigsamer, doch niemand sprach das Thema an. Wir dachten wohl alle dasselbe: Es wird schon nichts sein. Was denn auch? Es gab nichts, das uns bedrohte. Und alles was unsere Familien erzählten, war vergangen. Luzifer und Feye waren in ihrem Reich. Niemand würde uns angreifen. Doch plötzlich schrien Caro und ich schrill auf, als das Licht ausfiel und es stockdunkel wurde. In unserer Unruhe standen wir natürlich sofort alle auf und ich spürte Chris, der ich nah an mich stellte um mich im Notfall zu beschützen. Es war so dunkel, dass es sowieso niemand bemerken würde. „Was ist hier los?“, fragte Chris verunsichert. „Keine Ahnung“, entgegnete Adriano. „Jungs, wir gehen besser schnell hier raus“, schlug Caro vor und dann hörte ich Fabio, der sich an einem der Tische anstieß und fluchte. „Gott, wieso ist das so dunkel?“, fragte ich genervt, während ich mich vorsichtig voran tastete. „Ein Feuerassistant wäre jetzt echt praktisch.“ „Den haben wir aber nicht, Jo“, sagte Chris. „Hey, mach doch nen Blitz, Chris!“ „Gute Idee, Fabio.“ Endlich wurde es etwas heller durch den kleinen Blitz, den Chris in seinen Händen erschuf. Der kleine blaue Blitz flackerte und zuckte, während er dieses typische Surren von sich gab. Instinktiv wollte ich mich nun umschauen und sah Caro, die einen Schritt zurück lief und mit dem Rücken an etwas stieß. Nun wandte sich auch Chris zu ihr und wir konnten sehen was es war. Caro drehte sich mit blasser Gesichtsfarbe ebenfalls und sprang schreiend zurück. Es war ein großes schwarz-violettes Wesen. Fast so wie Chucky, der Hausdämon, der inzwischen Jill diente. Doch er war größer und schien gar nicht so freundlich zu sein... „PFUI! DÄMON!“ schrie Jo und ehe wir uns von dem Schock erholen konnten, schoss er eine Feuerkugel auf Caro, die wie gelähmt stehen blieb. Ich kniff die Augen zusammen und hörte ihr Handy, das wohl durch die Luft geschleudert wurde und zu Boden fiel. Nun zwang ich mich die Augen wieder zu öffnen und sah Adriano, der Caro in den Armen hielt und an Angriff abgefangen hatte. Sein Gesicht wirkte, als würde er gleich umfallen vor Schmerzen und als Chris mehr Licht gab, sahen wir, dass sein ganzer Rücken eine einzige Brandwunde davontrug. Mir wurde schlecht und ich erschrak mich heftig. Dann wurde er bewusstlos und der Dämon stand immernoch da und lachte. Er schuf eine neue Feuerkugel und schoss nur knapp an Jo und mir vorbei. Die Kugel zerriss die Einrichtung förmlich. „Alter, was machen wir!?!“, fragte Jo hysterisch. „Macht den Dämon kaputt!“, rief Fabio. Caro war nur am Schreien und am Weinen. Sie hielt meinen bewusstlosen Bruder in den Armen und bewegte sich nicht mehr. Nur schlecht bekam ich die tolpatschigen Versuche, den Angriffen auszuweichen, mit. Und ich selbst stellte mich auch nicht besser an. Jedes Mal wenn ich eine Feuerkugel herfliegen sah, sprang ich weg und flog dabei halber über Tische und Stühle. Es war noch immer so finster, dass man keinen Ausgang sehen konnte. „Jetzt schießt halt einfach auf den!!!“, befahl Caro und schluchzte erneut los. Chris schoss Blitzkugeln um sich und endlich konnte ich sehen, wo der Dämon sich aufhielt. Ohne nachzudenken, schoss ich einen Wasserstrahl auf ihn und überschwämmte den halben Laden damit. Wieder schrie Caro und fluchte mich an, weil sie Adriano kaum über Wasser halten konnte. Doch wir mussten den Dämon loswerden und Fabio, Chris und Jo setzten nochmal eins drauf. Endlich zerfiel er in Asche. „Chris! Schnell, mach wieder Licht, verdammt! Wir müssen hier raus!“, fluchte Caro. Chris erschuf gleich wieder einen Blitz und Jo und Fabio schleppten Adriano nach draußen, wo Totenstille herrschte. Kein Mensch war auf der Straße zu sehen. Caro schrie noch immer und sah aus wie eine Leiche. Adriano's Anblick war schrecklich. „Ist er tot!?“, fragte Fabio aufgebracht. „Oh Man, Caro, stell dich nicht so an und heile ihn endlich, statt nur herumzuschreien!“, fuhr Chris sie an. Nachdem ich ihr kurz auf die Wange schlug um sie wieder zu Verstand zu bringen, konzentrierte sie sich und legte ihre Hände auf Adriano's Rücken. Nach kurzer Zeit verschwanden die Wunden endlich wieder und er öffnete benommen seine Augen. Ich fiel ihm sofort in die Arme und wollte am liebsten nur noch weinen. Er hielt mich fest und blickte sich verwundert um: „Was... Was war das?“ „Ein Dämon?“, fragte Jo. „Die Anderen haben nie was davon erzählt, dass die so stark sind“ „Vielleicht sind wir einfach zu dumm, Fabio“, entgegnete Chris. Ich überlegte: „Ja... So wird es sein. Wir haben noch nie mit unseren Elementen gekämpft. Haben sie immer nur zum Spaß genutzt.“ Nun wurde es still zwischen uns... Erst nach einigen Minuten ergriff Caro das Wort: „Sollten wir... Sollten wir es unseren Eltern sagen?“ „Ich weiß nicht...“, antwortete ich. „Vielleicht lassen wir es besser erstmal. Es war jetzt ein einziger Dämon. Wenn wir es ihnen erzählen, bekommen sie vielleicht wieder Angst und geraten in Panik. Ich finde, wir sollten jetzt noch nicht die ganze Familie in Panik versetzen, sondern einfach nur gut auf uns aufpassen“, erklärte ich dazu. Meine Freunde waren meiner Meinung, obwohl Chris es skeptisch betrachtete. „Falls unsere Eltern angegriffen werden sollten, können die sich bestimmt selbst beschützen. Immerhin wissen die wie man kämpft!“, meinte Fabio um uns noch etwas mehr zu beruhigen. Wir standen auf und ich blickte noch einmal zurück... Warum war auf einmal alles so leer? Wieso bemerkte niemand diesen Angriff? Bevor es dunkel wurde, war die Filiale noch gut gefüllt. Auf einmal waren alle weg... Sehr gruselig. Wir sollten wirklich besser auf uns achten in Zukunft. ~ Kapitel 5 ~ Einblicke ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 6: Zusammentreffen -------------------------- Kapitel 6 ~ Zusammentreffen ~ Jade Coldfire~ In der vergangenen Nacht lag ich noch lange wach... Was hatte dieser Angriff zu bedeuten? Warum waren auf einmal wieder Dämonen in unserer Welt? Hatten unsere Eltern uns nicht erzählt, dass sie damals vor so vielen Jahren ihren Frieden fanden? Und wenn es nun wieder zu einem Krieg zwischen Licht und Dunkelheit kommen würde? Diese Fragen bohrten sich durch meinen Kopf und je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr krampfte sich mein Magen zusammen. All die Gefahren die diese Kämpfe mit sich brachten. Keiner von uns hatte je mit seinem Element gekämpft. Unsere Eltern hatten uns den Umgang mit den Elementen nur zu nützlichen Zwecken beigebracht da der Kampf nicht länger nötig war. Allerdings beruhigte ich mich auch durch die Tatsache, dass die erste Asssistant-Generation auch erst das Kämpfen lernen musste. Und trotzdem hatten sie es geschafft. Meine Augen waren schwer als mein Wecker klingelte. Ich fühlte mich als hätte ich überhaupt nicht geschlafen. Ehrlich gesagt konnte ich mich auch nicht daran erinnern geschlafen zu haben. Ob die Anderen sich auch solche Gedanken machten? Sicher nicht alle und Jo ganz bestimmt nicht! Mit einem lauten Seufzer schlüpfte ich in meine Klamotten und guckte in den Spiegel. Die Welt wie wir sie kennen... Es machte mich traurig daran zu denken was passieren könnte wenn uns wieder eine derartige Bedrohung bevorstünde. Fabio würde jetzt sagen, ich sollte mir nicht so viele unnötige Gedanken machen. Das versuchte ich zwar, aber es wollte nicht so recht funktionieren. Vielleicht würde mich die Schule auch etwas ablenken. Zu gerne würde ich mit Dad darüber reden, doch wir hatten uns immerhin darauf geeinigt es für uns zu behalten um keine Panik hervorzurufen. Noch einmal verschnaufte ich und verließ mein Zimmer. Meine Brüder waren auch schon fertig. Als ich Adriano so ansah fiel mir wieder etwas ein, das ich ihn unbedingt fragen sollte und ich wusste, es würde ihm nicht gefallen. „Bin ich froh, dass wir das ganze Jahr über schön warm haben“, gähnte Fabio auf dem Schulweg und streckte sich aus. „Ab und zu mal Schnee haben wäre auch ganz cool“, antwortete Adriano mit den Händen in der Hosentasche und seiner Zigarette im Mund. Ich drängte mich zwischen die beiden und grinste: „Adriano, Schatz. Sag mal... Da ist etwas, das mich sehr beschäftigt.“ „Was?“ „Gibt es da einen speziellen Grund warum du Caro so heldenhaft beschützt hast?“ „Wie!?! Wann soll das gewesen sein!?“, fragte er erschüttert und blieb stehen. „Gestern! Als wir angegriffen wurden!“ Er wendete seinen Blick ab und lief an mir vorbei: „Das hätte ich für alle getan. Naja, für Jo weniger... Aber für den Rest von euch schon.“ Fabio musste lachen und lief ihm hinterher. Soso, für alle also. Meine Neugier war natürlich noch lange nicht befriedigt und ich hatte den Drang der Sache weiterhin auf den Grund zu gehen. Adriano und Caro benahmen sich sowieso immer seltsam wenn wir alle zusammen waren. Kurz grübelte ich noch über seine Worte, ehe ich den beiden folgte. Ich hatte gehofft der Morgen würde weiterhin ruhig verlaufen, denn zum Glück waren sich Dad und Adriano nicht in der Wohnung begegnet. Leider wurde meine Hoffnung jäh zerstört, als Dad auf einmal um die Ecke kam und uns erblickte. „Ach du Scheiße, nicht der...“, sagte Adriano abfällig und versuchte schnell weiter zu gehen, doch als er merkte, dass Fabio und ich uns eher freuten blieb er bei uns. „Wo kommst du denn her, Dad?“, fragte Fabio und grinste. „Von seiner geheimen Sekte, wo er jede Nacht verbringt.“ „Ja, wirklich lustig Jade, eure Mutter wollte, dass ich ans Kiosk gehe um die Zeitung zu holen... Statt einfach ein Abo abzuschließen darf ich morgens ne halbe Weltreise machen!“, antwortete Dad kläglich, worüber Fabio und ich lachen mussten. Der Arme hatte aber auch nie seine Ruhe vor Ma. Mit einem unguten Magengefühl sah ich hinüber zu Adriano der die Augen verengte und die Fäuste ballte. „Oh bitte, Adriano, lass es einfach...“, flüsterte ich zu mir selbst, doch auf meinen Bruder war wie immer Verlass. „Wenn es für dich so schlimm ist, etwas für deine Familie zu machen, speziell für Ma, dann verpiss dich doch einfach wieder! Das kannst du doch so gut!“ „Adriano... Es ist früh am Tag, ich bin müde... Ich habe keine Lust auf deine Vorwürfe“, antwortete Dad sachlich und ruhig. „Was ist los, Alter? Bist du dir plötzlich zu fein dich mit mir auseinanderzusetzen? War klar dass du wieder den Schwanz einziehst.“ „Adriano, hör doch auf“, sagte Fabio, der seinen Bruder leicht am Ärmel zog um weiter zu gehen. Wenn Dad und Adriano aufeinandertrafen hatten Worte sowieso kaum noch einen Sinn. Dad, der nun leicht ungeduldig wurde, verschränkte die Arme: „Gut, dann sag mir was dein Problem ist!“ „Mein Problem ist, dass du dich wegen jeder Kleinigkeit, die du für uns tun sollst, beschwerst! Aber wenn dein Killer-Chef einen Befehl gibt, wieder irgendwelche Menschen zu töten, dann springst du!“ „Das ist nicht wahr! Ich habe mich nicht beschwert! Das war Spaß! Und warum sollte ich mich überhaupt noch vor dir rechtfertigen?“ Es tat mir so weh den beiden zuzuhören. Mit jedem Satz wurden sie lauter und aggressiver. Meist endeten solche Konflikte in Geschrei und am Ende läuft einer der Beiden einfach davon um seine Wut woanders auszulassen. Ich konnte es nicht länger ertragen und verdrückte mir meine Tränen. „Fabio? Passt du etwas auf die Beiden auf? Ich geh schonmal vor. Caro wartet sicher schon.“ „Ja, geh ruhig. Ich versuch Adde etwas zurückzuhalten.“ Ich nickte ihm dankbar zu und rämpelte Adriano nocheinmal beim Vorbeigehen an: „Idiot! Dass du immer alles kaputt machen musst!“, rief ich ihm noch entgegen, dann bekam ich nur noch mit wie Dad und er sich weiter anmachten. Fabio tat mir schon leid, doch er ertrug solche Situationen immer besser als ich. Wenige Schritte später sah ich dann schon Caro an ihrer Haustüre stehen. Sie wirkte wütend, als sie mich sah und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. „Uhh! Schön, dass wenigstens einer von euch noch hier auftaucht! Ich schwöre, eine Minute später und ich wäre einfach alleine zur Schule gegangen!“ „Tut mir leid... Wir wurden aufgehalten.“ Sie blickte mich einige Sekunden genauer an: „Was ist passiert? Hast du geweint!?“ „Nein, nur fast. Adriano und Dad wieder...“ Seufzend lief sie neben mir her: „Immer das Selbe. Wer hat diesmal angefangen?“ „Adde...“ „Idiot. Er kann's einfach nicht lassen.“ „Er geht mir in letzter Zeit sowieso total auf die Nerven! Er immer mit seiner bescheuerten geheimen Freundin, die keiner kennen darf! Was bildet sich diese Kuh eigentlich ein? Will sie denn nie seine Familie kennen lernen!?! Fühlt sie sich zu gut für uns!?“ Während ich mich richtig in meine Wut hinein steigerte bemerkte ich, dass Caro in diesem Moment etwas rot wurde und stammelte. „Äh, weißt du... Ich glaube es ist langsam wirklich an der Zeit, dass du erfährst wer sie ist.“ „Was!?!! Weißt du es etwa schon die ganze Zeit!?“, rief ich empört in die Stille des Morgens und blieb vor ihr stehen. „Natürlich weiß ich es. Immerhin bin ich diejenige.“ Obwohl ich es ja schon vermutet hatte, fiel mir dennoch das Kinn fast bis zum Boden. Da war meine beste Freundin seit Jahren mit meinem Bruder zusammen und nun erfahre ich es so... „Warum... Warum habt ihr es denn nie gesagt? Warum habt ihr das geheim gehalten?“ Und wieso musste ich ihr grade diese Fragen stellen, wo ich doch selbst schon länger eine geheime Beziehung mit Chris hatte. Adriano's besten Freund... Anders als Chris hatte Adriano nie Schläge zu befürchten. Warum also? „Hmm... Damals waren wir noch jünger und wollten das nicht an die große Glocke hängen. Obwohl es mich sehr stört, dass er so beliebt bei den Mädels in der Schule ist. Deswegen auch die Geschichte mit der Freundin. Diese Weiber wären sicher auch nicht sehr nett zu mir wenn sie erfahren würden, dass ich seine Freundin bin... Inzwischen ist es reine Gewohnheit und auch etwas lustig.“ „Das kann ich nicht nachvollziehen. Sowas ist doch nicht lustig... Das mit den neidischen Mädels kann ich eher verstehen. Die können wirklich mies sein. Wahrscheinlich hätten sie dich fertig gemacht, ja.“ „Jade, nimm es nicht persönlich. Das ist eben so eine Sache, die Adriano und ich damals beschlossen hatten. Sei nicht böse auf uns. Aber jetzt wo du es weißt, könnte man mal langsam dran denken es öffentlich zu machen.“ „Bist du sicher? Und die Weiber?“ „Ach egal, ich verprügel die, wenn die mir dumm kommen.“ Nun musste ich lachen. Wie gelassen sie das sah... Für mich war es noch schwer zu realisieren, dass gerade meine beste Freundin das geheimnisvolle Mädchen war, über das wir ewig gegrübelt hatten. „Ach und Jade, was geht eigentlich bei dir und Chris? Jetzt wo wir Geheimnisse outen, kann ich dich ja mal fragen.“ „Wie!?“ Entsetzt spürte ich wie mir schlagartig das Blut ins Gesicht schoss. Caro kicherte: „Ach, halt mich doch nicht für dumm. Adriano und die Anderen sind vielleicht zu blöd es zu bemerken. Aber da ist was zwischen euch, das sehe ich doch jedes mal.“ „Ehm... Was soll ich sagen?“ Sie zwinkerte mir zu: „Ertappt, könntest du sagen, hihi!“ Mein Herz schlug mir bis zum Hals! Als meine beste Freundin wäre es okay, wenn sie es weiß, aber als Adriano's Freundin... Die würden doch garantiert irgendwann auf das Thema kommen. Ich wusste immerhin nicht wie ihre Kommunikation aussah, wenn sie alleine waren... „Jade... Du bist ganz blass, was ist denn nun?“ Ich guckte ihr mit ernsten Blicken direkt in die Augen: „Du darfst es unter keinen Umständen Adriano sagen!“ „Wie? Dass du mit seinem besten Kumpel zusammen bist? Das würde ihn sicher freuen.“ „Caro, du unterschätzt ihn. Du weißt nicht was ich weiß. Er schlägt Chris zusammen wenn er es erfährt.“ „Aber... Das kann ich mir nicht vorstellen.“ „Er hat es doch selbst gesagt. Adriano denkt Chris sei so ein Weiberheld, der mich nur verletzen würde.“ „Oh... Vielleicht kann ich ihn ein bisschen aushorchen. Ich bin überzeugt, dass Adriano ihm nichts tun würde.“ Caro zu widersprechen war zwecklos. Sie setzte ihren Glauben der Dinge schon immer durch. Also schwieg ich einfach und hoffte, dass sie meinen Wunsch respektieren würde. In der Schule blieben keine zehn Minuten, da kamen auch meine beiden Brüder an. Fabio wirkte sichtlich gestresst und Adriano wütend. Sie schienen zu diskutieren, als sie durch Tür in die Klasse kamen. Chris, der weit weg von mir saß guckte verwirrt zu uns. Wie gerne wäre ich grade mit ihm alleine um ihn mit meinen Sorgen zu bequatschen... „Fabio, das wirst du niemals verstehen!“ „Verzeih ihm endlich, Adde! Er tut doch schon alles für uns! Dad ist auch nur ein Mensch!“ „Dad ist ein Arschloch! Er wird immer eins bleiben. Gott, es gibt keinen Menschen, den ich mehr hasse. Oh, hi Jade, hi Caro.“ Immernoch gestresst setzte sich Adriano auf seinen Platz, der sich eine Tischreihe vor uns befand. Fabio schüttelte den Kopf und lief zu Chris, da sein Platz neben ihm war. Caro grinste: „Schatz, wir wurden enttarnt.“ Adriano schreckte leicht auf und drehte sich zu uns um. Meine Freundin setzte ein siegreiches Grinsen auf: „Deine Sis hat mich durchschaut. Naja, ehrlich gesagt habe ich es ihr gestanden.“ Inzwischen glotzte die ganze Klasse zu uns rüber. Zumindest diejenigen, die schon anwesend waren. „Okay... Das passt ja prima zu diesem Morgen.“ „Ach Schatz, sei doch nicht so!“, sagte die Blondine und kicherte während sie vom Tisch sprang und ihre Arme von hinten über seine Schultern legte. Adriano schien sich etwas unwohl zu fühlen und guckte durch die Klasse, die ihn immernoch anstarrte: „Was!? Auf's Maul?“ Und gleich drehten sich wieder alle weg und taten so als sei nichts gewesen. Eines der Mädchen in der letzten Reihe brach heulend zusammen und rannte aus dem Zimmer. „Gut, dann weiß es zumindest endlich jeder.“ „Adde, du bist unmöglich...“, sagte ich leise zu ihm und versuchte die Wut, die erneut in mir aufkeimte, zu unterdrücken. Statt sich zu freuen, war er nun noch mieser drauf. Caro war sicherlich keine Frau für die man sich schämen müsste. Sie war so verdammt hübsch, mit ihren glänzenden blonden Locken und den grünen Augen. Nach und nach kamen nun auch die restlichen Schüler. Nur Jo fehlte mal wieder. Ich war recht erleichtert als dann auch unsere Lehrerin das Klassenzimmer betrat. Diese peinliche Stille hätte ich sonst nicht länger ertragen. Caro hatte sich wieder neben mich gesetzt und während Chris und Fabio tuschelten, saß Adriano alleine in der Reihe vor uns und starrte nachdenklich auf die Tafel. Plötzlich kniff er die Augen zusammen und legte seine Hand auf die Stirn. Schon wieder diese Kopfschmerzen, die er in letzter Zeit immer öfter bekam? Gerade als ich mir wieder Sorgen machen wollte, fing unsere Lehrerin an zu reden: „Ich hab heute für euch ein super interessantes Projekt mitgebracht! Ihr sucht euch Themen raus, erarbeitet sie und tragt eure Ergebnisse vor. Ihr werdet in Zweiergruppen arbeiten.“ Die Klasse seufzte ernüchtert. Genau wie ich hatten wohl alle Anderen etwas besseres erwartet. „Super Interessant“... Die Frau hatte ja keine Ahnung. Voller Zuversicht guckte ich zu Caro, als es darum ging einen Partner zu finden, doch sie spritzte auf und klemmte sich sofort an meinen Bruder und Fabio, der mitbekam, dass ich alleine war, kam zu mir und ließ Chris für mich sitzen. Ein klein wenig Frust stieg in mir auf. Meine beste Freundin hat mich sitzen lassen... Jetzt wo jeder wusste, dass sie mit Adriano zusammen ist, würde das sicher noch öfter passieren. Fabio lächelte mich an und nahm meine Hand: „Du siehst ziemlich schlecht aus heute. Ist wirklich alles in Ordnung?“ „Ach Fabi...“, seufzte ich. Er drückte meine Hand fester: „Solche Tage passieren. Morgen ist alles wieder gut, ja? Komm, wir suchen uns ein Thema raus.“ Ich liebte Fabio für seinen Optimismus und für seine sanfte Art. Obwohl er oft ziemlich kindisch und verrückt war, konnte er auch ernsthafte Seiten zeigen, die mir Sicherheit und Halt gaben. Vertieft erarbeiteten wir unseren Vortrag, als wir durch einen lauten Wutschrei erschreckt wurden. „AHHHHRRR!!! ICH KANN NICHT MIT DIR ARBEITEN! DASS DU IMMER RECHT HABEN MUSST!“ „Caro, jetzt zick doch nicht rum, ich habe nun mal recht.“ „DU HAST IMMER RECHT, IST KLAR!“ „UND DU MUSST IMMER RUMZICKEN! DAS GEHT MIR AUF DEN ARSCH!“ „ACH!!! SO IST DAS ALSO!? SAG DOCH GLEICH WENN DU MICH NICHT MEHR ERTRAGEN KANNST!“ „SO MEINTE ICH DAS NICHT! BOAH! ZICKE!“ „LECK MICH!“ Wütend stampfte Caro aus dem Klassenzimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Nun starrten wir alle Adriano an, der schon wieder die Augen zusammenkniff und ihr folgte. „Diese Beiden...“, seufzte die Lehrerin. „Jedes mal, wenn die was zusammen machen, endet es so.“ „Ehm, darf ich nach den beiden schauen?“, fragte ich vorsichtig. Sie nickte mir zu und ich verließ ebenfalls das Klassenzimmer. Caro war weit und breit nirgends zu sehen, nur Adriano lehnte sich mit einem Arm an die Wand und hielt seine Hand wieder vor Augen und Stirn ehe er zusammensackte. „Adde, was ist!?“, rief ich voller Entsetzen und rannte zu ihm. Er sah sehr blass aus und wirkte verkrampft. „Hey!“ „Es... Es geht schon...“, stammelte er angestrengt und atmete erneut tief durch. „Ich weiß, dass du das öfter hast. Willst du nicht langsam mal zum Arzt damit gehen?“ „Was? Nein! Das ist schon... okay.“ „Ist es nicht... Was ist nur los mit dir?“ „Jade, es ist okay... Es ist nur heute so schlimm. In letzter Zeit ging es wirklich.“ „Aber...“ Voller Sorge ließ ich meinen aufgestauten Tränen vom Morgen freien Lauf und fiel ihm in die Arme. „Was ist wenn du ernsthaft krank bist? Ich will nicht, dass dir etwas passiert“, schluchzte ich hinaus. „Jade, ich sagte doch, ich bin nicht krank. Es sind nur Kopfschmerzen. Ich nehme gleich eine Tablette und alles ist wieder gut, ja?“ „Ich will dass du zum Arzt gehst...“ ~ Juline Coldfire ~ „Weißt du, du nervst mich total! Du bist das Schlimmste, was mir in meinem ganzen Leben passiert ist!“, meckerte Melody und eilte durch die riesigen Hallen voraus zu unserem Terminal, wie sie es bezeichnete. Für mich war alles nur noch fremd und riesig. Ich hätte Stunden hier verbringen können! Am liebsten hätte ich mir alles angesehen – jede kleinste Ecke! Für mich war dies das größte Glück meines Lebens. Es war so ironisch. Meine halbe Familie muss sterben, damit sich mein großer Traum erfüllt. Warum musste es so kommen? Dies alles hätte mir mehr Spaß gemacht, wenn ich wüsste, dass zu Hause alles noch so ist, wie es sein sollte... Doch dort war absolut nichts mehr in Ordnung. Ich machte mir solche Sorgen und meine Trauer um meine Mutter war unvorstellbar. Im Grunde war ich dankbar und froh, dass mir all diese neuen und großen Dinge die Ablenkung brachten, die ich brauchte. Ja, ohne dies wäre alles Leben sinnlos. Melody wusste nicht zu schätzen, was sie besaß... „Irgendwann räche ich mich deswegen an Dad!“ „Bin ich dir wirklich so lästig? Du hast doch bald deine Ruhe vor mir.“ „Du bist einfach nur ätzend! Ich könnte gerade so viele bessere Dinge tun als mit dir hier zu sein! Meine Nägel lackieren zum Beispiel.“ „Coole Idee! Wenn wir in Orlando sind, lasse ich mir auch die Nägel machen.“ „Duuu regst mich auf!!! Du verstehst nicht! Es geht mir ums Prinzip! Du bist strohdumm!“ Seufzend setzte ich mich neben sie und wartete bis wir aufgerufen wurden. Mir war etwas übel von der ganzen Aufregung und mein Bauch kribbelte seltsam. So nervös war ich noch nie. Ständig wurde mir heiß, dann wieder kalt. Ich war zudem total gespannt auf meine Familie. Melody sagte, sie sind alle kindisch und doof. Sie hätten kein Niveau. Aber wahrscheinlich war sie nur wieder am übertreiben. Im genervten und barschen Ton sagte sie mir, wo ich hingehen sollte, als wir im Flugzeug drinnen waren. Ich blieb andauernd stehen, weil ich alles sehen wollte und wurde von ihr weiter geschubst, bis ich an meinem Fensterplatz saß. Mit zitternden Händen griff ich an die Flugzeugscheibe und sah nach Draußen. „Das ist alles so cool! Ich bin so aufgeregt.“ „Mir ist schlecht...“ „Wie ist Fliegen so?“ „Sieh selbst und sprich mich die nächsten Stunden einfach nicht an.“ So eine Zicke... Gespannt hörte ich den Flugbegleiterinnen zu, wie sie Rettungsmaßnahmen erklärten. Und dann spürte ich wie sich das Flugzeug bewegte. Erst ganz langsam... Und dann, als wir auf einer langen und riesigen Straße ankamen wurden wir immer schneller bis mein Bauch nur noch drückte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl! Mit nassen Händen klammerte ich mich an den Armlehnen fest und war erleichtert, als das Flugzeug endlich ganz oben war und wir gerade fliegen konnten. Danach spürte ich nicht mehr viel vom Flug. Melody nahm sich ihre Kopfhörer und guckte irgendwas in den kleinen Fernsehern, die an der Flugzeugdecke befestigt waren. Welch Luxus! Ich hatte davon schon gelesen. Das alles wirklich zu sehen übertraf die Bilder bei Weitem! Nach einiger Zeit entspannte ich mich dann und beobachtete aus dieser Höhe das Land soweit ich die Umrisse noch sehen konnte. Städte wirkten auf einmal so winzig... Ich würde nie vergessen wie Los Angeles von Oben aussah. Mir fielen fast die Augen zu, als der Himmel draußen plötzlich dunkler wurde und das Flugzeug sich leicht unruhig bewegte. Sofort griff ich wieder an die Armlehnen und Melody nahm ihre Kopfhörer ab, als sie zum Fenster heraus schaute. „Hmm, sieht aus, als würden wir in ein Unwetter geraten.“ Ich erschrak: „Was bedeutet das?!“ „Das bedeutet eigentlich, dass uns ein Blitz treffen wird, wir abstürzen und dann elendig am Aufprall verrecken. Oder wir stürzen ins Meer, überleben den Aufschlag und ertrinken.“ „WAS!?“ Sie grinste und lehnte sich zurück bevor sie ihren Gurt wieder fest machte. Misstrauisch blickte ich sie an und befestigte auch meinen Gurt. „Keine Sorge, Nervensäge. Es ist unwahrscheinlich, dass uns was passiert.“ „Sicher?“ „Ja. Ich bin schon so oft bei Unwetter geflogen.“ „Hey, du hast doch das Element Luft. Mach das Unwetter doch weg!“ „Bist du doof? Wie soll denn sowas gehen?“ Meine fassungslosen Blicke wandten sich wieder zum Fenster, durch das ich nur noch schwarze Wolken sah. Nun ging auch ein kurzes Warnsignal an, worauf die Stimme des Piloten folgte. Er sagte den Passagieren, dass wir in Turbulenzen geraten waren und uns anschnallen sollten. Ein lautes Donnern ertönte, kurz danach flackerte das Licht im Flugzeug, was mich sehr unruhig werden ließ. Wenn wir nun abstürzen!? Ich hatte keine Lust gerade von meinem größten Glückserlebnis getötet zu werden! Melody kicherte: „Ohh, beruhige dich. Du bist ja schon klatschnass geschwitzt. Das ist ekelhaft.“ „Ich habe Angst! Lass mich in Ruhe!“ Sie prustete in ihre Hand, als ihr Lachen urplötzlich erstarb und sie entsetzt aus dem Fenster guckte. „Was ist?“ … Keine Antwort. Nun guckte auch ich wieder hinüber. Mein Herz blieb wohl für einen Moment stehen, als ich diese hässliche verzerrte Fratze eines Dämons sah. Sie hatten mich gefunden... Oder war es Zufall? Ich versuchte noch mehr Dämonen zu erkennen, sah aber nur diesen einen. Und er reichte schon... Hier oben waren wir ihm hilflos ausgeliefert. Mir wurde wieder schlecht, als er anfing zu grinsen und seine Hand in einem Schwung bewegte. Wieder wackelte das Flugzeug heftig und das Licht flackerte erneut. „Gott... Juline, was machen wir denn nun!?! Hier drinnen können wir doch gar nichts tun! Er wird das Flugzeug zerstören! Wir werden abstürzen!“, faselte Melody aufgeregt und wedelte wild mit den Händen herum. Was könnte ich nur tun? Sie konnte mit ihrem Element offensichtlich gar nichts anfangen und wäre absolut keine Hilfe. Angestrengt schloss ich die Augen und versuchte meine Kräfte zu konzentrieren. Ich richtete meine Gedanken auf diesen Dämon und sah ihn in einer düsteren Umgebung direkt vor mir stehen. „Verschwinde...“, sagte ich leise und ausdruckslos. „Ich werde dem Lord Bericht erstatten, wo Ihr euch aufhaltet Lady, hahaha!“ „Spar dir die Förmlichkeiten, elender Verräter.“ Er lachte und verzog wieder sein Gesicht: „Ich bin kein Verräter. Wir, die neuen Dämonen, wurden alle von Lord Chamuel erschaffen und haben euch nie gedient.“ „Du wirst niemals bei deinem Lord ankommen...“ Wieder wurde alles dunkel und diesmal konzentrierte ich mich auf die zerstörerischen Kräfte der Dunkelheit in mir. Unter keinen Umständen dürfte er Chamuel verraten wo ich war. Ich richtete meine Kraft auf das Innere des Dämons, denn ein direkter Angriff hätte das Flugzeug zerstört. Abrupt riss ich die Augen auf und ließ diesen Dämon regelrecht zerplatzen. Erschöpft atmete ich durch. Dieser Angriff hatte mich viel Kraft gekostet, aber nachdem ich mich mit einem Blick nach Draußen versicherte, konnte ich erleichtert feststellen, dass wir nun in Sicherheit waren. Melody starrte mich entsetzt an: „Was hast du gemacht!?“ „Ich habe ihn außer Gefecht gesetzt.“ „Ja... Aber wie?!“ „Mit meinen Kräften.“ „Das war Gruselig du dumme Kuh! Deine Augen leuchteten so knallrot... Du hast mir mehr Angst gemacht wie dieser widerliche Dämon.“ „Wäre es dir lieber gewesen, ich hätte ihn am Leben gelassen?“ „Ähm... Nein.“ Endlich schwieg sie wieder... Den restlichen Flug konnte ich nicht weiter genießen. Unruhig und wachsam versuchte ich weitere Dämonen ausfindig zu machen. Doch bis zur Landung passierte nichts mehr. Dabei konnte ich mich auch nicht mehr konzentrieren, denn meine Ohren taten schrecklich weh! Schmerzverzerrt rieb ich mir die Ohren, während Melody an einem Laufband auf unser Gepäck wartete. „Geht das auch irgendwann wieder weg!?! Ich höre ja fast gar nichts mehr!“ „Ja, das passiert wegen dem Luftdruck. Kau einen Kaugummi oder trinke viel. Dann gehen die Ohren wieder auf. Das könnte noch ein paar Stunden dauern.“ Bei meinem entsetzten Gesichtsausdruck musste sie lachen. Wenigstens lachte sie auch ab und zu mal. Wenn sie das tat konnte man ihr gar nicht mehr anmerken, dass sie eine derartige Zicke ist. Unsere Koffer kamen endlich und wir verließen den Flughafen. „Wohin gehen wir jetzt?“ „Na, in ein Hotel! Denkst du ich schlafe bei irgendeinem von diesen Idioten? Ich habe immerhin meine Kreditkarte von Dad. Dem tut das nicht weh.“ „Okay... Ich würde überall schlafen.“ „Du bist ja auch nichts Gutes gewöhnt.“ Die Taxifahrt zum Hotel dauerte etwas, doch der Anblick dieser neuen Stadt faszinierte mich zu sehr um müde zu werden! Irgendwo hier war meine Familie. Mit ihnen könnte ich es vielleicht schaffen mein zu Hause zu retten! „Na endlich! Was ein tolles Zimmer! Nur zu blöd, dass wir nur ein Doppelzimmer bekamen... Ich hätte gerne meine Ruhe gehabt. Mal sehen, vielleicht kann ich zwei Einzelzimmer aushandeln“, sagte Melody nachdem wir in unsrem großen Zimmer ankamen. Erschöpft ließ sie sich auf eines der beiden riesigen Betten fallen. „Gehen wir die Stadt erkunden!? Ich mag alles sehen!“ „Du spinnst doch! Also ich will nur noch schlafen!“ „Aber... Ich möchte die Anderen kennen lernen. Sagst du mir wo sie wohnen?“ „Als ob ich das wüsste. Die haben mich nie interessiert. Und das letzte mal als ich hier war, habe ich mir keine Adressen gemerkt. Gute Nacht! Und wehe du weckst mich!“ „Ist schon gut...“ Enttäuscht setzte ich mich auf mein eigenes Bett, das sich ziemlich gut anfühlte. Trotzdem war Schlaf das Letzte, an das ich nun dachte. Ich wollte raus, wollte alles sehen und endlich die Anderen kennen lernen. Nach kurzer Zeit nahm ich meinen Mut zusammen und fasste einen Entschluss! Wenn Mel nicht mitgehen will, dann würde ich eben alleine gehen. Irgendwie würde ich dieses Hotel schon wieder finden. So schlich ich mich aus dem Zimmer. Draußen war alles riesig. Ich nahm mir viel Zeit durch die Straßen zu laufen bis ich an einem Gebiet ankam, in dem alles eher ruhig wirkte und einfache Häuser herumstanden. Ich hatte wohl die Innenstadt hinter mir gelassen. „F-Feye!?... Feye... Bist du... das?“, keuchte eine schwache Stimme die ziemlich zittrig klang. Feye... Sofort drehte ich mich um und sah eine blonde Frau, die für ihr Alter zu gebrechlich aussah und Augenringe hatte. Sie war sehr blass... Doch sie schien meine Mutter zu kennen. „Ich bin nicht Feye.“ Ihre Freudentränen wandelten sich in Tränen der Enttäuschung und plötzlich ertönte noch eine Stimme. „Hailey! Hier bist du! FEYE?!“ Die Brünette mit den lila Augen starrte mich entsetzt an und wollte schon zu mir laufen, ehe ich einen Schritt zurück trat. „Wer seid ihr!?“ „Feye! Erkennst du uns nicht mehr? Ich bin es! Deine Tante Jill! Und das ist Hailey! Du kannst dich doch zumindest noch an deine „Mutter“ erinnern!?“ „Oh... Ach! Meine Ma hatte mir oft von euch erzählt! Ich bin nicht Feye, aber ich bin Juline, ihre Tochter“, erklärte ich aufgeregt und plötzlich strahlten beide wieder vor Erstaunen und Neugierde. Jill kam nun doch zu mir gelaufen und schloss mich in ihre Arme. Es tat gut endlich wieder liebevoll behandelt zu werden, obwohl ich sie nicht kannte. „Juline, wie geht es deiner Mutter?“, fragte Jill anschließend und mir stockte der Atem. Wie sollte ich ihr das nur erklären? Mein Gesicht verfinsterte sich etwas und Jill begriff schnell, dass hier etwas nicht stimmte. Ehe ich weiter erzählen konnte sorgte sie dafür, dass Hailey erst nach Hause kam. Einige Straßen weiter blickte sie sich noch einmal um und wandte sich an mich: „Du bist nicht einfach so zu Besuch, oder? Feye konnte nicht mehr hierher kommen, seit sie damals mit Luzifer gegangen ist.“ Ich schüttelte den Kopf: „Nein, ich bin nicht einfach so hier. Der Grund ist... Wir wurden angegriffen. Meine Mutter ist tot.“ Jill wurde mit einem Schlag kreidebleich und schlug sich die Hände vor den Mund: „Aber wie kann das sein!?! Was hat Luzifer angestellt!? Das Arschloch hat geschworen nichts böses zu tun!“ „Es war nicht mein Vater... Irgend ein Verrückter war das. Ein Engel... Ich konnte durch Dad gerade noch entkommen.“ „Das klingt... Oh Gott... Und ich dachte es sei endlich alles für immer friedlich. Das tut mir so leid, um Feye...“ Ihr standen die Tränen im Gesicht und sie wandte sich ab: „Sie war so lieb... Wenn Clyde das jetzt wüsste...“ Danach heulte sie noch heftiger. Es dauerte bis sie wieder Fassung erringen konnte. Dann wandte sie sich wieder zu mir: „Wir müssen die Assistants versammeln und ihnen erzählen, dass Gefahr droht. Du musst ihnen alles erzählen!“ „Aber...“ „Es ist wichtig! Und ich denke doch, dass du genau deswegen hier bist.“ „Ich bin hier, weil ich euch brauche. Ich brauche euch als Assistants und... Als Familie.“ „Komm mit. Ich rufe alle an.“ Nervös blickte ich in die neugierigen Gesichter, die mir noch so schrecklich unbekannt waren. Es waren viele... Zu viele für meinen Geschmack. Es ging mir ja nicht schnell genug, aber das war doch etwas zu viel und langsam konnte ich Mel etwas verstehen. Ihre Namen konnte ich mir nicht direkt merken. Sie saßen allesamt auf dem riesigen Sofa von Jill. Manche auf Hockern und Stühlen verteilt. Eine riesige Familie... „Wer wart ihr nochmal alle?“, fragte ich verwirrt, worauf sie lachten. Jill lächelte und war so freundlich mir Erklärungen zu geben. Sie zeigte mit der Hand herum: „Dieser liebe und attraktive Mann ist mein Ehemann Shinji, hier haben wir Maiko und seine Frau Maya. Die Blaubeere hier ist Jenn, meine kleine Schwester und der Riese hier ist Ryan, mein kleiner Bruder. Eigentlich gibt es noch viel mehr von uns... Aber naja.“ „Die sind alle zu faul für sowas“, fiel Maiko ihr ins Wort, worauf alle lachten. Jenn verschränkte die Arme: „Tja, unsere Kinder eben. Die wissen gar nicht was ein Kampf gegen ein Dämon bedeutet. Haben den ganzen Tag ihre Handys in der Hand, aber sind nie erreichbar wenn man sie anruft.“ Shin lehnte sich nach vorn und legte die Arme auf seinen Knien ab: „Gut, dann müssen die, die hier sind, eben reichen. Jill sagte, es wäre etwas passiert.“ „Ja“, antwortete ich nervös und rutschte auf dem Sessel herum. Ich konnte sie kaum anblicken. Alle liebten meine Mutter und nun... Musste ich ihnen sagen, dass sie nie wieder in irgendeiner Form existieren würde. „Ich fange beim Anfang an. Ein verrückt gewordener Engel hat uns angegriffen... Mich, meine Eltern und meine Schwester und ihre Familie. Wir hatten keine Chance gegen ihn, obwohl wir alle sehr stark waren.“ „Ohja, davon können wir ein Lied singen, was?“, warf Jenn ein, worauf alle zustimmten. Ich lächelte schwach auf und erzählte weiter: „Luzifer, also mein Vater, konnte mich gerade noch dort wegschaffen. Und dann... Dann tauchte „sie“ vor mir auf und meinte sie will mir helfen.“ „Wie hieß sie?“, fragte Jill. „Sacred Feye...“ „SACRED FEYE?!!?!“, schrieen allesamt auf wodurch ich zusammenzuckte. „Das kann nicht sein! Diese Frau war im letzten Kampf unser Feind!“, erklärte Maya entsetzt. „Eben drum! Sie kann nicht helfen wollen. Die führt doch irgendwas im Schilde!“, stimmte Shinji zu. Alle Anderen nickten und verschränkten die Arme nachdenklich. „Ich weiß es doch selbst! Meine Eltern haben mir erzählt was geschehen war! Und ich weiß, dass sie der Feind war. Aber sie hat mir wichtige Infos gegeben. Ohne sie hätte ich euch nicht gefunden. Ich vertraue ihr nicht, aber für mich ist sie kein Gegner.“ „Du musst ein Monster sein, wenn das wahr ist“, sagte Ryan trocken, weshalb er von seinen Schwestern einen Klaps auf seinen Hinterkopf bekam. Ich lächelte: „Ich bin eine Mischung aus dem mächtigsten Engel, der je existierte und der Göttin der Dunkelheit, die zudem auch ein Erzengel war. Diese Mischung erzeugt eine enorme Kraft, die die von Sacred Feye bei Weitem übersteigen würde. Meine dunklen Kräfte sind stärker als die von Luzifer. Also bin ich wohl ein Monster, Ryan, ja. Allerdings hätte ich absolut keine Chance gegen unseren Feind.“ Nun waren sie still und schluckten auf diesen Schock. Jenn stand auf und ging ein paar Schritte auf und ab. „Wie kann es sein, dass Sacred Feye wieder da ist? Feye hatte sie in sich versiegelt.“ Und damit kam der unangenehme Teil. Alle starten mich fragend an. Verlegen drehte ich meinen Kopf leicht zur Seite und schloss die Augen um ihre Blicke nicht sehen zu müssen: „Meine Mutter... Sie wurde von Chamuel getötet. Deswegen ist Sacred Feye wieder frei.“ „WAS!?“ Nun stockte allen erneut der Atem. Das Schweigen wurde unerwartet durch einen weiteren Assistant unterbrochen: „Das... Das kann nicht sein... Das ist nicht wahr...“ Wieder diese leise und keuchende Stimme. Wir drehten uns alle zur Wohnzimmertür und sahen Hailey, die glasige Augen hatte und am ganzen Leib zitterte. Jill und Shinji rannten sofort zu ihr. Sie wäre wohl die Letzte, die diese Nachricht hören sollte... „Nicht auch noch Feye... Mein Mann... Meine Tochter...“ Dann brach sie schreiend und weinend zusammen, was mich ziemlich schockierte. Die Anderen blieben mit besorgten glasigen Blicken im Hintergrund stehen, während Jill, Shinji, Maiko und Maya sich um Hailey kümmerten. Ihr Geschrei wurde immer schlimmer... Sie klammerte sich an Jill fest: „NICHT NOCH MEHR TOTE!!! CLYDE! ICH WILL ZU CLYDE!!!“ Inzwischen zitterten auch meine Hände. Es wurde alles zu viel für mich. Schockiert und mit dem Gefühl mich gleich übergeben zu müssen stürmte ich an allen vorbei, zur Haustüre. „Tut mir leid Leute, ich kann gerade nicht mehr...“ Und dann rannte ich nur noch. Ich hatte mir die erste Begegnung mit meiner Familie schöner vorgestellt. Aber dieser Schritt ließ sich nicht vermeiden. Ich sollte nun zurück ins Hotel um mich von den ganzen anstrengenden Stunden zu erholen... Inzwischen war es auch hier dunkel geworden und ich verlor die Orientierung. „LASST MICH IN RUHE IHR IDIOTEN!!!“ „Haha! Kommt Jungs, die Kleine ist mehr als geeignet als Opfergabe an Satan!“ „FINGER WEG!“ Diese überaus zickige Stimme kannte ich doch. Sofort lief ich dort hin und sah eine Gruppe aus schwarz gekleideten jungen Männern, die Melody stark bedrängten. „Hey! Lasst sie!“, fuhr ich die Typen an. Sie waren von meinem Anblick entzückt: „Die ist ja noch viel süßer! Die Unschuld in Rosa! Die ist ebenso gut als Opfer!“ „Yeah, wir nehmen sie beide mit und Opfern sie dem heiligen Satan!“ „Ihr behinderten Satanisten! Nehmt sie eben mit aber lasst mich in Ruhe!“ „MEL!“, schrie ich entsetzt. „Nein, natürlich nehmen wir euch beide. So wie ihr ausseht ist euer Blut rein und wertvoll!“ Unbeeindruckt verschränkte ich die Arme: „Ihr seid scheiß Satanisten. Echt schlecht.“ „Achso? Luzifer leitet uns.“ „Hah! Dass ich nicht lache! Würde er euch leiten, wärt ihr längst in der Hölle.“ Einen Moment lang trat Schweigen in die Runde und ihre Blicke durchbohrten mich. Doch plötzlich wurde einer von ihnen auf meine beiden umgekehrten Kreuze an meinem Handgelenk aufmerksam. „Sie ist eine von uns!!!“ „Unglaublich! Das fällt in diesem rosa Look gar nicht auf! Heißen wir dich im Kreise unsrer Gruppe Willkommen, Mädchen!“ „Will ich das überhaupt?“ Diese Spinner... Aber gut, ich hatte an diesem Tag zu viele ernsthafte Erlebnisse. Es war Zeit mich etwas zu amüsieren also würde ich mitspielen. Schnell brachten sie Melody und mich in ihr geheimes Versteck. Melody war stinksauer auf mich weil sie erkannte, dass es mir Spaß machte mitzuspielen. Allerdings war die Sache plötzlich gar nicht mehr so lustig für mich als sie anfingen Blut trinken zu wollen. Ich fühlte mich beleidigt. So etwas würde meinem Dad nicht gefallen. „Wieso wollt ihr das trinken?“, fragte ich trocken. „Na weil das unser Brauch ist! Luzifer hat es uns befohlen.“ „Ach... Ist das so?“ „Keine Angst Kleine, du musst seine Stimme wohl erst hören.“ „ICH ZEIG EUCH GLEICH SEINE STIMME!!!“, platzte es aus mir heraus. Ihn in dieser Lage so zu verschmähen! Sie zuckten alle plötzlich zusammen und gingen vor mir auf die Knie um mich anzubeten. „Bei Satan! Ihre Augen haben sich rot gefärbt! Sie ist Luzifer im Körper einer sexy vollbusigen Unschuld!!!“ Fast hätte ich gelacht und Melody, die von allen vergessen wurde, verschränkte wütend die Arme. „Gut... Ihr bedeutungslosen Idioten habt es also endlich geschnallt! Ja, ich bin euer Lord! Der dunkle Lord Luzifer im Körper einer sexy Unschuld! Sagt, Fußvolk, wie groß sind meine Brüste!?!“ „Die... Die Größten, die wir je gesehen haben, Lord!“, antwortete einer aufgeregt. „Fein! Und wie es sich gehört erwarte ich als Lord der Finsternis von euch Opfergaben! Allerdings kein Blut oder unschuldige Blondinen, sondern Tangas und Strapse in rosa!“ „WAS?!“, schrie einer von ihnen auf. Er verstummte jedoch bei meinen strengen Blicken. „Kehrt zurück in euer normales Leben, denn auch ich lese die Wendy und kaufe meine Strapse in der Dessous-Abteilung! Also los, zieht von dannen!“ „Aber Lord, wir sind doch Männer...!“ „NA UND!? ICH AUCH! HINDERT MICH DAS!? BEI GOTT NICHT!“ Sie wurden kreidebleich und stürzten aus ihrem Versteck davon. Melody und ich waren nun wieder alleine und gingen ebenso nach Draußen. „Du bist scheiße... Und nervig“, grummelte Melody und stürmte voraus. „Hey! Sei nicht so undankbar! Ich hab dich immerhin gerettet.“ „Ja, und wie! Ich hätte mich schon selbst gerettet... Irgendwie.“ „Nachdem sie dein Blut getrunken hätten oder wie? Hey, vielleicht könnten sie dann auch das Wetter verändern. Wäre doch lustig.“ „Total... Idiotin.“ „Gib zu, du fandest ihre Blicke auch lustig. Welcher Pseudo-Satanist trägt schon gerne rosa Strapsen?“ Melody wirkte auf einmal ziemlich verspannt und verlor den Kampf gegen ihren Drang zu lachen. Sie lachte so herzhaft und laut, dass ihr sogar kleine Tränen kamen. „Siehst du, jetzt hast du sogar wegen mir gelacht.“ „Ich hasse dich!“ Kapitel 6 ~ Zusammentreffen ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 7: Cliquenzuwachs ------------------------- Kapitel 7 ~ Cliquenzuwachs ~ Juline Coldfire ~ Schnell nahm Melody ihr typisches Benehmen an und stürmte voraus. Vielleicht hatte sie die Hoffnung mich weniger ertragen zu müssen. Allerdings gönnte ich ihr diese Ruhe nicht. Sie war nicht so wie sie nach Außen hin immer tat... Irgendwas steckte in ihr und ich hatte das Gefühl sie müsste einfach nur auftauen. Ich schätzte, dass dieses Mädchen in Wahrheit ziemlich traurig war und sich nach Abenteuern und Freunden sehnte. „Komm schon du Lahmarsch! Gehen wir endlich wieder ins Hotel. Da bin ich für eine viertel Stunde unterwegs und schon passiert mir hier wieder irgendein Müll! Wie ich diese Stadt verfluche. Wenigstens sind diese Freaks weg.“ Schweigend folgte ich ihr. Eigentlich wollte ich ja auch nur meine Ruhe haben. Vielleicht sollte ich sie also doch nicht mehr zu sehr nerven. Ihr Schritt wurde etwas langsamer: „Hast du sie eigentlich gefunden?“ „Wen? Die Familie?“ „Klar, wen solltest du hier sonst suchen?“ „Oh... Ja, ich wurde gefunden“, sagte ich leise. Meine Enttäuschung war deutlich hörbar. Melody blieb stehen: „Was ist passiert? Du scheinst nicht begeistert zu sein.“ „Nun... Ich hatte mich wirklich gefreut. Aber sie hatten mich alle ins Kreuzverhör genommen. All diese schrecklichen Dinge, die geschehen waren, musste ich noch einmal erzählen. Diese ganzen Gefühle sind wieder hochgekommen. Und als wäre das nicht genug, haben mich alle für meine Mutter gehalten. Hailey hatte einen Zusammenbruch als sie erfahren hat dass Mum tot ist.“ Einen kurzen Moment schwieg Melody und drehte mir den Rücken zu. Wir starrten beide auf den Meereshorizont. „Das ist der Grund warum ich nicht gerne hier bin...“, sagte sie schließlich langsam. „Es ist einfach immer zu viel. Man hat nie seine Ruhe und in alles müssen sie sich einmischen. Wenn irgendwas passiert, dann gehen dir nur noch alle auf die Nerven. Im Dramatisieren sind sie ebenso gut.“ „Hmm... Sie machen sich nur Sorgen und meinen es gut.“ „Ja, das tun sie. Trotzdem fühle ich mich unwohl bei so viel Aufmerksamkeit.“ „Verstehe... Ich bin vorhin einfach davongelaufen.“ „Hehe, ja, das ist das Beste, was du tun konntest. Komm, gehen wir weiter. Ich bin immernoch sehr müde. Und du bestimmt auch.“ „Melody... Danke.“ Noch einmal drehte sie sich zu mir und blickte mich ausdruckslos an: „Wofür? Ich hasse dich trotzdem! Bilde dir nur nicht zu viel ein.“ Ich musste leise kichern, als ich ihr wieder hinterher lief. Bis zu unserem Hotel schien es nicht mehr weit zu sein, denn die Gebäude wurden wieder größer und höher. Auch das Meer näherte sich langsam. Als wir über die Straße liefen, sahen wir an einer Häuserecke eine Gruppe von jungen Leuten zusammenstehen. Melody beschleunigte ihre Schritte und beachtete sie nicht weiter, doch ich wollte hören, worüber sie so lauthals diskutierten. „Sorry, Leute! Aber ich bekomme diesen blöden Dämon nicht mehr aus dem Kopf!“, meckerte eine Blondine mit rötlichen Haarspitzen. Dämonen!? Ganz automatisch lief ich langsamer um mehr mitzubekommen. „Jade, du darfst unseren Eltern trotzdem nichts sagen! Die machen nur wieder einen mega Hype darum!“, erklärte eine andere Blondine. Die Jungs in der Runde stimmten zu. Wenn sie so offen über Dämonen redeten, konnten diese Leute nur die Kinder von den Assistants sein, die ich heute getroffen hatte. Die faulen jungen Leute, die nicht ans Telefon gehen wollten. Bei dem Gedanken musste ich grinsen. Sie waren alle etwa in meinem Alter, vielleicht etwas jünger. Und obwohl Melody weit voraus stürmte, beschloss ich nun zu ihnen zu gehen. Als Melody dies sah, starrte sie mich entsetzt an und schüttelte den Kopf. Es war mir egal. Ich wollte meine Familie immerhin kennen lernen und ich hatte die Hoffnung, dass diese hier zumindest etwas gelassener auf alles reagieren würden. Wie sollte ich sie ansprechen? Sie würden wütend werden, wenn sie erfahren, dass ich etwas gelauscht hatte. Nervös stellte ich mich zu ihnen und bekam gleich die volle Aufmerksamkeit. „Findet ihr es in Ordnung mitten in der Stadt von Dämonen zu reden? Das könnten normale Menschen hören.“ „Ahja... Und wer bist du?“, fragte der hochgewachsene schwarzhaarige Kerl. „Genau! Was mischst du dich ein?“, stimmte diese komische Blondine mit den braunen Strähnen zu. „Juline! Verdammt! Dass du immer Ärger machen musst!“ Nun kam auch Melody zu uns und zerrte mich ein Stück weg. Nun starrten alle Melody an bis der Rothaarige grinsen musste: „Nein! Welch Zufall! Ist das nicht unsre Zicke? Die kleine Melody?“ „Fresse, Jo!“ „Ha! Ich wusste es!“ Auch die Anderen erkannten sie wieder und näherten sich uns neugierig. Melody schien, als würde sie gleich einen Nervenzusammenbruch erleiden. „Ja, ich bin es. Und das hier ist Juline. Die nervige Klette, die ich in die Stadt bringen sollte.“ „Woher weißt du von den Dämonen?“, fragte der kleinere der beiden Kerle, die fast gleich aussahen. „Ähm... Ich bin auch eine von euch.“ Um es ihnen zu beweisen hielt ich meinen schwarzen Stein in die Höhe. Darauf machten alle große Augen und die eine der beiden Blondinen nahm ihn gleich in die Hände um ihn genauer zu betrachten. „Jade, nicht so stürmisch!“, ermahnte der größere brünette Kerl. Diese Jade ließ meinen Stein schnell wieder los uns rieb sich die Hand: „Was eine Kraft... Wahnsinn. Etwas länger und meine Hand wäre verbrannt... Wer bist du?“ Melody drängte sich zwischen uns: „Sachte! Nicht gleich überfallen ihr nervigen Idioten!“ „Typisch Mel... Haha!“ „Fresse, Jo!“ „Wenn ich einen Vorschlag machen darf... Wie wäre es, wenn wir uns alle in eine verlassene Ecke hocken und sie uns erklärt, was hier los ist. Wir hätten da nämlich auch ein paar Fragen. Wärst du dazu bereit, Juline?“, fragte der Schwarzhaarige freundlich. Ich überlegte kurz... Natürlich war es ihr Recht es zu wissen. Und sie wurden offensichtlich von einem Dämon angegriffen. Also sollte ich diese Hürde für heute auch noch überwinden. Ich nickte langsam und folgte der aufgewühlten Gruppe in ein Gebäude, wo überall Tische und Stühle standen. Es roch sehr verführerisch, sodass mir das Wasser im Mund zusammenlief. „Das hier ist Mc' Donald's, Juline. Hier gehen nur primitive Jugendliche essen“, erklärte Melody genervt. „Mel, laber kein Mist! Mc's ist heilig! Hier gibt es das geilste Essen überhaupt!“ „Wenn Jo am Tag nichts Gescheites aus dem Mund bekommt, aber hier muss ich ihm Recht geben!“, sagte Jade und musste lachen. Unsere Tische waren vollgepackt mit Essen als sie mich wieder neugierig musterten. „Wie heißt ihr denn alle?“, fragte ich zuerst. „Stimmt, wie unhöflich!“, antwortete Jade und drehte sich zu den Jungs und der anderen Blondine. „Also! Diese heiße Braut ist meine beste Freundin Carolina! Aber wir nennen sie Caro. Dann gibt es meine Brüder Adriano und Fabio. Wir sind Drillinge.“ „Drillinge!?!“ „Joa...“, antwortete Fabio verlegen. Adriano dagegen schien etwas schweigsam. Er hatte bisher kaum etwas gesagt. Jade setzte ihre Rede fort und zeigte auf den Kerl mit den schwarzen Haaren: „Er hier ist Chris und Jo... Den muss man nicht kennen.“ „'Türlich muss man mich kennen!!! Jade, du Schwein! Sonst verpasst sie das Beste.“ „Das Beste... Tzz!“, grummelte Melody abschätzig und verschränkte die Arme. „Dass du gerade Mel als erste kennen lernen musstest ist ein tragisches Schicksal, schöne Lady. Aber jetzt wird alles gut“, erklärte Jo mit einem breiten Grinsen. „Ich wusste gar nicht, dass es doch eine hübsche Frau in der Familie gibt. Alle Achtung!“, fügte er noch lachend hinzu. Caro, Jade und Melody funkelten ihn böse an. Würden Blicke töten wäre er wohl genauso zerfetzt wie der Dämon auf unserem Flug. Jo war wirklich eigen... Ein Charmeur, der leicht zu durchschauen war. So angelte er sich wohl täglich irgendwelche Mädels. Es war leicht zu durchschauen, dass Melody und er sich absolut nicht leiden konnten. Jade lächelte: „Wie ihr seht sind wir Mädels stark in der Unterzahl und bräuchten Verstärkung. Ich denke niemand hier hätte was dagegen, wenn ihr mit uns abhängt. Vor allem Jo nicht!“ Er grinste nun noch breiter und biss genüsslich in seinen Burger. Während Melody seufzte, freute ich mich. Die hier waren viel cooler als die Älteren, wobei ich ihnen ja noch nichts erzählt hatte. „Ich würde euch sehr gerne öfter sehen. Ich kenne fast nichts hier in dieser Welt. Ich freue mich über alles, was ich kennen lernen darf.“ „Uhh, dann nehme ich dich mit nach Hause, da kannst du gleich die pure Manneskraft erkennen!“ „Welche Manneskraft, Jo? Das Teil will doch niemand sehen“, antwortete Melody für mich und würdigte ihm dabei keines Blickes. „Jetzt mal ernsthaft“, fing Jade wieder an: „Woher kommst du? Warum kennen wir dich noch nicht? Und warum ist dein Element ein Anderes?“ „Hmm... Das ist eine lange Geschichte. Haben eure Eltern denn erzählt, was damals im Kampf gegen Luzifer geschah?“ Ihre Blicke wurden nun etwas ernster und alle nickten langsam. „Feye, meine Mutter, ging mit Luzifer zusammen in die Hölle damit Sacred Feye nie wieder Schaden anrichten könnte. Er versiegelte das Weltentor und die beiden bekamen mich.“ „Du?! Du bist Luzifer's Tochter?!“, fragte Chris entsetzt. In allen Gesichtern stand plötzlich Unsicherheit und Verwirrung. „Macht euch keine Sorgen. Ich habe nichts Böses im Sinn.“ „Ja, sie ist harmlos, aber sie nervt gewaltig“, fiel mir Melody ins Wort, weshalb ich lachen musste. Und wieder erklärte ich was geschehen war. Vom Tod meiner Mutter und vom Angriff Chamuel's. Sie nahmen es zum Glück etwas gefasster auf als die älteren Assistants. Vielleicht weil sie nicht persönlich dabei waren, als vor vielen Jahren dieser Kampf stattfand. „Und jetzt sucht dieser Chamuel nach dir? Das heißt, wir könnten jederzeit angegriffen werden?“, fragte Fabio besorgt. „Nun... Ob ihr euch jetzt noch mit mir abgeben wollt, überlasse ich euch“, antwortete ich geduldig und stellte mich darauf ein, meinen Weg weiterhin alleine fortsetzen zu müssen. Doch plötzlich lächelten sie und Jade legte ihre Hand auf meine: „Soll das ein Scherz sein? Du machst schwere Zeiten durch und wir sind stark! Sollen sie eben kommen! Wenn sie so dumm sind sich mit uns anzulegen, dann werden wir ihnen eins auf's Maul geben!“ „Klingst schon fast wie Adde, haha!“, lachte Caro. Ich lächelte in die Runde. Es freute mich, dass ich mich wohl auf sie verlassen konnte. Glücklicherweise waren sie auch etwas freundlicher als Melody, die dazu nichts mehr sagte. Ich fand sie alle faszinierend. Bisher kannte ich nur die paar Leute von zu Hause und die ersten Leute, die ich in dieser Welt traf. Jeder von ihnen war so unterschiedlich und doch schienen sie sich alle sehr zu mögen. Ihre Kräfte wirkten deutlich auf mich... Durch meine Fähigkeiten, konnte ich die Stärke einer elementaren Aura erkennen. Diese jungen Leute waren deutlich stärker als ihre Eltern. Ihre Elemente schlummerten tief in ihnen und trotzdem konnte ich es genau spüren. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen um mir der Neugierde halber ihre Kräfte genauer anzuschauen. Im schwarzen Nichts, das ich anfangs sah, erschienen ihre Konturen und dort, wo ihre Herzen waren, sah ich die jeweiligen Lichtkugeln in der Farbe ihrer Elemente. Obwohl diese Energiekugeln im Ruhezustand waren, sprühten und funkelten sie leichte Wellen und zogen Schliere um sich. Sofort fiel mir dabei Adriano auf. Es machte den Anschein als würde er eine gewaltige Energie in sich führen. Um ein vielfaches stärker, als die der Anderen. Aber wieso? Diese blauen Funken und Wellen zogen sich weit um den stark leuchtenden Energiekern. Um nicht aufzufallen öffnete ich wieder meine Augen und beteiligte mich an den Gesprächen, die sie gerade führten. Trotzdem gelang es mir nicht Adriano komplett aus den Augen zu lassen. Er war sehr ruhig und wirkte teilweise abwesend. Seine grünen Augen wirkten erschöpft und er schien sehr nachdenklich. Plötzlich bemerkte er meine Blicke, worauf ich sofort herumfuhr und versuchte mit jemandem anders ins Gespräch zu kommen. Diese Aura war nicht normal... Wahrscheinlich würde mir dieses Thema noch eine Zeit im Kopf herumspuken. „Erzählt mal, was macht ihr „Menschen“ denn eigentlich so in eurem Leben? Wie sieht euer Tag so aus?“, fragte ich um mich abzulenken und weil es mich interessierte. Fabio lächelte mich verlegen an: „Naja, wir gehen morgens zur Schule und nachmittags treffen wir uns um Spaß zu haben.“ „Ich freue mich ja schon mächtig auf die Uni! So viele heiße Chicks!“ „Jo, wenn du so weiter machst und weiterhin immer am Schwänzen bist, wirst du nie auf die Uni kommen“, bemerkte Chris sarkastisch. „Ja, das stimmt schon... Ich sollte mich mehr ins Zeug legen. Diesen Anblick möchte ich auf keinen Fall verpassen, haha!“ Einige Minuten später stand Caro plötzlich auf: „Ich geh mal auf Toilette, mich frisch machen. Jade, kommst du mit?“ „Ja, klar! Hey, Juline, komm doch auch mit. Dann geben wir dir Make-Up Tipps, haha!“ „Wieso geht ihr zusammen auf Klo?“, fragte ich verwirrt. „Das haben wir uns auch oft gefragt!“, sagte Jo begeistert und klopfte Adriano auf die Schulter. Er reagierte mit einem kurzen Grinsen. „Alter, was ist los? Du bist heute so still.“ „Nichts... Es geht mir gut. Bin nur etwas müde und ich höre euch lieber zu.“ Beim Aufstehen bemerkte ich Jade's besorgte Blicke. Allerdings sagte sie nichts und folgte Caro ins Bad. Dort kramten sie vor den riesigen Spiegeln alle möglichen Sachen aus ihren Taschen und fingen an sie sich ins Gesicht zu schmieren. „Juline, du bist eine echte Naturschönheit! Kein bisschen Schminke und trotzdem reine Haut! Ich beneide dich!“, sagte Caro und bemalte ihre Augen. Ich brachte darauf nur ein verlegenes Lächeln hervor, weil ich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte. Caro stemmte auf einmal die Hände in die Hüfte und lächelte mich an: „Weißt du, ich mag dich echt gerne! Obwohl wir uns noch kaum kennen. Aber wenn du in unsrer Clique sein willst gibt es eine Regel!“ „Wie? Welche?“, fragte ich erstaunt. Sie wirkte auf einmal so ernst: „Adriano ist absolut tabu! Der gehört mir.“ „Eh... Ja, ich hätte auch kein Interesse.“ „Ach, wirklich? Ich habe deine Blicke bemerkt, Kleines.“ „Oh... Das tut mir leid. Ich hab mir euch alle nur genauer angeguckt. Das sollte nicht so wirken, als hätte ich irgendwas mit ihm vor.“ Sie schwieg einige Sekunden und guckte mich skeptisch an, doch dann lächelte sie wieder und ging schon mal raus. Jade seufzte. „Tut mir leid wegen ihr. Sie ist leicht eifersüchtig, wenn es um meinen Bruder geht.“ „Ich wollte wirklich nicht... Ich hatte mich nur gewundert warum er im Gegensatz zu euch Anderen so still ist.“ „Keine Ahnung, ihm geht es zur Zeit nicht so gut. Eigentlich ist er auch anders. Übrigens, wenn du dich verlieben willst, dann ist Chris auch tabu, ja? Haha! Aber erzähle es niemandem. Von Jo solltest du die Finger lassen, der spielt nur mit den Frauen. Aber Fabio ist echt niedlich!“ Ich merkte wie ich etwas aufgeregt wurde und wie mein Gesicht rot anlief. Ich hatte noch nie Kontakt mit Männern in meinem Alter. Wie konnte sie so leichtfertig über verlieben sprechen? „Jade, ich bin hier weil ich das retten muss, was von meinem zu Hause übrig geblieben ist. Ich muss meine Mutter rächen und meinen Vater befreien. Da habe ich doch anderes im Kopf als mich zu verlieben.“ Sie lächelte: „Ja, da magst du wohl recht haben... Ich meinte ja nur! Fabio ist wirklich der netteste Typ den ich kenne! Und ich würde ihm endlich eine Freundin gönnen, hihi.