Yajuu - find your own reason to live von Avyr ================================================================================ Prolog: Hunter -------------- Wie unterscheidet man die Starken von den Schwachen? Ein Virus… Die Geburt der Yajuu… Bestien, die einst Menschen waren und sich in ihrer unersättlichen Gier nach Seelen und Blut im Wahnsinn verloren haben. Es ist nun unsere Aufgabe sie zu erlösen. Ich hoffe ihr seid nicht einer von ihnen… Sonst müsste ich auch euch töten. Es war tiefe Nacht. Daher hörte man die hallenden Schritte noch viel stärker als bei Tag. Ein Junge, nicht älter als 12 Jahre hetzte durch den Park. Immer wieder schrie er „Nein. Nein. Nein! Ich will nicht! Bitte nicht.“ Er konnte nicht mehr weiter. Ständig zwang ihn sein Körper neues Blut zu husten. Er hatte Fieber und musste sich an einem Baum abstützten um nicht umzufallen. Dennoch kämpfte er sich weiter. Nicht einmal er selbst wusste wohin oder wieso, denn es war doch sinnlos. Sein Körper verkrampfte sich und er sank zusammen. Er hatte furchtbare Schmerzen, die er nicht länger ignorieren konnte. Dann hörte man nur noch den lauten Schrei, welcher sich über den gesamten Park ausbreitete. Ich hörte den Schrei. Durch Zufall war ich gerade in der Nähe. Ich wusste sofort, was dies zu bedeuten hatte und Sofort machte ich mich auf in die Richtung, aus der er gekommen war. Es dauerte nicht lange. Ich stoppte und betrachtete das Monstrum vor mir. Ich war zu spät gekommen, er hatte den Kampf wohl bereits verloren. Umso mehr erstaunte mich seine Reaktion auf mich. Obwohl nichts mehr an der Bestie vor mir auf einen Menschen hindeutete, so kamen doch Tränen aus seinen Augen. Mit aller Kraft hielt die Bestie, die locker doppelt so groß und drei mal so lang wie ich war, die Klingen zurück, die aus seinem Körper gekommen waren. Die spitzen Zähne leuchteten im Licht des Mondes, während der Rest seines Körpers, das Licht gerade zu abzuweisen schien. Doch ich musste meinen Job erledigen. Ich packte mein Schwert und zog es aus der Scheide. „Es tut mir Leid.“, begann ich, „Jetzt da du degeneriert bist, kann ich nichts mehr für dich tun. Ich kann auch auf Kinder keine Rücksicht nehmen. Aber, ich werde dich erlösen von deiner Qual.“ Ich hob mein Schwert und hielt direkt auf seinen Nacken zu. Zu meiner Überraschung unternahm er keinerlei Versuche sich zu wehren. Er blieb still stehen, als erwarte er sein Ende. Mehr Tränen liefen über sein Gesicht, doch ich zwang mich es nicht weiter zu beachten. Hätte ich seine Gedanken gehört, so hätte sich die Situation vielleicht anders entwickelt… Ja, er wusste es, er war zu schwach gewesen, ein schwacher Mensch. Er bereute es, nicht in der Lage gewesen zu sein, den Schmerzen zu widerstehen. Er schloss die Augen. Eine Sekunde. Mehr brauchte es nicht um seinen Kopf vom Körper zu trennen. Schlaff ging der Körper der Bestie zu Boden. Das war mein Job, mein Leben. Sicher, es tat mir Leid… doch wie gesagt, ich kann darauf keine Rücksicht nehmen, denn ich bin ein… Hunter. Kapitel 1: my Darling --------------------- Das Klatschen riss mich aus meinen Gedanken. “Super!” Och nöö, dachte ich genervt. „Schnelle Reaktion, zielsicher und echt sexy! Aber trotzdem nur 9 Punkte, weil das ja gar kein richtiger Gegner für dich war… hatte ja noch Verstand übrig…“ Ich hörte ihr nicht mal zu, ich dachte nur eine Sache: „Nicht sie schon wieder.“ „… Hunter Kyria.“ Nicht weit von mir, saß sie auf einem Baum. „Was willst du von mir? Sharoon, Vampir und Nummer 8 der schwarzen Liste…“ „Ich? Ich war nur zufällig in der Nähe.“ Mit einem lächeln auf den Lippen sprang sie von ihrem Baum und kam zu mir herüber. „Oder denkst du etwa, ich spioniere dir nach?“, lachte sie frech. Alles was ich dazu sagen konnte war: „Wie käme ich den jemals auf die groteske und völlig unwahrscheinliche Vermutung?“ Ich mochte Sarkasmus und das zeigte ich ihr auch. Dennoch zwang ich mich nicht mehr weiter auf sie einzugehen und machte mich auf den Heimweg. Überrascht fragte sie:„Nanu? Willst du denn heute gar nicht versuchen, mich zu fangen?“ Sie lief mir in einigem Abstand hinterher, denn sie wollte offensichtlich das Gespräch noch etwas ausdehnen. Während ich mir eine Zigarette anzündete, überlegte ich mir etwas um sie los zu werden. Dazu fiel mir auch etwas Gemeines ein. „Nope, kleine Fische will ich nicht. Wärst du wenigstens die Nummer 3, würde ich darüber nachdenken, aber so, kein Interesse.“ Eigentlich wollte ich es darauf beruhen lassen, doch ich fügte noch hinzu. „Und ernst gemeint war deine Frage doch sowieso nicht.“ Ich spürte regelrecht, wie Roona hinter mir erstarrte. Ich hatte sie wohl gekränkt. Verdutzt stotterte sie. „A… Aber Nummer 8… von Millionen?! Kleiner Fisch…“ Sie wirkte richtig depressiv, doch schnell fing sie sich wieder und tauchte innerhalb von einer Sekunde vor mir auf. Sie versperrte mir den Weg. „Die 3 also?“ Sie grinste so, dass man ihre Zähne aufblitzen sah. „Die bekommst du nie.“ Mir blieb nichts anderes übrig als stehen zu bleiben. Roona nutzte dies und sprach weiter. „Die lassen sich nämlich seit Jahren nicht mehr blicken, weißt du. Vor allem die Nummer 1 nicht.“ Ich musste zugeben, ein wenig neugierig wurde ich schon und ehe ich es meiner Zunge hätte verbieten können, fragte ich bereits: „Was meinst du damit?“ Mit einem lächeln, welches sagte, sie hatte gewonnen, begann sie zu erzählen. „Nun weißt du um die Nummer 1 gibt es viele Mythen. Manche glauben nicht einmal, dass es sie wirklich jemals gab. Manche meinen, sie ist bereits tot, andere glauben, sie versteckt sich nur. Aber eines ist klar: Ihr Kopfgeld ist seit über 600 Jahren unerreicht. Weißt du warum? Sie hat fast 300 Jahre nur gewütet. Jeden Tag war sie aktiv und hat somit hunderte Städte zerstört und tausende Lebewesen getötet. Bis heute kennt niemand den Grund dafür. Aber irgendwann verschwand sie wieder. So, als hätte es sie nie gegeben.“ Roona hatte ihre Erzählstunde beenden und blickte mich an. „Und das soll ich dir jetzt glauben?“, fragte ich skeptisch. Man musste doch zugeben es hörte sich grotesk an, dass eine einzige Person so viel Chaos anrichtet und niemand hielt sie auf. Daraufhin lachte Roona. „Hehe… du musst natürlich nicht, aber ich weiß, dass es stimmt. Und deswegen rate ich dir: Bete, dass du ihr nie begegnest. Und wenn doch, dann flieh!“ Mit diesen Worten waren wir auseinander gegangen. Es hatte angefangen zu regnen und während so manche einsame Gestalt noch durch den Regen schritt, hatte ich das Glück wieder daheim zu sein. Erschöpft öffnete ich dir Tür und ging in meine Wohnung. Ohne mich umzuziehen schmiss ich mich auf mein Bett. „Oh man…“ Ich war wirklich hundemüde und doch konnte ich nicht schlafen oder mich ausruhen, nun fühlte ich mich natürlich wie gerädert. Während ich noch wach lag tobten meine Gedanken umher. „Heute war es noch ein Kind… und es war nur Zufall, dass ich ihm begegnet bin. Was ist nur los mit mir? Werde ich etwa weich?“ Gedankenversunken blickte ich aus dem Fenster. Auch Roona schaute in den Himmel. Sie war noch immer im Park und saß in einem Baum. Sie lachte vor sich hin. „hach… sie ist schon süß. Tut immer so hart, aber in Wahrheit ist sie noch viel verletzlicher als alle die ich sonst kenne. Ich würde sie wirklich gerne besser kennen lernen… Hunter Kyria.“ Kapitel 2: let the sword sing ----------------------------- Ich saß gerade auf der Couch und entspannte nach einer Dusche, als vor meinem Fenster ein Vogel landete. Um seinem Bein befand sich ein Zettel. „Ah ein neuer Auftrag also“ Ich nahm den Zettel an mich und der Vogel flog davon. Ich öffnete den Zettel und darauf stand: 3 Yajuu im Nordteil der Stadt. Auftrag: Eliminieren Auftragnehmer_ Hunter Kyria Ich seufzte… „Ich hab auch nie einen freien Tag, oder? Aber mal ernsthaft, ein paar mehr Informationen, wären mir schon recht." Ich zündete eine Zigarette an und lehnte mich zurück. Plötzlich landete ein weiterer Vogel am Fenster. „Nanu? Den kenne ich gar nicht…“ Auch er trug einen Zettel am Bein. Ich nahm ihn ab und bemerkte wie mich der Vogel unentwegt anstarrte, es war wirklich seltsam. Dann flog er davon und abermals lass ich den Zettel: Such im verlassenen Autohaus. Vorsicht, einer kann fliegen, die anderen sind extrem schnell. Ich drehte den Zettel um… „Woher kommt der? Ich meine schön, dass ich mehr Infos hab, aber sie erscheinen mir nicht, dass sie von den Huntern sind…“ Einen kurzen Moment überlegte ich, doch dann beschloss ich: „Aber ich hab auch keinen Grund dem zu Misstrauen, besser etwas als nix…“ Ich zog mich fertig an und verließ das Haus. Was ich nicht bemerkte war, dass der weiße Rabe von eben auf einem hohen Baum saß und mich beobachtete. Wenig später war ich im Nordteil der Stadt angekommen. Die Gegend war recht heruntergekommen, aber trotzdem hielten sich vergleichsweise viele Menschen hier auf. Als ich an einem Kiosk vorbei kam schaute mir ein kleiner Junge hinterher. Ich beachtete ihn nicht weiter. Neben ihm stand ein Mädchen. Nach einigen Minuten kam ich beim Autohaus an. Es war sehr heruntergekommen, jedoch betrat ich es. Während ich weiter ging holte ich mir eine Zigarette aus der Tasche und zündete sie an. In der Mitte des Autohauses blieb ich stehen. Hinter mir bewegte sich ein Schatten. Ich hielt mich extra still und tat so, als bemerkte ich nichts. Im nächsten Moment sprang etwas von hinten auf mich zu. Es war ein Yajuu. Gerade noch rechtzeitig sprang ich hoch, hielt mich an einem Rohr an der Decke fest und schwang mich nach hinten. So stand der Yajuu nun vor mir. Ich lächelte und atmete dabei etwas Rauch aus. „Wenn ihr mich dazu bringt meine Zigarette auszumachen, dann erkenne ich euch als Gegner an, ok?“ Ich lächelte. Der Yajuu schien wütend und preschte auf mich zu. Ich sprang zur Seite und schon war hinter mir der Zweite. Mit meinem Schwert wehrte ich seinen Arm ab und trennte ihn ab. Ich landete vor den beiden. Jedoch regenerierte sich der Arm bereits. „Ihr seid wirklich schnell. Alle Achtung.“ Schon stand wieder einer hinter mir, jedoch waren sie dieses Mal noch schneller und ich fiel fast hin, landete aber doch gerade noch auf den Knien. Ich klopfte mir den Staub ab, während ich aufstand, meine Zigarette immer noch im Mund. „Fast getroffen, aber nur fast.“ Ich drehte mich um und schlug dem anderen hinter mir den Kopf ab. „Einer weniger." Er hatte wohl gedacht, er könnte mich überraschen, aber daraus wurde nichts. Der andere schrie auf und preschte nach vorne los. Ich packte mein Schwert und sprang im entgegen. Einen kurzen Augenblick standen wir Rücken an Rücken, wie bei den alten Filmen, dachte ich. Dann fiel auch der Kopf des anderen mit einem leises Aufprall zu Boden. „Tja… verloren und ich rauche noch.“ Ich atmete den Rauch aus und ging weiter. „Nun, wo ist der dritte?“ Ich fand eine Treppe, die auf das Dach führte. Der Tatsache zu verdanken, dass er fliegen konnte, würde er wohl einen Ort bevorzugen, an dem er mehr Platz hatte und das konnte ja nur das Dach sein. Ich prüfte noch kurz die Umgebung, um sicher zu gehen, dass ich mich nicht irrte, dann stieg ich die Treppen hinauf. Oben angekommen wartete er bereits ganz offenkundig. „Na du bist dir deiner Sache sicher, versuchst nicht einmal mich aus dem Hinterhalt anzugreifen, hmm?“ Aus dem Boden kamen plötzlich Speere von ihm. Die meisten Yajuu hatten die Fähigkeit irgendwelche Stacheln zu produzieren, die sie dann nach belieben Steuern konnten. Dabei waren es am häufigsten eine Art Speer. Sie waren extrem scharf und beweglich und vielseitig einsetzbar. Ich sprang auf einen dieser Speere und rannte zum Kopf, doch kurz vorher wurde ich von einem anderen Speer weggeschleudert. Ich knallte gegen die dünne Wand vor dem Abgrund. Dabei verlor ich meine Zigarette. Ich hustete. Schon kam ein erneuter Schlag, mit meinem Schwert trennte ich den Speer jedoch durch. Aber um mir natürlich keine Ruhe zu gönnen, folgte im Schatten des ersten, bereits der zweite Speer. Durch eine leichte Seitwärtsdrehung prallte dieser jedoch nur gegen die Absperrung des Daches, welche sich sofort dem Druck des Speeres unterwarf und brach. Da sprang der Yajuu auf mich zu und stürzte uns beide vom Dach. Er breitete seine Flügel aus und wollte offensichtlich wegfliegen, während ich auf den Boden gefallen wäre und mit Sicherheit gestorben wäre. Aber er hatte zu wenig Aufwind um fliegen zu können. Also hielt er mich weiter fest umschlungen und wir stürzten beide. Ich packte mein Schwert und trennte den Arm ab, der mich fest hielt, dann rammte ich es in den Körper, damit ich nicht weiter fiel. Er schrie auf. Es gelang mir auf seinen Rücken zu klettern und stützte mich an den Flügeln ab, nun konnte ich sehr leicht seinen Hals durchtrennen und genau das tat ich auch. „So leicht besiegt man mich nicht Yajuu, tut mir Leid.“ Doch auch wenn ich meinen Auftrag damit erledigt hatte so stellte sich mir immer noch ein ganz anderes Problem… wir fielen noch immer. Ich schaute mich um und seufzte. „Daran hätte ich wohl denken sollen.“ Zum Glück fiel mein Blick auf eines der eingeschlagenen Fenster des Autohauses und nutzte meine einzige Chance um mich zu retten. Leider war ich nicht weit genug gesprungen. Verzweifelt streckte ich meinen Arm aus und erreichte mit ach und krach das Fenster. Ich umgriff den Sims mit einer Hand und schwang mich weiter. Verhindern konnte ich dennoch nicht, dass ich mit voller Wucht gegen die Wand knallte. Meine Schulter bekam das zu spüren. Es knackte kurz. Sie war zwar nicht gebrochen, aber auf jeden Fall ordentlich verstaucht. Ich stöhnte vor Schmerz auf. Dennoch gelang es mir mich hoch zu ziehen. „Na toll die ist wohl angeknackst… Damit werde ich in nächster Zeit nicht sehr viel kämpfen können.“ Ich packte mein Schwert zurück in die Scheide und verließ die Halle. Als ich durch die Stadt zurücklief, stand plötzlich wieder der Junge vor mir, an dem ich vorhin kurz vorbei gelaufen war. Er schaute mich an und ich schaute ihn an. „Was willst du?“ „A…Also…“ Da drängte ihn eine Hand beiseite und das Mädchen sprach zu mir. „Entschuldigt, er ist sehr neugierig. Er sagte mir, er fände euer Riesenschwert erstaunlich.“ „Achso. Na dann.“ Ich schaute dem Mädchen in das Gesicht und bemerkte, dass sie blind sein musste, doch etwas anderes lies mich unwillkürlich zusammenzucken. „Diese Aura?“, ich schaute zu dem Jungen. „Der Junge, du bist ein Vampir. Was treibt ein Mensch mit einem Vampir?“ „Hmm? Ach ja, dass weiß ich doch, ich passe auf ihn auf, nichts weiter.“ Sie sagte es, als wäre es das normalste auf der Welt. „Du machst was? Auch wenn du blind bist, solltest du dir der Gefahr, die von ihm ausgeht bewusst sein.“ „Weißt du Hunter, es gibt Dinge, die ich mehr fürchte als ihn, er ist ganz friedlich, also kein Grund ihn zu jagen.“ Ich lief weiter, denn ich war viel zu erschöpft, um lange Diskussionen zu führen. „Mach was du willst, solange ich keinen Auftrag bekomme, oder er nicht einen hohen Rang auf der schwarzen Liste hat, werde ich ihn nicht jagen.“ Und ich verlies die beiden. Kapitel 3: number 6 ------------------- Ich kam gerade in die nähe meines Hauses, als ich ein Kichern hörte. „Komm schon raus…“, sagte ich genervt. Da stand Roona und lächelte mich an. „Du siehst mitgenommen aus? Schweren Auftrag gehabt?“ „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“ Sie lief neben mir. „Ich will doch nur höflich sein.“ Ich starrte stur gerade aus und sie lächelte weiter. Plötzlich zuckte sie zusammen und stieß mich beiseite… gegen die Schulter natürlich. „Hey was soll das?“ Ich wollte gerade eine Schimpftirade loslassen, als genau da, wo ich eben stand ein schwarzer Blitz einschlug. „Was zum?“ Roona landete auf dem Zaun und lachte. „Mensch du bist heute aber hinterhältig. Ich war gerade in einem Gespräch.“ „Ich dachte du hattest gesagt immer und überall?“ Roona strich die Haare aus ihrem Gesicht und lachte. „Hab ich das?“ Plötzlich landete da wo ich eben noch gestanden hatte ein Dämon. „Tut mir Leid Rooni, mir war grad so.“, grinste die Person. Ich starrte die beiden an… „okay…“ „Ok, ok, hey Kyria das ist Jagura, Nummer 6 der Liste, interessiert?“ Ich starrte sie an. „Ah das ist also der Mensch an dem du so hängst ja, ausgerechnet ein Hunter, na du hast Vorlieben.“ „Wenigstens hab ich überhaupt jemanden.“, konterte Roona. „Autsch, das war gemein.“ „Ok Auszeit, was wird das jetzt hier? Kaffeeklatsch unter Dämonen?“ Ich hatte die Arme verschränkt und blickte die beiden an. „Ach quatsch, nein.“ Plötzlich stand Roona neben mir und legte ihren Arm um meine Schulter. Ich wich zur Seite. Sicherheitsabstand musste schließlich gewahrt werden. „Wie gesagt das ist die Nummer 6 und…“ „Und die Nummer 8 hier, ist der Meinung sie verdient meine Nummer mehr als ich.“, beendete Jagura ihren Satz. „Tu ich auch… und genau deswegen kämpfen wir immer mal miteinander um zu sehen, wer sie nun verdient.“ „Tja bis jetzt lieg ich immer noch vorne, Rooni“ „Na ihr habt Probleme“, bemerkte ich immer noch genervt. „Du hast Recht, jetzt ist es Zeit für Taten!“ „Das hab ich doch gar nicht gesagt…“ Es war sinnlos, etwas zu sagen, beschloss ich. „Bereit?“, grinste Roona. „Immer doch.“, Jagura schaute genauso. Die beiden gingen in Angriffsposition und es ging los. Aus Jagura´s Händen kamen Licht und Finsternis Geschöpfe, denen Roona aber allen Auswich und elegant mir dem Schwert zerstörte. „Aha Jagura beherrscht also Licht und Finsternis wie ich sehe und da Roona nur die Impulse der Bewegungen aller Lebewesen wahrnimmt, dürfte es schwierig für sie sein, diese bei den Figuren auszumachen…“ „Richtig, cool dass du es dir gemerkt hast, Kyri“, lachte Roona, obwohl sie alle Hände voll zu tun hatte. „Kyri?!“, ich starrte sie böse an, jetzt bekam ich auch noch blöde Spitznamen… Unwillkürlich musste ich daran denken, wie Roona es mir erzählt hatte. Ja es war bei unserem zweiten aufeinander treffen. Ich griff Roona an, schließlich war sie auf der Liste unter den Top Ten, aber sie wich allem aus ohne mich richtig zu beachten. Damals hatte mich das regelrecht zur Weißglut gebracht, auch wenn ich es nicht zugeben wollte. Dann stand sie vor mir, legte die Arme um mich und flüsterte mir ins Ohr: „Du bist sehr gut, aber gegen mich hast du leider keine Chance, denn ich kann deine Impulse wahrnehmen.“ Ich hatte sie ungläubig angestarrt. „Impulse?“ „Richtig bevor du dich bewegst wird ein Impuls vom Gehirn zum entsprechenden Muskel gesendet, so ähnlich wie ein Stromschlag und die kann ich alles spüren.“ Damals dachte ich erst es wäre nur ein blöder Scherz gewesen, doch mit jedem Mal, dass ich sie herausforderte, musste ich feststellen, dass sie nicht gelogen hatte… Dann zogen die Kampfgeräusche meine Aufmerksamkeit wieder zu den beiden. Ja es war schon komisch Dämonen kämpfen zu sehen. Mittlerweile standen beide in einer eleganten Pose Rücken an Rücken. „Dir ist klar, dass ich gewonnen hätte.“, sagte Jagura. „Vergiss es ich hab auch das kommen sehen.“, grinste Roona. Lauter Dornen, die Jagura beschworen hatte, waren kurz vor Roona und hatten sie umzingelt, dafür war ihr Schwert an Jagura´s Kehle. „Na gut unentschieden.“ „Von mir aus.“, seufzte Roona. Jagura drehte sich zu mir um und lächelte mich an. Doch ihre Worte waren an Roona gerichtet. „Pass gut auf sie auf, bis zum nächsten Mal, dann entscheiden wir das ein für alle mal“ „Immer doch.“, gab Roona locker zurück. Und ehe ich mich versah war Jagura verschwunden und ich stand verdattert da. Da legte Roona wie immer ihre Arme um mich. „Na wie hat dir die Show gefallen?