“ Immernoch kichernd verließ sie das Bad. Verlieben... Nein, das wäre das Letzte, was ich nun auch noch tun sollte. ~ Adriano Coldfire ~ Ich war froh als unser Treffen mit Juline und Melody zu Ende war und ich an die frische Luft konnte. Obwohl mir diese auch nicht mehr viel helfen konnte. Seit einer Weile hatte ich immer wieder diese Kopfschmerzen, die mich in den Wahnsinn trieben. Aber nicht nur sie... „Schatz! Wir gehen doch heute Abend noch miteinander essen, oder?“, fragte Caro und schnappte sich meine Hände. Im Moment wäre es mir am liebsten gewesen ganz alleine zu sein um meine Schmerzen nicht verstecken zu müssen. Die Anderen sollen es nicht merken. Ich fühlte mich müde und einfach nur noch kraftlos. Morgens aus dem Bett zu kommen war schon schwierig aber einzuschlafen war noch viel schlimmer. So gut ich konnte, lächelte ich: „Ja, natürlich... Das hatten wir doch so ausgemacht.“ Ihre Augen strahlten mich begeistert an: „Super! Ich freue mich schon! Bis in zwei Stunden, ich liebe dich!“ Dann küsste sie mich und rannte Jade, die schon auf sie wartete, hinterher. Wieder zog es mir durch die Schläfen und fing an zu pochen als würde mein Kopf gleich zerspringen. Leicht zitternd kramte ich in meiner Hosentasche nach der kleinen Flasche, in der ich Schmerztabletten versteckte. Und nochmal zwei Tabletten... Das waren heute also schon acht. Und doch wurden die Schmerzen nicht besser. Da ich Dad nicht zu Hause über den Weg laufen wollte, beschloss ich bis zu der Verabredung mit Caro am Strand zu bleiben. Dort war ich am liebsten. Ich mochte die Ruhe und die klare Luft. Wahrscheinlich lag es auch an meinem Element, dass ich mich vom Wasser angezogen fühlte. Am Meer fühlte ich mich fast wie zu Hause. Wieder zog es mir durch den Kopf und ich setzte mich in den Sand. Bisher hatte ich immer das Glück und die Schmerzen gingen nach einigen Stunden plötzlich wieder weg, doch was wäre, wenn sie irgendwann überhaupt nicht mehr weggehen würden? Was war nur mit mir los? Ich fragte mich ob Jade nicht vielleicht recht hatte und ich doch zum Arzt gehen sollte. Lange dachte ich darüber nach, entschied mich jedoch dagegen. Wahrscheinlich sind diese Schmerzen gar nichts Ernsthaftes. Ständig daran zu denken machte es nicht besser, also versuchte ich nochmal an das zu denken, was Juline so alles erzählt hatte. So wie das klang, würden wir einige Kämpfe und Angriffe der Dämonen zu erwarten haben. Bisher musste ich meine Geschwister nur vor den Attacken unserer bescheuerten Mitschüler beschützen... Aber Dämonen sind etwas Anderes als pubertierende Idioten. Wie sollte ich sie beschützen können, gerade jetzt, wo ich froh war überhaupt geradeaus laufen zu können bei diesen Schmerzen. Juline... Je länger ich überlegte, desto wahrscheinlicher erschien es, dass der Angriff dieses Dämon's einen Zusammenhang mit ihrem Erscheinen hatte. Dieses Mädchen war mir ein Rätsel. In dem Moment als ich sie das erste mal sah, schien dieses Pochen in meinem Kopf stärker zu werden. Ich fühlte mich seltsam... Als würde mein Inneres mir befehlen sie beschützen zu müssen. Dabei kannte ich sie nicht einmal. Ich hoffte, dass ich noch herausfinden könnte, was dieses Gefühl zu bedeuten hatte und woher die Schmerzen kamen. Fast hatte ich vergessen, dass zwei Stunden schon fast vergangen waren. Je länger ich am nachdenken war, desto schneller verging die Zeit. Ich sollte ja mit Caro essen gehen. Wieder versank ich auf dem Weg zu ihr in meinen Gedanken. Caro machte mich wahnsinnig! Sie war dauernd nur am meckern und hatte an allem etwas auszusetzen. Ihre Eifersucht war sogar noch schlimmer. Wahrscheinlich wird sie bald damit anfangen ich würde Melody oder Juline hinterher gucken. Eigentlich sollte ich es ihr nicht übel nehmen... „Da bist du ja endlich!“, sagte Caro leicht verärgert mit den Händen in der Hüfte, als ich einige Minuten zu spät an ihrer Haustür stand. „Tut mir leid. Ich hatte die Zeit etwas... vergessen.“ „Ahja... Wo warst du denn? Du hast ja noch die selben Klamotten an wie heute Mittag! Ich hatte gehofft, du hättest dich etwas besser angezogen für unser Date.“ „Du hast Probleme... Die habe ich heute frisch angezogen. Wenn ich dir nicht gut genug aussehe, kann ich auch nach Hause und schlafen gehen.“ „Nein, ist okay...“ Trotzig und immernoch etwas mürrisch lief sie neben mir her. So lief das in letzter Zeit doch irgendwie immer. Wir redeten aneinander vorbei und ständig kam es zu Missverständnissen. Das erste, was sie zu kritisieren hatte, waren meine Klamotten. Es regte mich auf... Schön für sie, dass sie fünf mal am Tag ihr Outfit wechselte. Jill und Shinji haben sie einfach viel zu sehr verwöhnt. Meine Mutter würde mir den Hals umdrehen, wenn sie noch mehr Wäsche hätte. Es störte mich zudem sehr, dass sie massig Geld besaß und ich mit meinem bisschen Taschengeld alles bezahlen musste. Dank Caro blieben mir im Monat gerade noch genug Dollar um mir Kippen zu kaufen. Wahrscheinlich würde sie sich nun auch wieder das teuerste Essen bestellen. „Schatz? Was ist los? Du bist heute schon den ganzen Tag so verdammt still. Das gefällt mir nicht.“ „Ich bin müde... Der Tag war stressig.“ „Eigentlich gar nicht. Du stellst dich nur zu sehr an. Vielleicht liegt es ja... An Melody oder Juline? Sag, findest du die beiden attraktiv?“ „Was soll dieser Mist schon wieder?“ „Ich frag doch nur. Sag schon! Welche findest du hübscher?“ „Keine von beiden. Ich hoffe es geht heute Abend nicht nur um deine Eifersucht.“ „EIFERSUCHT!? Bilde dir nur nicht zu viel ein, Schatz.“ Und wie sie eifersüchtig war. Ich wusste doch, dass noch irgendwas wegen Melody oder Juline kommen würde. Wie sollte ich diesen Abend nur mit Kopfschmerzen und einer nervigen Freundin überstehen? Endlich im Lokal angekommen, setzten wir uns an einen der Tische und nahmen uns die Speisekarten, die gleich von einem Kellner gebracht wurden. „Warum mussten wir hierher gehen?“, fragte ich schockiert. „Warum nicht?“ „Hier ist alles sauteuer! Die Leute gucken mich schon doof an weil ich nur ne Jeans und ein Hemd trage!“ „Dann hättest du dich eben besser anziehen sollen.“ „Sorry, ich trage garantiert keinen Anzug nur um mit dir essen zu gehen.“ Entsetzt schlug sie die Mappe auf den Tisch und starrte mich an: „So viel bin ich dir also noch wert!?!“ „Nein... Aber eine Bar oder sowas hätte es auch getan. Warum muss es ein teures Restaurant sein?!“ „Hör auf zu meckern, Schatz. Wir verbringen wenig Zeit zu zweit. Also darf es auch mal was besseres sein.“ Während sie die Karte studierte ignorierte sie mich komplett und fing plötzlich an begeistert zu lächeln: „Ich nehme das hier!“ Sie hielt mir die Karte entgegen und mir wurde schlecht... Natürlich war es das teuerste Gericht. „Was?“, fragte sie, als sie meine Blicke bemerkte. „Hmm... Vielleicht nehme ich doch besser das Andere hier.“ „Nimm doch am besten gleich Beides.“ „Bitte!?! Willst du mir damit sagen, dass ich zu viel esse und fett bin!?“ „Nein...“ „Sicher! Weißt du was? Vergiss es einfach... Ich gehe jetzt nach Hause. Kannst dich ja wieder bei mir melden, wenn du normal geworden bist!“ „Ja, tschüss! Geh doch.“ „Pff!“ Nun war Caro weg, die Leute guckten noch blöder und ich machte mich auch davon. Zurück an den Strand, weil ich nun noch miesere Laune hatte und Dad nun nicht auch noch ertragen konnte. Frustriert kickte ich einen Stein in den Sand und bemerkte erst dann, dass ich nicht alleine war. Noch jemand saß im Sand und blickte zum Meer hinaus. Als ich der Person näher kam, erkannte ich sie. Es war Juline die ihr Knie an sich gezogen hatte und die Arme darum legte. „So etwas schönes habe ich noch nie in meinem Leben gesehen... Das Meer unterm Sternenhimmel. Der Mond leuchtet so schön“, sagte sie leise. Ich war überrascht, dass sie mich bemerkt hatte ohne sich umzudrehen. Ich setzte mich neben sie: „Die Meisten wissen diesen Ort nicht zu schätzen, weil es so selbstverständlich ist.“ „Meinst du, weil ihr hier lebt? Ihr seid diesen Anblick gewöhnt...“ „Ja. Ich persönlich mag den Ort jedes mal aufs Neue.“ Ich guckte kurz zu ihr rüber, als es mir wieder durch den Kopf zog und ich kurz die Augen zusammenkniff. Schnell versuchte ich mich zusammenzureißen. „Woher wusstest du, dass ich hinter dir stehe? Du hast mich doch gar nicht gesehen“, fragte ich um etwas abzulenken. Sie lächelte: „Ich habe deine Aura gespürt. Eigentlich haben die Assistants kaum unterschiedliche Auren. Aber deine Kraft unterscheidet sich etwas von den Anderen, deswegen wusste ich gleich, dass du es bist. Schön, dass du heute Abend etwas gesprächiger bist, als vorhin.“ „Ich war etwas gestresst und wollte eigentlich eher meine Ruhe haben.“ „Oh... Tut mir leid, dass du wegen mir aufgehalten wurdest.“ „Ach, mach dir keine Sorgen. Wenn ihr beide nicht dazwischen gekommen wärt, dann wäre Caro eben die ganze Zeit an mir gehangen.“ „Deine Freundin?“ Ich schwieg einen kurzen Augenblick. Freundin war inzwischen eher ein gewagter Ausdruck. Irgendwo mochte ich sie schon noch, aber so wie früher war es zwischen Caro und mir nicht mehr. Im Laufe der Zeit hatten wir uns beide zu sehr verändert. „Ja... Wir hatten vorhin Streit.“ „Weshalb, wenn ich fragen darf? Ich verstehe die Menschen noch nicht ganz. Von Beziehungen habe ich keine Ahnung, haha.“ „Sie regt mich nur noch auf. Ich komme mit ihrer Art nicht mehr zurecht. Und sie mit Meiner wohl auch nicht.“ Ich seufzte und versuchte die nächste Schmerzattacke einfach zu verschnaufen, während ich in den Himmel guckte. Juline guckte mich fragend an: „Warum bist du mit ihr zusammen, wenn sie dich nervt?“ „Weil... Wahrscheinlich weil ich keine Veränderung will. Würde ich mich von ihr trennen, wäre die ganze Clique auseinander gerissen. Wir könnten nie wieder Zeit miteinander verbringen so wie vorher. Dann lasse ich es lieber so.“ „Das kann ich verstehen... Sie bedeuten dir sicherlich genauso viel wie eine Familie.“ „So in etwa.“ Je länger ich mit ihr hier saß, desto schlimmer und unerträglicher wurden meine Schmerzen. Wie viele Tabletten sollte ich denn noch nehmen?! Diesmal konnte ich es nicht verbergen und kniff die Augen erneut zusammen. Am liebsten hätte ich nur noch laut raus geschrien. Dass Juline es nun merken würde, ließ sich kaum vermeiden. Ich bekam kaum mit, wie sich besorgt vor mich kniete und mir zurief. Meine Hände verkrampften sich richtig an meinen Schläfen und es hörte einfach nicht auf. Jede Sekunde kam mir vor wie Stunden bis es auf einmal besser wurde. Juline, die mit geschlossenen Augen vor mir kniete und eine Hand an meine Stirn gelegt hatte, streckte die andere Hand zur Seite. Aus der Hand strömte ein seltsamer Dampf. Je länger sie das machte, desto weniger wurden die Schmerzen, bis sie schließlich weg waren. Erschöpft und außer Atem öffnete sie ihre roten Augen und rieb sich die Hand aus der der Dampf kam. „Was hast du gemacht!?“, fragte ich entsetzt und verwundert über die Erleichterung in meinem Kopf. „Autsch! Was eine Hitze...“ Fluchend rannte sie zum Ufer und streckte ihre Hand ins kalte Wasser. Ich folgte ihr. Wie hatte sie das gemacht!? Was geschah da gerade? „Starke Schmerzen, was? Irgendwas stimmt mit deinen Kräften nicht“, erklärte sie und fluchte weiterhin. „Wie? Was soll damit nicht stimmen? Und was hast du gemacht?“ „Deine Kräfte sind zu stark... Ich habe sie abgezogen und als Wasserdampf verschwinden lassen. Das war ziemlich... Autsch!“ „Hast dir an mir die Finger verbrannt, hm? Haha!“ „Sieh einer an, du kannst ja auch dumme Sprüche reißen. Du solltest aufpassen. Deine Kräfte bringen dich um, wenn sie zu stark werden.“ „Willst du damit sagen, ich hätte an diesen Schmerzen sterben können?“ Sie stellte sich wieder aufrecht hin und guckte mich ernst an: „Ja, deine Kräfte hätten dich töten können. Wahrscheinlich werden sie sich auch wieder aufbauen und die Schmerzen kommen zurück. Sobald wir etwas davon merken, werde ich das wiederholen. Zumindest sollten wir schauen, dass wir die Ursache ergründen und beheben, solange ich hier bin.“ „Kann ich mir damit nicht selbst irgendwie helfen?“ „Durch pures Nutzen erschöpfen sich deine Kräfte kaum. Also wirst du das alleine auch nicht können.“ Das war mir heute alles etwas zu hoch... Warum waren die Kräfte der Anderen ganz „normal“ und bei mir nicht? Bisher hatte ich nie etwas davon gemerkt bis diese Schmerzen anfingen. Was steckte dahinter? Ich fühlte mich plötzlich so fremd in mir selbst. Doch ich war ihr dankbar... Nun, wo ich in ihrer Anwesenheit keine Schmerzen mehr hatte, wurde das Gefühl ihr gegenüber in irgendeiner Weise verantwortlich zu sein, noch stärker. Sie war mir unheimlich. „Ich gehe nun zurück ins Hotel und versuche irgendwie zu schlafen.“ „Gute Nacht. Und... Danke, für deine Hilfe.“ Sie lächelte nur noch und lief langsam davon. Wahrscheinlich würde dies meine erste schmerzfreie Nacht seit Langem sein. Nach einem letzten Blick aufs Meer hinaus ging auch ich nach Hause, wo ich zum Glück niemandem außer Fabio begegnete. Er lag schon auf seinem Bett und hatte die Arme hinter seinem Kopf verschränkt. „Hey, Adde, da bist du ja endlich. Hattet ihr ein schönes Date?“ „Wie!?! Nein! Das war doch kein Date! Ich hab sie ganz zufällig... Ach, du meinst Caro!“ „Ja, wen denn sonst?“, fragte er mich verwundert. „Ach... Nichts. Das Date war mies... Caro hat es mal wieder mit ihren Ansprüchen übertrieben und mich sitzen lassen.“ „Eure Beziehung ist seltsam... Warum hast du mir nie gesagt, dass ihr zusammen seid?“ „Einfach so. Das hat nichts mit euch zu tun.“ „Naja, Hauptsache ihr kommt miteinander klar. Kann ich dir ein Geheimnis verraten?“ Ich schaltete das Licht aus und machte es mir ebenfalls in meinem Bett gemütlich: „Klar, immer. Das weißt du doch.“ Fabio und Jade waren für mich die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Für sie würde ich mein Leben geben. Und für die Beiden wollte ich immer stark sein. Ich hatte es mir zum Ziel gesetzt stark zu sein um sie zu beschützen. Seit ich angefangen hatte alles und jeden, der ihnen blöd kommt, zu verprügeln, wurden sie in Ruhe gelassen. Dafür zahlte ich jedoch schon immer einen hohen Preis... Die meisten Leute hatten inzwischen Angst vor mir und die, die keine Angst hatten, schlugen mir schon das ein oder andere blaue Auge. Ich hatte mich verändert. Während die Anderen ausgiebig und sorglos lachten und Spaß hatten, saß ich da, war ernst und habe auf meine Geschwister aufgepasst. Der Kerl, der sich unser Vater schimpfte, war immerhin nie da um sie zu beschützen. Einer musste es doch tun... „Weißt du, ich glaube ich finde Juline ziemlich süß.“ „Ziemlich süß... So schnell geht das bei dir, hm?“, fragte ich und lachte. „Hey, das ist nicht lustig!!! Du weißt, wie schwer es für mich ist eine Freundin zu finden. Ich hatte noch nie eine. Die meisten Mädels wollen eh nur Kontakt mit mir um irgendwie an dich ranzukommen.“ „Du weißt, dass das das Letzte ist, was ich will. Es würde mich sehr für dich freuen, wenn aus euch beiden was werden würde.“ „Das Problem ist, dass ich ihr wahrscheinlich nicht einmal auffallen werde.“ „Dann musst du dich eben mehr ins Zeug legen und sie auf dich aufmerksam machen.“ Fabio schwieg einige Sekunden ehe er lachte: „Du hast recht! Ich sollte endlich mal was für mein Glück tun. Am besten fange ich gleich morgen damit an!“ „Solltest du.“ „Verrate es bitte niemandem.“ „Deine Geheimnisse sind meine. Gute Nacht Fabs, ich bin echt müde.“ Fabio und Juline... Ich würde es ihm wirklich gönnen. Immerhin war es, wenn auch ungewollt, meine Schuld, dass er noch nie eine Freundin hatte. Noch einmal musste ich an unsere Begegnung am Strand denken. Ziemlich süß... Da ich in der letzten Zeit viel zu wenig Spaß hatte, beschloss ich am Mittag Jo anzurufen um ihn zu fragen ob er vorbei kommen will. Er verbrachte eh zu viel Zeit auf den Straßen oder in den Betten irgendwelcher Weiber. Mit viel Begeisterung und einer Flasche Tequila kam er wenig später zu mir und machte es sich auf meinem Bett breit. „Haben wir wieder bessere Laune, ja?“, fragte er mit einem breiten Grinsen und reichte mir ein Glas voll Alk. Nebenbei kramte ich uns Kippen raus: „Du weißt, dass ich nicht grade lustig bin. Prost!“ Er erhob sein Glas und nahm einen großen Schluck ehe er antwortete: „Du kannst 'ne echte Spaßbremse sein. Aber in letzter Zeit hast du es übertrieben. Ein bisschen mehr und du wirst zu meinem Emokeks!“ „Niiicht lustig! Schwuchtel!“ „Ja, ich steh auf geile rassige Italiener. Apropos, komm, mach mal den PC an.“ „Was hast du vor?“ „Chatten!“ Ich ahnte schon Übles als ich den PC zurecht machte und Jo sich neben mich setzte. Hibbelig machte er sich ein weiteres Glas voll. „Das wird göttlich! Ach übrigens, wann trennst du dich endlich von Caro und fängst an wie ich zu werden? Wir könnten Melody abchecken.“ „Idiot. Das arme Mädchen. Hast du ihr nicht genug angetan?“ „Wovon redest du?“ „Ich rede vom letzten mal als sie hier war. Da warst du ziemlich gemein.“ „Da sah sie auch nicht so scharf aus wie jetzt.“ „Lass sie in Ruhe. Und Juline auch...“ „Ach? Magst du es nicht wenn ich mich an Juline ranmache? Wenn ich sie in den Arm nehme und ihr keine andere Wahl lasse als mich ranzulassen... Geiles Kopfkino!“ „Fresse, Jo! Such dir andere Weiber! Hey, mich hat einer angeschrieben!“ „Adriana... Welch geiler südländischer Name“, schrieb ein gewisser „Badboy66“, weshalb Jo und ich lachen mussten. „Danke, ich sehe auch richtig geil aus, mein Süßer!“ „Oh ja und wie!“, sagte Jo und wuschelte mir durch die Haare. Gespannt wartete ich auf Badboy's Antwort. „Wirklich? Beschreib dich doch bitte, Schönheit!“ Ich musste kurz überlegen: „Ich bin groß, habe langes braunes Haar und riesige Möpse!“ „Klingt geil! Wie groß sind sie?“ „Doppel D! Möchtest du mal anfassen?“ Jo lachte kurz und trank einen weiteren Schluck Tequila, eher er mich angrinste: „Ich möchte mal anfassen, hahaha!“ „Wehe!“ „Uuuh!“ Fast hysterisch schlug ich um mich als er mich aus Spaß begrapschte: „Steinharte Brüste! Wie oft hast du dich operieren lassen, Adde?“ „Zu oft! Fass' mich nicht an, Ferkel!“ „Hahaha!“ In der Zeit in der Jo unaufmerksam war, schrieb ich diesem Typen seine Handynummer auf. Kurz darauf klingelte Jo's Handy. „Du hast doch nicht...“ „Doch! Gib!“, antwortete ich und ging ran. Mit der hellsten und weiblichsten Stimme, die ich hinbekam, begrüßte ich Badboy66. Jo wirkte einen Moment lang fassungslos. „Hey! Ist hier Adriana?“ „Ja, mein Süßer! Leibhaftig.“ „Was machst du gerade?“ „Ich liege gerade auf meinem Bett und streichle mich. Deine männliche Stimme macht mich an.“ Jo quetschte sich seine Hand fest vor den Mund um nicht laut loszulachen. Auch mir fiel es schwer. „Oh, das klingt gut, Was meinst du... Könntest du dir vorstellen wie du mich auch streichelst?“ „Ja... Das kann ich! Und wie... Leck mir die Titten du hengst!!!... Oh nein!!! Da kommt mein aggressiver Freund!!! ER WIRD MICH SCHLAGEN!!! NEIN!!! HILFE!!!“ „WAS IST DENN!?“ „DU SCHLAMPE, MACHST DU SCHON WIEDER MIT IRGENDWELCHEN WICHSERN AUS DEM INTERNET RUM!? NA WARTE! ICH HAB DICH GEWARNT!!! DU HURE!“, schrie Jo dazwischen. „NEIN! HILFE!!! NEEEIN!!“ Dann legte ich auf und wir kugelten uns auf dem Boden vor Lachen. Sein Handy klingelte noch einige weitere Male, weshalb er es ausschaltete. Nachdem wir uns endlich von unsrem Lachflash erholt hatten waren wir erstmal außer Atem. Jo grinste mich an: „Du bist echt ne coole Sau! Du solltest öfters so sein.“ Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte. In dem Moment stand auch schon Jade verwirrt in unsrer Zimmertür und starrte zu uns auf den Boden: „Was geht denn hier ab!?“ „Hey, sexy Jade! Ich habe gerade versucht deinen Bruder zu verführen. Er will mich aber nicht. Magst du dich nicht zu mir legen und dich befummeln lassen?“ „WAS!?“ Für seine Worte bekam er von mir eins auf den Hinterkopf, weswegen er erneut lachen musste. So ein Idiot! ~ Kapitel 7 ~ Cliquenzuwachs ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Na, habt ihr die Adventszeit gut überstanden? :D Ich war ja den letzten Wochen sehr dem Zeichenwahn verfallen. (Bin ich immernoch) Zum Glück bin ich schon bei Kapitel 20 ^_^ Nur bin ich irgendwie Upload-faul! Naja... Den Schluss mit Adriano und Jo zu schreiben, hat mich sehr amüsiert xD Ja, auch Adde kann irgendwie mal lustig sein. ♥ Jo hat sich zum heimlichen Favoriten von meinem Freund entwickelt. Ob ich das als schlechtes Omen sehen sollte? oÔ Jedenfalls... Das nächste Kapitel werde ich wohl dieses Jahr auf jeden Fall noch hochladen :3 Bis dahin viel Spaß und frohe Weihnachten! Kapitel 8: Freud und Leid ------------------------- Kapitel 8 ~ Freud und Leid ~ Juline Coldfire ~ Aris, Papa... Ich bete, dass es euch gut geht. Haltet durch! Ich werde einen Weg finden um euch zu befreien. Koste es was es wolle. Es muss doch irgendwie möglich sein... Ihr müsst überleben. Tief versunken in meinen Gedanken stand ich auf dem Balkon unseres Hotels und blickte ins Meer hinaus. Seit drei Tagen war ich nun hier in Orlando und hatte einiges erlebt. Ich sollte die glücklichste Frau der Welt sein, jetzt, wo ich Leute in meinem Alter kennen lernen durfte und ein Leben als „Mensch“ führen konnte. Die innere Unruhe und die Sorgen über das Befinden meiner Liebsten zerschmetterten meine Freude immer wieder. Wenn ich doch nur wüsste, wie ich ihnen helfen könnte. Ich konnte weder ein Tor in das Reich der Dunkelheit und Elemente öffnen, noch wüsste ich wie ich Chamuel besiegen sollte. Er muss büßen für seine Taten! Doch wie? Dad sagte ich soll versuchen diesen Elohim zu finden. Elohim war wohl ein Engel... Da stellte sich nun die nächste Frage: Wie sollte ich ins Himmelreich gelangen? Das sollte immerhin Elohim's zu Hause sein. Und selbst dann wäre es schwierig ihn zu finden. Ich wusste nicht wie er aussieht, wie groß das Himmelreich überhaupt war. Die Situation wirkte aussichtslos. „Ich werde ihn niemals finden...“, seufzte ich in die Luft und lehnte mich auf das Geländer. „Wen wirst du niemals finden?“, fragte Melody skeptisch, als sie auf einmal hinter mir stand und mich fast zu Tode erschreckte. „Nichts. Was gibt es?“ „Jade hat gefragt ob wir zusammen mit der Clique zu Mittag kochen wollen. Ich hab natürlich keine Lust! Aber mich fragt ja niemand.“ „Ich dachte sie hätte „uns“ gefragt.“ „Ja, schon. Also?“ „Versteh dich einer... Ja, gerne. Ich mache mich gleich fertig.“ Mit einem genervten Schnaufen ging sie wieder zurück ins Zimmer und ich starrte erneut auf das Meer, das so unendlich schien. Ob Reeza wirklich tot ist? Ich wollte nicht daran glauben, dass sie wirklich irgendwo tot im Reich der Dunkelheit und Elemente liegt. Oh Ma... Was würdest du nun tun? Auch Spaß mit deinen Freunden haben? Hattest du Spaß mit deinen Freunden, als dich diese Last, zu sein was du warst, fast zu erdrücken drohte? So wie ich dich kannte, hättest du es wohl genauso gemacht wie ich. Du hättest dich mit den Anderen abgelenkt und dich abends in den Schlaf geheult... Liebe Ma, ich hoffe, dort wo du jetzt bist, geht es dir gut und hoffentlich vermisst du Dad nicht zu sehr. Bei meinem imaginären Gespräch mit meiner Mutter trat ein leicht verzweifeltes Grinsen in mein Gesicht. Das war so schwachsinnig sich mit nichts zu unterhalten. Weil ich diese Tatsache bescheuert fand, versuchte ich wieder klare Gedanken zu fassen und guckte zum Strand, an dem ich vor einigen Tagen mit Adriano saß. Automatisch wanderte nun mein Blick zu meiner Hand, die noch immer etwas brannte und gerötet war. Als wäre es eine Verbrennung. Dabei war mein Körper schon auf starke Energiemengen trainiert. An meinen eigenen Kräften hatte ich mich noch nie selbst verletzt, nichteinmal beim Training mit Dad. Und er forderte ab und zu ziemlich viel von meinen Kräften. Dieses Geheimnis um Adriano's Kräfte interessierte mich stark. Woher kam diese enorm starke Aura... „Mensch, Juline! Du stehst ja immernoch hier draußen! Beweg deinen Hintern endlich! Die warten doch schon auf uns.“ „Seit wann sind die dir so wichtig?“ „Die sind mir nicht wichtig. Mein Ruf ist mir wichtig. Dazu zählt auch pünktlich sein!“ Ich folgte Melody diesmal gleich nach Drinnen und zog mir ein paar neue Klamotten an, die wir gestern gekauft hatten. Was das Geld betraf, so war Melody immer sehr großzügig. Ich durfte mir dutzende Jeans, Schuhe und rosa Oberteile kaufen. Melody sagte, ich solle mich wie ein normaler Mensch kleiden, damit ich nicht jedem gleich auffallen würde. „Bist du endlich soweit? Na komm schon!“ „Jaja! Ich bin ja schon fertig!“ Hektisch packte ich noch ein paar Kleinigkeiten in die Tasche, die ich auch seit gestern besaß und schloss die Zimmertür hinter uns. „Ich bin ja froh, wenn wir wieder hier sind. Dieses Pack geht mir auf die Nerven!“ „Sie mögen uns eben. Freu dich doch.“ „Freuen!?! Ich verfluche diese Stadt! Und ich finde es zum Kotzen, dass ich noch keinen Rückflug bekommen habe! Das musst du dir mal vorstellen! Diese Idioten vom Flughafen meinen, die nächsten Flüge wären erst im neuen Jahr frei. Ich habe keine Lust Neujahr und Weihnachten hier zu verbringen.“ „Neujahr und Weihnachten... Ich freue mich schon total darauf!“ „War ja klar!“ Noch den ganzen Weg bis zu Jade's Haus wurde ich vollgeheult... Es war ja alles so schrecklich hier. Manchmal musste ich aufpassen sie nicht einfach auszulachen. Melody war so verwöhnt. Aber trotzdem merkte ich, dass auch sie es etwas genoss hier zu sein und Zeit mit mir und den Anderen zu verbringen. Als wir endlich dort ankamen, saßen alle schon versammelt am Tisch. Jo begrüßte uns begeistert und lautstark, während die Anderen es zumindest nicht gleich übertrieben. Jo, der gleich zu uns gelaufen kam, legte jeweils einen Arm um Melody's und meine Schultern. „Na ihr Schönheiten? Hattet ihr einen schönen Morgen? Und habt ihr auch fleißig von mir geträumt, diese Nacht?“ „Gott, du bist widerlich...“, fauchte Melody und schlug sich sofort frei. „Nenn mich Jo, Liebling! Und was ist mit dir?“, fragte er mich, worauf ich verlegen wurde. Zu viel männlicher Kontakt... Das brachte mich ganz durcheinander. „Ja, klar hab ich von dir geträumt. Du warst ein kleines rosa Ferkel mit Kringelschwänzchen!“ „Ohh!!!“ Empört ging er von mir weg und wurde von den Anderen ausgelacht. „So muss das sein!“, jubelte Chris. „Jop! Die Lady gefällt mir“, stimmte Jade zu und verließ das Wohnzimmer. Ich überlegte wo ich mich hinsetzen sollte, da kam Jade auch wieder zurück und stemmte die Hände in die Hüfte: „Was ist, Mädels? Soll ich alleine kochen? Zeigen wir den Jungs mal, was gute Kost ist!“ „Jaaa! Ich kann es kaum erwarten! Mein Magen ist ein schwarzes Loch!“, meckerte Fabio. Er guckte mich kurz an und wurde dann rot. Was sollte das denn schon wieder bedeuten? Ich verstand die Männer einfach nicht. „Spielen die Kerle schon wieder Rommé?“, fragte Caro, als sie nochmal zurück zu den Jungs guckte. „Das machen die doch andauernd“, antwortete Jade. Melody zog sich eine Schürze an um ihre teuren Designerklamotten nicht zu versauen: „Wenigstens spielen sie kein Strip-Poker.“ Caro faltete die Hände: „Hach... Das könnten sie aber ruhig machen! Adriano oben ohne ist ein Traum!“ „Ekelhaft!“ „Beleidige nicht den Six-Pack meines Kerls, Mel!“ „Ich zittere.“ Jade, die ein paar Töpfe richtete zwinkerte mir zu: „Fabio kann mit den Anderen aber auch mithalten.“ „Soll das eine Anspielung sein?“, fragte ich skeptisch und guckte den Mädels beim Kochen zu. Ich fand es höchst interessant. Immerhin hatte ich noch nie gesehen wie man kocht. Während Caro einen Salat machte, kümmerte sich Jade um den Schokopudding und Melody verkünstelte sich an etwas, das sie Lasagne nannten. „Juline, magst du mir helfen?“, fragte Jade nett. Ich mochte sie gerne, auch wenn sie mir in letzter Zeit zu viel von Fabio sprach. Was erhoffte sie sich dadurch? Bei ihr hatte ich das Gefühl aufgehoben zu sein. Die Jungs waren zwar auch in Ordnung, aber bei einem anderen Mädchen, ging es mir besser. Caro war zwar auch okay, jedoch war sie sichtlich eifersüchtig, sofern ich mich Adriano auch nur zehn Meter zu nahe kam. Dabei wollte ich absolut nichts von ihm. Genauso wie vom Rest der Jungs. Dafür hatte ich einfach keinen Kopf und keine Zeit. Ich hatte ein Ziel! Alles Andere würde mich nur behindern. Als wir unser Essen fertig hatten, guckten wir nach den Jungs um den Tisch frei zu bekommen. Chris hatte deutlich die Überhand und grinste triumphierend, während Jo ihn als „Cheater“ beleidigte. Was auch immer das heißen möge. Adriano nahm es gelassen hin und Fabio warf deprimiert den letzten Rest Karten auf den Tisch. „So Jungs, jetzt wird gefuttert!“, verkündete Jade und brachte die riesige Lasagne. Melody und Caro folgten mit Salat und Pudding. Ich durfte die Teller und das Besteck zurechtlegen, was für mich eine ganz neue Aufgabe war. Chris fing beim Anblick des Puddings fast an zu sabbern. „Ich verzichte auf den Rest und nehme den ganzen Pudding!“ „Nichts da! Du isst wie alle Anderen auch den Salat!“ „WAS!? Muss ich auch Salat essen?“, kreischte Jo verzweifelt dazwischen. Bei Caro's tödlichen Blick, wagte er es nicht noch etwas dagegen zu sagen und nahm sich schonmal etwas vom Salat auf den Teller. Während alle genüsslich aßen, beobachtete ich Jo beim Verschlingen der Lasagne. „Wahnsinn! Wer von euch hat die gemacht?“ Leicht verlegen und schweigend hob Melody die Hand. Sie wirkte recht verkrampft und ich musste mir das Lachen verkneifen. „Du? Das schmeckt total klasse!“ „Findest du?“, fragte sie ihn auf einmal mit rosigen Wangen. „Ja! Wow! Wer so kochen kann muss meine Frau werden! Willst du meine Frau werden... ähh... Wie war nochmal dein Name?!“ „JO!“, schrie Jade entsetzt auf und alle starrten ihn fassungslos an. Melody knirschte ihre Zähne wütend zusammen und ballte die Fäuste. Jedoch hielt sie sich zurück. Trotz des Ärgers fand ich diese gemeinsamen Momente so herrlich! Ich könnte nie genug davon bekommen. Jetzt wo ich alles kannte, würde mir eine Rückkehr in mein Reich noch viel schwerer fallen. Am liebsten würde ich für immer hier bleiben und mit meinen neuen Freunden lachen und Spaß haben. Die restliche Gruppe lachte während mir schon wieder fast die Tränen kamen. Ich wollte nicht zurück... Aber ich wollte auch, dass alle wieder in Sicherheit sind. Ach, wäre das alles doch nur nicht passiert... „Ich bin kurz frische Luft schnappen“, sagte ich beiläufig in die Runde. „Klar, kann ich verstehen, bei der Atmosphäre. Ich bin einfach zu heiß!“, sagte Jo darauf und lachte wieder. Während sich Caro und Melody nicht viel daraus machten, blickten die Drillinge und Chris mir besorgt hinterher. Draußen vor der Tür musste ich erstmal tief durchatmen und konnte meine Trauer kaum zurückhalten. Wieder beschäftigten mich diese schier endlosen Fragen. Wie soll ich es schaffen Chamuel zu besiegen? Wie geht es Dad und Aris? Wie kann ich hier sitzen und Spaß haben, während sie ums Überleben kämpfen? „Juline? Was ist los?“ Überrascht drehte ich mich um und wollte schnell meine Tränen wegwischen, als ich Fabio sah. Er stellte sich neben mich und guckte mich fragend an. „War dir Jo zu arg? Du darfst ihn nicht so ernst nehmen... Er ist eben...“ „Nein, Jo ist schon in Ordnung. Ich weiß inzwischen, dass man ihn kaum beachten sollte“, antwortete ich. „Was ist es dann? Tut mir leid... Du musst nicht mit mir darüber reden, wenn du nicht magst.“ „Ach... Es sind nur diese ganzen quälenden Fragen und die Sorgen um meine Familie, die noch immer ums Überleben kämpft... Während ich hier bin und Spaß habe.“ „Naja, weißt du... Wenn du nun die ganze Zeit hier bist und Trübsal bläst, geht es dir nur schlechter. Und dann hast du kaum Kraft, wenn es drauf ankommt. Was sollst du denn tun? Die haben selbst gesagt, dass du dich in Sicherheit bringen sollst. Und obwohl ich deine Eltern nicht kenne oder kannte, denke ich dass ihnen deine Sicherheit am wichtigsten ist. Sie würden sich sicher auch für dich freuen, dafür dass du andere Leute kennen lernen durftest und die Welt kennen lernst, die du sehen wolltest.“ Dann lächelte er mich zuversichtlich an, sodass auch meine letzte Träne trocknete. Er hatte ja recht. Mich selbst zu quälen brachte mich auch nicht weiter und würde mich sogar schwächen. „Danke... Solche Worte hätte ich dir gar nicht zugetraut, Fabio.“ Nun wurde er wieder verlegen und etwas rot im Gesicht: „Äh! Ja, ich sage nur was ich denke! Tut mir leid! Ich sollte mich nicht zu sehr einmischen!“ „Ist doch okay...“ Mit ruhiger Stimme und einem Lächeln versuchte ich ihn wieder zu beruhigen. Warum er nun so aufgeregt war, konnte ich mir nicht erklären. Doch dann ging er schnell wieder rein. Er wollte mir nur helfen... Und er wollte wissen was mich so bedrückt hatte. Jade hatte recht, er war wirklich sehr nett. Und schlecht sah er ja auch nicht aus... Trotz seiner Worte hatte ich nicht mehr das Bedürfnis nach Feierlaune also ging ich nochmal schnell rein um mich für das leckere Essen zu bedanken und mich zu verabschieden. Die Ruhe und die gute Luft halfen mir endlich einen klaren Kopf zu bekommen. Noch einmal musste ich an Fabio's Worte denken. Natürlich würde es meinen Eltern gefallen, dass ich Freunde gefunden hatte mit denen ich Spaß haben konnte. Aber Dad's einzige Hoffnung war immerhin ich. Als ich über die Straße lief, kamen mir zwei bekannte Gesichter entgegen. Diese blauen Haare waren aber auch unverwechselbar. Jenn und Maiko schienen oft zusammen unterwegs zu sein. Seit ich davongelaufen war, suchte ich keinen mehr von den älteren Assistants auf, obwohl es meine Pflicht gewesen wäre mich zu stellen. Zum Glück nahmen mir meine Freunde viel Mühe ab und redeten selbst mit ihren Eltern über die Probleme. Außer Jo wahrscheinlich. Aber Jenn wusste sicherlich alles von Maiko, der wiederum alles Wichtige von seinem Sohn Chris erfuhr. In dieser Familie gab es offensichtlich kaum Geheimnisse. Als sie mich sahen lächelten sie und kamen gleich zu mir: „Hey... Da ist ja die kleine Ausreißerin“, sagte Maiko. Wieder wurde ich verlegen: „Es... Es tut mir leid, dass ich davongelaufen bin. Geht es Hailey besser?“ Jenn nickte: „Du darfst dir keine Vorwürfe machen wegen ihr. Hailey ist einfach an ihrem Verlust zerbrochen. Manche Menschen kommen damit nicht klar.“ „Es geht um Clyde... Meine Ma hatte mir viel erzählt. Auch, dass er am Ende...“ Ich lief ein Stück mit den Beiden weiter, während Maiko wieder das Wort ergriff: „Wir alle haben Clyde sehr geliebt. Er war ein guter Typ. Hat viel durchgemacht in seinem Leben. Dank Lumen durfte er zumindest ein paar Jahre länger bei uns bleiben.“ „Stimmt, und dafür sollten wir allein schon dankbar sein“, fügte Jenn hinzu. Wieder trat Schweigen in die Runde bis Maiko seufzte. „Wir alle vermissen Clyde und werden ihn nie vergessen. Aber Hailey... Sie klammert sich zu sehr an das Vergangene. Wahrscheinlich wird sie niemals davon loskommen.“ „Das ist furchtbar... Kann ihr niemand dabei helfen?“ „Nicht wirklich“, antwortete Jenn: „Sie ist nur noch einiger maßen erträglich wenn mein Bruder Raik bei ihr ist. Aber der ist zur Zeit im Ausland. Dass nun Feye auch noch...“ Erneut trat eine unheimliche Stille zwischen uns und die Trauer um meine Mutter schlich sich wieder in meinen Kopf. Maiko lächelte auf einmal: „Hey, wie wäre es, wenn wir Feye zu Ehren einen Platz zum Gedenken an sie errichten?“ „Hmm... Traurige Sache, aber das hat sie sich verdient. Vielleicht dort oben, wo Clyde auch immer gerne war.“ Da ich sowieso nichts zu tun hatte und mich der Vorschlag rührte, folgte ich den Beiden zu einem höher gelegenen Ort, von dem aus man auf die Stadt und das Meer blicken konnte. Hier war es so friedlich und der warme Wind fühlte sich großartig an. Warum Clyde so gerne hier war konnte ich gut verstehen. Ein einziger Baum spendete etwas Schatten. Davor stand eine Parkbank. Maiko und Jenn hatten unterwegs ein paar Blumen gekauft und gruben ein kleines Viereck, in das wir Erde schütteten und die Blumen pflanzten. Jenn klatschte sich in die Hände: „Sieht wundervoll aus!“ „Mal sehen, ob ich einen Grabstein oder ein Kreuz beschaffen kann“, sagte Maiko und wir stellten uns zu dritt vor das Grab ehe uns allen in der Stille kleine Tränen von den Wangen tropften. ~ Aris ~ Drei schier unendliche Wochen waren vergangen, seit Chamuel unser Reich überfallen und meine Eltern und Feye getötet hatte. Ich hätte es niemandem geglaubt, wenn man mir erzählt hätte, dass dies so geschehen würde. Was war hier nur los? Warum passierten all diese Dinge auf einmal? Ich wünschte Gott persönlich könnte uns aus diesem Schlamassel befreien. Ich fühlte mich schwach und ausgelaugt. Wahrscheinlich wirkte ich inzwischen ziemlich mager, genau wie Luzifer, dessen Rippen immernoch schmerzten. Meine Kräfte hatten sich kaum erholt und so konnte ich keinen weiteren Heilungsprozess durchführen. Von Sacred Feye hatten wir auch nichts mehr gehört. Es enttäuschte mich, aber Luzifer schien an sie zu glauben. Er sagte ich solle ihr Zeit lassen. Wie viel Zeit denn noch!? Zumindest hatte Chamuel Juline noch nicht gefunden. Luzifer erklärte mir, dass er hoffte Juline würde Elohim finden. Von ihm hatte ich noch nie etwas gehört. Dies könnte aber auch daran liegen, dass ich wenig Kontakt mit anderen Engeln hatte. „Wieso glaubst du, dass irgendein komischer Engel ohne Rang uns gerade hierbei helfen könnte?“, fragte ich ihn vor einigen Tagen. „Weil Elohim der einzige ranglose Engel ist, der trotzdem an unsere Stärke kommt.“ „Das heißt, er kommt an unsere Kraft heran obwohl er ein einfacher Engel ist?“ „Nun, welche Art von Engel er ist, weiß bislang niemand. Aber ich bin mir sicher, dass er Juline eine Hilfe sein kann.“ „Hoffentlich...“ Im Gegensatz zu den letzten beiden Wochen war ich inzwischen regelrecht panisch geworden. Oft brach ich auf einmal wie aus dem Nichts heulend zusammen und dachte ich würde jeden Augenblick keine Luft mehr bekommen. Luzifer, der mit seinen eigenen Gefühlen zu kämpfen hatte, kümmerte sich dann auch noch um mich. Aufgewühlt lief ich in der kleinen Zelle hin und her: „Wir werden niemals mehr hier raus kommen! Und Chamuel wird mich als sein persönliches Lustobjekt benutzen!Und wenn Juline uns schon vergessen hat?“ Luzifer seufzte: „Das hat sie schon nicht. Als ob sie uns vergessen würde.“ „Ja! Aber sie ist jetzt auf der Erde, da wo sie immer sein wollte. Wahrscheinlich hat sie längst Anhang gefunden und lebt nun ihr Leben!“ „Aris, übertreib es nicht. Juline weiß sehr wohl, welcher Gefahr sie ausgesetzt ist. Sie ist meine Tochter, ich weiß, dass sie es schaffen wird.“ Mit gesenktem Kopf setzte ich mich wieder neben ihn und vergrub mein Gesicht in meinen Armen: „Tut mir leid... Du hast ja recht. Ich dreh nur durch hier drinnen.“ „Das kann ich verstehen, aber wir müssen einen kühlen Kopf bewahren und hoffen, dass sich die Gelegenheit auf eine Flucht bietet, bevor er uns oder Juline tötet.“ Wieder schwiegen wir einige Minuten, doch plötzlich riss uns ein grelles Licht außerhalb der Zelle aus unsren Gedanken. Ein alter Mann stand draußen und guckte uns genervt an. Überrascht richtete sich Luzifer, so gut es ging, auf. „Huch, ein alter Knacker in unsrem Knast, was verschafft uns die Ehre?“ „Respektlos wie eh und je, die Jugend! Du hast dich kein bisschen verändert, Luzifer.“ „Doch ich habe meine Augen und meine Haare gefärbt... Metatron.“ „Metatron!?!“, fragte ich noch einmal erstaunt. „Wirklich gut hast du ja noch nie ausgesehen“, antwortete der alte Mann wieder und lachte in seinen schneeweißen Bart. Luzifer grinste: „Jetzt übertreibst du aber. Was willst du? Woher weißt du, dass wir hier sind?“ „Nun, mir entgeht fast nichts. Ich hoffe dir ist klar, was du angerichtet hast, Junge!“ „Was soll ich getan haben!? Ich habe nicht wahllos alle möglichen Leute umgebracht und mich mit Dämonen in eine Festung in der Hölle verschanzt.“ „Ehm... Opa?“ Er stockte kurz und wirkte plötzlich ganz verlegen. „Nicht nur, dass du sehr wohl all diese Dinge getan hast, nein, du hast das gesamte Gleichgewicht mit deinem Egotrip durcheinander gebracht!“ „Oooh! Das Gleichgewicht! Sitzt bestimmt im Keller und weint.“ „Luzifer! Das ist nicht lustig! Und sowas wie du war mal unser König!“ „Gut, dass ich es nicht mehr bin. Bei solchen Anmaßungen hätte ich dich in ein Verließ gesteckt.“ Metatron lachte ausgiebig: „Welch Ironie, dass gerade du eingekerkert vor mir sitzt. Verletzlich wie ein kleines Hündchen.“ „Haha... Witzig. Jetzt sag, warum bist du hier?! Kannst du Aris hier rausholen?“ „Was!? Aber was ist mit dir?“, rief ich zwischenrein und klammerte mich an seinen Arm. „Nein, das kann ich leider nicht. Diese Siegel sind zu stark für meine Kräfte. Ich bin lediglich gekommen um deinen Anblick zu genießen und euch eine Standpauke zu halten!“ Im selben Moment wurde die Tür zu unsrem Kerker aufgeschlagen und Chamuel kam hinzu. Er sah alles Andere als begeistert aus: „Wie kommt der alte Sack hier rein?“, fragte er trocken. „Unfassbar! Kein Respekt vor Älteren! Und sowas wie ihr seid zwei der mächtigsten Engel! Was hat Gott sich dabei nur gedacht euch zu erschaffen!“ „Chamu, mach ihn fertig!“ „Fresse, Luzifer, sonst sperre ich ihn zu euch in die Kammer!“ „NEIN! Selbst sterben ist besser!“ „Ihr Flegel! Erst bringt dieser Verrückte die Göttinnen der vier Elemente um... Dann macht dieser andere Verrückte seine Arbeit nicht gescheit! Was soll nur aus dem Gleichgewicht werden?!“ „Scheiß drauf!“, antworteten Luzifer und Chamuel gereizt. Beim Anblick von Metatron's Gesicht musste ich fast kichern. In solchen Augenblicken fragte ich mich wie Chamuel nur so werden konnte. In einer gewissen Art ähnelte er Luzifer sehr. Ich war der festen Überzeugung, dass er in sich noch einen kleinen Funken Güte und Liebe trug. Er konnte nicht einfach komplett von Hass und Verzweiflung zerfressen sein! Metatron war beleidigt und verschwand einfach im Nichts, weshalb Luzifer und Chamuel den Kopf schüttelten. „Dieser Idiot! Kommt hierher um nutzlosen Müll zu reden...“ „Und verschmutzt meine schöne Gefängniskammer. Du hättest ihn einmauern sollen, als du noch die Chance dazu hattest, Luzifer!“ „Danach ist man bekanntlich schlauer.“ Dann fingen sie an ihn nachzuäffen, was ich ungewollt lustig fand. Welch bizarre Situation. So schnell die gute Laune kam, ging sie auch wieder als Chamuel merkte, dass er zu viel Schwäche zeigte. Für einige Sekunden guckten sich Luzifer und er in die Augen, ehe er den Kerker wieder verließ. „Was ist das zwischen euch? Ihr hasst euch... Aber doch merkt man dieses kleine Bisschen Freundschaft, das mal existierte.“ „Ich weiß nicht. Er war mal mein bester Freund. Früher haben wir uns täglich über den Greis lustig gemacht.“ „Es muss toll gewesen sein... Früher...“ „Ja... War es schon. Wir hatten viel Spaß.“ „Erzähl es mir. Mir ist so langweilig. Ich würde mich über etwas Abwechslung freuen.“ „Hmm... Eigentlich wollte ich diese Zeit immer vergessen. Aber wenn es dir hilft, dann erzähle ich dir davon.“ Gespannt setzte ich mich neben ihn und bemerkte wie seine Augen leicht sentimental wirkten. „Früher waren wir vier die besten Freunde. Chamuel, Sacred Feye, Lumen und ich. Wir dienten Gott und hatten unendlich viel Zeit füreinander. Am liebsten haben wir andere Engel geärgert.“ „Und... Hast du dich nicht in Sacred Feye verliebt? Ich meine du hast sie sicher nicht umsonst auserwählt um Reeza's Mutter zu sein.“ „Ähm... Naja. Eigentlich war ich nicht in sie verliebt. Sie war eben am passenden Ort...“, stammelte er als Antwort. „Und in Lumen?“ „Haha! Nein... Das wäre auch nicht gut ausgegangen. Engel war es nicht gestattet sich zu verlieben.“ „Warum?“ „Gott hatte es verboten. Warum weiß ich nicht. Irgendwann erschuf er die Menschen und wir alle bekamen Aufgaben. Ich war zu der Zeit schon der Herrscher der Engel und sollte das Licht für die Menschen in mir tragen. Doch wo es Licht gibt, muss es auch Dunkelheit geben. Dafür wurde Sacred Feye auserwählt und in das Reich...“ „Jaja, das Reich der Dunkelheit und Elemente, bla, bla, bla!“, fiel eine weibliche Stimme ins Wort und Sacred Feye erschien vor uns. Vor Freude zog sich mein Magen zusammen. Endlich! „Ha! Wenn man vom „Teufel“ spricht!“ „Du hast von mir geredet, Liebling. Nicht von dir. Warum erzählst du schon wieder diese alten Geschichten? Hast du Sehnsucht?“ „Nie im Leben! Hast du Juline gefunden? Konntest du ihr helfen? Und kannst du uns nun endlich hier raus holen?“ „Ohh, Luzifer. Du übertreibst! Ja, ich habe mit deiner Kleinen geredet. Sie ist soweit in Sicherheit und hat die Assistants gefunden. Die Frage ist nur, was wir gegen Chamuel in der Hand haben.“ „Nichts außer unsre vereinten Kräfte und Elohim.“ „Pff, du meinst diesen über störrischen Engel, der vom Volk als kleine Kampfmaschine gefürchtet wird? Was soll der schon tun können? Zudem wurde er schon lange nicht mehr gesichtet.“ Während sie über diesen Elohim redete versuchte sie sich angestrengt an unserer Tür zu schaffen zu machen, jedoch ohne Erfolg. „Mach schnell, er merkt, wenn sich eine fremde Aura hier befindet!“ „Ich bekomm es nicht auf! Meine Kraft ist auch zu schwach...“ „Verdammt!!!“ Wieder zuckte ich zusammen als die Eingangstür erneut mit einem lauten Donnern aufgeschlagen wurde: „Was zur Hölle ist heute eigentlich hier los!?! F-Feye?!“, fragte Chamuel schockiert und packte sie am Arm. Sie guckte ihn ängstlich an. „Du lebst? Wieso lebst du? Ich...“ „Chamuel... Bitte! Hör auf damit. Das hat doch keinen Sinn. Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen und ich habe dich vermisst! Lass die beiden frei und wir reden ganz lange miteinander...“ Immernoch sprachlos ließ er Sacred Feye's Arm los und blickte sie nachdenklich an. Ihre Blicke hingegen waren erwartungsvoll: „Also? Bitte! Ich bin sicher, wir haben uns viel zu sagen. Du weißt doch... Früher... Du und ich.“ „Das war mal... Ich habe dich auch vermisst. Lange... Viel zu lange. Aber was soll's? Das Schicksal wollte es nicht so. Nein, Gott wollte es nicht! UND JETZT IST ES SOWIESO ZU SPÄT!“ Nachdem er Sacred Feye angeschrieen hatte, stieß er sie gegen die Steinmauer, zog sie an den Haaren wieder hoch und schlug sie erneut von sich. „Chamuel! Hör auf! Du hast sie geliebt, wie kannst du sie denn nun so behandeln!?“, fragte Luzifer angestrengt und erneut mit schmerzverzerrtem Gesicht. „So etwas wie Liebe war mir nie vergönnt! Also ist es doch sowieso egal!“ „Feye! Verschwinde von hier, sofort!“, rief Luzifer ihr zu. Chamuel hob die Hand zu einem Angriff, doch Sacred Feye konnte im letzten Augenblick verschwinden indem sie sich davon teleportierte. „Verdammte Schlampe!“ „Chamuel... Ihr habt euch mal geliebt! Warum musst du so mit ihr umgehen!?“ „Ich habe gesagt, ich liebe niemanden! Nie wieder! Egal was damals war!“ Voller Wut trat er gegen die Gitter und verschwand erneut. Wahrscheinlich würde er nun nicht mehr zulassen, dass sich irgendjemand zu uns porten könnte. Hatte Luzifer nicht gesagt, dass die Liebe zwischen Engeln von Gott verboten wurde? Es schien mir so unglaublich, dass Chamuel und Sacred Feye wohl dennoch einander liebten. „Was ist nur zwischen euch allen geschehen...“, fragte ich traurig und leise, ehe ich mich wieder neben Luzifer setzte. „Zu viel um es wieder gut zu machen... Entweder Chamuel stirbt, oder Gott und wir.“ ~ Kapitel 8 ~ Freud und Leid ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 9: Beziehungskiste -------------------------- Kapitel 9 ~ Beziehungskiste ~ Adriano Coldfire ~ Der 4. Dezember war dieses Jahr ein Samstag... Mein heiliger Samstag! Und was gab es schöneres zu tun als den ganzen Tag mit der geliebten Freundin zu verbringen? Geliebte Freundin... In dem Moment, als Caro zu mir sagte, dass wir zu ihr nach Hause gehen würden, zerbrach mein gesamtes Wochenende in einem Scherbenhaufen. Nicht nur, dass sie mich nervte! Nein, dort gab es etwas viel Schlimmeres als sie... Ihren Vater Shinji, der mich so gut leiden konnte, dass er mich am liebsten foltern und töten würde. „Weißt du, es wundert mich, dass du überhaupt noch mit meinem kleinen Mädchen zusammen bist!“, meckerte Shinji, als ich gezwungenermaßen bei ihm auf dem Sofa saß und Caro gerade in der Küche verschwunden war. Ja, das wunderte mich sogar selbst. Allerdings war auch er nicht ganz unschuldig an dem gereizten Verhältnis zwischen mir und meiner Freundin. Es machte mir Spaß einfach nicht auf seine Vorwürfe zu antworten. Das regte ihn immer am meisten auf. Kopfschüttelnd redete er weiter: „Ich wette, du hältst es keine zehn Jahre aus ohne eine andere Frau anzufassen.“ „Zehn Jahre sind auch ziemlich lang. Wer weiß welches scharfe Stück mir bis dahin über den Weg läuft.“ „Ach! Du findest das auch noch lustig mein Schätzchen im Gedanken schon zu betrügen! Aber eins soll dir gesagt sein: Du steckst deinen kleinen Pillermann sicher nicht in meine Tochter!“ Fast verschluckte ich mich an meiner eigenen Spucke, ehe ich lachen musste. War er so naiv oder tat er nur so? „Natürlich stecke ich den nirgendwo rein... Wenn dann benutze ich meine Finger, oder einen Dildo oder andere Sachen, die Spaß machen. Au ja, da hätte ich jetzt Lust drauf. EY WEIB! BEWEG DEINEN KLEINEN SÜßEN HINTERN ENDLICH HIERHER! DU MUSST NOCH FÜR MICH KOCHEN UND MICH BEFRIEDIGEN!“, rief ich scherzhalber Richtung Küche und hoffte innerlich, dass Caro das gar nicht gehört hatte. Shin wurde zunehmend blass und starrte mich erst sprachlos an. „WIE KANNST DU ES WAGEN SO MIT MEINEM KLEINEN MÄDCHEN UMZUGEHEN!?! ELENDER BENGEL!!!“ „Mach dir nichts draus, Schwiegerpapa. Sie braucht das.“ Lachend ergriff ich die Flucht und ging in die Küche zu Caro: „Hey, wollen wir nicht noch einen kleinen Abendspaziergang machen? Nur bis heute Nacht oder so... Wenn alle endlich schlafen.“ „Ach Schatz, du bist so süß... Schön, dass du so endlich wieder so viel Zeit mit mir alleine verbringen willst.“ „Du weißt doch, alles für die Liebe!“ Sie küsste mich kurz und sagte mir ich solle schonmal vor gehen. Sie würde ihrem Vater noch bescheid sagen, dass wir noch etwas unterwegs sind. Gerettet! Noch ein paar Minuten mehr und er hätte mich getötet. Eigentlich hatte ich ja gehofft, dass Jill zumindest anwesend sein würde, wenn ich einmal dort aufkreuzte. Caro's Mutter hatte eigentlich nichts gegen mich. Dürfte daran liegen, dass ich ihr Neffe war. In dem Moment fiel mir auf, dass ziemlich viele Assistants mit ihren Cousinen oder Cousins zusammen waren. Auch Caro war meine Cousine. Aber einerseits war es nichts Verbotenes und dann konnten sich die Meisten wahrscheinlich einfach nicht vorstellen einen Partner zu haben, der alt werden würde, während wir Assistants ewig das Aussehen von 25 Jährigen behielten. Dann müssten wir unsere Partner sterben sehen und ewig mit dem Verlust weiterleben. Der Gedanke, dass wir unsere Mutter irgendwann auf diese Weise verlieren würden, war schlimm genug. Unser Freundeskreis befand sich auch eher im Kreise der Familie. Das Risiko, dass irgendein Mensch von unserem Geheimnis erfahren würde, war einfach zu groß. Ehe ich mir darüber weiter Gedanken machen konnte, kam auch schon Caro wieder zu mir. Sie sah nicht besonders gut gelaunt aus. „Was hast du mit Paps angestellt?“ „Wieso fragst du?“ „Er hat eine richtige scheiß Laune! Ich wette du hast wieder irgendein Müll zu ihm gesagt! Und sei diesmal bitte wenigstens ehrlich zu mir!“ „Was soll das denn heißen!? Wann soll ich dich belogen haben!?“ Wütend und mit vorwurfsvollen Blicken drehte sie sich zu mir um und stemmte die Hände in die Hüfte: „Du hast dich letzt nach einer anderen Blondine umgedreht! Und das hab ich genau gesehen! Du sagtest, du hättest sie nicht angeguckt. Genauso wie du mir ständig vorlügst du würdest nichts von Juline wollen!“ „Oh mein Gott, jetzt kommt der Mist wieder! Ich will nichts von ihr! Sie gehört nunmal zu unseren Freunden! Soll ich sie komplett ignorieren!?“ Sie schwieg für einen kurzen Augenblick ehe sie trotzig ihre Arme verschränkte und die Augen verdrehte: „Ja! Ich hasse es, wenn du mit ihr redest!“ „Ich rede doch sowieso kaum mit ihr!“ Dass sie daraus immer wieder ein Drama machte, nervte mich sehr. Was hatte sie denn für ein Problem mit Juline? Ich gab Caro sicherlich keinen einzigen Anlass auf Juline eifersüchtig zu sein. Im Gegenteil! Obwohl Juline mir vor einiger Zeit gegen diese starken Schmerzen half, sprach ich sie nie darauf an warum sie so traurig drein blickte oder öfters allein sein wollte. Stattdessen versuchte Fabio sich etwas um sie zu bemühen, worauf sie etwas einzugehen schien. Ich gönnte es ihm wirklich, dennoch hatte ich ein schlechtes Gewissen. „Wenn du ein Problem mit Juline hast, dann rede mit ihr darüber!“, schlug ich Caro mit genervtem Tonfall vor. „Habe ich schon!“ „Ja, also! Dann ist die Sache doch hoffentlich geklärt!“ „Nein! Was ist mit der Blondine, der du letzt hinterher geschaut hast?“ „Tut mir leid, dass ich ein Mann bin!“ „Ach! Wenn du nicht weißt, wie du dich rechtfertigen sollst, dann bist du zufällig wieder ein Mann. Und was hast du nun zu meinem Vater gesagt, dass er so mies drauf ist?“ Ihr das nun unter die Nase zu reiben fiel mir keineswegs schwer. Lachend drehte ich mich erneut zu ihr: „Ich hab ihm gesagt, dass ich um dich zu befriedigen meinen „Pillermann“, wie er das bezeichnete, nicht brauche. Wozu gibt’s Dildos, Vibratoren und den Kram?“ Vor Entsetzen wurde sie blass: „DAS hast du zu ihm gesagt!? Zu ihm?! Spinnst du?“ „Er wollte es wissen. Dann meinte ich noch zu ihm, dass du mich befriedigen und für mich kochen sollst. Das ist alles. Wenn er es nicht ertragen kann, soll er heulen gehen!“ „ICH FASSE ES NICHT! MEIN ARMER DAD! WIE KANNST DU NUR?“ Während sie mir noch viel mehr Vorwürfe an den Kopf warf erinnerte ich mich an etwas, das Jo mir mal sagte. Wenn Frau zu viel meckert, dann bring sie zum Schweigen. Ohne Vorwarnung packte ich Caro mitten im Satz und drückte meine Lippen auf ihre. Endlich Ruhe! Aber wahrscheinlich würde das bei ihr eher weniger bringen. „Das ist unfair! Und es bringt dir auch nichts!“, sagte Caro, als ich von ihr abließ. „Warum müssen wir uns wegen deinem Vater streiten? Er interessiert mich nicht, Caro! Deswegen wäre ich dir dankbar, wenn du mir nicht 24 Stunden damit in den Ohren liegen würdest. Shin hier und Shin da. Am besten heiratest du ihn.“ „Du bist widerlich!!! WAHRSCHEINLICH BIST DU NUR EIFERSÜCHTIG WEIL ICH MEINEN DAD LIEBE UND DU MIT DEINEM NICHT KLAR KOMMST!“ Das war zu viel... Sie hätte in diesem Moment alles zu mir sagen können, aber sie wusste genau, welche Probleme ich mit meinem Vater hatte. Kurz nachdem sie das gesagt hatte, wurde ihr klar, was ihre Worte angerichtet hatten und sie schlug sich die Hände vor den Mund. „Schatz...“ „Caro, das war Scheiße! Wirklich Scheiße! Ich gehe jetzt. Von dir muss ich mir sowas nicht anhören.“ „Aber...“ Ohne zu zögern drehte ich ihr den Rücken zu und lief davon. Sollte das nun der Schlussstrich bedeuten? Vielleicht wäre es wirklich besser. Aber was würde das nun für die Clique heißen? Ich wollte nicht, dass es nun nie wieder so locker zwischen uns werden würde. Es gab eine Zeit, da hatten Caro und ich uns wirklich geliebt und uns stundenlang in den Armen gehalten. Wir hatten miteinander gelacht und viele verdammt gute Nächte miteinander verbracht. Immerhin waren wir nun vier Jahre zusammen. Vier... Fast meine komplette Jugend also. Das wäre viel verschwendete Zeit, wenn wir nun einfach alles aufgeben würden. „Adriano!!! Warte! Bitte nicht so...“, rief Caro hinter mir. Sie war mir hinterher gelaufen und schmiegte sich an meinen Rücken. „Es tut mir leid, das hätte ich nicht sagen dürfen!“, beteuerte sie mit heißerer Stimme. Was sollte ich tun? Seufzend drehte ich mich zu ihr und legte meine Arme um sie. „Wir müssen uns beide mal etwas zusammenreißen. Dieser ganze Streit macht uns doch nur fertig und hat kaum was mit Beziehung zu tun.“ „Ich weiß auch nicht warum ich so gereizt bin in letzter Zeit. Bitte komm zurück zu mir nach Hause! Dort machen wir es uns so richtig gemütlich. Mum und Dad sind über Nacht weg! Wir wären ganz für uns und könnten über alles reden. Bitte! Wir sind so lange zusammen, das können wir doch nicht einfach wegwerfen. Und denk an die Anderen! Wie soll es mit unsren Freunden werden, wenn wir uns trennen und uns dann kaum in die Augen schauen können?“ Sie hatte also auch an die Anderen gedacht... Dann hatte ich ihren Egoismus wohl etwas überschätzt. Aber nicht nur wegen ihnen... „Na gut... Aber versprich mir, dass du in Zukunft nicht mehr so eifersüchtig bist. Du hast doch niemanden zu fürchten. Ich gehöre dir allein!“ „Okay! Ja, ich reiße mich zusammen. Und du versuchst etwas netter zu meinem Vater zu sein, ja?“ „Wenn's sein muss.“ „Schatz!“ Zumindest nicht mehr streitend folgte ich Caro zurück zu ihr nach Hause, wo zum Glück wirklich niemand mehr war. Da fühlte ich mich auch etwas wohler. In Caro's Zimmer, das sich im oberen Stockwerk befand, setzte ich mich hin und fragte mich wo sie sich wieder herumtrieb. Nach einigen Minuten kam sie mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck zurück und rieb sich die Hände: „Es ist perfekt, hihi!“ „Was hast du gemacht?“ „Das siehst du gleich, mein Schatz! Komm mit!“ Kichernd zog sie mich an der Hand mit sich bis wir im Badezimmer ankamen, wo sie überall Kerzen aufgestellt und Wasser in die Wanne eingelassen hatte. „Oh Gott! Von der Furie zur Romantikerin!? Was geht mit dir?“, fragte ich schockiert. Sie guckte mich fragend an: „Du bist ein Mann, dir sollte es gefallen. Willst du nicht mit mir baden gehen?“ Nachdem sie das fragte kam sie langsam auf mich zu und zog mir mein Hemd aus. „Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?“, fragte ich noch einmal nach und sah zu, wie sie ihr eigenes Oberteil auszog. „Was sollte nicht stimmen?“ „Du hast krasse Stimmungsschwankungen! Sicher bist du schwanger!“ „Haha! Doofkopf! Ich kann auch ab und zu mal romantisch sein. Und nach allem was zwischen uns passiert ist, haben wir uns etwas Zweisamkeit verdient. Also komm, zieh dich schon aus, bevor das Wasser kalt wird.“ „Aber... Aber...“ „Was, aber?“, fragte sie mich nun schon wieder etwas grober und verengte die Augen. „Weißt du... Du darfst mich nicht nackt sehen. Ich schäme mich so sehr und... und ich habe meine Tage, jawohl! Zudem habe ich Jo versprochen so lange Jungfrau zu bleiben, bis er mich aus meinem Turm rettet.“ Einen Augenblick lang herrschte Schweigen ehe sie den Kopf schüttelte und wieder zu mir kam. Ohne weitere Worte zerrte sie mir auch den Rest meiner Klamotten vom Leib und schubste mich zur Badewanne, dass ich fast Kopfüber hineinfiel. „Das hätte tödlich enden können!“ „Halt endlich die Klappe du Trottel und nimm mich!