“ Und sie lächelte ihr Engelslächeln. Ich wurde rot, aber das wollte ich nicht. „Lass los.“ Sie schaute zwar traurig, aber sagte: „Alles was du wünschst, Liebste.“ Kapitel 4: just one holiday, please ----------------------------------- Genervt saß ich Tisch eines relativ leeren Kaffees und rührte in der Tasse Tee vor mir. „Das wäre eigentlich ein schöner freier Tag… wenn da nicht ein gewisser Jemand ungefragt mitgekommen wäre!“ Mir gegenüber saß Roona und lächelte mich an, als sie von ihrer Zeitschrift (wohlgemerkt eines von der eher freizügigen Sorte) aufschaute. „Nun schau nicht so, ich hab heute rein zufällig auch nichts zu tun.“ „Ja was für ein Zufall… Stalker.“ Ich war genervt, wie immer also, „Mal ehrlich, langweilt es dich nicht mir die ganze Zeit zuzuschauen.“ „Nicht wirklich, ich hoffe dass ich so mehr von dir erfahre.“, sagte sie frech. „Warum fragst du nicht einfach?“ „Du würdest eh nicht antworten, stimmts.“ Elegant blätterte sie eine Seite der Zeitschrift um. … ins schwarze getroffen. Ich stemmte die Faust gegen die Stirn. „Wenn ich dir was erzähle, verschwindest du dann?“ „Vielleicht.“ Sie strahlte regelrecht aufgrund ihres Sieges. Okay sehr überzeugend… „Was willst du denn wissen?“ Selbstzufrieden legte Roona die Zeitschrift weg und setzte sich mir frontal gegenüber. „Warum bist du ein Hunter?“ „ Keine Ahnung… kam halt so, warum willst du ausgerechnet das wissen?“ Ernsthaft, ich hätte mit anderen Dingen gerechnet. „Nun jeder Hunter hat einen bestimmten Grund einer zu sein, ob nun die Familie umgebracht wurde, oder man keine andere Perspektive mehr hat, aber du scheinst nichts dergleichen zu haben.“, stellte sie fest. „Stimmt. Ich bin Hunter, weil es das Schicksal so wollte. Es ist ein Job für mich, so als würde ich Kellnern, nichts weiter.“ Roona schaute skeptisch. „Hast du denn keine Familie?“ „Nein, sie starb vor langer Zeit… Meine Mutter nach der Geburt meiner Schwester, mein Vater wurde durch Zufall bei einem Banküberfall erschossen, meine Schwester verschwand bei einem Brand in der Akademie.“ „Akademie?“ Roona zog eine ihrer Augenbrauen nach oben. „Jep, nach dem Tod meiner Eltern kamen wir an eine Akademie für Kämpfer, man wurde dort ausgebildet. Meine Schwester war zwei Jahre jünger als ich und hatte im Gegensatz zu mir schlimme Probleme dort mit Mobbing. Bei einem dumme- Jungen Streich verschwand sie dann. Vermutlich hat sie es nicht mehr ausgehalten.“ Roona fasste über den Tisch an meine Wange. Obwohl ich mich dagegen sträubte wurde ich rot. „ Ich finde das traurig, wenn du so was erzählst. Auch wenn ich dich nicht verstehe, kann ich mir doch vorstellen wie so etwas sein muss…“ Ihre Hand blieb an meiner Wange und ihr Blick wurde plötzlich verwirrt. „Mensch du glühst ja. Hast du Fieber?“ Ich fasste an meine Stirn. „Wohl ein wenig überarbeitet in letzter Zeit… deswegen will ich ja meine freien Tage nutzen um zu entspannen.“, stichelte ich und schaute sie böse an und über ihr hing gerade zu ein Heiligenschein… und das für einen Vampir! Ich bezahlte, zündete mir eine Zigarette an und ging dann. Roona blieb sitzen. „Gut für heute werde ich dir nicht mehr auf den Zeiger gehen, versprochen.“ Sie winkte mir zu und ich ging halb erleichtert, aber auch irgendwie etwas bedrückt meiner Wege. Auf dem Weg überkam mich ein leichter Hustenanfall, sodass ich kurz langsamer lief. „Ich hab mir wohl was weggeholt. Die Schulter ist ja auch noch nicht besser geworden. Ich sollte aufpassen in nächster Zeit.“ Plötzlich rempelte ich gegen jemanden. Es war das blinde Mädchen. Sie taumelte, aber der Junge hielt sie auf. „Sorry.“, entschuldigte ich mich schnell, wenn auch nicht besonders einfühlsam. „Nicht so schlimm, ich war unachtsam. Komm wir gehen, wir wollen sie doch nicht Nerven Zero.“ „Gut.“ Zero lächelte mir freundlich zu. Irgendwie war ich ein wenig neugierig und musste einfach fragen. „Wo wohnt ihr eigentlich. Ihr seht mir nach Reisenden aus?“ Das Mädchen schaute in meine Richtung. „Stimmt. Im Moment nirgendwo, letzte Nacht waren wir im Park.“ „Im Park?“ Ich war etwas erschrocken, schließlich war dort erst ein Yajuu aufgetaucht. „Klingt schlimmer als es ist und ich hab ja Zero, der auf mich aufpasst.“ Es grinste sie an, während sie sie ihm die Hand auf den Kopf legte und durch diese struppelte. Ich nahm meine Zigarette in die Hand und atmete aus. „Wenn ihr länger hier bleiben wollt, hätte ich eine Wohnung für euch, sie ist auch komplett eingerichtet, das ist sicherer als bei all den Yajuu draußen.“ Einen Moment schwiegen die beiden verwirrt. Dann lächelte das Mädchen und Zero jubelte: „Cool, dann haben wir mal wieder ein Bett.“ Ich kramte in einer Tasche, zog einen Schlüssel heraus und warf ihn dem Jungen zu, der ihn fing. „Es ist nicht weit von hier, zwei Straßen weiter, dann nach links. Die Wohnung im 2. Stock. Ich wohne 3 Ecken weiter, falls ihr Fragen habt.“ Der Junge tänzelte herum vor Freude, er mochte ein Vampir sein, aber dennoch war er noch ziemlich jung als er verwandelt wurde und so benahm er sich auch. Zugegeben, es war doch irgendwie niedlich anzusehen und ich musste mir eingestehen, dass dieser kleine kein besonders bedrohlicher Vampir war. „Wieso hilfst du uns?“, fragte das Mädchen ruhig und höflich. „ Ich weiß nicht, die Wohnung brauch ich eh nicht, die gehörte mir früher mal, jetzt hab ich eine von den Huntern, da könnt ihr sie ruhig haben.“ Das Mädchen verbeugte sich und drückte den Jungen mit hinunter. „Ich danke dir vielmals. Das ist übrigens Zero und ich bin Eve.“ „Ich bin Kyria.“, gab ich höflich zurück. Es war irgendwie komisch, wenn sich jemand vor mir verbeugte. „Freut mich“ rief Zero und grinste so sehr, dass man seine Fangzähne sah. Ich drehte mich um und winkte. „Wie gesagt, ihr könnt jederzeit vorbeikommen, wenn ihr Fragen haben solltet.“ Wieso ich das getan hatte? Keine Ahnung, manchmal hatte auch ich solche sentimentalen Augenblicke. Während ich noch in Gedanken war trat ich in meine Wohnung ein. Ich öffnete die Tür und sofort viel mir der Zettel ins Auge, der auf dem Tisch lag. Auf ihm stand: Yajuu, 2. Ecke Westen Auftrag: Eliminieren Das war es dann wohl mit dem freien Tag. Kapitel 5: What´s your name? ---------------------------- Ich stand am Eingang eines Hochhauses. Es war verlassen und ziemlich vergilbt. „Na dann, an die Arbeit“ Ich zog mein Schwert und ging hinein. Eine weile durchquerte ich einige Flure, die genauso aussahen, wie das Haus von außen, dann blieb ich vor einem Apartment stehen. „Hier ist es also“, und ich trat bestimmt und schwungvoll die Tür ein. Das Apartment hatte keine Möbel mehr, nur noch ein paar Gardinen hingen am Fenster. Es war riesig und ging zu meinem Erstaunen über 2 Etagen. „Ah eine Apartment für die ganz Reichen.“, stellte ich trocken fest. Ich stand in der Mitte des Zimmers und schaute mich um. Aus dem nichts krachte die Decke ein und ein Yajuu sprang auf mich zu. Er hatte wohl oben gewartet, um mich überraschen zu können. Ich konnte ihn gerade noch abwehren indem ich ihm mein Schwert entgegen hielt und er daher schnell zur Seite auswich, um nicht in die Klinge zu fallen. Von diesem Angriff schmerzte meine Schulter wieder und ich zuckte zusammen. Dies nutzte er um mich erneut zu attackieren. In letzter Sekunde wich ich zur Seite aus, packte mein Schwert mit der anderen Hand und hieb auf ihn ein. Jedoch hinterließ dies nur eine mittlere Schramme auf dessen Körper. „Mist, mit links hab ich einfach nicht so viel Kraft.“ Ein weiterer Schlag, der meinen rechen Arm verletzte. Nun konnte ich ihn gar nicht mehr gebrauchen und ich musste einen noch dazu plötzlich aufkommenden Hustenanfall unterdrücken. Ich war definitiv erkältet… Da begann der Yajuu zu lachen und ich wurde wütend. Es gelang mir einen seiner Arme abzutrennen mit einem schnellen Schwung meines Arms. Ich nutzte meine ganze Kraft dazu. Böse funkelte ich ihn an und er funkelte zurück. Er wollte erneut zuschlagen und ab waren zwei weitere Arme. Ich drehte mich und schlug das Schwert in seinen Körper. Jedoch reichte es nicht, um ihn zu töten. Das 6-armige Ungeheuer sprang zurück, blickte mich verdutzt an und wollte wegrennen. „Hier geblieben!“, schrie ich und wollte ihm folgen. Doch er kam sowieso nicht weit. Im nächsten Moment war er durchbohrt und er schaute schockiert zur Treppe, auch ich schaute dort hin. Dort stand ein Mädchen, dessen Arm sich zu lauter Speeren gewandelt hatte, sie schaute zu Boden. Mit leiser, aber höchst bedrohlicher Stimme hauchte sie: „Feigling“, und sie riss ihn auseinander. Dann schleuderte sie die verschiedenen Fetzen des Yajuu achtlos zu Boden. Ich bekam Angst und Schweiß trat auf meine Stirn. Dann erhob sie abermals diese kindliche Stimme: „Entschuldige, solche Feiglinge sollte es gar nicht geben, sie sind doch nur eine Schande für uns, nicht?“ Sie trat in den Raum und blickte auf. Sie hatte definitiv nicht die Augen eines Kindes, sonders die einer Bestie. „D…Du bist kein Yajuu… du bist ein Exile.“ Ich packte mein Schwert fester und wich einen Schritt zurück. „Darauf bin ich nicht vorbereitet, nicht in meinem Zustand.“, dachte ich und in meinem Kopf wütete ein Tornado aus Gefühlen und Gedanken. „ Du hast vollkommen Recht, ich bin anders, als diese Idioten, nett dich kennen zu lernen Hunter. Ich bin Rima und mit wem habe ich die Ehre?“ Ihre Stimme war höflich, aber man merkte, dass alles nur Fassade war. „Warum willst du so was wissen, die wirst mich doch eh gleich töten.“ Ich versuchte jegliche Panik aus meiner Stimme zu unterdrücken. Ein leises lächeln trat auf ihr Gesicht. „Auch da hast du wohl Recht, ich kann dem einfach nicht widerstehen, weißt du, aber dennoch weiß ich gern die Namen meiner Opfer. Ein Tick von mir. Wirst du ihn mir verraten oder soll ich ihn aus dir herauspressen?“ Obwohl ihre Stimme zuckersüß klang, so waren die Worte schärfer als Rasierklingen und schnitten sich in mich. Ich wich abermals einen Schritt zurück, als sie weiter sprach. „Du musst wissen ich lasse meine Opfer nicht eher sterben, bis ich ihn weiß, ich zerfetze dich solange, bis du ihn mir aus Verzweiflung verrätst, damit du endlich sterben darfst. Bis jetzt hat noch keiner mir widerstehen können.“ Sie schaute mich an. „Du willst also nicht…“ In ihrem Gesicht sah man komische Striemen und im nächsten Moment verzerrte sich ihre Gestalt. Wenige Augenblicke später stand sie in wahrer Gestalt vor mir. Nichts mehr erinnerte an das kleine Mädchen von eben. Sie hatte zwar noch verblüffende Ähnlichkeit mit einem Menschen, aber sie war größer, viel größer und erreichte fast die Decke. Sonst sah ich vor mir nur eine Bestie, tierisch und wild, bedeckt mit gefährlichen Hörnern und Klauen, bereit ihre Opfer zu zerfetzen. Schon schossen die ersten Speere auf mich zu. Ich bemühte mich sie zu zerschneiden und es gelang mir auch zunächst. Ich sprang zur Seite und nach hinten und entkam so eine Zeit lang, jedoch ihrem Körper kam ich nicht näher. „Du bist sehr gut, schon lange hatte ich nicht mehr so viel Freude.“, ertönte ihre Stimme. Sie war nicht mehr so melodisch wie vorher und hatten einen surrenden Unterton, aber dennoch, war sie nicht von Grund auf unangenehm. Sie änderte ihre Taktik nun. Erst kam sie von unten, so dass ich in die Luft springen musste und dort packte sie mich. Sie schleuderte mich gegen eine Wand und hielt mich dann wieder hoch. Ein weiterer Speer kam und durchbohrte meinen linken Oberarm. Jetzt konnte ich mein Schwert kaum noch halten. Mit großer Mühe durchtrennte ich die Fesseln. Als ich landete, hustete ich wieder. Dies machte mich kurz unachtsam. Erneut kam sie von der rechten Seite, doch ich schaffte es sie mit dem Schwert abzuwehren. Mein Arm hatte sich unterdessen schon völlig rot gefärbt. Aber dann kam von der anderen Seite ein Speer, schleuderte mein Schwert davon und es flog im hohen Bogen aus dem kaputten Fenster. Meine einzige Waffe war somit verloren. Ich wollte gerade aufstehen, als mich eine Schlinge am Fußgelenk packte und mich kopfüber in die Höhe hob. Rima hob mein Kinn an. „Das war es dann wohl, aber du hast sehr lange durchgehalten. Nun, wirst du mir jetzt deinen Namen verraten?“ Mit einem grausamen lächeln auf den Lippen, blickte sie mich an. „Vergiss es. Ich sterbe lieber, als das du es erfährst.“ Und das war mein voller Ernst. Mein Stolz verbat mit Schwäche zu zeigen. Sie schaute erst betrübt, aber dann veränderte sich ihre Miene wieder zu der einer Bestie. Ich war wohl wirklich die Erste, die sich nicht hatte „überreden“ können. „Nun, dann werde ich mich doch noch etwas mehr anstrengen müssen.“ Sie schlug mich auf den Boden, sodass ich vor Schmerz aufschrie. Ich war am Ende und konnte nicht mehr aufstehen. Sie hatte meinen Knöchel stark angeknackst. Verzweifelt sah ich zu, wie sie einen Riesenspeer formte, bestehend aus vielen einzelnen Speeren „Noch eine Umentscheidung?“, fragte sie merkwürdig höflich. Ich lächelte und sagte „Tut mir leid.“ Dann stürzte es auf mich zu. Mein Stolz als Hunter verbat es mir, die Augen zu schließen. Ich vermochte nichts mehr zu tun, als auf meinen Tod zu warten, aber ich war auch ein wenig glücklich. Sie hatte gesagt, dass ich ein guter Gegner gewesen war und außerdem hatte sie meinen Namen nicht erfahren. Ich war standhaft geblieben. Wenn ich nun starb, dann würde ich dies in Würde tun, sowie ein echter Hunter. Man sah mich nicht umsonst, als eine der besten meines Fachs… Kapitel 6: Abschiedslied ------------------------ Blut spritze in mein Gesicht und ich starrte auf die Person vor mir. Zusätzlich lief ihr etwas davon aus den Mundwinkeln. „Roona? Was zum Teufel machst du hier?“ Ihr Blick durchbohrte mich. „Nun… ich war grad zufällig in der Nähe, als dein Schwert vorbei geflogen kam.“ Sie lächelte mich an. „Nun ich muss sagen, du siehst ganz schön zerfleddert aus meine liebste, lass mich das übernehmen.“ Rima zog den Speer zurück, während Roona aufstand und sich ihr entgegen drehte. „Entschuldige, dass ich hier so reinplatze, aber ich kann nicht zulassen, dass du mir meine liebste stielst.“, sagte sie zwar mit freundlichen Worten, aber darunter mischte sich eindeutig eine Drohung. „Wer bist du? Wieso hilft ein Vampir einem Menschen? Und noch dazu einem Hunter!“, fragte Rima skeptisch. „Nun mein Name ist Sharoon, Nummer 8 der schwarzen Liste und ich helfe ihr, nun…“ Blitzschnell durchtrennte sie einige Speere die auf sie zuflogen. „Wie unhöflich mich nicht ausreden zu lassen, Das macht mich wütend.“ Rima´s Gesichtszüge wurden sichtbar wütend:„Verschwinde!“ Und mehrere dieser Speere flogen auf sie zu. Roona flog gerade zu durch die Luft und keine einzige streifte sie auch nur. Dann landete sie wieder da wo sie vorher gestanden hatte. Doch bereits in der nächsten Sekunde erschien sie über dem Kopf der Exile und wollte ihn durchtrennen, aber er war zu hart für ihre Klinge. Bevor Roona es abwehren konnte wurde sie von Rima weggestoßen. Roona drehte sich so in der Luft, dass sie sich mit den Füßen von der Wand abfangen konnte und es somit noch rechtzeitig schaffte, den nachfolgenden Speeren durch einen Sprung nach oben auszuweichen. „So komm ich wohl nicht weiter. Du hast eine gute Verteidigung und ich habe Pech weil ich mich habe durchbohren lassen, bei dem Versuch meine Kyria zu beschützen.“ Sie wurde von einer versteckten Schlinge blitzschnell gepackt, sodass sie nicht ausweichen konnte und gegen die Wand geschleudert. Ein lauter Knall erschütterte den Raum. Eine Staubwolke entstand und ich rief noch ehe ich nachdenken konnte: „Roona!“ Es rührte sich jedoch nichts mehr. „Große Reden schwingen, war wohl das einzige was sie konnte. Ich dachte immer Mitglieder der Liste hätten mehr drauf. Nun… zurück zu dir, ich habe jetzt echt Hunger bekommen. “, entgegnete Rima abwertend lachte höhnisch auf. Sie wollte gerade mir ihre Aufmerksamkeit zuwenden, als man ein kichern hörte. Es hallte geisterhaft im Raum wider und klang zugleich kindlich, aber auch dämonisch. Im nächsten Augenblick wurden die Speere von Rima allesamt zertrümmert. Diese neue unheimlich Stimme begann zu philosophieren: „Jaja, das Los der Nummer 8, manchmal frage ich mich, warum ich das damals überhaupt gemacht habe. Du musst wissen, dass ich mich schon seit Jahren schwach stellen muss, um den Schein der 8 zu wahren, aber heute… heute darf ich endlich mal mit wahrer Stärke spielen, wie schon seit Jahren nicht. Sich nicht austoben zu dürfen ist echt anstrengend, sag ich dir.“ „Wovon redet sie nur?“, fragte ich mich Entgeistert. War das wirklich Roona der diese Stimme gehörte. Es klang überhaupt nicht nach ihr. Aus dem Loch trat Roona und funken sprühten um sie herum, wie ein Schleier, der sie veränderte. Nur wenige Wimpernschläge später stand sie da, von der Roona die ich kannte, war nichts mehr übrig geblieben. Nun stand da nur noch ein fremder Dämon mit ausgebreiteten Flügeln. Zweifelsohne war sie wunderschön, aber gleichzeitig machte sie mir… Angst. Ich zuckte zusammen, als Roona zu sprechen begann. „Am besten stelle ich mich noch einmal vor. Mein Name ist Sharoon und belege momentan den Rang 2 der schwarzen Liste.“ Stille. Das musste ich erstmal verarbeiten. Ich blickte sie an. „Die… Nummer 2? Aber… warum tust du so als wärest du die 8? Und du sagtest doch das die 1 bis 3 verschollen wären…“ Sanfter erwiderte sie meinen Blick. „Das Leben als 8 ist nun mal um einiges entspannter musst du wissen und es stimmt doch. In dieser Gestalt hab ich mich seit über 200 Jahren nicht blicken lassen… bis heute.“ Sie lächelte mich noch kurz an, dann stießen viele Speere auf sie zu und sie war verschwunden. Sie flog zum Kopf der Exile, packte sie und ihre Krallen wurden auf einmal länger, sodass sie den gesamten Rumpf durchstießen, als wäre es nur Butter. Rima spuckte Blut - eine menge davon. Sie keuchte auf und plötzlich bewegten sich ihre Speere gegen ihren Willen. Entsetzen stand in ihr Gesicht geschrieben. „Was hast du mit mir gemacht?“, keifte die Exile wütend und verzweifelt zugleich. Roona lächelte und saß nun auf den Überbleibseln der Treppe, als sie mit einem gespielt verwunderten Ton antwortete: „Ich? Hmm… was habe ich nur gemacht… achja, jetzt weiß ich wieder, ich manipuliere nur deinen Körper ein wenig, aber das merkst du ja.“ „Tsk.“ „Weißt du, normalerweise kann ich nur die Impulse spüren, aber so, kann ich sie auch kontrollieren, lustig nicht.“, kicherte sie. Rima spuckte immer mehr Blut, woraufhin Roona sagte: „Gibst du etwa schon auf? Na aber wie enttäuschend. Ich dachte ich hätte eine Herausforderung gefunden…“ Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort. „Aber ich will ja nicht so sein, machen wir Schluss.“ Roona winkte und die Exile begann doch tatsächlich zu weinen. Tränen liefen über das Gesicht der Bestie. „Nein… nicht…“ Dann blieb ihr Herz stehen – dazu gezwungen von Roona - und sie keuchte auf. Wenig später kippte der leblose Körper der Exile, namens Rima zur Seite weg und landete mit einem dumpfen Aufschlag auf dem harten Boden, welcher durch ihre Speere stark beschädigt wurden war. „Teufel…“, hörte man das mit einem gezischten und gleichzeitig heißerem Flüstern gequälten letztes Wort aus ihrem Munde kommen. Dann war sie endgültig tot. Ich saß geschockt da und hielt meinen Arm, welcher nicht aufhörte zu bluten. Überall war Blut. Ich sah nur noch rot. Ich hustete noch mehr Blut und fragte mich wie viel ich davon eigentlich nich hatte. Roona stand nun vor mir. Ich hatte sie nicht einmal rüberkommen sehen. Sie kniete sich vor mich und wollte mich berühren, aber mein Blick war noch immer geschockt. Sie stockte und blickt verlegen zur Seite. „… Du hast also gelogen… und bist die Nummer 2.