“ Allerdings ließ sie mich gar nicht erst antworten und setzte sich mit gespreizten Beinen auf mich. Während sie sich rhythmisch auf mir bewegte schloss ich die Augen und genoss das gute Gefühl und die Wärme. Obwohl ihr Stöhnen immer lauter wurde, schien ich immer weniger geistig anwesend zu sein. Es fühlte sich an als würde ich träumen obwohl das Gefühl und die Geräusche blieben. Doch nun sah ich nicht mehr Caro auf mir, sondern Juline, die mich anlächelte und mir leise ins Ohr stöhnte. Sie richtete sich auf und hielt sich an meinen Schultern fest, während sie sich weiter bewegte. Ich beobachtete sie verwirrt und konnte kaum erkennen ob dies nun real war oder nicht. Ich wollte sie anfassen, doch ich zögerte. Das konnte nicht stimmen... Aber ich hätte den Moment ohne schlechtes Gewissen nutzen können. Dann entschied ich mich doch um und wollte meine Hände um ihre Taille legen, doch als vielleicht gerade noch wenige Millimeter fehlten hörte ich Fabio's Stimme: „Ich finde sie ziemlich süß...“ In diesem Moment löste sich die ganze Szene im Nichts aus und als ich die Augen wieder öffnete, sah ich Caro, die mich fassungslos anguckte: „Was soll das?!“ „Was? Wie?“ Erschrocken guckte ich mich erstmal um und sah, dass wir noch immer in der Wanne lagen. Doch die ganze Romantik war erloschen. Ich hatte mir alles nur eingebildet. Aber wie? Mir war sowas noch nie passiert... Hatte ich im Traum ihren Namen gesprochen? Was, wenn Caro es hörte?! Verunsichert hakte ich nach: „Was ist denn?“ „Du bist gar nicht bei der Sache! Da schlafen wir mal endlich wieder miteinander und du wirkst fast als wärst du eingeschlafen!!! Verdammter Mistkerl! Bin ich dir nicht gut genug oder was!? Sag mir doch, wenn ich dich langweile!“ Völlig überstürzt und klatschnass kletterte sie aus der Wanne und schlug mir den Waschlappen ins Gesicht, als ich ihr folgen wollte. Sie selbst wickelte ein Handtuch um ihren Körper und ging einfach. Was war nur passiert? Noch einmal sah ich die Bilder vor mir. Wunschdenken? Nein... Ich fand Juline zwar schon niedlich, aber derartige Gefühle waren da nicht im Spiel. Schon allein um Fabio's Willen dürfte ich mich nicht in sie verlieben. Um mich selbst nicht komplett nieder zu machen redete ich mir ein, dass das doch jeder mal macht... Beim Sex mit dem Partner an jemanden Anderes denken. Ja, das hatte Caro bestimmt auch schonmal gemacht. Aber es schien so real... „Caro, jetzt sei nicht beleidigt!“, sagte ich, als ich ihr folgte. „Was soll ich denn denken? Es ist nicht gerade erfreulich wenn der eigene Partner während dem Sex einschläft!“ „Ich bin nicht eingeschlafen! Das hast du dir eingebildet! Ich hab mich nur entspannt.“ „Entspannt...“ „Ja!“ „Du bist einfach nur ein Arschloch! Ich hatte mich echt darauf gefreut. Nur du und ich... Und du musst alles kaputt machen!“ „Es tut mir leid.“ „Das kannst du dir sparen.“ Mir fiel ein wie ich sie dazu bringen konnte mir zu verzeihen, denn Caro konnte richtig nervig sein, wenn sie schlechte Laune hatte. Ohne auf ihre Laune zu achten und sie zu fragen, riss ich ihr einfach das Handtuch weg und legte mich auf sie: „Gut, diesmal gescheit!“ Am nächsten Morgen lief ich ganz entspannt die Treppe runter um in der Küche nach was Essbarem zu suchen. Leider fand ich auf meinem Weg dorthin nur Shinji, der mich empört anguckte: „Was suchst du hier? Warst du etwa... Warst du über Nacht hier!?!!“ Nun kam auch Jill, die ihren Mann gehört hatte, in den Flur. „Oh, hi Adriano! Na Kleiner, wie geht’s dir?“ „Gut...“, dann blickte ich zu Shin und obwohl ich es Caro eigentlich versprochen hatte, konnte ich es nicht lassen ihn zu ärgern: „Caro hat es mir gut gehen lassen. Einmal in der Badewanne und nochmal in ihrem Bett. Was will man mehr?“ „... Du kleiner...“ „Shin!“ Ich rannte lachend zurück die Treppe hoch und wurde von Caro's wütendem Vater verfolgt. Weil mein Weg im Schlafzimmer abgeschnitten wurde, nahm ich einfach den direkten Weg durchs Fenster. Auf der Straße rollte ich mich ab, sprang wieder auf und blickte zurück zum Fenster an dem er stand und mir wütend hinterher blickte. Allerdings hatte ich ihn unterschätzt und vergessen, dass auch er Assistant-Kräfte hatte. Mit Leichtigkeit nahm er Schwung und sprang ebenso aus dem Fenster. „NA WARTE, WENN ICH DICH IN DIE FINGER KRIEGE!!!“ „VERSUCH ES DOCH, LAHMARSCH!“, rief ich ihm entgegen und fing an zu rennen so schnell ich konnte. Mein Vorsprung sah gut aus, doch dann war da schon wieder Dad, der die Straße entlang schlenderte. Als er auf mich aufmerksam wurde, war ich schon fast an ihm vorbei, doch er hielt mich am Arm fest. „Was ist los? Warum rennst du so?“ Doch ehe ich ihm antworten konnte, hatte Shin mich eingeholt und packte mich am Kragen: „Tja! Ende des Weges! Also! Was fällt dir ein!?“ Wieder wollte ich grade zum antworten ansetzen, als Dad Shinji von mir weg schubste und sich dazwischen stellte. „Alter! Du bist zwar der Stecher von meiner Schwester, aber trotzdem fasst du meinen Sohn nicht an! Ist das klar?“ „Boah, Ryan. Piss dich nicht an!“ „Ich soll mich nicht anpissen?! Auf's Maul?“ Erstaunt über Dad's Reaktion guckte ich zu, wie er ausholte und Shinji eine reinschlug. Erschreckend, wie ähnlich wir beide auf solche Situationen reagierten. Hätte er Jade oder Fabio am Kragen gepackt, hätte ich ihm sicher auch eins drauf gehauen. Trotzdem ändert es nichts an der Tatsache, dass ich Dad verachtete! Ich wurde wieder so wütend auf ihn, dass ich ihn diesmal von Shin weg stieß. „Was erhoffst du dir davon, Alter!? Du kannst den Beschützer spielen wie du willst, für mich bleibst du immer ein Arschloch!“ „Wie gut, dass wenigstens meine Familie gescheit funktioniert! Ich bin weg... Ach und Adriano! Lass deine Finger gefälligst in Zukunft bei dir!“ Ich antwortete ihm darauf nicht. Meine Aufmerksamkeit galt Dad, der mich fassungslos anguckte. „Was ist nur mit dir los? Wenn ich mich nicht dafür interessiere, was du so treibst, bin ich der Idiot, der sich nicht für seine Kinder interessiert... Wenn ich dir beistehe, bin ich auch der Idiot, oder wie?“ „Ja! Weil ich dich hasse! Egal was du machst! Und dein Beschützen kannst du dir sowas von sparen! Damals, als wir dich wirklich gebraucht hätten... Als wir von unsren Klassenkameraden verprügelt wurden... Als Fabio kopfüber in die Mülltonne gesteckt wurde und danach tagelang heulte... Ja, da warst du nicht da! Glaub mir, Alter! Ich hab gelernt mich selbst zu verteidigen! Und Fabio und Jade brauchen deine Hilfe auch nicht! Viele Jahre hab ich alle möglichen Idioten verschlagen, damit sie Fabio und Jade in Ruhe lassen! Und wenn noch irgendjemand dumm kommt, dann kriegt er es eben auch zu spüren! Und... Wenn Shin mir zu dumm wird, dann kriegt er eben auch eins rein! Dazu brauche ich dich nicht!“ Dad wusste offensichtlich nicht was er dazu sagen sollte, denn er starrte mich einige Zeit schweigend an. „Wahrscheinlich würdest du mich noch hassen, wenn ich für euch sterben würde. Aber du liegst nicht ganz richtig. Ihr wart mir nie egal... Und nicht nur dir ist die Gesundheit von Jade und Fabio wichtig. Dass ich nicht da war tut mir leid. Ich habe natürlich niemanden verprügelt weil er meinen kleinen Sohn in eine Mülltonne gesteckt hat... Wie auch? Aber ihr hattet immer... wirklich IMMER was warmes zu Essen auf dem Tisch! Geschweige denn Geld für neue Klamotten! Neue Handys und alles was ihr bescheuerten Teenys von Heute so braucht. Ich habe über Jahre mein Leben riskiert damit es euch gut geht. Ist das der Dank?“ „Für all die Leute, die du wahrscheinlich erschossen hast, kann ich nicht dankbar sein. Eher wäre ich verhungert als so einen Vater zu haben.“ Dann rannte ich davon weil mir diese bescheuerte Begegnung schon wieder zu viel wurde. Ich konnte seine pure Anwesenheit nicht ertragen. Um vor ihm zu Hause anzukommen, lief ich direkt dort hin. So wie ich ihn kannte, würde er sich nun wieder bei Ma ausheulen und sie würde mir wieder einen Vortrag über Respekt halten. „Brüüüüderchen! Da bist du ja! Warst du bei Caro?“, fragte Jade, die sich gleich in meine Arme stürzte. „Ja... Es war schrecklich.“ „Du siehst auch ziemlich kaputt aus! Ich habe eben mit Caro telefoniert. Sie hatte nach dir gefragt! Aber ich konnte sie beruhigen. Du kennst sie ja.“ „Oh ja...“ „Die Anderen wollen zusammen frühstücken gehen und dann besprechen, was wir heute Nachmittag zusammen unternehmen.“ „Äh... Weißt du, eigentlich...“ „Och, bitte Adde! Du musst mitkommen! Ohne dich macht's mir kein Spaß!“ Seufzend strich ich ihren Pony zur Seite und lächelte: „Nun... Dir kann ich sowieso keine Bitte abschlagen.“ „Natürlich nicht, hihi! Hach, ich liebe dich!“ „Jaja, aber heiraten werde ich dich trotzdem niemals.“ „Das wäre auch etwas widerlich.“ Ich folgte ihr in ihr Zimmer, wo sie ein paar Klamotten einräumte und setzte mich auf ihr Bett. Plötzlich grinste sie: „Ach, du weißt es sicher noch gar nicht! Fabio hat gestern Abend das erste mal mit Juline telefoniert! Ist das nicht aufregend?“ Obwohl sich mein Magen zusammenzog versuchte ich zu lächeln und mich für Fabio zu freuen. Warum störte mich das so? Verdammte verwirrende Gefühle! „Was ist? Freust du dich nicht für ihn?“ „Doch! Doch, natürlich! Es ist nur so ungewohnt, dass Fabio sich mal richtig bemüht um ein Mädchen zu bekommen.“ „Klar tut er! Wir müssen ihn aber etwas unterstützen. Alleine hat er nie den Mut dazu.“ Mit leuchtenden Augen setzte sie sich neben mich und faltete die Hände: „Die beiden wären so ein tolles Paar! Ich mag sie wirklich.“ „Ja geht...“ „Magst du sie etwa nicht!?!“ „DOCH! Äh... Sie ist nett. Jedenfalls ideal für unsren kleinen Fabsi.“ „Oh, Adde! Wir werden es schaffen, endlich eine Freundin für Fabi zu finden!“ „Und was ist mit dir? Willst du dir nicht auch irgendwann mal einen suchen?“ Auf einmal wurde ihr Gesicht total rot und ich spürte wie sie nervös wurde. „Klar, natürlich hätte ich gerne einen Freund. Aber den Richtigen habe ich leider noch nicht gefunden.“ „Tja, gute Typen finden sich inzwischen auch ziemlich schwer. Der Kerl, der dir das Herz bricht, ist ein toter Mann, haha!“ „Hehe... Du bist immer so besorgt um Fabi und mich... Aber was ist mit dir? Hattest du eigentlich nochmal solche Schmerzen? Du hattest ja erzählt, sie seien wie im Nichts verschwunden.“ „Bisher nicht mehr. Also war es sicher nichts Ernsthaftes.“ Zufrieden lächelte sie mich an, während ich mich an den Abend am Strand mit Juline erinnerte. Die Schmerzen würden wieder kommen und irgendwie müsste ich es dann nochmal schaffen sie alleine zu erwischen. Was wirklich mit mir los war wusste ich eigentlich gar nicht, aber was auch immer es war, die Anderen mussten es erst recht nicht erfahren. „Adde! Sag doch, dass du wieder daheim bist! Dad hat ziemliche scheiß Laune!“, sagte Fabio, der nun auch ins Zimmer kam und mich aus meinen Gedanken riss. Sein Anblick löste bei mir wieder dieses komische Bauchgefühl aus. Ich sah schon vor mir wie er und Juline sich küssten und glücklich miteinander waren. „Was hast du wieder angestellt, Schatz?“, fragte Jade, die sich an mich schmiegte. Fabio setzte sich auf die andere Seite, sodass sie zwischen uns saß. „Ich hab ihm nur meine Meinung gesagt“, antwortete ich leicht abwesend. Was war nur los... Ich würde es Fabio so sehr gönnen. Aber die Vorstellung fühlte sich so... schmerzhaft an. „Oh, Adde! Lass Dad doch endlich in Ruhe! Er hat doch alles für uns getan.“ „Wieso seid ihr ihm nicht böse?“ „Weil wir ihm viel bedeuten“, antwortete Fabio mit einem Lächeln. Jade nickte zustimmend. „Ihr bedeutet ihm viel...“ „Du bedeutest ihm auch viel!“ „Nein, Jade... Das ist nicht das Selbe. Müssen wir nicht langsam los?“ Meine beiden Geschwister guckten auf die Uhr und nickten. Na endlich... Zur Zeit hasste ich diese tiefgründigen Gespräche. Während die Beiden schon vor gingen guckte ich aus dem Fenster in den Himmel. Du willst doch, dass er Glücklich ist, oder? Solang es Jade und Fabio gut geht und solange auch Juline glücklich ist, ist doch alles in Ordnung... Oder? Sei nicht so egoistisch! Selbst wenn du dich in sie verliebst und egal wie schmerzhaft es ist... Hauptsache Fabio und sie sind glücklich... Das waren die Worte, die mir in diesem Moment durch den Kopf gingen. „Scheiß auf deine eigenen Gefühle, du Idiot“, grummelte ich noch in mich hinein und folgte dann Fabio und Jade, die an der Haustüre auf mich warteten. Auf unsrem Sofa saß Dad, zu dem ich kurz hinüber sah. Einen Moment trafen sich unsere Blicke. Ob er auch seine eigenen Gefühle ignoriert hat als er in der Armee war? Nur damit es uns gut gehen würde? Nein... Er doch niemals! Zum Frühstück trafen wir uns wieder einmal im Mc's. Wo auch sonst? Caro fiel mir sofort in die Arme und küsste mich: „Es tut mir leid wie Dad sich heute morgen benommen hat! Aber er hat ein übles blaues Auge! Wieso musstest du ihn schlagen!?!“ „Das war nicht ich! Das war mein Dad!“ „Wie?!“, fragten nun auch Fabio und Jade. „Ist doch egal.“ Ehe sie weiter fragen konnten, kamen Melody und Juline zu uns. „Welch herrlicher Morgen! Und was treiben wir heute so? Bitte sagt, dass wir Pornos drehen!“, bettelte Jo, der schon wieder Schläge von den Mädels bekam. Caro bestellte schon wieder die ganze Essensliste durch, weswegen die Anderen sie skeptisch betrachteten. „Wo frisst sie das hin?“, fragte Chris. „Keine Ahnung“, antwortete ich und beobachtete weiterhin skeptisch. „Die ist garantiert schwanger!“, lachte Jo in die Runde und nahm sich einen Burger von ihr. „Jetzt schon!?“ „Nein, Jade! Garantiert nicht!“, entgegnete ich entsetzt, weswegen Fabio, Chris und Jo schon wieder grinsen und lachen mussten. Caro schnaufte: „Also ich hätte nichts gegen Kinder. Ich möchte mal welche haben.“ „Die kannst du dir selbst machen!“ „Wie bitte!? Was soll das denn schon wieder heißen, Schatz!?“ „Das heißt, dass ich keine Lust auf Kinder hab! Schon gar nicht jetzt! Und wenn ich irgendwie herausfinde, dass du deine behinderte Pille versemmelt hast, dann lernst du mich kennen, Madame!“ Caro klatschte ihren Becher auf den Tisch und sprang auf: „WILLST DU MIR ETWA VORWERFEN ICH BIN ZU BLÖD ZUM VERHÜTEN!? ALS WÜRDE ICH DIR EIN KIND UNTERJUBELN WOLLEN!“ „Hätte ja sein können... Du sollst nur meine Meinung darüber wissen.“ „Hört doch auf zu streiten!“, rief Juline dazwischen. „Was mischst du dich schon wieder ein?! Adriano ist mein Freund, klar!? Und unsere Streitpunkte haben dich nicht zu interessieren.“ „Dein Freund, ja? Ich wette du kennst ihn nur halb so gut, wie du denkst!“, giftete Juline unbeeindruckt zurück. Nun starrten uns wieder alle verwirrt an. „Und du meinst ihn besser zu kennen?“ „In mancher Hinsicht bestimmt.“ „Juline... Es ist okay“, sprach ich im ruhigen Ton dazwischen. Wenn jetzt noch mehr Missverständnisse aufkommen würden... Juline blickte mich mit entschuldigenden Blicken an. Wir hatten uns geeinigt, dass der Vorfall am Strand unser Geheimnis bleiben würde! Fast hätte sie zu viel verraten. Natürlich wusste Caro nichts davon. Sie wusste nicht, was meine Kräfte mit mir anstellten... Und sie wusste auch nicht wie meine Gefühle aussahen. Ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass sie das interessieren würde. Für Caro war ich einfach nur der Vorzeigetyp. Neider hatte sie immerhin genug. Wahrscheinlich könnte ich schon morgen eine Andere haben, wenn ich es wollen würde. Aber über das Thema hatte ich mir schon zu viele Gedanken gemacht. Noch einmal guckte ich zu Juline und musste an diese bescheuerte Traumszene von gestern denken und mich selbst ermahnen mit dem zufrieden zu sein was ich hatte. Immerhin war Caro sexy... Fabio nahm Juline's Arm und zog sie zurück auf die Bank und Jade schnaufte durch: „Haben wir uns jetzt endlich alle wieder abgeregt?! Gut. Ich würde vorschlagen wir gehen heute alle mal etwas schwimmen. Das kühlt unsere Gemüter ab! Was haltet ihr davon?“ „SCHWIMMEN!?!?!“, schrie Juline entsetzt auf. „Keine Sorge, wir besorgen dir schnell einen Bikini“, sagte Melody und kicherte leise. Doch Juline wirkte absolut nicht beruhigt: „Das ist gut... Aber... Ich kann... Ich kann doch gar nicht schwimmen...“ „Ich bringe es dir bei“, schlug Fabio gleich vor, was ihre Augen zum leuchten brachte: „Wirklich?“ „Ja, gerne.“ „Oh, Fabio! Danke!“ Voll Freude legte sie ihre Arme um seine Schultern und küsste ihn auf die Wange, weshalb er knallrot im Gesicht wurde und die Anderen lachen mussten. Vergiss wie du dich selbst fühlst... Hauptsache ihnen geht es gut... ~ Kapitel 9 ~ Beziehungskiste ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 10: Wasser und Dunkelheit --------------------------------- Kapitel 10 ~ Wasser und Dunkelheit ~ Juline Coldfire ~ „Der sieht doch richtig hübsch aus!“, sagte Jade zufrieden und hob mir einen rosa farbenen Bikini entgegen. Caro schüttelte den Kopf: „Viel zu freizügig!“ „Na und? Fabio soll doch was zum Gucken haben!“, antwortete Jade wieder mit einem Lachen und ich riss ihr verlegen den Bikini aus der Hand: „Niemand soll mich angaffen!!!“ Nun mussten auch Caro und Melody lachen. Verlegen legte ich das Teil zurück und nahm mir einen anderen Bikini, der nicht so knapp geschnitten war. Jade verschränkte die Arme: „Also wirklich! Du hast nichts, was du verstecken musst, Juline!“ „Mir ist aber etwas weniger auffälliges lieber...“ „Mir auch...“, pflichtete Caro bei. Langsam ging sie mir so richtig auf die nerven mit ihrer Eifersucht. Dass Adriano sich mir gegenüber so abweisend und ignorant benahm, lag sicher nur an ihr. Was war das für eine Beziehung die die Beiden da hatten? So etwas kannte ich nicht... Meine Eltern waren immer sehr liebevoll zueinander, obwohl Dad sich damit überhaupt nicht auskannte und sich öfters mal peinlich benahm. Auch Reeza und Kite waren immer so unzertrennlich. Aber die Beiden... Sie fuhren sich bei jeder Kleinigkeit an und Caro wurde immer schrecklich zickig, wenn Adriano und ich uns auch nur im selben Raum befanden. Was Fabio betraf... Die Anderen glaubten wohl ich sei zu dumm um zu bemerken, dass sie uns beide verkuppeln wollten. Fabio war wirklich nett und in den letzten Tagen hatten wir öfters miteinander geredet. Trotzdem ließ ich mich nicht so einfach verkuppeln. „Gut, können wir nun bezahlen gehen? Sonst sind wir zu spät dran. Die Jungs warten bestimmt schon auf uns“, drängte Jade und nahm uns mit zur Kasse um meinen neuen Bikini zu bezahlen. Um genau zu sein spendierte Melody ihn mir. „Mel's Geldhaufen wird nie kleiner, oder?“, fragte Caro sarkastisch. „Sagst gerade du?“, konterte sie darauf hin. „Mädels! Reißt euch zusammen! Wir wollen doch Spaß haben, oder?“ „Natürlich werden wir Spaß haben, Jade! Vor allem ich wenn ich Adriano die ganze Zeit angucken kann, hihi!“, antwortete Caro und kicherte. Sollte das schon wieder eine Anspielung sein!? Um nicht darauf einzugehen freute ich mich lieber auf das Wellnessbad in das die Anderen gehen wollten. Ich war noch nie schwimmen... Eigentlich konnte ich auch gar nicht schwimmen. Wo und wie hätte ich es auch lernen sollen? Aber Fabio wollte es mir ja beibringen. Der Gedanke daran machte mich nervös. Ich wollte mich doch nicht dumm anstellen und einen guten Eindruck hinterlassen. Nun tat ich es schon wieder... Ich ging lieber mit meinen Freunden schwimmen, statt zu überlegen wie ich Aris und Dad befreien könnte. Sollte ich mir erneut Vorwürfe deswegen machen? Was würde mich gerade heute dazu bringen eine Lösung zu finden? Zu meinem eigenen Wohl verbot ich mir selbst an das Geschehene zu denken. Fabio hatte ganz recht. Etwas Erholung tat auch meinen nerven gut. Völlig erledigt in den Kampf zu ziehen wäre fatal. „Da sind unsere Herrschaften ja schon“, rief Jade vergnügt, als wir zu den Jungs kamen. Caro klammerte sich gleich demonstrativ an Adriano's Arm, weswegen ich die Augen verdrehte und Fabio ebenso demonstrativ mit Küsschen auf die Wangen begrüßte. Eigentlich wollte ich ihn nicht benutzen... Aber Hauptsache Caro würde mich endlich in Ruhe lassen. Fabio's Wangen wurden wieder knallrot, weshalb Jade und Chris sich sehr amüsierten. „Fabio! Du kleiner Aufreißer!“, lachte Jo. „So, was ist? Habt ihr auch an eure Schwimmflügel gedacht? Nicht, dass mir noch einer absäuft.“ „Klar Jade, Fabio und ich werden absaufen“, gab Adriano sarkastisch zurück. „Weil das mit dem Wasserelement auch gerade so einfach ist, haha!“ „Du sagst es, Chris. Lasst uns gehen! Juline, du wirst begeistert sein!“, sagte Jade freudestrahlend und legte ihren Arm um meine Schultern. „Hoffentlich bin ich nicht diejenige, die absäuft.“ „Quatsch! Fabio rettet dich!“ „Jade!“ Empört lief Fabio voraus. Auf dem Hinweg gaben die Jungs ein paar Storys aus der Schule zum Besten und Adriano war wie immer recht schweigsam, während Caro für keine Sekunde von ihm abließ. Ich wünschte seit Tagen ich könnte nochmal mit ihm in Ruhe reden. Inzwischen kannte ich sie alle relativ gut, nur ihn nicht. Wir hatten nie die Gelegenheit mal miteinander zu reden. Dabei fand ich seine Art sehr interessant. Wenn das so weiter gehen würde, würde ich es nie schaffen das Rätsel um seine Kräfte zu lösen. Caro verhinderte, dass wir auch nur den kleinsten Kontakt zueinander hatten. In den letzten Tagen saß ich Abends öfter am Strand und hatte gehofft, er würde auch dorthin kommen. Aber leider war er nie da... Ehe ich weiter denken konnte, waren wir auch schon da. Von außen sah die Anlage ziemlich unscheinbar aus. Als wir durch die große Eingangstüre liefen, kam mir eine dicke feuchte Luft entgegen, die mir das Atmen leicht erschwerte. Mir wurde wärmer, als mir sowieso schon war. Die Anderen schienen sich nicht daran zu stören. Neugierig guckte ich mich um und bewunderte die ganzen Pflanzen, die überall herumstanden. Palmen in allen möglichen Größen und Variationen... An der Kasse bekam ich eine Papierkarte und ein Band um mein Handgelenk. Auch dies schien völlig normal zu sein. Ich fragte nicht weiter. „Juline, du kommst mit uns. Ich zeige dir dann die Umkleide und so.“ „Äh... Na gut, Jade.“ Jo grinste: „Immer musst du die Wohltäterin spielen, Jade. Ich kann dir auch alles zeigen, Kleine. Und damit meine ich wirklich... Alles! Ich könnte dir helfen deinen Bikini anzuziehen um ihn dir dann wieder auszuziehen... AU!“ Chris hatte ihm auf den Hinterkopf gehauen und Adriano zerrte ihn mit sich. „Bis gleich mein Schatz!!! Ich vermisse dich jetzt schon!“, rief Caro Adriano hinterher. Er schien es nicht gehört zu haben... Oder er ignorierte es einfach, was ich eher dachte. „Hier ist es so stickig!“ „Daran gewöhnst du dich schnell, Juline“, erklärte Melody, während sie nach freien Kabinen suchte und gleich welche fand. Caro drängte sich gleich dazwischen: „Die Große gehört mir! Bis gleich, Mädels.“ Und ehe wir etwas sagen konnten, hatte sie sich eingeschlossen. Melody verschwand dann auch einfach in in der nächsten Kabine und Jade suchte weiter, bis sie auch eine fand. Ich blieb verwirrt stehen. „Komm schon mit! Ich werde dich schon nicht ausspannen.“ „Du hast sicher eine Kamera einstecken. Filmmaterial für Fabio und so...“ „Haha! Durchschaut!“ „WIE!?“ „Spaß! Nun komm!“ Seufzend folgte ich ihr in die Umkleide, die komplett abgeschlossen war. Erleichtert, darüber, dass niemand über die Seitenwände gucken könnte, zog ich schonmal mein Oberteil an. „Halte dich einfach an mich, oder Chris, wenn du nicht weiter weißt“, sagte Jade und lächelte. „Ihr beide macht das echt gut.“ „Was denn?“ „So tun, als wärt ihr gar nicht zusammen.“ „Oh... Haha, ja! Ich möchte ihm gerne Adriano's Fäuste ersparen.“ „Das verstehe ich nicht. Adriano macht nicht den Eindruck, als würde er sowas tun.“ „Hmm... Täusche dich nicht in meinem Bruder. Wenn es darum geht Fabio oder mich zu schützen, kann er ziemlich brutal werden.“ „Warum sollte er dich vor seinem besten Freund beschützen müssen?“ „Das Problem ist, dass Chris etwas Mist gebaut hat und Adriano nun ein falsches Bild von ihm hat.“ „Oh...“ „Wobei ihm das derzeit wohl sowieso nicht auffallen würde. Er ist genug beschäftigt mit Caro.“ „Ich mag Caro nicht...“, gab ich leise zu. „Eigentlich ist sie ganz in Ordnung. Aber sie verteidigt gerne ihren „Besitz“. Derzeit übertreibt sie es wirklich etwas.“ „Sie versteht nicht, dass ich nichts von ihm will...“ „Nun, da er eh eine Freundin hat, wäre es blöd von dir, dich in ihn zu verlieben.“ „Wie gesagt... Ich bin nicht hierher gekommen um einen Freund zu finden.“ Im Grunde war ich froh, als wir uns fertig umgezogen hatten und diese unangenehmen Themen vorbei waren. Zumindest kam sie nicht gleich wieder auf Fabio. Ich hatte ja nur darauf gewartet. Melody und Caro waren auch fertig und nachdem wir unsere Sachen in die abschließbaren Schränke gepackt hatten, trafen wir uns in einem gefliesten und ebenso mit Palmen dekorierten Durchgang, mit den Jungs. Caro rannte gleich zu Adriano, als sie ihn sah. Unbewusst starrte ich auf die halbnackten Kerle. Als ich es bemerkte, guckte ich völlig verkrampft zur Seite, doch Jo bekam es natürlich gleich mit und legte seinen Arm um mich: „Was ist los, Liebes? Ich weiß, das ist ein krasser Anblick für kleine unerfahrene Ladies. Aber du wirst dich schon daran gewöhnen. Wobei ich sagen muss, dass Adriano ganz schön fett geworden ist.“ „WAS!?!?“, schrie er empört, weshalb ich kichern musste. Wegen Caro traute ich mich allerdings erst garnicht überhaupt einen Blick auf Adriano zu werfen. Wahrscheinlich wäre sie dann sofort auf mich losgegangen. „Lasst uns endlich ins Wasser gehen! Dein Körper ist nicht interessant, Jo“, sagte Melody trocken und lief voraus. Während er ihr entsetzt hinterher starrte mussten wir anderen lachen und folgten ihr. Der Anblick dieses gesamten Gebäudes faszinierte mich immer mehr. Es gab so viele Becken. Und jedes war hübscher gestaltet als das Andere. „Also Leute, ich geh jetzt erstmal zu einer der hübschen Masseurinnen!“, sagte Jo auf einmal und sonderte sich gleich von uns ab. Melody verschränkte die Arme: „War ja klar...“ „Typisch... Ich wette er legt sie flach!“ „Du bist ja nur neidisch, weil Adde dich nicht an Ort und Stelle flachlegt, Caro! Haha!“, gab Jade schadenfroh zurück. Caro drehte sich natürlich gleich zu ihm: „Lassen wir uns das bieten?“ „Nö...“ „Sehe ich auch so, also komm... Äh... Schatz!?“ Anders als erwartet schnappte sich Adriano seine Schwester und zerrte sie zum Beckenrand, wo er sie ins Wasser werfen wollte. Doch sie klammerte sich an ihm fest sodass er mit ins Wasser fiel. Chris und Fabio lachten. Caro sah dagegen recht enttäuscht aus. Wahrscheinlich wollte sie erreichen, dass er sie irgendwo flachlegt... „Dass diese Idioten immer an Sex denken müssen!“, meckerte Melody und lief ebenfalls weg. „Wo gehst du hin?!“ „Ich gehe auf die Sonnenbank. Das ist mir hier zu kindisch.“ „Aber... Aber... Jo ist doch schon weg und nun auch noch du? Wir sind doch alle zusammen her gekommen.“ „Nimm es nicht so tragisch, Juline.“ Dann ging sie weg. Caro und die beiden Jungs waren auch ins Wasser gegangen und mein Blick fiel ans Ende der Halle, wo sich noch ein großes Becken befand. Da ich eh nur kurz schauen wollte, sagte ich den Anderen, die am Herumalbern waren, nicht bescheid. Ich würde Fabio dann wohl gleich fragen ob er mir zeigt wie das mit dem Schwimmen geht. Doch nun wollte ich erst das andere Becken sehen. Mit schier endloser Faszination kam ich meinem Ziel näher und entdeckte ein rechteckiges Becken mit allerlei Dingen darin. Ein riesiger aufgeblasener Ring, auf den man vom Wasser aus klettern konnte, ein Pilz von dessen Dach Wasser strömte und viele Leute. Mit einem freudigen Lachen sprang ich zum Eingang des Beckens, wo das Wasser noch ganz flach war. Sah nicht gefährlich aus. Und das Wasser verdeckte gerade mal meine Füße. Nur das Meer war schöner! Weil ich der Versuchung nicht widerstehen konnte, ging ich langsam weiter ins Wasser, bis es mir zu den Knien stand. Mein Bauch kribbelte vor Aufregung. Ob ich noch ein bisschen weiter hinein gehen sollte? Na klar, warum nicht? So lange ich im Wasser noch stehen konnte, war doch alles in Ordnung. Obwohl mir mein Herz bis zum Hals schlug, ging ich weiter. Bis zur Hüfte, zur Taille. Neugierig beobachtete ich die anderen Leute, die durchs Wasser schwammen. Schwimmen konnte doch gar nicht so schwer sein, dachte ich mir und prägte mir ihre Bewegungen ein. Als ich genug gesehen hatte, versuchte ich die Bewegung nachzumachen, doch jedes mal, wenn mein Kopf dem Wasser näher kam, fing ich mich wieder mit den Füßen ab. Feigling! Alle Anderen konnten es doch auch! Selbst Kinder sah ich hier schwimmen! Manche von ihnen trugen seltsame Luftdinger an den Armen. Mit der Zeit verließen einige Leute das Becken und dann sah ich eine Lampe blinken. Was das wohl zu bedeuten hatte? Und warum gingen so viele Leute raus? Mir war das zu seltsam und ich beschloss auch wieder raus zu gehen. Doch gerade als ich zwei Schritte gemacht hatte, spürte ich, wie das Wasser wellig wurde. Mit jedem weiteren Schritt wurde es stärker und zog mich wieder nach hinten in den tieferen Teil des Beckens. Als mir klar wurde, dass ich schnellstens dort weg musste, paddelte ich heftig mit den Armen, doch die Wellen wurden größer und stärker. Ich achtete kaum auf die anderen Leute, die einfach so mit den Wellen mitsprangen. Die konnten ja auch schwimmen! Plötzlich spürte ich unter meinen Füßen keinen Boden mehr und sank ruckartig unters Wasser als auch noch eine Welle über mir brach. Unter Wasser paddelte ich noch schneller mit den Armen und strampelte so schnell ich konnte mit den Füßen, doch irgendwie kam ich nie oben an. Als ich auch noch einen harten Schlag in den Nacken bekam und diesen stechenden Schmerz spürte, wurde mir schwarz vor Augen. Langsam wurde ich wieder wach... Zuerst brannte meine Lunge. So sehr, dass ich schrecklich husten musste. Dann riss ich die Augen auf und sah nur diese grünen Augen vor mir. Adriano? „Du hast uns ja einen heftigen Schrecken eingejagt!“, sagte Fabio, als ich ihn schließlich erkannte. Neben ihm erschienen auch Jade und Chris. Jade legte eine Hand auf meine Schulter: „Geht es dir gut? Zum Glück hat Fabio nach dir gesehen und dich gefunden.“ Er wurde rot und kratzte sich verlegen am Hinterkopf: „Ich hab doch gar nichts gemacht.“ „Doch, du bist ein Held, haha!“, lachte Chris. „Was ist passiert?“, fragte ich noch leicht benommen, ehe ich schon auf Fabio's Armen in der Luft hing und mich an ihn klammerte. „Wir fanden dich bewusstlos im Wasser... Also bin ich ins Becken gesprungen und hab dich raus gefischt. Hmm... Bringen wir dich besser mal auf eine der Liegen. Dein Gesicht ist ja noch halb blau angelaufen.“ „Und deins rot, haha!“ „Jade!!!“ Während ich noch etwas hustete überlegte ich was passiert war. Natürlich! Die Wellen... Und dann hatte mir irgendjemand in den Nacken gehauen. Ich hätte sterben können... Aber Fabio hatte mich gerettet! Ich fühlte mich so schrecklich müde. „Danke, Fabio“, sagte ich leise und ziemlich außer Atem, als er mich hinlegte. „Ich gehe dir was zu trinken holen“, antwortete er mit einem weiteren verlegenen Lächeln. „Und wir gehen... Handtücher holen. Ja, Chris?“, fragte Jade mit einem sehr seltsamen Unterton. Als Fabio schon weg war beugte sie sich zu mir: „Fabio wird sich schon um dich kümmern, hihi. Ähm... Was Chris und mich betrifft... Wir...“ „Ja... Ich verstehe schon.“ „Sicher, dass wir dich kurz alleine lassen können? Fabio kommt gleich wieder.“ „Ja, mir geht es gut.“ Sie streichelte mir noch kurz durch die Haare und verschwand ganz unauffällig mit ihrem Freund. Ich konnte verstehen, dass sie ein paar Minuten Zweisamkeit suchten. Und bei Fabio war ich bestimmt gut aufgehoben. Allerdings war mir ziemlich kalt. Leicht zitternd legte ich meine Hände auf meinen Bauch und beobachtete das Wasser von der Liege aus. Bescheuerte Wellen! Drecks Wasser! Und dieser behinderte Idiot, der mich auch noch geschlagen hat! „Hier bist du! Was machst du hier alleine? Und wie siehst du aus?“ Als ich mich umdrehte sah ich Adriano, der neben mir in die Hocke ging. „Ich liege hier... Mir ist kalt... Ich wäre eben fast gestorben... Aber dein Bruder hat mich gerettet.“ „Wie gestorben!?“, fragte er überrascht und legte das Handtuch, das er bei sich hatte über mich. Ich war erleichtert, als mir gleich wärmer wurde und ich mich in das Handtuch einkuschelte. „Was ist daran so schwer zu verstehen? Ich bin fast abgesoffen. Und wie kommt es, dass du mit mir redest? Hat deine Freundin dich für einen Augenblick von der Leine gelassen?“ Warum war ich auf einmal so wütend auf ihn? So zickig kannte ich mich überhaupt nicht... Zumindest nicht auf diese Weise. Er hatte nichtmal mitbekommen, dass ich in Gefahr schwebte. Obwohl es ein Wunder war, dass es überhaupt jemand mitbekommen hatte. Ich seufzte, während er sich auf die Liege neben mir setzte: „Tut mir leid wegen Caro. Sie ist... Schwierig. Und um ehrlich zu sein konnte ich gerade weg, weil sie auf der Sonnenbank eingeschlafen ist.“ „Sollte man... Da nicht zu lange bleiben?“ „Äh... Tja. Vielleicht, hehe.“ „Arschloch...“ Trotzdem musste ich etwas lachen. Zumindest so gut ich konnte. So wie sie sich mir gegenüber in letzter Zeit verhielt, geschah es ihr völlig recht. „Und wieso liegst du hier alleine?“ „Fabio holt gerade etwas zu Trinken für mich.“ „Verstehe...“ „SCHATZ!“, rief eine laute Stimme von weiter hinten und Adriano schnaufte: „Okay... Zeit abgelaufen... Hasst du mich jetzt?“ „Wieso sollte ich dich hassen? Natürlich nicht.“ „Wir haben in den letzten Wochen kein einziges Wort miteinander geredet... Deswegen. Aber... Ich bin heute Abend am Strand. Ohne diese Nervensäge da! Bis dann.“ Er ließ mir keine Zeit zum antworten und war schnell weg. Wahrscheinlich würde Caro auch ein riesiges Drama veranstalten, wenn sie ihn bei mir sehen würde. Sicherlich würde sie mir vorwerfen, ich hätte so getan, als wäre ich fast ertrunken um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Diesen Abend am Strand. Zufrieden zog ich das Handtuch bis über meine Schultern und genoss die Wärme, während meine Augen immer schwerer wurden. Nun kam auch Fabio wieder. „So, hier! Bestimmt geht es dir dann besser.“ „Danke, das ist lieb von dir“, antwortete ich und richtete mich auf. „Wo sind denn Jade und Chris hin?“ „Nachdem sie mir das Handtuch gebracht hatten, sind sie weg gegangen.“ „Na klasse und haben dich einfach liegen lassen!?“ „Mir ist doch nichts passiert.“ Ich wollte ihm nicht erzählen, dass Adriano bei mir war. Vielleicht weil ich befürchtete, Fabio könnte vielleicht enttäuscht sein. Mir war immerhin nicht entgangen, dass er mich sehr mochte. „Oh man, ich mache mir immernoch Vorwürfe. Ich hätte eher darauf achten sollen, dass du als Nichtschwimmer nicht ins falsche Becken gehst.“ „Das Wellenbad war sicherlich das Falsche.“ „Oh ja, haha.“ „Wieso machen die hier sowas gefährliches hin!?!“ „Naja, wenn man gut schwimmen kann, passiert nichts. Meine Geschwister und ich haben hier eigentlich schon immer viel Spaß gehabt.“ „Euch mit euren Elementen kann ja auch nicht viel passieren im Wasser.“ „Das stimmt.“ „Mich bekommt heute niemand mehr in irgendein Wasser!“ „Ich kann verstehen, wenn du heute nicht mehr schwimmen lernen willst.“ Wieder lächelte er mich so warmherzig und verständnisvoll an. Er war ein wunderbarer Typ. So lieb und fürsorglich. Nebenbei schaute ich ihn mir längere Zeit an. Warum hatte dieser Kerl keine Freundin? Ihr würde sicher nichts entgehen. Er hatte so ziemlich den perfekten Charakter und einen hübschen Körper. Vielleicht war er ja zu lieb. Er war die kleinere und nettere Version von seinem Bruder. Eventuell wollten die Frauen auch keine zu netten Männer. Reeza meinte mal, dass Frauen gerne mal ein kleines fieses Arschloch als Mann haben. Und selbst wenn er diese Seite nur selten zeigt. Bei Fabio war mir nie ein Hauch von dieser Seite aufgefallen. Adriano dagegen war Arschloch genug um seine Freundin verkohlen zu lassen. Wieder musste ich kichern. Ob Caro knallrot gebrannt war? „Was ist so lustig?“, fragte Fabio. „Ach... Nichts Wichtiges. Danke nochmal, dass du mein Leben gerettet hast, großer Held.“ „Hehe, nenn mich doch nicht so, das macht mich fertig!“ „Warum?“ „Nur so...“, antwortete er wieder mit leicht roten Wangen. Am Abend saß ich müde auf meinem Bett im Hotelzimmer und guckte auf die Uhr. Adriano sagte, er würde diesen Abend am Strand sein... Aber wann genau? Sollte ich mich tatsächlich noch ein paar Stunden an den Strand setzen und warten? Jedoch wollte ich ihn schon gerne treffen. Nebenbei beobachtete ich Melody, die wütend ihre Haarbürste auf die Kommode Schlug und sich auf ihr Bett warf. „War heute nicht so dein Tag, oder?“, fragte ich und kassierte wütende Blicke: „Er war beschissen! Ich meine okay, dein Erlebnis war schlimmer und obwohl ich dich hasse bin ich froh, dass dir nichts passiert ist. Trotzdem war der Tag beschissen!“ „Was hattest du eigentlich die ganze Zeit im Schwimmbad gemacht?“ Sie vergrub ihren Kopf im Kissen und schrie kurz wütend auf, ehe sie sich wieder zu mir wandte: „Dieser Verdammte!!! Ich hasse ihn!“ „Wen?“ „Jo! So ein Arschloch! Drecksack! Ach, für den gibt es keine Worte! Hass!“ „Jo ist... Ja, ziemlich eigen. Was hat er dir wieder angetan!? Hat er dich ins Wasser geworfen!? Oder dich beim Entspannen nass gespritzt!? Nein, er hat dich sicher beim Duschen bespannt!“ „Nichts von alldem!“ „Was dann?“, fragte ich gespannt. „Er hat mich kein einziges mal angeschaut!!! Statt dessen ist er einfach mit irgendwelchen Weibern durchgebrannt! Der Bademeister hat ihn beim Sex mit ihnen erwischt und rausgeworfen.“ „Ach! Deswegen war er nicht mehr dabei als wir gegangen sind!?“ „Sehr richtig!“ Aber nun fragte ich mich warum Melody sich darüber so aufregte. Sie konnte ihn nicht leiden und immer, wenn er etwas zu ihr sagte, flippte sie gleich aus oder konterte mit einem dummen Spruch. Und nun? Dann dämmerte es mir! Eifersucht!? Könnte es sein, dass... „Was guckst du so nachdenklich!?! Denkst du etwa, es würde mich stören, dass er mit diesen Weibern rummacht!? Sicher nicht! Ich kann dieses Verhalten nur aus Prinzip nicht leiden! Er ist peinlich! Er zieht mein Image in den Dreck!“ „Wie gesagt, so ist er eben.“ „HASS!“ Wieder schrie sie irgendwelche Schimpfwörter ins Kissen und strampelte mit den Füßen während sie mit den Fäusten auf die Matratze einschlug. Ich konnte ihr die Ausrede mit dem Image einfach nicht abkaufen und musste lächeln. Jo war garantiert die schlechteste Wahl. Sich in ihn zu verlieben wäre eine hoffnungslose einseitige Liebe die zu viel Kummer führen würde. Arme Melody... Zugeben würde sie es allerdings nicht. Langsam stand ich auf und zog mich nocheinmal an. Aus Faulheit ließ ich den Bikini gerade an und stellte mich auf den Balkon um zu testen ob es noch warm draußen war. Es war noch angenehm, was mich in diesem Land nicht wunderte. Schade eigentlich... Ich hätte gerne etwas Schnee gesehen. „Mel, beruhige dich einfach. Sich wegen Jo zu ärgern ist vergeudete Zeit.“ „Was du nicht sagst!!! Ahrr! Was machst du?“ „Ich gehe noch etwas spazieren. Heute ist viel passiert, ich brauche einen freien Kopf.“ „Ah, okay! Aber sei nicht so laut, wenn du nachher zurück kommst. Ich bin müde.“ „Ja, ich werde darauf achten. Bis später.“ „Juline...“ Ich drehte mich nochmal um und blickte sie fragend an. „Pass auf dich auf.“ „Haha, ja!“ Seit wann sorgte sie sich um mich? Dass ich langsam doch einen Platz in ihrem Herzen fand, freute mich. Bis zum Strand war es nicht weit und mit etwas Aufregung im Bauch hielt ich Ausschau nach Adriano. Hoffentlich würde ich ihn überhaupt finden. Der Strand war immerhin riesig. Vielleicht war er auch so schlau daran zu denken einfach dort hin zu gehen, wo wir uns letztes mal trafen. Mich weiter umschauend lief ich zu dieser Stelle und hoffte ihn dort zu finden. Ich hatte Glück. Er saß dort im Sand und starrte zum Meer hinaus. Wieder wirkte er so nachdenklich. Aber er sah gut aus in seinem weißen Hemd. „Guten Abend, Herr Coldfire“, begrüßte ich ihn spaßhalber und setzte mich gleich neben ihn bevor er antworten konnte. „Hi, Frau Coldfire. Da bist du ja. Geht’s dir besser?“, fragte er als er mich ansah. Diese grünen Augen leuchteten selbst im Dunkeln... Das war der erste Moment, den ich hatte um ihm mal in Ruhe ins Gesicht zu schauen. Dabei fielen mir die drei Stecker an seinem Ohr auf. „Hat das nicht weh getan!?“, fragte ich entsetzt und er schien gar nicht zu merken, was ich meinte. „Was!?“ „Dein Ohr!“ „Nöö... Sowas muss man ertragen, wenn man es unbedingt haben will.“ „Stylisch!“ „Haha... Caro findet die Piercings scheußlich. Sie sagt ich wäre wie ein Punk. Meine Haare gefallen ihr auch nicht wirklich und dass meine Klamotten nicht vom Designer sind stört sie auch.“ „Ich finde, du siehst total cool aus.“ „Total cool...“ „NEIN!!! NEIN, NEIN, NEIN!“ „Komm runter, haha!“ Verlegen vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen und fluchte herum. Was eine bescheuerte Aussage!!! „Ich muss mich bei dir entschuldigen...“ „Wieso?“, fragte ich nun und guckte ihn wieder an. „Weil ich dich in den letzten Wochen sowas von ignoriert hab. Dabei bin ich dir sehr dankbar für deine Hilfe. Ohne dich hätte ich die letzten Wochen nicht ertragen!“ „Ich bin dir nicht böse... Es ist wegen Caro, oder?“ „Ja... Sie stresst total rum und hat immer was zu meckern.“ „Du weißt, was ich dazu sage.“ „Ja, und du weißt, warum ich sie nicht verlasse.“ „Ja, schon klar. Liebst du sie denn?“, fragte ich mit gesenktem Blick. Er brauchte eine Weile bis er antwortete: „Ich weiß es nicht. Ich vermisse das was sie war. Ach, egal. Ich bin nicht hergekommen um über sie zu reden.“ „Warum wolltest du, dass wir uns treffen?“ „Einfach so... Damit du nicht denkst, ich wäre dir nicht dankbar.“ Wieder schwiegen wir eine Weile. Während dessen betrachtete ich den Himmel, an dem sich Wolken bildeten. Der Wind wurde frischer. „Schwimmen kannst du sicherlich immernoch nicht, hm?“, fragte er mit einem hämischen Grinsen. „Natürlich nicht!!! Ich wäre gegen Ende nochmal ins Wasser um es zu lernen, aber Fabio hat es mir verboten.“ „Hach... Fabio ist so fürsorglich. Er machte sich eben Sorgen. Und hast du nun Angst vor Wellen?“ „Pff! Natürlich nicht!“, log ich und erinnerte mich erneut an den Moment, als ich unter Wasser war und nicht wieder nach oben kam. „Ich hab vor nichts Angst!“ „Gut, beweise es mir, haha!“ „Wie?!“ Lachend stand er auf und packte mich an der Hand an der er mich nach oben zog und mich zum Wasser zerrte. „Hör auf!!! Ich will nicht ins Wasser!!! AAHHHH!!! NEIN!“ Kurz vor knapp ließ er mich los uns lachte mich aus. Wütend schubste ich ihn und schlug gegen seine Schulter. „Arschloch!!! Du bist einfach ein mega Arschloch!“ „Nein, ich bin total cool! Hast du selbst gesagt, hahaha!“ „Idiot!!! Ahrr! Na warte!“ Selbstbewusst warf ich meine Klamotten in den Sand, was ich auch nur tat weil ich wusste, dass ich noch meinen Bikini trug und stellte mich bis zu den Knöcheln ins Wasser. Da überkam mich doch die Angst wieder. Aber ich wollte das nicht auf mir sitzen lassen. Dennoch zögerte ich und überlegte, ob ich weiter rein gehen sollte. Was wäre, wenn mich das Wasser hinaus ziehen würde, so wie es mich ins tiefe Becken gezogen hatte!? Plötzlich spürte ich wie Adriano, der auch noch das Badezeug vom Mittag trug und ebenfalls ins Wasser kam, meine Hand nahm und etwas voraus lief: „Na komm, du brauchst wirklich keine Angst haben. Wenn ich dabei bin, passiert dir sowieso nichts.“ „Sicher?“ „Sicher! Wenn du untergehst zieh ich dich gleich wieder hoch, haha. Ich bin ein guter Schwimmer.“ „Du bist eingebildet!“, antwortete ich und lachte. Ich fragte mich was Caro an ihm auszusetzen hatte. Wieso schätzte sie nicht was sie hatte? Er war ein eingebildeter Mistkerl, der gerne kleine Mädchen verarscht und zudem sehr gut aussah. Schritt für Schritt folgte ich ihm und fühlte mich an seiner Hand sehr sicher und gar nicht mehr ängstlich. Das Wasser war zwar schwarz, aber ich fühlte mich trotzdem gut. Leider etwas kalt, aber daran würde ich mich gewöhnen. Als mir das Wasser bis zur Taille ging blieben wir stehen und ich versuchte den leichten Wellen standzuhalten. Der Wind, der aufzog verstärkte sie allerdings. „Und hast du noch Angst?“, fragte er mich und lächelte. „Nein, grade geht es.“ Trotzdem klammerte ich mich wie blöd an seiner Hand fest. „Nachts im Meer baden ist verrückt!“, sagte ich und schaute in die Dunkelheit. Eine interessante Art und Weise wie sich unsere Elemente in diesem Augenblick trafen. Das Wasser und diese tiefe Dunkelheit. Adriano grinste: „Das ganze Leben ist so verplant... Eigentlich bin ich ziemlich spontan. Aber die Anderen wissen das nicht.“ „Nichtmal Jade und Fabio?“ „Nein... Nichtmal die.“ Als ich die Beiden erwähnte guckte er für einen kurzen Moment nachdenklich und etwas betrübt und gerade als ich ihn fragen wollte, was ihn bedrückte, trat ich mit meinem Fuß auf eine Stelle, an der ich nicht stehen konnte und tauchte kurz unter. „Hey du sollst nicht tauchen gehen!“, sagte Adriano hektisch, als er mich wieder nach oben zu sich zog. Panisch klammerte ich meine Arme um seine Schultern und kniff die Augen zusammen. Ich brauchte einen Moment um zu verstehen, dass ich schon wieder über Wasser war, dann ließ ich lockerer und bemerkte, dass wir uns in den Armen hielten und uns in die Augen sahen. Mir wurde sehr warm und dieser Augenblick schien nie vorrüber gehen zu wollen. All meine guten Vorsätze waren fast vergessen als wir uns näher kamen, doch kurz bevor sich unsere Lippen berührten wurde mir wieder klar, dass ich nicht hierher kam um mich zu verlieben! Weder in Adriano, noch in Fabio! Und auch er schien schnell den Rückzieher zu machen und ließ mich los. „Tut mir leid... Das sollte nicht...“ „Nein... Nein, ist okay... Das war blöd... Ähm...“, stammelte ich verlegen und konnte ihn kaum anschauen. „Ich bin so ein Idiot!!! Verdammt!“ „Was ist los?!“, fragte ich ihn und folgte ihm unsicher aus dem Wasser, wo ich anfing zu frieren. Dann begann es auch noch zu regnen. Während wir unsre Klamotten über unsre nassen Sachen zogen, fluchte er: „Ich wollte mich eigentlich nur mit dir treffen, damit du weißt dass ich kein undankbares Arschloch bin! Und nun!? Das geht gegen alle Prinzipien die ich mir gesetzt hab... Das ist unfair gegenüber meiner Freundin und... Ach egal.“ „Vergessen wir das! Das wäre sowieso falsch und fatal dazu. Ich kann doch eh nicht hier bleiben... Früher oder später muss ich wieder weg...“ Nun schwieg er wieder und starrte mich an. Doch zum Antworten kam er nicht, denn ein grelles Licht erschien zwischen uns und ich musste mir die Hand vor die Augen halten. Als es wieder dunkel war, stand Sacred Feye vor uns: „Ich möchte euch ja nur ungern stören...“ „SACRED WIE GEHT ES PAPA!? UND ARIS!? BITTE SAG MIR DASS SIE LEBEN!“, schrie ich und fiel vor ihr auf die Knie. Verzweifelt drückte ich meine Hände in den Sand und hoffte inständig auf eine positive Antwort. „Hör zu, Luzifer und Aris leben. Aber sie sind immernoch in diesem Kerker gefangen. Nun kann sich niemand mehr dort hin teleportieren, weil Chamuel es herausgefunden hat!“ „Was!? Aber...“ „Ich kann mit meinen Kräften so nichts mehr erreichen. Und ich fürchte...“ „Nein!!! Bitte sag das nicht!“ „Juline, ich fürchte, ich kann nichts für die Beiden tun. Es sieht aussichtslos aus.“ „ABER SACRED!“, keuchte ich erneut, ehe mir die Tränen kamen und ich anfing zu weinen. Frustriert schlug ich in den Sand: „Das kann nicht sein!!! Es muss doch eine Lösung für Dad und Aris geben! Warum kann Gott nicht persönlich helfen!?!“ Adriano der mich vom Boden zog und an sich drückte versuchte mich zu beruhigen und langsam guckte ich wieder zu Sacred Feye, die den Kopf schüttelte: „Es gibt da ein Problem... Gott hätte all dies überhaupt nicht zugelassen wenn... Ja, wenn er nicht vor vielen Jahren in eine Art Schlaf gefallen wäre.“ „Was!?“, fragten wir nun beide erstaunt und verwirrt. „Gott ist schon lange nicht mehr aktiv gewesen. Und alles was bisher im Himmelsreich geschah ging von den obersten Engeln aus.“ „Was ist mit Gott?“ „Niemand weiß es.“ „Aber... Das heißt, Chamuel kann machen was er will, wenn ihn niemand aufhält...“ „Ja, das heißt es. Ich kann nicht lange bleiben, sonst findet er heraus wo du bist.“ „Das ist doch... jetzt eh egal.“ „Denke nicht so. Bleib stark, Kleines. Bis bald.“ Als sie verschwand brach ich erneut in Tränen aus und ließ mich wieder in den Sand auf die Knie fallen. Ich hatte an diesem Abend mit allem gerechnet nur nicht mit solchen Neuigkeiten. Dass wir inzwischen komplett vom Regen durchgefroren waren, störte mich kaum noch. In meinem Tränenrausch bemerkte ich grade so, wie Adriano seine Arme um mich legte und mir über die Haare streichelte. Mir fiel inzwischen das Atmen schwer. Hektisch atmete ich ein und aus: „Das kann... Das kann nicht sein. Ich will nicht... dass... dass auch noch mein Papa stirbt... Und Aris... Es sind doch... eh schon alle tot. Nicht die beiden... auch noch. Ich will nicht mehr... Und bald findet... er mich...“ Ich hätte noch tausend weitere Worte herauskeuchen können, doch mir schnürte sich der Hals zu. Adriano legte seine Hände auf meine Wangen und guckte mich ernst an: „Hör auf! Jetzt zusammenzubrechen bringt doch nichts!“ „Na und... Jetzt weiterzumachen bringt auch nichts...“ „Doch! Denn die Beiden leben! Das hast du selbst gehört. So lange sie leben ist kein Atemzug umsonst gemacht. Und wenn dieser Verrückte dich findet... Dann beschütze ich dich. Egal wie. Wir werden eine Lösung finden.“ „Wie willst du mich denn vor diesem Idioten beschützen, wenn es nichtmal mein Vater geschafft hat?“ „Irgendwas wird uns dann bestimmt einfallen. Dir wird nichts passieren.“ „Und... Und Caro?“ „Caro!? Wenn du in Gefahr bist, dann ist sie wohl die Letzte, die mich aufhalten kann.“ Langsam wurde ich wieder ruhiger und guckte ihm nochmal in die Augen. Seine Aura war wieder anders... Seltsam. Fast hätten wir uns geküsst. Ich sollte mir den Gedanken mich in ihn zu verlieben schnell aus dem Kopf schlagen... Er hat eine Freundin und er wusste, dass Fabio mich sehr gern hatte. Er würde eher sterben, als sich zwischen mich und Fabio zu stellen, egal ob ich Fabio nun wollte oder nicht. Warum musste alles so schwierig sein? Wenn ich nicht wäre was ich bin... Aber ich war nunmal ein Engel, ein Engel der Dunkelheit, der nicht in diese Welt gehörte. „Ich gehe zurück ins Hotel...“, sagte ich leise. „Es tut mir leid, dass du meine Probleme so miterleben musstest. Und...“ „Spar dir die Worte, es ist okay. Wegen dieser Sache... Lass uns so tun als wäre es nie passiert. Ich hab keine Lust auch noch irgendwelche Verlegenheit verbergen zu müssen, wenn wir wieder alle zusammen unterwegs sind.“ „Nein, das musst du nicht. Wir sind gute Freunde, ja? Aber... Ich wäre trotzdem glücklich, wenn wir ab und zu irgendwas zusammen unternehmen könnten. Ich möchte nämlich noch viel von der Welt sehen.“ Er lächelte mich an und lachte schließlich kläglich: „Ja gerne, sofern mich Caro nicht in einen Käfig sperrt, haha.“ Weil ich inzwischen am ganzen Leib zitterte, legte er mir sein Hemd über die Schultern: „Sieh zu, dass du schnell ins Warme kommst. Sonst stirbst du an einer Erkältung. Wir wollen doch, dass du überlebst.“ „Danke...“ „Gute Nacht!“ „Gute Nacht...“, antwortete ich leise und drehte mich noch einmal nach ein paar Schritten um. Er hatte recht... So lange Dad und Aris noch lebten, gab es einen Grund zu kämpfen. Ich durfte mich nicht einfach so aufgeben und sie schon gar nicht. Und auch wenn er mit seinen einfachen Assistant-Kräften nur wenig gegen Chamuel ausrichten könnte, würde er sicher alles tun um mich zu beschützen und mir zu helfen. Das wertvollste im Leben waren Freunde... Welche, die mit mir durch Feuer schreiten würden. Anscheinend hatte ich so jemanden gefunden. Zurück im Hotelzimmer stellte ich mich sofort unter die warme Dusche und genoss es endlich nicht mehr frieren zu müssen. Trotzdem ging mir dieser „Fast-Kuss“ nicht aus dem Kopf. Mit jedem mal versuchte ich mich zu ermahnen, dass das gegen meine Prinzipien ginge und von seiner Seite aus ebenso nicht möglich war. Und wie sollte es nun mit Aris und Dad weiter gehen? Ich hatte noch immer keinen Anhaltspunkt, wie ich weiter machen könnte. Ich musste diesen verdammten Engel Elohim finden. Aber ich wusste nicht wie ich ins Himmelsreich kommen konnte. Ich war so dumm... Ich hätte Sacred Feye fragen können, solange sie da war... Stattdessen hatte ich lieber geheult. Kapitel 10 ~ Wasser und Dunkelheit ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 11: Nur ein Spiel ------------------------- Kapitel 11 ~ Nur ein Spiel ~ Aris ~ „Ich drehe bald durch! Ich will raus... Frische Luft! Meine Flügel ausbreiten und fliegen... Endlich etwas gescheites essen!“, meckerte ich und versuchte ruhig zu bleiben. Es war einfach nur noch schrecklich. Meine Augen waren kaum noch an Licht gewöhnt und den Geruch von frischer Luft hatte ich vergessen. Wie hielt Luzifer es nur in diesem kleinen Kasten aus ohne verrückt zu werden!?! „Verrate mir deinen Trick!“, forderte ich ihn auf, worauf er mich endlich beachtete. „Ich meditiere.“ „Was!? Du und meditieren?“ „Ja, das ist sehr entspannend, vor allem, wenn man nicht gescheit atmen kann.“ Wieder schwieg er. Seine Verletzungen mussten dringend versorgt werden, doch ich konnte meine Kräfte kaum konzentrieren. Meditieren... Dazu fand ich im Gedanken keine Ruhe, doch ich hatte genug Zeit mir eine Strategie zu überlegen, wie ich eine Möglichkeit bekommen würde, vielleicht fliehen zu können und Luzifer zu retten. Chamuel kam nicht täglich vorbei um uns zu ärgern. Inzwischen ließ er uns zwischenzeitlich über Tage schmoren. Heute jedoch hatten wir Glück, wie ich es in diesem Moment zu bezeichnen pflegte. Als er durch die Tür kam stürmte ich sofort zur Zellentür: „Lass mich hier raus! Ich kann es hier drinnen nicht länger aushalten! Ich gebe dir alles... Alles was du willst! Mach mit mir was du willst, Hauptsache ich komme hier raus!“ „Aris!“, sagte Luzifer entsetzt. Chamuel grinste: „Ohh, das sind ja ganz neue Worte. Alles, sagtest du?“ „Alles... Ich möchte nur endlich raus hier.“ So gut ich konnte, bettelte ich ihn an. Dass ich mich damit völlig lächerlich machte und meine Ehre verletzte, interessierte mich nicht mehr. Wir könnten nicht ewig in dieser Zelle sitzen und auf Wunder warten. Es war Zeit endlich selbst zu handeln. Und wenn ich dazu viele Nächte mit ihm verbringen müsste... Chamuel lachte, öffnete die Zellentür und zerrte mich am Oberarm heraus, ehe er schnell wieder abschloss. Ich hoffte, dass Luzifer mir keinen Strich durch die Rechnung machte. Mit meinen Blicken versuchte ich ihm ein Zeichen zu geben, dass ich einen Plan hatte. Zu meiner Erleichterung verstand er es und spielte mit. Natürlich genoss Chamuel seinen „Erfolg“ und Luzifer's Flehen mich in Ruhe zu lassen. Weiterhin lachend zerrte er mich durch die dunklen Korridore bis oben hinauf zu seinen Privaträumen. „Wie lange wirst du mich draußen lassen?“, fragte ich sofort. Mir tat Luzifer, der nun alleine in dem Knast saß, sehr leid. Doch ich hatte wahrlich die Hoffnung es irgendwie selbst zu schaffen. Chamuel grinste mich boshaft an: „Tja, das kommt ganz darauf an wie kooperativ du bist, kleine Aris.“ Meine Hände zitterten, jedoch war es das Opfer wert. Noch einmal sammelte ich all meinen Mut und Überlebenswillen. Für das, was von meiner Familie übrig geblieben war... „Ich werde dir meine Treue beweisen! Lass mich deine Frau werden!“ Plötzlich starrte Chamuel mich völlig überrascht und sprachlos an, ehe er sich die Hand gegen die Stirn schlug: „Sollte das ein Antrag sein!? Sowas ist mir ja noch nie im Leben passiert... Äh... Also heiraten hatte ich nicht vor. Ehrlich nicht... Aber du könntest meine Lustsklavin sein, haha!“ „Wenn es das ist, was du dir wünschst“, antwortete ich kleinlaut. Reichte ihm diese Schlampe Fiona nicht als treue Dienerin im Bett!? Seufzend setzte ich mich auf den großen Sessel und sagte nichts weiter zu ihm. Er lehnte sich jedoch über mich und grinste mich erneut an: „Du darfst dich hier meinetwegen frei bewegen. Aber sei dir bewusst, dass du unter Beobachtung meiner Diener stehst. Eine falsche Handlung und dein Opi wird mehr als einen gebrochenen Knochen haben.“ „Wehe du bringst ihn um!“ „Umbringen? Wer redet denn von umbringen... Nein, jeden einzelnen Knochen breche ich ihm. Nun, wo waren wir stehen geblieben? Du wirst nichts und niemanden angreifen, keine eigensinnigen Aktionen starten und du hast ohne zu klagen bereit zu sein, wenn ich nach dir verlange. Verstanden? Wenn nicht, kannst du gleich wieder in deine Zelle wandern.“ „Verstanden“, antwortete ich kaum hörbar und wendete meinen Blick ab. Auf was hatte ich mich nur eingelassen? Doch... Warum war er so gnädig mich hier frei herumlaufen zu lassen? Dass ich bewacht werden würde, hatte ich mir schon gedacht, aber... Es schien mir doch fraglich, dass er sich darauf einließ. „Chamuel? Warum tust du das?“ „Spiel und Spaß“, gab er knapp zurück, doch ich glaubte ihm nicht, dass er das einfach so aus Spaß tat. Nach allem was ich bisher mitbekommen hatte, waren schreckliche Dinge geschehen. Rache war eine schreckliche Sache. Ich wollte den Grund für seine Taten zu gerne herausfinden. Was hatten Gott und Luzifer damit zu tun? Luzifer hatte bis zuletzt über das Thema geschwiegen. Vielleicht konnte ich mir ja Chamuel's Vertrauen erkämpfen... Und vielleicht könnte ich ihm dann helfen zu verzeihen. Manchmal hasste ich es ein Engel mit gutem Herzen zu sein. Erneut ergriff ich die Initiative und legte meine Arme um ihn, als plötzlich ein Klopfen an der Tür ertönte und kurz darauf Riann und Fiona herein kamen. Zu gerne hätte ich noch erfahren wie Chamuel auf meine Umarmung reagiert hätte, doch er hatte sich inzwischen abgewendet und erwartete Bericht von seinen Dienerinnen. „Lord, wir haben das Mädchen ausfindig gemacht.“ Mir blieb fast das Herz stehen. Sie hatten Juline gefunden!? Ich wollte nicht glauben, dass meine beste Freundin und einzige Hoffnung nun in derartiger Gefahr schwebte. Chamuel rieb sich die Hände und lachte triumphierend: „Wo ist diese Göre?! Hahaha!“ „Lord, sie befindet sich in Amerika. In einer Stadt namens Orlando, wo sie sich seit ihrer Ankunft mit den Assistants herumtreibt.“ „Soso. Hmm... Was tun wir denn dann als nächstes? Schauen wir doch mal.“ Er hob seine Hand empor und ließ durch seine Kräfte Bilder auf der Handfläche erscheinen. Darauf sahen wir Juline, die sich ganz eifrig und offensichtlich glücklich mit einem jungen Mann unterhielt, der braune Haare und grüne Augen hatte. Hatte sie uns also doch vergessen? Für einen kleinen Augenblick empfand ich das Gefühl von Wut gegenüber Juline. Wie konnte sie nur so glücklich aussehen, während wir hier um unser Leben bangen mussten? Doch meine Vernunft stimmte mich wieder ruhig. Sie konnte doch nicht nur wochenlang Trübsal blasen. Sicherlich hatte sie uns nicht vergessen und darüber nachgedacht wie sie uns retten könnte. Sie wusste ja nichteinmal wie man ins Himmelsreich käme. Wie sollte sie dann diesen bescheuerten Engel finden, der uns angeblich helfen könnte!? „Interessant“, sagte Chamuel nachdenklich und ließ die Bilder verschwinden, ehe er sich an Riann wandte: „Wer ist der Kerl?“ „Meinen Recherchen nach ist der Junge ein Assistant mit dem Namen Fabio Coldfire.“ „Aha. Sie scheint ihn ja sehr gern zu haben.“ „Lord? Wie sollen wir verfahren?“, erkundigte sich Fiona und grinste, während Riann traurig zu Boden blickte. Chamuel ließ sich noch etwas Zeit nachzudenken, dann lachte er wieder: „Ach, warum so eilig? Spielen wir noch etwas weiter. Luzifer soll schließlich auch noch etwas von seiner Zeit als Gefangener haben. Wenn wir sie jetzt töten, ist doch alles viel zu schnell vorbei. Riann! Ich möchte, dass du ihr junges Glück etwas... Manipulierst. Dräng dich zwischen die Beiden und schnapp dir diesen Kerl. Liebeskummer ist immerhin eine tolle Sache. Und wenn er dir dann völlig verfallen ist, lässt du ihn fallen wie eine heiße Kartoffel, hahaha!“ „Äh... Lord...“ „KEINE WIDERREDE!!!“ Wortlos und völlig verängstigt verneigte sich Riann erneut und Fiona klopfte ihr auf den Rücken: „Ich beneide dich! Dieses Schauspiel wäre genau mein Fall. Aber ich freue mich, dass du nun auch endlich mal dein Können unter Beweis stellen kannst. Lord? Sollten wir nicht ein paar Dämonen als Ankündigung schicken? Wir müssen sie ja nicht töten... Es könnte... eher eine Art Warnung und Einschüchterungstaktik sein.“ „Ich freue mich, dass du nicht nur im Bett zu etwas taugst, Fiona. Das ist eine gute Idee und ich werde mir einen Angriff überlegen. Entschuldigt mich, ich muss Pläne austüfteln!“ So ließ Chamuel uns drei alleine in dem großen Raum, der einst das Büro von Luzifer war, zurück. Fiona verschränkte sofort die Arme und blickte mich höhnisch an: „Was suchst du eigentlich hier? Solltest du nicht in dem schimmeligen Kerker sitzen?“ „Das tut mir leid für dich... Aber dein Lord scheint mich recht gerne zu haben. Demnach darf ich mich nun frei hier bewegen.“ Mit langsamen Schritten und wütendem Blick kam sie mir etwas näher: „Hör zu, kleine Engelsschlampe, ich kann dich nicht leiden. Ja, ich hasse dich und ich werde alles dafür tun dir das Leben hier so schwer wie möglich zu machen. Niemand schnappt sich mir meinen Lord vor der Nase weg.“ „Wenn er das so will, wirst du kaum etwas tun können.“ „Pah! Du wirst mich noch erleben! Miststück!“ Nun verließ auch sie schnell und wütend den Raum. Endlich hatte ich Riann einen Moment bei mir alleine. Sie war bei weitem nicht so bösartig wie die anderen Beiden und passte nicht in dieses Trio. Mit sanften und mitfühlenden Blicken guckte ich zu ihr: „Warum tust du das?“ „Was?“, fragte sie verwirrt und schien aus ihren Gedanken gerissen. „Diese ganzen grausamen Pläne... Du machst nicht den Anschein als wärst du zu irgendwelchen bösen Taten fähig.“ Wieder verzog sie den Mund zu einer traurigen Mine und schüttelte langsam den Kopf. Sie hatte einen deutlich sichtbaren Kampf mit ihren Tränen: „Ich muss das tun... Ich hasse das alles hier. Ich hasse die Dinge, die sie tun und ich hasse ihn! Aber Fiona ist meine beste Freundin... Sie war meine beste Freundin, wenn ich ehrlich sein soll. Damals, als sie noch bei klarem Verstand war. Doch dann hat sie sich Chamuel angeschlossen, ist völlig anders geworden. Sie hat Gott den Rücken gekehrt und wollte mich mit in die Faszination des Bösen ziehen. Ich folgte ihr.“ „Warum?“, fragte ich und war sehr ergriffen von ihrer Trauer. „Weil... weil ich noch immer die Hoffnung habe, dass Fiona eines Tages wieder normal wird. Ich möchte doch nur meine beste Freundin zurück.“ „Verstehe... Riann, wir werden es irgendwie schaffen. Ich habe mir nämlich auch ein ähnliches Ziel gesetzt. Ich will herausfinden, warum Chamuel das alles tut und ihn dazu bringen von seiner Rache abzulassen. Vielleicht schaffen wir es dann auch Fiona zurück zu holen.“ „Ach Aris...“, seufzte sie und fiel mir in die Arme. „Riann, sag mir was mit Chamuel geschehen ist, dass er diesen Hass in sich trägt.“ Nun löste sie sich von mir und wischte sich eine Träne vom Auge: „Es tut mir sehr leid, Herrin. Ich weiß es nicht... Er hat uns nie erzählt was geschah.“ Dass er nichtmal seinen Dienerinnen erzählte warum er das alles tat verwunderte mich dann doch sehr. Aber ich glaubte ihr. Sie war so verzweifelt und im Grunde hatten wir das selbe Ziel. Wir wollten unsre Lieben retten. „Wie wirst du nun vorgehen?“, fragte ich ruhig und streichelte ihr über die Schulter. Dann wendete sie sich ab und blieb kurz vor der Tür nochmal stehen: „Die Befehle ausführen...“ Nun war ich alleine und musste nochmal über alles nachdenken, was in der letzten viertel Stunde geschehen war. Sie hatten Juline gefunden... Und statt sie töten zu wollen, würden sie ein bisschen mit ihren Gefühlen spielen. So grausam es auch sein mochte, fand ich diesen Schritt äußerst vorteilhaft für uns. Juline's Kräfte waren außerordentlich stark, wenn sie wütend wurde. Allerdings hoffte ich, dass sie es nicht übertreiben würde. Ihre Kräfte würden ihren Körper zerstören... Chamuel sagte auch, er plane einen Angriff. Aber da er sie ja nicht töten wollte, würde sie damit zurecht kommen. Ich sollte mir also keine Sorgen machen und an meinen eigenen Plänen weiterarbeiten. Riann war mir, um ehrlich zu sein, keine große Hilfe. Sie war zu verängstigt und unterdrückt. Ich würde sie zwar vielleicht noch gebrauchen können, jedoch sollte ich alleine mir selbst trauen. Während ich weiter in Gedanken schwelgte, fiel mein Blick auf die hinterste Ecke des Zimmers, in der eine seltsame Kugel lag. Neugierig lief ich zu ihr hinüber. Die Kugel lag auf einem kleinen Regal gepolstert durch ein Kissen. Fast schon wie ein Ausstellungsstück in einem Museum. Von ihr ging eine seltsame Aura aus. Eine sehr starke Aura gefüllt mit reinem Licht. Ob die Kugel damals Chamuel gehörte, als er noch ein Erzengel war? Sie zog mich förmlich magisch an und zog mich in ihren Bann. Ich konnte nicht anders als sie anzufassen. Kaum hatte ich meine Hand darauf gelegt, schien ich nicht mehr in diesem Raum zu sein. Alles war schwarz um mich herum und nur weit entfernt sah ich Licht. So schnell ich konnte rannte ich dort hin und blieb entsetzt stehen, als ich eine Frau sah. Sie saß mit halb geschlossenen Augen auf dem Boden und schien mit sich selbst zu kämpfen. „Hey!“, rief ich ihr entgegen, wodurch ihre Aufmerksamkeit auf mich fiel: „Hilfe“, hauchte sie in einem schwachen Flüstern, das dennoch die Umgebung durch hallte. Dann brach sie zusammen und verwandelte sich in einen Lichtstrahl, der nach oben schoss. In diesem Moment endete mein Traum und ich stand wieder in Chamuel's Zimmer. Die Kugel schwebte inzwischen und leuchtete hell. Dann schoss auch sie durch die Decke hinaus, bis ich sie nicht mehr sehen konnte. Meine Hände zitterten. Was war hier los? Was war das für eine Kugel!? Und... Was, wenn sie für Chamuel eine wichtige Bedeutung hatte? Er würde mich umbringen! Leider war es zu spät für Ausreden, denn die Tür schlug mit einem heftigen Knall auf: „Was ist das hier für ein Lärm!? Was hast du gemacht!?“, fragte Chamuel empört und starrte zum Loch in der Decke. „Es... es tut mir leid!!! Ich hab gar nichts gemacht! Nun... Doch, da war diese Kugel, aber sie ist einfach davon geflogen! Bitte, glaub mir! Ich wollte nicht, dass...“ Während ich redete kam er zu mir gelaufen und schlug mich, sodass ich nicht weiter reden konnte. Meine Hand zitterte immernoch, als ich sie auf meine schmerzende Wange legte. „Die Kugel ist mir scheiß egal! Eigentlich ist es ganz gut, dass sie weg ist. Von ihr ging zu viel Lichtenergie aus. Das hat meine Arbeit beeinträchtigt. Was ich allerdings gar nicht leiden kann ist, wenn man hinter meinem Rücken in meinen Sachen herumschnüffelt! Warum bin ich auch so dumm und lasse dich hier? Du gehst wieder zurück!“ „Nein!“, entgegnete ich hektisch und legte meine Arme um seine Schultern, ehe ich ihn küsste. „Lass mich bei dir bleiben...“, flehte ich ihn an. In diesem Kellerloch könnte ich meine Pläne vergessen. Einen Moment lang starrte er mich erneut verwundert an und tief in deinen Augen konnte ich diese bitterliche Enttäuschung und Trauer erkennen, die er so gekonnt überspielte. „Warum willst du das?“, fragte er mich schroff. „Ich habe deine Eltern getötet! Ich werde auch den Rest deiner Familie erledigen.“ „Tu was du willst, aber lass mich nicht los.“ Erneut küsste ich ihn und diesmal entgegnete er meine Berührungen und Küsse. Obwohl ich vor vielen Tagen noch eine schreckliche Angst vor diesem Augenblick hatte, fühlte ich mich überhaupt nicht mehr schlecht, jetzt wo es soweit war. Als ich noch bekleidet auf ihm saß hielt er kurz inne und guckte mich erneut an: „Hast du Angst?“ „Wovor?“ „Du bist grade auf dem besten Wege Gottes Gesetze zu brechen. Engel wie du dürfen keinen Sex mit anderen Engeln haben.“ „Engel wie ich? Soll das ein Scherz sein? In meinen Adern fließt ebenfalls das Blut eines gefallenen Engels. Gottes Gesetze gelten nicht für mich.“ Natürlich lebte ich bisher trotz allem als ein Engel Gottes... Meine Heimat war jedoch das Reich der Dunkelheit und Elemente. Warum sollten mich nun gerade diese Gesetze, für die ich nie Verständnis hatte, daran hindern zu Sünden? Während Chamuel mich berührte vergaß ich fast, wer er eigentlich war. Ich hatte mir alles viel schlimmer vorgestellt als es war... Und ich war mir sicher, er wäre noch zu retten. Irgendwo tief in seiner verbitterten Seele, hatte auch er noch einen Hauch Liebe. Danach, als er noch auf mir lag, guckte er mir noch einmal in die Augen als könnte er meine Gedanken lesen: „Versuche nicht mich irgendwie umstimmen oder“retten“ zu wollen... Es ist einfach zu spät dafür.“ „Was?“ „Ich sehe das in deinen Augen! Ich weiß was du vor hast... Vergiss es schnell!“ „Chamuel... Was ist passiert?! Wenn ich es wüsste, dann...“ Er seufzte und zog sich wieder an, während er mich wütend anguckte: „Es ist Ironie... Gottes grausame Ironie. Stell dir vor du müsstest überall Liebe verbreiten, siehst die glücklichen Männer und Frauen, wie sie sich schwören nie wieder ohneeinander zu leben... Und du selbst verliebst dich... Dann wird deine große Liebe weg geschickt und umgebracht.“ „Du meinst Sacred Feye, oder?“ „Tzz... Wenn es nur dabei geblieben wäre. Stell dir vor, das Selbe passiert dir dann noch ein zweites mal...“ „Wie!?“ „Ein Engel der Liebe, der nicht lieben darf... Sowas braucht man nicht. Deswegen werden sie alle dafür büßen.“ „Chamuel!“ „Du kannst mich nicht aufhalten! Vergiss es einfach...“ Wieder zog er sich zurück und ich saß noch vor mehr Rätseln als zuvor... „Stell dir vor, das passiert dir noch ein zweites mal...“ … Was geschah!? Was hatte Luzifer nur getan? Warum musste das alles so kommen? War Gott vielleicht wirklich nicht so gütig und liebevoll wie alle immer sagten? Und wenn Luzifer die ganze Zeit recht hatte? Ich stand vor tausenden Fragen, die meinem Kopf Schmerzen bereiteten. Ich wollte doch nur endlich die Wahrheit wissen... ~ Juline Coldfire ~ Nervös zupfte ich meine Klamotten zurecht und betrachtete mich kritisch im Spiegel. Wie konnte ich dem nur zustimmen?! Er machte sich doch bestimmt nun nur noch mehr Hoffnungen. Verdammt! Aber es klang zu gut um abzulehnen, immerhin war ich noch nie auf einem Jahrmarkt. Während ich mich weiter kritisch beäugte, dachte ich an den gestrigen Abend an dem Fabio mich fragte, ob wir nicht zusammen dorthin gehen wollten. Was sollte ich nur tun? Ich wollte gut aussehen, jedoch nicht so gut, als sei es ein Date. Oh, er meint sicherlich, dass es ein Date ist! „Mel! Ich weiß nicht was ich tun soll... Ich bin so verwirrt.“ „Hach, das ist die Liebe.“ „Welche Liebe bitte?!“ „Gib doch zu, dass du voll auf den Kleinen abfährst.“ „Pff! Er ist nur ein guter Freund.“ „Sicher...“ Wieso meinten inzwischen alle, dass Fabio und ich praktisch füreinander bestimmt waren? Wir verstanden uns gut und wir alberten gerne herum... Aber... Schien das zu auffällig? Wieso musste Freundschaft zwischen Mann und Frau so kompliziert sein? In wenigen Minuten sollte ich losgehen und ich wurde hektisch. Schnell warf ich meine eigenen Sachen, die ich mir in meiner Zeit auf der Erde angeschafft hatte, in meine Handtasche und eilte zur Tür. Hinter mir hörte ich Melody amüsiert kichern und ich hatte das Gefühl, dass ausnahmsweise ich sie hassen würde. Als ich Fabio am Hoteleingang stehen sah lächelte ich leicht verlegen und versuchte meinen Stress der letzten Minuten zu vergessen. „Na? Bist du soweit?“, fragte er und wirkte recht nervös. „Ich bin total gespannt! Immerhin habe ich so etwas noch nie im Leben gesehen! Ich mag alles entdecken und erleben!“ „Du wirst begeistert sein, haha!“ Draußen wollte ich eigentlich den Gehweg entlang laufen und war verwirrt, als Fabio zu einem Auto lief und die Tür öffnete. „Du hast ein Auto?“, fragte ich verblüfft. „Naja, unsere Familie hat ein Auto, das meistens von Ma oder Dad genutzt wird.. Also müssen Jade und ich die Füße benutzen.“ „Achso... Und Adriano?“ „Tja, der hat vor einigen Wochen sein Motorrad geschrottet, hahaha. Das war, bevor du hierher gekommen bist. Wahrscheinlich ist es bald wieder aus der Reparatur raus. Mum hat vielleicht einen Terz gemacht, haha.“ Wie er das wohl geschafft hatte? Vielleicht könnte ich Adriano dazu überreden mich mit seinem Motorrad durch die Stadt zu fahren, sobald es wieder repariert wäre. Immerhin war ich nun wieder schrecklich neugierig und es kribbelte mich in den Fingerspitzen. Aber eigentlich hatte ich mir vorgenommen ihm in nächster Zeit aus dem Weg zu gehen.Nach allem was im Meer zwischen uns geschehen war... Meine Zeit hier war aber begrenzt und ich wollte jede Minute nutzen und genießen. Also sollte ich mich zusammenreißen. „Was ist los? Du bist so still“, sagte Fabio plötzlich und guckte mich besorgt an. „Nichts! Tut mir leid... Ich war etwas im Gedanken.“ „Ich verstehe, dass es dir bestimmt nicht gut geht wegen deinem Vater und deiner Freundin. Aber wie ich schon gesagt habe, wenn du ständig nur in dem Zimmer sitzt und über eine Lösung grübelst, wirst du nicht weit kommen. Später wird’s vielleicht noch ernst genug, also versuch dich lieber etwas abzulenken.“ Ich fühlte mich schlecht, weil er nun davon ausging, dass ich wegen meiner Familie am Grübeln war, obwohl ich über Adriano und mich nachdachte. Trotzdem machte ich mit, immerhin wollte ich ihn nicht verletzen. „Ja, du hast recht. Einfach durch Nichtstun werde ich auch keine Möglichkeit finden ihnen zu helfen. Vielleicht finde ich unterwegs ja ein Wunder, haha.“ Im Grunde hoffte ich einfach nur, dass Sacred Feye in nächster Zeit nochmal vor mir erscheinen würde. Dann könnte ich sie fragen wie ich ins Himmelsreich kommen könnte. Erneut nahm ich mir für diesen Abend vor, nicht so viel darüber nachzudenken und mich abzulenken. Immerhin hatte ich gute Gesellschaft, durfte in einem Auto sitzen und vielleicht gleich Achterbahn und Riesenrad fahren. Nun waren wir auch schon fast da. Von weitem konnten wir schon das Riesenrad und die Geschäfte erkennen. Die vielen Lichter ließen mein Herz höher schlagen. Als wir nah genug kamen, konnte ich auch schon Musik hören, die nach und nach lauter wurde. Schließlich fuhren wir über den riesigen Parkplatz und suchten eine Lücke. Meine Hände zitterten und ich wäre am liebsten gleich losgerannt, als wir ausstiegen. „Was machen wir als erstes!?“, fragte ich aufgeregt und sprang auf und ab. „Das darfst du entscheiden“, gab Fabio gelassen zurück. Als wir dann durch den Eingang liefen war ich völlig überfordert und beeindruckt. Zu viele Lichter... Zu viel Musik! An jeder Ecke war etwas Anderes zu entdecken und ich konnte nicht mehr entscheiden wo wir zuerst hingehen sollten. „Wir klappern einfach jedes Geschäft ab, bis du alles gesehen hast“, schlug Fabio vor. „Okay!!! Ja!!! Waaah, es ist so... Soooo toll hier!!!“ Aufgeregt folgte ich Fabio zu den verschiedenen Buden, bevor ich einen großen Stand entdeckte, an dem hunderte bunte Sachen aufgestellt waren. Darunter Kuscheltiere, die fast so groß waren wie ich selbst. Der Mann, der vor der Bude stand, sprach laut in ein Mikrofon und lockte somit die Besucher an. „Was ist da los?“, fragte ich neugierig. „Ach... Das ist eine Losbude. Du kaufst Lose und hast die Chance etwas zu gewinnen. Allerdings... Naja, so was zu gewinnen ist sowas von unwahrscheinlich.“ „Wirklich?! Das ist schade, der riesige rosa Hase gefällt mir total!“ „Sicher finden wir an einem anderen Stand auch noch sowas.“ Ich konnte meine Blicke nicht von dem Hasen losbekommen, bis wir vor einer anderen Bude standen. Auch hier hingen süße Plüschtiere am Dach und an der Rückwand bewegten sich dutzende kleine Ziele. Davor standen einige junge Leute, die mit Gewehren auf die Ziele schossen. „Sind das echte Knarren!?“, fragte ich empört, weshalb Fabio lachte. „Nein, natürlich nicht. Ehrlich gesagt hab ich das noch nie gemacht. Chris und Jo können das gut. Aber wenn du willst, probier ich es mal“, sagte er noch und lachte dann kläglich. Ich wollte ihm nicht antun sich vor mir lächerlich zu machen und erblickte etwas ganz anderes. Es war viel größer als die Buden um uns herum und wirkte ziemlich gruselig. Motiviert packte ich seinen Arm und zeigte darauf: „Vergiss die Knarren, was ist das hier?“ „Das Geisterhaus.“ „GEISTER!? Sowas gibt es doch... garnicht.“ „Da drinnen gibt es Geister, Zombies, Spinnen...“ „SPINNEN!?!“ „Haha, ja! Magst du rein gehen? Ich beschütze dich auch.“ Plötzlich sah ich wieder Adriano vor mir, wie er mich am Strand in den Armen hielt... „Wenn dich der Verrückte findet, beschütze ich dich. Egal wie.“ Ein schriller Schrei vom Geisterhaus riss mich aus meinem Gedanken und erschreckte mich so sehr, dass ich mich an Fabio klammerte. „Wenn du zu große Angst hast, können wir auch weiter.“ „Nein! Ich will einmal in meinem Leben so etwas sehen. Von innen! Also gehen wir rein.“ „Haha, okay! Aber wehe du heulst danach.“ „Ist es so schlimm!?“, fragte ich kleinlaut und bekam doch leicht Angst. „Nein, es ist ganz lustig.“ … „GANZ LUSTIG, JA!?!“, keuchte ich fast atemlos und griff mir ans Herz. Ich hatte mich unzählige male erschrocken, musste schreien und wäre Fabio fast an den Hals gesprungen, als ein Zombie hinter uns auftauchte und uns anschrie. Er guckte mich mitleidig an: „Sorry... Ich dachte ehrlich, du würdest dich nicht so schnell fürchten. Wie kann ich es wieder gut machen? Hey, da vorne gibt’s ganz viel Süßkram. Hast du schonmal Zuckerwatte probiert?“ „Zuckerwatte!? Klingt lecker!“, antwortete ich nun und hatte die ganze Furcht schon wieder vergessen. Hibbelig schaute ich dem Verkäufer dabei zu wie er den Holzstab durch diese Maschine drehte bis ein richtiger Wattebausch daran hing. „Das kann man essen?“, fragte ich fasziniert und Fabio lachte: „Klar, kann man! Du wirst es lieben.“ Neugierig riss ich ein Stück ab und stopfte es in meinen Mund. So süß und so lecker! Wahnsinn! „Das ist total klasse!!! Ich will ganz viel davon!!!“, jubelte ich, während ich mich über den Rest hermachte. Da fiel mein Blick schon wieder auf das nächste Monstrum, das sich vor uns aufbäumte. Aufgeregt zeigte ich mit dem Finger darauf: „Was ist das?! Sieht riesig aus!“ „Das ist... Eine Achterbahn...“ „Wooow! Ist die schnell!“, sagte ich, als ich den Wagen über die Schienen rasen sah. Fabio's sonst so braungebrannte Haut, wirkte plötzlich so blass. „Du willst aber nicht etwa...“ „Warum nicht? Es sieht lustig aus! Bitte!“, bettelte ich und sprang vor ihm hin und her. Ich war so hin und weg, dass ich kaum bemerkte, dass er nur sehr ungern mit mir einstieg. Während wir diese Sicherheitsstangen über unsere Schultern klappten, kribbelte es in meinem ganzen Bauch und ich war nur am jubeln. Fabio hingegen starrte schweigsam geradeaus und hatte dicke Schweißtropfen auf der Stirn. Ich krallte mich an der Halterung fest als es endlich losging. Anfangs ging alles noch recht angenehm und in einem entspannenden Tempo, doch schnell ging es schon nach Oben und ich verstand noch gar nicht, wann die Bahn so schnell werden würde. Stattdessen genoss ich den Ausblick und schrie schockiert auf, als wir abwärts rasten. Auch die anderen Leute in der Bahn schrien. Es ging so schnell, dass ich nur spät merkte, dass wir bereits durch einen Looping gedonnert waren. Je länger die Fahrt ging, desto mehr Spaß machte es. Ich riss die Arme hoch, stieß Jubelschreie aus und liebte das Gefühl im Bauch, wenn es wieder abwärts ging. Viel zu schnell war die Fahrt schon vorüber und ich stieg völlig begeistert und leicht schwankend aus. Es erinnerte mich an das Gefühl vom Fliegen, was etwas Sehnsucht in mir hervorrief. Fabio's Anblick ließ mich diese Sehnsucht allerdings gleich vergessen. Er torkelte stark und sein Gesicht war kreidebleich. Besorgt legte ich meine Hand auf seinen Arm: „Fabio!? Alles in Ordung? Geht es dir gut?“ Er antwortete nicht, sondern gab mir einfach nur ein Handzeichen, während er sich mit der anderen Hand den Bauch hielt. Langsam verließen wir die Achterbahn komplett und als wir neben ein paar Büschen standen, konnte er sich scheinbar nicht mehr weiter zurückhalten und übergab sich erstmal. „Oh, Fabio... Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du die Achterbahn nicht verträgst!? Du machst Sachen... Am besten setzt du dich erstmal auf diese Bank hier und ich organisiere etwas Wasser für dich.“ „Okay...“, antwortete er etwas heißer und putzte sich die Nase. Nachdem er mir seinen Geldbeutel gab, ging ich auf die Suche nach einem Stand, wo es etwas zu Trinken gab. Der Arme... Er wollte sich bestimmt einfach nur nicht blamieren. Ob Adriano auch keine Achterbahnen mochte? Wie es wohl überhaupt mit ihm hier wäre? Für einen kurzen Augenblick erwischte ich mich dabei, wie ich anfing ihn zu vermissen. Seit unserem Treffen am Strand war kaum Zeit vergangen und trotzdem würde ich ihn am liebsten sofort wiedersehen. Doch das war unmöglich. Ich wollte nicht mit Fabio spielen, natürlich mochte ich ihn sehr gerne. Ich hätte gleich absagen sollen um ihm keine Hoffnungen zu machen. Nach wie vor war ich der Meinung, dass es eh unsinnig wäre, wenn ich mir hier einen Freund suchen würde. Ich war zwar auch neugierig, auf die ganzen neuen Gefühle, aber nicht zu diesem Preis. Es würde ein schmerzhafter Abschied werden. Falls wir es überhaupt schaffen würden Chamuel zu besiegen. Langsam kehrte ich mit einem Becher Wasser zurück zu Fabio der etwas besser aussah. „Du hättest wirklich nicht mit mir Achterbahn fahren müssen“, sagte ich leise, während ich ihm den Becher gab. „Danke... Ich wollte nur, dass du Spaß hast.“ „Das hätte ich auch so... Dazu brauche ich keine Achterbahn. Obwohl es ein herrliches Erlebnis war. Diesen Abend werde ich bestimmt nicht vergessen. Danke, dass du das für mich auf dich nimmst.“ Er schenkte mir ein Lächeln als Antwort und trank sein Wasser weiter. „Machen wir als nächstes bitte etwas ungefährliches?“, fragte er resigniert, worauf ich lachen musste. „Ja! Hmm... Wie wäre es mit... Ah! Das Riesenrad. Ich würde gern noch einmal die Stadt von so weit oben sehen. Aber nur, wenn du auch willst. Sei ehrlich!“ „Okay, Riesenrad ist nichts Schlimmes. Gehen wir.“ Ich hoffte, dass es für ihn wirklich okay war, doch bald waren meine Sorgen schon wieder vergessen, denn der Ausblick war grandios! Die vielen bunten Lichter der Stadt ließen alles so friedlich erscheinen. Plötzlich nahm Fabio meine Hand, worauf ich sehr nervös wurde. Doch auch er wirkte ziemlich angespannt: „Juline... Danke, dass du heute mit mir hierher gekommen bist. Der Abend hat echt viel Spaß gemacht... Trotz Achterbahn und so.“ Ich wusste nicht was ich sagen sollte weil ich diese Vorahnung hatte, was er mir als nächstes sagen würde. „Weißt du, ich mag dich echt sehr gerne.“ Mir stockte der Atem... Dass er dies zu mir sagen würde, ahnte ich ja, dennoch traf es mich völlig unvorbereitet. „Fabio... ich...“ „Verstehst du wie ich das meine?“ „Ja, ich denke schon... Aber Fabio...“ „Aber?“, fragte er mit enttäuschten Blicken. „So etwas ist für mich in dieser Situation unmöglich. Es würde uns anfälliger machen und alles nur verschlimmern.“ „Warum verschlimmern? Wir würden das zusammen durchstehen!“ „Ach Fabio... Du bist wirklich süß. Aber es geht nicht. Nicht hier und heute...“ Die restlichen Minuten im Riesenrad zogen sich und waren erfüllt von peinlicher Stille. Es war, als wäre zwischen uns eine Eisschicht entstanden. Ich konnte verstehen, dass er enttäuscht war. Doch für mich war das undenkbar. „Entschuldige, ich wollte dich nicht verletzen. Wirklich! Es tut mir leid... Der Abend war sehr schön und danke für die Dinge, die ich erleben konnte, aber ich glaube ich gehe nun zurück ins Hotel.“ „Soll ich dich nicht fahren?“ „Nein! Nein... Danke. Ich brauche einen freien Kopf.“ „Okay...“, antwortete er mit gesenktem Kopf und guckte mir hinterher nachdem ich ihm einen Kuss auf die Wange gab und davonlief. Der ganze Abend war ein Fehler! Während ich frustriert durch die Straßen rannte, kamen mir die Tränen. Ich fühlte mich so schuldig und undankbar. So schlecht... Ich wollte ihn und seine Gefühle nicht ausnutzen! Als ich zurück ins Hotelzimmer kam, sah ich Melody, die gemütlich auf ihrem Bett lag und in den TV starrte. Sie blickte verwundert zu mir: „Huch, du bist ja schon zurück. War es nicht gut?“ „Doch! Es war super. Aber ich bin müde und... Ach, ich geh noch etwas auf den Balkon. Ich brauche Ruhe.“ „Äh... Okay“, antwortete sie verdutzt und interessierte sich dann wieder mehr für den TV. Eigentlich war ich ganz froh darüber. Ich wollte nicht über den Abend und das Geschehene ausgefragt werden. Und natürlich wusste ich, dass sie es nicht erwarten konnte alles zu erfahren. Trotzdem wollte ich Ruhe. Wieso musste ich mir selbst alles so kaputt machen? Ich kann doch schon kaum Adriano ohne Gewissensbisse ins Gesicht schauen... Jetzt noch Fabio! Und die Beiden waren auch noch Brüder. Ich wollte keinen Keil zwischen sie treiben. Seufzend blickte ich zum Strand und zum Meereshorizont. Gefühle waren kompliziert... Und wieder bemerkte ich, wie ich mich danach sehnte Adriano wiederzusehen. Plötzlich erschien ein helles Licht in Form einer Kugel im Himmel und schwebte langsam zu mir. Fragend breitete ich die Hände aus, worin sie landete. „Nanu? Was bist du denn?“ Im selben Augenblick wurde alles schwarz um mich herum und ich stand vor einer Frau, die Licht ausstrahlte. Sie hatte hellbraune Haare und rosa Strähnen. Ihre Augen schimmerten in einem hellen Türkis. „Wer bist du?“, fragte ich neugierig. Offensichtlich ging von dieser Lichtkugel eine seltsame Macht aus. „Du musst mir helfen!“, keuchte sie schwach. „Die ganze Welt... Sie ist in Gefahr. Du... Du musst dieses Monster aufhalten. Das Gleichgewicht ist am Zerbrechen und... wenn es komplett zerstört ist, wird die Welt ebenso zerbrechen.“ „Was!? Redest du von Chamuel?“ „Juline, du kannst es schaffen... Hilf mir!“ Dann stand ich wieder auf dem Balkon und hielt diese rosa Kugel in der Hand. Sie leuchtete nun nicht mehr. „Was war das!?“, fragte Melody entsetzt, als sie zu mir gerannt kam. „Ich weiß es nicht... Ich hatte eine Art Vision. Diese Kugel gehört zum Himmelsreich...“ „Meinst du das ist der Schlüssel zum Sieg über dieses Scheusal!?“ „Vielleicht... Wenn ich nur noch mehr darüber herausfinden könnte. Leider weiß ich so gut wie nichts über die Engel und ihre Welt...“ „Die Hinweise kommen von selbst, haha. Wenn du noch weitere vier Wochen abwartest, passiert vielleicht endlich etwas.“ „Na klasse. Dann ist es bestimmt zu spät.“ Melody ging wieder ins Zimmer und ich setzte mich mit der Kugel in den Händen an den Balkontisch und grübelte... ~ Kapitel 11 ~ Nur ein Spiel ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 12: Die Erweckung - Part 1 ---------------------------------- Kapitel 12 ~ Die Erweckung - Part 1 ~ Adriano Coldfire ~ Nachdem ich den halben Nachmittag damit verbracht hatte mich mit Caro zu streiten, war es mir genug und ich setzte mich mal wieder an den Strand um nachzudenken. Wir hatten uns doch eigentlich geeinigt uns endlich zusammenzureißen und nicht mehr zu streiten. Doch alles an ihr nervte mich nur noch und sie wollte mich immernoch so hinbiegen, wie es ihr passen würde. Doch für sie würde ich mich nicht verändern. Vor vier Jahren war alles noch so anders... Ich guckte in den Himmel und sehnte mich zurück nach der Zeit von damals. Da war meine Freundin noch richtig niedlich und sehr natürlich. Ich erinnerte mich wie sie sich stundenlang über diese Luxus-Designergören aufregte. Diese verwöhnten Kids mit ihren teuren Klamotten und Make-Up bis zum Umfallen. Damals mit 14 war sie ein ganz normales Mädchen. Wir kannten uns schon von unserer Familie her, doch an diesem Mittag begegneten wir uns zum ersten mal alleine. Sie hatte ganz verheulte Augen und ich fragte sie, was passiert war. Sie bekam kaum ein Wort heraus und antwortete ganz heißer und kleinlaut, dass sie ihren Schlüssel verloren hatte. Ihre Eltern würden sie übel ausschimpfen. Also half ich ihr den ganzen Mittag ihren Schlüssel zu finden. In der Zeit hatten wir viel gelacht und über die Leute gelästert, die uns beiden auf die Nerven gingen. Sie fragte mich danach ob wir uns bald wieder treffen könnten. Das taten wir und schon einige Wochen später küssten wir uns zum ersten mal. Es war fast als wären wir Seelenverwandte und in fast jeder Situation waren wir im Grunde einer Meinung. Aus Spaß beschlossen wir den Anderen nichts davon zu erzählen und lachten gemeinsam darüber weil sie nichts von unsrer Beziehung merkten. Wir saßen viele Stunden und Abende zusammen am Strand und planten unsere gemeinsame Zukunft. Zu dieser Zeit hielten wir unsere Beziehung für perfekt und nichts sollte sich jemals ändern. Allein beim Gedanken an sie wurde mir damals warm ums Herz und ich vermisste sie schon wenn wir eine Stunde nichts voneinander hörten. Vor knapp 1 ½ Jahren fing sie sich dann an zu verändern. Erst hatte ich nichts dagegen. Jeder veränderte sich irgendwann. Vor allem in der Pubertät. Dass junge Mädchen sich im Laufe der Zeit eher für Klamotten und Kosmetik interessieren war auch mir bekannt. Doch sie kam immer öfter übertrieben geschminkt zur Schule, trug plötzlich diese Designerklamotten, die sie vorher immer so verachtet hatte. Irgendwann fing sie dann damit an ich solle mich auch anständiger anziehen, obwohl sie sich vorher nie an meinem Stil gestört hatte. Meine Frisur gefiel ihr dann auch nicht mehr. Zu ausgefallen, sagte sie. Doch anstatt mich ihrem Stil anzupassen fragte ich meine Mutter, ob ich mir drei Piercings ins Ohr machen dürfte. Caro bekam einen Anfall als sie das sah. Früher hätte sie das vielleicht noch cool gefunden, aber ich durfte mir stundenlang einen Vortrag darüber anhören, dass ich wie ein Punk aussehen würde. Zunehmend kam dann die Eifersucht auf andere Mädchen, mit denen ich mich gut verstand. Ich wollte nie was von ihnen, aber Caro interpretierte es immer gleich so. Es machte mich traurig was aus unsrer Beziehung geworden war. Nachdenklich blickte ich wieder aufs Meer, wo Juline und ich uns fast geküsst hätten. Ich hätte mich nicht darauf einlassen dürfen. Einen Moment lang war ich schwach, dabei wollte ich nicht, dass es mehr zwischen uns werden würde. Fabio hatte sich endlich eine Freundin verdient. Er hatte mir heute Mittag erzählt, dass er mit ihr auf den Jahrmarkt gehen würde. Einerseits wünschte ich ihm viel Glück... Doch innerlich... Es fühlte sich schrecklich an. Es war als würde mein Bauchgefühl mir sagen wollen, dass ich mit ihr dort sein sollte und nicht er. Aber mein Kopf befahl mir tapfer zu sein, denn er hatte es sich wirklich verdient. Plötzlich zog es mir wieder mit einem heftigen Pochen durch den Kopf. Da es unerwartet kam, zuckte ich zusammen. Die Schmerzen kamen also wieder zurück... Doch diesmal fühlten sie sich schlimmer an als vorher. Ich beschloss erstmal nach Hause zu gehen. Doch ich hatte den Strand noch nichtmal verlassen, als es wieder anfing und derartig schmerzte, dass mir schwarz vor Augen wurde und ich nur noch spürte, wie ich in den Sand fiel. Es war als würde ich im Nichts stehen... Doch vor mir erschien auf einmal eine Frau. Ich sah sie nur verschwommen und nicht in Farbe, als sei es eine uralte Erinnerung, die ich gar nicht kannte. „Geh nicht weg... Was soll ich dann noch hier?“, hörte ich mich selbst sprechen, obwohl ich gar nichts sagte. Es verwirrte mich... Diese Stimme klang wie meine... Aber ich hatte doch nichts gesagt! Die Frau guckte mich traurig und schmerzerfüllt an: „Ich habe dich immer geliebt... Schade, dass du das nie gemerkt hast. Aber ich diene Gott und nun ist es zu spät. Anders als dir kann er mir nicht egal sein. Ich habe eine wichtige Aufgabe zu erledigen. Es tut mir leid... Ich wünschte es wäre für uns Engel einfacher. Aber die Liebe ist uns nunmal verboten. Ich werde dich dennoch immer lieben...“, sagte sie leise, doch ihre Stimme hallte regelrecht durch meinen Kopf. Wer war sie?! Und warum ließ ihr Anblick und ihr Lächeln mein Herz schneller schlagen? Ich hatte diese Szene nie erlebt, dennoch fühlte sie sich so an. Warum? Ich war so verwirrt. „Hey! Aufstehen, kleine Schlafmütze!“, sagte eine helle und fröhliche Stimme, als ich wieder die Augen öffnete und offensichtlich wieder am Strand war. Ich blickte hinauf und sah dieses Mädchen über meinem Kopf. Sie kicherte und lächelte mich an. Es war dieses Lächeln... Ich hatte es doch eben noch gesehen... „Wer... Wer bist du?“ „Erinnerst du mich nicht an mich? Hihi.“ „Ich habe dich noch nie gesehen.“ Sie richtete sich wieder auf und steckte sich ihre blonden Haare hinters Ohr. Sie erinnerte mich etwas an Jade mit ihren violetten Haarsträhnen. Ihre Augen schimmerten ebenso violett im Mondlicht. „Du erinnerst dich nicht? Schade... Vielleicht aber bald. Ich habe lange nach dir gesucht. Bis bald!“ Kichernd verschwand sie in der Nacht und ich war zu schwach sie zu verfolgen. Alleine nach Hause zu kommen war schwierig. Meine Beine zitterten und alle paar Meter musste ich stehen bleiben. Ich verstand die Welt nicht mehr und meine Kopfschmerzen waren immernoch da. Als ich nach Hause kam, war Fabio schon da, doch ich ließ mich recht abwesend auf mein Bett fallen und starrte zur Decke. Wer... oder was bin ich eigentlich? Ich hatte Erinnerungen, die ich selbst nicht haben konnte... „Adriano?“, fragte Fabio leise und riss mich aus meinen Gedanken. „Oh... Hi Fabs.“ „Was ist los? Du wirkst so... abwesend!?“ „Nichts, ich war im Gedanken. Wie war dein Abend?“ „Ach... Eigentlich ganz lustig. Aber sie hat mir klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass sie keinen Freund will.“ „Das tun die Weiber immer... Lass ihr Zeit und gib nicht auf“, antwortete ich spontan, was mir selbst wieder weh tat. Fabio's Augen strahlten: „Meinst du? So hab ich das ja noch gar nicht betrachtet! Okay, dann lasse ich ihr noch etwas Zeit. Danke, Adde! Du bist genial!“ „Ich weiß...“, sagte ich und versuchte dabei lässig zu wirken, obwohl mein Schädel wieder wie verrückt hämmerte. Ich wusste, dass kein Schmerzmittel helfen würde... Aber ich wollte Juline auch nicht fragen ob sie mir helfen würde... Nicht schon wieder. Eine Woche später trafen wir uns alle morgens um zusammen zur Schule zu laufen. Meine Schmerzen hatten mich diese Woche viele Stunden Schlaf gekostet aber zum Glück war es Juline offensichtlich nicht aufgefallen. Die Clique hatte diese Woche auch nicht sehr viel unternommen, somit hatten wir uns nur selten gesehen. „Kann mir einer verraten wo Jo schon wieder ist?“, fragte Chris, als er durch die Runde guckte. „Stimmt, er ist gar nicht da!“, sagte nun auch Jade. Caro verschränkte die Arme und streckte die Nase in die Luft: „Na und? Dann soll er halt bleiben wo der Pfeffer wächst.“ „Caro, wir sind alle Freunde. Wir sollten füreinander da sein. Und obwohl Jo ein Idiot ist, ist er trotzdem unser Freund!“ „Fabio hat Recht... Wir sollten für ihn da sein. Der hat sicher irgendwelche Probleme“, erklärte ich und Caro guckte mich schnippisch an. „Wo könnte er denn sein?“, fragte Jade und ich überlegte, bis ich plötzlich einen Einfall bekam: „Der hockt morgens immer im Park rum und raucht heimlich. Zu Hause darf er doch gar nicht.“ „Ich verstehe Jenn nicht. Die raucht doch selber“, beschwerte sich Jade und wir liefen allesamt zum Park, wo Jo tatsächlich auf der Rücklehne einer Parkbank saß und rauchte. Er sah nicht besonders zufrieden aus, was man von ihm gar nicht kannte. Als er uns bemerkte guckte er überrascht. „Alter, wolltest du nicht mit uns in die Schule laufen?“, fragte Chris mit verschränkten Armen und Jo senkte den Kopf: „Ist doch sowieso egal was aus mir wird. Ich wurde zu Hause rausgeworfen...“ „Warum?“, fragte ich und hockte mich neben ihn. „Weil Ashley mich verpetzt hat... Diese dumme Zicke!“ „Ashley? Deine kleine Schwester?“ „Ja, Jade, genau die. Die hat meinen Eltern alles erzählt. Die vielen Partys, die Mädels, das Rauchen und dass ich mal wieder nicht in der Schule war. Meine Ma hat die Schnauze voll von mir.“ „Ach was! Deine Ma liebt dich doch trotzdem. Und ich denke, heute Mittag nach der Schule, darfst du auch wieder nach Hause kommen“, sagte Fabio optimistisch. „Genau, Alter. Du musst einfach mal regelmäßig zur Schule gehen und ihr zeigen, dass du nicht nur Mist im Kopf hast, hahah!“, erklärte nun auch Chris und schlug ihm auf die Schulter. „Können wir jetzt endlich gehen? Zeitverschwendung sowas...“ „Caro! Du bist unmöglich!“, meckerte ich sie an. Fabio packte ihn am Arm und zog ihn von der Bank weg: „So, komm. Wir gehen jetzt in die Schule und nachher gehen wir mit dir nach Hause und bestechen Tante Jenn, hahaha!“ Mein Kopf schmerzte wieder heftig und ich fragte mich, ob ich diesen Tag in der Schule überhaupt überstehen würde. Ich konnte mich bei den Schmerzen kaum konzentrieren... „Leute, ich geh noch kurz zum Kiosk, Zigaretten kaufen. Geht schonmal vor, okay?“, rief ich ihnen hinterher. „Aber pass auf dich auf, Brüderchen!“, antwortete Jade und lächelte. Während sie weiter gingen, lief ich in die andere Richtung zum Kiosk, wo ich mir eine Schachtel Kippen kaufte. Dort standen plötzlich drei groß gewachsene und muskelbepackte Typen, die ich aus der Schule kannte. Nun... Ich hatte ein blödes Erlebnis mit ihnen. Im Schulsport hatte ihr Kumpel mir nen Volleyball auf die Nase geschlagen, woraufhin ich auf ihn losgegangen war. Sie sagten mir ja, dass sie sich an mir rächen würden. Nun war der Zeitpunkt wohl gekommen. „Na, Kleiner? Schön, dass man sich an diesem herrlichen Morgen wieder sieht.“ „Wollt ihr auch eins auf die Fresse?“, fragte ich kühl und gelassen, wobei es mir wieder durch den Kopf hämmerte. Ich konnte meine Augen kaum offen halten vor Schmerzen. „Du reißt dein Maul ganz schön weit auf, dafür dass du alleine bist. Haha! Los Leute, schnappen wir ihn uns!“ Eigentlich waren solche Typen kaum ein Problem für mich, doch diese Schmerzen lenkten mich derartig ab, dass zwei von diesen Kerlen mich an meinen Armen packten. So fest, dass ich mich nicht losreißen konnte. Ich wäre auch viel zu schwach dafür gewesen. Meine Kräfte dürfte ich ebenso nicht gegen Menschen einsetzen. Der Dritte stellte sich triumphierend vor mich und lachte, während er sich die Hände rieb: „Sieht nicht gut aus für dich, Schätzchen.“ Als Antwort trat ich nach ihm, bekam dann aber gleich zwei Fausthiebe ins Gesicht. Ich verfluchte diese verdammten Kopfschmerzen, die mich derartig verletzlich machten. Einige weitere Schläge donnerten in mein Gesicht, bis es sich nach und nach taub anfühlte. Wieder wurde mir schwindelig und ich merkte, wie ich immer mehr um Kontrolle ringen musste. Ich konnte kaum noch zögern meine Kräfte zu nutzen, nun wo ich schon alles verschwommen sah. Als ich kurz auf den Boden guckte merkte ich, wie Blut von meinem Gesicht zu Boden tropfte. Mir wurde schlecht... Ich konnte den Anblick von Blut noch nie ertragen. „EY!“, rief eine laute Stimme aus der Entfernung. Ich erkannte sie gerade nicht, da ich damit kämpfte bei Bewusstsein zu bleiben. Irgendjemand kam zu uns und schlug die Typen von mir weg. Während ich torkelte hörte ich sie nur kurz schreien und dann davonlaufen. „Das war nicht das letzte mal, Coldfire!“, riefen sie mir noch zu, ehe ich den Halt auf meinen Beinen verlor und mich auf den Betonboden setzte. Plötzlich spürte ich zwei Hände auf meinen Schultern und blickte angestrengt nach oben, wo ich Dad's entsetztes Gesicht sah. „Wer waren die!? Und warum sind die auf dich losgegangen... Du siehst ja furchtbar aus!“ „Geh weg...“, keuchte ich und hustete. Alles in meinem Gesicht schmerzte und brannte. „Nein, ich werde dich garantiert nicht in dem Zustand hier alleine lassen. Wie die feigen Schweine sind sie davongerannt... Drecksäcke! Also? Wer waren die?“ „Aus der Schule...“, antwortete ich leise und knapp. Er fragte erst gar nicht sondern zog mich nach oben und stützte mich bis wir beim Auto ankamen und er mich auf den Beifahrersitz zerrte. „Wir fahren nach Hause... Du bist überall Blutverschmiert und kannst kaum laufen. Einen Arzt rufen wir auch besser.“ „Nein... Das geht schon!“ Mir war so schlecht, dass ich ihm beinah das Auto vollgekotzt hätte. Zu Hause schleifte er mich in die Küche, wo ich mich auf einen der Stühle setzte und seufzte. Ich wollte seine Gesellschaft nicht... Doch er interessierte sich gar nicht für meine Meinung und tupfte mir das Gesicht mit einem kalten Tuch sauber. „Ich sorge dafür, dass diese Typen von der Schule fliegen. So ne Scheiße zieht niemand mit meinen Kindern ab“, grummelte Dad, während ich die Augen zusammenkniff, weil das Desinfektionsmittel so sehr brannte. „Warum hältst du dich nicht einfach aus meinen Sachen raus...“ „Das geht nicht. Und es ist mir egal, was du davon hältst. Ich werde immer für euch da sein, wenn irgendwas ist. Für jeden von euch, auch für dich. Und wenn irgendwelche Typen dich verschlagen, dann sollen sie lernen, dass man sich mit uns nicht anlegt.“ „Aber du warst so lange nicht für uns da...“ „Ich erkläre es dir ein letztes mal“, sagte er und setzte sich auf den Stuhl neben mir. „Damals, als wir euch bekamen waren wir gerade mal vierzehn Jahre alt. Viel zu jung und überfordert... Wir waren zwei richtige Scheißkinder, wenn ich das mal so ausdrücken darf. Vor allem ich. Vier Jahre haben wir auf den Kosten meiner Familie gelebt und fanden dann beide, dass es an der Zeit war selbst etwas zu tun. Ich war achtzehn, so wie du jetzt. Aber im Gegensatz zu meinen Geschwistern habe ich keinen guten Schulabschluss und keine Ausbildung. Ich bin nicht einfach davongelaufen, als ich damals zum Militär bin. Ich habe auch niemanden gerne umgebracht. Es war eine Entscheidung, die deine Mutter und ich zusammen getroffen hatten. Es war okay für sie. Manchmal muss man harte Zeiten durchleben um danach dankbar für das zu sein, was man hat. Früher wollte ich kein Vater sein... Und drei Babys sind scheiß nervig gewesen. Aber als ich zurück kam war ich froh euch alle wiederzuhaben.“ „Na toll... Und dann komm ich und mach dir alles kaputt.“ „Nein... Das war der Preis den ich zahlen musste. Ich hatte mir schon fast gedacht, dass ihr mich hassen würdet. Aber Jade und Fabio hatten mich überrascht. Sie waren froh mich wiederzusehen. Warum kannst du mir nicht verzeihen? Wenn die Beiden mir verzeihen konnten... Warum du nicht?“ Jetzt auch noch darüber nachzudenken überforderte mich etwas. Ich starrte ihn lange an, während sich meine Umgebung noch immer leicht drehte. Warum konnte ich ihm nicht verzeihen? Ich machte es uns selbst so schwer und er hatte mir schon dutzende male erklärt, warum er das tat. Für uns... Nur damit es uns gut geht hat er sein Leben und unsere Liebe riskiert. Ich würde das auch tun... Außerdem sehnte ich mich nach dieser Vaterliebe, die ich bisher immer abgelehnt hatte. Langsam kamen mir die Tränen. „Die ganzen fiesen Sachen, die ich zu dir sagte, tun mir leid... Ich verzeihe dir, dass du so lange weg warst, Dad“, sagte ich leise. Doch ehe er darauf reagieren konnte stand ich auf und torkelte davon. „Wir reden darüber nochmal, wenn es mir besser geht“, sagte ich noch bevor ich mich die Treppe hinauf kämpfte und mich im Bad vor den Spiegel stellte. Hätte ich mich doch besser nicht angeguckt! Zwei blaue Augen, Kratzer, Schrammen und eine offene Lippe... Verfluchte Kopfschmerzen! Das würden sie zurück bekommen, sobald ich wieder fit genug wäre. Inzwischen war ich todmüde und legte mich ins Bett, wo ich trotz Schmerzen sofort einschlief. Erst als mein Handy klingelte wurde ich wieder wach. Es fühlte sich an, als hätte ich am Abend zuvor viel zu viel Alkohol getrunken. Wie ein richtiger Kater eben. Als ich ans Handy ging hatte ich die Werkstatt dran, in der mein Motorrad repariert wurde. Sie sagten mir, dass es wieder in Ordnung sei und ich es abholen kommen könnte. Na endlich! Zumindest hoffte ich, dass mein Kopf das Fahren überhaupt zulassen würde. Beim Aufstehen zog es mir wieder von den Schläfen bis in die Stirn, doch ich zog mir trotzdem was Frisches an und ging los. Die Leute warfen mir natürlich alle möglichen bescheuerten Blicke zu. Noch nie jemanden gesehen, dem die Fresse verschlagen wurde!? Als ich weiter an den kleinen verwinkelten Seitengassen vorbei lief, hörte ich auf einmal ein ziemlich lautes „Pssst!“, auf das ich erst gar nicht reagierte, dann aber doch gucken ging. Tatsächlich stand da Juline, die mich erst anlächelte, aber offensichtlich gleich bemerkte, wie ich aussah. Mit besorgten Blicken stellte sie sich vor mich und legte ihre Hände auf meine Wangen um meine Verletzungen genauer zu betrachten. „Was ist passiert!? Das sieht ja schrecklich aus!“ „Ich bin heute morgen drei ungemütlichen Typen begegnet“, antwortete ich und schnaufte. Ich hatte keine Lust auf diese Erklärungen... „Wie konnten drei gewöhnliche Menschen dich so zurichten? Konntest du ihnen nicht ausweichen? Zurückschlagen?“ „Es ist eben dumm gelaufen... Was willst du von mir?“, fragte ich nun in einem leicht wütenden und abweisenden Ton. Am besten wäre es, wenn ich sie ganz schnell wieder loswerden würde... Aber... Ich freute mich zu sehr sie wiederzusehen. „Gut, dann frag ich nicht weiter... Du siehst trotzdem ziemlich schlecht aus. Ist Caro in der Nähe!?“ „Caro? Nein... Die ist noch... äh... Fuck! Die Schule!“ Dass ich eigentlich Schule hatte, hatte ich völlig vergessen. Andererseits konnte ich ruhig auch mal schwänzen. Mir ging es sowieso schlecht. Und die Anderen würden bis heute Nachmittag dort sitzen. „Jedenfalls... Caro ist in der Schule, ja.“ „Okay! Ich wollte ihr nämlich nur ungern begegnen. Was machst du so?“ „Ach, ich bin grade auf dem Weg mein Motorrad abzuholen.“ „Dein Motorrad?“, entgegnete sie mit riesigen leuchtenden Augen. „Darf ich mitkommen? Bitte, bitte!“ „Hehe... Ja, warum nicht.“ „Weißt du, Autofahren war ja schon richtig cool, aber Motorrad ist viel cooler! Ich würde gern mal mit einem fahren.“ „Ah, ich weiß worauf du hinaus willst. Ich weiß nicht ob das heute so gut ist.“ „Wegen deinen Verletzungen und so?“ Ich überlegte kurz was ich ihr antworten sollte. Die Verletzungen waren nur halb so schlimm. Aber die Kopfschmerzen. Ich hatte schon meine Bedenken, dass ich unterwegs die Kontrolle verlieren würde und vielleicht einen Unfall baue. Dann noch mit ihr hinten drauf...? Andererseits war sie ja immerhin ein Engel und ihr würde bestimmt nichts passieren. „Ist okay. Wir gehen es jetzt abholen und fahren dann eine Runde durch die Stadt, ja?“ „Jaaaa!“, rief sie laut und sprang jubelnd neben mir her. Die meiste Zeit des Weges schwärmte sie vom Achterbahnfahren und wie es auf einem Motorrad wohl so sei. Ich hingegen verbrachte meine Zeit damit hauptsächlich nochmal darüber nachzudenken, ob das wirklich okay wäre in meinem Zustand zu fahren. Vorhin konnte ich kaum einen Schritt vor den anderen setzen. Aber vorhin ging es mir auch etwas schlechter als jetzt. Als ich mein Motorrad zurück bekommen hatte und wir damit in der Werkstatteinfahrt standen, wurde es von Juline begutachtet. Ihre Augen kamen aus dem Leuchten gar nicht mehr raus. Völlig verzaubert hüpfte sie darum und klatschte in die Hände. „Soo groß! Wahnsinn!!! Wo fahren wir hin? Wo? Ich will überall hin! Und ganz schnell fahren! Oh Adriano, mach mich glücklich!!!“, forderte sie und packte mich verzweifelt am Kragen. „Was hast du genommen?“, fragte ich verwirrt, als sie mich endlich wieder losließ. Es machte mir Angst, wenn sie mir so nahe kam. Das letzte mal, als sie mir näher kam, hätten wir uns fast geküsst. Auch jetzt wollte ich am liebsten mit ihr zu irgendeiner ruhigen Stelle fahren und sie dort stundenlang im Arm halten und küssen. Ihre Aufmerksamkeit fiel auf ein Plakat, das neben dem Garagentor klebte. Neugierig ging sie gleich dort hin und ich folgte ihr. „Weihnachtsmarkt im Europäischen Stil? Was ist das?“, fragte sie verwundert aber entzückt. „Naja, in zwei Wochen ist Weihnachten. In Europa gibt es haufenweise dieser Märkte, wo es ganz lustige Sachen zu kaufen gibt... Es gibt dann auch Musik, leckeres Essen und die haben dort auch noch Schnee.“ „SCHNEE!!? Ich will auch, menno!“ Ich las das Plakat weiter und musste lachen: „Die haben doch tatsächlich eine Schneemaschine da.“ „Wie!?“ „Naja, hier gibt es eigentlich nie Schnee. Also produzieren manche Anbieter ihn selbst mit Maschinen.“ „Also wird es dort Schnee geben?“ „Sieht so aus.“ „Ohhh!!! Adriano, lass uns dort hin fahren!!!“ Wieder hatte sie die Hände gefaltet und bedrängte mich mit ihren leuchtenden Augen. Ich wurde nervös... Wie sollte ich ihre Bitte abschlagen? „Na gut... Wenn es dich glücklich macht. Du wolltest ja immerhin alles kennenlernen.“ „Genau! Schnee ist wichtig für meine Erfahrungen, haha! Juhuu! Gleich geht’s los! Fahren wir dann?“ Ich versuchte die Schmerzen wieder zu verdrängen, als ich mich auf mein Motorrad setzte und zu ihr guckte. Sie sah verwirrt aus. „Na komm, du musst dich auch hinter mich setzen, du Nuss!“ Unsicher setzte sie sich dann gleich hinter mich und legte ihre Arme um meine Taille. Sie hätte sich ewig so an mir festhalten können. Ich genoss dieses Gefühl so sehr. Während der Fahrt hörte ich sie laut hinter mir jubeln. Irgendwann hielt sie sich sogar nur mit einem Arm fest und streckte eine Hand in die Luft. Da wir in dem Moment aber gerade um eine Kurve fuhren, wurde sie unsicher und klammerte sich gleich wieder hektisch an mir fest. Ich musste lachen. Bis zu diesem Weihnachtsmarkt, der etwas abgelegener war, fuhren wir ein ganzes Stück und auf einem Parkplatz stellte ich mein Motorrad ab. „Warum willst du nicht mit Fabio hierher gehen?“, fragte ich bevor wir rein gingen. Natürlich freute ich mich über ihre Gegenwart, aber es war nicht gut, wenn wir etwas zusammen machten. „Ich glaube nicht, dass er sich nochmal mit mir treffen mag. Dafür war ihm das Ende im Jahrmarkt viel zu unangenehm.“ „Davon hatte er mir erzählt. Glaub mir, er wird es verkraften.“ „Gut... Jetzt bin ich aber mit dir hier! Und ich mag es genießen, hihi!“, antwortete sie um von Fabio abzulenken und klammerte sich an meinen Arm. An der Grenze zum Eingang lag schon Schnee und sie stürmte gleich darauf zu. Ohne zögern stopfte sie ihre Hand hinein und nahm sich eine Kugel voll hoch. „Wow!!! Es ist sooo kalt! Aua!“ „Ja, ohne Handschuhe ist es für die Hände kalt und schmerzhaft.“ Der ganze Schnee war so kalt, dass ich etwas anfing zu frieren. Wir hatten immerhin nur Sommerklamotten an uns. Juline spielte trotz Schmerzen in den Händen weiterhin mit dem Schnee und war begeistert. „Ich würde darin baden! Es ist herrlich!“ Heimlich nahm ich eine Kugel Schnee und warf sie ihr an den Hinterkopf weshalb sie sich überrascht zu mir drehte: „Hast du mich beworfen!?“ „Haha!“ „Na warte!“ Der ersten Kugel wich ich aus, die Nächste bekam ich auf die Nase, die noch von heute morgen schmerzte. Sofort kam sie zu mir gerannt und entschuldigte sich bei mir. „Hier ist es schön! Überall sind geschmückte Tannenbäume! Die ganzen Lichter, woow!“ „Warte ab bis es dunkel wird. Dann ist es cool!“ Juline stürmte von einem Stand zum Nächsten. Sie bewunderte die vielen bunten Figuren, Kerzen und den Schmuck, der dort ausgelegt war. Besonders ein silbernes Armkettchen mit einem rosa Stein hatte es ihr angetan. Sie konnte es kaum aus der Hand legen. „Es ist so hübsch! Verdammt, ich brauche endlich eigenes Geld! Immer kaufen mir die Andern das was mir gefällt.“ „Ist doch kein Problem... Es ist ein Geschenk von mir, okay?“ Nachdem ich es kaufte schloss ich es ihr ums Handgelenk und freute mich über ihr begeistertes Lächeln. Wieder trafen sich unsere Blicke für einen Moment... Doch dann guckten wir beide verlegen zur Seite und liefen weiter zu einem Waffelstand. „Hier riiiiecht es total lecker!“, schwärmte Juline. Auch mir lief das Wasser im Mund zusammen. Ich hatte heute immerhin auch noch nichts gegessen. Also blieben wir erstmal stehen um Waffeln zu essen. Danach blieben wir bei einem Stand mit Keksen hängen und danach fanden wir einen Asiaten, der Glückskekse anbot. Neugierig brach Juline ihren Keks auseinander und guckte verwirrt: „Die erotische Ausstrahlung Ihres Partners bringt Ihr Blut in Wallung.“ Lange starrte sie mich an und bekam einen knallroten Kopf... Dann riss sie mir hektisch mein Keks aus der Hand und schob ihren Zettel einfach zu mir nur um dann so zu tun, als sei nie etwas gewesen. Ich beobachtete sie, wie sie den zweiten Keks auseinanderbrach und den Kopf senkte: „Das darf nicht wahr sein... Heiße Nächte werden Sie erwarten. Ihr Partner ist ein Sexgott.“ Ich konnte nicht anders als sie auszulachen. Ich musste so lange lachen, bis sie wütend auf meine Schulter einhämmerte und mich anmeckerte. Trotzdem konnte ich nicht aufhören. Nachdem sie sich von dem Schock erholt hatte, gingen wir weiter zu einem Stand, an dem es Glühwein gab. Ich selbst musste ja noch nach Hause fahren, aber ich kaufte ihr einen, damit sie ihn mal probieren konnte. „Das Zeug schmeckt sowas von lecker!!! Und... und ich fühle mich soo betrunken! Ich will mehr!“ „Wenn du nach einer Tasse schon betrunken bist, lässt du das besser!“ „Aber warum? Bitte, dann aber zumindest noch eine! Nur eine, jaaa?“ Ihr Betteln drängte mich natürlich dazu ihr eine zweite Tasse zu bringen. Nach drei ließ ich mich aber dann nicht mehr weich klopfen. Inzwischen war es auch schon dunkel und Juline war nur noch am Lachen, während sie schwankend an meinem Arm hing. Ich glaube, langsam sollte ich sie zurück ins Hotel bringen und mich selbst endlich hinlegen. Der Abend wäre schöner gewesen ohne diese lästigen Schmerzen! Ich hätte sie vor ein paar Stunden noch bitten können mir zu helfen... Aber nun, wo sie derartig betrunken war, wollte ich das nicht mehr von ihr verlangen. Mit Mühe schleppte ich sie zum Motorrad und hielt sie fest. „Man, du kriegst echt keinen Glühwein mehr! Ich hoffe, dass du dich zumindest gescheit an mir festhalten kannst.“ „Hahaha! Keine Sorge! Mir geht’s gleich... besser. Danke, dass du mir diesen Abend geschenkt hast... und die vielen Lichter, das gute Essen und mein Armkettchen! Ohh, mein Schädel... Ich bin ja sowas von... dicht... Ich mag dich so“, lallte sie, stellte sich auf die Fußspitzen und küsste mich diesmal direkt. Okay... Sie ist besoffen!!! Das hat nichts zu bedeuten... Am besten wäre es, wenn ich sie einfach von mir schubsen würde... Aber... Es fühlte sich zu gut an und ich konnte sie nicht loslassen. Stattdessen küssten wir uns leidenschaftlicher und schneller, bis mir wieder klar wurde, dass ich den Vollrausch dieses Mädchens völlig missbrauchte. Noch einmal küsste ich sie und schob sie dann von mir weg. Nun war ich völlig verwirrt und sie lachte immernoch. „Komm, es wird Zeit, dass wir dich nach Hause bringen. Du bist ja absolut dicht!“ „Waaa? Deine... Hahahaha! Deine erotischeeee... Uastrahlung bringt mein bluuuut in.. hahaha!!! Wallung!? Du verdammter... hahahah... Sexgott! Haaaahaahaa!“ „Ja, komm... Wir gehen jetzt! Oh mein Gott! Halt dich bloß fest!“ Ich stieg zuerst auf und guckte, dass sie ohne hinzufallen hinter mich kam. Lachend fummelte sie mir am Oberkörper herum: „Ich haaalt mich fessst an deinem... hahaha! An deinem geilen Körper! Wuhuuu! Fahr, Schatz! Fahr!!!“ ~ Kapitel 12 ~ Die Erweckung – Part 1 ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 13: Die Erweckung - Part 2 ---------------------------------- Kapitel 13 - Die Erweckung – Part 2 ~ Juline Coldfire ~ Meine Wangen fühlten sich heiß an und mein Magen so, als müsste ich mich gleich übergeben. Mein Kopf schmerzte, aber die frische Luft half zumindest wieder etwas klarer zu werden. Was war geschehen, fragte ich mich als ich hinter Adriano auf dem Motorrad saß und verzweifelt am Überlegen war. Ich hatte viel getrunken... Zu viel Glühwein, das wusste ich noch. Aber an die letzte viertel Stunde hatte ich keinerlei Erinnerungen mehr. Nur langsam ließ dieses seltsame Schwindelgefühl nach. Am liebsten hätte ich mich nun einfach in mein Bett gelegt und die nächsten fünf Tage durchgeschlafen! Ich schloss meine schweren Augen und legte meine Arme fester um Adriano's Bauch, während ich meinen Kopf an seinen Rücken schmiegte. Allerdings fühlte ich mich dabei noch seltsamer... Am liebsten hätte ich nie mehr losgelassen. Ich wusste, dass ich dabei war in mein Unglück zu stürmen. Eigentlich sollte ich mich beherrschen und auf keinen Fall in einen Menschen verlieben. Auch wenn dieser Mensch ein Assistant war. Für den Moment wollte ich jedoch einmal nicht daran denken mich zusammenzureißen. Es gab in diesem Augenblick keine Caro, keinen Fabio, keine Engel und keine Dämonen. Ich wollte all das nur noch ausblenden und die Probleme vergessen. Stattdessen wollte ich nur die Wärme an meiner Wange spüren und das Gefühl genießen ihm nahe zu sein. Die Probleme ließen sich aber nicht lange verdrängen. Schnell wurde mir bewusst, dass alles sehr wohl geschehen war und Engel und die Gesetze eben doch existieren. Genauso wie Caro und Fabio existierten... Es fühlte sich so schmerzhaft an. Obwohl ich meine Arme fest um seinen Bauch hatte, wirkte es als sei er unendlich weit von mir entfernt und unerreichbar. Ich spürte wie sich meine Kehle langsam immer mehr zuschnürte. Aber ich wollte stark sein und keine Träne verlieren. Wie kam es, dass sich alles erst so gut anfühlte, und kurz danach abgrundtief hoffnungslos? War das vielleicht die Wirkung vom Alkohol? Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, schreckte mich eine finstere Aura hinter uns auf. Die Energie näherte sich uns rasant und schlug direkt hinter uns ein. Der Druck schleuderte uns vom Motorrad. Dank unsrer Reflexe landeten wir unversehrt auf unsren Füßen und guckten uns entsetzt an. Dann gab es eine Explosion. Offensichtlich war das Motorrad mit voller Wucht gegen eine Mauer gefahren und in Flammen aufgegangen. Adriano schlug die Hände über seinem Kopf zusammen und schrie entsetzt auf: „Scheiße!!! Verdammt! Und das... Wo ich es doch gerade endlich wieder bekommen hatte...