“, sagte ich merkwürdig rational. „Ich hätte ehrlich sein sollen, Kyria, das tut mir leid, aber ich habe durchaus meine Gründe für mein Handeln.“ Man hörte ihr das schlechte Gewissen deutlich heraus. „Was für Gründe?“, bohrte ich eiskalt nach. „Ich… kann nicht…“ Plötzlich stand ein merkwürdiger Schmerz auf ihrem Gesicht, Trauer, Angst und Wut alles zusammen und das schien bereits seit vielen Jahren so zu sein, nur hatte sie es bis jetzt immer verstecken können. Wahrscheinlich wusste nicht einmal Jagura davon. „Wenn du willst, dass ich dir vertraue, musst du es mir verraten!“ Später würde ich mich fragen, wieso ich so beharrlich darauf bestanden hatte, dass sie es mir erzählte… Sie berührte sanft meine Wange. „Das ich jemals einem Menschen das erzähle… auch noch einem Hunter… unglaublich. Du musst wissen, auf die ersten 3 der Liste wurde einst eine Bestie losgelassen, die 1 unter uns schien sie zu kennen, aber zu ihr hatten wir keinen Kontakt. Die Nummer 3 und ich standen uns recht nahe, er war mein Bruder, weißt du und dann kam es.“ Roona stockte kurz und legte eine besondere Betonung auf das Wörtchen „es“. „In dem Kampf verwüsteten wir damals eine riesige Stadt, den Namen habe ich leider vergessen. Wir dachten wir wären mächtig, aber in Wahrheit hatte dieses Wesen nur auf Sparflamme gegen uns gekämpft. Dann holte es erst richtig aus und griff an. Ich war damals zu naiv und bevor ich mich versah waren wir beide tödlich verwundet. Beim finalen Schlag opferte sich dann mein Bruder für mich und er stieß mich in einen reißenden Fluss unterhalb der Stadt. Ich entkam somit, während dieses Wesen noch damit beschäftigt war, seine Überreste zu zerfleischen.“ Der Schmerz in ihr wurde größer und sie rang um Fassung. „ Doch ich wusste es würde mich weiter jagen, also unterdrückte ich meine Kräfte und wurde zur Nummer 8, in der Hoffnung, es würde mich so nicht finden… zumindest hab ich es bis heute getan.“ Nun hob sie endlich den Blick und schaute direkt in meine Augen. Sie lächelte mich traurig an: „Kyria, der Grund das ich mich und alle anlüge ist nur der, das ich Angst habe, okay? Ich bin feige, ich weiß ich hätte ihm helfen sollen, aber ich war zu feige und zu schwach, ich…“ Da umarmte ich Roona, keine Ahnung wieso, mein Körper hatte vor meinem Geist reagiert. Vielleicht erinnerte mich das auch einfach nur an mich… und an Kaze… Auch ich hatte jemanden im Stich gelassen, weil ich zu naiv war und hatte sie daher verloren. Doch das konnte ich nicht sagen, ich war dafür nicht stark genug, so wie es Roona war. Stattdessen sagte ich: „Hör auf so was zu sagen, du bist nicht feige, für mich bist du die mutigste Kämpferin, die ich kenne und ich…“ Da musste ich husten und Blut strömte über mein Gesicht. Die Trauer aus ihrem Gesicht war nun verschwunden und Roona sprach nun mit besorgter Stimme: „Hey du solltest dringend behandelt werden, meine Wunde ist ja schon weg, aber du bist ja halt kein Vampir und werden willst du auch keiner oder?“ War das jetzt ein Angebot gewesen? „Vergiss es, ich bleibe wie ich bin.“, sagte ich stur, auch wenn meine Stimme bei weitem nicht so kräftig herüberkam wie ich es mir eigentlich gewünscht hätte. „Hehe dacht ich mir, na komm ich bring dich heim.“, kicherte sie, ganz die Alte. Sie hob mich auf, als wäre ich eine Puppe und brachte mich ohne weitere Verzögerungen nach Hause. Kapitel 7: Krankenbesuch und andere Beschwerden ----------------------------------------------- Genervt lag ich auf meinem Bett. Ich war verbunden wie eine Mumie und sollte ja ruhig halten (nicht das ich anders gekonnt hätte), aber um mich herum tobte das Leben. Zunächst war da Roona, die mir nicht mehr von der Seite wich und mich geradezu bemutterte, da sie auch jetzt noch zu befürchten schien, ich würde ihr einfach wegsterben. Dann war irgendwann Jagura aufgetaucht und beschloss spontan dazubleiben… ohne meine Erlaubnis. Woher wusste sie überhaupt, dass ihr hier wohne? Tja und dann klingelte es schon wieder an der Tür und Eve und Zero traten ein. Eigentlich wollten sie mich nur besuchen und mir nochmals danken, aber als sie sahen, was mit mir passiert war blieben auch sie da. Und ich wollte doch nur meine Ruhe haben, wie sonst auch immer! „Euch ist hoffentlich klar, dass ich ein Hunter bin oder?“, fragte ich irgendwann in die Runde hinein. „Wieso fragst du“, entgegnete Roona wie ein Unschuldslamm. „Naja ich fasse kurz zusammen in meiner Wohnung befinden sich gerade drei Dämonen… und 2 davon stehen sogar auf der Liste.“ „Hey du hast ja noch mich und ich bin ein Mensch.“, lachte Eve. „Außerdem bist du ja nun offensichtlich keine Bedrohung für uns oder? Ich meine Roona musste dich schließlich hertragen, und auch jetzt kannst du nicht mal aufstehen. Du hättest wirklich in ein Krankenhaus gemusst.“, spottete Jagura und ich hätte sie am liebsten mit eben den Bandagen erwürgt. „Nichts da, ich geh da nicht hin und außerdem geht’s mir super.“, erwiderte ich trotzig, wie ein kleines Kind. Da tippte mir Roona gegen die Schulter und ich zuckte vor Schmerz zusammen. „Oja dir könnte es ja gar nicht besser gehen.“ Der Sarkasmus war nicht zu überhören. „Blabla… Ihr werdet sehen in einer Woche bin ich wieder soweit fit, dass ich wieder raus kann.“ „Vergiss es, du wirst nicht arbeiten in nächster Zeit. Außerdem hast du kein Schwert mehr, also hat sich das eh erledigt.“, tadelte Roona. „Du bist nicht meine Mutter!“ Ich schimpfte herum und Jagura musste lachen. „Ihr seid echt niedlich zusammen.“ „Wie bitte?“, fauchte ich. „Sagte ich dir doch Jagura und außerdem… Hey lass das!“ Da schlug mir Roona meine Zigarette aus der Hand. „Hey! Ich will doch nur eine rauchen.“ Sie machte mich langsam echt wütend. „Nichts da, du solltest echt mal damit aufhören, vor allem jetzt. Ich meine hast du mal deinen Konsum in letzter Zeit beobachtet?“, sagte sie grimmig. „Was meinst du denn damit?“ „Du wirst zum Kettenraucher, meine Liebe.“ Dabei hob sie ihren Finger mahnend in die Luft. „Das ist die einzige Entspannung die ich habe, also lass mich.“ Ich machte eine zu hektische Bewegung, dabei musste ich wieder Blut husten. „Oh mist.“ Zero starrte mich geschockt an. „Also echt, was bist du denn für ein Vampir der kein Blut sehen kann.“, sagte ich um davon abzulenken, dass es mir in Wahrheit noch überhaupt nicht gut ging. In Wahrheit tat mir alles weh und ich fühlte mich dabei, als wäre ich 80 Jahre alt oder so. Nur wollte ich das natürlich niemanden zeigen und mich damit entblößen. „Das ist es nicht… nur du bist so blass.“ Da stand Eve auf und packte Zero und auch Jagura. Vielleicht hatte sie ja deswegen keine Angst vor Dämonen, weil sie die anderen nicht sehen kann. Irgendwie bewunderte ich es ja, das sie selbst Roona, die Nummer 2 der Liste (auch wenn das außer mir niemand wusste) anfauchte, wenn ihr etwas nicht passte oder sie keine Skrupel hatte sie mit Kissen zu bewerfen… auch wenn sie dann alles traf nur nicht sie. Jedenfalls ging sie Richtung Tür und sagte: „Ernsthaft wir gehen jetzt. Roona du auch! Kyria braucht Ruhe und nicht so einen Trubel. Also komm. Wir Menschen können uns leider nicht innerhalb von einem Tag wieder erholen, wenn man halbtot war.“ „Aber…“ Zero wollte protestieren, aber Eve zerrte ihn einfach weiter. Jagura muckte auch nicht weiter, was mich doch überraschte. Auch Roona wandte sich zum Gehen um. „Wo hast du die denn aufgelesen? Sie ist ja schlimmer als du… hehe.“, kicherte sie, als Eve zur Tür hinaus war. „Was geht es dich an.“, gab ich unsanft zurück. „Nichts.“ Roona küsste mich plötzlich auf die Wange und ich wurde rot. „Du bist echt Zucker, Süße, werd schnell wieder gesund, ok?“ Ich stotterte und merkte wie mir die Röte ins Gesicht stieg, was nur allzu albern aussah, wenn man bedachte das ich so blass war, dass ich jedem Vampir Konkurrenz machte: „Geh jetzt einfach.“ Lachend wandte sie sich um und verschwand ohne weitere Bemerkungen. Kaum hatte sie die Tür geschlossen, musste ich mich nicht länger zurück halten. Erneut überkam mich ein Hustenanfall und Blut spritzte in meine Handfläche, die ich davor hielt. Dann ließ ich mich entkräftet in mein Bett sinken und schlief fast augenblicklich ein. Der Schlaf der dann folgte, war einfach nur schwarz und leer. Währenddessen schlenderten Eve und Zero durch den verlassenen Park. „Du… Wird Kyria wieder gesund?“, begann Zero zögerlich. „Du hast ja einen ganz schönen Narren an ihr gefressen oder?“ Eve struppelte Zero wieder durch die Haare. „Ich denke schon, aber ich glaube sie hat es härter erwischt als sie zugibt und das ist gefährlich weißt du.“, stellte er fest. „Würdest du dir auch Sorgen um mich machen, wenn mir so was passieren würde?“ „Natürlich, ich würde vor Sorge sterben, denke ich.“ Zero kuschelte sich an sie heran. „Ich hab dich lieb.“, nuschelte er in ihr Kleid hinein. „Ich dich auch.“, antwortete sie fröhlich und leicht verträumt. In der Ferne ertönte plötzlich ein lauter Knall. Und dann noch einer. Zero schrak zusammen und klammerte sich fester an Eve. „Was ist da passiert?“, fragte er mit einem besorgten Unterton in der Stimme. „Weiß nicht… aber etwas sagt mir, wir sollten hier lieber schnell weg, ok?“ Auch Eve schien beunruhigt. Ihr Gefühl betrog sie eigentlich nie. „Ist gut.“ Eve schaute noch kurz in die Richtung aus der die Geräusche kamen, da wurde sie von Zero mitgezerrt. Nicht weit weg tobte ein Kampf. Zwei Hunter kämpften gegen jemanden. „Rui du Idiot, steh mir nicht im Weg rum!“, keifte eine weibliche, temperamentvolle Stimme. „Jaja ist gut.“, antwortete eine männliche Stimme, nicht weniger genervt. Die beiden landeten nebeneinander auf dem Boden. „Doktor Kasagi, so geben sie doch auf!“, forderte das Mädchen zornig. „Tse ihr stellt Forderungen? Ihr habt mir noch nicht mal eine ordentliche Schramme zugefügt.“, spottete eine eher hässliche, kratzige Stimme, die sowohl männlich als auch weiblich hätte sein können. Aber es handelte sich eindeutig um eine Frau. „Sayo sie hat Recht.“ „Klappe Mensch.“, zischte sie ihm zu. „Klappe Halbvampir.“, gab Rui genervt zurück. Ganz offensichtlich verstanden sich die beiden nicht so gut und doch waren sie als Partner bestimmt wurden. „Hören sie zu, wir haben den Auftrag erhalten, sie zu exekutieren. Sie haben unerlaubt Experimente mit Menschen und Yajuu durchgeführt und anscheinend haben sie selbst auch etwas davon abbekommen.“, gab Rui die Anschuldigungen gegen die Professorin wieder. „Ich muss mich ja vor Unwürdigen wie euch schützen.“ Doktor Kasagi… sie war mal ein Mensch gewesen und eine angesehene Professorin in der Forschung um die Viren der Yajuu. Aber irgendwann schien sie wahnsinnig geworden zu sein, besessen von dem Gedanken, dass die Yajuu die besseren Menschen wären und die Menschen verschwinden müssten. Sie hatte auch an sich selbst herumprobiert. Nur war sie selbst infiziert und Teile ihres Körpers hatten sich bereits zum Abbild einer Bestie gewandelt. Und Bestien mussten vernichtet werden. „Ok Rui, du fesselst sie und ich zertrümmere sie dann, verstanden?“, sagte Sayo. Sie war der Einzige Halbling der von der Organisation geduldet wurde. Ihre Mutter war selbst ein angesehener Hunter gewesen und auch die beste Freundin, des Vorsitzenden. Irgendwann verliebte sie sich in einen Mann und bemerkte nicht, dass es sich dabei um einen Vampir handelte. Die beiden schliefen miteinander und sie wurde schwanger von ihm. Am nächsten Tag war der Vampir verschwunden. 9 Monate später war Sayo geboren wurden, weder Mensch, noch Vampir. Sie mochte Blut, konnte aber ohne es leben und sie hatte enorme Körperliche Kräfte, die weit über das menschliche hinaus gingen. Eigentlich hätte sie noch am Tage ihrer Geburt getötet werden müssen, doch ihre Mutter liebte sie trotzdem und stellte sich gegen die Hunter. Als sie dann einige Jahre später durch einen Unfall verstarb, nahm sich der Vorsitzende ihrer an, weil dies der letzte Wunsch ihrer Mutter gewesen war. Und nun arbeitete Sayo selbst als Hunter. „Gut.“, entgegnete ihr Rui. Er selbst benutzte im Kampf dünne Drahtseile. Sie waren extrem scharf und sehr stabil. Damit war er eine Ausnahme, denn die meisten bevorzugten „richtige“ Waffen. Es gelang ihm Kasagi zu fesseln. Nun schlug Sayo mit voller Kraft in den Boden. Dieser spaltete sich und die herumfliegenden Trümmer erreichten Kasagi. Sie wehrte dich Trümmer zwar mit Leichtigkeit ab, aber das war nur eine Finte gewesen. Dahinter kam Sayo wieder zum Vorschein und schlug zu. Es knallte laut, als ob ein Auto gegen eine Wand fahren würde. Als sich die aufgekommene Staubwolke jedoch verzog, erkannte man, das Kasagi Sayo gefangen hielt und sie langsam zerquetschte. Sie hatte Sayo mit einer Art Stachel gepackt, in dem Moment als Sayo sie geschlagen hatte. Sie selbst hatte keinen Schaden davon getragen, weil sich aufgrund der Viren eine Art Panzer um die Professorin gelegt hatte, den man so jedoch nicht sah. „Sayo!“ „Bleib weg Rui, oder sie erwischt dich auch.“, keuchte Sayo, der es sichtlich schwer fiel unter der Last zu atmen. „Ganz recht Junge, aber glaub mir, du kommst auch dran. Ich lasse ja keine Zeugen zurück.“, mischte sich Kasagi ein. „Nichts da!“ Ein Drahtseil durchtrennte den Arm von Kasagi. Sayo fiel zu Boden und wurde von einem anderen Seil zu Rui geschleift. „Geht das nicht sanfter?“, beschwerte sie sich. „Oh tut mir Leid, nächstes mal achte ich darauf, wenn ich dir dein Leben rette.“, ärgerte sich Rui. „Trottel.“ „Idiotin.“ Sie konnten es einfach nicht lassen, sich zu streiten. „Und nun? Wir haben keine Chance zu zweit. Die Organisation hat die Lage total falsch eingeschätzt.“, analysierte Sayo die Lage, nachdem der Streit vorüber war. „Das stimmt wohl, aber wir dürfen auch nicht fliehen, du kennst ja das Gesetz.“, entgegnete Rui ruhig. Das war die Regel. Ein Hunter durfte einen Kampf nicht einfach verlassen. Man musste kämpfen, bis einer der Gegner eliminiert war, auch wenn es den eigenen Tod bedeutete. Plötzlich wurden beide gepackt und in die Luft gehoben. Kasagi stand vor ihnen mit einer Grimasse von Gesicht. Gerade regenerierte sich ihr Arm, den ihr Rui genommen hatte. „Denkt ihr ich lasse euch Maden so etwas durchgehen? Bis jetzt war ich noch sanft, aber jetzt werden hier andere Seiten aufgezogen.“ Kasagi´s Stimme hatte sich in ein grässliches krächzen gewandelt. „Rui siehst du es?“ „Ja… sie verliert die Kontrolle und wird zum Yajuu.“ Die Situation schien ihnen zu entgleisen. Kasagi musste sterben, bevor es dazu kam. „Das ist gar nicht gut.“ „Hört auf zu quatschen! Jetzt werdet ihr sterben.“, schrie sie kaum verständlich herum. Die Schlingen wurden enger und Sayo und Rui rangen nach Luft. „Ich werde euch so lange quetschen bis ihr so platt wie Flundern seid. Noch einen letzten Wunsch?“ Beide schwiegen, denn sie konnten auch nicht mehr antworten, dazu fehlte ihnen die Luft. Man hatte sie falsch informiert. Es sollte doch eigentlich ein schneller Auftrag werden. Man wusste nichts vom eigentlichen Zustand von Kasagi und hatte daher keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Nun mussten es die beiden Hunter ausbaden. Kapitel 8: neue Gefahren ------------------------ „Dann nicht.“ Kasagi lachte auf und drückte noch fester zu. In dem Moment wurden ihre Arme regelrecht zerfetzt. Sayo und Rui knallten zu Boden und husteten um Luft zu bekommen. Keiner hatte gesehen, was wirklich passiert war. Nur das fluchen und schreien von Kasagi war laut und deutlich zu hören. Sie taumelte einige Schritte zurück in dieser zum Teil stark demolierten Umgebung. „Was war das?“, schnaufte Rui noch leicht benommen. „Sieh mal ihre Arme…Warte wer ist das?“, kam es als Antwort von Sayo, die sich bereits wieder erholt hatte, aufgrund ihres Vampirblutes. „Weiß nicht…“ Beide kniffen die Augen zusammen um im plötzlich aufgekommenen Nebel etwas zu erkennen. Ein Mantel flatterte im Wind. Der Träger offenbar eine Frau. Ihre Haare wehten umher und in einer Hand hielt sie langes schmales Schwert, von dem Blut tropfte. Sie rührte sich nicht, wirkte aber hoch bedrohlich. „Wer bist du? Wie kannst du es wagen?“, fluchte Kasagi, der die Lage ganz und gar missfiel. Die Frau schaute auf und ihre Augen glühten unheimlich rot. Doch ihre Worte waren noch viel unheimlicher, den sie schienen den Nebel gefrieren zu lassen. „Eure Rasse ist widerlich. Und ein Mensch der sich selbst zu so etwas macht ist noch viel schlimmer.“ Kasagi erzitterte, ebenso Sayo. „Was ist Sayo?“, fragte Rui verwirrt, da er nicht in der Lage war, die gesamte Situation zu überblicken. „Von ihr… von dieser Frau geht eine so ungeheure Aura aus… man könnte denken sie zerquetscht dich.“, versuchte Sayo zu erklären. „Und was soll das heißen?“ „Ich weiß nicht… aber das ist auf jeden Fall ein Vampir da vorne… Ein ziemlich alter, würde ich sagen.“ Kasagi, die sich mittlerweile wieder regeneriert hatte, wich merklich zurück. „Ich habe keine Angst vor dir! Du bist nie so stark wie ich.“ Da war der nächste Arm ab, ohne dass man die Bewegung hätte verfolgen können. „Du hast Pech, ich kann einfach deine Aura nicht leiden.“, sagte die Frau ohne auf Kasagi zu achten. Und der nächste Arm flog weg, wie eine alte Zeitung, die man weg warf. Es begann zu gewittern, wobei doch vor wenigen Minuten das Wetter noch ganz stabil aussah. Da schrie Kasagi auf und preschte nach vorne los um diese mysteriöse Frau anzugreifen. Sie schien mittlerweile kaum noch Verstand übrig zu haben und ignorierte jegliche Gefahr, welche von der Vampirin ausging. Rui wollte ihr noch etwas zurufen, aber da ging Kasagi schon zu Boden. Die Frau stand jedoch noch immer ungerührt da. Man hätte meinen können, sie hätte sich all die Zeit kein einziges Mal bewegt, aber das musste sie ja, schließlich hatte sie mehr als einmal angegriffen. „Viel spaß beim sterben.“, waren ihre letzten kalten Worte, denn ohne eine weitere Regung drehte sie sich um und ging einfach wieder. Es war als wäre sie nie da gewesen. Bevor sie jedoch endgültig aus dem Sichtfeld verschwand rief Rui ihr nach: „Warte… ich…. Wir sind euch zum Dank verpflichtet! Also…“ Doch er wurde jäh unterbrochen. „Du irrst dich, Mensch. Ich habe es nicht getan um euch zu retten, ich konnte nur diese widerliche Aura nicht ertragen, das ist alles.“ Dann blickte sie doch noch einmal zurück, lächelte sie Rui zu und sagte in einer viel freundlicheren Stimme: „Du bist putzig Mensch. Dein Blut riecht sehr süß. In meinen jüngeren Jahren, konnte ich mich bei diesem Geruch kaum zurückhalten. Sollten wir uns je wieder begegnen würde ich mich freuen einen Abend mit dir zu verbringen.“ Bei einem echten Hunter hätten spätestens da alle Alarmglocken klingeln müssen. Rui wurde rot, erwiderte aber nichts. Mittlerweile war die Vampirin von der Bildfläche verschwunden. „Oh Rui hat einen Verehrer… und auch noch einen Urvampir. Diesen Abend würdest du bestimmt nicht vergessen.“ Sayo grinste hämisch. „Ach sei still. Ich…“, entgegnete Rui gnatzig, wurde aber unterbrochen, als Kasagi plötzlich leise und gequält aufkeuchte. „Sie lebt ja noch.“ „Anscheinend.“ Rui und Sayo traten zu Kasagi. Diese schien die beiden jedoch gar nicht zu bemerken, stattdessen fluchte sie vor sich hin. „Diese… verdammte… so werde ich nicht abtreten… ich werde euch allen… ein schönes Geschenk…. Überlassen. Daran werdet ihr Hunter… noch ordentlich zu knabbern haben…“ „Hey was meinst du damit?