“ Ich antwortete nicht, sondern versuchte zu lokalisieren wo der Angreifer saß. Mein Kopf war noch immer nicht ganz klar und ich schwankte leicht. „Ist dir was passiert?“, fragte Adriano mich schließlich. „Mir geht es besser als deinem Motorrad. Naja, wenigstens bin ich jetzt wohl wieder fit.“ „Was war das?“ „Hahaha! Ich!“, antwortete eine schrille Dämonenstimme, deren Besitzer vor uns sprang. Das Licht der Straßenlaternen ließ ihn noch gruseliger erscheinen. „Waah! So ein Ding schon wieder!“ „Das ist nur ein Dämon, Adriano“, antwortete ich unbeeindruckt und verschränkte die Arme: „Was willst du denn, Kleiner?“ „Hehe... Ich spiele mit euch!“ Kaum hatte er das ausgesprochen schoss er schwarze Blitze auf uns. Wir konnten ihnen ausweichen, doch ehe ich einen Gegenangriff starten konnte, war der Dämon wieder wo anders. Adriano kam zu mir gesprungen und zerrte mich weg. Kurz danach hagelten hunderte schwarze Pfeile auf die Stelle, an der ich saß. „Die sind viel schlimmer als die Dämonen, die es bisher gab! Wir müssen ihn schnell beseitigen! Vielleicht kommen noch mehr!“ Mein Herz raste vor Angst. Sie hatten mich gefunden, ja... Und das war nur der Willkommensgruß. Nur mit Mühe konnte ich jedes mal erkennen, wo sich der Dämon gerade aufhielt. Doch mit unseren Angriffen erwischten wir sie nie. Ich schoss meine Energie so schnell und präzise ich konnte, doch er war einfach zu schnell. Stattdessen konnten wir seinen Angriffen nur mit Mühe ausweichen. Adriano war es deutlich anzusehen, dass er noch nie mit seinem Element gekämpft hatte. Er wusste gar nicht recht, was es für Wasserangriffe gab. Als ich gerade wieder angreifen wollte, bemerkte ich wie der Dämon eine Kugel aus dunkler Energie auf Adriano schoss und ihn an der Schulter erwischte. Der Druck war so heftig, dass ein Windstoß aufzog und Adriano gegen die nächste Wand geschleudert wurde. Besorgt lief ich zu ihm und war erleichtert, dass er keine größeren Verletzungen erlitten hatte. „Was machen wir? Der ist schnell und stark! Ich erwische ihn einfach nicht!“ „Sagtest du nicht immer, dass du so viel Energie besitzt?“, fragte Adriano kläglich während er aufstand. „Ja! Aber um ihn effektiv damit zu beseitigen, müsste ich ihn auch treffen! Und du kriegst Nachhilfeunterricht was deine Techniken betrifft! Schande über dein Element!“ „Wa...?“ Wir gerieten doch tatsächlich in eine Diskussion, die durch einen erneuten Angriff des Dämons jäh unterbrochen wurde. Wir sprangen beide davon und Adriano zerrte mich hinter eine Mauer an der ein Weg zur Innenstadt grenzte. „Willst du abhauen?“ „Siehst du doch! Das klappt so nicht...“ „Stimmt! Ich denke wir werden ihn aber nicht los! Und die Menschen dort?“ „Um die Zeit ist nichts mehr los.“ Angestrengt und keuchend rannten wir die Straße entlang, während wir hinter uns die Einschläge der Angriffe hörten. Wäre der Dämon doch nur nicht so schnell! Ein Treffer und ich könnte ihn zu einem Staubhäufchen machen! Je länger wir liefen, desto näher kamen die Angriffe. Plötzlich schlug dicht hinter mir wieder eine Kugel ein und stieß mich nach vorne. Adriano zog mich schnell wieder auf die Beine, jedoch konnte ich nun kaum noch laufen wegen der Schmerzen in meinen Knien. Ich war direkt drauf gefallen. Mit letzter Kraft und zusammengebissenen Zähnen ließ ich mich von Adriano in die nächste Seitengasse zerren, wo ich mich erschöpft gegen die Wand lehnte und spürte wie mir das Blut die Schienbeine entlang lief. „Hahaha! Gut gemacht, mein Diener! Du kannst dich jetzt zurück ziehen! Ich möchte nun weiter mit ihnen spielen!“, sagte eine weibliche Stimme. Es musste eine von Chamuel's Weibern sein! Die wäre sicherlich noch schwerer zu besiegen als dieser Dämon. Ich zitterte am ganzen Leib, doch Adriano drehte sich zu mir und stützte seine Hände neben meinen Schultern an der Wand: „Ich weiß, dass ich mit meinen Kräften schlecht umgehen kann und eigentlich keine Erfahrung im Kampf habe... Aber ich beschütze dich! Egal wie... Ich beschütze dich mit meinem Leben, wenn es sein muss...“ „Adriano...“ „ADRIANO! HIER BIST DU! WAS SOLL DAS!?“, schrie jemand von der anderen Seite. Als wir hinüber starrten stand da Caro, die uns entsetzt anstarrte. Und dann war da noch diese andere Tussi, die nun über uns schwebte und uns angrinste. „Sehr süß! Ohh, ich beschütze dich mit meinem Leben, bla bla bla! Einen tollen Helden hast du dir ausgesucht, kleine Lady!“ Dann lachte sie uns wieder aus. Adriano, hatte sich wieder von mir gelöst. Wenn wir das überleben würden, hätte er sicher einiges zu erklären! „Was ist hier eigentlich los? Wer ist die Schnalle? Und was macht ihr beiden allein hier in der Dunkelheit!?“ „Nichts, Caro. Ich erkläre es dir später...“, antwortete Adriano abweisend. „Wir müssen sie angreifen!“, sagte ich und nahm nochmal meine Kräfte zusammen. Während Adriano und ich uns nocheinmal bemühten der Schwarzhaarigen einzuheizen, blieb Caro eher im Hintergrund und starrte uns entsetzt an. „Na los!“, schrie ich sie an, da wir kaum eine Chance gegen diese Tussi mit den schwarzen Flügeln hatten. „Sorry, ich mach mir meine Nägel nicht an sowas kaputt!“ „CARO!“ „Vergiss es...“, sagte Adriano dazwischen und schoss mehrere Wasserkugeln zu Chamuel's Dienerin, die mit einem Lachen auswich. „Ihr seid so schwach... Unglaublich! Das macht ja gar keinen Spaß! Dann erledige ich euch eben schnell.“ „Das werden wir ja sehen!“, antwortete ich und konnte sie mit meinen Energiebällen erwischen. Meine Beine schmerzten immernoch so sehr, doch ich feuerte ohne Rücksicht auf Verluste auf sie. Schnell spürte ich wie meine Energie immer weniger wurde und mein Kopf begann stark zu pochen. Ein Zeichen für mich aufzuhören. Meinen letzten Energieball schleuderte sie mit einem Gegenangriff zurück und erwischte mich mit beiden Kugeln, die mich gegen die Wand schleuderten. Und schon schoss sie auch auf Adriano, der ebenfalls getroffen wurde. Sie würde uns umbringen! „Hahaha! Nein, wirklich, ich hatte mir das etwas schwieriger vorgestellt. Als Luzifer's kleines Prinzesschen hatte ich mehr erwartet, Schätzchen.“ „Noch lebe ich...“, antwortete ich leise und biss die Zähne zusammen. Ein paar Schrammen hatte sie ja schon... Meine Angriffe gingen nicht einfach so an ihr vorbei. „Genug gespielt...“ Eine weitere Stimme aus der Dunkelheit! Ich erkannte sie sofort wieder und bekam Gänsehaut. Es war seine Stimme... Die von dem Kerl, der meine Mutter und Schwester getötet hatte. Er, der auch Kite getötet hatte und meinen Vater und Aris gefangen hielt... Chamuel! Ich sah ihn, als er mit ausgebreiteten schwarzen Flügeln neben seiner Dienerin schwebte. „Meister! War ich gut?“ „Du hast doch kaum etwas gemacht Fiona. Was sollen wir tun? Weiter spielen? Oder sie töten? Hahaha!“ Er guckte mich mit seinen hasserfüllten schwarzen Augen an und grinste. Er könnte mich mit Leichtigkeit töten... Und ich konnte mich kaum bewegen vor Schmerzen. Plötzlich wurde Chamuel von einer Wasserkugel getroffen und Adriano stellte sich vor mich. Er war auch schon verwundet und Blut tropfte ihm von der Hand. Chamuel gefiel der kleine Angriff überhaupt nicht und starrte Adriano wütend an. „Ich lasse nicht zu, dass du sie umbringst! Erst musst du mich beseitigen!“ Erneut schoss Adriano auf Chamuel, doch diesmal bestand diese Kugel nicht aus Wasser, sondern aus blau leuchtender Engergie. Der Angriff störte Chamuel allerdings kaum. Er schlug die Energiekugel einfach beiseite und lachte. „Der kleine Held... Hahaha! Was willst du schon? Aber...“ Chamuel stockte plötzlich und starrte Adriano genauer an, ehe er vor ihm landete und ihm am Kragen packte: „Dich kenne ich irgendwo her... Deine Aura und deine Energie... Ha! Jetzt fällt es mir ein... Hahaha!“ „Was?“ „Was redest du?“, rief ich hinter Adriano hervor und versuchte aufzustehen. Dabei bemerkte ich, dass Caro immernoch versteckt an der nächsten Ecke stand und einfach nur zuschaute. Diese blöde Kuh hätte uns heilen können...! Lachend stieß Chamuel Adriano von sich direkt auf mich, was mich erneut gegen die Wand schlug. Nun saßen wir beide auf dem Boden. „Aber wenn du tatsächlich der bist für den ich dich halte... Das wäre interessant! Du könntest für mich arbeiten.“ „Wer soll ich sein?! Niemals würde ich für dich arbeiten!“, fuhr Adriano ihn an und stand wieder auf. Auch ich kämpfte mich wieder auf die Beine. „Ich verstehe... Du weißt offensichtlich nichts, oder?“ „WAS!?“ Lachend flog Chamuel einige Meter zurück zu seiner Dienerin und hob die Hand. Ich klammerte mich an Adriano's Arm fest und hatte Angst vor dem, was Chamuel gerade vorhatte. Plötzlich zuckte Adriano zusammen und schlug sich die Hände an den Kopf, ehe er zu schreien begann. „ADRIANO! WAS IST!?“, schrie ich ihn an, doch er reagierte nicht darauf, sondern trorkelte weiterhin schreiend herum. „WAS MACHST DU MIT IHM!?“, fuhr ich nun Chamuel an, doch er schien immernoch irgendetwas zu machen, das Adriano starke Schmerzen bereitete. „HÖR SOFORT AUF DAMIT!“ „Na los, kleiner Bengel, wehre dich nicht dagegen! Erwache... ELOHIM!“, rief Chamuel plötzlich amüsiert und Adriano hörte wenige Sekunden später auf zu schreien und richtete sich verwirrt auf. Da Chamuel einfach nur abzuwarten schien, lief ich so schnell ich konnte zu Adriano. Hatte Chamuel ihn wirklich gerade Elohim genannt!? „Adriano!“ Besorgt packte ich ihn an der Schulter und drehte in zu mir um in sein Gesicht zu sehen, doch statt den grünen Augen, starrte mich ein Paar blaue Augen an... „Was... Wo bin ich?...“, fragte er verwirrt und schaute sich um. „Adriano?“ „Wer?“ „... Elohim?“ „Ja? Was ist hier los?“ „Elohim!!!“ Ich dachte ich würde umfallen, so sehr zitterten meine Beine. Verzweifelt klammerte ich mich an ihn und konnte meine Tränen nicht mehr zurück halten. Ich hatte ihn gefunden! Er war hier... Die ganze Zeit lief er vor mir herum! „Hilf mir!!! Bitte... Hilf mir!“, flehte ich ihn an. Er machte keine Regung auf meinen Tränenausbruch und mein verzweifeltes Herumzerren. Auch dass ich fast auf die Knie ging ließ ihn relativ gelassen. „Du bist... Die Herrin über die Assistants und Elemente, oder?“ „Wie?“, fragte ich heißer und mit laufender Nase. „Elohim! Der da drüben! Er hat meine Mutter umgebracht! Er will mich töten! Hilf mir!“ Elohim starrte zu Chamuel und Fiona, die uns amüsiert beobachteten. Fehlte nur noch das Popcorn in ihren Händen. Es blieb nur zu hoffen, dass er sich nicht mit Chamuel verbünden würde. Elohim guckte nun wieder zu mir, ehe er sich vor mich kniete und mir einen Handkuss gab: „Meine Herrin, es ist mir eine Ehre Euch zu dienen.“ „Wie?“, fragte ich verwirrt. Elohim stand wieder auf und ich ging einige Schritte zurück. Ich war gespannt was nun passieren würde. Immerhin hatte ich ihn nun gefunden... Nein, Chamuel hatte ihn eigentlich gefunden. Doch was war nun mit Adriano? Hoffentlich war ihm nun nichts passiert! „Soso, also kann ich nicht mit deiner Mitarbeit rechnen, Engelchen? Wäre ja zu lustig gewesen, haha!“ „Haha, ja! Total lustig... Schnauze jetzt, keiner bringt meine Herrin zum Weinen!“ Mit nur einer Handbewegung schoss er einen blau leuchtenden Energiestrahl die Straße entlang, der so schnell war, dass Chamuel und Fiona gerade noch ausweichen konnten. Die gesamte Straße war nun nass und dampfte vom heißen Wasser. Ich erinnerte mich! Deswegen war meine Hand verbrannt als ich Adriano gegen die Kopfschmerzen half. Und deswegen diese veränderte Aura und die Schmerzen! Das war Elohim's Energie! Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte beobachtete ich wie Elohim beide Hände zur Seite ausstreckte und dort zwei Schwerter wie aus dem Nichts erschienen. Sie leuchteten blau und sahen aus, als würden sie brennen. Nur waren die Flammen ebenfalls blau. Mit rasanter Geschwindigkeit war Elohim zu Chamuel gesprungen und griff ihn nun mit beiden Schwertern an. Ich konnte den Bewegungen mit meinen Augen kaum folgen und Chamuel hatte alle Mühe auszuweichen. Zwei mal erwischte Elohim ihn und stieß ihn davon. Nun breitete Elohim seine weißen Flügel aus und flog empor um Chamuel, der auf dem Boden lag, von oben anzugreifen. Im letzten Augenblick konnte er sich weg drehen und der Strahl stieß in den Beton. Wieder dampfte alles und es wurde unerträglich warm. Die Luft war feucht und dick, sodass ich kaum Luft bekam. Elohim... Ein Engel, der mit Wasser kämpfte ? Könnte er Chamuel wirklich besiegen? Inzwischen versuchte Fiona ihrem Meister zu helfen, doch Elohim schlug sie mit nur einem Stoß bewusstlos und schleuderte sie zu Chamuel, der ihm entsetzt entgegen starrte. „Scheiße! Was bist du? Dass du stark sein sollst, hab ich ja im Himmelsreich gehört, aber... Du bist ein Monster!“ „Danke, gleichfalls“, antwortete Elohim mit einem charmanten Lächeln, wie ich es bei Adriano noch gar nicht gesehen hatte. „Also? Was ist, Chamuel? Lust auf Sterben?“ Schnell erschuf Elohim wieder seine Schwerter und schleuderte eins wie ein Bumerang zu Chamuel und Fiona. Er hob seine Hand dagegen und hatte Mühe das Schwert abzuwehren. An der Stelle wo die beiden Kräfte aufeinander stießen blitzte es blau und schwarz. Viel zu spät fiel mir ein, dass ich ihm hätte helfen können. Doch ich stand vor Schreck und Verwirrung nur noch starr herum und guckte zu. Auch Caro hatte ich vergessen. „Das bringt nichts! Verdammter Engel! Wir werden uns wieder sehen und nächstes mal bin ich auf deine Angriffe gefasst! So leicht wirst du es nicht nochmal haben!“ „Feiges Arschloch! Bleib hier und stelle dich!“ „Nein danke.“ Chamuel hob die Hand und verschwand mit Fiona im Arm ins Nichts. Es gab so viel, was ich Elohim fragen wollte. Sofort lief ich zu ihm, obwohl mir alles immernoch weh tat und meine Knie bluteten. „Elohim!!!“ Doch schon auf dem Weg zu ihm sah ich, wie er die Augen zusammen kniff, die beiden Schwerter verschwanden und er einfach bewusstlos umfiel. „Nein!!! Bleib hier! Elohim! Komm zurück... Ich muss... Ich muss dich doch noch so viel fragen und du musst mir helfen meinen Dad und Aris zu retten“, stammelte ich wieder mit Tränen in den Augen, als ich neben ihm auf die eh schon kaputten Knie ging und ihn am Arm rüttelte. Ich konnte mich kaum beruhigen und jammerte hysterisch herum. „KANN MIR MAL EINER SAGEN WAS DAS EBEN FÜR EINE KRASSE SCHEIßE WAR!?“, fragte diese bekannte und wütende Stimme plötzlich hinter mir. Ich sah Caro nur sehr verschwommen vom vielen Heulen und was machte sie? Sie scheuerte mir noch eine. „DU BESCHEUERTE KUH! KAUM BIST DU HIER MACHST DU ALLES KAPUTT!!! WAS HAST DU MIT MEINEM FREUND GEMACHT!? WARUM IST ER AUF EINMAL SO!? HALT DICH VON IHM FERN! ADRIANO GEHT ES BESSER OHNE DEINEN PSYCHOKRAM!“ „Caro... Das hat alles anders ausgesehn als...“ „Ja, ist klar! Ich wette er war den ganzen Tag bei dir! Und ihr hattet bestimmt viel Spaß! Hast du es endlich geschafft ihn zu verführen ja?! Hör zu, Schlampe! Der Kerl ist seit vier Jahren mein Freund! Und den lass ich mir nicht von dir nehmen! Eingebildete Kuh! Du meinst hierher zu kommen und das Leben anderer Leute einfach mal so kaputt zu machen! Verdammt, was ist mit ihm!?“ Nun schubste sie mich weg und versuchte ihn irgendwie wieder aufzuwecken. Erst eine Weile später öffnete er langsam die Augen und keuchte etwas. Ich spürte ein klein wenig Enttäuschung, als ich sah, dass es wieder seine normalen grünen Augen waren. Und schon bekam ich ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber. Ich sollte mich freuen, dass er wieder er selbst war... Doch ich wollte mit Elohim reden! Er war der Schlüssel zu meinem Sieg über Chamuel! Ich brauchte ihn! Ich fühlte mich so schlecht... Ich mochte Adriano so sehr und nun war er auch der Typ, den ich im Kampf brauchte. Ich würde ihm niemals das Gefühl geben wollen, dass ich nur Zeit mit ihm verbringe, weil ihn als Elohim bräuchte. Vielleicht wäre es besser, er würde erstmal nichts davon erfahren... Caro machte eh nicht den Anschein als hätte sie mitbekommen, dass Adriano kurzfristig eine ganz andere Person war. „Adriano! Schatz, geht’s dir gut?“ „Wa... Was war? Ahhh... Diese Schmerzen...“ Er kniff wieder die Augen zusammen und drückte seine Hand gegen die Stirn. „Adriano? Hast du wieder Kopfschmerzen?!“, fragte ich und wollte ihm gleich helfen, doch Caro schubste mich davon: „Finger weg!!!“ „Aber ich kann ihm helfen!“ „Pff! Du willst ihn anfummeln! Wir brauchen dich nicht. Er nimmt einfach ne Tablette und fertig. Dass ihm nach diesem Kampf der Schädel brummt ist doch wohl normal!“ Adriano ging nicht weiter darauf ein und versuchte mit Caro's Hilfe aufzustehen. Er torkelte leicht, sagte allerdings nichts. Dass er Schmerzen hatte, sah man ihm dennoch an. „Schatz, ich bringe dich jetzt einfach nach Hause, dort legst du dich ins Bett und ruhst dich aus, okay? Okay! Na komm!“ „Magst du mich nicht kurz heilen, damit ich zurück ins Hotel laufen kann?“, fragte ich kühl. „Nö! Das hast du dir nicht verdient! Du kommst nun erstmal kurz mit, ich hab dir noch ein paar Dinge zu sagen.“ „Pff...“ Schweigend liefen wir langsam zurück bis wir bei Adriano zu Hause waren. Caro brachte ihn rein und verbot mir mitzukommen. Ich sollte vor der Tür warten. Dort saß ich etwa eine viertel Stunde und starrte in den Himmel. Was war das nur für ein Tag? In meinem Kopf drehte sich alles. Der Alkohol, diese Angriffe... Elohim... Wenn ich nur wüsste, wie ich an ihn heran kommen könnte. Und Adriano... Ich machte mir große Sorgen um ihn. Den Abend mit ihm zu verbringen war so schön... Welch Ironie, dass nun beide so unerreichbar für mich waren. Elohim und Adriano, beide eine Person mit zwei Persönlichkeiten... Und beide so weit entfernt obwohl ich sie beide brauchte... Das machte alles nur schwieriger. Ich zuckte zusammen, als die Haustüre wieder auf ging und Caro sich vor mich stellte. Sie verschränkte die Arme und verengte die Augen. „So, jetzt in Ruhe noch einmal! Wenn ich noch einmal mitbekomme, wie du dich an meinen Freund heranmachst, dann lernst du die wahre Hölle erst kennen! Dann mache ich dich derartig fertig, Kleines! Ich kann dich nicht leiden... Eigentlich konnte ich dich noch nie leiden! Und wenn du es wagen solltest MEINE Beziehung zu zerstören, dann garantiere ich für nichts mehr!“ „Du willst mir drohen? Gerade du? Ein kleines Mädchen, das nicht ansatzweise mit seinen Kräften umgehen kann? Du kannst ja nicht mal richtig heilen. Übrigens bist du mir untergeben. Was das für dein Element bedeutet, dürfte dir doch einleuchten. Leg dich besser nicht mit einem Engel an, schon gar nicht mit einem gefallenen Engel. Was deine tolle Beziehung betrifft... Pass besser auf! Ich muss eigentlich gar nichts machen... Du tust selbst schon genug um sie zu zerstören. Ich wette Adriano ist so richtig abgenervt von dir. Der ist doch nur mit dir zusammen um die Clique zu halten.“ „Du lügst!!! Halt endlich dein Maul, du dumme Schlampe! Verzieh dich! Ich will dich nicht mehr sehen!“ „Ich dich auch nicht. Pass auf deinen Freund auf. Der ist ziemlich sexy und verdammt cool... Der läuft dir schneller weg als du gucken kannst. Ach und... Wenn nicht mit mir, dann eben mit einer Anderen“, sagte ich noch ganz nett mit einem Lächeln und lief langsam davon. Sie so richtig zu provozieren machte mir Spaß. Das musste nun einfach sein! Ich hasste dieses Mädel! Mir auch noch drohen zu wollen... Ich könnte wetten, sie würde sich sogar mit Chamuel verbünden um mich loszuwerden. Sollte ich mich nun wegen ihr von den Anderen komplett distanzieren? Hmm... Nein, jetzt erst recht! Noch einmal drehte ich mich um und sah an der Hausecke eine andere Blondine stehen. Das war nicht Caro... Aber wer denn dann? Auch sie guckte zu mir. Für einen kurzen Augenblick trafen sich unsere Blicke, doch dann drehte ich mich wieder weg und lief zurück zum Hotel. Der Weg war mir noch nie so endlos und lang erschienen. Das lag sicherlich an den Schmerzen. Jeder Schritt tat schrecklich weh. Als ich dann im Zimmer ankam, lief ich gleich ins Bad. Melody schlief zum Glück schon. Als ich mich im Spiegel sah, wurde mir erstmal schlecht. Überall Schrammen, Kratzer, Blutergüsse und meine Knie... Beide waren offen und bluteten noch immer. Ich stellte mich unter die Dusche und kniff die Augen zusammen. Der ganze Kampf spielte sich vor meinen Augen nochmal ab... Elohim's Angriffe... Seine Schwerter... Diese blauen Augen... Chamuel hatte kaum eine Chance gegen ihn. Wäre er nicht abgehauen wären die Probleme endlich vorrüber und ich könnte nach Hause gehen, statt mich anzicken zu lassen. Dann müsste ich... Adriano vergessen... Wieder erschienen diese unerträglichen seelischen Schmerzen, die mir die Tränen in die Augen trieben. Ich wollte noch gar nicht zurück... Würde ich das eigentlich je wieder wollen? Chamuel war ja noch nicht besiegt und so lange würde ich noch hier bleiben können. Ich fühlte mich so schlecht... Es war ein innerer Konflikt. Einerseits wollte ich, dass Chamuel besiegt wird, damit Papa und Aris wieder in Sicherheit wären. Doch ich wollte auch noch viel Zeit hier verbringen. Bei meinen Freunden... Bei ihm... Alles war so verwirrend... Ich stand eine gefühlte halbe Stunde unter der Dusche ehe sich meine Haut unangenehm anfühlte und ich mich abtrocknete. Dann verband ich meine Knie und versorgte die restlichen Wunden. Mit müden Augen wollte ich mich gerade ins Bett legen, als ich mein Handy auf dem Nachttisch leuchten sah. Auf dem Display sah ich, dass Jade gerade versuchte mich anzurufen. Entweder Caro hatte ihr massig Müll erzählt und ich würde jetzt Ärger bekommen, oder es war irgendwas mit Adriano. Beides wäre schlecht... Doch ich ging dran und flüchtete gleich auf den Balkon um Mel nicht zu wecken. „Jade... Was ist?“ „Juline, es ist schlimm! Wir wissen nicht was wir noch tun sollen...“ „Was ist denn passiert?“ „Adriano... Er hat so starke Schmerzen... Wälzt sich nur noch hin und her, schreit herum und hat hohes Fieber! Bitte... Was könnte das sein? Wir wollten noch keinen Arzt rufen. Caro erzählte, da sei heute Abend etwas vorgefallen! Haben seine Schmerzen etwas damit zu tun?!“ „Wahrscheinlich schon... Er hatte schon Schmerzen bevor wir ihn nach Hause gebracht haben. Aber Caro wollte nicht, dass ich ihm helfe.“ „WIE BITTE!?! WARUM NICHT?! SPINNT DIE!?“ „Ich wollte ihn ihrer Meinung nur anfummeln...“ Sie seufzte mir ins Ohr und schwieg einige Sekunden. „Hör zu, ich mache mich gleich auf den Weg. Bin in ein paar Minuten da. Ich hoffe doch... Caro ist weg?“ „Ja, die ist nach Hause gegangen. Bis gleich! Danke!“ Mit meinen schmerzenden Knien würde ich auf keinen Fall nochmal durch die Stadt laufen. Es war dunkel und es würde mich sicher niemand sehen, wenn ich hoch genug fliegen würde. Entschlossen stellte ich mich auf das Balkongeländer und schloss die Augen um meine Kraft auf meine Flügel zu konzentrieren. Diese erschienen gleich auf meinem Rücken und breiteten sich aus. Endlich wieder fliegen! Mit einem Lächeln ließ ich mich nach vorne fallen und fing mich nach einem kurzen Fall ab, indem ich die Flügel ausbreitete und nach oben flog. Es dauerte wirklich keine fünf Minuten bis ich durch die Stadt geflogen war und mich vergewissert hatte, dass sich niemand mehr in der Straße herumtrieb. Dann landete ich und rief meine Flügel wieder zurück. Nun kam die Nervosität wieder. Ich wusste immerhin nicht was mich dort drinnen erwarten würde. Als ich klingelte kam mir gleich Fabio entgegen, der bei meinem Anblick ziemlich rote Wangen bekam. „Das ging ja schnell“, stammelte er. „Sind eure Eltern nicht zu hause?“ „Nein, die sind Essen gegangen und wissen nicht was los ist. Ma wäre durchgedreht! Komm schnell mit, wir haben ihn oben ins Bett gelegt!“ Schnell folgte ich Fabio ins Zimmer, wo Jade schon ratlos und mit verheulten Augen dasaß und Adriano's Hand hielt. Er schien sehr unruhig, atmete flach und kniff öfter die Augen zusammen vor Schmerzen, ehe er stöhnte und sich herumwälzte. Ein schlimmer Anblick. „Juline! Da bist du ja schon! Ich weiß nicht was ich tun soll... Es geht ihm immer schlechter... Was ist, wenn er stirbt!?!“ „Ich schau mal, was ich tun kann.“ „Was war denn heute Abend?“ „Äh... Wir wurden angegriffen. Von einem Dämon. Und er hat sich wohl mit seinen Kräften übernommen“, log ich. Jade ging einen Schritt zurück und setzte sich auf das Bett gegenüber, während Fabio im Türrahmen stehen blieb. Ich setzte mich neben Adriano aufs Bett und schloss die Augen um seine Aura abzuchecken. Wie erwartet war seine Aura völlig unruhig und heftig in Bewegung. Es waren nicht nur seine, sondern diesmal auch verstärkt Elohim's Kräfte. Das war deutlich spürbar. Mit meiner Hand griff ich an Adriano's Stirn, die glühend heiß war. Diese Kräfte diesmal abzuleiten würde verdammt schwierig werden! Doch vorher nahm ich seine Hand und war entsetzt. Elohim hatte diese Energiestrahlen abgeschossen... Dieses Wasser, das so heiß war, dass es im Nu verdampft war... Seine ganze Hand hatte Brandwunden! „Warum hat Caro das nicht geheilt, verdammt!?“ „Die hat es glaub ich gar nicht gesehen... Und wir auch erst als sie dann weg war...“, antwortete Jade betrübt. Elohim's Kräfte waren viel zu stark für Adriano's menschlichen Körper. Hoffentlich würde er es im nächsten Kampf nicht übertreiben. Er würde Adriano damit umbringen! Nun nahm ich meine Kräfte und meine Konzentration zusammen um ihn endlich von diesen Schmerzen zu befreien. Doch als ich seine Schläfen berührte und anfangen wollte, war es, als würden Elohim's Kräfte meine Hände wegdrücken wollen. Es war heiß... Als würde man sich am Wasserdampf verbrennen. Mit einem Keuchen zog ich sofort meine Hände weg, weswegen Fabio und Jade aufschreckten. „Was ist passiert!?“, fragte Fabio. „Seine Kräfte sind etwas... äh... heftig.“ Aber ich musste es tun... Egal wie viel Energie und Schmerzen es mich kosten würde. Entschlossen legte ich meine eine Hand nochmals auf seine Schläfe und richtete meine andere Hand zur Seite um die Energie als Dampf abzuleiten. Und wieder spürte ich wie sich die Energie gegen mich wehrte. Doch nun setzte ich meine eigene Energie ein um sie zu bezwingen. Es war, als würden Elohim's und meine Energien aufeinanderprallen und einen Kampf miteinander führen. Ich würde nicht loslassen! Inzwischen schmerzte meine Hand so sehr, dass auch ich mich nicht zurückhalten konnte und vor Schmerzen schrie. Beide Hände taten weh, doch dann stellte ich mit Erleichterung fest, dass ich es geschafft hatte... Fürs Erste... Adriano wirkte deutlich ruhiger, doch vor meinen Augen drehte sich alles, mir war schlecht und mein Kopf hämmerte. Es hatte mich zu viel Kraft gekostet... Als ich aufstand kam Jade mir strahlend entgegen: „Du hast es geschafft! Er sieht viel besser aus!“ „Er... schläft jetzt...“ Dann schaute ich auf meine Hände die vor Schmerzen brannten und mir wurde schwarz vor Augen. „JULINE!!!“, rief Jade und ich spürte nur noch, wie ich in ihre Arme fiel und danach komplett weggetreten war... ~ Kapitel 13 ~ Die Erweckung – Part 2 ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 14: Violett ------------------- Kapitel 14 ~ Violett ~ Adriano Coldfire ~ Mein Körper fühlte sich an wie Blei, als ich die Augen öffnete und mich aufrichten wollte. Ich ließ mich noch einmal nach hinten ins Kissen fallen und guckte zur Decke. Was war geschehen? Wir wurden erst von einem Dämon angegriffen... Dann von diesem seltsamen Weib und danach war da Chamuel! Ich wollte Juline beschützen, doch dann kamen diese Schmerzen und danach...? Ich konnte mich an gar nichts mehr erinnern. Es war eine riesige Lücke in meinem Gedächtnis. Hatte er mich bewusstlos geschlagen? Danach konnte ich mich daran erinnern, dass Caro bei mir war und mich nach Hause brachte und dann wurden diese Kopfschmerzen immer schlimmer. Ich musste bis eben geschlafen haben! Als ich zur Seite guckte war ich überrascht Juline in Fabio's Bett zu sehen. Wieso war sie hier ? Mühsam stützte ich mich mit den Armen auf um mich hinzusetzen. Erstmal rieb ich mir die Augen. Alles verwirrte mich so sehr. Ich wollte Antworten! Juline müsste mir sagen können, was geschehen war. Aber sie sah selbst ziemlich fertig aus. Trotzdem konnte ich nicht abwarten. Nur langsam schaffte ich es nun auch aufzustehen und mit kleinen Schritten rüber zu gehen. Als ich sie wecken wollte, stockte ich für einen Moment. Sie sah so süß aus... Mit einem unguten Gefühl erinnerte ich mich an den Kuss vom vorigen Abend kurz bevor wir heim fahren wollten. Wahrscheinlich konnte sie sich daran gar nicht mehr erinnern, immerhin war sie total besoffen. Wie schnell sie im Kampf dann aber wieder klar im Kopf war... Wie sehr sehnte ich mich danach sie noch einmal küssen zu dürfen. Aber hier und jetzt war das unmöglich. Zudem sollte ich mich nicht in diese Gefühle vertiefen. Sie würden nur Kummer und Ärger bedeuten. Und das nicht nur für uns. Weil meine Beine sich noch immer schwach anfühlten, kniete ich mich vor das Bett und beobachtete sie noch etwas, ehe ich sie leicht am Arm rüttelte. Erst als ich sie anfasste zuckte ich kurz zusammen weil meine Hand schmerzte. Ich bekam gar nicht mit wie Juline wach wurde, weil ich meine Hand mit Entsetzen musterte. Woran hatte ich mich verbrannt!? Erst als sie meine Hand nahm und sie anguckte wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Dann guckte sie zu mir und wirkte recht erleichtert: „Du bist wieder wach... Wie schön“, seufzte sie und lächelte mich müde an. „Was ist passiert? Ich verstehe gar nichts mehr...“, antwortete ich geknickt woraufhin Juline mich anstarrte und nach Antworten rang. „Es... naja... Chamuel hat sich einfach verzogen“, erklärte sie schließlich. Ich blickte sie ungläubig an: „Einfach verzogen... Ist das dein Ernst? Sag mir die Wahrheit! Ich hab einfach nur ein Blackout...“ „Es war aber so! Glaub es oder nicht... Hauptsache ist doch, dass wir leben...“, antwortete sie betrübt und setzte sich nun auch hin. So ganz konnte und wollte ich es ihr nicht glauben, aber was sollte sonst passiert sein? Es war eher unwahrscheinlich, dass irgendjemand kam um uns zu retten. Also musste es doch so gewesen sein. Der Kerl war unheimlich... Er könnte uns jederzeit erneut angreifen und wir hätten keine Chance. „Warum bist du eigentlich hier?“, fragte ich sie nun. Sie antwortete erst nach einigen Sekunden: „Dir ging es so schlecht... Und ich musste deine Kräfte wieder abziehen... Das war diesmal nicht so einfach.“ Mit einem kläglichen lachen zeigte sie mir ihre beiden Hände, die verbunden waren. Zudem fielen mir im selben Moment die ganzen blauen Flecke und Schrammen auf. Ich konnte überhaupt nichts für sie tun, als wir angegriffen wurden... Diese Tatsache zog mich ziemlich runter. Ich hatte versprochen sie zu beschützen. Aber mit diesen komischen Engeln würde ich niemals mithalten können... „Es tut mir leid...“, sagte ich leise und stand nun wieder auf, was mir immernoch schwer fiel. „Nein! Das muss dir nicht leid tun! Du hast mehr als genug für mich getan...“ Als ich zur Tür gehen wollte spürte ich auf einmal ihre Arme, die sich um mich schlangen. Mein Herz schlug so schnell und mein Kopf fühlte sich mehr als nur warm an. Wieso muss sie sowas tun? „Bitte bleib noch bei mir... Nur einen Moment lang...“ „Wir wissen beide das es nicht geht... Du kennst meine Gründe dafür“, antwortete ich und versuchte dabei hart zu bleiben und etwas abweisend zu klingen, auch wenn ich mich am liebsten zu ihr gedreht hätte um sie in meinen Armen zu halten. Enttäuscht ließ sie mich los und ich verließ das Zimmer ohne sie noch einmal anzuschauen. Es tat schon wieder so weh... Plötzlich kam Jade mir entgegen und strahlte, als sie mich sah: „Du bist wach!!! Ich hatte solche Angst um dich! Wieso läufst du hier herum? Geh ins Bett! Hast du Hunger? Willst du was trinken? Tut dir was weh? Ich bring dir alles was du willst!“ „Äh... Wie viel Uhr ist es?“ „Kurz nach Sechs. Wir gehen dann zur Schule.“ „Ich komme mit.“ „Wie!?! Nein, das lässt du schön bleiben!“ „Ich muss aber raus hier!“ Ich könnte nicht den ganzen Morgen bei Juline im Zimmer verbringen... Acht Stunden mit ihr allein! Ich wusste wozu das am Ende führen würde. Außerdem dürfte Caro sich noch was von mir anhören! Ich hatte trotz allem nicht vergessen, dass sie eher an ihre Nägel dachte anstatt uns zu helfen! Wie eine feige Ratte hatte sie sich versteckt und uns beim Abkratzen zugesehen. „Adriano... Bitte! Du warst gestern kurz davor draufzugehen! Ich hatte wirklich Angst um dich! Du solltest dich noch etwas ausruhen! Wäre Juline nicht gewesen, dann... dann...“ Weiter sprach sie ihren Satz nicht, denn ihr kramen die Tränen und sie fiel mir in die Arme. Ich hielt sie eine Weile fest und versuchte sie zu trösten. „Es geht mir wieder gut, okay?“ „Bitte mach das nie wieder! Ich kann es nicht ertragen dich so zu sehen... Ich brauche dich doch!“ „Ich weiß gar nicht was ich gemacht hab, dass es mir so schlecht ging.“ „Du sollst nicht mehr kämpfen!“ „Mh...“ „Nein! Ich will nicht, dass deine Kräfte dich umbringen!“ Ich wusste, dass ich ihr nicht versprechen konnte wieder zu kämpfen. Wenn Juline nochmal angegriffen werden würde, denn würde ich wieder kämpfen, egal ob es was nutzt oder nicht. „Lass mich einfach mitgehen. Ich will heute nicht die ganze Zeit hier sitzen und nichts tun! Ich versprech dir auch, dass ich alles ganz in Ruhe angehe!“ „... Na gut... Aber du tust wirklich nichts anstrengendes heute, ja?“ „Mhm! Ich geh mich umziehen... Schade um die Klamotten.“ „Ja, die sind ganz zerfetzt... Ist wirklich alles in Ordnung? Du siehst irgendwie so... traurig aus.“ „Selbst wenn... Niemand kann daran was ändern“, antwortete ich mit einem Seufzen. „Wie?“ Ich erklärte es ihr nicht, sondern schloss mich im Bad ein nachdem ich mir einige Klamotten geholt hatte. Wie sollte ich ihr das erklären? Sie war so darauf versessen Juline mit Fabio zu verkuppeln. Weil Fabio eben noch nie eine Freundin hatte, die Beiden sich gut verstehen und ich immerhin in einer „Beziehung“ bin. Wie sollte sich also jemals etwas an der Lage ändern? Außerdem hatte ich mir geschworen Fabio's Glück nicht zu verhindern. Nicht einmal unabsichtlich. Und selbst wenn sie ihn nicht will... Ich wollte am Ende nicht der Idiot sein, der an allem Schuld wäre. Aber alles ist schwieriger geworden... Viel schwieriger. Denn irgendwie hatte sich dieses Mädchen in meinem Kopf festgesetzt. Ich würde sie so schnell auch nicht da raus bekommen. Nachdem ich mich fertig gemacht hatte und einigermaßen wieder fit war, verließ ich das Bad und ging in die Küche um zumindest noch etwas zu trinken bevor wir gehen würden. Allerdings traf ich dort dann auf Fabio. Wer würde auch schon erwarten wollen in einem fünf Personen Haushalt mal alleine sein zu dürfen? „Ah! Da bist du ja! Jade hat mir schon erzählt, dass es dir etwas besser geht! Zum Glück! Ich hab mir auch total Sorgen gemacht... Und du willst wirklich zur Schule gehen?“ „Ja, ich war doch schon gestern nicht.“ „Haha! Hast du's gesehn? Juline hat in meinem Bett geschlafen! Es geht langsam voran aber es wird schon!“ Seine Worte fühlten sich für mich an als würden mir tausend Stiche durch den Magen fahren. Als ich mir ein Glas aus dem Regal nahm, merkte ich, wie meine Hände leicht zitterten. „Ja, hab ich gesehen...“ „Freust du dich nicht für mich, Adde?“ „Äh, doch. Schön... Und wo hast du geschlafen?“ „Na am liebsten auch in meinem Bett. Aber ich hab auf'm Sofa geschlafen. Trotzdem! Sie lag in MEINEM Bett! Hach!“ Noch bevor ich überhaupt zum Trinken kam, war mir so übel, dass ich es mir anders überlegte und ihn einfach stehen ließ. Es war unfair von mir, doch ich konnte es einfach nicht weiter ertragen. Obwohl ich es nicht wollte, stellte ich mir vor wie die beiden irgendwann kämen und verkünden würden, sie wären nun ein Paar. Kurz darauf war vor meinen Augen schon wieder das Bild von unserem Kuss... Verdammt! So beschissen hatte ich mich noch nie gefühlt. Wenn die Beiden ein Paar werden würden, dann würde ich entweder weit weit weg ziehen, oder mich gleich von der Brücke stürzen. Aber zumindest wären sie dann glücklich miteinander. „Kommt Jungs, wir müssen los!“, sagte Jade und packte ihren Rucksack. Fabio kam nun auch aus der Küche und guckte mich fragend an. Und ich bekam meinen Rucksack kaum auf den Rücken. Mit langsamen Schritten liefen wir schweigend nebeneinander her. Erst Jade brach das Schweigen und verschränkte die Arme: „Richte dich darauf ein, dass Caro Ärger bekommt, Adde!“ „Ja, den bekommt sie. Stand die ganze Zeit dumm da und hatte uns lieber zugesehen. Sie wollte ihre Nägel ja nicht kaputt machen!“ „Und geheilt hat sie euch auch nicht!“ „Vielleicht hatte sie zu viel Angst“, sagte Fabio nachdenklich. „Angst!?“ „Die war sich nur zu fein“, protestierte ich wiederum dagegen. Fabio war viel zu naiv. „Du bist viel zu naiv, Fabs“, schimpfte Jade nun und blieb stehen. Einige Meter weiter stand Caro zusammen mit Chris und Jo zusammen an der Hausecke, wo sie auf uns warteten. Doch als Caro uns sah, drehte sie sich um und wollte direkt gehen. In mir entwickelte sich eine derartige Wut, dass mir mein Gesundheitsstatus völlig egal war und ich ihr einfach hinterher rannte. Ohne Chris und Jo zu beachten rannte ich weiter bis ich sie schließlich erwischte und ziemlich grob herumriss. „Was rennst du weg?!“, fragte ich barsch. „Äh... Hallo Schatz! Na, geht’s dir wieder gut?“ Scheinheilige... Ich schubste sie leicht gegen die Wand: „Was ist eigentlich aus dir geworden!? WAS!? Ist das Carolina Kanzaka? Das nette Mädchen in das ich mich mal verliebt hab!? Die richtige Caro hätte niemals so dumm zugesehen und sich Sorgen um ihre beschissenen Nägel gemacht!“ „BESCHISSEN!?“ „JA BESCHISSEN! DEINE NÄGEL SEHEN BESCHISSEN AUS! ICH HASSE DEINE SCHEIß PLASTIKNÄGEL! UND DEIN DUMMES MAKE-UP! DEINE UNNATÜRLICHKEIT! ES GIBT INZWISCHEN VIELES DAS ICH AN DIR HASSE!“ „Und was willst du jetzt tun? Mir für meine nicht vorhandene Hilfsbereitschaft eine reinhauen? Das kannst du doch so gut, Schatz. Leute verprügeln.“ „Ich schlage keine kleinen Püppchen!“ „Aber ich...“, hörte ich Jade auf einmal neben mir sagen und sah nur noch wie sie ausholte und Caro eins überzog. Sie saß auf dem Boden und hielt sich die Wange, während sie uns beide wütend anguckte. Nun kamen auch die anderen Jungs und blickten uns entsetzt entgegen. „Was hast du dir dabei gedacht, Caro!? Ich hätte dich für etwas loyaler gehalten! Schön, dass du Juline nicht leiden kannst! Aber sie ist wichtig! Und man kann doch eigentlich davon ausgehen, dass dein Freund dir auch wichtig ist!“, meckerte Jade und stemmte die Hände in die Hüfte. „Tzz... Was hätte das gebracht? Diese komischen Engel waren doch sowieso viel zu stark. Ich hatte Todesangst!“ „Und Juline und ich hatten keine Angst oder was?“, fragte ich. Sie stand auf und steckte die Nase in die Luft: „Ihr habt es ja geschafft. Keine Ahnung wie, das meiste habe ich nicht gesehen, aber ihr habt es geschafft. Also heult nicht rum! Und du, Adriano! Tu nicht so, als wärst du der tolle Freund! Wirklich! Ich hatte mir Sorgen gemacht und dich den halben Abend gesucht! Und wo finde ich dich?! In irgend ner Seitenstraße wie du mit Juline rummachst!“ „WAS!?“, fuhren alle nun mich an. „Ich hab nicht mit der rumgemacht! Wir wurden angegriffen und ich hatte ihr nur gesagt, dass ich sie beschützen würde!“ „Klar, der große Held!“ „Uuuuh, Adde geht dir Fremd, Süße!“, lästerte Jo zwischenrein und bekam von Jade einen Schlag auf den Hinterkopf. „Das ist mir zu blöd! Ich wette ihr hattet den gesamten Tag miteinander verbracht und viel Spaß miteinander gehabt! Warum hast du sonst die Schule geschwänzt, „Schatz“?!“ „Weil ich von drei Pennern verprügelt wurde!“ „Seit wann lässt du dich von irgendwelchen Menschen verhauen!?“ „Seit ich diese beschissenen Schmerzen habe und kaum denken kann, wenn sie da sind!“ „Jaaa, ist klar. Spar dir deine Ausreden. Entschuldigt, ich will nicht zu spät kommen!“ „Hau doch ab! Feige Kuh!“, schrie ich ihr hinterher und konnte beim nächsten Schritt mein Gleichgewicht nicht mehr halten. Jade beugte sich besorgt zu mir, als ich mich auf den Boden setzte und durchatmete. „Geht schonmal vor, Jungs. Muss ja nicht sein, dass jetzt alle zu spät kommen.“ „Kommst du klar?“, fragte Fabio, worauf Jade nur nickte. Nur ungern liefen nun auch die Anderen davon und Jade setzte sich neben mich. Ich war so wütend... Auf sie, auf mich, auf Fabio und überhaupt auf alle. Mit einem Wutschrei schleuderte ich meinen Rucksack gegen die nächste Mauer und vergrub mein Gesicht in den Händen. „Was ist eigentlich los mit dir?“, fragte Jade nun mit ernster Stimme. „Mir tun alle Knochen weh... Und ich weiß nicht wie lange ich eigentlich noch mit Caro zusammen sein werde.“ „Willst du etwa Schluss machen? Aber... Aber wenn ihr so auseinander geht... Was soll dann aus uns allen werden? Wir würden uns nie wieder so zusammen treffen können!“ „Weiß ich...“ Blöde Kuh! Es war doch sowas von hirnrissig nur wegen unserer Gruppe mit Caro zusammen zu bleiben. Allerdings sollte ich mir überlegen nicht doch irgendwie eine gute Seite an Caro zu finden. Wenn meine Beziehung glücklich wäre, dann würde ich mich garantiert nicht in eine Andere verlieben. Wenn ich es schaffen könnte, wieder glücklich mit Caro zu sein, dann könnte ich Juline bestimmt vergessen und alles wäre wieder gut. „Adriano... Was ist da zwischen euch? Juline und du...“ „NICHTS! VERDAMMT NOCHMAL! DARF SIE DENN MIT JEDEM VON EUCH IDIOTEN BEFREUNDET SEIN NUR MIT MIR NICHT!? WAS HABT IHR EIGENTLICH FÜR EIN PROBLEM!?“ „Ist doch gut, fahr mich nicht so an...“, antwortete sie ruhig und streichelte mir über die Schulter. „Ich weiß, dass Fabio sie gern hat. Und ich weiß, dass Fabio wegen mir nie an ein nettes Mädel gekommen ist. Ich werde ihm sicher nicht im Weg stehen.“ Auch wenn es mich kaputt machen wird... „Ach Adriano... Soll ich dich wieder nach Hause bringen?“ „Nein! Ich werde euch keinen Grund zum Spekulieren geben! In den acht Stunden könnte es ja sein, dass ich Juline verführe und sie Fabio vor den Augen wegschnappe! Ich hab immerhin die beste Freundin die es gibt und ich bin so glücklich! Lass mich in Ruhe, Jade!“ Nun stand ich auf, packte meinen Rucksack und lief so schnell es ging weiter. Jade folgte mir sprachlos und bedrückt. Ich wollte einfach nichts mehr davon hören. Von niemandem mehr. Es reichte mir schon, dass ich Körperlich und Psychisch, so fertig war. Endlich in der Schule angekommen setzte ich mich in meine einsame Tischreihe und genoss die Ruhe. Die Anderen gafften mich natürlich dumm an. Warum die ganzen Verletzungen? Sollten sie doch denken was sie wollen. Ich war nun erstmal froh zu sitzen und mich ausruhen zu können. Es dauerte keine fünf Sekunden, da kam auch unsere Lehrerin endlich. Sie strahlte bis über beide Wangen und hatte eine Blondine im Schlepptau. Moment mal! Das war... Sie!!! Das Mädchen, das mich am Strand gefunden hatte... Was wollte die ausgerechnet hier? Ihre Blicke wanderten sofort zu mir. Sie fühlten sich so bekannt und vertraut an... Als würde ich sie schon ewig kennen. Wahrscheinlich lag das nur an meinem verwirrten Schädel! Ich hatte sie vorher noch nie gesehen! Woher sollte ich sie also kennen? „Wir haben eine Austauschschülerin bekommen! Sie wird bis zum Frühjahr hier bei uns in der Klasse bleiben. June, erzähle ihnen doch ein Wenig über dich!“ „Gerne! Ich bin June Conelly, bin 18 Jahre alt und komme aus London.“ „WUHU!!! SEXY! SETZ DICH NEBEN MICH SCHNUCKEL!!!“, gröhlte Jo von seinem Platz aus und stieß seinen Nachbar vom Stuhl. June kicherte vergnügt und lächelte uns an. Als ich sie genauer ansah fiel mir dieser Anhänger auf, der um ihren Hals hing. Er sah aus wie unsere Elementsteine... Aber das konnte unmöglich sein! Er war violett! Genau wie ihre Augen und die farbigen Strähnen in ihren Haaren. „June, setze dich auf einen freien Platz. Weg gestoßene Sitznachbarn zählen nicht, Jo!“ „Jaja, ist ja gut... Dann eben in der Pause! Warte auf mich, Schatz!“ „Vielleicht ein Andermal“, antwortete June und setzte sich natürlich neben mich. Weil in der ganzen Klasse auch nur neben mir Platz war... Aber wenigstens hatte sich Caro wieder nach hinten gesetzt. Sie war die Letzte, die ich nun neben mir haben wollte. Dann doch lieber dieses seltsame Mädchen. „Hi! Dich kenne ich ja schon! Aber deinen Namen weiß ich noch nicht“, sagte sie freudig und lächelte mich an. „Adriano“, antwortete ich knapp und versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Allerdings war ich nervös und mir wurde leicht schwindelig. Vielleicht war es doch ein Fehler trotz Verletzungen zur Schule zu gehen. Während der Stunde guckte June oft zu mir herüber, doch ich versuchte sie zu ignorieren. Von ihr ging eine seltsame Energie aus. Sie fühlte sich so unbekannt, aber doch vertraut an. Wer oder was war sie wirklich? In der Pause war June das Highlight schlechthin. Jeder kam zu ihr und wollte sich mit ihr unterhalten. Ich ging nach vorne zu Chris, Jo und Fabio weil mir der Haufen Schüler neben mir zu unangenehm wurde. „Sie ist seltsam...“, sagte Chris. „Sie ist geil!“ „Nein, Jo! Habt ihr den Stein gesehen, den sie trägt?“, fragte Fabio nun und guckte misstrauisch zu ihr. „Ja, ich habe ihn auch bemerkt“ „Ach, Adde! Du musst natürlich überall hingucken! Du kleiner Aufreißer! Hihi!“, kicherte Jo und wuschelte mir die Haare durcheinander. Wütend schlug ich seine Hand weg: „Das hat nichts damit zu tun!“ „Jetzt lasst ihn doch einfach in Ruhe!“, meckerte Chris und stellte sich vor mich. „Was denn? Ich mach nur Spaß!“ „Lass den Scheiß! Du siehst doch, dass es ihm beschissen geht!“ Dann kam Caro auch noch zu uns: „Adriano? Kommst du mal bitte mit? Ich muss mit dir reden.“ „Hat das nicht bis nach der Schule Zeit?“ „Nein.“ Seufzend folgte ich ihr aus dem Zimmer und blieb mit ihr in einer ruhigen Ecke stehen. „Was ist?“ „Es tut mir leid, dass ich das gestern abgezogen hab... Ich war wütend und hatte Angst. Als ich dich mit Juline gesehen hab... Ich hab einfach Angst, dass ich dich verliere. Liebst du mich denn überhaupt noch?“, fragte sie mit glasigen Augen und gesenktem Blick. „Liebst du mich denn noch? Oder liebst du dich selbst zu sehr?“ „Ich liebe dich! Menschen verändern sich nunmal! Es tut mir leid, dass ich nicht so geblieben bin, wie ich vor vier Jahren war! Aber du hast dich auch verändert! In letzter Zeit erkenne ich dich kaum wieder... Was ist los?“ „Ich weiß es nicht...“ „Wie, du weißt es nicht?“ „Ich hab keine Ahnung was los ist! Ich verstehe gar nichts mehr! Seit gestern sowieso nicht mehr! Hast du denn wirklich nicht gesehen was passiert ist!?“ „Nein! Ich hatte Angst! Ich wollte nicht sehen was er mit dir anstellt!“ „Du hättest uns helfen müssen!“ „Ach guck mich doch an! Ich kann doch gar nichts! Wann hab ich jemals meine Kräfte benutzt!? Wie hätte ich euch helfen sollen? Ich wäre doch nur eine Zielscheibe gewesen, die euch abgelenkt hätte. Sag, würdest du mich genauso beschützen wie sie?“ „So lange deine Nägel dir wichtiger sind als zwei Menschenleben, wohl nicht.“ „Ich werde versuchen weniger auf diese oberflächlichen Dinge zu achten, wenn du mir noch eine Chance gibst. Ich liebe dich, wirklich!“ Was sollte ich tun? Wenn ich wieder glücklicher mit ihr wäre, dann würde ich nicht mehr so an Juline hängen! Ich sollte einen letzten Versuch wagen und ihr noch diese eine Chance geben... Vielleicht würde es ja etwas nutzen. „Ich liebe dich auch...“, antwortete ich und nahm sie in die Arme, ehe wir uns küssten. Allerdings fühlte es sich anders an als erhofft. Trotzdem wollte ich mich mit allen Mitteln dazu zwingen meine Gefühle wieder auf sie zu richten. Als wir uns voneinander lösten nahm sie meine verletzte Hand und schloss die Augen, während sie ihre eigene Hand darüber legte. Ich spürte erleichtert, wie der Schmerz endlich nachließ und schließlich komplett verschwand. „Danke, das hättest du gestern schon tun sollen!“ „Naja, ich hatte irgendwie nicht mehr daran gedacht. Tut mir leid...“ „Juline's Hände sind auch verbrannt.“ „Wie!? Seit wann das?“ „Seit gestern Abend, als sie mir das Leben gerettet hat.“ „War sie... Etwa nochmal bei dir?“ „Jade hat sie angerufen... Ich hab davon gar nichts mitbekommen weil ich diese Schmerzen und Fieber hatte.“ Ich hatte ja nur darauf gewartet, dass wieder irgendein dummer Spruch käme. Aber sie beließ es dabei. Ihr Glück! Als wir zurück zum Klassenzimmer kamen, standen die Anderen zusammen mit June vor der Tür. „Da seid ihr ja! Habt ihr euch etwa vertragen?“, fragte Jade überrascht. „Ein wenig. Was ist los?“, wollte ich nun wissen. Chris verschränkte die Arme: „June meint ein Assistant zu sein. Wie wir.“ „WAS!?“, kam es von Caro und mir fast synchron. Das würde ihren Stein und die Aura erklären. „Ja, ich bin ein Assistant und habe auch solche Kräfte wie ihr. Im Kampf gegen die Dämonen werde ich euch vielleicht noch nützlich sein. Ich bin immerhin voll ausgebildet.“ „Und eingebildet?“, fragte Fabio und kassierte einen Schlag auf den Hinterkopf von Jade, sie sich uns wieder zuwandte: „Nun, ihr Stein sieht unsren ziemlich ähnlich. Sie weiß über die Dämonen bescheid. Allerdings... Ähm... Kein Assistant hatte bisher einen violetten Elementstein. Welches Element gehört dir denn?“ „Das verrate ich euch ein ander mal.“ „Wie bitte?! Wie sollen wir dir denn glauben? Vielleicht bist du ja auch eine von Chamuel's Dienerinnen!“ „Haha! Sicher nicht. Ich bin nur auf der Suche...“ , erklärte sie nun wieder ruhiger und konzentriert. „Nach wem oder was?“, fragte Fabio misstrauisch. Jo lachte dazwischen: „Nach dem längsten Penis der Welt! Hier hast du ihn gefunden, Baby!“ „Jo, halt die Klappe“, meckerte Caro nun. „Ihr seid lustige Leute... Ich bin auf der Suche nach... meinem Freund. Ich vermisse ihn sehr.“ „Seid ihr ein Paar?“, fragte Jade nun entzückt, doch June schüttelte traurig den Kopf: „Nein. Waren wir nie. Aber vielleicht werden wir es ja, wenn ich ihn gefunden habe...“ „Wie heißt er und wo soll er sein?“, hakte Chris skeptisch nach. „Wieso muss sie einem Typen hinterher laufen! Das ist nicht fair!“, jammerte Jo aus dem Hintergrund und vergrub sich in die nächste Ecke. „Er ist in der Nähe. Das spüre ich... Mehr kann ich euch auch hier nicht verraten. Vertraut mir bitte. Ich bin kein Feind.“ „Na gut... Aber wir behalten dich im Auge!“ Jade hatte Recht. Sie klang zwar schon glaubwürdig, hatte aber zu viele seltsame Geheimnisse. Sie konnte kein Assistant sein. Es gab nur diese vier Elemente. Wasser, Feuer, Erde, Wind... Und diese hatten die Farben blau, rot, grün und gelb. Violett kam nie vor. Es gab schon welche unter uns die schwarze und pinke Steine trugen. Aber die waren immer Engel. Licht und Dunkelheit wurde noch nie von einem normalen Assistant geführt. Und was sollte nun Violett darstellen? Und wer war ihr komischer Freund? Hatte das vielleicht etwas mit mir zu tun!? Vielleicht hatte sie mich deswegen immer so angesehen! „Macht euch keine Sorgen. Lasst uns wieder ins Zimmer gehen.“ ~ Fabio Coldfire ~ Als wir uns nach der Schule alle zusammen mit Melody und Juline trafen fühlte ich mich wie im siebten Himmel. So hatte ich noch nie für ein Mädchen empfunden. Sie war intelligent, humorvoll und sah einfach nur total niedlich aus. Und sie schien endlich eine zu sein, die nicht nur an mich heran wollte nur um Adriano näher zu kommen. Um ihn machte ich mir große Sorgen. Nicht nur wegen seinen Verletzungen, sondern auch seinem Verhalten in den letzten Wochen. Er war ja noch nie sehr gesprächig oder lustig. Aber er zog sich irgendwie immer mehr von uns allen zurück und wirkte einfach nur noch traurig und unglücklich. Das lag bestimmt an den Streitereien mit seiner Freundin. Nun aber wollte ich mich lieber auf den Mittag freuen. Für mich war es schon schön mich nur mit Juline unterhalten zu können. Unser Abend auf dem Jahrmarkt lief ja am Ende nicht so gut, aber ich ging davon aus, dass wir uns bald wieder so verhalten könnten, als wäre nichts geschehen. Es war bestimmt einfach nur zu früh ihr zu sagen, dass ich sie so gerne mag. Während wir zu Neunt an einem großen Tisch im Café saßen betrachtete ich June, die mir seltsam vorkam. Aber nicht nur mir... Irgendwas stimmte hier nicht. Aber sie machte keinen fiesen Eindruck. Vielleicht sollten wir ihr wirklich einfach nur vertrauen? Immerhin hatte sie auch so einen Stein wie wir. Nur, dass dieser Stein eben eine andere Farbe hatte und sie gar nicht zu unserer Familie und unserem Umkreis gehörte. Wir waren Assistants von Außerhalb gar nicht gewöhnt. „June, du kommst also aus England? Gibt es da noch andere Assistants?“, fragte Chris. „Nein, ich habe dort keine getroffen. Hier scheint es ja einige von euch zu geben. Ihr seid ja schon ein richtiger Clan, haha!“ „Sozusagen...“, sagte Jade und musste kichern. Juline betrachtete sie skeptisch und June erwiderte diese Blicke. „Du bist die große Herrin dieser Elemente, nicht wahr? Die Erbin von Sacred Feye!“ „Du kennst also die Geschichte der Assistants und ihre Herkunft?“ „Ja! Ich habe es mit meinem Stein ergründet.“ „Als Herrin der Elemente ist mir dein Stein aber ein Rätsel. Violett gehört nicht in die Reihe. Wie du weißt, stammen die Assistants von den vier Elementgöttinnen ab, die von Sacred Feye erschaffen wurden. Aquarienne, die Göttin des Wassers, Terrania, die Göttin der Erde, Aria, die Göttin des Windes und Inferra, die Göttin des Feuers. Es gab keine weitere Göttin.“ „Juline, du bist klug und weißt genau über deine Rolle bescheid. Ja, in der Tat ist die Herkunft meines Steines eine Andere. Aber ich werde das hier nicht so erläutern können.“ „Gut, wenn du unter vier Augen mit mir darüber sprechen willst, dann kannst du mich jederzeit ansprechen.“ „Ich würde dir gerne meine Kräfte zeigen.“ Verwundert beobachteten wir June, wie sie Juline's verbrannte Hände nahm und sie innerhalb von Sekunden komplett gesund heilte. „Wieso kannst du heilen!?! Ich dachte, das können nur Assistants mit dem Element Erde!“, protestierte Caro erstaunt. Juline musterte June mit verengten Augen: „Nicht nur... Ich glaube ich weiß was du bist.“ Doch beide sprachen kein weiteres Wort. June zwinkerte Juline nur kurz zu, was uns ziemlich verwirrte. „Okay! Hören wir auf mit diesem Mystery-Scheiß! Ich will Fun haben! Jackie aus unserer Klasse gibt heute Abend eine mega Party!!! Und die halbe Schule wird dort sein. Zudem werden alle morgen schwänzen! Na klingt das geil oder was?“, erklärte Jo mit Freude. Ich fand Partys zwar eigentlich doof, aber vielleicht würde sich dort eine Gelegenheit finden Juline näher zu kommen. Die war auch ganz aufgeregt: „Party!? Ich war noch nie auf einer Party!!! Ich mag mitmachen!“ „Ich hasse Partys“, grummelte Melody, die sich bisher kaum an den Gesprächen beteiligt hatte und uns mit verschränkten Armen beobachtete. Auch die Andern stimmten zu und somit beschlossen wir uns am Abend alle wieder zu treffen. Mittagessen und die Ruhe zu Hause tat uns auch gut. Ich hatte einen riesigen Kohldampf. „Hey Jade! Du musst Juline mal fragen, ob sie nicht demnächst bei uns übernachten mag!“ „Haha! Dass sie in deinem Bett gepennt hat, fandest du wohl klasse, was?“ „Sicher!“ „Adde? Auch ein Stück Lasagne? Du musst was essen! Und Lasagne magst du doch so sehr! Ich wette du hast schon fünf Kilo abgenommen.“ „Na und... Ich hab kein Hunger. Ich geh ne Runde schlafen.“ Verwirrt guckten wir ihm hinterher bis er weg war, dann seufzten wir beide. „Ich mache mir Sorgen... So war er doch vorher nie“, sagte Jade betrübt. „Es ist viel passiert. Es wird wohl an Caro liegen. Beziehungen die nicht funktionieren scheinen ziemlich an den Kräften zu zehren.“ „Ich weiß nicht ob es an Caro liegt... Na gut, vielleicht ist es auch nur eine Phase. Komm, Fabi, wir futtern! Hast du dir schon einen Plan für heute Abend ausgedacht?“ „Wie?“ „Na! Du und Juline und Alkohol! Erst füllst du sie ab, dann werdet ihr etwas miteinander tanzen und so kommt ihr euch schneller näher, als euch lieb ist!“ „Meinst du? Haha! Okay!“ Wir planten noch weiter bis wir die Lasagne weggeputzt hatten. Danach wollte ich eigentlich auch etwas in unser Zimmer gehen um mich auszuruhen, doch als ich am offenen Türspalt stehen blieb, hörte ich ein Schniefen von drinnen. Adriano? Er war doch sonst immer so stark... Ich hatte ihn noch nie wirklich heulen sehen. Viel zu unsicher war ich nun und beschloss ihn alleine zu lassen. Wahrscheinlich würde er mir sowieso nicht sagen was los war. Es tat mir weh, dass er uns nicht so weit vertraute... Eigentlich sagten wir uns doch immer alles. Ein paar Stunden später saßen wir dann alle auf dem riesigen Sofa unseres Klassenkameraden und betranken uns. Alles schien wieder in Ordnung zu sein und Juline schien Alkohol nicht zu vertragen! Jo war derweil am Meckern: „Diese kleine Kuh! Hat die mich nicht vorhin wieder beim Rauchen erwischt und es meiner Ma gepetzt! Natürlich hab ich wieder massig Ärger bekommen!“ „Dann hör doch mit dem Rauchen auf, du Trottel“, fauchte Melody ihn an und bekam nur ein blödes Grinsen zurück. Sie war allerdings auch gleich wieder uninteressant als eine gutaussehende Schwarzhaarige an ihm vorbei lief. Ohne ein Wort zu sagen folgte er ihr und legte einen Arm um sie, während er sie anbaggerte. Zu unserem Entsetzen war sie entzückt und folgte ihm nach oben... „Ich fasse es nicht! Dieser Dreckskerl!!! ARGH!“ „Beruhige dich, Mel! Es ist doch nur Jo“, lachte Jade und kippte den nächsten Becher runter. „Ich geh Nachschub holen!“, meinte Adriano plötzlich und stand auf. „Bring mir was Hochprozentiges mit, Schatz!“, rief Caro ihm hinterher. Ich lächelte Juline an: „Wollen wir tanzen?“ „Oh! Gerne, hihi!“ Ich fühlte mich großartig als wir so nah beieinander standen und miteinander tanzten. Am liebsten hätte ich Stunden so weiter gemacht. Ihr Augen funkelten und sie war nur am lachen bis wir uns schließlich an den Händen packten und uns immer schneller drehten. Ganz schwindelig ließen wir uns schließlich wieder aufs Sofa fallen und hingen halb übereinander während wir nur noch am Lachen waren. Zum Glück ging es mir schnell wieder besser, nur Juline sah etwas blass aus. „Das war zu viel Alkohol... Mir ist etwas übel...“ „Ich geh dir was „normales“ zum Trinken holen“, bot ich ihr an und machte mich gleich auf den Weg. Ich bemerkte gar nicht, dass June auch verschwunden war und war umso überraschter, als ich sie bei Adriano fand. Die beiden unterhielten sich... Und sahen sich so vertraut an. Als würden sie sich schon ewig kennen. Was war hier los? „Adde! Wolltest du nicht neuen Alk besorgen?“ „Öh, ja. Wir haben uns nur etwas unterhalten.“ „So lange?“ „Warum nicht!?“ „Ich lass euch mal alleine. Ich will ja keine Diskussion auslösen, hehe.“ Mit diesen Worten verschwand unsere neue „Freundin“ und ich packte meinen Bruder am Arm. „Ich hab kein Bock mehr mir Gedanken machen zu müssen! Was ist los?! Du bist so komisch... Und wieso bist du so vertraut mit diesem Mädchen? Was ist mit Caro? Liebst du sie nicht mehr?“ Er guckte mich nur kurz an, ehe er die ganze Wodkaflasche ansetzte und einfach weglief. Ich verstand nun überhaupt nichts mehr. Als ich zurück kam wurde es noch schlimmer, denn Melody kam in Tränen die Treppe herunter gerannt und wurde gerade so von Juline abgefangen. „Mel!“ „LASST MICH!!! ICH HASSE IHN! ICH WOLLTE DOCH NUR KURZ INS BAD!!! UND DANN STEHT DER DA UND TREIBT ES MIT DREI WEIBERN!!! EKELHAFT! ICH HASSE DIESES ARSCHLOCH!!!“ Dann riss sie sich von Juline los und stürmte zur Tür hinaus. Juline folgte ihr und ich konnte nicht anders als den beiden ebenfalls zu folgen. Draußen fand ich zumindest Juline wieder. „Sie ist weg! Oh nein... Sie ist so unglücklich... Und das ist alles meine Schuld.“ „Warum soll es deine Schuld sein?“, fragte ich, ehe sie sich überrascht zu mir drehte. „Ohne mich wäre sie niemals hierher zurück gekommen. Dann müsste sie das nicht ertragen und hätte diesen Kummer nicht. Sie hat mich schon vorher gehasst. Aber jetzt wird sie mich umso mehr hassen...“ Während ihr kleine Tränen über die Wangen flossen, ging ich zu ihr und legte meine Arme um sie. Dass sie meine Umarmung erwiderte, machte mich ganz nervös und verlegen. Es war ein komisches aber tolles Gefühl. Wäre das vielleicht ein guter Augenblick für einen Versuch sie zu küssen? Sie guckte kurz zu mir hoch, doch dann wurde sie völlig hysterisch und stieß mich von sich: „Fabio... Nein! Nein, das geht nicht! Es tut mir leid... Ich muss jetzt Melody suchen... Bis bald.“ Dann rannte sie davon und ich blieb enttäuscht zurück. Auch ich hatte nicht vor zurück zur Party zu gehen und lief nach Hause. Doch einige Meter weiter stand plötzlich jemand vor mir. Ein seltsames Mädchen mit braunen Haaren und Rot-Gelben Augen. „Hey... Was machst du hier allein in den dunklen Straßen?“ „Ich habe mich verlaufen“, antwortete sie schüchtern. „So? Woher kommst du denn? Dann kann ich dir vielleicht helfen.“ „Ich bin ziemlich weit gelaufen... Ehrlich gesagt weit ich nicht mehr woher.“ „Aber du musst doch wissen, wo du wohnst.“ „Meine Familie ist erst gestern hierher gezogen“, sagte sie schließlich leise. „Verstehe... Magst du mitkommen? Zu Hause können wir vielleicht deine Adresse finden anhand deines Namens und so.“ „Du tust mir doch nichts oder?“ „Ich? Ach nein, ich bin ganz nett. Ich heiße Fabio! Und du?“ „Riann.“ Riann? Hatte ich den Namen nicht irgendwo mal gehört? Nein... Das konnte nicht sein. Nett lächelnd lief ich neben ihr und wurde nervös, als sie sich ein meinem Arm einhakte. „Hihi, mein Beschützer!“ „Ähh...“ „Danke, du bist mein Held! Ohne dich würde ich mein Haus bestimmt nicht mehr finden.“ „Ach, da hätte es doch viele Möglichkeiten gegeben“, antwortete ich hastig und konnte mit so viel netten Worten gar nicht umgehen. „Sei nicht so bescheiden. So gut aussehende Kerle wie du haben doch meist einen richtigen Machocharakter.“ „Gut aussehend!?“ Sie blieb stehen und guckte mich mit einem Lächeln an: „Aber ja! Ich wusste gar nicht, dass amerikanische Jungs so sexy sind.“ „Übertreib nicht“, stammelte ich und wollte schnell weiter laufen. Mir hatte noch nie ein Mädchen gesagt, dass ich „sexy“ aussehe. Aber irgendwas war seltsam. Sie wirkte so traurig... Nun, in ihrer Situation wäre das wohl normal. „Wollen wir Freunde sein? Du könntest mir die Stadt zeigen!“ „Kann ich machen, hehe.“ „Ja, super! Juhu!“ Nun schmiegte sie sich richtig an meinen Arm und ich wusste nicht wie ich nun reagieren sollte. Verdammt! Warum konnte ich in solchen Situationen nicht einfach cool sein? Adriano würde das bestimmt völlig kalt lassen! Ich wäre gern etwas mehr wie er oder Jade... „Sag mal, Fabio... Hast du eigentlich eine Freundin?“, fragte sie mich nun mit großen Augen. „Äh... Wieso fragst... du?“, stotterte ich nun wieder. Verdammt! „Du bist so cool... Ich hätte gerne einen Freund wie dich.“ „Äh... Ähm... Ich habe keine Freundin, aber...“ „Keine Freundin? Das verstehe ich nicht... Auch kein Mädchen, das du magst?“ „Naja, da gibt es diese Eine... Aber die will mich wohl nicht.“ „Dann ist sie dumm“, antwortete sie, zog mich zu sich und küsste mich. Was war das für ein Mädchen? Neu in der Stadt, hat sich verlaufen und küsst den nächst besten „Helden“? Sie wurde rot im Gesicht und nahm etwas Abstand: „Ohje, das tut mir so leid! Eigentlich bin ich nicht so stürmisch! Vor allem Fremden gegenüber bin ich eigentlich so misstrauisch... Aber du wirkst so vertrauensvoll...“ „Du solltest aufpassen mit welchen Leuten du dich einlässt“, antwortete ich verlegen. Was machte ich hier eigentlich? Juline hatte mich nun schon zum zweiten mal abgewiesen... Aber ich liebte sie trotzdem. Dennoch war ich frustriert. Jo ließ sich mit vielen vielen Mädchen gleich auf den ersten Blick ein... Und sie sah süß aus. „Ich glaube ich versuche es doch besser alleine und gehe zur Polizei. Die helfen mir bestimmt nach Hause“, sagte Riann plötzlich. Ich wollte das erste und einzige Mädchen das sich je für mich interessierte, ohne Adriano zu kennen, nicht so schnell loshaben... „Nein! Nein, ich werde dir helfen...“ „Oh Fabio! Du bist so nett zu mir, das habe ich gar nicht verdient!“ Etwas unsicher guckte sie mich nun an, als wüsste sie gar nicht, was sie tun sollte. Ihre Blicke wirkten wie ein Bann auf mich... Als würde sie mich verzaubern... So sehr fühlte ich mich zu ihr hingezogen. „Magst du... Mich noch einmal küssen?“, fragte sie mich langsam. Wie in Trance lief ich zu ihr und küsste sie nochmal... ~ Kapitel 14 ~ Violett ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 15: Chaos und Verwirrung -------------------------------- Kapitel 15 ~ Chaos und Verwirrung ~ Juline Coldfire ~ Ich hasste mich dafür Fabio schon wieder derartig abserviert zu haben... Ich wollte ihm nicht weh tun. Dafür war er viel zu nett und fürsorglich. Er hatte es nicht verdient so behandelt zu werden. Was war denn nur mit allen los? Jeder war irgendwie komisch. Nun kam auch noch June zu uns. Und im Gegensatz zu den Anderen wusste ich was sie war und nach wem sie suchte. Sie war offensichtlich ein Engel und suchte nach Elohim. Da Elohim ein Geist in Adriano's Körper war, hatte June natürlich ein Auge auf Adriano. Das könnte Caro ja nur falsch verstehen... Aber auch ich fühlte mich seltsam. Ich wusste, dass sie Elohim wollte, hasste es aber, wenn sie Adriano so anguckte. Warum konnte man Gefühle nicht einfach so abschalten? Ich kam nicht nach Orlando um Gefühle für einen Sterblichen oder Assistant zu entwickeln. Für sowas hatte ich keine Zeit und es wäre keine längere Sache. Ich müsste zurück... Und falls wir Chamuel nicht stoppen könnten, wäre sowieso alles vorbei. Er würde die ganze Menschheit zerstören... Ich sollte nicht so negativ denken und nun schnell Melody finden! Mein schlechtes Gewissen und die Schuldgefühle plagten mich zusätzlich. Wäre ich nicht hier, dann hätte sie all diese Probleme nicht. Kein Wunder, dass sie mich hasst... Ich erschreckte mich und blieb abrupt stehen, als ein grelles Licht vor mir erschien und Sacred Feye dort stand. Bei ihrem Anblick schlug mein Herz wieder schneller. Immer wenn sie vor mir erschien gab es Neuigkeiten von meinem Paps und Aris! Vielleicht hatte sich ja etwas getan! Oder Chamuel hatte zu viel Angst bekommen durch Elohim's Angriff! Nein... Er hatte ja gesagt, er würde sich auf den nächsten Kampf gegen Elohim besser vorbereiten. Es war zum Haareraufen!!! Elohim konnte als Einziger mit Chamuel mithalten, doch seine Kräfte schadeten Adriano's Körper zu sehr! Ich wollte nicht, dass Elohim Adriano schaden würde. Er war mir inzwischen zu wichtig... „Junge Dame! Was treibst du eigentlich?“, fragte Sacred Feye und riss mich aus meinen Gedanken. „Äh... Ääääh... Ich suche eine Freundin von mir. Ihr geht’s nicht gut.“ „Ja, ich merke schon, euch geht’s allen ZU gut! Ihr sollt euch auf einen Kampf vorbereiten! Einen harten Kampf! Und was treibt ihr? Statt zu trainieren treibt ihr euch alle nur herum, besauft euch und heult! Hör endlich auf so gefühlsduselig zu sein! Chamuel hat dich gefunden, er weiß nun, dass du hier bist. Und er könnte dich jederzeit wieder angreifen!“ Ja, das könnte er... Aber er würde nicht... Elohim hatte zu viel Eindruck hinterlassen. Ich könnte darauf wetten, dass er nun erstmal einen Plan aushecken würde! Ob ich Sacred Feye von Elohim erzählen sollte? Hmm... Es war immerhin auch noch nicht ganz sicher ob sie nun wirklich auf unsrer Seite war. Ich vertraute ihr nicht so ganz. Sie war immerhin diejenige, die meine Eltern umbringen wollte. Ich beschloss meine Informationen erstmal selbst zu sammeln. Ich musste mehr über Elohim herausfinden! „Sacred... Was weißt du über Elohim?“ „Über Elohim?“ „Ja, ich denke es ist besser wenn ich möglichst viel über ihn weiß. Immerhin will und muss ich ihn als Waffe gegen Chamuel nutzen.“ Sie verschränkte die Arme und seufzte, während sie nachdenklich umher guckte. „Über Elohim weiß niemand etwas ganz Genaues. Er wurde auch schon lange nicht mehr im Himmelsreich gesehen. Ob ihm nun was passiert ist, weiß auch niemand. Die Engel dachten nur immer es wäre besser, wenn er weg wäre.“ „Warum?“ „Warum auch immer er so stark ist aber... Würde ein Engel derartiger Stärke abtrünnig werden, hätte das Himmelsreich ein Problem. Und da Elohim nie wirklich gehorsam war, hatte natürlich auch jeder Angst davor.“ „Also haben die Engel Angst vor ihm weil er mit seiner Stärke alles zerstören könnte, wenn er den Engeln den Rücken kehren würde.“ „Mit Sicherheit. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass er dies tun könnte. Er war immerhin nie loyal gegenüber Gott. Diese Verbundenheit zum Herrn besteht bei ihm irgendwie nicht.“ Ich überlegte... Das könnte natürlich bedeuten, dass Elohim nicht von Gott erschaffen wurde. Gott war der Vater von allen Engeln, die er selbst erschaffen hatte. Doch ich und auch Aris hatten uns nie zu Gott verbunden gefühlt. Bei Aris hatte mich das ziemlich gewundert. „Elohim zu finden ist fast unmöglich, wenn ich das mal so ausdrücken darf. Du solltest dich nicht zu sehr auf das versteifen, was dein Daddy dir gesagt hat, Juline. Wo solltest du ihn denn finden? Und selbst wenn du ihn finden würdest, würde er dir garantiert nicht helfen. Du solltest deine eigenen Kräfte stärken!“ Am liebsten hätte ich laut los gelacht... Ja, Elohim zu finden war FAST unmöglich. Ich hatte ihn gefunden, konnte nun aber dennoch nichts mit ihm anfangen. Für Adriano's Körper waren seine Kräfte viel zu gefährlich... „Okay, gut. Ich habe dich jetzt gewarnt und werde mich zurückziehen. Trainiert endlich eure faulen Hintern!“ „Sacred! Wie komme ich ins...“ Sie war schneller weg als ich sie nach dem Weg ins Himmelsreich fragen konnte. Verdammt! Zu was war diese Idiotin eigentlich gut? Ich müsste doch nur mit Adriano ins Himmelsreich und dort Elohim's Körper finden. Plötzlich fuhr mir ein kalter Schauder über den Rücken. Was ist, wenn Elohim's Körper tot und verschimmelt irgendwo im Nichts herumliegt!?! Oder wenn er hässlich aussieht!? Oder wenn sein Körper der eines alten Sack ist? So würde ich ihn doch niemals finden... Ich wusste nichtmal wie seine richtige Gestalt aussah. Seufzend ballte ich die Hand und trat mit einem lauten Wutschrei nach einem Stein, wobei ich mir den Fuß anschlug. „Verfluchte Scheiße!!! Verdammter Boden! Scheiß Stein!!! Geht doch alle sterben!!! WAAAAH!“ Das tat gut! Mein Fuß pochte zwar, aber ich lief trotzdem weiter um Melody zu suchen. Sacred suchte sich auch immer die unpassendsten Momente aus. Zum Glück musste ich nicht mehr lange nach Melody suchen, denn sie hatte sich in unserem Hotelzimmer verschanzt. Dort suchte ich zuerst und war erleichtert nicht weiter laufen zu müssen. Völlig geknickt und heulend saß sie auf ihrem Bett und bemerkte mich erst überhaupt nicht. Ich wusste nicht, ob sie nun wütend auf mich reagieren würde und überlegte ob ich mich nun zu ihr setzen sollte oder nicht. Schließlich entschied ich mich dafür und setzte mich langsam zu ihr. Zögerlich legte ich dann noch meinen Arm um ihre Schultern. Wahrscheinlich würde sie mich gleich anfallen und zerfleischen! Doch sie schluchzte nun noch viel lauter und klammerte ihre Arme um mich. „Es ist so unfair!“, sagte sie heißer und schluchzte erneut los. „Es tut mir leid, Mel“, antwortete ich leise und machte mir nun wieder Vorwürfe. Es verunsicherte mich sie so zu sehen. Bisher war sie immer so tapfer und stark. Nur am Meckern und sich über alles am Beschweren. Doch nun war sie klein und schwach mit einem gebrochenen Herzen. Nach meinen Worten richtete sie sich auf und guckte mich verständnislos an: „Was tut dir leid?“ „Es ist alles meine Schuld... Nur wegen mir bist du hier... Wenn du mich hasst, dann kann ich das verstehen. Ich wollte das nicht.“ „Ach du blöde Kuh! Dir mache ich doch gar keine Vorwürfe mehr. Woher hättest du das alles wissen sollen? Ich bin schon lange... Lange in Jo verliebt. Vor vielen Jahren, als wir noch hier wohnten, war ich das schon. Er ist so ein Idiot! Die Art wie er nur Mist im Kopf hat und alle zum Lachen bringt... Aber er würde mich nie als Frau sehen... Er macht sich nur über mich lustig. Wenn du ihn fragen würdest, wüsste er wahrscheinlich nicht mal mehr meinen Namen.“ „Hmm... Jo ist ziemlich eigen, ja. Dass du ihn insgeheim magst war so unvorstellbar...“ „Weil ich so anders bin?“ „Ja... Ihr unterscheidet euch doch wie Tag und Nacht. Das meine ich aber nicht böse. Ich finde, er sollte von deinen Gefühlen erfahren! Dann merkt er vielleicht was ihm entgeht und er ändert sich dann für dich!“ „Boah, du bist so kitschig und altmodisch. Als ob der sich jemals ändern würde. Die ganze Zeit über konnte ich ihn endlich vergessen. Und der wahre Grund warum ich nicht hierher wollte, war er. Da sind alle Gefühle wieder hochgekommen. Und zudem! Wenn ich ihm sagen würde, was ich so empfinde, lacht er mich doch höchstens aus! Oder er schleppt mich für eine Nacht ins Bett und lässt mich dann fallen... Ich will einfach nicht noch mehr enttäuscht werden. Der Anblick von ihm mit diesen beiden Tussis im Bad war schon zu viel!“ „Was hast du zu verlieren? Demnächst wirst du wieder nach Hause fahren. Wenn er blöd reagiert, musst du ihn dann nicht mehr sehen.“ „Ich will ihn aber sehen... Ich hasse es! Ich will nicht weg! Es würde mir noch mehr weh tun ihn gar nicht mehr sehen zu dürfen. Damals war es einfacher...“ Das konnte ich nur zu sehr nachvollziehen... Am liebsten würde ich auch hier bleiben. Nur für Melody war es möglich hier zu bleiben, wenn sie das wollte. Für mich gab es diese Möglichkeit nicht. Wenn ich daran dachte Adriano nie wieder zu sehen, wurde mir übel. Die Anderen würde ich zwar auch vermissen aber... Irgendwie fielen meine Gedanken sofort auf Adriano, wenn mir ins Gedächtnis kam, dass ich gegen müsste. Ich hasste dieses Gefühl. „Das verstehe ich zu gut...“, antwortete ich schließlich betrübt, weswegen sie mich überrascht anguckte. „Es ist besser, wenn ich mich in niemanden verliebe und keine besonderen Bindungen aufbaue, denn ich muss früher oder später weg hier. Ich bin kein Mensch...“ „Wer sagt denn, dass du als Tochter eines gefallenen Engels nicht hier leben darfst!? Auf Gottes Gesetze musst du ja wohl nicht hören! Und solange du unauffällig bleibst, kannst du doch normal mit uns leben!“ „Ja, das mag schon in etwa so sein. Ich weiß es auch nicht... Mir wurde mein Leben lang beigebracht, dass ein Engel nicht auf der Erde leben darf. Wenn Gott das herausfindet, werden sowohl der jeweilige Engel als auch die Menschen, die mit ihm zu tun hatten, bestraft. Hat mir mein Paps mal erklärt. Aber nun, wo die Dinge so sind wie sie sind, weiß ich nicht inwiefern das noch gilt. Ich hab doch keine Ahnung mehr was überhaupt gerade noch Sache ist...“ Plötzlich nahm sie meine Hände und lächelte mich an: „Ich hoffe jedenfalls... dass du noch ganz lange bei uns bleiben kannst.“ „Melody...“ ~ Adriano Coldfire ~ Alleine... In meinem Traum, den ich diese Nacht hatte, fühlte ich mich so schrecklich alleine und leer. Dann war da noch diese starke Sehnsucht... Aber nach was? Diese Gefühle wirkten so real, genau wie die Umgebung in der ich mich befand. Es war als würde ich auf Wolken laufen. Über mir war der Himmel dunkel und voller Sterne. War ich tot? Ich hörte diese Stimmen... Woher kamen diese Stimmen? „Du musst groß und stark werden, hörst du? Lass dich von niemandem unterkriegen! Lebe!“, sagte eine weibliche Stimme leise und verzweifelt, ehe sie anfing zu schluchzen. Wer war sie? Noch immer konnte ich nichts erkennen. Erst nach einigen Sekunden erkannte ich ein kleines Baby, das in den Wolken herumlag und schrie. Es war in eine Decke gewickelt... Obwohl ich zu ihm gehen wollte, konnte ich mich kein Stück bewegen. Schließlich verschwand das Bild von dem Baby und im nächsten Moment war der Himmel hell. Aus den Wolken ragten hier und da Regenbögen. Die Gebäude waren prächtig und strahlten in sauberem weiß, als würde man sie täglich stundenlang reinigen. „Wo kommt das Baby her?!“ „Keine Ahnung! Aber das kann nichts Gutes heißen!“ „Wir sollten Gott darüber informieren.“ „Er wird es sowieso schon wissen. Lord Metatron!“ Ich sah, wie diese Leute, die Flügel auf ihren Rücken trugen, niederknieten und sich ein alter Mann zu ihnen gesellte. Er nahm das Baby zu sich und musterte es skeptisch: „Das ist mir sehr rätselhaft... Gestern Abend verschwindet Lord Luzifer und heute finden wir ein Baby, wo Engel doch nur durch Gott erschaffen werden dürfen! Ich werde es sofort zu Gott bringen!“ Erneut wurde alles um mich schwarz und ich befand mich in der nächsten Szene. Dort sah ich das selbe Kind, das nun etwas älter war. Vielleicht fünf oder sechs Jahre alt. Bei ihm war ein kleines blondes Mädchen. „Ich finde Gott großartig! Schau doch mal! Er hat extra wegen dir einen Engel in deinem Alter erschaffen. Mich! Eigentlich erschafft er nur voll ausgewachsene Engel!“, plapperte die Kleine fröhlich vor sich hin. Der Junge schien sich kaum dafür zu begeistern: „Ja, sehr toll! Aber die Erwachsenen hassen mich alle! Keiner will etwas mit mir zu tun haben. Außer Lady Lumen...“ „Lady Lumen ist die Beste!“ „Ja! Schau mal, was sie mir beigebracht hat!“, sagte er nun stolz und hob seine kleinen Hände hoch. Plötzlich erschienen zwei Schwerter, die blau leuchteten und im Grunde nur aus Wasser bestanden. „Wow!!! Was ist das?“ „Lady Lumen meinte, ich hätte große Kräfte! Und damit ich diese besser verarbeiten kann, soll ich lernen mit den Schwertern zu kämpfen! Sie will mir dabei helfen!“ „Lady Lumen kann sowas? Wahnsinn!“ „Die Schwerter sind klasse! Irgendwann will ich ganz stark werden und richtig gut kämpfen können...“ „Wieso?“, fragte die Kleine nun mit besorgten Blicken. Der Junge streckte ihr eins der Schwerter entgegen und guckte entschlossen: „Damit ich dich beschützen kann, wenn der fiese Luzifer mit seiner finsteren Armee ins Himmelsreich kommt!“ „Ach, du spinnst doch!“, antwortete sie und kicherte. Ehe ich diese Szene verstehen konnte, verschwand sie auch schon wieder. Nun stand ich alleine hier herum.Ich starrte meine Hand an und fragte mich verwirrt wer ich eigentlich in diesem Augenblick war. Ich fühlte mich so fremd in mir selbst. Am liebsten hätte ich in einen Spiegel geguckt, doch hier war weit und breit nichts, das danach aussah. Doch! Einige Schritte weiter war etwas, das wie ein Teich aussah. Mit schwerfälligen Schritten lief ich dort hin und ließ mich auf die Knie fallen. Mein Herz pochte schnell als ich mich überwand und mich nach vorne lehnte um mein Spiegelbild zu sehen. Zu meiner Verwunderung sah alles aus wie immer. Zumindest auf den ersten Blick. Nach wenigen Augenblicken fiel mir meine Augenfarbe auf. Meine Augen waren blau, doch normalerweise grün! Und die beiden Ohrringe trug ich am linken Ohr. Ich trug meine drei Piercings allerdings immer rechts. Ich sah aus wie der kleine Junge von der vorigen Szene, nur wieder einige Jahre älter. Wahrscheinlich in meinem Alter oder älter. „Was ist hier los?“, fragte ich schockiert und erschrak mich noch mehr, als ich hörte, dass meine Stimme etwas tiefer klang, als normal. Und was waren das für seltsame Klamotten, die ich trug!? Einen blauen Pulli und eine weiße Stoffhose? Auch die seltsamen Stiefel waren weiß. Sowas würde ich niemals anziehen! „Hier bist du ja!“, hörte ich auf einmal jemanden hinter mir sagen und fiel fast ins Wasser vor Schreck. Dieser Traum soll enden!!! Sofort! Die Person, die mich angesprochen hatte, sah aus wie June. Aber ihre Haare waren anders und sie hatte Flügel auf dem Rücken. Das kleine Mädchen von vorher!? „Ich hab dich schon überall gesucht! Was treibst du wieder? Du solltest mal endlich etwas Nützliches tun, statt immer nur herum zusitzen oder zu trainieren.“ „Was hat das für einen Sinn?“, fragte ich von selbst. Langsam machte sich etwas Panik in mir breit. Ich hatte absolut keine Kontrolle mehr über mein Handeln, obwohl ich alles ganz bewusst mitbekam. „Nun, der Sinn ist etwas für Andere zu tun“, sagte sie und blickte mit einem Lächeln in den Himmel. „Die Andern... Die sind doch froh, wenn die mich nicht sehen müssen. Es wäre besser, wenn ich nicht da wäre...“, redete ich schon wieder leise vor mich hin und spürte wieder diese Leere. „Es ist alles egal...“ „Wenn du mehr Zeit mit den anderen Engeln verbringen würdest, hätten sie weniger Angst vor dir. Ich habe keine Angst vor dir. Ich... Ich mag dich!“ „Warum?“ „Weil du niedlich bist“, antwortete sie fröhlich und küsste mich auf die Stirn, ehe sie davon lief. Wer war das!? Und wer bin ich eigentlich? Alles war so verwirrend... Ich verstand überhaupt nichts mehr. Plötzlich stand jemand anderes neben mir. Auch ein Engel mit ausgebreiteten Flügeln. Er wirkte etwas älter und guckte mich grimmig an. „Du blöder Faulpelz! Mach dich vom Acker! Am besten weit weg! Bevor du noch jemandem schadest! Was treibst du dich auf meinem Grundstück herum!? Deine Existenz ist von Schande und Unheil getränkt!“ „Halt's Maul, Alter Sack“, antwortete ich wieder von selbst und stand auf. Oh mein Gott!!! Wieso musste ich mich mit einem Engel anlegen!? Ängstlich wich er zwei Schritte zurück und umklammerte seinen Stab: „Eine falsche Bewegung und ich werde dich melden! Hau ab!“ „Jaja... Ist ja schon gut... Idiot.“ Er hatte mir irgendwas hinterher geworfen, das nur knapp meinen Kopf verfehlte. Nun spürte ich nur noch Hass und Wut. Dann wurde alles dunkel und ich hörte wieder nur Stimmen: „Hahaha! Schau dich an! Du Möchtegern-Engel! Du wirst nie einer von uns sein!“ „Dein ganzes Dasein bedeutet Unglück und Dunkelheit! Du bist anders als wir! Und darum wirst du immer nur allein sein!“ „Du wirst niemals kennen lernen wie es ist mit anderen zusammen Spaß zu haben! Miteinander... Zusammen... Hahaha! Diese Worte wirst du niemals kennen lernen!“ „Wie fühlt es sich an niemanden zu haben?“ „Du bist eine Schande für unser Volk!“ „Du bist ein Nichtsnutz und Abschaum! Verschwinde!“ „Niemand liebt dich!“ „Warum schließt du dich nicht Luzifer an? Du passt sowieso nicht zu uns!“ „HÖRT AUF!!! HÖRT AUF DAMIT! ICH LIEBE IHN! ER GEHÖRT ZU MIR! LASST IHN IN RUHE!!!“, schrie plötzlich diese Stimme dazwischen und alle Anderen hörten endlich mit dem ganzen Gelaber auf. Es war dieser blonde Engel! Ich erkannte ihre Stimme wieder... Sie stand auf einmal wieder vor mir und legte ihre Hände auf meine Wangen, während sie mir verzweifelt in die Augen starrte: „Du darfst dich niemals der Dunkelheit anschließen, okay!? Niemals! Versprich es mir! Egal wie sie zu dir sind! Tu nicht das Selbe wie Luzifer! Sie können nichts dafür, sie haben Angst vor Jenen, die anders sind!“, flehte sie mich mit Tränen in den Augen an. „Es gibt etwas, das du wissen sollst... Ich habe mich nie der Dunkelheit angeschlossen... Nicht wegen ihnen und nicht weil ich bin, was ich bin... Sondern wegen dir. Ich wollte dir nicht das Herz brechen“, hörte ich mich selbst wieder reden. Kalter Schweiß stand mir auf der Stirn und mein Herz raste, als ich aufschreckte und mich im Zimmer umsah. „Es war nur ein Traum!“, redete ich mir selbst ein und merkte jetzt erst, dass Fabio gar nicht da war. Unruhig stand ich auf und öffnete leise Jade's Zimmertür. Auch sie war nicht zu Hause. Waren die alle noch feiern!? Unten war auch alles Dunkel... Mit Gänsehaut schlich ich in die Küche und schaute mich alle paar Sekunden um. Eindeutig zu ruhig! Mit einem Kaffee in der Hand wanderte ich zurück ins Wohnzimmer und setzte mich vor den TV. Was war das für ein Traum, der sich so real anfühlte? Ich hatte immernoch teilweise diese Gefühle in mir, die ich auch im Traum verspürt hatte. Im selben Moment erinnerte ich mich an diesen blonden Engel, der wie June aussah. Wieder dieses vertraute Gefühl... Aber June konnte unmöglich jemand aus meinem Traum sein. Schon gar nicht ein Engel! Es konnten auch kein Erinnerungen sein, immerhin hatte ich all das nie erlebt. June ging mir die restliche Nacht nicht aus dem Kopf. Langsam bekam ich wieder Kopfschmerzen und versuchte noch etwas zu schlafen. Dabei hoffte ich, dass ich nicht wieder diese Träume bekommen würde. „Hey!!! Adde! Wach auf!“, rief Jade und rüttelte mich, als ich langsam wieder zu mir kam. „Was? Wo kommst du denn her?“ „Du musst aufstehen! Wir kommen alle zu spät zur Schule!“ „Äh... Oh! Wann seid ihr heim gekommen? Und wollten wir nicht eigentlich heute alle schwänzen?“ „Nein, die Lehrer haben unsere Pläne herausgefunden und drohen uns nun mit Sonderstrafen. Ich kam gegen vier, haha! Und Fabio, keine Ahnung. Ich hab ihn mit Juline raus gehen sehn. Danach waren beide verschollen.“ Mein Magen zog sich in diesem Moment so zusammen, dass es weh tat. Fabio und Juline... Das hieß also... Ob sich meine Befürchtungen bestätigt hatten? Und wenn schon, es musste doch so kommen. Wie sollte ich damit nun umgehen, ohne dass es jemand bemerken würde? „Adde? Du siehst blass aus! Alles klar?“ „Ja! Ja, ich hatte nur 'ne miese Nacht.“ „Ah, gut. Ich hoffe ja, dass Fabio es endlich geschafft hat und Juline für sich gewinnen konnte! Unser Fabsi wird erwachsen!“, schwärmte sie entzückt, als wir unsere Rucksäcke nahmen. „Ja“, antwortete ich eher gezwungen und versuchte ein Lächeln ins Gesicht zu kriegen. Meine Knochen taten immernoch weh und alles schien, als könnte es nicht mehr schlimmer kommen. Wenn Fabio und Juline nun zusammen waren, dann sollte ich mich nicht so sehr daran aufhalten. Ich hatte ja noch Caro! Immerhin war sie meine Freundin und nicht Juline... In der Schule kam es jedoch nicht besser. Vor unsrem Klassenzimmer wurde ich von einem unsrer Mitschüler abgefangen. Er war ganz aufgeregt und außer Puste: „Adriano!!! Ich dachte, du solltest es wissen, bevor du da rein gehst!“ „Was denn?“ „Ähm... Wegen der Party gestern... Äääh...“ „Ja, was!?“, drängte ich ihn nun ungeduldiger. „Es wird erzählt, dass du auf der Party was mit June hattest.“ „WAS!?“ „ADDE! Ist das wahr!?“, fragte Jade entsetzt. „Nein! Natürlich nicht! Ich hatte mich nur etwas mit ihr unterhalten!“ „Naja, was auch immer wahr ist... Die ganze Schule plaudert darüber.“ Und ich dachte, es könnte nicht schlimmer kommen... Wahrscheinlich hatte Caro auch schon von den Gerüchten gehört. Und wie ich sie kannte, glaubte sie allen nur nicht mir, was bedeuten würde, dass sie wieder ne riesen Szene abzieht. Und so kam es auch... Noch ehe ich ins Klassenzimmer gehen konnte, kam sie auch schon rausgestürmt: „Aha!!! Wusste ich doch, dass ich deine Stimme gehört hab! Was soll das?! Kannst du mir das erklären!? Nein, ich will gar keine Erklärungen!“ „Caro! Es ist nicht wahr! Das sind nur Gerüchte!“ „Ähh... Wir lassen euch mal alleine!“, sagte Jade und schob den komischen Typen aus unsrer Klasse mit ins Zimmer. Caro baute sich vor mir auf und stemmte die Hände in die Hüfte: „Gerüchte... Ne, ist klar! Wo hattest du dich denn gestern die ganze Zeit herumgetrieben als du alleine warst!? Ich hab dich eine ganze Weile nicht gesehen auf der Party!“ „Ich hab etwas mit ihr geplaudert, aber mehr nicht. Fängt das schon wieder an!?“ „Ach! Und jetzt auch noch das Opfer spielen, ja? So mag ich es ja!“ „Caro, du glaubst den Anderen mehr als deinem eigenen Freund!?“ „Dir glaub ich gar nichts mehr!!! Du lügst doch eh nur rum! Erst Juline und dann June! Vergiss es einfach!“ „Okay! So macht das auch gar kein Sinn! Wenn du mir schon nichts mehr glauben willst, bitte! Das ist mir zu blöd...“ „Hau doch ab!“ „Leck mich!“ Mit einer riesen Wut im Bauch lief ich durch das inzwischen leere Treppenhaus und stieß ausgerechnet auf June, die mich fast umrannte. „Adriano! Ist irgendwas mit dem Unterricht? Schwänzen doch alle?!“ „Nö, aber ich hab kein Bock auf den Scheiß! Mir egal, was für bescheuerte Strafen sich die Lehrer ausgedacht haben.“ „Was ist denn passiert?“ „Die ganze Schule erzählt herum, dass zwischen uns beiden gestern auf der Party was gelaufen sei!!!“, meckerte ich frei heraus, worauf sie kicherte. Sie sah fast genauso aus, wie in dem Traum, den ich hatte. Plötzlich kam sie näher zu mir und schmiegte sich an mich, was mich nervös machte. Aber ich konnte sie auch nicht von mir wegdrücken. Es war, als würde ich es gar nicht anders wollen... „Wäre es so peinlich für dich mit mir zusammen gesehen zu werden?“ „Ähh... ähm... Du... Aber...“ Mir wurde so warm... Schließlich wehrte ich mich nicht mehr gegen diesen Drang und legte meine Arme um sie. Auf einmal wirkte sie jedoch so traurig und guckte mich mit feuchten Augen an. „Ich wusste du bist es! Ich hab's gleich gemerkt...“ Nun vergrub sie ihren Kopf wieder in meinen Armen und heulte sich aus. Ich verstand die Welt nicht mehr. „Wer? Wer soll ich sein?“ „Nur einmal... Ich vermisse dich so sehr...“ Völlig unerwartet küsste sie mich, wodurch ein stechender Schmerz durch meinen Kopf ging und mir kurz schwarz vor Augen wurde. Völlig verwirrt schubste ich sie nun von mir weg und starrte sie an: „Was ist mit dir los?! Und was stimmt mit mir nicht!? Wer bin ich?!“ Resigniert schloss sie die Augen und schüttelte den Kopf, ehe sie beide Hände auf meine Wangen legte und mir ernst in die Augen guckte: „Halte noch etwas durch, ja? Es ist bald vorbei... Ich versuche dir zu helfen. Du weißt, dass du mir vertrauen kannst, es war doch schon immer so. Bleib noch etwas stark! … Und du auch, Adriano!“ „Hä!? Hör auf in Rätseln zu sprechen! JUNE!“, schrie ich ihr hinterher, als sie schnell wegrannte und schneller verschwunden war, als ich gucken konnte. Was war das!? Konnte es denn jetzt noch schlimmer kommen!? Erst dieser Traum, dann die Neuigkeit über Fabio und Juline... Dieses Gerücht und Caro, die nun wieder beleidigt war und jetzt das... Fertig wie ich war, zündete ich mir draußen erstmal eine Zigarette an und lief zum Meer, in der Hoffnung, den Kopf frei zu bekommen. Als ich dort ankam, ließ ich mich einfach zurück in den Sand fallen und starrte zum trüben Himmel. Wieso hatte ich das Gefühl, dass alle Anderen mehr über mich wussten, als ich selbst... Alles drehte sich nur noch und ich fühlte mich, als könnte ich überhaupt nicht mehr klar denken. Wovon hatte June gesprochen?! Wie gerne hätte ich nun Juline neben mir sitzen. Einfach nur um ihr alles zu erzählen... Sie hatte mir bisher schon immer helfen können, wenn es mir so ging. Sie wirkte so ewig weit weg und unerreichbar. Noch viel weiter weg als zuvor. Aber nicht nur sie, irgendwie alle... Es war diese Gefühl von allein sein... Einsamkeit... Leere... „Spürst du, wie es sich anfühlt ganz alleine zu sein? Von Weitem zu betrachten wie die Anderen leben, Spaß haben... Miteinander... Zusammen... Worte, die du kaum noch kennst. Sie sind alle zusammen. Aber du bist ganz allein!“, hörte ich auf einmal jemanden sagen. Doch als ich mich hinsetzte und umsah war da niemand zu sehen. Diese Stimme! Es war die Stimme, mit der ich in meinem Traum sprach. Ich hörte diese Stimme nur in meinem Kopf und bemerkte, dass mein Elementstein leuchtete. Doch ehe ich weiter darauf reagieren konnte, kamen wieder diese Schmerzen und mir wurde erneut schwarz vor Augen... ~ Kapitel 15 ~ Chaos und Verwirrung ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Kapitel 16: Sadistisches Spiel ------------------------------ Kapitel 16 ~ Sadistisches Spiel ~ Raik Coldfire ~ Fast fünf Wochen waren nun vergangen seit ich zum Workshop in die Karibik gekommen bin. Ich hatte einen schlechten Start und meine Zwillingsschwester Ayane machte mir täglich das Leben zur Hölle. Aber zum Glück hatte ich ja zufällig meine Eltern mit ihrer Karibikbar gefunden. Welch glücklicher Zufall! Und dann waren da noch meine hübschen Kolleginnen, mit denen ich mir die Nächte vertrieb. Fast hätte ich meine Sorgen vergessen. Der Grund, weshalb ich überhaupt wieder als Tänzer und Sänger arbeiten wollte, war Hailey und die Tatsache, dass wir kaum noch Geld zur Verfügung hatten. Ich musste endlich Geld verdienen, denn Hailey konnte in ihrem Zustand nicht mehr arbeiten. Ihre Psyche machte sie zu sehr fertig. Und ich konnte und wollte meinen toten Bruder Clyde nicht ersetzen. Nicht mehr lange und ich könnte endlich wieder nach Hause. Zumindest kurz, denn in der Musikbranche war man immer unterwegs und nur selten zu Hause. Damit musste ich mich irgendwie noch arrangieren. Das Schlimmste war eigentlich, dass in drei Tagen Weihnachten ist. Weihnachten in der Karibik. Es hatte Vor und Nachteile. Irgendwie freute ich mich darauf Weihnachten mal wieder mit meinen Eltern zu verbringen, andererseits jedoch, wollte ich zu Weihnachten auch bei Hailey sein, damit sie nicht so alleine wäre. Nun... Jill würde sich bestimmt um ihre beste Freundin kümmern, also müsste sie nicht ganz alleine sein. Und ich könnte sie auch anrufen! „Raik! Grübelst du wieder über irgendwas?“, fragte Ma besorgt, als sie mir eine Fanta über die Theke reichte. „Der Kerl soll sich nicht so anstellen, sondern lieber mal für sein Essen und Trinken hier zahlen! Du machst uns Arm!“, beschwerte sich Dad dagegen und hielt mir eine Rechnung vors Gesicht. „WAS!? Aber ihr seid meine Eltern!!! Ich dachte Essen gibt’s bei euch für mich gratis!“ „Wieso sollten sie dir alles schenken? Ich muss auch blechen!“, moserte Ayane, die zwei Hocker weiter saß. Diese blööööde Kuh! „Sieh es ein, Raik! Unsere Eltern sind nunmal arme Schweine. Von solchen Leuten bekommt man nichts geschenkt!“ Ma drückte die Hände in die Hüfte: „Also Ayane, es reicht, okay? Natürlich hat Rick nur Spaß gemacht! Ihr dürft so viel essen und trinken wie ihr wollt!“ „Ich hab nur Spaß gemacht? AU!!!“ Dad hielt die Klappe, als Ma ihm den Ellenbogen in die Seite gerammt hatte und zufrieden lächelte. „Ayane, du bist und bleibst unverbesserlich. Wenigstens muss ich dich zu Weihnachten nicht ertragen. Drei Tage Ruhe und Frieden vor dir! Hoffentlich laufen wir uns nicht über den Weg. Es sollen immerhin feierliche Tage werden.“ „Wer sagt denn, dass wir an Weihnachten frei machen? Natürlich werden wir auch dann ganz normal trainieren. Du bist zwar besser geworden, bist aber immernoch grottenschlecht und dein Arsch ist noch genauso fett wie zuvor.“ „WAS!? MEIN ARSCH IST NICHT FETT!“ „DOCH DU FETTE SAU!“ „BLÖDE KUUUH!“ „Wie die Kinder... Man kann kaum glauben, dass ihr inzwischen eigentlich 24 sein solltet“, seufzte Dad und lehnte sich auf die Theke während er uns weiter beim Streiten zuhörte. Ich konnte Ayane ja noch nie leiden! Aber sie wusste natürlich wie man gekonnt provozieren und übertreiben konnte. „Jedenfalls ist es mir egal, ob du an Weihnachten arbeiten willst oder nicht. Ich werde faulenzen, am Strand liegen, Schwimmen gehen und hübsche Frauen betrachten!“ „Insgeheim heulst du doch nur deiner liebsten Freundin hinterher. Deiner Psychofreundin! Hahaha!“ „HALT'S MAUL!“ „Was soll das eigentlich werden? Wollt ihr euch nun so lange beleidigen, bis ihr komplett durchdreht und aufeinander losgeht?“, fragte Ma unbeeindruckt und mit verschränkten Armen. Dad lachte: „Wäre doch nicht das erste mal! Hahaha!“ „Ihr seid scheiße...“ Eigentlich wollte ich noch etwas dazu sagen, doch plötzlich klingelte mein Handy. Ganz erfreut Jill's Namen auf dem Display zu lesen ging ich dran. „Hey, Schwesterchen! Naaa? Wie geht’s?“ „Raik!!! Es ist schrecklich! Ich weiß nicht was ich machen soll... Ich mein, wenn ich nicht alles schon versucht hätte, würde ich ja gar nicht anrufen aber...“ „Was ist los?“ „Es ist wegen Hailey!“ „Was ist mit ihr?“, fragte ich nun beunruhigt und ging ein paar Schritte von der Bar weg. Allerdings schienen meine Eltern schon bemerkt zu haben, dass irgendwas nicht stimmte, denn ihre Blicke waren nun auch neugierig und besorgt. „Sie ist verschwunden! Seit gestern Abend! Ich weiß nicht was wir tun sollen, ich hab ja schon alles nach ihr abgesucht. Die Anderen haben auch geholfen sie zu finden. Aber wir spüren nichtmal ihre Energie. Es ist, als wäre sie vom Erdboden verschluckt.“ „Was!? Aber... Wart ihr bei der Polizei und habt sie vermisst gemeldet?“ „Die meinen, wir sollten noch etwas warten. Diese Idioten! Ich hab extra noch gesagt, dass sie psychisch instabil ist. Aber die wollten trotzdem nicht helfen... Raik, ich wollte dich nicht bei deiner Arbeit und dem Training stören, aber ich bin echt verzweifelt. Was ist, wenn sie sich was angetan hat!?“ „Daran will ich gar nicht denken... Okay... Was könnte ich tun? Ich bin so weit weg... Aber... Sucht weiter nach ihr, okay? Ich versuche so schnell es geht einen Rückflug zu bekommen!“ „Aber...“ „Nein, Hailey ist mir sehr wichtig! Den Workshop kann ich dann auch gleich fortsetzen. Es ist doch nicht schlimm, wenn ich eine Woche ausfalle. Okay?“ „... Gut...“ „Ich melde mich wieder, wenn ich einen Flug bekommen habe und weiß, wann ich wieder zu Hause bin.“ Ich legte auf und ging in schnellen Schritten zur Bar zurück. Ayane kümmerte sich gar nicht darum, nur meine Eltern erwarteten die Neuigkeiten. „Was ist passiert?“ „Es war Jill. Sie meinte Hailey ist spurlos verschwunden. Sie haben alle schon nach ihr gesucht, aber nichtmal ihre Aura ist zu spüren. Die Polizei will ihnen noch nicht helfen und nun haben wir Bedenken, dass sie sich vielleicht etwas angetan hat. Ich muss nach Hause!“ „Wie bitte?! Du gehst nirgendwo hin!“, sprach Ayane dazwischen und guckte mich ernst an. „Denkst du allen Ernstes, es würde etwas ändern, wenn du nun in einem Tag zurück kommen würdest? Dann habt ihr sie trotzdem noch lange nicht gefunden... Idioten. Wenn sie sich umgebracht hat, kannst du ihr eh nicht mehr helfen. Das ist Zeit und Geldverschwendung jetzt zurück zu fliegen. Deine ganze Arbeit geht verloren und wird um Wochen verzögert.“ Wütend ballte ich die Fäuste und verengte die Augen. Am liebsten hätte ich ihr eine reingehauen für ihre unverschämten Worte. „Du denkst auch immer nur an deine Arbeit und an dich. Deine Mitmenschen interessieren dich auch einen Scheiß! Du bist echt armselig Ayane! Du denkst immer Geld und Erfolg wäre das Wichtigste im Leben, aber du kannst ja gar nicht wissen, was das Wichtigste ist. Immerhin hattest du nie Freunde und kennst das Wort Freundschaft nicht.“ „Fertig mit der Rede? Können wir jetzt zurück gehen?“ „Ayane, ich finde Raik hat Recht und er sollte schnell nach Hause fliegen. Wenn Hailey gefunden wird, braucht sie Hilfe und Raik ist nunmal der Einzige, auf den sie wirklich reagiert.“ „Tzz, aber auch nur weil er wie Clyde aussieht. Armes Ersatzteil. Raik, warum verstehst du nicht, dass sie dich nur benutzt? Sie wird dich niemals lieben. Niemals. Denn sie sieht immer nur Clyde.“ „Ayane, ist gut. Lass es jetzt...“, sagte Dad angespannt, worauf sie mit den Schultern zuckte und ihr Glas leer trank. „Chann und ich waren, zugegeben, nicht immer die besten Eltern. Und wir haben viele Fehler gemacht. Aber was bei dir schief gelaufen ist, weiß ich selbst nicht, Ayane! Keiner deiner Geschwister ist annähernd so egoistisch und selbstfixiert wie du! Wir haben euch immer beigebracht, dass Andere wichtig sind. Vor allem Freunde und Familie! Hailey ist deine Cousine! Was geht in deinem Kopf vor so zu reden!?“ „Für mich selbst bin ich eben am Wichtigsten, denn nur so komme ich voran. Ich halte mich nicht an den Anderen auf. Deswegen bin ich erfolgreich und Raik zum Beispiel nicht. Würde er nicht ständig an dieser Gestörten kleben, wär er auch schon reich und berühmt.“ „Das ist mir aber nicht wichtig!“, antwortete ich gereizt. Ma nahm plötzlich meine Hände und lächelte mich an: „Du packst jetzt einfach schonmal deine Sachen, kümmerst dich um einen Rückflug und gehst der Kleinen helfen. Und wenn dort alles wieder in Ordnung ist, kommst du zurück und arbeitest weiter. Vielleicht kannst du Hailey auch mitnehmen. Das würde ihr sicher auch gut tun.“ „Pah! Das würde der Chef garantiert nicht erlauben!“ „Meinst du? Der Chef weiß, dass ich ein Goldesel sein kann! Der würde doch alles erlauben nur um mich wieder Bühnenreif zu machen. Weißt du Ayane, ich hab den Vorteil ein Kerl zu sein. Es gibt so viele weibliche Groupies. Die Kerle sind bei Weitem nicht so bekloppt und kreischen dir hinterher.“ Darauf wusste sie nun nichts mehr zu sagen und ich verabschiedete mich von meinen Eltern, ehe ich zurück ins Hotel hechtete. Erst als ich alleine war, begann ich mir richtig Sorgen zu machen. Mein Kopf gab keine Ruhe mehr und mir war schlecht vor Sorgen und Angst. Was, wenn ihr wirklich etwas passiert ist? Wenn sie sich etwas angetan hatte?! Dann wäre es meine Schuld... Ich hätte sie nicht alleine lassen dürfen! Wäre ich doch nur bei ihr geblieben! Schuldgefühle und Gewissensbisse plagten mich als ich im Zimmer meinen Koffer packte. Viel zu packen hatte ich sowieso nicht. Aber zumindest hatte ich Glück und bekam gleich einen Rückflug. Als ich im Gedanken an meinem Koffer stand und versuchte den Reißverschluss zu zu bekommen, bemerkte ich gar nicht, dass ich nicht mehr alleine im Zimmer war. „Na, Süßer?“, fragte eine weibliche Stimme hinter mir, die mich derartig erschrak, dass ich zusammenzuckte, mich umdrehte und rückwärts aufs Bett fiel. „Was zur Hölle... Wer bist du!? Und wie bist du hier rein gekommen?“ Alter, und wie sie aussah! Ganz knapp bekleidet... Dass sie überhaupt noch etwas an hatte. An ihrem linken Auge trug sie ein Tattoo. Ich fühlte mich zunehmend unwohl, als sie mich verführerisch anlächelte und zu mir kam. Schweigend lehnte sie sich über mich und streichelte mir mit ihren Fingern über meinen Oberkörper. „Ich freue mich immer wieder, wenn mein Lord mir sexy Typen als Zielobjekte aufträgt.“ „Wovon sprichst du?! Wer bist du!?! Sag es mir!“ „Mein Name ist Fiona. Und ich könnte dir ein Geheimnis verraten.“ „Keine Ahnung wovon du sprichst! Ich kenne dich nicht! Hau ab, ich hab Wichtigeres zu tun und grade keine Zeit für Spielchen.“ „Oh, du wirst schon Zeit haben. Ich weiß, was du so wichtiges zu tun hast. Und ich kann dir helfen. Soll ich dir das Geheimnis verraten?“ Während sie sich förmlich auf mich stürzte blieb ich starr und schockiert liegen. Wusste sie was mit Hailey war!? Oder sie hatte vielleicht sogar etwas damit zu tun? Unbekümmert riss sie mir fast mein Hemd vom Leib und lachte: „Schöner Anblick! Also? Was sagst du?“ „Was weißt du?!“, drängte ich nun und wollte sie von mir herunter schubsen. „Eine Bedingung!“ „Was...“ „Eine solch hübsche Frau wie mich lässt man nicht ungeküsst, hihi!“ „Muss das sein?“, fragte ich abgeneigt und angewidert. Zudem wurde ich langsam ungeduldig. Ich wollte Hailey schnell finden! „Ja, ansonsten verrate ich es dir nicht. Du wirst mir noch dankbar sein.“ „Na gut“, antwortete ich schließlich resigniert. Sie lehnte sich zu mir herunter und küsste mich. Die Zeit wollte überhaupt nicht vorüber gehen und der Kuss kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit. Dann endlich löste sie ihre Lippen von meinen und hielt ihren Mund neben mein Ohr. „Ich weiß wo deine Freundin Hailey ist. Ich kann dich zu ihr bringen“, flüsterte sie und lachte laut auf, während sie sich wieder aufrichtete. „WO IST SIE!? BRING MICH SOFORT ZU IHR!!!“ „Gut, dann gehen wir. Nimm meine Hand.“ Zögerlich packte ich sie an der Hand, obwohl ich mir nicht ganz sicher war, ob sie die Wahrheit sagte. Aber sie wusste von Hailey. Sie kannte ihren Namen! Und diese schwarzhaarige Frau war nicht ganz normal! Zum Glück wollte sie nur einen Kuss und nicht mehr... In dem Moment, wo sich unsere Hände berührten, fing alles an sich zu drehen. Und ehe ich mich umsehen konnte, befanden wir uns auch schon an einem anderen Ort. Wir hatten uns in einen großen Raum teleportiert. Es sah fast aus wie ein Thronsaal von einem alten Schloss aus dem Mittelalter. Auf einem der beiden goldenen Stühlen, saß ein seltsamer schwarzhaariger Kerl, der seinen Kopf gelangweilt auf seiner Hand stützte. Als ich hinter ihn blickte, gaben meine Beine fast nach. Hinter ihm lag Hailey auf einer großen Plattform umgeben von einer dicken Glashaube. „HAILEY!!! VERDAMMT!!! WO SIND WIR!? WAS SEID IHR FÜR KOMISCHE LEUTE!? LASST HAILEY SOFORT FREI!!!“ „Hahaha! Herrlich!“, lachte der Kerl und klatschte amüsiert in die Hände, ehe er aufstand und zu ihr guckte. „Einen dicken Fisch habe ich gefangen. Hachja, die Kraft der Liebe. Eine mächtige Kraft. Für die Liebe mobilisieren Menschen ihre letzten Kräfte, wenn es sein muss. Und wenn es darum geht geliebte Menschen zu beschützen, sind sie besonders stark. Wer sollte das besser wissen als ich?“ „Wer bist du!?“ „Mein Name ist Chamuel. Ich bin ein abtrünniger Engel.“ „Wie? Sowas wie Luzifer?“ „Schlimmer! Okay, Raik Coldfire. Du liebst das Mädchen, ja?“ „Ja! LASS SIE GEHEN!“ „Ja, sicher. Werde ich tun. Aber vorher musst du etwas erledigen. Ein kleines sadistisches Spielchen.“ „Was willst du von mir?“, fragte ich mit verengten Augen. Mein Herz schlug so schnell, dass ich es ihm ganzen Leib spürte. Chamuel kam auf mich zu und legte seine Finger unter mein Kinn, während er mich hämisch angrinste: „Wie weit... würdest du für die Liebe zu dem Mädchen gehen?“ „Ich würde alles für sie tun!“ „Gut! Brav! Genau das hatte ich erwartet. Würdest du auch... einen Menschen töten?“ „WAS?!“ „Ich schlage dir einen Deal vor. Du tötest jemanden, der mir ziemlich auf die Nerven geht. Und wenn du das getan hast, lasse ich sie frei. Wie klingt das?“ Mir blieb fast die Spucke im Hals stecken. Meine Kehle fühlte sich von Sekunde zu Sekunde immer trockener an und ich konnte nur mit Mühe schlucken. Meinte er das ernst? Ich sollte jemanden töten!? Für Hailey?! Meine Hände zitterten so sehr, dass ich sie zusammenballte. Hailey... Meine Blicke wanderten wieder zu der Glashaube unter der Hailey bewusstlos lag. Ihr würden bestimmt schreckliche Dinge geschehen, wenn ich nicht einwilligen würde. „Wen... Wen soll ich töten?“, fragte ich heißer. „Hahaha! Du bist so ein guter Junge! Ihr Name ist... Juline Coldfire.“ „COLDFIRE!? Juline?! Juline... Ich kenne sie nicht.“ „Nein, du kennst sie nicht. Aber du darfst sie kennen lernen und schnell ausschalten.“ „Sie ist doch sicher mit mir verwandt!“ „Ja, sie gehört zu eurem Clan. Aber du musst dich entscheiden. Wenn du sie nicht töten wirst, dann ist deine kleine Freundin dran. Sie wird bestimmt höllische Schmerzen und Qualen erleiden. Weißt du, ich liebe Schmerzensschreie. Ich bin nicht sehr nett. Und gnädig bin ich auch nicht. Ich liebe es, wenn andere Leute leiden.“ Was sollte ich nur tun?! Diese Juline trug den selben Namen wie ich... Aber Hailey... „Also gut! Ich werde sie finden und alles tun um sie loszuwerden! Wehe Hailey passiert bis dahin etwas!“ „Natürlich nicht. Deal ist Deal. Daran halte ich mich. Warte einen Moment hier. Fiona, komm kurz mit mir. Wir müssen die Strategie nocheinmal besprechen.“ Ich verstand zwar nicht was das sollte, aber ich sagte nichts als die Beiden den Saal verließen. Kaum war ich alleine hechtete ich zur Glashaube und klopfte dagegen. Hailey so zu sehen brach mir fast das Herz. Es tat so weh! Und ich hatte Angst um sie. Was war das für eine perverser Idiot?! Und warum ausgerechnet wir?! Nur wegen dieser Juline oder wie? „Hailey!!! Ich hol dich hier raus! Bitte halte durch! Ich werde tun was er sagt und dich retten!“ „Tu es nicht...“, hörte ich plötzlich eine andere weibliche Stimme hinter mir sagen. Erneut schreckte ich auf und blickte in das Gesicht einer Brünette, die blaue Augen hatte. Sie sah selbst nicht sonderlich glücklich aus. „Und wer bist du nun wieder!?“, fragte ich abgenervt. „Oh, bitte hab keine Angst! Ich bin auf deiner Seite! Mein Name ist Aris! Ich gehöre nicht zu ihnen...“ „Wie?! Wie kannst du nicht zu ihnen gehören und trotzdem hier blöd rumstehen!?“ „Beruhige dich! Es ist nicht so einfach. Chamuel ist sehr, sehr stark. Er hat meine Eltern getötet. Und er hält Luzifer, meinen Großvater, hier gefangen!“ „Wie bitte?! Du bist...“ „Ja, ich bin ein Engel und Luzifer's Enkelin. Es ist nicht einfach. Raik... Töte sie nicht! Du darfst Juline nichts tun!“ „Warum sollte ich!? Ich kenne sie nichtmal!“ „Juline ist unsere einzige Chance Chamuel loszuwerden.“ „Wenn sie so stark ist, dann werde ich sie doch gar nicht töten können.“ „Vielleicht ist gerade das dieser schreckliche Sadismus daran.“ Wieder schien sich alles zu drehen. Er wollte, dass ich Juline töte. Nur so würde ich Hailey retten können... Doch ich hatte und hätte niemals eine Chance gegen sie... Aber ich musste es zumindest versuchen! „Hailey ist mir wichtiger als alles andere! Ich werde mit aller Kraft versuchen sie zu retten. Eher sterbe ich selbst, als zu ertragen, dass sie gefoltert und gefangen gehalten wird!“ „Pass auf dich auf...“ „Ah! Schön, du hast Aris schon kennen gelernt. Wie findest du meine kleine Lustsklavin?!“, fragte Chamuel begeistert, als er seine Arme von hinten um Aris schlang und sie streichelte. Sie starrte mich verzweifelt an. „Sie ist zu hübsch und zu nett für sowas“, antwortete ich trocken und wusste nicht ganz was ich nun tun sollte. „Gut, also du bleibst bei deiner Entscheidung?“ „Ja.“ „Dann ab mit dir! Und enttäusche deine kleine Freundin nicht.“ Im nächsten Moment hob er die Hand und ich befand mich wieder an einem anderen Ort. Diesmal kam mir die Gegend gleich bekannt vor... Ich war zu Hause in Orlando! Ich würde niemandem von meinen Plänen erzählen. Und nun musste ich erstmal mehr über Juline herausfinden und zu Jill und Jen gehen. Vielleicht könnten sie mir Infos geben, wo ich sie finden könnte. ~ Juline Coldfire ~ „Scheiß auf die Männer, Juline!!! Wir sind beide junge Frauen und lassen unser Leben doch nicht durch Kummer verderben! Dazu bist du viel zu kurz hier! Du solltest lieber etwas von der Welt sehen, statt hier im Zimmer mit mir zu sitzen und Trübsal zu blasen!“, sagte Melody plötzlich völlig motiviert und sprang vom Bett auf. Sie erschreckte mich unheimlich damit. Die letzten fünf Tage hatte ich versucht den Andern aus dem Weg zu gehen, obwohl ich sie vermisste. Vor allem vermisste ich Adriano... Aber es war mir unangenehm bei ihm zu sein. Ich merkte wie sehr es ihn quälte nichts von der Wahrheit zu wissen. Ich wusste, dass er Elohim war, aber wie sollte ich ihm das sagen? Und würde es das wirklich besser machen? Er würde bestimmt durchdrehen, wenn er wüsste, dass er gleichzeitig noch eine ganz andere Person ist. Und vor allem wollte ich nicht, dass er mich nochmal beschützen müsste. So zu kämpfen schadete ihm viel zu sehr. Eigentlich hatte ich ihm ja gesagt, dass ich ihm Nachhilfe beim Kampf mit seinem Element geben wollte, aber inzwischen wollte ich einfach nur, dass er gar nicht kämpfen müsste. Und dazu war es besser, wenn ich weit weg war und er einen Angriff auf mich nicht bemerken würde. Aber Melody hatte Recht. Natürlich war es blöd sich nun nur noch im Hotel aufzuhalten und nichts mehr von der Welt zu sehen. „Ja, ich weiß schon... Aber ich möchte die Anderen zur Zeit einfach nicht sehen.“ „Ja, ich auch nicht. Wenn ich Jo sehe, dann sterbe ich! Deswegen unternehmen wir einfach was alleine. Nur du und ich! Na?“ „Wir sind doch blöd... Warum sind wir nicht eher drauf gekommen?! Seit Tagen sitzen wir hier und ziehen uns im TV Schnulzen rein!“ „Eben! Und kleine Prinzessin der Dunkelheit? Sag, wohin willst du?“, fragte sie mich und zwinkerte mir zu. „Ähm... Äh... Ja! Ich weiß wohin! Ich wollte schon immer mal in einen Club gehen. Die tollen Lichter, die laute Musik und dann einfach nur noch den Frust von der Seele tanzen!“ „Klingt fein! Haha, okay, da es ja schon Abend ist, könnten wir uns gleich schick anziehen und los!“ Endlich empfand ich mal wieder Freude für etwas. Mein Herz schlug ganz schnell vor Aufregung, als ich mir hübsche Klamotten von Melody aussuchen durfte und mich zusammen mit ihr im Bad schminkte. Das hatte sie mir inzwischen alles richtig beigebracht. Ich war so froh, dass wir nun Freundinnen waren und ich nicht mehr denken musste, sie würde mich hassen! „Wir sehen pervers gut aus, Schätzchen! Heute werden uns alle Kerle der Welt einfach mal egal sein!“ „Genau, die können uns alle mal!“ „... Eh... Lieber nicht! Bist du fertig? Bis zu diesem Club müssen wir nicht weit laufen. Ich hätte mir längst ein Auto kaufen sollen, verdammt!“ „Ist doch egal! Wir sind doch schon ans Laufen gewöhnt.“ Arm in Arm liefen wir zu dem Club, dessen Musik schon vor der Tür zu hören war. Allerdings standen noch einige Leute an und wir mussten warten, bis auch wir endlich von den Türstehern durchgelassen wurden. Ich dachte schon, wir dürften nicht rein, weil sie fragten, ob ich wirklich achtzehn bin. Und meinen Ausweis, den die älteren Assistants mir besorgt hatten, musterten sie auch skeptisch. Diese Idioten wollten einfach nicht wahr haben, dass ich bereits 20 war! Endlich drinnen angekommen wurde ich ganz aufgeregt und hibbelig. Die Musik ließ mein Herz noch schneller schlagen und am liebsten hätte ich Melody sofort geschnappt um zu tanzen. Doch sie wollte lieber erstmal einen Drink bestellen und später tanzen. „Aber nachher gehen wir auf die Tanzfläche, ja?!“ „Ja, natürlich! Aber erst müssen wir uns doch ein bisschen Mut und Stimmung ansaufen!“ „Aber Mel, ich vertrage kaum Alkohol. Ich drehe dann immer voll ab!“ „Haha, umso besser! Was glaubst du wie du gleich loslegen wirst! Also komm!“ Nachdem wir unsere Drinks hatten, suchten wir nach einem guten Sitzplatz. An den Seiten der Tanzfläche waren überall Eckbänke mit Tischen, wo man sich erholen konnte. Ich verstand bald mein eigenes Wort nicht mehr, so laut war es. Irgendwie fühlte ich mich total frei und entspannt, bis mein Herz fast stehen blieb. Und nicht nur meins. Ich musste zwei mal hingucken, ehe ich wirklich sicher war, dass Jo vor uns stand. „Heeeey! Mädels! Was treibt ihr hier? Was ein Zufall, das ist ja mal geil! Kommt, setzt euch zu uns.“ „Ohhh.... neeee...“, murrte Melody und ich konnte ihr die Gläser noch abnehmen, bevor ihre zitternden Hände sie fallen ließen. „Na komm schon, es wird nicht so schlimm werden“, ermutigte ich sie und folgte mit einem unguten Gefühl dem lieben Jo. Eigentlich hatte ich die komplette Clique erwartet, doch an dem Tisch, zudem Jo uns führte, saß nur Adriano. Na klasse... Er sah ziemlich erschrocken aus, als er mich erblickte. „Hey, Adde! Guck mal, wen ich gefunden hab! Zwei heiße Schnitten!“ „Was macht ihr zu zweit hier?“, fragte ich skeptisch. „Ach... Ich wollte einfach mal was mit meinem Kumpel alleine machen, weil's ihm so beschissen geht in letzter Zeit. Ein bisschen Erholung und Entspannung von der ollen Caro! Hahaha!“ „Idioten“, sagte Melody grimmig und quetschte sich mit ihrem Drink in die hintere Ecke. Jo hockte sich unbekümmert neben sie und setzte sein Bier an. Adriano sah wirklich ziemlich fertig aus. Für einen Moment erinnerte ich mich an sein Aussehen, als ich ihm zum ersten mal begegnet war. Da sah er zwar auch schon leicht mitgenommen aus wegen der Kopfschmerzen, aber inzwischen... Kaum waren wir vier zusammen, sank die Stimmung. Melody und ich waren sichtlich angespannt. Melody wegen Jo und ich wegen Adriano, der mich aus irgendeinem Grund versuchte zu ignorieren. So waren wir doch sonst nie zueinander. Es fühlte sich schrecklich an. Trotz allem versuchte ich ihn auch wenig zu beachten und spielte mit meinem Strohhalm herum. Den Abend hatte ich mir etwas anders vorgestellt. „Mädels, ihr seid so verdammt still! Stimmt was nicht?“ „Ähh! Doch, alles in Ordnung! Ich höre Musik!“, stammelte ich verlegen und guckte verkrampft zur Tanzfläche. Melody seufzte nur, was man kaum hören konnte. „Und was ist mit dir? Du bist ja eigentlich immer etwas still, aber heute noch mehr. Magst du noch was trinken?“, fragte Jo Melody. Sie guckte ihn verwundert an, schüttelte dann aber den Kopf. Ich konnte mir das nicht länger anschauen und stand auf. Als ich um den Tisch lief und Jo am Handgelenk packte, wurde ich natürlich von den Andern wieder angestarrt. Allerdings sagte keiner von ihnen etwas. „Jo, wollen wir tanzen?“ Ich bemerkte natürlich, wie Melody mich wütend anfunkeln wollte, doch ich zwinkerte ihr zu. Wahrscheinlich hatte sie mein Zeichen verstanden. Es war Zeit seine Lage zu peilen! „Wieso willst du gerade mit mir tanzen?!“, fragte er laut und verwundert durch die Musik. „Warum nicht?“ „Haha, weil ich eher dachte, dass du mich nicht leiden kannst.“ Wir tanzten nun enger aneinander um uns besser zu verstehen und ich grinste ihn an: „Nein, eigentlich finde ich dich ganz cool. Aber sag mal... Wie findest du Meldoy?“ „Äh... ÄHHH... Mel!?! Ähh... Ganz in Ordnung...“, quetschte er flüchtig raus, aber sein Kopf wurde knallrot, weshalb ich lachen musste. „Und warum fragst du sie dann nicht ob ihr tanzen wollt?“ „Das sagst du so einfach... Bei jedem anderen Weib hab ich keine Probleme damit aber sie... Sie macht mich fertig! Und wenn ich sie frage, zieht sie mir nur eine über und tritt mich zusammen, haha! Weil sie mich eh hasst.“ „Geh zu ihr und frag sie. Sie hasst dich nicht... Sie ist der Meinung, du wüsstest nicht mal ihren Namen. Vielleicht könnt ihr an eurer Haltung euch gegenüber etwas ändern. Ach, und wenn sie nein sagt, dann zwing sie einfach. Hihi!“ Er ließ sich das nicht zweimal sagen und ging mit mir zurück an den Tisch, wo wir argwöhnische Blicke kassierten. „Ich brauch erstmal Pause! Haha! Absolut keine Übung.“ „Äh... Ich ähm... Melody, willst du mit mir tanzen?“ „Was? Ich!? Mit dir?!!“ „Frag nicht, komm einfach!“ Ehe sie ablehnen konnte zerrte er sie einfach mit sich, bis ich sie aus den Augen verlor. Oh hoffentlich hatte meine Strategie Erfolg. Dann wäre wenigstens sie wieder glücklich... Einen kurzen Augenblick guckte ich zu Adriano und beneidete Melody und Jo. Wie schön es doch wäre... Irgendeine Ballade und dazu würden Adriano und ich tanzen. Dann würde ich mich an ihn schmiegen und zum Schluss würden wir uns küssen... Waaah!!! Nein! Mit heftigen Herzpochen guckte ich schnell wieder weg und atmete tief durch. Auf solche Gedanken dürfte ich nicht noch einmal kommen. „Toll, jetzt wo er sie wohl endlich verführt, wird es noch ewig dauern bis wir wieder nach Hause fahren können“, meckerte Adriano lustlos und vergrub seinen Kopf in seinen Armen, die er auf den Tisch gelegt hatte. Wieso musste es so verkrampft zwischen uns sein? Vorher war es doch auch immer ganz toll... Wie wir uns zum ersten mal am Strand trafen und später zusammen im Meer waren, obwohl ich nicht schwimmen konnte... Dann der Weihnachtsmarkt. Doch seit dem Angriff von Chamuel war alles irgendwie anders. Ich wusste gar nicht wie ich mich ihm gegenüber benehmen sollte. Was hätte ich dafür gegen diese Zeit mit ihm eher genießen zu können. Stattdessen quälten wir uns eine halbe Stunde ab bis Jo und Melody außer Puste zurück kamen und lachten. „Du bist ein Idiot!!!