“ Doch Kasagi achtete nicht auf Rui oder Sayo. Mit ihrem letzten Lebenshauch krächzte sie etwas in den Himmel. „39836! Code 13! Zeit das du erwachst…“ Dann folgte ein ersticktes lachen und mit dieser Fratze im Gesicht starb sie noch während sie lachte. Gruselig. „Was hat sie da gerade gemacht?“, fragte Rui nervös. „Keine Ahnung… klang als hätte sie irgendetwas aktiviert…“, sage Sayo nachdenklich. „Hoffentlich nicht… das kann ja nichts Gutes sein, wenn jemand während er stirbt noch so was macht.“ „Wer weiß… Vielleicht, hat es dieses etwas ja nicht erreicht.“ Doch Rui und Sayo irrten. In einem Gefängnis, weit entfernt von der Stadt, saß ein Mädchen in einer Zelle mit einer unbedeutenden Nummer, sowie fast alle hier. Ihr Blick war leer und emotionslos. Regungslos saß sie da, als es blitzte. Die Augen des Mädchens wurden kurz zu Schlitzen und leuchteten bedrohlich auf. Dann, als es wieder dunkel war sagte sie kaum hörbar: „Verstanden, Professor.“ Eigentlich benahm sie sich immer völlig normal, naja oder zumindest ruhig. Insasse Nummer 283 des Jugendgefängnisses mit dem einfachen und nichts sagenden Namen: JG 37. Ein Mädchen nicht älter als 13, welches den Namen Chrona trug wurde jeden Tag um 6 Uhr morgens geweckt, stand auf, zog sich an, erledigte all ihre Aufgaben, welche in regelmäßigen Abständen wechselten, wurde eine Weile mit anderen ihres Alters unterrichtet, bis sie am Abend wieder in ihrer Zelle war und schlafen ging. So war es jeden Tag und daran war auch nichts Ungewöhnliches. Doch dieses Mädchen war vielen Menschen unheimlich. Sie war zwar nur klein und sehr zart gebaut, aber was sie unheimlich machte, war die Tatsache, dass sie nie auch nur ein Gefühl zeigte. Sie wurde von anderen Häftlingen gepiesackt und gequält, dann hatte man versucht sich mit ihr gut zustellen, aber nichts hatte geholfen. Sie blieb immer unberührt und sprach nur das allernötigste, wenn überhaupt. Zur kurzen Freizeit im Gefängnis saß sie stets allein und mit ihrem leeren Blick auf einer Bank und rührte sich nicht bis die Pause vorüber war oder sie saß in ihrer Zelle auf dem Bett und starrte einfach vor sich hin. Kein Psychologe gelang es zu ihr durchzudringen oder ihr ein Gefühl zu entlocken. Mittlerweile mieden die anderen sie einfach. Manch einer fragte sich, warum sie hier überhaupt hier gelandet war, aber keine wusste es so recht. Aber der Haftbefehl für Lebenslänglich stand nun einmal und war unumgänglich. Dieser Tag jedoch sollte anders werden. Es war gerade 2 Uhr morgens. Alles schlief. Nur Chrona saß wie immer regungslos in ihrem Bett und starrte geradeaus in die Finsternis ihrer Zelle. Man hätte meinen können, sie schliefe mit offenen Augen, aber in Wahrheit schlief sie so gut wie nie. In den Zellen um sie herum war es totenstill und selbst die Wachen waren nicht zu sehen oder zu hören. Plötzlich drang etwas an ihr Ohr. Nein, es war viel mehr einfach eine Stimme die in ihrem Kopf erschien, was sie lange nicht mehr getan hatte: 39386, Code 13, Zeit das du erwachst. Kaum waren diese Worte in ihrem Kopf verhallt, so kehrte das Leben in sie zurück, wie ein Schalter, der in ihr betätigt worden war. Chrona stand auf und ging zum Gitter ihrer Zellentür. Sie umfasste mit jeder Hand einen Stab. Einen Moment regte sich nichts, aber dann schien es, als ob sich die Stäbe unter dem Ächzen des nachgebenden Metalls von selbst in die gewünschte Richtung bogen. Das Geräusch weckte die anderen Insassen. Geschockt traten sie an ihre Stäbe und starrten Chrona an. „Wie hast du das gemacht, du Freak?“, fragte jemand entsetzt. Chrona trat heraus in das dämmrige Licht des Flurs und starrte zu der Frau, die das gesagt hatte. Ein kurzes Grinsen und plötzlich wurde die Frau durchbohrt, von was, das konnte jedoch niemand so genau sagen. Die anderen schrieen auf. Chrona legte das Blut ab. Ohne ein weiteres Wort ging sie den Gang entlang, während die anderen sich panikerfüllt, kreischend in die Ecke der Zellen verkrochen. Da kamen die Wärter hereingestürmt und schrieen ebenfalls, was das Theater sollte. Als sie Chrona erblickten, packte sie die Angst. Einige schossen los, doch keine Kugel traf Chrona. Stattdessen fing sie alle Kugeln ab und schleuderte sie in die Köpfe der Wachen, die geschossen hatten zurück. Die anderen waren wie angewurzelt. „Hier ist es mir eindeutig zu laut.“, flüsterte sie, als führe sie Selbstgespräche. Chrona ging weiter und verließ das Gefängnis ohne auf weitere Hindernisse zu stoßen. Aus Angst vor ihr, wurde auf eine Fahndung verzichtet. Eine Bestie wie sie, wollte niemand in seiner Nähe haben. Später würden überlebende Wachen den Vorfall so beschreiben: „Sie war ein Monster in der Gestalt eines Mädchen. Überall aus ihrem Körper kamen Klingen, die unsere Kugeln einfach abfingen. Wir hatten keine Ahnung, dass wir so etwas hier bei uns hatten. Sie hat sich ja bis jetzt auch immer total ruhig verhalten.“ Nun es gab so viel, was die Mensch noch nicht über diese Spezies wussten. Kapitel 9: Smalltalk unter Hunter --------------------------------- Seit dem Tod von Kasagi war nun fast ein Monat vergangen und nichts war weiter geschehen. Ich hatte mich soweit wieder erholt, dass ich aus dem Haus gehen konnte, was ich Roona größtenteils zu verdanken hatte, denn nach etwa einer Woche im Bett hatten sich einige Probleme angekündigt, die sie für mich gelöst hatte. Schon nach drei Tagen war nämlich der nächste Auftrag in mein Haus geflattert gekommen, zwei tage später der nächste und am selben Tag noch einer. So hatten sich nach 2 Wochen 8 Aufträge angesammelt, die schnell erledigt werden sollten und würde ich das nicht machen, dann gäbe es Konsequenzen. Man hätte zwangsläufig nach mir gesehen und dann hätte man unangenehme Fragen gestellt, was ich auf keinen Fall wollte. Also versuchte ich mich einmal aus dem Haus zu schleichen, mit wenig Erfolg… Ich war noch nicht einmal bis zur Tür gekommen, da kam Roona mich durch Zufall besuchen und hielt mir sofort eine große Standpauke, als wäre sie meine Mutter. Diese Auseinandersetzung hatte letztendlich damit geendet, dass sie sich bereit erklärte meine Aufträge zu übernehmen, bis ich wieder fit sei. Schließlich mochte sie Yajuu auch nicht sonderlich, also war es kein Problem, sagte sie. „Wenn du wieder gesund bist, fordere ich aber irgendwann eine Gegenleistung.“, lachte sie frech, bevor sie verschwand um meine Liste abzuarbeiten. Ich blieb genervt zurück, aber auch dankbar, dass sie dies für mich tat. Nun begleitete mich immer jemand bei meinen Ausflügen, entweder Zero und Eve oder Roona. Nur selten gelang es mir vor meinen Wachen zu flüchten. Wenn ich es dann doch einmal geschafft hatte, dann suchte ich stets nach meinem Schwert, welches ich jedoch nie fand. Es nervte mich unbewaffnet zu sein, aber deshalb sollte ich ja auch nicht alleine fort gehen. Heute war ich mit Roona unterwegs. Sie laberte mich unentwegt zu, dass ich besser auf mich acht geben sollte und so weiter, aber ich hörte kaum zu. Sie kam mir schon fast wie meine Mutter rüber und das war das wirklich unheimliche, schließlich war sie immer noch ein Vampir, dass sollte ich nicht vergessen. „Hey Roona.“, unterbrach ich sie irgendwann. „Ja was Ist?“, fragte sie verwundert über die plötzliche Unterbrechung. „Ich schätze ich muss mich bei dir bedanken.“, gab ich ungern und zögerlich zu. „Hmm?“ Sie schien mir nicht ganz folgen zu können. „Naja ich wollte ja nicht, dass die Organisation was von meinem Unfall erfährt und da hast du ja schließlich all meine anfallenden Aufträge übernommen. Ich bin dir zum Dank verpflichtet, schon allein meiner Ehre als Hunters wegen, aber auch normal als Mensch, dem ein Gefallen getan wurde.“ „Ach das, ist doch kein Problem, so ein paar Yajuu mach ich doch im Schlaf noch fertig. Aber nett das du dich bedanken willst, hehe.“, grinste sie fröhlich. „Wie auch immer… Jedenfalls hast du jetzt was gut bei mir… ich stehe nicht gerne in der Schuld von jemanden, auch wenn es ein Vampir ist…“ „Oha, das hört man doch gerne. Naja wenn du etwas wissen willst, wie du dich bei mir revangieren könntest.“, begann sie mit einem merkwürdigen Unterton, der mich leicht nervös machte. „Was ist es?“, fragte ich dennoch, auch wenn ich wusste, ich würde es wohl gleich bereuen. „Du könntest meine Freundin werden, hehe.“ „Bitte was?!“, platzte es schockiert aus mir heraus und ich spürte wie eine gewisse Hitze in mir aufstieg. Hoffentlich bemerkte sie es nicht. „Du verstehst mich schon.“, sagte sie ungerührt. „Nimm bitte was Ernsthaftes.“, nuschelte ich kleinlaut zurück. „Das ist mein Ernst, kleiner Hunter. Aber ich sehe schon, du brauchst Bedenkzeit.“ Dann entstand eine kleine Pause. „Kannst du nicht was anderes Fordern?“, versuchte ich sie umzustimmen. „Nein. Das ist mein Wunsch und nur der. Es steht dir natürlich frei, ob du einwilligst, aber du weißt ja, du wirst dann für immer in meiner Schuld stehen.“ Sie wusste wirklich, wie man meine wunden Punkte traf. Ich grummelte und sie kicherte vergnügt. Keine Ahnung ob es nun ihr ernst war oder nicht. Ich hoffte nicht… Da kam zum Glück mein Rettungsanker. Vor mir sah ich Sayo und Rui. Schnell sagte ich zu Roona. „Kannst du bitte verschwinden? Dahinten sind zwei Hunter und ich würde mich gerne mit ihnen unterhalten… Wenn’s geht’s ohne dich.“ Eine gewisse Sorge lag schon darin, denn wie würden sie reagieren, würden sie mich mit Roona entdecken? „Ich versteh schon, ich will ja nicht auf dem Präsentierteller landen. Na gut ich bin dann mal weg, aber ich besuch dich später noch mal. Sei darauf gefasst.“, lachte sie mit ungetrübter Stimmung. Sie gab mir einen kleinen Kuss auf die Wange und verschwand so schnell, dass ich keine Ahnung hatte wohin überhaupt. Es ärgerte mich ein wenig, dass sie sich so über mich lustig machte, doch ich wollte wirklich mal mit Rui und Sayo sprechen. „Hey ihr zwei.“, begrüßte ich sie, als ich näher kam. „Oh hey, wenn das mal nicht Kyria ist.“, antwortete mir Sayo in ihrem üblichen leicht schroffen Tonfall. „Hab dich lange nicht gesehen. Wie geht’s dir?“, fragte Rui netter. „Naja ganz gut und euch?“ Ganz gut war eigentlich stark übertrieben, aber das durften sie ja nicht wissen. „Auch.“, war die knappe Antwort, deren Tonfall mich verwirrte. „Sagt mal wieso hängt ihr zusammen rum? Ihr ward doch nie ein Team.“, stellte ich verwundert fest und bekam die genervte Antwort auch sofort präsentiert: „Sind wir auch nicht, aber wir sind gerade in einem Gemeinschaftsauftrag unterwegs.“ „Ah verstehe. Darf man fragen worum es geht?“ „Klar, vor etwa einen Monat ist es uns gelungen Doktor Kasagi zu exekutieren und…“ „Diese komische Professorin, die mit Yajuugenen experimentiert hat?“, warf ich ein, denn auch ich hatte davon gehört. Man hatte sie lange Zeit gesucht, während meiner Abwesenheit schien einiges passiert zu sein. „Genau, wusstest du, dass sie auch sich selbst manipuliert hat und…“ „Wie auch immer Rui, unser jetziger Auftrag beinhaltet eher ein Wachkommando. Kasagi sagte vor ihrem Tod, sie hätte ihr ultimative Waffe aktiviert und nun sollen wir aufpassen, ob wirklich so was herkommt oder nicht.“ Sayo schien definitiv nicht daran zu glauben. „Und schon was gefunden?“, fragte ich, obwohl ich die Antwort schon wusste. „Nicht eine Spur… Ernsthaft dauert der Auftrag noch viel länger dreh ich durch. Vor allem wegen diesem Trottel hier.“, schnaubte Sayo. „Wer ist hier ein Trottel? Du bist auch fast draufgegangen, also bitte.“, protestierte Rui sofort. In einer merkwürdigen Art und Weise erinnerten sie mich an das Verhältnis zu mir und Roona. Kaum hatte ich das gedacht, verbannte ich den Gedanken jedoch schnell wieder. Ich dachte auch so schon zu viel über sie nach. Währenddessen stritten die beiden weiter. „Ja aber nur weil du so ein Schwächling bist.“ „Hätte uns nicht dieser Vampir geholfen, wärst du genauso tot wie ich.“ Da läuteten die Alarmglocken bei mir. „Wartet mal ihr beiden. Ihr seid fast gestorben? Und ein Vampir hat euch gerettet?“ „Oja, achja das weißt du ja nicht, weil du nicht beim letzten Meeting warst… wo warst du überhaupt?“, antwortete Rui. „Beschäftigt.“ Mehr konnte ich einfach nicht dazu sagen. Natürlich hatte das einen gewissen Argwohn bei den beiden ausgelöst. Sayo fuhr fort. „Aja… na ja also wir glauben hier ist seit neustem ein Urvampir… oder war. Naja seit damals hat man sie nicht mehr gesehen.“ Also kann es nicht Roona gewesen sein… „Ah und dieser Vampir hat euch gerettet.“ „Naja… nicht direkt, also…“ „Sie mochte einfach Kasagi nicht, wie sie uns mitteilte“, machte es Sayo knapp. „Ja sie mochte die Aura nicht.“ „Dinge gibt’s…“ Ich streckte mich. In dem Moment spürte ich etwas hinter mir auf uns zurasen. Auch Sayo und Rui bemerkten es und sprangen gerade noch rechtzeitig aus dem Weg. Dabei merkte ich auch, wie sehr mir noch immer alles weh tat… und Waffen hatte ich natürlich auch keine dabei. Kapitel 10: Just fight ---------------------- Als sich der Rauch, der durch den Aufprall des Eindringlings entstanden war, gelegt hatte, stand in der Mitte zwischen uns ein Mädchen, das halb menschlich und halb wie ein Yajuu aussah. Ihr Gesicht war schon nicht mehr zu erkennen und überall kamen Dornen aus ihrem Körper. Sie richtete sich langsam auf. „Was zum Teufel ist das?“, rief Rui zu uns herüber. „Ein Exile. Sieht man doch du Trottel.“, kam sie genervte Antwort von Sayo. „Jaja…“, meckerte er zurück, „Warum greift sie uns so offen an.“ „Na ist doch klar… Das kann nur die Waffe sein, von der Kasagi sprach…“ „Das sieht aber nicht gut aus…“ Trotz der Streitereien war beiden der Ernst der Lage durchaus bewusst. Ich hustete wegen des Rauchs um mich herum. Inständig hoffte ich, dass niemand meine Schwäche erkennen würde. Das Mädchen vor mir glühte unheimlich auf und entblößte so ihre wahre Gestalt. Wie alle Exile hatte sie eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Menschen, wenn man von all den Stacheln und den Klauen mal absah und von dem Kopf, der an einen Hund erinnerte. Sie sah gefährlich aus, obwohl sie nicht so übermäßig groß war, vielleicht. 2 Meter, aber nicht mehr. „Hey Kyria, ich glaub du musst uns ein bisschen helfen… warte mal, wo ist überhaupt dein Schwert?“, sprach mich Sayo an. Ich stockte und versuchte eine Ausrede zu finden: „Ich… war nur auf einem Spaziergang und hab es daher nicht mitgenommen.“ „Das aus deinem Munde? Du weißt ganz genau, dass jeder Hunter zu jeder Zeit seine Waffen mit sich führen muss. Irgendwie bist du in letzter Zeit komisch.“ Natürlich war sie skeptisch. Ich wäre es ja auch gewesen. „Ach sei still Sayo, du bist nur wieder neidisch.“ Ich versuchte sie zu provozieren, um sie abzulenken und ich wusste genau, was ich sagen musste, damit sie darauf ansprang. „Jaja ich weiß selbst, dass ich hinter dir liege, aber du lässt ganz offensichtlich nach.“ „Achja, na wenn du sagst, ich bin ja auch kein Halbvampir und bin deswegen so stark wie ein Bär.“ „Soll das heißen du denkst ich wäre sonst zu schwach oder wie?!“ Ich hatte mein Ziel erreicht. Sayo knirschte mit den Zähnen. „Ähm Mädels… könnt ihr mit dem Zickenkrieg aufhören und mir helfen?“ Wir sahen auf. Rui hatte gerade alle Hände voll zu tun mit dem Exile und musste aufpassen kein Schaschlik zu werden. „Tschuldigung.“, sagten wir beide schuldbewusst. Ihn hatten wir wohl ganz vergessen. Sayo drückt mir einen Degen in die Hand. „Damit kannst du doch umgehen, oder?“ „Sicher doch.“ Dann zückte sie ihren Stab und sprang auf den Exile zu. Es war ein sehr stabiler Kampfstab, fast 2 Meter lang und hatte ausfahrbare Klingen. Nicht jeder konnte damit umgehen, da er deswegen ziemlich unhandlich war. Sayo war darin jedoch ein Genie. Doch sogar ihr Stab wurde mit Leichtigkeit aufgehalten und Sayo zurückgeschleudert. Ich rannte derweil zu Rui und sprang zwischen ihn und die Klauen, die gerade versuchten in die Brust aufzuschlitzen. Ihm gelang die Flucht. Ich machte auch schnell einen Rückwärtssalto, um ebenfalls aus der Schusslinie zu kommen, wobei jedoch meine Schulter wieder furchtbar schmerzte. Unwillkürlich musste ich sie festhalten, was mich für einen Moment unbrauchbar machte. Zum Glück hatte dies keiner gesehen. Ich stand wieder auf und analysierte die Lage. Der Exile war ein prima Kämpfer, sie ließ kaum Angriffsflächen zu und griff blitzschnell an. Sayo landete einen Treffer. Doch ihr Stab verhackte sich in der Haut des Exile. Dieser schaute Sayo an und öffnete das Maul. Viele Zähne kamen zum Vorschein und schnappten nach ihr. Sayo musste ihren Stab loslassen, um noch ausweichen zu können. Nun änderte der Exile seine Taktik. Sie brüllte los und sprang hoch. In der Luft drehte sie ihren Schweif hin und her, als dieser fächerartig aufklappte und viele kleine Speere über den Platz fegten. Rui wehrte sie mit seinen Seilen ab, Sayo sprang darüber hinweg, da ihr Stab ja gerade außer Reichweite war und ich wehrte sie mit dem Degen ab. Aber während wir beschäftigt waren, sah ich wie der Exile vor Rui landete und ihn dem Kopf abzuhacken drohte. Eine schlaue Taktik, erst den Gegner ablenken und ihn dann blitzschnell frontal angreifen. Ich rannte los, da Sayo nicht rechtzeitig landen würde. Dabei trafen mich einige wenige Speere in Armen und Beinen. Ich glitt zwischen den Exile und Rui. Und durchtrennte mit einer flüssigen Armbewegung den Hals des Gegners. Der Kopf wurde weggeschleudert, so dachte ich zumindest. Tatsächlich jedoch hing er noch an einer Art Verbindung am Körper. Unvermittelt streckte sie den Arm in unsere Richtung. Sayo, die mittlerweile wieder bei uns war, packte uns schnell und zog Rui und mich von dort weg. „Gute Nummer, Kyria, tut mir leid, dass ich an dir gezweifelt hab, aber das hat es leider noch nicht beendet.“, sagte Sayo mir leicht außer Atem. „Kein Problem.“, erwiderte ich ebenfalls nach Luft schnappend. „Oh mist, du wurdest getroffen.“, stöhnte Rui auf. Ich zog die Stacheln heraus und warf sie weg. „Die haben mich nicht schlimm erwischt. Viel wichtiger ist, wie wir diese Ding dort töten.“, lenkte ich die beiden ab, denn in Wahrheit brannte mein gesamter Körper wie Feuer. „Ist es dir aufgefallen?“, fragte Sayo und beobachtete dabei jede Bewegung der Exile. „Ja sie ist viel zu beherrscht für einen Exile.“, antwortete ich und schaute in dieselbe Richtung. „Das liegt an den Experimenten. Ich hab davon gehört. Kasagi soll Kindern, die Gene von Yajuu und Exile verabreicht haben. Und dann soll sie es so irgendwie geschafft haben jegliche Gefühle und Erinnerungen der Probanden zu verschließen.“ „Also sind praktisch Maschinen entstanden.“ „Ja gefährlich Exile, die jeden Auftrag ausführen ohne sich ablenken zu lassen.“ Eine betrübte Pause entstand. „Na gut, aber sie sind trotzdem nur Exile und die kann man töten.“, rief Sayo plötzlich aus, „Ich schätze wir müssen nur den Kopf von den Verbindungsstreben abtrennen.“ „Wartet mal, was geht da eigentlich ab?“, unterbrach Rui sie und zeigte in die Richtung. Wir schauten herüber. Der Exile stand leicht zusammengesunken da. Der Kopf war wieder mit dem Körper verbunden, aber etwas stimmte nicht. Plötzlich krümmte sie sich zusammen und hielt sich den Kopf, als hätte sie schmerzen. Sie schien gequält. „Was ist das?“, fragte Rui verwirrt. „Vielleicht ein Fehler im Programm?