“ „Ja, und? Ich bin blöd und stolz drauf! Hey ihr beiden! Ihr seht so gelangweilt aus“, bemerkte Jo und guckte ganz entsetzt zu Adriano und mir herab. „Können wir endlich gehen?“, meckerte Adriano kaum hörbar aus seiner Armkuhle heraus. „Jetzt schon?“, fragte Melody etwas enttäuscht. „Wenn du willst können wir noch wo anders feiern gehen, wenn wir die zwei schlecht gelaunten Dinger abgeliefert haben“, schlug Jo vor und Melody schien wieder hin und weg. „Okay! Wir bringen euch nach Hause und gehen dann in den nächsten Club!!! Yeah!“ Diese Beiden... Entsetzt beobachtete ich wie die plötzlich das selbe Grinsen im Gesicht hatten und ihre Fäuste aneinander schlugen. Das ging aber schnell... „Was hast du ihr gegeben, Jo?“, fragte Adriano und gähnte, als wir aufstanden. „Ein bisschen von meiner unglaublichen Männlichkeit.“ „Hattet ihr Sex!?“ „JULINE!!!“, platzte es entsetzt aus Mel heraus, ehe sie knallrot anlief. „Eh, nein. Sex nicht. Aber wir hatten Spaß.“ „Was ist los mit dir Jo... Du tanzt mit einem Mädchen ohne danach Sex mit ihr zu haben?“, fragte Adriano verblüfft. „Kommt vor.“ Die Fahrt mit dem Auto machte mich müde. Und dann musste ich mich mit Adriano auch noch auf die Rückbank quetschen... Zum Glück war der Weg bis zu ihm nach Hause nicht sonderlich weit. Dann hätte ich zumindest dieses Problem los. Allerdings wusste ich schon, wie mein restlicher Abend aussehen würde. Alleine im Hotelbett, vorm TV mit Schokolade und vielen Taschentüchern weil ich mich in den Schlaf heulen würde. Plötzlich wurden wir alle durch einen lauten Knall hinter uns aufgeschreckt. Das kannte ich doch! Nicht schon wieder! Hektisch drehte ich mich zurück während Jo weiterhin aufs Gas drückte. Tatsächlich schwebten hinter uns drei Dämonen, die Energiekugeln hinter uns her warfen. „VERDAMMT! WAS MACHEN WIR JETZT!?“, schrie Jo in die Runde und versuchte den Kugeln auszuweichen und das Auto zu manövrieren. „HALT AN! WIR KÄMPFEN!“, antwortete Melody genauso hektisch und Laut. Adriano und ich krallten uns inzwischen am Auto fest, weil wir herumgeschleudert wurden. Ohne Gurt wär's das wohl für uns gewesen. „NEIN! Ein Kampf wäre sinnlos! Diese Dämonen sind viel zu stark! Wir müssen versuchen sie abzuschütteln! FAHR WEITER!“, schrie ich Jo von hinten an und drehte mich gleich wieder um. „Weiter fahren!? Warum sollen wir nicht kämpfen?“, fragte Melody entsetzt. „Wir haben schonmal versuch gegen solch einen Dämon zu kämpfen, die sind viel zu schnell“, erklärte Adriano. „Ihr habt gegen einen Dämon gekämpft?“, hakte Jo nach. „Ja, letzt erst... Wir haben es nur nicht erzählt.“ Dass dann auch noch Chamuel und seine Dienerin kamen, erwähnten Adriano und ich nicht. Und ich erwähnte erst gar nicht wie wir sie wieder loswurden. „Boah, die Viecher nerven!“, meckerte Jo, der das Lenkrad heftig herumriss um weiteren Energiebällen auszuweichen. „Na wartet! Fahr weiter, Jo! Ich werde trotzdem kämpfen! Adriano, hilf mir!“, drängte Melody und machte das Fenster ein Stück weit herunter. Als Adriano sich drehte und ebenfalls sein Fenster herunter fuhr, packte ich ihn panisch am Arm und riss ihn herum: „NEIN! Du darfst nicht kämpfen! HÖRT AUF! ALLE BEIDE!“ „Wir müssen sie aber irgendwie aufhalten. Lass los!“, meckerte Adriano und riss seinen Arm von meiner Hand. „Haltet euch fest!“, rief Jo von vorn und riss das Auto um die nächste Kurve sodass die Reifen schrill quietschten. Adriano und Melody kombinierten ihre Kräfte indem Adriano die Straße nass machte und Melody das Wasser elektrisch auflud. Die Blitze ragten weit bis in den Himmel und verlangsamten die Dämonen etwas. Seit wann konnte Melody doch mit ihren Kräften umgehen!? Die Beiden machten solange weiter, bis wir irgendwo auf einer dunklen Landstraße waren und niemand mehr etwas draußen sah. Schlecht! Wir waren wohl aus der Stadt gefahren. „Verdammt! Wo hast du uns hingefahren, Jo?“, fragte Melody entsetzt. „Keine Ahnung! Ich bin einfach gefahren! Aber die Dämonen sind immernoch da!“ „Juline, hilf uns! Na los! Du bist doch die Stärkste hier und immerhin Luzifer's Tochter! Ich dachte du bist kein Angsthase?“, fragte Melody und ermutigte mich auch endlich was zu tun. … „Juline... Du bist so klein und niedlich. Du siehst genauso aus wie deine Mutter“, sagte Dad damals, als ich noch klein war. „Du sollst mich doch nicht niedlich nennen, Papa! Ich werde irgendwann auch ein starker Engel werden so wie du!“ „Ach, meine Kleine. Ich hoffe du wirst niemals kämpfen müssen. Aber ich werde dir trotzdem beibringen, wie du mit deinen Kräften umgehen kannst... Damit du kein Feigling sein musst. Du bist meine Tochter... Und du sollst dich hinter niemandem verstecken müssen.“ … Ach Dad... Wieder wurde das Auto nur knapp von einer Energiekugel verfehlt und nach Rechts geschleudert. Wenn das so weiter ginge, würden wir früher oder später alle getroffen werden. Das wäre unser Todesurteil. Na gut... Ich war kein Feigling! Niemals... Ich hatte noch einen Angriff, der mich zwar viel Kraft kosten würde, aber alle Dämonen sicher zerstören würde. „Halt an, Jo!“ „Juline!!!“ „HALT AN! DAS IST EIN BEFEHL!“ „Was?“ Während Jo angestrengt auf die Bremse drückte, starrten mich Adriano und Melody an. Schnell stiegen wir aus und die Dämonen schwebten auch schon über uns. „Hahaha! Gebt ihr endlich auf?“, fragte einer von ihnen mit seiner schrillen Stimme. „Niemals. Ihr wisst nicht mit wem ihr euch anlegt.“ „Mit dem schwachen kleinen Mädchen von dem Versager Luzifer.“ „Prinzessin der Dunkelheit, hahahaha!“ „Lacht nur...“, sagte ich leise. „Ich bin nicht schwach! Und... MEIN DAD IST KEIN VERSAGER!!!“, schrie ich laut hinaus, während sich meine Augen rot färbten und meine Flügel erschienen. Ich mobilisierte einen großen Teil meiner Energie und richtete sie auf die böse Aura der drei Dämonen. Egal wie schnell sie ausweichen würden... Mein Angriff würde einen Radius im Umkreis mehrerer Kilometer treffen. Mir wurde schwindelig und ich fühlte mich schrecklich müde, als alles still wurde und uns ein riesiges Schild aus schwarzer Energie umgab. Dunkle Blitze durchzuckten es stellenweise. Wahrscheinlich hatte es die Dämonen komplett zerfressen. „Mag sein... Dass ich in letzter Zeit etwas schwach war... Und man mich unterschätzt, weil ich gerne rosa Sachen trage... weil ich vielleicht niedlich aussehe... und weil ich nur ein kleines Mädchen bin... aber ich bin auch... EIN ENGEL DER DUNKELHEIT! ICH BIN LUZIFER'S TOCHTER UND SACRED FEYE'S ERBE! KEIN BEHINDERTER DÄMON DER HÖLLE WIRD MICH JEMALS VERSPOTTEN!!! AAAAHHHHRRRR!!!“ Mein Schild baute sich nocheinmal kurz auf ehe es mit einem lauten Knall verschwand. Nun wären wirklich alle Dämonen weg... Die anderen Drei guckten mich schockiert an. „Juline...“, sagte Melody leise. „Ich bin nicht klein und süß... Und ich bin kein Angsthase!“ „Ne, das bist du sicher nicht! Haha! Coole Sache! Also... Äh... Ich brauche Licht. Und dann muss ich das Auto reparieren. Das hat wohl nen kleinen Motorschaden vom vielen Rasen“, sagte Jo und ging zum Auto. Unsicher folgte Melody ihm und gab ihm mit Blitzen etwas Licht. „Ich geh mich etwas umschauen.“ „Was? Bist du sicher, Juline?“, fragte Adriano entsetzt. „Ja! Ich brauch zudem etwas Ruhe und einen klaren Kopf.“ Ich hasste es, dass meine Kräfte derartig auf meine Gesundheit schlugen. Aber ich wollte auf keinen Fall riskieren, dass die Viecher überleben und Adriano vielleicht wieder die Kontrolle über sich verlieren würde. „Juline, bleib in der Nähe, ja?“, ermahnte mich Melody noch, bevor ich von der Straße runter lief und einem kleinen Trampelpfad folgte. Die Dunkelheit der Nacht machte mir kaum etwas aus. Als ich vor Schwindel kaum noch laufen konnte, bemerkte ich einen kleinen Bach, der hübsch plätscherte und ließ mich ins Gras fallen. Mit halboffenen Augen starrte ich in den Himmel und fragte mich, ob meine Eltern nun stolz auf mich wären. Nun, es waren doch nur drei Dämonen. Ich hatte viel zu viel Kraft dafür verschwendet. Drei Dämonen waren im Vergleich zu Chamuel gar nichts... Nach einigen Minuten ging es mir zumindest körperlich wieder etwas besser, doch innerlich fühlte ich mich einfach nur schlecht. Plötzlich hörte ich Schritte neben mir und bemerkte, dass es Adriano war, der sich schweigend neben mich setzte. Das machte meine Stimmung auch nicht besser. Diese brennende Sehnsucht und tiefe Wut auf alles, was so blöd lief, wurde nur stärker. „Musst du mir hinterherlaufen?“, fragte ich leise und versuchte meine Tränen irgendwie zu verkneifen. „Es soll aufhören...“ „Wovon redest du?“ „Ich meine... Alles... Diese ganzen Gefühle. Ich verstehe seit Tagen die Welt nicht mehr. Um ehrlich zu sein, seit diesem Abend als wir angegriffen wurden. Ich träume ständig irgendwelche blöden Dinge, die ich niemals erlebt habe. Dann habe ich wieder Kopfschmerzen und es nervt einfach nur noch. Dazu kommt noch June, die mich einfach abknutscht und mit mir redet, als wäre ich eine andere Person... Und...“ Nun richtete ich mich auf und guckte ihn an, während er mir erzählte, was ihm alles so widerfahren war. Wie sollte ich ihm nur die Wahrheit erzählen?! Haha, Adriano, ach ja, du bist übrigens ein Engel, der total stark ist und der dich mit seinen Kräften umbringen könnte... Nein! Das könnte ich nicht sagen! Unsere Blicke trafen sich wieder: „Und... Dieses ständige verwirrt sein ist ja nicht mal das Schlimmste...“ „Was meinst du?“ „Das Schlimmste ist... diese verdammte Sehnsucht... Weil ich dich in jedem Moment in dem du nicht bei mir bist so vermisse. Und es mich krank macht daran zu denken, dass ich niemals mit dir zusammen sein kann, weil du immerhin nun mit Fabio zusammen bist... und...“ „Was!?! Wer sagt, dass ich mit Fabio zusammen bin!?“ „Bist du nicht? Aber ihr seid doch zusammen von der Party und danach war Fabio oft weg und dich hat man auch nicht mehr gesehen...“ „Ja, weil ich bei Melody im Bett saß, mich mit Schokolade vollgestopft hatte und rumgeheult hab“, erklärte ich verblüfft. Nun starrten wir uns wieder schweigend an ehe ich meinen Kopf wegdrehte. Was sollte ich nur tun? Ich fühlte mich, als würde ich innerlich zerreißen. Und mir war so schlecht. „Ich kenne das Gefühl...“, sagte ich nach einer Weile. „Hm?“ „Die Sehnsucht... Ich wollte es mir selbst zwar nicht eingestehen aber... ich hab in den letzten Wochen an niemanden so oft gedacht wie an dich... Dass wir heute Abend so distanziert waren, tut mir weh... Und...“, mir kamen nun doch die Tränen, obwohl ich etwas lachen musste: „und ich hasse June... haha...“ Es würde niemals aufhören so weh zu tun... Selbst jetzt... „Ich weiß nicht ob das richtig oder falsch ist, aber es lässt sich irgendwie nicht mehr ändern... Ich liebe dich“, sagte er auf einmal. In diesem Augenblick wollte ich alle Sorgen und Probleme die das mit sich bringen würde einfach kurz vergessen... Es hätte keinen Sinn, aber ich hatte keine Kraft weiter dagegen anzukämpfen. „Ich liebe dich auch...“, antwortete ich leise und wischte mir meine Tränen mit dem Handgelenk weg. Dann lehnte er sich endlich zu mir und küsste mich. Nach diesem einen kurzen Kuss guckten wir uns noch einmal unsicher an, doch dann küssten wir uns nocheinmal. Diesmal länger und intensiver. Ich spürte richtig wie alles in mir irgendwie zu zittern begann. Während wir uns immernoch küssten klammerte ich meine Arme fest um ihn und wollte ihn nie mehr loslassen. Und auch er hatte seine Arme fest um mich geschlossen. Dieser Moment indem dieser ganze Druck und die verdrängten Gefühle frei gelassen wurden, hätte meinetwegen niemals enden können. Doch plötzlich kam wieder diese Angst zurück. Angst um ihn und vor den Gefühlen ihn wieder verlieren zu müssen. Mit dieser schrecklichen Angst riss ich mich von ihm los und starrte ihn an: „Verdammt! Ich liebe dich, aber das darf nicht sein!!! Das macht doch alles nur schlimmer, wenn wir uns bald sowieso wieder trennen müssen! Wenn ich gehen muss werden wir beide daran kaputt gehen!“ „Was? Aber...“ „Außerdem bin ich ein beschissener Engel! Ich hasse es nichts über Gottes Gesetze zu wissen! Menschen, die ein Liebesverhältnis mit Engeln eingehen werden getötet! Ich hab keine Ahnung in wie weit das gilt... Für einen Assistant und die Tochter eines gefallenen Engels... Aber ich habe Angst um dich! Ich will nicht, dass dir wegen mir etwas passiert! DIESES „WIR“ KANN ES NICHT GEBEN! ES DARF EINFACH NICHT SEIN!“, erklärte ich heißer und schluchzend ehe ich davonrannte. Als ich zur Straße zurück kam zwang ich mich wieder normal zu wirken und unterdrückte erneut meine Tränen. Im Dunkeln sah man zum Glück auch nicht, dass ich geweint hatte. „Jo, ist das Auto heil?“, fragte ich. „Juline! Da bist du ja!“, entgegnete Melody fröhlich und kam gleich zu mir. „Das Auto funktioniert wieder und... Hey! Hast du geweint!? Was ist los?“ Diesmal stürzte ich mich in Melody's Arme und durfte mich mit ihr auf die Rückbank setzen, während Adriano schweigend vorne neben Jo saß. „Leute, warum seid ihr so komisch? Was habt ihr getrieben, als ihr verschollen wart?“ „Halt die Fresse, Jo...“, antwortete Adriano mürrisch und starrte ins Dunkle hinaus... „Papa, was ist Liebe?“, fragte ich meinen Dad einmal, als wir nach dem Training zusammen auf dem Dach der Festung im Reich der Dunkelheit und Elemente saßen. Er seufzte und überlegte etwas: „Liebe ist... eine seltsame Sache. Sie ist vielfältig... Sie kann gefährlich sein. Menschen und auch wir Engel, können ungeahnte Kräfte entwickeln, wenn wir eine geliebte Person beschützen wollen. Und... Die Liebe kann Personen verändern.“ „Dich zum Beispiel? Du bist doch wegen Mama wieder lieb geworden, oder?“ Darauf hin musste er lachen und lächelte. „Ja... Schon irgendwie.“ „Also ist Liebe etwas Gutes!“ „Nunja... Ich hoffe, du wirst niemals erfahren müssen, wie sehr sie schmerzen kann“, antwortete er schließlich mit einem traurigen Blick. „Musstest du das schon erfahren?“, fragte ich neugierig, wie ich mit zehn Jahren nunmal so war. Er streichelte mir über den Kopf und lächelte wieder. Diesmal sah sein Lächeln etwas wehmütig aus: „Oh ja... Sehr. So sehr, dass ich irgendwann nicht mehr konnte und ich keine andere Möglichkeit mehr sah, als meine Seele dunkel und kalt werden zu lassen.“ „Wieso war es so schlimm? Wegen einer Frau?“ „Nein... Nicht wegen einer Frau. Wegen Gott...“ „Hast du Gott geliebt, Dad?“ „Gott war meine Familie. Aber irgendwann schuf er sich neue Kinder, die er mehr liebte als mich und die Engel. Und die Engel liebten sie auch. Ich konnte damals nicht verstehen, warum die Engel gerne die Menschen beschützten und sich um sie kümmerten. Warum sollten wir uns versklaven lassen, fragte ich mich damals.“ „Also wolltest du dich rächen! Aber die anderen Engel sahen es nicht als Versklavung. Sie sahen sich immer als „höhere Wesen“, die die Ehre hatten, die Menschen zu beschützen.“ „Genau. Und die Menschen blickten zu ihnen auf und glauben bis heute an die Kräfte der Engel. Mein Blick war getrübt von Hass und Eifersucht. Ich fühlte mich allein gelassen und ungeliebt.“ „Aber dann kam Mama, oder?“ „Ja... Dann kam Feye und plötzlich war da wieder jemand, der mir Liebe gab.“ „Aber ihr wart so verschieden... Sie hätte dich ja eigentlich hassen müssen“, sagte ich hämisch und erinnerte mich, dass mein Dad der Familie meiner Mutter viel Leid zugefügt hatte. Sie standen auf völlig verschiedenen Seiten... Und im Grunde hätte ihre Liebe kaum eine Chance gehabt. „Nun, meine kleine Juline... Wir haben uns eben geliebt. Was auch immer zwischen uns stand... Irgendwo war es uns letztendlich egal.“ „Es war euch egal was die Anderen davon hielten?“ „Das wichtigste war, dass wir zusammen waren. Egal wie schlimm die Konsequenzen waren.“ „Habt ihr euch nicht lange gegen diese Gefühle gesträubt?“ „Haha, ja und wie! Das kannst du laut sagen. Feye hatte Angst vor der Reaktion ihrer Familie und sie hatte schreckliche Schuldgefühle, weil ich immerhin der Feind war. Und ich fragte mich warum ich solche seltsamen Gefühle ihr gegenüber hatte. Ich wollte böse sein, aber zum Schluss konnte ich nicht mehr gegen sie kämpfen. Und auch nicht mehr gegen dieses Gefühl...“ Er lächelte mich erneut an: „Was ich damit sagen will, Juline – Es bringt nichts gegen die Liebe zu kämpfen, denn am Ende wird sie dich immer besiegen und nichts als Schmerz zurücklassen.“ Die Liebe... Dad hatte recht... Die Liebe war ein starker Gegner und brachte schreckliche Schmerzen mit sich... Und ich hatte meine Zweifel, ob ich diesen Kampf gewinnen könnte... Kapitel 17: Schlussstrich ------------------------- Kapitel 17 ~ Schlussstrich ~ Aris ~ „Chamuel, warum muss das sein? Wieso musste das mit Raik jetzt sein?“, fragte ich Chamuel, als ich ihm aufgeregt über den Korridor hinweg folgte. „Er kann Juline doch gar nicht umbringen!“ „Natürlich kann er das nicht! Genau deswegen ist es lustig. Ich will diese Assistants ja nur etwas ärgern. Was mir den Kopf zerbricht ist Elohim.“ Ich hatte natürlich erfahren was neulich geschehen war als Chamuel und Fiona einen Angriff auf Juline planten. Chamuel und seine Dienerinnen wussten, dass Juline sich mit diesem Fabio gut verstand und der ursprüngliche Plan von ihnen war, Fabio mit Riann zu verkuppeln, um Juline fertig zu machen. Allerdings hatten sie nicht damit gerechnet, dass Fabio einen Bruder hatte, der ihm recht ähnlich sah. Und vor allem rechnete keiner damit, dass in diesem Körper der Geist dieses Engels lebt. Juline hatte ihn also gefunden... Dass es dieser Elohim mit Chamuel aufnehmen konnte, verwunderte mich sehr. Ich hielt das alles für Schwachsinn, bis ich die wütende Reaktion von Chamuel nach diesem Ereignis erlebt hatte. „Wenn ich gewusst hätte, dass Elohim inzwischen derartig stark ist, hätte ich ihn nicht erweckt!“ „Vielleicht wäre es von selbst geschehen“, entgegnete ich und zuckte mit den Schultern. Ich gönnte ihm diesen Rückschlag! „Ich verstehe nicht mal warum der Geist von diesem Kerl im Körper eines Menschen geruht hat!“ „Zumindest ist das die Erklärung warum er schon lange nicht mehr im Himmelsreich gesehen wurde.“ „Tzz! Diese blöde Plage! War klar, dass er wirklich irgendwann ärger macht!“ „Wie?“ „Es war schon allein seltsam, wie dieser komische Kerl zu uns Engeln kam. Er wurde damals als Baby gefunden. Allein im Himmelsreich. Es gibt aber eigentlich keine Babys von Engeln, da derartige Handlungen strikt verboten sind.“ „Glaubst du wirklich, jeder Engel hatte sich daran gehalten?“, fragte ich Chamuel, woraufhin er am überlegen war und schließlich grinste. „Nö! Natürlich gab es welche, die den Genuss von Sex erleben durften.“ „Du zum Beispiel?“, fragte ich nun noch gewagter. Unser Verhältnis war zum Glück nicht mehr ganz so angespannt. Ich versuchte zwar weiterhin ihn umzustimmen, doch die meiste Zeit versuchte ich hinter seine Pläne und Gedanken zu kommen. Dieses „warum“ war immernoch nicht klar und ich wollte einfach mehr über ihn herausfinden. Über die Vergangenheit, seine Gefühle und seine Gedanken. „Aris, du traust dich zu viel. Jedenfalls war es von Anfang an fraglich wo dieser Kerl herkam und deswegen stand sein Leben bei den Engeln unter keinem guten Stern. Ich war in der Zeit bevor ich mich dazu entschied meine Pläne umzusetzen selten bei anderen Engeln, doch ab und zu mischte ich mich auch unters Volk. Unerkannt, um Informationen zu bekommen. Eigentlich sollte mir der Kleine leid tun.“ „Wolltest du ihm deswegen anbieten für dich zu arbeiten?“ „Haha! Vielleicht denkt er, dass die Engel grausam zu ihm waren, aber er hat das ganze Ausmaß an Schmerz nie kennen gelernt. Es geht noch viel, viel schlimmer. Dennoch hatte ich die Hoffnung sein Hass auf die Engel wäre groß genug sich mir anzuschließen. Er ist stark... Als Verbündeter wäre er ideal gewesen. Aber das wollte er ja nicht. Stattdessen kämpft er für diese kleine Versagerin, weil sie allein zu schwach ist.“ „Sie ist nicht schwach!“ „Achso? Hat sie vielleicht versteckte Kräfte, von denen ich wissen sollte?“ „Eher würde ich sterben als dir so etwas zu verraten.“ Er grinste mich an, kam zu mir und küsste mich: „Ich vergesse immer wieder, dass du ja gar nicht auf meiner Seite bist. Warum eigentlich nicht? Du hast doch kaum noch etwas zu verlieren. Und Angst scheinst du auch gar keine mehr zu haben.“ „Ich liebe Juline und Luzifer.“ „Liebe ist überbewertet! Am Ende verliert man immer wieder Personen die man liebt.“ „Nicht immer“, widersprach ich. „Wenn man ein Engel ist, schon.“ „Was hast du jetzt wegen Elohim vor?“, fragte ich um vom Thema abzulenken. Wenn ich jetzt weiter bohren würde, würde er nur wieder ausrasten. „Nun... Ich nutze die Zeit, in der dieser kleine Raik mit Juline spielen wird um mich vorzubereiten. Weißt du... Das Stärkste an Elohim sind eigentlich nur die Schwerter. Und mein Nachteil war, dass ich mit bloßen Händen dagegen kämpfen musste. Also werde ich mir wohl etwas dagegen einfallen lassen müssen. Im Körper dieses schwachen Assistant kann er seine volle Kraft sowieso nicht ausschöpfen. Also werde ich ihn umbringen noch bevor er stärker werden kann. So einfach ist das. Du entschuldigst mich nun...“ Mit diesen Worten ließ er mich alleine stehen und ließ mich zweifeln ob Elohim sich das nächste mal wirklich nochmal gegen Chamuel behaupten könnte. Eigentlich war ich erleichtert, dass Juline etwas Schutz hatte. Inzwischen vermisste ich Luzifer sehr und ich hoffte, dass es ihm gut ging. Ich konnte mich leider nicht zu ihm schleichen, das hätte nur Probleme verursacht. Also versuchte ich unauffällig zu bleiben und meine Infos zu bekommen. Aber zumindest wollte ich nach Hailey schauen. Sie war noch immer bewusstlos. Das arme Mädchen tat mir total leid. Auf meinem Weg zu ihr kam mir Riann entgegen. Es wunderte mich. Sie war in letzter Zeit oft weg. „Riann!“ „Hallo Aris“, entgegnete sie leise und senkte gleich ihren Kopf. Sie wirkte traurig und noch verzweifelter als vorher. Sehr verständlich! Ihre Mission sich an Fabio heranzumachen fiel ihr sicherlich schwer. Immerhin war sie auch so schüchtern. „Riann, es geht dir nicht gut. Warum gibst du es nicht endlich auf und haust ab solange es noch möglich ist? Du musst das hier nicht tun. Wenn du ins Himmelsreich gehst und zu Lumen kommst, sag ihr, ich schicke dich, dann wird dir verziehen und du bekommst den Schutz der Engel!“ „Ach Aris... Wenn das nur so einfach wäre. Ich bleibe nicht aus Angst vor Chamuel... Und Fiona ist glaub ich gar nicht zu helfen. Aber...“ Sie blickte verlegen zur Seite und wurde etwas rot im Gesicht, was mich etwas erschreckte: „Ist es dieser Junge?! Wie hieß er noch gleich?“ „Fabio? Mhh... Er ist total nett. Ich mag ihn – leider. Und ich mag ihn zu sehr.“ „Was? Wie jetzt? Riann!“ „Ich weiß doch auch, dass das völliger Schwachsinn ist! Aber so eine nette Person ist mir noch nie begegnet! Wir haben uns in letzter Zeit öfter getroffen und ich glaube ich muss nichtmal meine Kräfte einsetzen, damit er mich auch mag!“ „Du kannst dich doch nicht einfach mit einem Menschen...“ „WARUM NICHT!?“, platzte es aus ihr heraus. „Warum sollte ich nicht!? Juline macht es nicht anders!!!“ „Ich weiß nichts darüber... Ich habe Juline nun schon seit Wochen nicht mehr gesehen... Ich weiß, dass dieser Adriano gleichzeitig Elohim ist, mehr aber auch nicht.“ „Ich war in ihrer Nähe, immerhin hab ich Zeit mit Fabio verbracht. Allerdings immer nur alleine, damit Juline mich nicht sieht. Da scheint mehr zwischen Juline und Adriano zu sein. Verstehst du? Sie macht es nicht anders. Sie liebt auch einen Assistant! Und ehrlich? Mir sind Gottes Gesetze egal! Aber schlimmer ist, dass Fabio Juline nicht ganz aus dem Kopf bekommen hat... Er erzählt mir viel zu oft von ihr. Und jedes mal muss ich dem Drang widerstehen ihm nicht doch zu sagen, dass seine tolle und angebetete Juline ihn nur abweist, weil sie lieber mit seinem Bruder zusammen wäre!“ „Riann...“ Juline musste es extrem schlecht gehen... Wie gerne wäre ich nun bei ihr um ihr zur Seite zu stehen. „Ich weiß nicht wie das weiter gehen wird... Irgendwann wird Fabio vielleicht dahinter kommen, dass ich zu den Feinden gehöre. Dann wird er mir nicht mehr glauben, dass ich ihn mag. Und ich werde ihn nie wieder sehen...“ „Niemand sagt, dass Liebe einfach ist.“ „WAS VERSTEHST DU DAVON!?“ „Nicht viel... Ich hatte bisher nie die Chance einen Mann zu lieben. Auch ich bin ein Engel. Eigentlich dürfte ich das nicht. Was soll's? Natürlich muss ich mir dann natürlich gleich den schwierigsten Fall aussuchen. Was bringt es einen Mann zu lieben, der die Liebe hasst und dessen Hass so enorm ist, dass er keine Liebe empfinden will oder kann?“ „Aris... Meinst du etwa... IHN? Sag mir nicht, dass du etwas für dieses Monster empfindest! Er hat deine Eltern auf dem Gewissen! Und er will den Rest deiner Familie auch töten! Danach tötet er dich! Du bist doch nur ein Nutzobjekt, weil du gut aussiehst!“ „Du weißt gar nichts... Chamuel ist kein Monster. Seine emotionalen Wunden sind nur viel zu groß um zu heilen.“ Sie starrte mich fassungslos an und schien nicht zu verstehen, wie man für jemanden wie Chamuel Mitleid empfinden könnte. Ich konnte ihn verstehen, obwohl ich die Wahrheit nicht ganz genau wusste... ~ Adriano Coldfire ~ Ihre Worte fühlten sich schlimmer an als tausend Messerstiche und irgendwie wären die mir lieber als diese Worte. Nun war es also endlich raus. Ich hatte ihr gesagt, dass ich sie liebe. Und das nur, weil ich es einfach nicht mehr aushalten konnte, denn eigentlich wollte ich mich nie in sie verlieben. Fabio war immerhin auch in sie verliebt... Und nicht nur das. Sie hatte mir zwar gesagt, dass sie mich auch liebt, aber trotzdem könnten wir nicht zusammen sein. Sie hatte Angst um mich und wollte deswegen nicht mit mir zusammen sein. Weil sie nicht weiß, was mit mir passieren würde, wenn herauskäme, dass sie als Engel mit mir, einem Assistant, zusammen ist. Das konnte ich zwar verstehen, aber es zu akzeptieren war für mich zu diesem Zeitpunkt unmöglich. Es war mir doch inzwischen egal, was passieren würde. Und wenn wir auch nur kurz zusammen sein könnten... Ich war für jeden kleinen Augenblick mit ihr dankbar. Es machte mich ja schon fertig sie im Club anzuschweigen. Was für ne dämliche Idee von Jo! Verfluchter Idiot! „Hey Adde! Du siehst echt beschissen aus! Pech in der Liebe? Ich weiß, Caro ist etwas bekloppt, obwohl sie echt scharf aussieht. Naja, darauf kommt's, ja nicht an, stimmt's? Wollen wir zusammen ein bisschen entspannen und im Club was Trinken gehen?“, hatte er mich gefragt. Und weil ich mich so einsam fühlte, dachte ich, etwas Ablenkung zu finden. Jo meinte es auch nur gut. Wer hätte ahnen können, dass uns gleich Melody und Juline über den Weg laufen würden! Die ganzen Tage hatte ich mich verrückt gemacht und gequält, weil ich dachte, Juline ist mit Fabio zusammen. Jedes mal wenn er weg war – und das war er ziemlich oft – dachte ich, er wäre mit ihr irgendwo. Dieser Gedanke machte mich fast wahnsinnig. Und dann erfahre ich, dass sie die ganze Zeit im Hotel war und nur an mich dachte... Es war unfair! Nun war ich ihr für einen kurzen Augenblick so nah und nun trennten uns wieder Berge. Nachdenklich blickte ich aus dem Autofenster in die Dunkelheit und grübelte weiter vor mich hin. Im Auto selbst ist es still geworden. Keiner sagte mehr einen Ton, was ziemlich unangenehm war. Und dann kam mir noch eine Frage in den Kopf. Wenn Fabio nicht mit Juline unterwegs war... Wo war er denn dann immer? Er erzählte nie, wo er sich herumtrieb. Weder mir noch Jade. Er sagte, es sei ein Geheimnis, das uns nichts anginge, immerhin hätten wir auch so unsere Geheimnisse. Wirklich komisch... Um diese schreckliche Stille zu durchbrechen wandte ich mich zu Jo, der konzentriert der dunklen Straße folgte: „Was habt ihr eigentlich die ganze Zeit über getrieben?“ Plötzlich schreckten sowohl er als auch Melody auf. „Ähm... Naja...“, fing er an zu stammeln und hatte einen knallroten Kopf. „Wir haben den Motor repariert!“, erklärte Melody nun gefasst. „Genau!“ „Aha... Und warum seid ihr beide so rot im Gesicht?! Jo, seit wann bist du schüchtern?“ „Adde! Frag nicht so blöd! Es ist eben... Anders als sonst!“ Melody räusperte: „Eigentlich wollten wir etwas damit warten, weil ihr Beiden, aus welchen Gründen auch immer eine Trauerfratze zieht bis zum Boden, aber wenn du darauf bestehst... Als wir alleine waren hatten wir ein tiefgründiges Gespräch.“ „Jo und tiefgründig!?“ „Fresse, Adde! Ja, ich kann auch tiefgründig sein! Und wir sind jetzt ein Paar!“ „Hoffentlich länger als eine Nacht...“ „ADRIANO!“, keifte Melody von hinten. Wenn sie Juline nicht in den Armen gehalten hätte, wäre sie sicher auf mich losgegangen. „Was ist eigentlich mit euch beiden!? Ich verstehe es nicht... Ist es wegen dem Angriff!? Das ist doch jetzt vorbei. Uns wird bestimmt nichts mehr passieren.“ „Es geht nicht um den Angriff, Jo. Ich bin schon den ganzen Abend schlecht drauf, also ist es gar nichts! Lass mich in Ruhe.“ „Okay... Ist schon gut...“ „Oh man...“, grummelte Melody nochmal von der Rückbank, als es erneut still wurde und wieder niemand etwas sagte. Diesmal interessierte mich das nicht mehr. Ich hatte so schlechte Laune, dass ich eh nichts Gutes über die Lippen brachte. Im Nachhinein tat es mir schon leid, dass ich so blöd auf dieses Beziehungsouting von den Beiden reagiert hatte. Aber wie soll man anderen Leuten dieses Gefühl von frisch verliebt sein gönnen, wenn man selbst grade die Liebe verfluchte? Dass ich neidisch war, gestand ich mir innerlich ein. Im Grunde war ich erleichtert, als wir endlich wieder in der Stadt ankamen und ich vor meinem zu Hause abgesetzt wurde. Als ich aus dem Auto stieg, zwang ich mich dazu keinen Blick zurück zu werfen und gleich ins Haus zu gehen. Dort kam mir gleich Jade entgegen gelaufen. „Oh Gott, Adriano! Wo warst du so lange? Ich hab mir Sorgen gemacht! Es ist immerhin schon total spät... Eigentlich ist es schon fast wieder Zeit aufzustehen! Wart ihr so lange feiern!?“ „Nein, wir haben Juline und Melody getroffen und auf dem Heimweg wurden wir von Dämonen angegriffen.“ Völlig aufgekratzt folgte sie mir in die Küche, wo ich mir erstmal was kaltes zu Trinken aus dem Kühlschrank nahm. „Von Dämonen?! Mehrere?“ „Ja, drei. Sie sind uns gefolgt und Jo hat die Karre ins Nirgendwo gefahren. Naja, Juline hat die Dämonen zum Schluss platt gemacht. Aber wir standen dann halt irgendwo in der Pampa herum. Jo musste auch erst das Auto reparieren.“ „Krass! Ich wäre zu gerne dabei gewesen!“ „Du spinnst doch... Ahja und Jo und Melody sind jetzt zusammen.“ „WAS!? DIE!? Grade die beiden!? Bist bestimmt völlig betrunken.“ „Nein, das ist kein Scherz. Irgendwie hat's wohl doch gefunkt.“ „Das ist ja Wahnsinn! Jo und Melody... Meinst du das hält?“ „Mir egal... Wenn er's schafft, die Finger von den anderen Weibern zu lassen, sicher.“ Müde ging ich zurück ins Wohnzimmer, wohin Jade mich weiterhin verfolgte. „Adriano! Da ist noch was!“ „Was denn?“ „Kann es sein... Kann es sein, dass da was zwischen euch beiden läuft?“ „Was meinst du?“, fragte ich und verschluckte mich halb. „Du und Juline... Ihr seid beide so komisch. Ihr ignoriert euch so gezwungen... Und plötzlich seid ihr beide so mies drauf! Was läuft da zwischen euch!? Sag es mir!“ Meiner doofen Schwester konnte man eben nichts verheimlichen... Obwohl ich es vier Jahre geschafft hatte meine Beziehung mit Caro vor ihr geheim zu halten, merkte sie gleich, dass da gerade was nicht stimmte. Einige Sekunden guckte ich sie einfach nur an, ehe ich seufzte. „Ja, wir haben uns geküsst...“ „WAS!? Spinnst du!? Was soll ich davon halten? Verdammt, Adriano! Wieso tust du deiner Freundin und unserem Bruder sowas an? Hast du Langeweile oder wie?!“ „Was soll das denn jetzt!? Was soll das mit Langeweile zu tun haben?“ „Du wusstest ganz genau, dass Fabio sie mag! Und du weißt, wie die Mädchen auf dich fliegen! Aber ausgerechnet Juline musst du verführen!? Grade die, die von Anfang an so nett zu Fabio war und eigentlich gar nicht an dir interessiert schien! Und was ist mit Caro!? Gut, ihr habt Streit, aber ihr seid doch zusammen! Das ergibt sich doch wieder!“ „Ich hab Juline nicht einfach so aus Spaß und Langeweile verführt!!! Zudem hat sie mich geküsst! Wenn sie nett zu Fabio ist und er es falsch auffasst, kann ich auch nichts dazu!“ Sie war einfach nur fassungslos und hielt mir eine riesen Standpauke zu Fabio's Gefühlen. Und die arme Caro erst... „Seit wann bist du so egoistisch!? So kenne ich dich gar nicht! Und überhaupt erkenne ich dich kaum wieder! Was ist los mit dir?“ „Was heißt hier egoistisch!? Ich hab die letzten Wochen doch alles weggesteckt um genau diese Vorwürfe zu vermeiden! Ich empfinde schon eine ganze Weile viel für Juline, hab aber versucht es nicht zu zeigen, es wieder loszuwerden, aber es funktionierte nicht! Und?! Was hab ich gemacht? Ich hab mir trotzdem noch das Geschwärme von Fabio angehört! Und ich hab ihn trotzdem aufgebaut und ihm Mut gemacht sie nicht aufzugeben! Trotz allem hab ich versucht wieder für Caro zu empfinden wie früher! Aber entschuldige, dass das nicht so geklappt hat, wie es sollte! Tut mir leid für dich, dass ich deine beste Freundin Caro nicht mehr lieben kann so wie sie inzwischen ist! Und tut mir leid, dass ich keine Freudensprünge mache derzeit! Ich kann nämlich seit Wochen nicht behaupten sonderlich glücklich zu sein. Aber was verstehst du schon... Ich bin jetzt wieder weg. Ich hab noch was zu erledigen. Übrigens musst du keine Angst haben. Juline und ich werden niemals zusammenkommen.“ Wütend und frustriert wie ich war ließ ich sie einfach stehen und verließ das Haus wieder. Jade verstand gar nichts! Aber es war klar, dass sie so reagieren würde... Sie hatte keine Ahnung von diesen komischen Träumen und den Gefühlen, die ich hatte, aber nicht wusste woher sie überhaupt kamen. Wer hatte es eigentlich auf mich abgesehen, dass mich das Pech derartig zu verfolgen schien? Um etwas zur Ruhe zu kommen, setzte ich mich für zwei Stunden einfach an den Strand und starrte in die Ferne. Ich hatte keine Lust mehr... Auf gar nichts! Jade war nun wütend auf mich. Fabio würde mich auch hassen, sobald er es von Jade erfahren würde. Die Frau, die ich liebte, konnte nicht mit mir zusammen sein und selbst fühlte ich mich nur noch verwirrt und leer... Das war doch alles nur noch blöd und frustrierend. Aber ich hatte noch etwas zu tun. Das nahm ich mir fest vor, denn es gab da noch eine Sache, die ich nicht im Nichts stehen lassen konnte. Es gab ja noch Caro und offiziell waren wir immerhin noch zusammen. Wir hatten schon öfter Streit bei dem wir Tage nicht miteinander geredet hatten. Doch nun war es Zeit einen klaren Schlussstrich zu ziehen. Es wäre auch unfair ihr gegenüber mit ihr zusammen zu bleiben, obwohl ich eine Andere liebte. Ich machte mich auf den Weg um sie noch zu erwischen, bevor sie zur Schule gehen würde. Es dauerte nicht lange, bis ich vor ihrer Tür stand. Wahrscheinlich würde es ihrem Vater überhaupt nicht passen, dass ich vorbei schauen würde. Zu meiner Erleichterung öffnete meine Tante Jill die Tür. „Oh! Adriano! Na wenn das mal keine Überraschung ist. Du willst sicher zu Caro. Komm ruhig rein. Aber pass auf, Shin ist noch hier, hehe“, sagte sie verlegen und lächelte mich unsicher an. „Äh, ja. Kein Problem, ich bin sowieso gleich wieder weg.“ Ich folgte ihr ins Wohnzimmer, wo ich staunte. Raik war auch hier! Obwohl er sechs Jahre älter war als ich, hatte ich ihn schon in Kindheitstagen erfolgreich verprügelt. „Schau an, Onkelchen...“ „Oh nee, der Pizzabäcker! Und ich dachte mein Tag kann nicht schlimmer anfangen.“ „Sehr nett... Keine Angst Raik, meine Fäuste sind derzeit außer Betrieb.“ „Was willst du hier?“, fragte Shinji abgeneigt, währender seine Schuhe anzog. „Adriano!!!“ Ehe ich Shin erklären konnte, warum ich hier war, stand Caro auch schon im Wohnzimmer und starrte mich verwundert an. Dann lächelte sie triumphierend und klammerte sich an meinen Arm: „Hihi! Ich wusste, dass du es nicht lange aushältst bis du dich bei mir entschuldigst! Du bist mir doch bisher schon immer hinterher gerannt, Darling!“ Etwas genervt drückte ich sie von mir weg und schnaufte, während sie mich verständnislos musterte und schon zum Meckern ansetzen wollte. Doch ich kam ihr zuvor: „Ich bin nur kurz hier. Und wahrscheinlich vorerst zum letzten mal.“ „Wie meinst du das, Schatz?“, fragte Caro nun eher erschrocken. „Was ich meine ist... Es passt einfach nicht mehr. Es reicht... Ich habe keine Lust mehr mich ständig mit dir zu vertragen nur um am nächsten Tag wieder mit dir zu streiten. Es kotzt mich an... Du siehst inzwischen nur noch billig aus und legst Wert auf Dinge, die mir kilometerweit am Arsch vorbei gehen.“ „SOLL DAS HEIßEN DU WILLST MIT MIR SCHLUSS MACHEN?! DAS LASSE ICH NICHT ZU! WENN DANN MACHE ICH SCHLUSS! ERST WENN ICH ES SAGE IST ES VORBEI!“ „Ja, das ist auch 'ne Sache, die ich absolut nicht an dir leiden kann. Du Machoweib! Eine Beziehung sollte Spaß machen und bis zu einem gewissen Grad war ich damals noch bereit für dich zurückzustecken. Aber mit der Zeit wurde dieser Grad immer kleiner. Und jetzt ist es genug...“ Als ich ihren entsetzten Blick und Shinji auf mich zustürmen sah, blieb ich einfach stehen und reagierte nicht. Ohne mich zu wehren nahm ich hin, dass Shinji mir eine reinschlug und mich am Kragen packte. „Du wagst es meinem kleinen Mädchen den Laufpass zu geben und ihr das Herz zu brechen!?“ „Jop... Mach was du willst, Daddy“, entgegnete ich mit einem frechen Grinsen um ihn nochmehr zu provozieren. Er knurrte wütend und holte erneut mit der Faust aus, doch diesmal wurde er von Raik am Arm gepackt und weg gezerrt. „Ey, ist gut jetzt, ja? Wir haben andere Probleme... Und ehrlich, Shin. Was mischst du dich da ein? Hihi, Pizzabäcker, du blutest!“ Den Scheiß ließ er sich natürlich nicht nehmen... Als ich mit dem Handgelenk meinen Mund abwischte, klebte Blut an meiner Hand, wovon meine Beine ganz wackelig wurden. Lieber konzentrierte ich mich erstmal auf Caro, die mich mit großen Augen anguckte. „Du liebst sie, oder?“ „Was meinst du?“, fragte Shin gleich wieder zwischenrein. Jill hielt ihn inzwischen etwas zurück. „Das kannst du doch kaum noch abstreiten, dass du June liebst...“ „June!?!“, fragte ich entsetzt während sich mein Magen zusammenzog. „DU BASTARD! ICH WUSSTE, DASS DU DIR IRGENDWANN NE ANDERE SUCHST!“ „DAD! Halt die Klappe jetzt! Hau ab und geh arbeiten! Du nervst! Ich bin doch kein kleines Kind mehr, okay?! Was erwartest du? Wir kamen zusammen als wir Vierzehn waren! Vierzehn!!! Denkst du eine Jugendliebe, die so früh beginnt hält immer ewig? Man kann sich immer mal in jemand anders verlieben, wenn's unerwartet kommt! Das hätte mir auch passieren können! Und zwischen uns beiden lief es echt beschissen die letzten Wochen! Ich verstehe ihn! In dem Alter kann man doch schon stolz darauf sein eine vierjährige Beziehung geschafft zu haben!“ Für einen kurzen Moment war ich verblüfft... Diese Sätze gehörten zu der Caro, die ich einmal liebte... Shinji's Kinn hing irgendwo auf dem Boden, als er den Kopf hängen ließ und völlig geknickt zur Tür raus ging. Jill streichelte ihm auf dem Weg noch über die Schulter. „Sie braucht ihren Daddy nicht mehr... Das ist mein Todesurteil... Jill, was tun wir denn jetzt?“ „Hehe, ich weiß nicht“, antwortete sie kläglich. „Ich weiß was wir tun! Wir zeugen ein neues Kind!!! Gleich heute Abend! Ich brauch was zum bemuttern!“ „GANZ BESTIMMT NICHT! VERPISS DICH, IDIOT!!!“, fauchte Jill ihn an und trat ihn weg. „Was glaubt der überhaupt! Pöh! So, Raik, noch ein Kaffee? Und Caro, trag es mit Fassung. Du findest irgendwann nen Kerl, der viel cooler ist als dein blöder Italo Cousin“, sagte meine Tante und zwinkerte mich an. Blöder... Italo... Cousin?! Raik boxte mir auf die Schulter: „Vergiss nicht, du blutest immernoch!“ „Auf's Maul!?“ „Hahaha! Warte, Jill! Ich trink lieber noch nen Kaffee!“ Mit Raik stimmte irgendwas nicht... Er schien irgendwas mit dieser übertriebenen Freude zu überspielen. Auch meine Tante überspielte irgendwelche Sorgen. Was nun genau los war, wusste ich allerdings nicht. Wie immer... Was wusste ich auch schon!? Caro stand nun alleine mit mir im Flur herum und guckte mich traurig an. „Sie sind Idioten... Ich wollte nie, das es so weit kommt... Aber naja, es ist eben deine Entscheidung. Eigentlich sollte ich dich hassen... Aber dafür bin ich grade zu traurig. Bis irgendwann...“ Schluchzend huschte sie an mir vorbei und stürmte auch aus dem Haus. Irgendwie tat sie mir nun leid, aber ich hatte mich so entschieden. Es musste so sein. Eine Beziehung war zwischen Caro und mir nicht mehr möglich. Trotzdem war sie nun im Glauben ich hätte sie wegen June verlassen. Das störte mich etwas. Was sollte ich jetzt tun? Nichts ergab mehr so richtig Sinn und es gab nun auch nichts worauf ich Lust hatte. Die Schule war mir egal. Ich verschanzte mich irgendwo am Strand, wo ich einfach nur sitzen bleiben wollte, bis es wieder dunkel werden würde. Doch auf einmal wurde ich durch jemanden aufmerksam, der auf mich zugelaufen kam. Mein Magen zog sich zusammen und ich dachte mein Herz bleibt für einen Moment stehen, als ich diese bekannte Visage sah. „Hihi, wie süß. Versteckst du dich etwa vorm Leben?“, fragte Chamuels komische Dienerin mit den schwarzen Haaren. Hektisch sprang ich auf und nahm ein paar Schritte Abstand: „Was willst du von mir? Wollt ihr nicht eigentlich Juline?“ „Juline? Auch... Aber dich finden wir auch ganz interessant. Und weil du eine kleine Plage bist, möchte mein Lord, dass wir dich schnell loswerden. Obwohl es schade um dein gutes Aussehen ist. Tja, was soll man machen?“, seufzte sie und schoss unerwartet eine Energiekugel nach mir, der ich nicht schnell genug ausweichen konnte. Sie traf mich an der rechten Schulter und schleuderte mich einige Meter weit durch die Luft in den Sand. Ich versuchte nicht so sehr auf die Schmerzen zu achten und richtete mich schnell wieder auf. „Dein Reaktionsvermögen ist schlecht.“ Wieder schoss sie auf mich, doch diesmal konnte ich ausweichen. Sie lachte nur und klatschte in die Hände. Sie wollte nur spielen... Dieses bescheuerte Miststück! „Verzieh dich einfach wieder!“ „Ich gehe, wenn ich Lust darauf habe. Lieber mag ich dich noch etwas provozieren. Wäre es nicht eine Schande gegen eine junge hübsche Frau zu verlieren?“ „Du bist hässlich! Du alte Schreckschraube! Guck mal, wo deine Möpse hängen, ist ja widerlich!“ Eigentlich hatte ich nicht vor sie noch mehr zu reizen, aber ich konnte mich nicht zurückhalten. „Jemand wie du sollte eher auf seine Wortwahl achten. Du bist nicht in der Position über mich zu spotten, Darling.“ Ehe ich verstehen konnte, was sie tat, stand sie schon hinter mir. Wie schnell sie war... Und dann spürte schon diese Schmerzen im Rücken. Durch den Druck ihres Angriffs wurde ich diesmal nach vorn geschleudert und fiel wieder in den Sand. „Warum bist du so schwach? Willst du nicht kämpfen? Warum wehrst du dich nicht?“, fragte sie mit einem hämischen Grinsen, als ich mich wieder aufrappelte. Ich könnte mich wehren, wenn ich ihre Angriffe sehen könnte. Wütend schoss ich eine Wasserkugel nach ihr, die sie jedoch einfach mit der Hand kaputt schlug. „Das ist ja lächerlich!“ Noch während sie dabei war mich auszulachen, hob sie wieder ihre Hand und erschuf Pfeile aus dunkler Energie, die sie mit einem Armschwung auf mich schoss. Meine Füße wollten sich kaum bewegen! Warum fühlte ich mich so verdammt schwach in diesem Augenblick? Ihre Pfeile trafen mich erneut am Arm, was tierische Schmerzen verursachte. „Ohhh... Hab ich dir weh getan? Hihi.“ „HAU AB!“, schrie ich sie an und guckte zu meinem Arm herunter an dem überall Blut runter lief. Verdammt, ich hätte das nicht tun sollen! Von dem Anblick wurde mir nun auch noch schwindelig. Aus Verzweiflung schoss ich mit meiner linken Hand so viele Energiekugeln wie nur möglich. Sie alle schlugen in den Sand ein und wirbelten so viel davon auf, dass uns eine Wolke umgab. „Jetzt schau mal was du für eine Sauerei veranstaltet hast! Und trotzdem keinen einzigen Treffer versenkt. Loser!“, hörte ich sie nun aus einer anderen Richtung sprechen. Die Sandwolke legte sich schnell wieder und gerade als ich anfing wieder etwas sehen zu können, sah ich nur noch ihren Fuß, der auf meinen Kopf zuraste und mich traf. Wieder flog ich davon und spürte nur noch heftige Schmerzen, als ich an der Steinmauer, die den Strand von der Straße trennte, aufschlug. Ich lag auf dem Bauch und sah nur noch verschwommen das ganze Blut und mein Kopf pochte heftig. Von hier unten erkannte ich auch nur mit viel Mühe wie sich ihre Schritte wieder näherten. Zusätzlich zu meinen Schmerzen im Arm und den Verletzungen fing mein Kopf auch schon wieder an so heftig zu pochen. „Lass mich kämpfen“, hörte ich auf einmal wieder diese komische Stimme in meinem Kopf sagen. Nein! „Hör auf so stur zu sein! Wenn ich nicht kämpfe wird sie dich umbringen!“ NEIN! Ich wehrte mich mit meinem ganzen Willen gegen diese Stimme und kniff die Augen zusammen. Soll sie mich doch töten! „Das reicht!“, sagte plötzlich eine weitere weibliche Stimme und ich versuchte mich etwas aufzurichten, was mir recht schwer fiel und starke Schmerzen bereitete. Warme Hände berührten meinen noch heilen Arm und zogen mich etwas nach oben. Es war June! „Hau ab... Sie... Macht dich fertig“, sagte ich leise. Ich wollte June da nicht mit rein ziehen... „Mach dir keine Sorgen.“ „Wie niedlich! Erst lässt der Bengel sich fast von einer Frau töten und jetzt muss er auch noch von einer Frau beschützt werden.“ „Na und? Bevor du ihn tötest musst du erst mich erledigen. Mal sehen, wie stark du bist, Schätzchen.“ Langsam lehnte ich mich zurück an die Steinwand und hielt meinen rechten Arm fest. Ob June überhaupt eine Chance hatte? Naja, wahrscheinlich kannte sie sich mit ihren Kräften besser aus als ich mich mit meinen. Entschlossen grinste sie Chamuel's Dienerin an und streckte die Hand in den Himmel. Keine Ahnung, was sie da trieb, aber über dem Strand erschien eine Art Schild, das violett leuchtete. „Was ist das!?“, fragte die Schwarzhaarige entsetzt und schaute sich hektisch um. „Ein Zeitschild. Ich möchte nur ungern von Sterblichen beim Kämpfen beobachtet werden.“ „Ach... Ich wusste gar nicht, dass einfache Assistants so etwas können! Tzz!“ „Ich kann noch viel mehr, Fiona“, antwortete June nun mit einem netten Lächeln. „Meinen Namen kennst du auch?! Na dann...“ Fiona, die sich noch sehr selbstsicher fühlte, ging mit ihren Energiekugeln auf June los, doch sie blieb einfach an Ort und Stelle stehen und hielt die Hand dagegen. Damit prallten die Kugeln allesamt ab und schlugen in den Sand vor Fiona ein. „Haha, beeindruckend! Aber kein Problem.“ Während Fiona nun ihre Pfeile auf June schoss, erschien sie auch schon hinter ihr um sie mit einfacher Kampfkunst anzugreifen. Gerade noch rechtzeitig parrierte June und sprang hoch. Von der Luft aus schoss June eine Energiekugel zurück. Welches Element das sein sollte, war für mich undefinierbar. Die Energie leuchtete in einem hellen Licht. „Lichtenergie?!“, fragte Fiona überrascht. „Stör dich nicht daran, Liebes. Los, mach weiter.“ Ich hoffte, dass June es nun schnell zu Ende bringen würde. Es sah gut für sie aus! Doch Fiona lachte nun wieder und schwang beide Arme nach oben. In dem Moment brachen aus dem Boden viele Energiesäulen, die June überraschten. Als sie von einer erwischt wurde, schwankte sie zurück und konnte der danebenliegenden dunklen Energie gerade noch ausweichen. Verdammt! Wenn ich ihr doch nur irgendwie helfen könnte... Wieder durchzog es meinen Kopf. Diese lästigen Schmerzen wurden von Minute zu Minute schlimmer. Dennoch kämpfte ich weiter dagegen an bewusstlos zu werden, auch wenn mir inzwischen ziemlich heiß wurde und ich nach und nach Schweißausbrüche bekam. „Und was nun?“, fragte Fiona genüsslich. June rieb sich über ihr verletztes Bein und heilte ihre Wunde sofort, woraufhin Fiona wieder lachte: „Deine Energie wird nicht ewig anhalten! Haha! Und du als Assistant dürftest davon wesentlich weniger besitzen als ich.“ „Meine Energievorräte sind noch lange nicht erschöpft. Dafür müsstest du einige Tage mit mir weiter kämpfen.“ „Achso? Das will ich sehn!“ June guckte sie grimmig an und stieß einen Schrei von sich. Mit diesem Schrei wurde es kurzzeitig so hell um uns herum, dass ich geblendet war. Erst als ich wieder sehen konnte, bemerkte ich, dass die Säulen von Fiona weg waren. Hatte June sie mit ihrer Energie einfach weg gehauen?! Fiona guckte nun wieder überrascht und schien wütender zu werden. „Du nervst mich, Schlampe!“ Chamuel's Dienerin hob nun ihre Hand in die Höhe und streckte die Finger aus. In diesem Moment erschien um June eine Blase aus dunkler Energie. „Deine Töne werden gleich nicht mehr so groß! Du Angeberin!“ Dann ballte sie ihre Faust und die Blase verengte sich um June. Dieser Angriff schien ihr große Schmerzen zu bereiten, denn ich hörte sie bis hier schreien. „Hahaha!!! Na, wie ist das?! Wie lange hältst du das durch?“ June reagierte nicht darauf sondern versuchte sich gegen die Schmerzen und diese Kraft zu wehren. Während dessen drehte sich Fiona zu mir. „So, du Wurm. Ich schätze, deine Freundin hat gerade keine Zeit für dich. Also werde ich dich schnell aus dem Weg schaffen.“ „LASS SIE IN RUHE!“, fuhr ich sie an und kniff wieder die Augen zusammen, weil mein Kopf und mein Arm schmerzten. „Zu niedlich... Das wars... Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass das mit dir so einfach werden würde... Lord Chamuel wird begeistert sein!“ Nun streckte sie ihre andere Hand nach mir aus und ballte eine Energiekugel, doch ehe sie auf mich schießen konnte, wurde sie durch einen Wutschrei von June abgelenkt. Sie hatte es geschafft diese Blase mit Hilfe ihrer Kräfte platzen zu lassen. Schnell sprang sie zu uns und stellte sich schützend vor mich: „Du wirst ihm nichts tun! Ich halte mein Wort... Allerdings komme ich mit meinen Kräften in dieser Gestalt nicht weit.“ „Wie!?“ June lachte und schloss die Augen, während ihr Körper begann zu leuchten. Was passiert hier!? Aus ihrem Rücken wuchsen auf einmal leuchtend weiße Flügel und ihre Kleidung änderte sich. Als sie ihre Hand in die Höhe hielt, erschien ein langer goldener Stab darin. Endlich hörte das Leuchten wieder auf und June stand in Gestalt eines Engels vor uns. Was zur!? Fiona bekam große Augen und torkelte ein paar Schritte zurück und war erstmal sprachlos. „Fiona... Ich mag es nicht, wenn man mich provoziert. Und ein Engel wie du weiß, dass man sich besser nicht mit mir, Destinia, anlegt.“ „De-Destinia... Wieso bist du hier? Solltest du... Nicht im Himmelsreich sein?“ „Das geht dich nichts an! Du hast mich verärgert und nun muss ich dich leider bestrafen.“ Destinia... Mein Kopf pochte umso mehr und die Gegend um mich herum schien sich erneut zu drehen. Mir war so schwindelig... Destinia schlug ihren Stab in den Boden, woraufhin er sich spaltete und Lichtblitze herausragten. Der Spalt raste direkt auf Fiona zu und sie flog mit ihren Flügeln im letzten Augenblick hoch. Mit ihrer letzten verzweifelten Kraft feuerte Fiona massig Pfeile aus Dunkelheit auf Destinia. Doch sie wehrte sie einfach ab indem sie ihren Stab schnell zwischen den Fingern kreisen ließ. Kein einziger Pfeil drang hindurch. „Lächerlich! Meinst du ernsthaft, du kannst es mit mir aufnehmen, Kleines?!“, rief sie hinauf zu Fiona, die ihre Arme fassungslos und erschöpft sinken ließ. „Ich gebe zu, du bist eine Nummer zu hart für mich! Aber mit Lord Chamuel kannst du es garantiert nicht aufnehmen!“ „Soll er doch herkommen! Ich werde ihn vernichten, wenn es sein muss!“ „Tzzz! Monsterweib! Ich hab genug!“ Fiona kniff die Augen zusammen und verschwand im Nichts. Sie hatte sich wohl zu ihrem Meister zurück teleportiert. Nun drehte Destinia sich zu mir und guckte mich traurig an. „Du warst nie ein Assistant... Jetzt weiß ich, warum Juline so komisch auf dich reagiert hat.“ „Juline weiß eben über ihr Erbe bescheid. Es war klar, dass es keinen Assistant mit violetten Stein gibt.“ Sie kniete sich neben mich und hob ihre Hand an meinen verletzten Arm. Schnell verschwanden die Wunden und es ging mir wieder besser. Ich war erstaunt welche Energie von ihr ausging. Und dieses Licht... Alles an ihr schien irgendwie hell zu leuchten. Und hübsch sah sie aus... Hübscher als in ihrer menschlichen Gestalt. Und sie sah genauso aus wie der Engel aus meinem letzten Traum. „Es klingt blöd, aber ich habe dich schon öfter in meinen Träumen gesehen! Warum ist das so? Was hast du mit mir zu tun?“ Nun lächelte sie und legte ihre Arme um mich: „Deine Träume sind Erinnerungen aus längst vergangenen Tagen.“ Als sie mir nun so in die Augen sah, wurden die Kopfschmerzen wieder stärker und plötzlich liefen Tränen von ihren Wangen. „Warum weinst du?“, fragte ich sie. Einen Engel weinen zu sehen, war wohl das unwahrscheinlichste was jemandem je passieren könnte... Aber hier vor mir saß ein Engel, dem Tränen über die Wangen liefen. Unfassbar... „Kannst du mich hören? Es tut mir so leid! Ich hätte dich nie alleine lassen dürfen. Ich hätte nie gehen dürfen! Bitte verzeih mir!“ „Was redest du da?!“ „Das wirst du hoffentlich bald verstehen...“, antwortete sie und küsste mich auf die Stirn, ehe sie aufstand und genauso im Nichts verschwand wie Fiona. Destinia... Was hatte sie denn nun mit mir zu tun!? Und warum redete sie so verwirrendes Zeug!? Ich hielt meine Hände an meine schmerzenden Schläfen und kam auf keine Lösung... ~ Kapitel 17 ~ Schlussstrich ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Huhu Leute :'D Erstmal Sorry dass es so lange kein neues Kapitel mehr gab! Ich weiß... Adriano nervt langsam mit seiner Emokeks Masche. Aber seid mal ehrlich zu euch. Hattet ihr schonmal Liebeskummer? In solchen Phasen sieht man alles so negativ und aussichtslos, dass man eigentlich nichts mehr lustig und toll findet. Und dann dieses bescheuerte Selbstmitleid. Jedenfalls wäre es irgendwie unrealistisch wenn ich Adriano in dieser Situation noch cool und lustig beschreiben würde. Aber gebt nicht auf, er wird ja wohl nicht ewig so bleiben! XD Ich mag Destinia übriegns! Ich finde sie total cool und hoffe sie wird irgendwann wieder mit Elohim zusammenfinden. Kapitel 18: Weihnachtszauber und Vegas --------------------------------------- Kapitel 18 ~ Weihnachtszauber und Vegas ~ Melody Hiwatari ~ Nachdem wir am Morgen des 23.12. - nach unserer seltsamen Nacht und dem Angriff - erst Adriano und dann auch Juline abgesetzt hatten, setzte ich mich nach vorne neben Jo, mit dem ich nun endlich zusammen war. Endlich!!! Und ich dachte, das würde niemals passieren. Doch Juline hatte es irgendwie geschafft uns zu animieren, endlich miteinander zu reden... Es war so: Nachdem Jo mich auf die Tanzfläche zerrte, wollte ich ihn eigentlich von mir stoßen und so schnell wie möglich alles hinter mir lassen. Als ich ihn anguckte kamen mir wieder die Bilder von der Party und wie ich ihn im Bad mit den andern beiden Mädels gesehen hatte, in den Kopf. Ich hätte ihn am liebsten freiweg erwürgt! Doch der ließ mich in dem Moment nicht los und zog mich enger zu sich heran. Seine Blicke waren noch nie so ernst wie in diesem Augenblick. „Beantworte mir eine Frage, Melody Hiwatari!“ „Was willst du, du Penner!?“, motzte ich ihn an. „Hasst du mich? Beantworte die Frage ehrlich. Ich meine es ernst.“ „Jo, du bist ein Idiot! Ein absoluter Idiot! Nein, ich hasse dich nicht! Aber es macht mich unglücklich, dass du immer nur Mist im Kopf hast und ständig irgendwelche Mädchen abschleppst, während du dir nichtmal meinen Namen merken kannst!“ Als würde er verstehen was ich meine lächelte er und ließ mich los. Zuerst zog ich meinen Arm fest zu mir und überlegte ob ich nicht die Gelegenheit nutzen sollte um das Weite zu suchen, doch irgendwas befahl meinen Füßen stehen zu bleiben. „Melody... Ich habe natürlich nie deinen Namen vergessen. Nur weil ich dich liebend gern ärgere und so tue als würde ich nichtmal deinen Namen kennen, heißt noch lange nicht, dass ich dich nicht beachte. Du hast jetzt zwei Möglichkeiten... Entweder du findest mich so zum Kotzen, dass du davonrennst, oder du bleibst jetzt hier und tanzt mit mir.“ Für eine Sekunde fühlte ich mich ziemlich unsicher, doch wenn ich nun davonlaufen würde, wäre ich nur wieder unglücklich. Das war doch eigentlich meine Chance. Ich wusste nicht, was Juline zu ihm gesagt hatte, doch es musste ja irgendwas gewesen sein, das ihn so handeln ließ. Entschlossen doch zu bleiben stellte ich mich näher zu ihm und horchte dem Rhythmus der Musik um mich dementsprechend zu bewegen. Jo grinste mich zufrieden an: „Gute Entscheidung, Lady!“ „Idiot! Warum tust du das?“ „Was?“ „Mich immer so ärgern!“ Er lachte und legte seine Arme um meine Taille, was mein Herz bis zum Hals schlagen ließ. „Weil du mich doch sonst nicht beachten würdest! Haha!“ „TROTTEL!“ „Grade gibt’s für mich nur dich und die Musik... Also lass uns nicht weiter darüber nachdenken und tanzen!“ Ich klammerte mich an ihn und wir fingen an uns richtig in die Musik reinzuhängen, bis auch für mich nichts mehr außer ihn existierte. Die ganze Aufregung und der Alkohol ließen mich richtig ausgelassen werden. Alles, was mich belastete war auf einmal verschwunden. Es riss mich so sehr mit, dass ich Schwung nahm und auf seine Arme Sprang. „WUHU!!! DAS IST DER WAHNSINN!!!“ „YEAH, DU SAGST ES, BABY!“, stimmte Jo mir zu und wirbelte mich einmal auf den Armen herum. Als er mich danach wieder runter ließ guckten wir uns kurz an, bevor wir uns eng umschlungen küssten. Als das Lied endete war ich noch viel aufgedrehter und wollte unbedingt noch mehr trinken, also packte ich Jo und zog ihn zurück zum Tisch, wo ich die beiden Trauerweiden fand. Juline's und Adriano's Gesichter sahen zum Heulen aus. Eigentlich fühlte ich mich etwas schlecht, weil es meiner Freundin, die ich anfangs so hasste, nicht gut ging, aber ich wollte mich nicht von meinen guten Gefühlen ablenken lassen. Leider wollte Adriano dann unbedingt nach Hause, was mich etwas ärgerte. Ich hatte den Eintritt und die Getränke für eine Stunde Aufenthalt bezahlt... Eigentlich wollte ich länger bleiben. Als Jo dann aber den Vorschlag machte, dass wir danach alleine weiter feiern gehen könnten, war ich wieder besser gelaunt und verzieh Adriano seine miese Stimmung. Nur kam dann dieser Angriff mit den Dämonen dazwischen. Ich stand neben Jo und schuf Blitze um ihm Licht für die Motorreparatur zu geben, als Adriano und Juline plötzlich verschwunden waren. „Meinst du, du kriegst den Motor wieder hin?