“, dachte ich laut. Der Exile kratzte sich über das Gesicht, immer heftiger und riss sich seine eigene Haut in Fetzen ab. Dann wanderten die Klauen tiefer und mit einer blitzschnellen Bewegung durchtrennte sie selbst die Naht, die ihren Kopf und den Körper miteinander verband. In dem Moment als dies jedoch geschah, bildete sich ein anderer Kopf nach. Das Gesicht einer Frau war zu sehen. Sie schaute teilnahmslos nach unten zum Boden, als wäre sie wieder zu einer Statue erstarrt. „Das ist ihr richtiger Kopf?“, fragte Sayo mit einer Mischung aus Entsetzen, Verblüffung, aber auch Abscheu. „Anscheinend hat Kasagi noch mehr herumgedoktert. Aber aus irgendeinem Grund, wehrt sie sich dagegen. Was hältst du davon Rui?“, fragte ich ihn. Als er nicht antwortete blickten Sayo und ich zu ihm herüber. Er war bleich und starrte zur Exile ohne meine Frage überhaupt mitbekommen zu haben. „Chrona?!“, flüsterte er fassungslos. „Was?“ Wir schauten ihn fragend an. „Du kennst sie?“ Da blickte der Exile auf und starrte zu Rui, welcher noch immer flüsterte: „Du lebst…“ Kapitel 11: My own reason ------------------------- „Oh ganz toll, Rui du hast ja ´nen tollen Geschmack was Frauen angeht. Er kennt auch noch diese Mördermaschine da vorn.“, rief Sayo sarkastisch aus. Wir alle waren angespannt. „Sayo du bist mal wieder echt sensibel.“, stoppte ich sie in einem ruhigen Tonfall, damit sie sich nicht noch gegenseitig an die Kehle sprangen. Ich rappelte mich auf und trat neben sie. „Ja aber es stimmt doch, auch wenn er sie mal kannte, jetzt ist da vor uns ein Exile und die werden getötet.“, schleuderte sie mir noch immer gereizt entgegen. Ich musste schweigen, weil ich wusste, dass es stimmte. Der Exile starrte noch immer Rui an, aber sie schien nicht zu wissen, wer er war. „Du erkennst mich nicht, oder? Ich bin´s Rui. Ich weiß, seit wir uns das letzte mal gesehen haben sind über 10 Jahre vergangen, aber trotzdem… du kannst mich doch nicht komplett vergessen haben, oder?“ Sie schien kurz zusammen zu zucken, aber dann griff sie wieder an. Rui blieb unbeirrt stehen und die Schlingen verfehlten ihn nur knapp. „Was ist denn das für ein Theater da?“, fragte Sayo mich angespannt. „Keine Ahnung…“, flüsterte ich. „Rui? Sag bist du lebensmüde geworden oder was? Wenn das so ist kann ich auch nachhelfen.“, schrie Sayo zu ihm herüber. So war sie nun einmal. Wenn sie sich sorgen machte, wurde sie leicht barsch, aber das sollte man ihr nicht übel nehmen. „Ich werde nicht gegen sie kämpfen… nein soll sie mich töten, ich hab es wohl verdient.“, war seine ruhige Antwort. „Was soll der Quatsch? Nun kämpf schon, sie kann sich eh nicht an dich erinnern. Dann mach ich es eben!“ Sayo sprang los und attackierte Chrona, wurde aber einfach abgewehrt. Sayo sprang hoch, da schnappte Chrona ihren Stab, riss ihn weg und schmiss ihn davon. „Hey!“ Sayo schlug mit voller Kraft gegen die Schlinge. Sie wurde sogar zerschmettert. Siegessicher rief sie:„Ha, so geht das.“ In dem Moment wurde sie durchbohrt und spuckte sofort Blut. „Was zum?“, versuchte sie zu sagen, da sie den ernst der Lage zunächst nicht erkannte. Ich rannte zu ihr hin und trennte die Schlinge ab, war nun aber auch in ihrem Einzugsbereich. Sayo konnte sich nicht bewegen, also wehrte ich so gut es ging die Angriffe ab, sah aber leider leicht verschwommen. „Was ist mit dir? Du kämpfst wie eine Oma.“, keifte sie mich an. Sicher hatte sie bemerkt, dass etwas mit mir nicht stimmte. Sie war gut im beobachten. „Klappe Sayo, ich versuche dir grad den Hintern zu retten. Falls du es wissen willst, ich hab wohl schon etwas zu viel Blut verloren.“ Sayo schwieg wieder und musste sich schonen. Auch wenn ihre Verletzungen sehr schnell verheilten, so wäre sie doch die nächsten Minuten außer Gefecht. Mein Degen wurde weg geschlagen und Chrona, ihre Chance nutzend, stieß erneut zu. In letzter Sekunde wir wurden weggezogen, von Rui´s Seilen. Wir landeten gefesselt außerhalb der Gefahrenzone. „Hey was soll das du Idiot?!“, rief Sayo genervt. „Ich werde nicht zulassen, dass ihr sie tötet. Ich kümmere mich um sie.“ Sein Blick war todernst, so hatten wir ihn noch nie zuvor gesehen. Wer auch immer das war, sie musste in seinem Leben einst eine große Rolle gespielt haben. „Rui?“ Sayo wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Ich sah, wie er auf Chrona zuging. Er schwang ein Seil blitzschnell hin und her und verwirbelte es damit sehr geschickt. Dann ließ er es los. Das eine Seil entpuppte sich als eine Anhäufung vieler dünner Drähte, welche sich nun um die Bäume und Laterne in der Nähe schlangen, so, dass kaum noch Freiräume übrig blieben. „Diese Drähte sind schärfer als alles andere Metall auf der Welt. Wenn du dich bewegst werden sich die Drähte um dich legen und dich töten, dasselbe gilt auch für mich, aber es funktioniert nur einmal, das heißt einer von uns kommt hier lebend heraus. Ich denke das verstehst du.“, erklärte er so ruhig, als würde er gerade eine Matheaufgabe vortragen. Chrona blickte nach oben. Sie kam tatsächlich nicht weg. „Rui, du weißt schon, dass du auch sterben kannst, oder?“ Sayo konnte sich noch immer nicht bewegen, aber ihr standen Tränen in den Augen, denn ihr war klar, dass er das so geplant hatte. Rui beachtete sie nicht weiter. Vielleicht fürchtete er auch, sich noch um zu entscheiden, wenn er ihr zuhören würde. „Weißt du warum ich ein Hunter geworden bin?“, begann er zu dem Exile zu sprechen. „Wegen dir. Du weißt ja wir sind zusammen aufgewachsen und als deine Eltern von einem Yajuu getötet wurden, wurdest du bei uns aufgenommen. Du hast mir dann geschworen du würdest ein Hunter werden und alle Bösen töten, damit andere nicht dasselbe erleiden müssten.“ Rui lachte auf. „Und ich war dafür viel zu feige und hab dich für verrückt erklärt.“ In Chrona´s Gesicht rührte sich nichts. Sie schaute in Abwertend an. „Naja, aber als wir dann 14 waren, da veränderte sich alles. Weißt du noch? Es war schon spät in der Nacht und es war ziemlich warm draußen, deswegen hatten alle ihr Fenster offen. Und da überfiel eine ganze Horde Yajuu unsere Straße und brachen in alle Häuser ein… Ich weiß noch wie meine Mutter uns anschrie zu flüchten, kurz bevor sie starb… wir sind dann bis zum alten Spielplatz gekommen. Du warst damals so beherrscht und viel ruhiger als ich. Hast mich mitgezogen und mir Mut zugesprochen. Dann holten sie uns ein. Es sah sehr schlecht um uns aus, also hat du dir einen Schläger gegriffen und mich in den Abgrund gestoßen. Ich bin in einer Nische gelandet wo sie mich nicht fanden, aber dich haben sie dann erwischt, so dachte ich zumindest.“ Rui standen Tränen in den Augen, er schien es aber gar nicht zu bemerken. „Und weißt du, als ich am nächsten Tag aufwachte und alle die ich kannte tot waren… da habe ich mir geschworen, deinen Wunsch zu leben, als andenken und als Rache für dich. So bin ich bei den Huntern gelandet… Bis heute bereue ich, wie feige ich damals war.“ Nun schaute Chrona ruhiger drein. „Normalerweise hätte ich dich retten sollen und nicht umgedreht, schließlich bin ich ein Junge und auch noch ein Jahr älter als du.“ Rui schaute sie noch einmal an. „Vergib mir.“ Er verbeugte sich, berührte dabei aber keine Drähte. Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck und wurde wieder ernst. „Das wollte ich nur mal loswerden. Und nun… Sayo? Kyria? Ich verabschiede mich nun von euch. Ich habe nur eine Bitte an euch. Ich weiß ihr werdet Chrona wohl töten, aber bitte macht es so sanft wie möglich, sie kann ja schließlich nichts dafür, was sie geworden ist.“ „Rui was soll der Scheiß? Du wirst doch nicht für einen Exile dein Leben geben wollen.“ Sayo standen Tränen hoch in den Augen und selbst ich war ziemlich berührt. Ich sah mich um und erkannte, dass unsere Waffen hinter uns lagen und somit griffbereit waren. Sayos Wunden waren fast verheilt, dass hieß sie konnte die Fesseln bald zerreißen. Er hatte es geschickt geplant, dass musste ich ihm lassen. Irgendwie erinnerte mich das an etwas, was Roona mal zu mir gesagt hatte: Jeder Hunter hat einen Grund ein Hunter zu sein, zumeist, weil sie ihre Familien durch die Yajuu verloren haben… Rui drehte sich zu Sayo und mir um und lächelte uns freundlich an. Dann drehte er sich wieder zu Chrona, schaute in ihre Augen und sagte zum Schluss: „Weißt du noch, was du mir damals hinterher geschrieen hast, bevor du mich den Abgrund hinunter gestoßen hast?“ Rui hob dem rechten Arm und führte in zu einem Draht. Es war ein Hauptdraht. Wenn er ihn hinunterdrückte, würden alle Seile sich um ihn Schlingen und ihn blitzschnell töten. „Vielleicht fällt es dir ja irgendwann wieder ein.“ Dann ließ er den Arm nach unten schnellen. Sayo schrie auf und musste weinen. Ich verschloss die Augen. Die goldene Regel der Hunter war doch immer, dass man kein Mitgefühl haben sollte, besonders nicht den Infizierten gegenüber. Ich hatte mich schon immer gefragt, wieso dann ausgerechnet Rui einer von uns geworden war. Schon oft hatte er Ärger wegen gewissen Vorfällen bekommen, bei denen er zu weich gewesen war. Das war wohl auch der Grund gewesen, weswegen er Sayo zugeteilt wurden war, denn sie erfüllte ihre Aufträge stets Korrekt und ohne Gnade. … Stille… „Wenn einer von uns überlebt, dann kann derjenige immer noch die Wünsche und die Gefühle des anderen in sich tragen und weiterführen. So wird eine Person nie sterben, also bitte… bitte vergiss mich nicht… das ist mein letzter Wunsch… Rui.“ Ich öffnete die Augen wieder und schreckte zusammen. Chrona hatte die Drähte gepackt und hielt sie fest, so dass sie Rui nicht erreichen konnten, solange sie nicht losließ. Stattdessen umschlangen sie langsam Chrona und schnürten sich um sie. „Danke… das du mich nicht vergessen hast… aber mir wäre es lieber gewesen, hättest du mich einfach getötet und nie… niemals er…kannt. Mein Geist verblasst und ich werde zur Bestie…“ Diese sanfte Stimme passte überhaupt nicht zu der äußeren Erscheinung der Bestie. Doch es fiel ihr sichtlich schwer zu sprechen und nicht in den Wahnsinn abzudriften. Rui rannte zu ihr hin, noch bevor sein Gesit es realisieren konnte. „Vergiss es.“ Er durchtrennte die Drähte mit einer schnellen Bewegung. Jedoch umschlangen andere, die er nicht erwischt hatte Chrona noch immer. „Was machst du?“, fragte die Stimme geradezu ängstlich. „Denkst du ich lass dich so einfach sterben? Exile oder nicht, du bist Chrona und damit basta!“, entfuhr es ihm. Endlich durchtrennte er den letzten Draht. Chrona stand vor Rui, keiner bewegte sich. Kapitel 12: Deal ---------------- „Rui…“, die Exile nahm wieder ihre menschliche Gestalt des jungen Mädchens an, „Ich hatte immer gehofft, dass du eines Tages kommen würdest und mich wieder etwas fühlen lässt.“ Sayo und ich gingen zu ihnen. Sayo hatte die Fesseln durchtrennt und uns somit befreit. Bei den beiden angekommen schlug sie Rui gegen den Kopf. „Du Spinner. Ich kenne niemanden, der sich mit einem Exile anfreundet oder mit ihm auf Tuchfühlung gehen würde.“ „Sie ist kein normaler Exile. Du weißt doch…“, wollte er sie beschwichtigen. „Ja ich weiß, Kasagi hat den Menschen, vor allem Kindern den Virus eingeimpft und sie zu Exiles gemacht und dann hat sie all ihre Gefühle abtrainiert, so dass sie blind auf alle Befehle gehorchen und so weiter.... Aber Rui, sie hat ihre Gefühle wieder, das heißt sie wird früher oder später wie jeder andere Exile werden und den Trieben nachgeben.“ „Das wird sie nicht.“, protestierte er nun lauter. „Wir sollen sie töten, das ist unser Auftrag.“, fauchte sie ihn an. „Das lasse ich nicht zu, ich werde die Hunter verlassen und sie beschützen wenn es sein muss.“ Chrona die die ganze Zeit bei ihm gestanden hatte, meldete sich nun auch zu Wort. Ihre Stimme schien wieder monotoner zu sein, aber dennoch war der Schmerz nicht zu überhören. „Sie hat aber recht. Irgendwann werde ich dich noch töten… jetzt da meine Sperre weg ist.“ „Dann bin ich eben deine neue Sperre, ganz einfach. Solange ich lebe, ist es dir untersagt andere zu töten, kapiert!“ Ob er wusste wie naiv er klang? Ich selbst schaute dem ganzen teilnahmslos zu. Ich verstand Sayo gut. Exile und Yajuu waren nun mal keine Menschen mehr und sie hatten diese Instinkte, die sie töten ließen. Noch nie hatte es einer geschafft dem zu widerstehen und das machte sie auch so gefährlich. „Rui!“ Sayo wurde drohend, aber ich umfasste ihren Stab, den sie kampfbereit hielt und senkte ihn. „Lass ihn. Wer weiß, vielleicht funktioniert es ja und wenn Chrona niemanden tötet, wird auch die Organisation nicht auf sie aufmerksam.“ Ich wusste selbst nicht, wieso ich in letzter Zeit so weich und mitleidig wurde, aber ich konnte es einfach nicht mehr mit ansehen. „… Von mir aus. Aber sollte sie auch nur einen Menschen töten, so bin ich die erste, die ihr persönlich den gar ausmacht.“, knirschte Sayo bedrohlich mit Zähnen, sodass der Vampir in ihr sehr zum Vorschein kam. Rui lächelte. „Danke, Sayo und Kyria.“ Er nahm Chrona an die Hand. „Und du kannst bei mir wohnen.“ Chrona lächelte ihn an. „Ich werde mein bestes geben. Versprochen.“, doch sie klang skeptisch. Sayo drehte sich schnaufend um. „Ich bin dann weg. Ich will nichts mit euch Verrückten zu tun haben.“ Und schon war sie verschwunden. Manchmal wünschte ich mir auch so schnell zu sein. „Sensibel wie eh und je.“, spottete ich. „Ja aber sie war heute mal echt nett. Das kennt man sogar nicht von ihr.“, kicherte Rui ebenfalls erheitert über ihre plötzliche Abreise. „Stimmt. Naja ich sollte wohl auch mal verschwinden und meine Wunde versorgen. Ich bin halt kein Halbvampir und es innerhalb von ein paar Minuten heilen lassen.“, entgegnete ich nach einer Weile müde. „Ja ich auch nicht. Aber eines wäre da noch. Danke dass du uns geholfen hast. Weißt du, ich werde aus dir nicht so recht schlau. Du bist immer so kühl nach außen, aber trotzdem für einen Hunter ungewöhnlich nett zu all diesen Übernatürlichen Wesen, obwohl du schon genug davon auf dem Gewissen hast“, sagte Rui zu mir, wobei ein Teil davon wohl eher laut gedacht war und gar nicht für mich bestimmt hätte sein sollen. „Tja, ich werde aus mir auch nicht schlau.“ In meinem Geist lungerte nur ein gewisser Vampir herum… aber das konnte ich ja nicht laut sagen. Plötzlich wirkte Chrona wieder so wie vorher. Ihr Gesicht wurde leblos. „Was hast du?“, fragte Rui sie besorgt über den plötzlichen Rückfall. „Ich hab ihn angelockt, befürchte ich.“, erklang es kalt neben ihm. „Wen?“, fragte er verwirrt und auch ich konnte ihr nicht so recht folgen. „Anubis.“ „Wer ist das denn?“ Die Verwirrung steigerte sich noch. „Einer der großen Exile in dieser Gegend. Bis jetzt bin ich ihm aus dem Weg gegangen, aber er hat den Kampf gespürt und wurde hergelockt.“ „Wirst du mit ihm fertig?“, fragte Rui besorgt, da sowohl er als auch ich wussten, dass wir dank unserer Wunden einen Kampf nicht mehr überstehen würden. „Wer weiß, die Chancen stehen 50:50“, erwiderte sie kühl. Chrona trat einige Schritte in die Mitte des Platzes, während sich aus dem Gebüsch ein immer größer werdender Schatten näherte. Unvermittelt betrat er den Platz und schaute zu Chrona. „Sieh an, du schon wieder. Deine Aura hat was Magisches.“, ertönte plötzlich eine tiefe, unheimliche Stimme aus dem Wesen, dass an einen Drachen erinnerte. „Was willst du?“, gab sie ebenso finster zurück. „Nur mal sehen, wer hier in meinem Territorium so einen Radau macht.“ Die Drohung war nicht zu überhören. „Ich will nicht kämpfen.“ „Nein? Jetzt wo ich schon mal hier bin. Ich mag es nicht, wenn andere hier sind, die mein Niveau haben.“ „Wenn du willst verschwinde ich hier aus deinem Teil der Stadt, mehr kann ich nicht tun.“ Beide gaben sich keinerlei Blöße. „Sag mal wusstest du, dass die Exile so intelligent sind?“, fragte Rui mich leise und ehrfürchtig. „Nein… sie unterhalten sich ja richtig… Yajuu können das nicht.“, waren meine Gedanken dazu. Chrona verwandelte sich plötzlich. In einer Sprache, die die Menschen nicht verstanden sagte sie: „Du weißt, wir sollten nicht kämpfen. Bald wird ein sehr gefährlicher Exile in diese Stadt kommen und uns wahrscheinlich das Territorium streitig machen. Wir wäre es wenn wir bis dahin die Stadt einfach aufteilen? Du behältst deinen Südosten und ich den Nordwesten.“ Es dauerte keine Sekunde, da er bereits antwortete: „Du stellst große Anforderungen an mich. Überstehst du diese Runde, dann stimme ich zu, wenn nicht, dann stirbst du.“ Beide grinsten bestialisch. „Was machen sie denn? Sie scheinen kämpfen zu wollen.“ Beide ließen gleichzeitig viele Schlingen los. Sprangen dazwischen und rannten aufeinander zu. Sie schlugen nach einander und wehrten sogleich ab. Chrona feuerte Speere ab, die Anubis konterte und umgedreht. „Sie scheinen ebenbürtig zu sein.“, stellte Rui fest. „Ja aber sie scheinen auch nicht so ernsthaft zu kämpfen.“ Tatsächlich kam mir das ganze unnatürlich vor. So griffen Exile und Yajuu sonst nicht an. Gerade landeten beide wieder auf dem zerstörten Boden. Die Klauen der beiden stoppten kurz vor dem Kopf des anderen. Alles verlief so schnell, dass das menschliche Auge nur die Resultate sehen konnte. Doch auch die Präzision bei dieser Geschwindigkeit war bemerkenswert. „Gut, ich gebe nach, du wärst eine Sekunde schneller gewesen.“, brach Anubis die Stille. „Viele Dank.“ Die beiden lösten sich voneinander und so schnell wie er gekommen war, so schnell war er auch wieder verschwunden. Nichts, außer die demolierte Umgebung deutete noch auf einen Kampf hin. Dabei hatte das ganze auch nur vielleicht 3 Minuten gedauert. Chrona veränderte wieder ihre Gestalt und kehrte zu uns zurück. „Was war denn los?“, fragte Rui verwirrt. „Nichts, er hat gesagt, er lässt uns in Ruhe.“ „So klären das also Exile untereinander?“ „Nicht wirklich, aber er ist einer von der vernünftigen Sorte.“ Darüber hatte noch niemand je ein Wort verloren. „Nun lasst uns aber wirklich gehen, bevor noch jemand kommt.“, seufzte Rui entnervt. Wir alle waren müde und wollten nur noch nach Hause. „Gute Idee, ich muss in diese Richtung, also verabschiede ich mich jetzt.“, antwortete ich ihm. „Alles klar, bis demnächst mal.“, winkte er lächelnd. Somit verschwand ich. Doch kaum hatte ich ein paar Meter zurückgelegt stürmte etwas auf mich zu und begann mich voll zu texten. Was sollte das? Bist du verrückt? Ich war krank vor Sorge.“ „Du hast die ganze Zeit gewartet?“, fragte ich skeptisch. „Natürlich hab ich gewartet… von wegen mal kurz mit Kollegen quatschen. Stattdessen stirbst du mal wieder fast und ich kann dir nicht mal helfen. Mach das nie wieder, kapiert!“ Hätte mir jemand mal erzählt, dass Vampire hysterisch werden könnten, ich hätte ihn verspottet, aber das… nun ich befürchtete schon Roona würde hier vor mir Hyperventilieren. „Tut mir ja Leid, war ja nicht so geplant gewesen.“, war alles, was ich ihr antworten konnte. Doch die Bemutterung ging weiter. „Jetzt gehst du erst einmal nach Hause und ruhst dich aus!“ Roona packte mich am Ärmel und schleifte mich regelrecht nach Hause. Währenddessen textete sie mich damit zu, wie sehr sie doch Angst um mich hatte und so weiter… irgendwann schaltete ich auf Durchzug und sagte nur noch ja und Amen. Zum diskutieren fehlte mir einfach die Lust und Energie. Endlich kamen wir an meiner Haustür an. „Den Rest schaffe ich auch allein.“, stöhnte ich genervt und riss meinen Ärmel von ihr los. Sie begann zu protestieren. „Aber…“ „Nichts aber, schau dich lieber mal selbst an. Wie lange ist es her, seit du Blut bekommen hast?