“, fragte ich besorgt und hielt meine Hände näher zum Wagen. „Klar, sowas mache ich öfter. Ich kann alles reparieren! Weißt du, die Meisten denken ich sei nur ein fauler Schulschwänzer, der nur Mädels abschleppen kann, aber eigentlich kann ich auch noch andere Sachen“, erklärte er mir mit seiner Zigarette im Mund. „Du bist erstaunlich...“, antwortete ich fassungslos, als er den Wagen schon zum Laufen brachte. „Ja, ich weiß! Muhaha! Und jetzt!? Die Beiden sind wohl verschollen.“ „Was treiben die? Meinst du die hängen zusammen rum?“ „Keine Ahnung. Ich meine, Adriano hat nie mit mir darüber geredet, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er Juline liebt.“ „Wie? Meinst du? Das könnte der Grund sein, warum sie so seltsam ist...“ „Die werden das schon regeln, ich hoffe, sie sind noch eine Weile beschäftigt... Haha!“ „Wieso?! WAAAH!“ Schneller als ich gucken konnte, hatte Jo mich gepackt und rückwärts auf die Motorhaube geschubst, wo er sich über mich lehnte und erneut küsste. Dieses Kribbeln im Bauch und diese Hitze waren schon wieder da. Doch dann fühlte ich mich etwas unsicher und drückte ihn ein wenig von mir: „Jo... Ich mag das nicht so. Ich bin kein Girlie für eine Nacht, okay?“ „Nein, so betrachte ich dich auch nicht. Ich finde dich klasse! Du hast Pepp und du bist ganz schön fies... Drache! Aber du bist auch Sexy... Ich wette, mit dir kann man massig Spaß haben.“ „Wenn man mich gut behandelt, ja.“ „Na dann, glaub mir! Ich will dich nicht für irgendeine Sammlung und auch nicht einfach nur zum Spaß nur für heute Nacht. Ich meine, okay, für „ich liebe dich“ ist es sicher noch zu früh aber...“ „Ach halt endlich die Schnauze und küss mich nochmal!“, forderte ich ihn auf und schlang meine Arme um seine Schultern. Während wir uns küssten lag er schon halb auf mir und langsam bemerkte ich wie seine Hand zu meiner Hüfte und schließlich zu meinem Hintern wanderten. Jede seiner Bewegungen machte dieses seltsame Gefühl im Bauch noch stärker. Bald hatte ich jede Vernunft vergessen und zerrte an seinem Hemd, während er mich an meinem Hals herab entlang küsste und meine Brust streichelte. „Meinst du, die sind noch lange genug weg?“ „Ich hoffe schon! Sehen können die hier sowieso nichts“, antwortete er und fuhr mit der Hand unter mein Oberteil. Ich versuchte möglichst leise zu sein. Nur weil man in der dunklen Nacht nichts sehen konnte, hieß es lange nicht, dass man auch nichts hörte. Aber es fiel mir so unheimlich schwer! Vor allem als er mir dann zwischen die Beine griff und mich weiterhin am Hals küsste. Allerdings wollte ich schnell weiter machen, bevor wir doch unterbrochen werden würden. Wenn Adriano und Juline jetzt zurück kämen, würde ich durchdrehen! Schnell richtete ich mich auf und öfftnete Jo's Hose. „Hast du's eilig?“, hauchte er mir frech ins Ohr. „Ich bin tierisch nervös, Penner! Und ich bin heiß auf dich! Wenn ich jetzt kein Sex von dir bekomme – aus welchen Gründen auch immer – werd ich sauer!“ „Uhhh! Wenn das so ist... Sorry, ich hab keine Zeit! Hahaha!“ „Fresse!“, fuhr ich ihn an und boxte ihn auf den Bauch. Nun schubste er mich wieder zurück und gab mir endlich, was ich mir schon so lange ersehnt hatte. Ich wollte schon ewig mit ihm zusammen sein und beneidete diese dummen Weiber, die er immer hatte, heimlich. Bei seinen Bewegungen fiel es mir nun noch schwerer keinen Ton von mir zu geben. Ab und zu lauschte ich in die Stille der Nacht um zu hören, ob wír noch alleine waren. Dann konzentrierte ich mich wieder auf ihn, bis wir schließlich beide zufrieden waren. „Hattest du schonmal Sex auf der Motorhaube?“, fragte ich Jo, als ich da lag und in den Himmel starrte. Er schnaufte noch einmal durch und richtete sich wieder auf: „Nö. Schäm dich, du hast mir mein erstes mal geraubt.“ „Idiot!“ Gerade als wir uns wieder angezogen hatten, kam Juline auch schon zurück. Erleichtert über ihr Timing lief ich zu ihr und sah, dass sie weinte. Was passiert war, würde ich sie noch fragen, wenn wir wieder alleine wären. Und so waren wir wieder an der Stelle, wo wir nun alleine im Auto saßen. Jo grinste: „Bist du müde?“ „Lange nicht! Du etwa? Ich hatte mehr vom größten Wichser der Stadt erwartet.“ „Wer sagt denn, dass ich müde bin? Die Nacht war scheiße! Abgesehn von unsrer kleinen Tätigkeit auf der Motorhaube. Wir wollten feiern gehen, nicht wahr, Baby?“ „Absolut! Aber jetzt hat kein Club mehr offen.“ Beide lehnten wir uns zurück und überlegten, bis ihm ein Einfall kam: „Hey, du hast doch diese tolle Kreditkarte von deinem reichen Daddy!“ „Ja... Was ist damit?“ „Sollen wir zur größten Partylocation überhaupt fahren?“ „Was meinst du?“, fragte ich skeptisch. „Na, wir wollten eine fette Party. Mel, lass uns nach Vegas fahren!“ „Vegas!? Nur du und ich? Weißt du wie lange wir da hin fahren?“ „Ja! Anderthalb Tage hin und zurück ohne Pause. Aber hey, wir wären alleine, nur für uns. Unterwegs essen wir und schlafen eben im Auto oder einem Hostel! Dann geht die Party richtig ab! Es kommt nur darauf an ob du bereit bist die Kosten zu übernehmen.“ Ich fand die Idee absolut genial! Jo und ich ganz alleine für einige Tage... Hach! Und feiern und tanzen bis wir umfallen würden! „Einverstanden. Ich hab damit keine Probleme und mein Dad sowieso nicht. Der weiß nämlich nie wohin mit seinem Geld.“ „Na dann los! Lass uns noch ein paar Sachen packen und ab geht’s!“ Gesagt, getan... Jo und ich vergaßen unsere Freunde und Familie einfach mal und kümmerten uns nur um uns selbst. Die Fahrt nach Vegas war lang, doch wir hielten gut durch und wechselten uns mit dem Fahren ab. Hin und wieder überkam es uns und wir nutzten die Rückbank für ein wenig Zweisamkeit. Doch dann, am späten Abend, sahen wir mitten in der dunklen Wüste eine riesen Lichtquelle! Jo drückte nochmal extra aufs Gas, damit wir endlich an unsrem Ziel ankommen würden. Ich war noch nie in Vegas und staunte über die vielen Lichter. Eine Partymetropole schlechthin. Die Casinos, Spielhallen und Clubs drängten sich förmlich an einer Reihe und wir fuhren zu einem recht luxuriösen Hotel, wo wir noch eine Suite bekamen. „Ich bereue alles, was ich jemals über Dad's Beruf gesagt habe!“, jubelte ich und ließ mich auf das riesige Wasserbett fallen. „Dein Dad ist ein Heiliger!“, stimmte Jo zu und warf sich auf mich. „Wollen wir gleich losziehen? Oder erst noch etwas... Beschäftigung?“ „Erst Sex, dann Alkohol, dann Gewinne abkassieren, dann wieder Alkohol, zwischendurch nochmal Sex und dann sehn wir weiter, Baby!“ „Yeah Baby, so gefällt mir das“, jubelte er mir zu und wir schlugen unsere Fäuste laut lachend wieder aneinander, ehe wir es noch einmal wild trieben und schließlich in die große weite Stadt zogen. Ich wollte es natürlich gleich übertrieben und bestellte uns eine Limousine, die uns durch die Gegend kutschierte. Ich konnte gar nicht zählen, wie viele Clubs wir abklapperten. Jedenfalls mussten wir ziemlich viel... aber WIRKLICH viel getrunken haben. Ich konnte mich noch vage daran erinnern, Jo vor die Füße gekotzt zu haben. … Als ich völlig verkatert meine Augen öffnete, hing ein Arm von mir im Wasser, was mich ziemlich wunderte. Dann guckte ich mich um, und sah, dass ich auf der Steinmauer eines riesigen Brunnens geschlafen hatte. Neben mir auf dem Boden lag mein klatschnasser Freund, der laut schnarchte. Was war geschehen?! Leicht benebelt und mit Kopfschmerzen beugte ich mich zu ihm runter und rüttelte an seinem Arm, bis er auch endlich wach wurde und sich mit halb offenen Augen aufrichtete. „Sag mal... Wo... Wo sind wir?“ Immernoch mit müden Blicken guckte er sich um und seufzte: „Ich schätze, wir sind in Vegas?“ „Ach... Stimmt ja! Wir wollten eine fette Party machen.“ „Mein Kopf sagt, dass wir das getan haben. Wieso bin ich nass!?“ „Hey ihr da! Alter, ich habe ja schon viel gesehn, aber ihr Beide habt alles getoppt!“, sagte plötzlich ein Fremder, der neben uns stand. „Wer sind Sie?“ „Ich bin gestern durch die Stadt gezogen, hab euch etwas beobachtet. Fand ich ziemlich witzig, haha!“ „Heißt das, Sie wissen, was diese Nacht so passiert ist?“, fragte Jo, der sich angewidert betrachtete. Der fremde Mann lachte: „Haha! Ja! Ihr hab sämtliche Drinks abgeklappert, euch ein paar mal übergeben. Dann seid ihr stockbesoffen ins Casino, habt viel Geld verzockt, was euch aber nicht gestört hat. Als die Kreditkarte nicht mehr funktionierte, habt ihr das Personal ausgelacht und wurdet mit euren Sachen aus dem Hotel geworfen. Dann seid ihr herumgetorkelt, in die Kapelle an der nächsten Ecke gegangen, habt zur Feier des Pleiteseins geheiratet und seid hier am Brunnen gelandet. Die junge Frau ist auf der Steinmauer eingeschlafen, während der junge Herr ins Wasser gefallen ist, und dort einfach eingeschlafen ist. Tja... Ja, so war es.“ Jo und ich konnten gar nicht richtig realisieren, was der Kerl uns erzählte. Völlig verwirrt und schockiert starrten wir uns an. Irgendwie fühlte ich mich schlecht... Mein Magen auch. Schließlich guckte ich schockiert zu meinem Ringfinger an der rechten Hand, wo ein fetter goldener Ring steckte. Auch an Jo's Hand war ein Ring. „Ist nicht wahr...“, sagte ich schockiert und fing an herumzuschreien. Und die Kreditkarte?!!! Hatten wir wirklich DAS GANZE Geld auf den Kopf gehauen!?! „Okay, Kinder. War ne super Nacht! Ich hab mich ganz schön amüsiert. Jetzt gehe ich aber. Viel Spaß noch! Und Glückwunsch zur Ehe!“ „Ciao!“ „AAHHHHRRR DAS DARF NICHT WAHR SEIN!!! JOOOOO!!! WARUM HAST DU MICH GEHEIRATET!? ICH FAND DEN SEX MIT DIR ECHT GEIL, ABER ICH WOLLTE NOCH NICHT HEIRATEN!!!“ „Ey! Wer sagt denn, dass ich dich geheiratet hab!? Wenn, dann hast du mich geheiratet! Und jetzt? Willst du die Ehe annullieren?“ „Wie?“ Ich schaute ihn eine ganze Weile an, ehe ich noch einen Blick auf meinen Ring warf. Dann lachte ich und warf mich in seine Arme. „Nein, dann sind wir eben verheiratet! Coole Sache!“ „Ich wusste gar nicht, dass du so krass sein kannst.“ „Hahaha! Ich auch nicht, du Penner! Aber spätestens, wenn mein Dad mich in die Finger bekommt, wird uns der Tot scheiden.“ „... Oh... Ach, so schlimm wird es bestimmt nicht. Ich beschütze dich dann, haha!“ Er lächelte mich liebevoll an und stupste mir auf die Nase: „Übrigens, frohe Weihnachten, mein Schatz.“ Oh! Stimmt! Es war nun der 25. Dezember... ~ Juline Coldfire ~ - 24. Dezember – Nachmittag - Was hatte ich nur angerichtet... Wieso musste ich Adriano diese Worte an den Kopf drücken? Und ich war eben doch nur ein kleiner Feigling. Ich ließ mich durch die Angst um ihn zu sehr beeinflussen. Warum tat ich uns das an? Die Wahrscheinlichkeit, dass ihm etwas geschehen würde, wenn wir zusammen wären, war wirklich gering. Immerhin war ich kein richtiger Engel und er kein richtiger Mensch. Und Gott war nicht bei Bewusstsein, sagte Sacred Feye. Wenn irgendein Engel kommen würde um uns zu bestrafen, würde ich ihn besiegen. Kein Engel des Himmelsreiches könnte es mit mir aufnehmen... Nicht, wenn meine Familie hinter mir stünde und ich vielleicht sogar Elohim's Hilfe hätte. Nein... Eigentlich sollte ich nicht so feige sein. Diese Reaktion kam so unerwartet und plötzlich. Ich hätte nicht überreagieren dürfen. Langsam machte ich mir Sorgen, als wir zusammensaßen und Adriano nicht dabei war. Auch Jo und Melody waren noch immer weg. Aber okay, sie sagten ja, sie wollten nochmal alleine feiern gehen. Wer weiß, wie lange sie das durchziehen würden. Um Melody sollte ich mir nun keine Sorgen machen. Sie war sicher glücklich. Allerdings machten mir Jade's Blicke Sorgen. Caro war auch nicht bei uns... Was war hier eigentlich wieder los? Einzig Jade, Chris, Fabio und ich saßen zusammen im Park und grübelten. „Okay... Zur Zeit läuft es irgendwie blöd. Aber dadurch sollten wir uns nicht unterkriegen lassen. Morgen ist Weihnachten! Und da sollten doch eigentlich alle glücklich sein“, sagte Jade betrübt. „Was machen wir? Wir sind nur die halbe Clique und der Rest scheint verschollen zu sein. Wo sind Adde, Caro, Jo und Melody?“, fragte Chris, woraufhin Fabio nur mit den Schultern zuckte. „Adde ist abgehauen und Caro hat sich verkrochen, weil Adriano mit ihr Schluss gemacht hat. Sie hat mich vorhin angerufen.“ „WAS!? Er hat Schluss gemacht?“, rief Fabio nun entsetzt. Er hatte mit ihr Schluss gemacht? Jade guckte mich schon wieder so vorwurfsvoll an. Wahrscheinlich wusste sie, was passiert war. Bestimmt hatte sie Adriano ausgequetscht. Es war meine Schuld... Super, ich hatte wirklich eine Beziehung zerstört. „Zwischen den Beiden lief es aber auch nicht sonderlich gut, muss man dazu sagen“, erklärte Chris und verschränkte mit einem verständnisvollen Blick die Arme. „Und was ist mit Jo und Melody?“, fragte Fabio nun. Endlich lachte Jade mal: „Die sind zusammen gekommen. Wahrscheinlich liegen sie gerade in irgendeiner Kiste und treiben es miteinander.“ „DIE BEIDEN?!“, kam es nun wieder von Chris. Die beiden Jungs bekamen erstmal einen Lachflash. „Was ist so lustig daran?“, fragte ich etwas enttäuscht. Fabio nahm meine Hand und wirkte verlegen: „Tut mir leid Juline! Sei nicht wütend! Aber wir haben Jo eben keine Beziehung zugetraut.“ „Ist schon gut“, antwortete ich betrübt und zog meine Hand wieder zu mir. Jade klatschte motiviert in die Hände: „Nun denn. Wir vier sind ja noch übrig. Und heute Abend findet bei unserem Partyboy Klassenkameraden wieder eine Party statt. Wir feiern in Weihnachten rein! Wie klingt das?!“ „Cool! Wenn ihr alle dabei seid, bin ich auch dabei!“, sagte Fabio begeistert. „Logo! Party ist immer gut!“, stimmte Chris ebenfalls zu. Nun guckten sie mich erwartungsvoll an. „Ähh... Na gut“, sagte ich nun etwas unsicher. Vielleicht würde es mir diesmal etwas Ablenkung bringen. Als wir uns nach einigen Stunden wieder auf der Party trafen, guckte ich mich die ganze Zeit um in der Hoffnung Adriano irgendwo zu sehen. War er etwa immernoch nicht aufgetaucht? Ich dachte, er würde wenigstens hierher kommen. „Wollte Adriano nicht mitkommen?“, fragte ich Jade ganz beiläufig. Sie reagierte etwas schnippisch: „Nein, der kam nach Hause und sagte er hat keine Lust auf feiern. Danach ist er ins Bett und seit dem nicht mehr aufgestanden. Aber das ist doch jetzt egal! Fabio ist ja auch noch da! Hihi!“ „Ja...“ Ich konnte meine Enttäuschung wohl nicht ganz erfolgreich verbergen. Also konnte es gar nicht sein, dass ich Adriano heute auf der Party sehen würde. Und Jade hatte ihre Pläne mich mit Fabio zu verkuppeln wohl noch nicht aufgegeben. Sie schnappte sich irgendwann Chris und verschwand mit ihm um Fabio und mich miteinander alleine zu lassen. Was sollte ich nur tun... Ich vermisste Adriano so sehr... Andauernd musste ich an unseren Kuss denken. Er sagte, er liebt mich. Und ich war die Einzige, die eine Beziehung verhinderte. Wegen Ängsten, die wohl überhaupt nicht begründet waren. Warum gestaltete ich meine Zeit auf der Erde zu dieser Gefühlshölle? „Juline...“, sprach Fabio auf einmal und ich schreckte aus meinen Gedanken. „Ich mag es nicht, wenn du so traurig bist. Wenn es doch nur etwas gäbe, womit ich dir helfen könnte. Ich mag dich wirklich gern und es gefällt mir nicht, dich so zu sehen.“ „Ach Fabio... Du bist so lieb. Aber ich kann mir gerade nur selbst helfen. Deswegen muss ich jetzt gehen.“ „Wie? Was hast du vor? Wieso willst du denn schon gehen? Soll ich mitkommen?“ „Nein, das ist schon okay. Danke, dass du dir Gedanken um mich machst“, sagte ich leise und küsste ihn auf die Wange, ehe ich schon wieder eine Party vorzeitig verließ. Ich konnte einfach nicht mehr zusehen und zulassen wie Adriano und ich uns durch diese Gefühle kaputt machten! Um die Gefühle aufzuhalten oder zu ignorieren war es viel zu spät. Deswegen lief ich aufgeregt mit einem Kribbeln im Bauch durch die Straßen von Orlando um Adriano zu sehen. Nyria, Adriano's Mutter öffnete mir die Tür: „Oh, Juline! Schön, dass du da bist. Sag mal, weißt du was mit meinem Sohn los ist? Weißt du, die Drei gingen vorher immer zusammen weg und ich kenne Adriano gar nicht so traurig. Er war zwar schon immer etwas ernster als Jade und Fabio aber zur Zeit mache ich mir wirklich Sorgen.“ „Ich weiß... Das ist meine Schuld. Aber ich gehe doch mal davon aus, dass sich alles wieder bessert, wenn ich mit ihm geredet habe.“ „Deine Schuld? Hmm... Ich will mich ja nicht einmischen aber... Ach egal, Hauptsache, er kann endlich wieder lachen.“ „Es tut mir leid, Frau Coldfire“, sagte ich mit gesenktem Kopf und lief an ihr vorbei. Vor seiner Zimmertür blieb ich kurz stehen. Sollte ich jetzt wirklich alle Risiken und Probleme vergessen und einfach mal auf mein Herz hören, statt immer nur auf meinen Kopf? Ja... Es konnte unmöglich so weiter gehen. Ich liebte und brauchte ihn... Diesen Kerl, der mir bisher die schönen Seiten am Leben auf der Erde gezeigt hatte. Leise öffnete ich die Tür und erschreckte mich, als mir ein Kissen entgegen geflogen kam und mich fast umwarf. „HAU AB MA! ICH HAB GESAGT ICH WILL NICHT MIT DIR REDEN!!!“ „Deine Arme Mutter!“, sagte ich empört und legte das Kissen zur Seite, ehe ich die Tür hinter mir schloss. Ich sah kaum etwas... „Juline? Was...“ „Psst“, antwortete ich und lief langsam hinüber zu ihm. Die Umrisse erkannte ich wenigstens, da durchs offene Fenster etwas Licht kam. Adriano saß auf seinem Bett und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Ohne etwas zu sagen kroch ich zu ihm und setzte mich schließlich über seine Beine. Wie schnell mein Herz schlug... Vor Aufregung konnte ich kaum sprechen. Vorsichtig legte ich meine Hände auf seine Wangen und beugte mich soweit herunter, dass sich unsere Gesichter ganz nah waren. „Ich habe Angst um dich... Aber viel schlimmer ist es, dich gar nicht bei mir zu haben, obwohl ich dich so sehr liebe“, erklärte ich leise. „Es ist uns beiden hoffentlich klar, dass auf uns einige Schwierigkeiten zukommen werden, wenn wir zusammen sind, aber diese ganzen Sachen sind mir egal. So lange wir zusammen sind, werden wir bestimmt stark genug sein uns jedem Problem entgegen zu stellen. Okay? Lass uns endlich aufhören uns zu quälen. Ich will mit dir zusammen sein“, erklärte ich weiter und wartete nun, was er zu sagen hatte. Doch er zog mich nur zu sich heran und küsste mich. Das deutete ich mal als Zustimmung. Wir küssten uns schier endlos lange und inzwischen konnte ich im Dunkeln auch besser sehen. Meine Augen hatten sich endlich daran gewöhnt. „Ist das deine feste Entscheidung? Haust du auch nicht wieder ab?“, fragte er nun leise. Ich legte meine Arme wieder um ihn und hielt ihn fest: „Nein, ich bleibe bei dir, so lange es das Schicksal erlaubt.“ „Am liebsten für immer... Ich liebe dich.“ Wir küssten uns erneut und hielten uns lange in den Armen, bis wir uns irgendwann nebeneinander legten und ich mich an ihn kuschelte. „Jade und Fabio werden sauer sein“, sagte er nun etwas heiser. „Ja, kann sein. Und ich weiß nicht welche Probleme wir vielleicht wegen den Engeln bekommen.“ „Scheiß drauf. Scheiß auf alle... Sollen sie halt heulen gehen.“ „Hihi! Ja! Hauptsache wir können zusammen sein. Ich bin so aufgeregt! Ich hatte noch nie einen Freund! Mich kribbelt's überall!“ „Das ist aber voll unnormal. Du bist vielleicht krank oder so.“ „WAS!? Verarsch mich nicht! Ist das wirklich nicht normal!?“, fragte ich entsetzt, ehe er sich über mich beugte und mich angrinste. „Doch, ich glaube, das ist normal. Mir geht’s auch so! Du doofe Nuss glaubst echt alles, haha!“ „Ohhh du Arsch!“ Gerade wollten wir uns nochmal küssen, als neben uns der Wecker klingelte und ich mich heftig erschrak. Mit einem seufzten Stellte er den Wecker ab und guckte wieder zu mir. „Warum stellst du um diese Zeit den Wecker?“, fragte ich verwirrt. „Es ist Weihnachten. Frohe Weihnachten! Und ich dachte schon, das fällt dieses Jahr ins Wasser!“ „Weihnachten... Oh mein Gott, wie klasse!!! Weihnachten!!! Mein erstes Weihnachten mit meinem ersten Freund! Yeah! Was macht man so an Weihnachten?“ „Jo würde sagen, Sex.“ „WAS!?“, fragte ich nun nervös und fiel fast aus dem Bett. Er hielt mich fest und zog mich zurück, ehe er sich wieder über mich beugte: „Was auch immer passiert, wir schaffen das zusammen, ja?“ „Ja. Und wir beschützen uns gegenseitig.“ „Ich werde mein Bestes geben. Obwohl ich ziemlich schlecht bin...“, antwortete er und räusperte sich verlegen. Ich wollte unsere Zweisamkeit und diese guten Gefühle nicht zerstören indem ich ihm nun die Wahrheit über Elohim erzählen würde. Deswegen beließ ich es dabei und legte meine Hand wieder auf seine Wange: „Wie ist das so?“ „Was?“ „Sex... Jo scheint's ja unheimlich toll zu finden.“ „Ähm... Äääääh... Ja äh...“ „Also?“, fragte ich noch einmal und musste ein Lachen unterdrücken. Nun guckte er mich etwas ernster an: „Willst du hören welche Erfahrungen ich damit hab oder willst du's selbst erfahren?“ Ich dachte eigentlich mein Herz könnte nicht mehr schneller schlagen, aber ich hatte mich geirrt. Ich spürte es sogar in meinem Hals pochen. Doch ich vertraute ihm und nahm meinen Mut zusammen: „Zeig mir wie es ist...“ „Wirklich?“ „Muss ich irgendwas bestimmtes machen?!“, fragte ich nun völlig angespannt und verunsichert. Adriano lachte und küsste mich nochmal: „Du musst einfach nur völlig entspannt bleiben. Den Rest mach ich schon, haha!“ Anfangs entspannte und genoss ich es noch... Aber als es dann zur Sache ging, fühlte ich mich etwas verarscht. Wieso hatte mich niemand vor diesen Schmerzen gewarnt!? Wirklich lange ging mein erstes mal nicht, denn ab einem gewissen Zeitpunkt konnte ich gar nichts mehr davon genießen, obwohl er sehr vorsichtig war und langsam machte. Schließlich lagen wir wieder nebeneinander und ich fühlte mich frustriert. „Ich dachte Sex ist toll...“ seufzte ich hoffnungslos. „Du hast zu viel erwartet, doofe Nuss. Das erste mal ist selten toll. Das kommt erst mit der Zeit.“ „WAS!? Wir müssen das nochmal machen!?“ Er grinste: „Das werden wir noch gaaaaanz oft machen! Hahaha!“ „Neeeein... Warum?“ „Noch zwei oder drei mal und du wirst nicht genug davon bekommen“, antwortete er lässig und gähnte. „Wie kannst du das nur so locker nehmen? Ich hab alles versaut! Du hattest ja nichtmal was davon...“, jammerte ich übertrieben. „Ach laber keinen Müll. Ich komm schon früh genug auf meine Kosten, mach dir keine Sorgen...“, erklärte er leise, ehe er schon wieder gähnte und seinen Arm um mich legte. Es dauerte nicht lang bis wir beide eingeschlafen waren und eng aneinandergekuschelt da lagen. Erst als die Tür aufging, kamen wir wieder zu uns und starrten zu Fabio, der fassungslos vor uns stand und mich anstarrte. Dann drehte er sich ohne Worte um und hechtete aus dem Zimmer. „Scheiße!“, hörte ich Adriano hinter mir fluchen und bekam nur mit, wie er mit einem Satz über mich sprang und seinem Bruder folgte. Mist! Wie konnten wir das vergessen und einfach einschlafen!? Nun folgte auch ich den beiden, die sich auf dem Treppenabsatz gegenüber standen. Auch Jade kam nun zu uns und guckte verwirrt zu mir und dann wieder zu Adriano. „WILLST DU MICH VERARSCHEN!?“, fuhr Fabio Adriano an. „Fabio... Lass es mich erklären!“ „ERKLÄREN!? WAS GIBT ES DA ZU ERKLÄREN WENN ICH EUCH HALBNACKT ZUSAMMEN IM BETT FINDE!? DU WEIßT GANZ GENAU, DASS ICH SIE LIEBE! UND JEDES MAL HAST DU MIR WIEDER MUT ZUGESPROCHEN, WENN SIE MICH ABGEWIESEN HAT! WOLLTEST DU MICH FÜR DUMM VERKAUFEN!? DENKST DU ICH BIN BLÖD!?“ „Nein, Fabio! Das denke ich nicht...“ Fabio's Hände zitterten vor Wut: „Sie war das einzige Mädchen, das nicht von Anfang an auf dich abgefahren ist! Und du Arsch kannst eigentlich sowieso jede haben! Aber was machst du?! SUCHST DIR NATÜRLICH GLEICH DAS MÄDEL AUS, DAS ICH NETT FINDE! MACHST DU DAS MIT ABSICHT!?“ „Nein! Fabio!“ „Wenn du es mir wenigstens gesagt hättest... Aber erst redest du mir Mut zu und dann machst du dich selbst an sie ran... Das ist so erbärmlich und egoistisch!“ „Egoistisch? Jetzt fängt der Scheiß wieder an, ja?“ „DER SCHEIß!? WAS FÜR EIN SCHEIß DENN BITTE!?“, fragte Fabio nun noch wütender. „Ihr beiden bezeichnet mich als egoistisch weil ich ein einziges mal eher auf meine Gefühle geachtet hab, statt auf eure! Wer steckt seit Jahren sie Schläge für euch weg!? Ich hab immer alles für euch gemacht! Also hör auf so einen Scheiß von dir zu geben, Fabio!“ „Jungs!“ „Was für eine bescheuerte Rechtfertigung! Jede Andere hättest du meinetwegen verführen können, aber nicht sie!“, fuhr Fabio nun wieder seinen Bruder an und holte aus. Adriano's Nase blutete heftig, nachdem Fabio ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte. „ICH HASSE DICH!“, schrie er weiter und schlug mit der anderen Hand nochmal zu, bevor ich dazwischen ging. „HÖR AUF! Fabio! Ich mag dich ziemlich gern! Du bist echt ein toller Typ, aber ich hab mich nunmal in Adriano verliebt!“ „Das war ja so klar! Was hat der Idiot eigentlich was ich nicht hab!?!“ „Naja... Du bist echt klasse, Fabio. Aber... Du bist zu nett...“, entgegnete ich ehrlich und half Adriano, der sich ein Taschentuch auf die Nase drückte. „Was heißt hier zu nett?“, fragte Jade nun und stemmte die Hände in die Hüfte. „Wie kann jemand zu nett sein!? Hast du kein schlechtes Gewissen, Juline? Du hast Caro und Adriano auseinander gebracht!“ „Das ist nicht wahr! Zwischen Caro und mir lief es doch schon lange nicht mehr!“, widersprach Adriano. Und auch ich ließ mir das nicht gefallen: „Und was ist mit dir Jade?! Hätte Fabio sich nicht solche Hoffnungen gemacht, wenn du mich nicht förmlich an ihn gedrängt hättest!? Du wolltest mich doch die ganze Zeit mit ihm verkuppeln!“ „Ja und?! Im Gegensatz zu Adriano war mir Fabio nicht so egal! Er war in dich verliebt, und ich wollte ihm helfen!“ Diese ganze Situation machte mich so wütend! Es tat mir leid wegen Fabio, aber ich war nicht alleine Schuld an der Situation. Adriano und ich hatten uns nicht umsonst so lange zurück gehalten! „Jade, kann ich die nächsten Tage in deinem Zimmer schlafen?“, fragte Fabio und wendete seinen Blick von uns ab. „Klar, mach du nur. Ich schlafe eh bei meinem Freund“, posaunte sie laut raus und wartete auf eine Reaktion von Adriano. Er starrte sie verwirrt an. „Dein Freund? Oh bitte, willst du mich damit irgendwie provozieren? Ich wette du bist mit Chris zusammen. Und wenn schon! Denkst du, das stört mich jetzt noch irgendwie?! Ich hatte in der letzten Zeit andere Probleme, als mich dran aufzuhalten mit wem du zusammen bist, Jade!“ „Also bin ich dir scheiß egal, ja!? Wieso auf einmal!? Damals hast du mich auf Schritt und Tritt verfolgt um herauszufinden ob ich was mit Chris am Laufen hatte!“ „Ja, damals war mein Leben auch noch etwas anders. Was hier wirklich abgeht weißt du doch gar nicht! Du hast gar keine Ahnung davon, was ich durchmache!“ „Was DU durchmachst!? Soll ich Mitleid haben weil du dich jetzt als Opfer hinstellst?“ Jade hatte wirklich keine Ahnung... Es war völlig ungerecht. Sie wusste nicht, dass Adriano nun genauso auf der Abschussliste von Chamuel stand. Und außer mir wusste niemand, dass neben Adriano auch Elohim in diesem Körper existierte! Um weitere Streitigkeiten zu verhindern packte ich Adriano am Arm: „Lass uns gehen, ja? Das muss nicht sein.“ „Ja, okay.“ „Haut eben ab! Wenn's übel wird, verpisst ihr euch oder was?!“ „Jade, lass gut sein, okay? Und Fabio... Es tut mir leid. Ich hoffe, du kannst mir irgendwann verzeihen.“ Mit diesen Worten verließ Adriano das Haus zusammen mit mir. „Warum hast du ihm nicht erklärt, dass wir uns wirklich abgequält haben wegen unsren Gefühlen?“ „Das hätte ihn eh nicht mehr interessiert... Gott, meine Nase tut so verdammt weh. Wieso krieg ich eigentlich in letzter Zeit ständig eins aufs Maul? Langsam wird es echt lästig.“ „Das ist wirklich traurig, dass ihr drei euch gerade heute, an Weihnachten, so streiten musstet“, sagte ich betrübt, als ich seine Hand nahm. „Du warst es mir wert. Ich hab doch schon damit gerechnet, dass sie so reagieren würden. Wir sind wohl ab heute auf uns allein gestellt...“ „Schaut so aus. Besser, wenn wir der Clique etwas aus dem Weg gehen... Es ist alles meine Schuld...“ Als ich das sagte, blieb Adriano stehen und zog mich an der Hand zu sich: „Das hast du nicht gesagt! Hör auf dir die Schuld zu geben! Dazu gehören immernoch zwei. Und es ist noch keine Stunden her, wo wir uns sagten, dass wir alles zusammen durchstehen. Also sag nicht sowas!“ „Okay, du hast recht.“ Wieder küsste er mich und kramte etwas aus seiner Hosentasche. „Was ist das?“, fragte ich gespannt. Ohne zu antworten öffnete er seine Hände, in denen ein kleiner weißer Plüschhase war. „Ohhh!!! Der ist ja süüüüß!!! Waaaahhh!!! Ich schmeeeelze!“, sagte ich begeistert als ich ihm den Hasen aus der Hand riss und ihn genauer begutachtete: „Und sooo flauschig!!! Ich liebe ihn!!! Und was ist das!? Hahaha! Er trägt ja ein Satanskreuz um den Hals! Hahahah!“ „War nicht einfach sowas aufzutreiben. Ich musste in so nen Satanistenshop gehen, wo diese komischen Satanisten rosa Strapse trugen! Echt pervers, oder?! Ich dachte eigentlich mich erwartet so ne schwarze Gruft... Aber die trugen alle Pink und benahmen sich echt schwul!“ „Ahaha... Eh ja... Ich glaub ich kenne sie...“ „Ja? Naja, jedenfalls ist der Hase mein Weihnachtsgeschenk für dich.“ „Dankeeee!“, sagte ich und sprang ihm vor Freude in die Arme. „Äh... Aber ich hab nichts für dich... Man, ist das peinlich!“ „Du hast mir doch schon zwei Dinge geschenkt.“ „Was denn?“, fragte ich nun verwundert, worauf er unverschämt grinste: „Du hast mir dich und deine Jungfräulichkeit geschenkt.“ „Nein! Das ist doof!“, protestierte ich entsetzt. „Stimmt... Ist schon doof.“ „WAAAS!? Ey, du Arsch! Ich bin das Beste was es gibt!“ „Achso? Du bist DAS beste WAS es gibt? Hahaha!“ „Du machst mich waaahnsinnig!!!“ Ich konnte ihm allerdings nicht lange böse sein. Und so gingen wir Hand in Hand erstmal in mein Hotelzimmer, das immernoch leer war und kuschelten in meinem riesigen Bett weiter. Wo steckte Melody eigentlich?... ~ Kapitel 18 ~ Weihnachtszauber und Vegas ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Endlich ist es geschafft! Nun sind Adriano und Juline doch endlich zusammen x'D Wurde auch Zeit! Dieser ewige Liebeskummer wurde langsam zu viel. Was ich aber noch erwähnen wollte: Der Melody Part ist eine Art Special. Einerseits um die Stimmung wieder etwas zu heben, andererseits weil mein Freund sich das gewünscht hat. Er mag Melody und Jo sehr xD Als zweites wollte ich noch erwähnen, dass ich in den Szenen, wo sich meine Charas „näher kamen“ *hust * nie irgendwelche Verhütung eingebaut habe. Nein, diese Spinner haben es nicht vergessen, aber ich empfand es als störend darüber zu schreiben. Damit ihr aber nicht denkt meine Chars wären verantwortungslose Kinder, wollte ich das nur gesagt haben :'D Bis zum nächsten Kapitel :3 Kapitel 19: Ein Blick in die Vergangenheit ------------------------------------------ Kapitel 19 ~ Ein Blick in die Vergangenheit ~ Juline Coldfire ~ Als ich in dieser Weihnachtsnacht zum ersten mal glücklich neben Adriano schlief, träumte ich von dieser Frau aus dem Stein, den ich vor Kurzem bekommen hatte. Sie schien ein wenig mehr Kraft zu haben als bei unsrer letzten Begegnung und stand dieses mal aufrecht vor mir. Sie sah so hübsch aus... Ich hatte noch nie eine so hübsche Frau gesehen. Ihre Haare strahlten so hell und glänzten. Wahrscheinlich waren sie seidig weich. Auf einmal lächelte sie mich an, was mir ein ganz warmes Gefühl gab: „Du bist sehr mutig“, sagte sie. Ihre Stimme klang herrlich und durchhallte die ganze Umgebung, die einfach nur schwarz und dunkel war. Dass sie mich ansprach, überrumpelte mich so sehr, dass ich gar nicht antwortete, sondern sie verträumt anstarrte. „Juline... Du widersetzt dich Gottes Gesetzen und liebst einen Assistant. Also eigentlich einen Menschen.“ „Wie...? Ich kann nicht anders!“, versuchte ich mich zu rechtfertigen. „Wer bist du eigentlich!? Verrate mir mehr über diese Gesetze! Ist es wirklich so schlimm, wenn ich mit einem Assistant zusammen bin?“ „Nunja, du bist kein Bürger des Himmelsreichs und bist die Tochter des gefallenen Engel Luzifer. Mehr kann ich dir dazu auch nicht sagen. Es gab vor dir noch keinen Engel, der einen Assistant liebte. Aber es gab schonmal einen Engel, der einen Menschen liebte.“ „Ja?!“, fragte ich verblüfft. Aber wer war sie denn nun!? Sie schien, als wäre sie irgendein höherer Engel. Jedenfalls wusste sie wohl ziemlich viel über alles bescheid. Sie hob die Hand und in der Dunkelheit erschien ein Bild von einem Engel, der rotbraune Haare und orangene Augen hatte. Er sah etwas traurig aus. Doch schon sein Äußeres, sein Blick und sein warmes Lächeln strahlten eine herzliche Wärme aus und ließen ihn sehr liebevoll wirken. „Erkennst du ihn, Juline?“ „Nein, nicht wirklich. Ich stehe irgendwie auf der Leitung. Machen wir heute ein Engelquiz!?“ „Haha, nein. Das ist Chamuel, der Engel der Liebe.“ „WAS!? DAS IST CHAMUEL!?! Das glaube ich nicht!!!“, rief ich entsetzt und starrte das Bild erneut an. Während dessen kamen mir die Erinnerungen von seinen grausamen Blicken und dieser schrecklichen Lache. „Das kann unmöglich dieser Pseudo-Engel sein, der total gestört ist und meine Mutter getötet hat!“ „Doch, so sah er mal aus. Ein wirklich netter Kerl. So lieb und aufrichtig. Ich offenbare dir die Vergangenheit. Und somit die Wahrheit.“ „Jetzt? In meinen Träumen?“ „Es ist Zeit. Es gibt einige Dinge, die du endlich wissen solltest.“ Nervös schluckte ich einmal und merkte, wie mein Herz schneller schlug. Darauf hatte ich so lange gewartet! Aber wollte ich eigentlich noch die ganze Wahrheit wissen? Es muss grausam gewesen sein, wenn man bedenkt, was aus Chamuel wurde. „Chamuel war einer der vier großen Engel. Gott erschuf zuerst Luzifer. Eigentlich hieß er ja Luzifel aber so wurde er selten genannt. Luzifer sollte ein junger Mann mit enormen Kräften sein. Ein reines Herz sollte er besitzen und er sollte fähig sein ein ganzes Volk zu regieren. Nachdem der König der Engel Leben erhielt, erschuf Gott weitere Engel. Davon drei, die nahezu an Luzifer's Kräfte herankommen sollten. Sie sollten später einmal wichtige Aufgaben übernehmen. Luzifer, der das Licht verkörperte, hatte gleichzeitig noch die Aufgabe auf sein Volk zu achten. Feye wurde später als Sacred Feye zu seinem Gegenstück.“ „Die Dunkelheit...“, ergänzte ich leise. „Genau. Lumen – der Engel des Schicksals. Und Chamuel – der Engel der Liebe. Alle vier hatten wichtige Rollen. Doch mit Luzifer's Ende geriet der Einklang der vier Kräfte durcheinander. Das gesamte Gleichgewicht kippte.“ Wieder hob sie die Hand und die Gegend um uns veränderte sich. Der Boden sah aus, als würde er aus Wolken bestehen. Und der Himmel wurde von schier endlos vielen Sternen bedeckt. „Wow! Ist das schön hier! Wo sind wir?“ „Wir sind im Himmelsreich. Und in der Vergangenheit.“ Fassungslos guckte ich mich um und konnte es kaum glauben einmal im Himmelsreich stehen zu dürfen. Auch wenn es nicht echt war... Aber es sah so verdammt echt aus. Ich zuckte zusammen, als ich ein Lachen aus der Nähe hörte. „Keine Angst, wir sind für sie gar nicht da.“ „Gut... Ich hatte mich schon erschrocken.“ Immernoch aufgeregt lief ich um die Ecke des Hauses. Es sah ziemlich antik aus! Auf der Treppe saßen vier Engel, die miteinander lachten und Unfug trieben. „Sind das...“ „Ja, das sind Luzifer, Sacred Feye, Lumen und Chamuel.“ Erstaunt wanderten meine Blicke zu meinem Dad. Wie toll er als Engel aussah! „Hahaha, das hab ich euch noch gar nicht erzählt! Ich hab heute Metatron voll verarscht!“, prahlte mein Dad mit einem fiesen Grinsen, woraufhin Sacred und Lumen kicherten. „Was hast du wieder angestellt?“, fragte Chamuel gespannt. „Ich hatte eine Münze auf den Boden gelegt... Und als er sich danach bückte, hab ich ihm in den Hintern gekickt! Muhahaha!“ „Idiot....“ „Unfassbar...“ „Genial!“ „Wenigstens hat Chamuel Geschmack für gute Witze! Hey Kumpel, ziehn wir morgen durch's Himmelsreich um die andern Engel zu ärgern?“, fragte Luzifer nun aufgeregt und sprang Chamuel an. „Gar nichts werdet ihr tun!!! Ich glaub's ja wohl! Benehmt euch endlich wie richtige Kerle!“, schimpfte Lumen entsetzt. „Oh man, Lumen! Du Weichflöte! Ich bin dein König, okay? Und als dein König befehle ich dir gefälligst zu dulden, was ich tue!“ „Na gut, Eure Doofheit. Aber was Chamuel tut muss ich nicht dulden! Hihi! Also, nichts gibt’s!“ „Tzz! Als dein König befehle ich dir zu dulden, was Chamuel tut!“ „Erwartest du jetzt auch noch einen Handkuss und Hofknicks?“ „Klingt verlockend. Du könntest meine Stiefel knutschen!“ „VOOOOLLTROTTEL! DU DARFST GLEICH MEINEN HINTERN KNUTSCHEN!!!“, fuhr Lumen Dad an und schlug ihm eins über, während Chamuel und Sacred sich darüber kaputtlachten. „Keiner huldigt mich“, beschwerte Dad sich nun mit einer rausgequetschten Träne im Auge. „Na komm, ehrenwerter König. Hahahaha! Geh zurück an die Arbeit. Ich werde einen Rundgang durchs Reich machen und checken, ob es allen Engeln gut geht. Feye, übernimmst du das Westviertel?“, fragte Lumen und lächelte. „Ja, mache ich gleich. Bis später!“ Nachdem mein Dad und Lumen weg waren guckten Chamuel und Sacred Feye sich kurz an, ehe sie aufsprang und ihm in die Arme fiel. Eine ganze Weile blieben sie regungslos stehen und hielten sich einfach nur in den Armen. „Ich hasse es, dass wir Engel uns eigentlich nicht ineinander verlieben dürfen...“, sagte Sacred Feye schließlich und weinte. „Wenn Gott es herausfindet, sind wir wohl dran. Aber das ist es mir wert.“ „Mir auch! Chamuel, ich liebe dich so sehr!“ „Ich liebe dich auch, Feye.“ Meine unbekannte Begleiterin ließ die Hand sinken und wir standen wieder im Dunkeln. Fassungslos starrte ich weiterhin in die Richtung, wo die beiden Engel standen. Ich konnte sie so sehr verstehen. „Sie liebten sich heimlich und das ziemlich lange. Und irgendwann kam der Tag, an dem Gott erzählte, dass er ein neues Volk in einer anderen Welt erschaffen wollte. Die Menschen. Er erschuf anfangs nicht viele und verteilte Aufgaben an seine Engel. Zu der Zeit, wurde auch verkündet, dass Sacred Feye in ein eigenes Reich ziehen sollte. Ins Reich der Dunkelheit und Elemente. Zusammen mit ihren vier Elementargöttinnen.“ Erneut hob sie die Hand und wieder sahen wir Chamuel und Sacred Feye, die sich tränenüberströmt in den Armen hielten. „Es wird besser sein, wenn ich gehe, Chamuel. Wir dürfen uns sowieso nicht lieben. Vielleicht schaffen wir es so etwas Abstand zu finden“, sagte Sacred Feye und schluchzte wieder. „Aber wir könnten uns doch ab und zu sehen! Du hast immerhin kein Verbot ins Himmelsreich zu kommen!“ Sie legte ihre Hand auf seine Wange: „Es ist besser so. Ich werde dich niemals vergessen.“ Wieder ließ die Unbekannte ihre Hand sinken. „Warum wollte Gott, dass ausgerechnet sie diese Rolle übernimmt!?“, fragte ich verständnislos und vorwurfsvoll. „Es gibt zwei Möglichkeiten, warum Gott sich wohl dazu entschieden hat. Einerseits hat er Sacred Feye wohl von Anfang an für diese Rolle erschaffen, andererseits wäre es auch möglich, dass er längst von der Liebe zwischen der Beiden erfahren hatte und sie trennen wollte, ohne sie gleich töten zu lassen.“ „Gott ist so grausam wie Papa gesagt hat...“ „Wäre er so grausam, hätte er den Beiden das Leben genommen. Nun... Es verging einige Zeit und Sacred Feye lebte sich einigermaßen in ihrer Rolle und mit ihren Aufgaben ein. Und während Luzifer sich damit beschäftigte Gottes Taten in Frage zu stellen, wurde Chamuel nun auch endlich mit einer Aufgabe versehen. Die Menschen sollten sich lieben und zu einem großen Volk heranwachsen, indem sie sich vermehren.“ „Warum nun wieder ausgerechnet Chamuel!? Er musste doch furchtbar gelitten haben!“ „Er war dazu geschaffen dies irgendwann zu tun. Chamuel war der warmherzigste und liebevollste Engel, den es im Himmelsreich gab. Aber die Liebe war zugleich sein tragisches Schicksal. Er sollte dafür sorgen, dass die Menschen sich verlieben und durfte selbst nicht lieben.“ „Das ist so mies...“, sagte ich und zuckte etwas zusammen, als sich die Umgebung wieder änderte. Nun standen wir offensichtlich auf der Erde. Die Landschaft war ziemlich trocken und eine glühende Hitze schlug auf uns ein. Waren wir in der Wüste? „Dieser Zeitabschnitt entspricht etwa 1700 Jahre vor Christus, falls dir das etwas sagt.“ „Ich hab die Bibel gelesen, keine Sorge.“ Die Häuser waren ziemlich schlicht gebaut und die Menschen kleideten sich mit Tüchern und Gewändern. Wir schienen wohl mitten in den Markt geraten zu sein, denn um uns herum war ein reges Treiben. Die Menschen wuselten hektisch durch die Stände und waren laut am Verhandeln. Die Unbekannte schien dafür zu sorgen, dass ich ihre Sprache verstand. Als ich mich weiter umsah, erkannte ich Chamuel, der unerkannt durch die Menschenmenge lief, als würde er dazu gehören. Er fiel niemandem auf. Neugierig wie ich nunmal war, lief ich zu ihm und blieb kurz vor ihm stehen um ihn aus der Nähe anzuschauen. Was muss diesem Engel nur passiert sein, dass er so geworden ist? Dass jemand wie er so werden könnte, schien mir so unmöglich. Plötzlich lief eine junge Frau dicht an mir vorbei und rämpelte Chamuel an. Ihr Obst und Gemüse verteilte sich auf dem Boden und sie tastete mit den Händen verzweifelt den Boden danach ab, während sie sich hektisch bei Chamuel entschuldigte und weinte. „Hey, es tut mir leid! Einen Moment, ich helfe dir. Aber bitte nicht mehr weinen!“, sagte er etwas verlegen und sammelte das Essen ein, ehe er ihr wieder auf die Beine half. Sie schien gar nichts sehen zu können und wirkte total orientierungslos. „Ich hätte besser aufpassen sollen!“, sagte sie aufgebracht. „Ist schon okay. Die Eier sind leider kaputt, aber ich kaufe dir gerne neue.“ „Wirklich? Das ist zu gütig... Wie heißt Ihr, Herr?“ „Mein Name ist... Chamuel.“ „Chamuel... Außergewöhnlich! Mein Name ist Mariam. Chamuel, würdet Ihr mit bitte sagen, wo wir gerade sind? Ich habe durch unseren Zusammenstoß vollkommen die Orientierung verloren. Wisst Ihr, ich bin seit meiner Geburt blind. Deswegen konnte ich Euch auch nicht sehen.“ Chamuel lächelte sanft und verständnisvoll, als er sie an der Hand nahm und sicher an den restlichen Leuten vorbei führte. Nachdem er ihr den Einkauf bezahlt hatte, trug er die ganzen Sachen für das Mädchen. „Soll ich dich noch nach Hause bringen?“ „Ihr seid ein Engel! So gütig und nett...“ Zu seinem Glück sah sie nicht wie verlegen er aussah. Einen kleinen Moment lang musste ich kichern. Das verging mir aber gleich wieder bei der ernsten Miene meiner Begleitung. Wir folgten Chamuel und Mariam zu einer kleinen Steinhütte, die ziemlich kläglich aussah im Vergleich zu den prunkvollen Nachbarhäusern. Weil uns eh niemand sehen konnte, folgten wir ihnen bis in die Hütte, deren Tür nur aus einem Stück Stoff bestand. Drinnen sah es auch nicht besser aus. Neben einer kleinen Feuerstelle, gab es zum Schlafen nur eine dünne Matte, die mit Stroh ausgelegt war. „Dieses Zeitalter wäre wirklich nichts für mich gewesen! Bin ich froh im Zeitalter der Technologie zu leben“, beschwerte ich mich, ehe ich wieder zu den Beiden guckte. Mariam sah sehr erleichtert und glücklich aus. „Ich weiß gar nicht womit ich dieses Glück verdient habe. Wisst Ihr, Chamuel, die Menschen wollen eigentlich nichts mit mir zu tun haben. Sie denken, sie würden auch blind werden, wenn sie mit mir in Kontakt kommen...“ „Was!? Wie kommen die denn auf sowas?“ „Ich nehme es ihnen nicht übel... Niemand weiß etwas Genaues über meine Krankheit.“ „... Du bist sehr einsam, oder?“ „Hm? Naja... Manchmal. Es reicht, dass ich die Welt um mich herum in Finsternis sehe. Es gibt kein Rot und kein Blau... Auch kein Grün. Ich weiß nicht wie der Himmel aussieht und auch nicht wie Wiesen und Gräser aussehen, wenn unsere Landschaft nach dem Regen zulässt, dass Pflanzen wachsen.“ „Das muss wirklich schlimm sein... Mariam, darf ich dich morgen wieder besuchen? Dann bist du nicht so einsam.“ „Natürlich, wenn Ihr wollt, Chamuel.“ „Du musst nicht so förmlich mit mir reden“, sagte er noch bevor er ging. Plötzlich war ich wieder mit der unbekannten Frau alleine und guckte sie mit fragenden Blicken an. „Er hatte also ein blindes Mädchen auf der Erde kennengelernt. Und was passierte dann?“ „Danach besuchte er sie eine ganze Weile lang jeden Tag. Er brachte ihr Essen und Trinken mit, half ihr bei den alltäglichen Aufgaben und kehrte nichtmal mehr ins Himmelsreich zurück, wenn es auf der Erde Nacht wurde. In der Nacht saß er auf der Steinhütte und passte auf, dass ihr nichts geschah. Allerdings vergaß er auch seine Aufgaben als Engel.“ Erneut hob sie ihre Hand und wir standen wieder in der Hütte. Sie schienen nun etwas vertrauter miteinander zu sein. „Chamuel, dass wir uns getroffen haben, ist das Beste, was mir passieren konnte! Danke, dass du so viel für mich tust.“ „...“ „Was ist denn los? Du bist so still? Chamuel?“, fragte Mariam nun irritiert. Er schien in diesem Moment mit sich selbst zu kämpfen und sah ziemlich unsicher aus. Was er wohl gerade dachte? „Chamuel, was ist mit dir? Ich weiß, dass du noch da bist!“ Da nahm er plötzlich ihre Hand und zog sie zu sich: „Eigentlich sollte ich das nicht sagen... Aber ich liebe dich.“ Ich schreckte auf und ahnte welches Drama ihn so veränderte. Ein Engel, der einen Menschen liebt...! Mariam schmiegte sich an ihn und weinte wieder, ehe sich die Beiden küssten. „Oh Chamuel, ich bin so glücklich! Bitte, lass mich nie wieder alleine!“ „Das werde ich versuchen. So weit es mir möglich ist“, entgegnete er nun ziemlich betrübt. „Was meinst du damit?“ „Ich kann es dir nicht versprechen, aber ich tue was ich kann!“ „Hör auf um den heißen Brei zu reden! Na sag schon! Was meinst du?“ „Mariam... Das klingt etwas doof, aber ich sage die Wahrheit. Ich bin... nicht ganz so menschlich, wie du vielleicht denkst. In Wahrheit bin ich ein... Engel.“ „Sehr lustig... Und ich dachte du meinst es ernst mit mir...“ Wütend wollte sie sich von ihm abwenden, doch er hielt sie fest und wirkte etwas verzweifelt: „Okay! Ich werde es dir beweisen! Du wolltest den Himmel und Wiesen sehen? Ich zeige sie dir! Schließe die Augen und halte meine Hand.“ „Ich soll meine Augen schließen!? Ich bin blind... Was macht das für einen Unterschied? Das ist albern!“ „Bitte tu es einfach.“ Sie schnaufte genervt und folgte etwas unsicher seiner Anweisung. Nun hielt er ihre Hand fest und schloss ebenfalls die Augen. Er erschuf mit seinen Kräften eine perfekte Illusion. Wir befanden uns innerhalb eines Augenblickes auf einer riesigen grünen Wiese und der Himmel strahlte blau. Wie kann er sowas machen? Ich wusste gar nicht, dass ein Engel sowas konnte! Auf der Wiese blühten Blumen in den verschiedensten Farben und als Mariam ihre Augen öffnete, starrte sie schockiert in die Ferne. „Das ist... Das ist ja... Ich weiß nicht was ich sagen soll“, stammelte sie verblüfft und sah aufgeregt aus. „Das ist deine Welt. Nur für dich...“ „Das ist alles ja viel schöner als ich es mir je vorstellte!“ Über ihre Wangen liefen Tränen als sie sich zu Chamuel umdrehte und ihn mit seinen weißen Flügeln betrachtete. Wieder rang sie um Fassung: „Du bist wirklich ein... Engel...“ „Ja.“ „Sehen alle Engel so gut aus wie du?“ „Ach was, ich bin der hübscheste. Die andern sind alle hässlich, vor allem Luzifer.“ „Wer?“ „Ach, nichts. Hehe.“ So ein Idiot!!! Es war so romantisch und dann wagte er es dumme Sprüche über meinen Dad zu reißen! „Ich kann mein Glück gar nicht fassen... Wie hab ich dich verdient? Und das hier... Alles ist so perfekt und schön!“ „Wir können gerne noch eine Weile hierbleiben. Es freut mich, dass du glücklich bist.“ Nachdem sie sich wieder küssten schaute sie sich wieder die Umgebung an. Sie blickte in den Himmel und untersuchte die Pflanzen mit strahlenden Augen. Ich war so hin und weg von Chamuel's ursprünglicher Gestalt, dass ich fast vergessen hatte, was er inzwischen alles tat. Die Unbekannte Frau, die mir das alles zeigte, senkte erneut ihre Hand und guckte mich ernst an. „Er hat zwei mal gegen Gottes Gesetze verstoßen...“ „Aber man kann doch nichts dafür, wenn man sich verliebt! Sowas passiert einfach und niemand kann etwas daran ändern! Was passierte mit den Beiden!? Wie ging es weiter?“, fragte ich aufgebracht und erneut wütend. Ich hatte solch eine Wut gegenüber Gott und den Engeln. „Danach schliefen sie miteinander und das Mädchen wurde schwanger.“ „Was? Sie wurde von ihm schwanger?“ „Ein Mensch, der das Kind eines Engels in sich trug... Und Gott hatte es herausgefunden.“ „Oh nein!!! Was geschah dann!?“ „Sieh selbst...“, sagte sie kühl und hob erneut ihre Hand. Wir standen wieder bei Chamuel und Mariam, die zusammen durch die Landschaft wanderten. Keine Menschenseele war außer ihnen zu sehen. „Wir sind bald wieder im Dorf, halte noch ein bisschen durch“, sagte Chamuel zu Mariam, die etwas erschöpft wirkte. Dass sie schwanger war, sah man ihr kaum an. „Chamuel, ich bin nur schwanger und nicht krank. Ich freue mich so wahnsinnig auf unser Kind! Es wird zwar noch einige Monate dauern, aber trotzdem freue ich mich!“ „Ich mich auch! Ich bin gespannt, was es wird.“ Meine Begleiterin tippte mir auf die Schulter und zeigte in den Himmel, wo mein Dad mit seinen ausgebreiteten Flügeln schwebte. Ich erkannte seinen von Zweifeln geplagten Blick ehe er die Augen zusammenkniff und schier geräuschlos hinter Mariam landete. Da Chamuel ihr gerade den Rücken zugedreht hatte, bemerkte er ihn nicht sofort. Erst als mein Dad sie packte und sie nach Chamuel schrie, drehte er sich um und starrte entsetzt zu meinem Dad. „Luzifer!!! Was willst du von uns? Lass sie los!!! LASS SIE LOS!“ „Chamuel... Warum bist du so dumm und entwickelst diese Gefühle für einen Menschen? Du kennst die Gesetze.“ „Lass sie bitte los!“, flehte Chamuel seinen besten Freund an, während Mariam ängstlich wimmerte. Mein Dad zitterte mit den Händen und ließ in seiner Hand ein golden leuchtendes Lichtschwert erscheinen. Dad konnte sowas auch!? „LUZIFER! LASS SIE SOFORT LOS! Was hast du vor?! SIE IST SCHWANGER!“ „Ich weiß. Gott sagte es mir... Chamuel, du hast gegen die Gesetze verstoßen und deswegen... komme ich im Namen Gottes um sein Urteil zu vollstrecken...“ „LUZIFER! NEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIN!“ Als mein Dad mit seinem Schwert ausholte und ich Mariam aufschreien hörte, hielt ich mir die Ohren zu und guckte weg. Meine Beine gaben nach und ich fiel auf die Knie. „Nein... Nein, das kann mein Dad nicht getan haben... Er ist nicht so grausam...“, jammerte ich nun und versuchte mir einzureden, dass ich das nicht gesehen hatte und dass es nur Einbildung war. Doch es musste so gewesen sein... Deswegen hatte Chamuel solch einen Hass auf meinen Vater. Als ich erneut einen Blick wagte, sah ich meinen Dad, der sein Schwert verschwinden ließ und blutverschmiert zu Chamuel guckte. „Warum?! WARUM MUSST DU IMMER NUR NACH GOTTES WILLEN HANDELN!? WARUM MUSSTEST DU DAS TUN!?“ „Weil ich nur eine arme kleine Marionette bin...“ „Du verdammter... Ich werde dich dafür töten!“ „Vergiss den Gedanken schnell wieder, Weichei. Gegen mich hast du sowieso keine Chance. Dazu bist du viel zu nett und zu lieb. Wie ich schon sagte... Du bist ein Weichei. Engel der Liebe...“ Dad verschwand nach seinen Worten sofort wieder und Chamuel fiel vor seiner toten Frau auf die Knie und schrie seine Schmerzen und sein Leid laut heraus. Viel zu lange starrte ich ihn fassungslos an und konnte nicht glauben was mein Vater getan hatte. Chamuel wimmerte irgendwann leise und richtete sich noch einmal auf: „ICH WERDE EUCH ALLE UMBRINGEN!!! VERLASST EUCH DARAUF!!!“ Mir stiegen die Tränen in die Augen, als ich ihn weiter schreien hörte. Endlich beendete die Fremde diese Szene und starrte mich emotionslos an. „Was waren das für grausame Dinge!?! Du verarschst mich bestimmt nur!!! Du zeigst mir falsche Bilder! Wer bist du!?! Sag es mir!“ „Alles Szenen entsprechen der Wahrheit. Das kannst du deinen Vater gerne fragen, sobald du es geschafft hast, ihn aus seiner kleinen Zelle zu befreien. Und jetzt beruhige dich. Das ist ja noch nicht alles gewesen.“ Unter ihrer Beobachtung schnaufte ich mehrmals tief durch und versuchte den Schock zu verarbeiten. Manchmal war es wohl besser, wenn man die Wahrheit nicht wusste. „Chamuel kehrte erst einen Tag später ins Himmelsreich zurück“, fing sie an zu erklären. „Griff er dann alle an?“ „Nein. Dazu kam er nicht. Denn es gab dann schon andere Probleme.“ Wir standen nun wieder im Himmelsreich, wo die Engel allesamt in Aufruhr waren und Chamuel sich verwirrt umsah. Er sah müde und schwer mitgenommen aus. Seine Augen waren angeschwollen und rot von den vielen Tränen. Er packte einen der Engel, die an ihm vorbei liefen, am Arm und zerrte ihn zu sich: „Was ist hier los!?!“ „Chamuel! Du bist es! Es ist schrecklich! Luzifer hat Gott und unsrem Reich den Rücken gekehrt!“ „Was!? Wie das?“ „Er sagte, er will Gott nicht mehr dienen und spielt nicht den Sklaven für die Menschheit! Seine Flügel wurden auf einmal schwarz!!! Und dann ist er abgehauen!“ „Verdammt!“ Chamuel so schnell zu folgen war nicht einfach. Er rannte zu Lumen, die völlig verzweifelt aussah. „Ist das wahr?“, fragte Chamuel sie stürmisch. „Chamuel... Ich habe gerade erfahren, dass Luzifer das Reich der Dunkelheit und Elemente gestürmt hat... Es soll heißen, dass er Sacred Feye getötet hat...“ „... Nein... NEIN! DIESER VERDAMMTE...“ Wieder fing Chamuel an zu zittern und ließ Lumen einfach stehen. „Wie kann das sein? Hatte mein Dad Sacred Feye nicht erst geschwängert und gewartet, bis Reeza zur Welt kam, bevor er Sacred getötet hat?“, fragte ich verwundert. „Ja, aber das wussten die Engel ja nicht.“ „Hmm, das ist wohl wahr.“ „Chamuel ließ sich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr bei den Engeln blicken und trainierte wohl für sich alleine um sich irgendwann Luzifer zu stellen. Sein Hass ihm und Gott gegenüber war so abgrundtief. Zweimal wurde eine von Chamuel geliebte Person von Luzifer getötet. Und sein ungeborenes Kind ebenfalls.“ „Das ist so grausam...“ Sie nickte und setzte erneut zum Reden an: „Es war aber immernoch nicht alles. Bevor Chamuel als Liebesbote zur Erde kam, lernte er eine von den vier Göttinnen kennen. Während Sacred Feye sich vom Himmelsreich fern hielt, durften sich die Göttinnen frei bewegen. Und so traf er zufällig auf Aquarienne.“ Sie hob wieder ihre Hand und wir sahen die Wassergöttin mit Chamuel zusammen. „Wie geht es Feye? Hast du ihr meine Grüße ausgerichtet?“, fragte er sie. „Ja, aber sie wollte nichts davon hören. Ich finde sie hat deine Gefühle nicht verdient. Sie weiß dich gar nicht zu schätzen.“ „Wie meinst du das?“ „Ich meine damit, dass ich dich sehr gerne mag.“ Völlig überstürmt küsste er sie auf einmal, was ihr ziemlich gut gefiel. Ich war erstaunt, dass es neben Sacred Feye und Mariam noch eine dritte Frau gab. „Denke nicht, dass er sie wirklich geliebt hat. Er wollte sich ablenken und einfach den Frust loswerden.“ „Und sie?“ „Sie war in ihn verliebt... Und sie nahm hin, nur von ihm benutzt zu werden, solange sie Zeit mit ihm verbringen konnte. An dem Abend schliefen die Beiden miteinander, weshalb, kurz nach Luzifers Angriff auf das Reich der Dunkelheit dies geschah...“ Sie hob nochmals die Hand und ich sah Aquarienne, die keuchend durchs Himmelsreich rannte und an einer gut geschützten Stelle stehen blieb. Sie hatte ein Baby im Arm und legte es auf den weichen Boden, während ihr die Tränen von den Wangen liefen. „Es tut mir so leid, mein Sohn... Ich muss nun gehen und für meine Herrin kämpfen. Du musst groß und stark werden, hörst du? Lass dich von niemandem unterkriegen und lebe! Ich liebe dich, mein kleiner Junge...“ Dann ließ sie das schreiende Baby liegen und verschwand. Entsetzt sprang ich auf und stürzte zu dem Baby, das mir total leid tat. Am liebsten hätte ich ihm geholfen, doch als ich ihm in die Augen sah, wurde mir einen kurzen Augenblick schwindelig. Diese blauen Augen und diese braunen Haare... „Ist das... Elohim?“ „Ja... Aquarienne war schwanger. Das wusste aber nur sie. Und als Luzifer seinen Angriff startete, rettete sie ihren Sohn, indem sie ihn im Himmelsreich aussetzte. Elohim ist ein Halbengel und der Erbe der Wassergöttin.“ „Und Chamuel... Ist sein Vater...“, ergänzte ich schockiert und musste mich kurz setzen, als die Szene verschwand und wir wieder alleine waren. Ich musste daran denken wie Elohim und Chamuel gegeneinander gekämpft hatten. Sie wollten sich gegenseitig töten... Und keiner von beiden wusste, dass sie Vater und Sohn waren. „Ist das nicht ironisch? Chamuel's ungeborenes Kind wird getötet... Aber er hatte die ganze Zeit einen Sohn, den er nun töten will...“ „Elohim ist stark genug um gegen Chamuel kämpfen zu können. Er hat diese enormen Kräfte, weil die Kräfte der Göttin mit denen eines mächtigen Engels vermischt wurden. Und wegen dieser enormen Kraft und des Unwissens über Elohim's Herkunft, haben die Engel Angst vor ihm. Weil Elohim nur alleine war, hat Gott Destinia erschaffen. Er brauchte noch einen Engel, der die Kräfte von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beherrscht. Zudem beherrscht Destinia die Kraft durch Galaxien und Zeiten zu reisen. Destinia wurde als kleines Mädchen erschaffen. Das hatte zwei Gründe. Elohim's Stärke sollte nützlich sein um sie zu beschützen. Ihre Kräfte sind kostbar und ihr darf nichts passieren. Und er war nicht ganz so einsam, der Knirps.“ „Deswegen haben Destinia und Elohim solch ein enges Verhältnis, oder? Weil sie zusammen aufgewachsen sind.“ „Ja, und weil sie männlich und weiblich sind. Er würde seine kleine Freundin mit seinem Leben beschützen. So wie er dich beschützt. Weil er spürt, dass du die Erbin von Sacred Feye bist. Und somit die Gebieterin über seine verstorbene Mutter. Er weiß es natürlich nicht. Aber er fühlt sich dir gegenüber verantwortlich. So wie Aquarienne dir gedient hätte.“ Langsam ließ ich den Kopf sinken: „Verstehe... Ich... Ich will nun wieder zurück. Das war ziemlich viel für mich...“ „Aber nun weißt du die Wahrheit. Ich bin wieder sehr erschöpft und muss mich ausruhen. Träume schön und... Pass gut auf deinen menschlichen Freund auf.“ Mit ihrem letzten Satz blieb mir fast das Herz stehen und ich schreckte hellwach im Bett auf. Mein Herz raste und mein Körper war klatschnass geschwitzt. Völlig außer mir guckte ich zu Adriano, der in Ruhe schlief und musste erstmal eine ganze Weile heulen... ~ Kapitel 19 ~ Ein Blick in die Vergangenheit ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)