“, warf ich ihr an den Kopf. Sie hatte schon seit Tagen immer stärker werdende Augenringe, was bei Vampiren andeutete, dass ihre letzte Malzeit schon eine ganze Weile zurücklag, aber Roona war ja in letzter Zeit fast ständig bei mir gewesen. Also war ich in gewisser Weise sogar Schuld daran. „Eine Weile…“, bestätigte sie meine Vermutung. „Ja und ich hab keine Lust selbst auf deiner Speisekarte zu enden, also geh und kümmere dich um dich selbst.“, meckerte ich übertrieben, um sie endlich mal los zu werden. „Na gut… ich schätze jetzt kann dir nicht mehr viel passieren… na ja du kannst immer noch aus dem Fenster fallen oder im Dunkeln stolpern und dir das Genick brechen. Ihr Menschen seit ja so furchtbar zerbrechlich und…“ Ich starrte sie genervt an. „… Ähm… Aber ich denke, du schaffst das schon allein… hehe…“ Sie wandte sich um und ging. „Bis morgen, meine Liebste.“ „Jaja…“ Ich verdreht die Augen, schaute aber bis sie weg war hinterher. Gedankenversunken vergingen ein paar Minuten, dann fing ich mich wieder und wollte zur Tür. Dort stand gerade eine streunende Katze. Sie kam öfter vorbei und lies sich dann kurz streicheln. „Na du, wieder da?“ Ich wollte zu ihr greifen und sie kurz streicheln, aber als ich mich ihr näherte fauchte sie und machte sie einen Buckel. Dann sprang sie schnell davon. Verdutzt schaute ich ihr hinterher. „Tja Katzen machen was sie wollen oder sie mochte die Aura von Exiles und Vampiren nicht.“, kicherte ich amüsiert. „Sear morgen ist es soweit . Morgen, hach ich freu mich schon so. Was meinst du?“ „Wie du willst, wir haben ja nun lange genug gewartet.“ „Ja, aber morgen ist ein besonderes Datum, mein Geburtstag weißt du und ich will mein Geschenk eben erst dann sehen.“ „Verständlich.“ Auf einem Felsen am Rande der Stadt saß ein Mädchen, neben ihr sah man den Schatten eines Dreischwänzigen Wolfes. Sie unterhielten sich, was für Außenstehende sicher merkwürdige erschien, aber da es mitten in der Nacht war, war sonst nicht viel los. Das Mädchen strampelte belustigt mit den Beinen über dem Abgrund des Hügels auf dem sie saßen… Kapitel 13: Grabsteine und Geburtstagskuchen -------------------------------------------- Als ich an diesem Tag aufstand ging es mir nicht besonders. Ich hatte Kopfschmerzen und auch mein Hals tat ein wenig weh. „Roona hat Recht, ich sollte mir wirklich mal die Zeit nehmen mich komplett zu erholen. Aber nicht heute.“ Ich zog mich müde an, schnappte mir eine Waffel, welche wohlgemerkt zu meinen Grundnahrungsmitteln zählten und verlies meine Wohnung. Dann machte ich mich zunächst auf den Weg in meine alte Wohnung um Zero und Eve einen Besuch abzustatten. Aber sie waren nicht zu Hause, also ging ich schnurstracks zum Friedhof. Ich kam nicht oft hierher, aber einmal im Jahr musste es sein. Ich betrat den Eingang und hielt mich rechts. Es war ziemlich bewölkt und würde wohl bald regnen. Passte zu meiner Stimmung, stellte ich fest. Ich durchquerte den Friedhof, der in den letzten Jahren um viele Gräber erweitert worden war. Dann kam ich zu einem großen Platz, der außerhalb lag. Er war sehr abgeschottet und es kamen nur sehr selten Leute hier her. Hier befand sich der anonyme Opferfriedhof, für all die Unbekannten, die in den letzten Jahren gestorben waren. Es waren Opfer von Yajuu darunter, manchmal sogar Menschen die aufgrund des Virus selbst starben, aber auch andere Opfer und auch Verschollene. In der Mitte des Platzes stand ein riesiger Engel, der mit Efeu bewachsen war. Sonst war der Platz ziemlich verwildert und nur vereinzelt sah man kleinere Statuen, meist ebenfalls Engel, welche verschluckt zu werden schienen. Alles in allem wirkte es hier stets düster und ein wenig mystisch. Ich ging zu einem dieser kleinen Engel, der ganz am hinteren Ende recht versteckt lag. Ich hockte mich davor und legte eine rote Rose nieder, die ich zuvor besorgt hatte. Leise begann ich zu sprechen, so als würde ich zu dem Engel selbst reden. „Hey ich bin´s wieder… ich weiß ich wollte öfter kommen, aber ich hab viel zu tun… Ich wüsste gern wie du heute aussiehst. Bestimmt viel schöner als ich, hehe, aber das warst du ja schon immer. Ob du deine Haare noch länger hast wachsen lassen?“ Ich schwieg einen Moment. „Aber ich vergesse dich nicht. Erst gestern, hab ich wieder gesehen, wie wichtig es ist an Menschen die einen etwas bedeuten zu denken. Weißt du ich hätte fast an Rui´s Stelle stehen können… schließlich hab ich dir damals auch nicht geholfen… aber anders als er, wäre ich dazu in der Lage gewesen.“ Längst vergessene Wunden kehrten wieder zurück, die sich nicht schließen wollten, aber ich hatte auch gar nicht den Wunsch diese Gefühle zu verdrängen. Ich nahm es als eine Art Selbstbestrafung. Ich schwieg eine Weile und betrachtete die Rose vor mir. Rosen waren stets ihre Lieblingsblumen gewesen und sie hatte mir einst erzählt, wie gern sie doch einen ganzen Garten voller Rosen hätte. Doch irgendwann konnte ich die Gestalt hinter mir nicht mehr ignorieren und sagte leise, aber bestimmt: „Du kannst ruhig rauskommen, ich hab dich schon bemerkt.“ „Entschuldigung, ich hab nur gesehen wie du hier her bist, da wollte ich wissen wieso… An wen denkst du hier?“, sagte Roona ebenso leise und bedächtig und trat aus den Schatten heraus. Sie schien es durchaus zu überraschen mich hier zu finden. Roona trat nun neben mich und ging in die Hocke. Dann schaute sie auch auf den Engel und erwartete meine Antwort geduldig. „Kannst du dich noch daran erinnern, dass du mich mal über meine Familie ausgefragt hast? Nun ich habe dir damals erzählt, dass ich eine kleine Schwester habe… oder hatte.“, begann ich vorsichtig, denn die Erinnerungen brannten gerade heute besonders stark. „Ja, du sagtest sie wäre verschollen.“, gab sie vorsichtig zurück, da sie zu ahnen schien, dass sie sich auf einem schwierigen Pflaster befand. „Stimmt, da ich sie nicht suchen kann, komme ich jedes Jahr hier her und gedenke ihrer.“, sagte ich monoton. „Wieso ausgerechnet heute?“ Ich schaute sie an und lächelte etwas gequält. „Heute wäre sie 21 Jahre alt geworden und genau heute vor 12 Jahren ist sie verschwunden.“ „An ihren Geburtstag.“ Mehr schien sie nicht herausbringen zu können. „Leider ja.“ „Was ist überhaupt genau passiert, wenn ich fragen darf.“ Ich seufzte und beschloss über meinen Schatten zu springen. Irgendwie hatte ich einfach das Bedürfnis es einmal ausgesprochen zu haben, was seit Jahren auf mir lastete. „Ich denke, da du ehrlich zu mir warst, kann ich es dir auch erzählen… Weißt du meine Schwester und ich waren Waisen. Vermutlich wurden unsere Eltern durch Yajuu getötet, wir waren jedoch noch zu jung, um uns daran zu entsinnen. Deshalb kamen wir zu unserer Oma. Doch sie war schon sehr alt und konnte uns kaum versorgen. Deswegen war ich fast wie eine Mutter für Kaze, so hieß meine Schwester. Irgendwann kamen „Talentsucher“ in unser Dorf. So nennen sich die Häscher meiner Organisation. Welch falscher Name, wie ich immer wieder denke, aber das tut hier nichts zur Sache… Jedenfalls, sie sammelten die Kinder in unserem Dorf ein und wollten sie an eine Akademie für Kampfkünste stecken. Wir wollten erst nicht weg, aber dann wurde unser Dorf durch „Zufall“ von einem Exile angegriffen. Unsere Oma wurde getötet und Kaze und ich kamen an diese Akademie.“ Ich unterbrach kurz und wartete bevor ich weiter sprach, denn rückblickend, wurde mir vieles klar. „Am Anfang waren wir in der selben Klasse, aber schon bald stellte sich heraus, dass ich in Sachen Kampf sehr talentiert war, im Gegensatz zu meiner Schwester, sie war nicht einmal durchschnittlich obwohl sie wie eine Verrückte trainierte. Ich kam dann schnell in höhere Klassen und sie blieb immer in der untersten. Ich fand viele Freunde und begann das Leben dort zu genießen. Dabei merkte ich jedoch nicht wie schlecht es meiner Schwester ging. Immer öfter wurde sie gemobbt und zu niederen Hausarbeiten eingeteilt, weil sie für nichts anderes zu gebrauchen war, wie man immer schimpfte. Anfangs besuchte ich sie noch manchmal, aber auch das ließ mit der Zeit nach. Ich war nicht für sie da, stattdessen kümmerte ich mich nur um mich selbst… Und dann kam dieser Tag…“ Jetzt begann es schmerzhaft für mich zu werden und ich kämpfte mit meinem Inneren. „Es war das erste Jahr an dem ich ihren Geburtstag vergessen hatte, obwohl sie verzweifelt versucht hatte mich indirekt daran zu erinnern. Ich war mal wieder mit mir beschäftigt, denn ich hatte wenige Tage zuvor meine Abschlussprüfung als jüngste Teilnehmerin überhaupt bestanden und es sollte ein großes Fest stattfinden. An dem Tag sah ich meine Schwester nur kurz an einer Ecke stehen und mich nicht mal anschauen. Ich genoss den Abend, bis irgendjemand mich zufällig auf das heutige Datum aufmerksam machte. Da fiel es mir wieder ein. In dem Moment spürte ich mein schlechtes Gewissen. Ich versuchte Kaze zu finden, aber es war bereits zu spät.“ Unbewusst ballte ich die Hände zur Faust und falten legten sich auf meine Stirn, vor Wut und auch vor Trauer. „Diejenigen, die sie immer getriezt hatten, hatten Feuer gelegt, welches außer Kontrolle geraten war. Wie ich später erfuhr, sollte das Kaze´s „Geburtstagsgeschenk“ werden… sie haben all ihre Sachen verbrannt. Aber als das Feuer außer Kontrolle geriet, brach Chaos aus. Ich versuchte noch Kaze zu finden. Aber da stürzte ein Gebäudekomplex zusammen und ich musste den Ort verlassen. Tja und als das Feuer gelöscht war, fand man sie auch nicht mehr wieder. Entweder ist sie damals verbrannt oder sie hat ihre Chance genutzt und ist geflüchtet.“ „Aber die Chancen, dass ein junges Mädchen in dieser Wildnis überlebt…“, begann Roona zögerlich, doch ich beendete ihren Satz: „Ist gleich null ich weiß… Wie gesagt, heute bereue ich mein Verhalten. Ich hätte mich für sie einsetzen müssen. Ich hatte dort viel Einfluss, sie hätten bestimmt auf mich gehört… hätte ich ihr nur einmal richtig zugehört.“ Roon legte ihre Arme um mich. „Ist okay, jeder macht Fehler. Und du warst damals auch noch ein Kind. Natürlich kann ich jetzt nicht sagen, dich trifft gar keine Schuld, aber in erster Linie sind die Schuld die ihr das angetan haben und auch die Erwachsen die nicht eingegriffen haben…“ „Du magst Recht haben und doch…“ „Was hast du eigentlich danach gemacht?“, unterbrach mich Roona neugierig. „Achja… na ja die Akademie war größtenteils zerstört. Und ich hatte eh meinen Abschluss gemacht. Also zog ich durchs Land und traf irgendwann auf die Hunter. Ich bin dort Mitglied geworden, weil ich einen Job suchte und bis heute dort geblieben. Im Grunde hab ich nichts gegen euch, aber es ist nun mal mein Job…“ Roona seufzte und stand auf. Dann half sie auch mir hoch. „Du solltest Urlaub machen, du siehst nicht besonders gut aus, total überarbeitet.“ „Ich weiß…“ Da begann es zu tröpfeln, wie ich es vorher gesagt hatte. „Es regnet… wir sollten lieber heimgehen. Dunkel ist es auch schon, wir haben den halben Tag auf dem Friedhof verbracht…“, stellte sie mit einem merkwürdigen Unterton in der Stimme fest. „Geh du ruhig ich bleibe noch etwas.“, sagte ich für meine Verhältnisse sehr schwach. „Nichts da… ich lass dich bestimmt nicht wieder allein, damit dich irgendein Exile angreift und dich fast umbringt. Ich bleibe schön in deiner Nähe.“ „Gut dann komm mit.“, sagte ich zu ihr, da ich keine Lust auf lange Diskussionen hatte. Ich ging weiter. Hinter dem Friedhof lag ein dünner Pfad. „Wohin führt der?“, fragte Roona verwundert. „Auf das Feld.“, gab ich nüchtern zurück. „Was willst du dort?“ „Nur nachdenken, dort gehe ich immer hin. Sie haben das diesen riesigen Steinengel aufgestellt. Er hat was Inspirierendes.“ Und tatsächlich, man sah ihn schon weiten. Er war riesig und wunderschön, wenn auch leicht unheimlich. Zu sehen war eine Frau mit langem Haar. Ihre Flügel schwangen elegant in den Himmel. Sie trug ein hübsches Kleid, welches an einer Seite nach unten hin geöffnet war. Um sie rankten sich tiefrote Rosen und Efeu. Es kursierten viele Legenden darum, wieso wirklich zu jeder Jahreszeit diese Rosen blühten. Manche behauptetet, dass wäre das Blut von unglücklichen Gefallen, dass sich hier materialisierte. Doch das wirklich absurde war der Rest der Statue. Vom Sockel aus schlangen sich dämonisch wirkende Zeichen um den Engel. „Das Licht in der Finsternis.“, dachte ich laut. „Wie?“ Roona wusste nicht, was ich damit sagen wollte, aber kein Wunder, ich sprach an solchen Tagen wirklich oft in Rätseln. „So hat der Künstler die Statue genannt. Kurz danach soll er gestorben sein.“, antwortete ich ihr. Das war eine weitere der Legenden um diesen Engel. Vielleicht zog mich seine Düsternis ja so an? Ich wusste es selbst nicht. Kapitel 14: endless fire 1 -------------------------- Nun regnete es heftiger. Das Wasser gab dem Engel einen traurigen Ausdruck, aber auch etwas beruhigendes, als es über uns donnerte und weiter entfernt einige Blitze zu sehen waren. Doch etwas stimmte nicht. Ich blickte erneut den Engel empor und bemerkte, dass dort jemand auf seiner Schulter saß. „Darf man Fragen seit wann du so melancholisch bist?“, ertönte eine melodische, aber auch biestig klingende Stimme. Ich konnte in dem Dämmerlicht nichts erkennen. „Wer ist da?“ „Ich vergaß, dass Menschenaugen so schlecht sind, entschuldige.“, kam es belustigt zurück. Ich schaute zu Roona die neben mir stand und auch nach oben blickte. Dann lächelte sie kampflustig. „Sieh einer an, die Nummer 5 und die 4 persönlich.“ In dem Moment tauchte auf der anderen Schulter ein Wolf auf. Um einen der drei Schweife war eine Lampe gebunden, was merkwürdig klingen mochte, aber ihm in Wahrheit noch verstörender aussehen ließ. Sie leuchtete matt und daher sah man nach wie vor nicht viel von den beiden. „Und du bist die Nummer 8, wie ich sehe. Ganz schön Lebensmüde sich mit einem Hunter einzulassen, noch dazu mit einem solch mächtigen.“, gab die erste Stimme wieder von sich. Der Sarkasmus war nicht zu überhören. Der Wolf sprang hinunter und stellte sich nun vor. „Mein Name ist Sear und bin momentan die Nummer 4 der Liste. Sehr erfreut.“ Seine Stimme war tiefer, als man annehmen mochte, klang zwar angenehm, aber auch irgendwie drohend. Nun stand auch das Mädchen auf. In dem Moment blitzte es und man konnte auch sie erkennen. „Nun und ich bin die amtierende Nummer 5 und gekommen um den Hunter, namens Kyria zu töten. Man nennt mich…“ „Kaze“, ungläubig starrte ich sie an, auch wenn ich sie nun nicht mehr erkennen konnte, da sich wieder die Dunkelheit um den Engel legte. Ich kam nicht umhin zu bemerken, dass nun Roona ihre gesamte Aufmerksam auf mich gerichtet hatte. „Moment, das ist deine Schwester?“, fragte sie irritiert, auch wenn sie die Antwort schon wusste. „Ganz recht sehr erfreut.“ Sie sprang hinab und landete federleicht neben Sear. „Na Sis´ wie gefalle ich dir?“, fragte sie gut gelaunt. Ich schaute sie genauer an. Sie war durchaus schön, hatte jedoch einen merkwürdigen Kleidungstil. Eine Mischung aus Gothic und Military. Ihre Haare trug sie als zwei Zöpfe und ihr Pony verdeckte ein Auge. Das andere schimmerte Giftgrün so wie meine. „Was soll das Kaze? Was bist du?“, fragte ich noch immer verwirrt und einen Tick genervt. Ich hasste es einfach, wenn man mich zum Narren hielt. „Du bist wirklich gut, hast sofort gemerkt, dass ich kein Mensch mehr bin, thihi. Tja, was soll ich groß um den heißen Brei herum reden: ich bin jetzt ein Halbdämon.“ Mit einer schnellen Bewegung strich sie ihr Pony zur Seite und entblößte das verdeckte Auge. Es war schwarz mit einer Gelbleuchtenden Iris und reptilienartiger Pupille. Nach einer Weile erhob sie erneut die Stimme. Ihre gute Laune schien gewichen zu sein. „Willst du wissen wieso? Das war mein Geburtstagsgeschenk vor 12 Jahren. Den Tag den du vergessen hast und mich einfach ignoriert hast. Die ach so tolle Kyria, dir wäre es doch bestimmt lieb gewesen, wären wir nicht verwandt gewesen, dann hätte ich dein perfektes Image nicht angekratzt.“ „Das stimmt nicht… zumindest nicht mehr, ich bereue mein Verhalten schon sehr lange.“, versuchte ich mich zu verteidigen. Doch ich selbst empfand meine Worte als erbärmlich und ich war mir sicher, sie genauso. „Vergiss es, das kannst du dir sparen. Weißt du, ich bin jetzt viel erfolgreicher als du und nicht wegen dir, sondern wegen Sear. Er hat mich damals aus dem Feuer befreit, als ich im Begriff war zu sterben. Er hat mir die Wahl gelassen, ob ich mit ihm gehen will oder bei euch verrecken will. Hättest du anders entschieden?“ Sie streichelte Sear durch das rote Fell. „Jetzt ist er meine Familie.“ Sear grinste mich an und schwarze Flammen schlugen plötzlich aus. Dann schob sie das Pony wieder über das Auge und setzte ein gemeines Lächeln auf. „Und dein Tod ist mein heutiges Geburtstagsgeschenk, Schwester.“ Roona zerrte mich gerade noch von der Flamme weg, da ich mich nicht gerührt hatte. „Misch dich nicht ein Vampir. Ich weiß zwar nicht in welcher absurden Beziehung ihr zueinander steht, aber ich lasse nicht zu das du mir meinen Geburtstag versaust!“, fauchte Kaze und ich fand, von meiner Schwester war dort nicht mehr viel übrig geblieben. Aus den Flammen kamen allerlei Ungeheuer zum Vorschein, die flackernd ihre Form veränderten, die uns umringten und immer wieder vorstießen. Ich zog mein geliehenes Schwert von Sayo, was sie ja nicht zurück gefordert hatte und durchtrennte diese Feuerwesen. „Gut zu wissen, dass du doch nicht so schwach bist.“, lachte Kaze, jedoch ohne Humor. „Mist.“, ertönte es plötzlich neben mir. „Was ist Roona.“ „Ich wusste doch ich kenne diesen Wolf. Das ist Sear, der Wächter der Höllenflammen… Er ist wirklich nicht ohne. Lass dich nicht von ihm erwischen.“, warnte sie mich und ich sah durchaus Sorge in ihrem Gesicht. Ich sprang gerade noch weg, als sie das gesagt hatte. Nun stand eine Feuerwand zwischen uns. Das war Kaze´s Stichwort in Aktion zu treten. Sie wurde selbst zu einem Teil des Feuers, was auf merkwürdige Weise und unter anderen Umständen sehr schön ausgesehen hätte und verschwand schließlich zwischen den Flammen. Sear attackierte Roona währenddessen und lockte sie von mir immer weiter weg. Um mich herum war ein Kreis aus Feuer und ich begann zu schwitzen durch die furchtbare Hitze. Der ganze Regen verdampfte, noch ehe er den Boden erreichte. Da kam Kaze aus den Flammen gesprungen. Ich wehrte sie jedoch schnell genug ab und sie verschwand wieder in den Flammen. Dies wiederholte sich einige Male. Zum Glück gelang es mir immer rechtzeitig zu reagieren. Ich kramte eine Zigarette heraus und hielt sie gegen das Feuer. „Danke Schwester.“, sagte ich provokant. „Du bist Raucher? Weißt du nicht, dass das nicht gut für die Gesundheit ist?“, ertönte ihre Stimme aus den Flammen und schien zum Teil verwundert, aber auch amüsiert. „Sei ruhig du Grünschnabel, sag mir lieber ob das schon alles war?“, spielte ich das Spielchen weiter. „Von wegen, ich fange doch gerade erst an.“ Plötzlich wurden die Flammen um einiges heißer, sofern das überhaupt noch möglich war. Es wurde unerträglich. „Kyria…“ Roona schien besorgt, aber ich sah sie nicht. „Kümmere dich um dich selbst, ich komm schon zurecht.“, rief ich zurück in die Leere. Roona durchtrennte gerade einige der Feuerwesen, die sich aber immer wieder nachbildeten. Es war ebenso sinnvoll, als würde man Luft zerschneiden wollen. Dann sprang sie auf Sear zu und attackierte ihn frontal. Er trat einen Schritt zur Seite und versuchte Roona zu beißen. Sie schaffte es gerade noch die Klinge zwischen sich und ihn zu bringen, um sich die Zähne vom Leib zu halten. Doch er war ziemlich stark und sie musste ganz schön dagegen halten. Als von hinten eine Flamme auf sie zukam, stieß sie sich ab und machte einen Handstand auf der Klinge, die noch immer gegen Sear lehnte. Dann sprang sie zu mir in den Kreis. „Wird Zeit das du hier raus kommst, du siehst schon angebraten aus.“, sagte sie zu mir und wirkte dabei etwas durch den Wind. Sie wirbelte mit dem Schwert umher und traf Kaze dabei. Diese flog aus dem Kreis heraus, wodurch er sich augenblicklich auflöste. Dennoch schwirrten immer noch zahlreiche dieser Feuerwesen um uns herum, da Sear ihr Erschaffer war. Ich bekam einen Hustenanfall, wegen all der Rauchentwicklung und ich sah zunehmend nur noch verschwommen. Eine Rauchvergiftung konnte ich mir nun wirklich nicht leisten. Ich hustete erneut… Blut. Geschockt sah Roona mich an, als sie das Blut roch. „Gott was hast du? Eine Rauchvergiftung? Kann nicht sein, oder doch?...“ Sie schien sich nicht übermäßig mit den Gebrechen der Menschen auszukennen, aber ich machte ihr darüber keine Vorwürfe. „Das ist nichts weiter.“, versuchte ich sie zu beschwichtigen. Ich rappelte mich wieder auf, aber mein Körper zitterte, sodass sich das ganze weitaus schwieriger gestaltete. Da spürte ich es. Mein Herz machte eine Art Aussetzer und ich hustete erneut los. Roona musste mich stützten sonst wäre ich wohl umgefallen. Mein Körper schien die Hitze der Umgebung gerade zu aufzunehmen, nur meine Hände schienen eiskalt zu sein. „Sag bloß du machst schon schlapp?“ Kaze war wieder neben Sear und hatte ein irres Grinsen aufgesetzt, welches sie wahnsinnig wirken ließ… vielleicht war sie es sogar. Diese Erkenntnis machte mich irgendwie traurig. Wir hätten genauso gut Fremde sein können, die sich das erste Mal gegenüber standen. Ich stieß mich von Roona los, um sie in ihren Ansichten nicht noch mehr zu bestätigen. Schon wieder… mein Herz setzte wieder kurz aus. Ich taumelte kurz und sah meine Umgebung nur verschwommen. Wie heiß war dieses verdammte Feuer? Jedenfalls hatte Roona recht. Noch viel länger und es würde mich wohl umbringen. Ich schien von innen heraus zu brennen, was mich träge machte. Ich fühlte mich, als wäre ich betrunken, konnte meine wirbelnden Gedanken kaum in Zaum halten und verlor immer wieder die Orientierung. So hilflos hatte ich mich noch nie gefühlt und tief in mir drin, wallte unendlicher Zorn darüber auf. Warmes Blut tropfte aus meinen Mundwinkeln. Ich wusste nicht woher es kam, aber es war mir egal. Vorsichtig fasste ich in mein Gesicht. Als ich die Hand wieder wegnahm war sie voller Blut… Nasenbluten also auch. Irgendetwas ging schrecklich schief in mir. Erneut machte mein Herz einen unsicheren Sprung… Dann kam dieses Gefühl. Es schlich sich schon lange bei mir ein, aber nun wusste ich es sicher… ich ging auf mein Ende zu. Kapitel 15: endless fire 2 -------------------------- Ich hatte mein Schwert als Stütze nehmen müssen, denn meine Beine schienen ihren Dienst zu streiken, als ich mich aufrappelte. Ich ging einige Schritte auf Kaze zu. Das Feuer hatte uns eingekreist und die flackernden Schatten auf ihrem Gesicht wirkten geradezu höhnisch. Meine Hand zitterte, doch ich riss mich noch ein letztes Mal zusammen, packte mein Schwert und riss es in die Höhe. Noch immer tropfte Blut aus meinen Mundwinkeln, aber ich machte mir nicht die Mühe es zu entfernen. Ich lächelte meine Schwester halb mitleidig, halb zornig an. Diese stürmte ohne zu zögern auf mich zu und griff mich noch aus derselben Bewegung heraus an. Ich wich ihr aus und sie verschwand im Feuer hinter mir, sowie sie es nun schon etliche Male demonstriert hatte. Wieder setzte ein Herzschlag aus, aber ich überspielte es mit einem grimmigen Gesicht. Nasenbluten stellte sich ein und nun sah ich vollends zerschunden aus. Nun drehte ich mich zu Roona und hob das Schwert an meinen Hals. Komischerweise hatte diese Endgültigkeit eine beruhigende Wirkung auf mich und seelenruhig verharrte es dort, wo ich es wollte. „Verzeih mir, ich war nicht ganz ehrlich.“, begann ich ruhig und gerade zu gelassen. „Was meinst du? Was hast du vor?“, fragte Roona mich und wirkte stark verunsichert über mich. „Ich habe es mir geschworen es selbst zu beenden, bevor es soweit kommt, dass andere mich zu Fall bringen müssen. Roona… ich habe es auch… Ich gehöre zu den schwachen Menschen.“ Ungläubig schaute sie mich an. Wie unterscheidet man die Starken von den Schwachen? Ein Virus… Die Geburt der Yajuu… Bestien, die einst Menschen waren und sich in ihrer unersättlichen Gier nach Seelen und Blut im Wahnsinn verloren haben. Es ist nun unsere Aufgabe sie zu erlösen. Ich hoffe ihr seid nicht einer von ihnen… Sonst müsste ich auch euch töten. Diese Worte hatten nun jahrelang mein Leben geprägt und nun bildeten sie das Beil, welches über mir hing. „Sie einer an. Meine Schwester ist also infiziert. Na das nenn ich mal ein Geschenk.“ Hinter mir kam Kaze aus den Flammen zurück und kicherte fröhlich gestimmt. „Wie lange… weißt du es schon?“, wendete sich Roona tief geschockt an mich. Sie schien Kaze in dem Moment überhaupt nicht wahrzunehmen. Ich lächelte traurig. „Angefangen hat es vor gut 3 Monaten, aber vor etwa 2 Wochen, habe ich gemerkt, was wirklich dahinter steckt. Erst dachte ich es wäre Überanstrengung und eine Erkältung… aber dem ist nicht so.“ „Aber du kannst dir da doch nicht sicher sein.“, schüttelte sie den Kopf. „Glaub mir, es stimmt. Ich bekomme von Zeit zu Zeit dieses Gefühl… den Drang nach Blut und den Wunsch andere zu töten… Hör zu… ich will nicht zu so etwas werden, daher beende ich es lieber selbst. Lebe Wohl.“ Ich hob mein Schwert noch einmal an und stieß blitzschnell in Richtung Hals, denn ich wollte keine lang gezogene Verabschiedung, die uns nur belastet hätte. Da ertönte ein zorniger Schrei. „Das lasse ich bestimmt nicht zu.“ Ich riss die Augen auf von dem Schmerz der mich nun durchfuhr wie ein Blitz. Im Augenwinkel sah ich nur noch, wie mein rechter Arm mitsamt Schwert unwirklich einige Meter von mir entfernt davon geschleudert wurde. Reflexartig griff ich mit meiner Linken an die Schulter und sackte ein Stück nach vorne. Kaze hatte mir den Arm genommen. Roona fing mich auf. „Hey ganz ruhig, halte durch.“, flüsterte sie mir gehetzt ins Ohr. Der Schmerz der mich durchflutete betäubte einen Teil meiner Sinne, aber ich konnte klar die Stimmen um mich herum hören. Kaze sprach mit abfälligem Ton zu mir. „Die Chance lasse ich mir doch nicht entgehen, Sear?“ In dem Moment wurde Roona gezwungen Wegzuspringen. Ich stand gekrümmt da und versuchte nicht umzufallen, was zunehmend schwerer wurde, denn auch die Hitze war unerträglich. Es war, als hätte man mich angezündet. Um mich herum bildete sich ein Feuerkegel. Er umschloss mich und ich konnte nicht hinaus. „Was hast du vor?“, fragte Sear in einem Tonfall als ginge es um die Ausfall vom Nachmittagsprogramm im Fernsehen. „Ich lasse meine Schwester leiden, es gibt nichts Tragischeres für einen Hunter selbst zu mutieren und dann umgebracht werden zu müssen. Zu schade nicht war.“ „Ich verstehe. Lass mich raten ich soll diesen Vampir von ihr fernhalten.“ „Wäre nett. Allgemein sollte sie hier auch nicht lebend herauskommen.“, war die kalte Antwort. „Wie du willst.“, erwiderte er und seine Zähne fletschten sich, als auch er ein grinsen andeutete. „Na dann Kyria, mal sehen wie lange du noch durchhältst. Ob du den Tod deiner Geliebten noch mitbekommst?“, wendete meine Schwester nun wieder das Wort an mich. „Lasst sie in Frieden, sie hat nichts mit unserem Konflikt zu tun.“, keuchte ich. Doch Kaze hörte nicht auf mich. Roona lachte glockenhell auf. „Halt lieber selbst durch Liebste, ich komm schon zurecht.“ Schon begannen Kaze und Sear, Roona anzugreifen. Lauter Ungeheuer flogen aus den Flammen umher und Roona hatte kaum Platz um auszuweichen. Kaze verschmolz mit den Kreaturen um noch gezielter angreifen zu können und auch Sear verschwand nun gleichermaßen im Feuer. So entstanden zwei riesige Drachen und lauter kleinere Ungeheuer die aus ihnen ragten. Man hätte denken können, man wäre in der Hölle gelandet. Roona hatte Schwierigkeiten die Pfade zu lesen, denn alles war so heiß, das Impulse sie kaum erreichten und die Blitze der Umgebung verschlimmerten die Lage auch noch. Es erforderte höchste Konzentration sich überhaupt noch auf die wahren Gegner zu fokussieren, da sie ja die Quelle der Angriffe waren. Ich ging währenddessen auf die Knie, denn ich konnte einfach nicht mehr stehen. Immer häufiger kamen die stoppenden Herzschläge und ich klammerte mich an meine Schulter um den Blutfluss zu stoppen, natürlich ohne Erfolg. Ich sah zwar fast nichts mehr und ich hörte zunehmend nur noch ein lautes Rauschen, aber ich spürte alle Schmerzen in meinem Körper dafür umso intensiver. Ein weiterer Anfall zwang mich komplett zu Boden. Ich drehte mich auf den Rücken und krallte mich noch immer an meine Schulter. Jede Faser meines Körpers war bis zum Zerreißen angespannt und ich versuchte dagegen anzukämpfen. Roona sprang gerade durch die Luft und wurde selbst dort andauernd angegriffen. Am liebsten hätte sie vor Wut aufgeschrieen, da diese Viecher kein Ende nahmen. Sie wusste sie musste Sear und Kaze treffen um das Feuer zu stoppen, aber diese wanderten im Feuer hin und her und waren unerreichbar. Ihre Augen flackerten ungewöhnlich grell und ihre Züge schienen in einer unendlichen Wut erstarrt zu sein. Plötzlich ertönte ein erstickter Schrei, der sie für einen Moment abzulenken vermochte. Ihr Glück war, dass aber auch Kaze und Sear abgelenkt wurden und nicht ihre Chance nutzen, um sie zu zerfetzen. Ich krallte mich an den Boden, dabei hatte ich nicht einmal bemerkt, dass ich mich bewegt hatte. Es war als würde mich ein Stromschlag durchstoßen und etwas versuchte aus mir auszubrechen. Endlich hatte der Schmerz in meinem Arm nachgelassen und auch sonstige Verletzungen schienen zu verblassen, aber diese Schläge waren noch viel schlimmer. Mein Herz stolperte von Schlag zu Schlag und langsam wurde mein Geist schwarz und driftete mir davon. Ich bekam es erst gar nicht mit, aber dann bemerkte ich, dass ich anfing alles zu vergessen. Ich vergaß meine Vergangenheit, ich vergaß wer ich war und begann mich zu fragen, was überhaupt los war. Als ich dies jedoch mit einem anderen Teil meines Bewusstseins realisierte klammerte ich mich an verbliebene Fetzen meines seins umso mehr. Dort war Roona. Ich band mich an diese Erinnerung, versuchte sie zu erhalten, denn an den Rändern begann diese zu verblassen, wie ein Filmriss. Mein Kopf drohte zu zerspringen und ich ergriff meine Stirn. Ein erneuter Schlag ließ mich wieder zusammen fahren. So vergingen die Minuten und ich begann innerlich zu fluchen. Ich hatte schon zu viel vergessen und fragte mich nun, wer mir das überhaupt antat. Wer auch immer es war, der Drang diesen jemand zu quälen wurde immer schlimmer und verlockender. Eine Stimme in meinem Kopf schrie Stirb! Zu dieser Person, deren Gesicht ich nicht mehr erkannte. Und langsam begann ich auch daran zu glauben. Meine Menschlichkeit jedoch und alles was mich sonst immer ausgemacht hatte, wurden geradezu weggefegt. Roona´s Bild verschwand allmählich. Das einzige was blieb waren alle schmerzlichen Erinnerungen die ich gehabt hatte. Nein… die Erinnerungen blieben nicht direkt nur die Gefühle die ich verspürt hatte und sie umkreisten mich. Es stellte sich mir eine Frage… willst du leben? Wie in einem inneren Dialog antwortete eine andere Stimme. „Du willst Leben und die anderen sollen alle sterben… jeder der dich quält soll leiden, leiden…. Leiden… LEIDEN…Ja das sollen sie.“ Da setzte mein Herz wieder aus. Plötzlich wurde es ganz still in meinem Kopf auch die Stimmen verstummten. Ich spürte keinen Schmerz mehr. Der letzte Funken meine Erinnerungen wurde von der Finsternis verschlungen und umarmte mich. In mir loderten der Hass und die Mordgier in einem nie endenden Feuer, aber ich hatte keine Schmerzen mehr. Sie waren geradezu tröstlich… und ich gab mich diesem Gefühl hin… Keuchend stoppte Roona. Sie hatte ein paar leichtere Verbrennungen hinnehmen müssen, aber dafür lebte sie noch. Es war ihr schließlich doch gelungen Kaze zu streifen und der Drache löste sich in Windeseile auf. Doch als Kaze landete war der Kratzer auch schon wieder verschwunden. „Du bist gut, dafür dass du nur die 8 bist.“, keifte sie zynisch. Roona grinste ebenso gemein zurück. Dann jedoch stockte sie. Auch Sear und Kaze hatten es bemerkt. Es war plötzlich so ruhig. In den letzten Minuten hatte man immer wieder gequälte Schreie gehört, erstickte Laute, die trotz des Kampfes durch die Luft getragen wurden. Doch nun war es so still. Aber man sah auch nichts. Die Mischung aus schwarzem und rotem Feuer versperrte die Sicht völlig. „Nanu? Sie wird doch nicht verblutet sein, bevor sie erwachen konnte? Das wäre schon blöd.“, rief Kaze aus und klang dabei regelrecht bestürzt. Sear und sie wechselten einige Blicke, während Roona besorgt in die Richtung des Flammenkegels blickte. Sie nahm zu ihrer Bestürzung keinerlei Impulse mehr war, keine einzige Bewegung aus dieser Richtung… nicht einmal Herzschlag oder Atmung. Wäre dort etwas gewesen, hätte sie es bemerkt, da sie nun wieder genug Freiraum hatte, um in Ruhe zu denken. Schließlich bemerkte sie sogar die Feldmäuse, die sich ängstlich in ihren Löchern versteckten, die in einigen hundert Metern Entfernung auf dem Acker lagen. Nichts… Kapitel 16: newborn ------------------- Geschmeidig erhob sich Kaze und ging zu dem Feuerkegel hinüber. Sie stellte sich in einigen Schritten Entfernung davor und versuchte zu horchen. Als sie nichts hörte trat sie noch einen Schritt näher heran. In diesem Moment wurde sie gleich dreimal durchbohrt. Geschockt sprang sie weg und Sear fing sie auf. Die Wunden begannen zwar gleich zu heilen, sie schienen aber tief zu sein. Aus dem Feuer trat nun eine Gestalt. Die Flammen verzerrten ihre Form, schienen ihr aber nichts anzuhaben. Im Feuer blieb sie stehen und hob den Kopf gen Mond, der mittlerweile hoch über uns aufgegangen war. Langsam öffnete sie die Augen. Sie funkelten dämonisch in einem total giftigem grün, was man durch das Feuer hindurch erkannte. Dann schaute sie zu Roona und den anderen und lächelte leicht. „Welch wunderschöne Nacht… nur dieser Hunger ist sehr störend…“ Ihre Stimme war melodisch, aber klang sehr finster. Zur gleichen Zeit zuckten sowohl Chrona als auch Anubis zusammen. Rui, der seitdem immer an Chrona´s Seite war, fragte: „Was hast du?“ „Sie ist erwacht.“, erklang die monotone Stimme Chronas. „Wer ist erwacht? Wovon sprichst du?“, fragte er verunsichert und verwirrt. „Schon komisch, dass die Menschen es nicht merken… dabei ist gerade erst eine Bestie geboren worden… einer neuer Exile ist erwacht.“ „Ein Exile? Du hast es gespürt?“ „Nicht nur ich… alle Yajuu und Exile in der Gegend dürften es gespürt haben. Sie ist mächtiger als ich gedacht hätte, aber so ist es wohl, wenn man in einem Kampf erwacht und nicht außerhalb.“ Gab sie unberührt zu verstehen. „Weißt du wer es ist.“, wandte Rui sich zu ihr hin. Noch ein Exile konnten sie hier wirklich nicht gebrauchen, dachte er. Chrona zögerte. „Ja, aber es wird dir nicht gefallen.“ „Wer ist es?“, bohrte er dennoch nach. „… Kyria den Hunter gibt es nicht mehr…“ Rui stockte der Atem. „Ausgerechnet sie? Wie furchtbar. Und nun?“ Unbewusst ballte er die Hände zu Fäusten. „Wir beobachten die Lage.“, gab Chrona völlig ruhig zu. „Wer ist wir?“ „Anubis und ich haben ein Abkommen, wir haben es schon gestern gemerkt, dass sie zu kämpfen hatte.“ „Du meinst, sie wusste es?“ „Sicher… aber da ist noch etwas… jemand scheint sie extra zu provozieren, sonst wäre sie erst in ein paar Tagen erwacht.“, fügte sie etwas nachdenklich hinzu. „Wer könnte das sein?“, fragte Rui aufgregt. „Dämonen.“ Ich fühlte mich toll. Ich hatte keine Schmerzen oder sonst irgendwelche Beschwerden. Nur eines störte mich. Ich hatte diesen Drang. So schnell wie möglich wollte ich meine gegenüber zerfetzen, denn alles in mir schrie danach. Um mich herum brannte es. Ich wunderte mich woher das Feuer kam, wenn es doch regnete, aber beschloss mich nicht mehr daran zu stören. Stattdessen fixierte ich mich auf die Figuren vor mir. Ein Mädchen, welches ich gerade noch getroffen hatte sprach mit diesem roten Wolf. Die Vampirin starrte mich nur ungläubig und traurig an. Dieser Blick verwirrte mich, wo es mir doch prima ging. Aber ich erkannte sie nicht. In ihren Augen konnte ich mich erkennen. Eine Art schwarzer ilm überzog den Großteil meines Körper und ließ lediglich den Bauch und mein Gesicht frei. Mein linker Arm, glich einer Klaue, um die sich Klingen herumgewickelt hatten und darauf warteten von mir benutzt zu werden. Auch aus meinem Rücken kamen Klingen, welche ich jedoch nach Bedarf einziehen und strecken konnte. An Schultern und Hüfte zeigten sich Stacheln, ebenso zwischen meinen Haaren. Nur mein rechter Arm fehlte. Stattdessen zeigten aus der Stelle drei dünne lange Klingen, welche an die Form eines Flügels erinnerten. Ich breitete meine Klingen aus und fegte das Feuer davon, denn es begann mich zu nerven. Das verletzte Mädchen schien geschockt darüber, dass es mir so einfach gelungen war das Feuer zu löschen. Sie machte mich noch wütender. Erst dieser verachtende Ton, als ich zu mir kam und dann das. Ich beschloss ihr eine Lektion zu erteilen. Ich verschwand und tauchte nur eine Sekunde vor dem Mädchen auf, sie hatte keine Zeit zu reagieren. Ich fesselte sie und lächelte sie belustigt an. Den lästigen Wolf fegte ich beiseite. Mit meiner Hand strich ich über ihre Wange. „Du riechst nicht besonders gut, aber irgendwie bringt mich deine bloße Existenz in Rage. Kennen wir uns von irgendwoher? Denn ihr alle sagt mir absolut gar nichts.“ Kaze zitterte. Sie hatte die Lage und ihre eigenen Fähigkeiten völlig falsch eingeschätzt. Nun versuchte sie sich zu retten. „A… Aber ich bin doch deine kleine Schwester. Du kannst mich doch nicht vergessen haben?“ Ich betrachtete sie kurz. „Ich kenne dich nicht.“ Dann durchstieß ich sie. Sie schrie auf, aber das war wie Musik für mich. Es stimmte mich so glücklich, dass ich mehr wollte. Wie eine Droge und schon war ich süchtig. Bevor ich jedoch ein zweites Mal zustoßen konnte ging das andere Mädchen dazwischen. Sie trennte eine meiner Schlingen durch und trat das Mädchen, wenn auch unsanft, weg. Das stimmte mich böse. „Was soll das, Vampir? Kannst du es nicht erwarten zu sterben?“, keifte ich. „Nein das nicht um ehrlich zu sein, ich bewahre dich nur davor etwas zu tun, was du später bereust. Hattest du mir nicht noch vorhin erzählt, dass du deine Schwester schützen willst?“, bekam ich eine Antwort, die an Entschlossenheit keinen Zweifel hegen ließ. Nichts rührte sich in mir. „Wer bist du?“ „Du erkennst mich nicht? Herrje, dabei dachte ich unsere Beziehung würde endlich einen Schritt vorwärts kommen.“, seufzte sie. Ich fauchte. „Lüge, ich habe dich noch nie gesehen.“ Ich versuchte sie zu erwischen, aber sie wich all meinen Angriffen aus und parierte sie sogar. „Wie machst du das?“ Meine Geduld verließ mich. „Müssen wir das wirklich noch mal durchkauen? Du weißt es bereits. Denk nach.“ Ich hielt inne und schloss die Augen. Ich erinnerte mich an nichts, aber da spürte ich etwas anderes. Es war wie eine Eingebung die mir verriet mit was ich es zu tun hatte. Ich probierte etwas aus. Zunächst stieß ich vorwärts und sie wich aus, dann ging ich nach links und sie wich erneut aus. Ich grinste. Blitzschnell schossen schwarze Schatten aus mir heraus und griffen sie von vorne an. Dieses Mal wich sie nur ganz knapp aus und musste nach hinten springen. Ich lachte auf. „Ich hab dich durchschaut, aber Dinge die keine Impulse erzeugen, kannst du auch nicht erspüren.“ Ich hatte ins Schwarze getroffen und begann gleich weiter zu attackieren. Ich streckte mich und ließ lauter Schatten los. Sie stürmten auf sie zu und einige trafen tatsächlich. Viele konnte sie zwar abwehren, aber das nur anhand ihrer Sehkraft und schnellen Reaktion. Ich schaute mich um. Das andere Mädchen und der Wolf waren beide verschwunden. „Sie sind abgehauen, als ich beschäftigt war… ich werde sie später suchen.“ Ich sprang vor den Vampir. „Ich habe keine Lust mehr, lass es uns hier beenden.“ Ich wollte ihr den Kopf abtrennen, aber in letzter Sekunde hielt etwas mich auf. Ihre Hand schloss sich um meine Klinge und hielt sie fest. Sie schaute mich an, während sich ihre Gestalt veränderte. „Und wieder zwingst du mich dazu, mich zu verwandeln. Du bist schon sehr faszinierend.“ Ihre Augen brannten sich in mich hinein, das eine blutrot, das andere eisblau. Unvergesslich. Roona stand auf. „Wenn du meinen Namen nicht mehr weißt, dann stelle ich mich eben wieder vor. Ich bin Roona, Nummer 2 der schwarzen Liste. Meinst du, du hast eine Chance gegen mich?“ Nicht viel erinnerte mehr an den Vampir von eben. Vor mir stand eine wunderschöne, aber gefährliche Frau. Ihre Haut war schneeweiß. Ihre Augen leuchteten noch immer rot und blau, wurden aber schwarz umrandet. Sie war in Schleier gehüllt, die viel von ihrer Haut zeigten, aber dennoch nicht aufdringlich wirkten. Diese waren schwarz, schimmerten aber ein wenig rot. Darüber trug sie eine Korsage und andere Accessoires. Vier Teufelsflügel, ebenfalls schwarzrot zierten sie und dagegen hob sich ihr weißes Haare mit den dunklen Spitzen sehr stark ab. Sie waren länger geworden, aber noch immer hatten sie hinten die Form eines Schwalbenschwanzes. Auch zwei Teufelshörner waren nun zu sehen und glänzten bedrohlich. Roona´s Blick wandelte sich von friedlich zu dämonisch. Sie lächelte mich an, bei dem Gedanken gegen mich anzutreten und entblößte damit ihre scharfen Fangzähne. Als Antwort darauf zeigte ich ihr unwillkürlich die meinen und wollte einen Angriff starrten… Ich merkte es. Mein Körper gehorchte mir nicht. Meine Klingen richteten sich gegen mich selbst, egal wie sehr ich dagegen ankämpfte. Aber so leicht gab ich nicht auf… Den Blick immer auf mich gerichtet, starrte sie mich an. Ich sprang zurück, denn zum Glück gehorchten mir meine Beine noch. Sofort ließ der Druck nach, aber Roona hatte noch immer meine Klingen in ihrer Gewalt und sie griffen mich an. Kurzerhand schlug ich sie mir selbst ab. Als ich landete bewunderte ich, wie schnell sie sich regenerierten. „Hör mir gut zu, Kyria, du bist ein Hunter! Eben hast du mir noch gesagt, dass du keine Bestie werden willst, also kämpf auch dagegen an. Oder willst du, dass andere Hunter kommen und ihre ehemalige Nummer 1 umbringen?“ „…ein Hunter.“ Langsam nervte es mich. Egal wie sehr ich es versuchte ich erinnerte mich nicht. Doch wollte ich das überhaupt? Etwas in mir sagte, ich sollte es lassen, sollte mich lieber an diesem tollem Gefühl erfreuen, anstatt alte Wunden aufreißen zu lassen. Warum konnte ich es nicht einfach. Roona sprang auf mich zu, während ich abgelenkt war. Ich breitete meine Klingen aus und wehrte sie ab, aber als sie landete sprang sie sofort wieder los und diesmal gehorchten mir meine Klingen nicht. Ich landete unsanft auf dem Rücken und als ich den Blick ob, saß sie auf mir. „Hör zu, ich wäre wahnsinnig gerne mit dir zusammen, Liebste, aber so geht es nicht.“ Die Nase rümpfend, sagte ich ihr: „Ich will mich nicht erinnern, so geht es mir viel besser.“ Ein Grinsen zog sich über meine Lippen und meine Klingen durchstieß sie. Ihr Blut tropfte auf mein Gesicht. Ein kurzes Bild flackerte dabei durch meinen Geist. Hatte ich so was schon mal erlebt? Roona keuchte entsetzt auf und ich stieß sie von mir runter. Als ich aufstand leckte ich das Blut schnell ab. Roona stand nicht mehr auf, wohl hatte ich sie stark genug erwischt, als das ihr kleines Lebenslicht gleich verlöschen würde. „Das war es dann wohl. Nun zu den anderen.“, sagte ich entschlossen. Ich peilte die Richtung an, aus der der Blutgeruch, der Dämonin kam und stürmte hinterher. Es dauerte nicht lange, da hatte ich sie eingeholt. Kaze saß auf einem Baumstamm und hielt sich noch immer den Bauch, wo ich sie getroffen hatte. Vor mir stand Sear und fletschte die Zähne. Doch sein Feuer schien schwächer zu sein, als vorher. Er näherte sich offensichtlich auch seinem Limit. „Schwester oder nicht, deine Visage ätzt mich an. Du musst sterben und dein Fifi auch.“, richtete ich mich emotionslos an die beiden. Sie schrak zusammen als ich vor Sear und ihr landete. Ich streckte die Hand aus und ließ meine Schatten los. Sie umschlangen Sear und es gelang ihm nicht diese zu verbrennen, wie ich es gewollt hatte. Bevor ich mich jedoch meiner angeblichen Schwester zuwenden konnte, erregte etwas anderes meine Aufmerksamkeit. Vor uns stand eine Gruppe völlig verschreckter Menschen, die wohl eine Nachtwanderung gemacht hatten und nun zufällig in uns hineingerannt waren. Sie wollten wegrennen, aber ich schnappte sie mir sogleich, wie ein Raubtier seine Beute. „Praktisch, ich hatte sowieso langsam Hunger. Ihr dürft noch leben, bis ich hier fertig bin.“, erklärte ich ihnen monoton. Einige Schatten fesselten sie an die umstehenden Bäume. Manche Menschen schrieen und heulten, andere fielen in Ohnmacht und wieder andere waren einfach starr vor Angst. Mir war es egal, wie sie sich fühlten. Nun ging ich zu Sear, der noch immer in der Luft hing. Ich strich über seinen Bauch und verharrte dort. „Weiches Fell hast du. Wie eine Katze.“ Plötzlich tauchte wieder ein Bild vor meinen inneren Augen auf. Es war eine kleine Straßenkatze. Eine Hand streckte sich nach ihr aus, aber sie fauchte nur und rannte weg. Mich verwunderte das Bild. Es kam mir bekannt vor, aber ich konnte es nicht zuordnen. Ein Winseln riss mich aus den Gedanken. Unwillkürlich hatte ich meine Krallen in Sear gebohrt. Aus den Wunden trat bereits eine gute Menge an Blut. Ich schaute zu ihm auf. Er hatte die Ohren zurückgelegt und die Zähne leicht gefletscht, aber er wagte nicht zu knurren. Es kümmerte mich nicht weiter, dass ich ihn verletzt hatte, doch das Mädchen namens Kaze rannte auf mich zu und umschloss meinen Arm und versuchte diesen von dem Wolf wegzuzerren. „Lass ihn gehen! Töte mich, aber lass ihn gehen. Bitte… Kyria.“ Kapitel 17: out of mind ----------------------- Ich starrte sie an. Mein Name. Ich fand er passte nicht zu mir, aber er war heute schon öfters gefallen. Sie zerrte weiter an mir. „Dir war doch auch schon früher egal, was mit mir war, also warum zögerst du jetzt?“, klagte sie. Ihr Gekreische machte mich wütend. Ich riss den Arm herum und schlitzte über ihren Körper. Dabei fauchte ich sie an und schleuderte den Wolf gegen die Bäume. Dann leckte ich das Blut von meinen Fingern. „Wag es nicht mich noch einmal zu berühren.“, sagte ich eiskalt zu ihr. Kaze rannte zu Sear und half ihm auf. Diese ganze Gefühlsduselei regte mich noch mehr auf. Ich spreizte meine Klingen und wollte dem ganzen endlich ein Ende bereiten. Aber zu meinem Ärger wurde ich schon wieder unterbrochen. Vor den beiden wirbelten Schleier umher und als sich die Teufelsflügel zurück klappten, da traf mich Roona´s Blick wie ein Dolch. Erneut hatte sie mich mit ihrer Fähigkeit gefesselt. Sear keuchte. „Wusste ich doch… du bist nicht die Nummer 8… du bist die… 2…“ „Die 2? Warum hilfst du uns?“, Kaze war zu unerfahren, um zu wissen, was genau dies alles bedeutete. „Ich helfe euch nicht, ihr Narren. Ich will Kyria nur davor bewahren euch Dummköpfe zu töten, denn das würde sie sich nie verzeihen, ihre Schwester auf dem Gewissen zu haben, nach all den Jahren in Ungewissheit.“, kam die gefühlslose Antwort. „Aber sie ist ein Monster. Sie erkennt weder mich noch sonst jemanden. Es kann dir doch egal sein.“, rief Kaze wütend und verwirrt. „Schweig!“, unterbrach Roona sie und zeigte dabei ihre spitzen Fangzähne, „Du bist nicht besser. Welche Schwester, lässt die andere mit Absicht leiden und erwachen, obwohl sie weiß wie schmerzvoll es ist? Du bist erwachsen, du solltest es nun wirklich besser wissen. Glaub mir, würdest du ihr nicht etwas bedeuten, so würde ich dich mit Freuden selbst töten.“ Kaze klammerte sich an Sear und erschauderte über diese Worte. Das erste Mal schien sie so etwas wie Reue zu zeigen. Sie stand auf und nahm Sear über die Schulter, denn er war zu schwer verwundet, um selbst laufen zu können. „Ich werde jetzt gehen… Ich kann ihr nicht helfen, aber ich will auch nicht im Weg stehen.“ Mit diesen Worten verschwand sie und ich begann zu fluchen. Ich stemmte mich mit aller Kraft gegen Roona´s Fähigkeiten und konnte mich zunehmend lösen. Schließlich musste sie mich freilassen. „Du schon wieder… hör auf mir dazwischen zu funken. Wieso lebst du überhaupt noch?“, sagte ich ihr, denn ich war mir eben hundertprozentig sicher gewesen, sie getötet zu haben. Ich hatte nicht einmal mehr einen Puls gehört. Roona´s glockenhelles Lachen ertönte über die Umgebung. „Glaubst du denn im ernst mich, jemand der über 300 Jahre alt ist, so einfach töten zu können? Ich bitte dich.“ Unwillkürlich wich ich einen Schritt zurück. Diese Vampirin vor mir hatte eine wirklich sehr einschüchternde Ausstrahlung, wenn sie wollte. „Sieh an, da kommt ja doch noch mal die alte Kyria durch.“, stellte sie fest, als sie meinen Blick sah. Ich fletschte die Zähne und griff mir einen Menschen in der Nähe. Ich hielt ihm meine Krallen an die Kehle. „Sieht das für dich menschlich aus?“ Roona seufzte. „Wie du willst, dann kämpfe ich mit dir, wie mit einer Bestie. Die Frau in meinen Armen wimmerte kläglich. Sie schien einer Ohnmacht nahe. Was hatten die Menschen nur dagegen, das wir töteten? Sie töten auch… Kühe, Schweine, Hühner… auch Bären, Wölfe und viele mehr. Auch sie sollten einen Feind haben. Erneut ließ ich meine Schatten los. Einen Menschen nach dem anderen nahmen sie sich vor. Und schon bald erstarben ihre Schreie im Wind. Die Frau vor mir weinte und schrie verschiedene Namen. Ihre Kinder? Ihr Mann? Plötzlich sah ich ein kleines Mädchen auf der Lichtung, welches von einem nicht viel älteren Jungen weggezogen wurde. Sie hatten sich losreisen können. Ja so entstanden Hunter… eine schrecklich Erfahrung und der Hass auf die Mörder. Ich lachte auf. Die Frau vor mir starb in Windeseile und ich tauchte vor den Kindern auf, bevor sie wusste, wie ihnen geschah. „Waren eure Eltern dabei?“, fragte ich belustigt, auch wenn ich die Antwort schon wusste. Ich wollte es von ihnen selbst hören. „V… Verschwinde du Bestie.“ Der Junge stellte sich schützend vor das Mädchen und hielt einen Stock in die Höhe. Das Mädchen hielt ein paar Steine in der Hand. Beide zitterten und weinten, dennoch waren in ihren Augen der Überlebenstrieb sehr stark zu erkennen. Dieses Bild stimmt mich wieder fröhlich. Ich streckte meine Hand nach den beiden aus, aber da sprang Roona dazwischen. Ihr Schwert war gegen mich gerichtet. „Lass die Kinder da raus. Du hast schon genug getan. Sie dir nur diese Sauerei an.“, klagte sie. Für Vampire waren Menschen im allgemeinen auch nicht sehr viel wert, dass wusste ich. Daher fragte ich mich, wieso sie dies so furchtbar fand. Mein Blick war Hasserfüllt, weil sie mich permanent unterbrach und mich davon abhielt meinen Spaß zu haben. Ohne ein weiteres Wort klatschte ich sie gegen den nächsten Baum und fesselte sie mit meinen Schatten daran. Die Kinder rannten weg. Ich hinterher. Ehe ich mich versah, waren wir in der Stadt gelandet. So viele Menschen es hier doch gab. Als sie mich bemerkten, rannten sie schreiend davon. Nur verständlich, war ich doch der Jäger und sie die Beute. Die, die ich erreichte zerschlitzte ich mit den Klingen, jedoch konnte ich die Kinder nicht mehr finden. Ich befand mich mitten auf einer großen Kreuzung. Links und rechts neben mir waren lauter Hochhäuser und dazwischen kleinere Geschäfte. Normalerweise war hier sehr viel los, das typische Großstadtflair eben. Sogar nachts war hier viel los. Da stellten sich mir 2 Hunter in den Weg. Sie schienen noch sehr jung, gerade erst aus der Ausbildung raus und beide trugen Schwerter als Waffen. Aber sie zitterten und das ließ sie schwach werden. Die Schwerter faszinierten mich jedoch aus irgendeinem Grund. Ich fühlte eine Verbundenheit zu ihnen. In mir keimte der Wunsch, eines davon zu besitzen. „Stehen… b… bleiben, Exile. Mach…n… noch einen Schritt und wir müssen dich töten.“, befahl einer der beiden Hunter mir mit seiner lächerlichen, zarten Stimme. „Tse, Anfänger.“ Ich landete hinter ihnen, aber sie konnten tatsächlich ausweichen, zu meinem Erstaunen. „Unterschätz uns nicht.“, brach der Hunter nun etwas selbstbewusster hervor. Einer der beiden hatte sein Ersatzschwert verloren. Es funkelte mich an und ich nahm es hoch. Es mag nur ein einfaches Schwert gewesen sein, aber das Gefühl kam mir so vertraut vor es zu führen. Die folgenden Hiebe parierte ich alle mit diesem Schwert. Endlich fühlte ich mich vollständig, auch wenn es nicht das perfekte Schwert war. „Oh nein… seit wann können Exile mit Schwertern umgehen?“, klagte einer der beiden entsetzt. „Das kann nur heißen… vor uns steht ein… Hunter!“, stellte der andere fest. „Nur wer? Ein guter, anscheinend…“ „Ich dachte immer Hunter begehen lieber Selbstmord, als zu erwachen.“ Diese Worte verwirrten mich und sie schienen eine wahre Klage zu sein. Nun erschien vor meinem inneren Auge wieder dieses Mädchen… Sie hielt ein Schwert an ihre Kehle, aber jemand schlug ihr den Arm ab und ihr wurde es versagt zu sterben… Wer war sie nur? Während ich in Gedanken war, traf mich einer der Hunter. Es war kein schlimmer Schnitt, aber etwas in mir schrie auf. Erinnerungen… Sie flogen wild umher und ich konnte sie nicht ordnen, aber alle waren schmerzhaft. Überall war Blut und Hitze. Vor mir tauchten Bilder unzähliger verschiedener Yajuu und auch Exile auf. Alle versuchten mich zu töten, doch irgendwie war ich dem Tod immer wieder von der Schippe gesprungen. Endlich begriff ich, dass es meine eigenen Erinnerungen waren. Ich schrie auf. „Lasst das! Ich will mich nicht erinnern… bleibt weg.“ „Was ist mit ihr los?“ „Ich glaube… sie erinnert sich and dass wer sie war… Wir müssen unsere Chance nutzen. Los.“, besprachen sich die Hunter schnell. Die nächsten Sekunden verstrichen nur sehr langsam. Ich schaute gerade auf und sah, wie die beiden auf mich zustürmten, aber ich konnte mich nicht so recht rühren. Sie zückten die Schwerter und sprangen auf mich zu. Dann landeten sie hinter mir. Nur getroffen hatten sie mich nicht. Stattdessen gingen beide zu Boden. Als ich aufsah, bemerkte ich das Blut was an meinen ausgestreckten Klingen hing. Ich konnte mich nicht entsinnen mich bewegt zu haben, aber dort lagen sie. Zwei schwer verletzte Hunter. Nein, einer von beiden konnte sich noch bewegen und versuchte den anderen bei Bewusstsein zu halten… Partner lässt man nicht im Stich. Nein… ich wollte mich nicht erinnern. Ich wollte es zu Ende bringen, denn ich dachte, dass so auch diese aufkeimenden Erinnerungen wieder erstickt würden. Doch plötzlich landeten zwei Wesen auf dem Platz… und ein Mensch. Ich schaute mich um. Auf einer Seite stand ein weiblicher Exile. Sie fixierte mich mit ihren Klauen und auch der andere Exile tat dies. Der Mensch dahinter ging zu den verletzten Huntern. „Rui? Was machst du denn hier?“ „Nichts, ich rette euch nur den Hintern. Wie könnt ihr allein einen Exile herausfordern? Ihr wisst, dass ihr noch nicht bereit dafür seit.“, unterhielt er sich mit meinen Opfern. „Ja aber was hätten wir denn tun sollen…“ „Verstärkung rufen, zum Beispiel.“, belehrte er sie streng. „Entschuldige…“ „Egal, ich bringe euch hier weg.“ „Aber da sind noch zwei…“ „Keine Sorge, die haben jetzt ihren eigenen Streit.“ Rui verschwand mit den beiden anderen, noch ehe ich reagieren konnte. „Hey Kyria, so geht es nicht.“, sprach mich der weibliche Exile so vertraut an, dass es mich verwirrte. „Was wollt ihr?“, fragte ich gereizt über diese erneute Unterbrechung. „Dies ist auch unser Territorium. Du kannst hier nicht einfach wildern.“ Anubis wirkte noch aggressiver, als ich selbst. Ich lachte. „Ach darum geht es euch.“ Ich streckte mich, wie eine Katze, um sie zu provozieren. „Wir können das auch friedlich lösen, wenn du dich einkriegst. Wir haben kein Interesse daran einen unserer Art zu verlieren.“, erklärte die Exile, welche um einiges disziplinierter schien, als der andere. „Und was ist, wenn ich nicht will?“, fragte ich spöttisch. „Dann töten wir dich.“, fauchte Anubis. Beide waren in Angriffsstimmung. „Dann tötet mich lieber.“, stellte ich trocken fest und spreizte meine Klingen. „Wie du willst.“ Schon sprang Anubis hinter mich und ohne Pardon wurde ich durchbohrt. Ich fletschte die Zähne und schlitzte über seinen Rumpf. Doch da stand schon Chrona hinter ihm und schlitzte über meinen Arm. „Wir wissen, als junger Erwachter kann man den Drang kaum unterdrücken, das kommt erst mit der Zeit, aber glaube nicht, dass wir darauf übermäßig Rücksicht nehmen werden.“, versuchte sie mir zu erklären. Ich lächelte böswillig und jagte Chrona einige Schatten auf den Hals. Dann sprang ich aus deren Mitte hinaus. In der Luft spreizte ich meine Klingen und ließ sie gen Boden fahren. Chrona wehrte sie mit ihren Stacheln ab und Anubis wich einfach blitzschnell aus. Noch im selben Augenblick war Chrona hinter mit in der Luft und peitschte mit ihren Schweif gegen meinen Rücken. Mit meinem Arm konnte ich den Angriff noch abwehren, verlor dabei aber das Schwert. Als ich landete empfing mich Anubis bereits. Seine spitzen Schlingen umfingen mich. Ich musste einige Klingen opfern um zu entkommen… Kapitel 18: restart ------------------- „Alle Achtung für einen Frischling kämpfst du schon sehr gut. Man merkt, dass du ein Hunter warst, auch wenn du dich nicht erinnern kannst.“, stellte Anubis grimmig fest. Ich war enttäuscht. Wieso konnte ich nicht gewinnen? Selbst bei dem Vampir hatte ich schon Schwierigkeiten, aber bei den beiden konnte ich kaum einen Treffer landen. Doch ich konnte nicht aufgeben, etwas zwang mich weiter zu kämpfen. Ich ließ wieder meine Schatten los. Doch sie waren sichtlich schwächer geworden. Chrona durchtrennte sie einfach mit einer Klaue und landete hinter meinem Rücken. Es gelang ihr mich mit ihren Klauen zu streifen. Nur mit Mühe konnte ich nach rechts ausweichen, wo Anubis mich sogleich empfing und mich letztendlich mit seinen Schlingen fesselte. Sie waren so scharf, dass sie sich in mich schnitten. Langsam hoben sie mich in die Höhe. Ich strampelte in der Luft, aber nicht einmal meine Schatten wollten noch gehorchen. Chrona schnitt meine Klingen ab, eine nach der anderen. Es tat weh, aber ich war nicht mehr in der Lage sie zu regenerieren. Mein ganzer Körper war von Wunden übersät. Ich spuckte Blut. Eine gewisse Verzweiflung breitete sich in mir aus, aber auch Entspannung. Ein Teil von mir wollte sterben? Der letzte Rest meines menschlichen Selbst? Nun ahnte ich, wer dieses Mädchen in meinen Visionen war, ich war es selbst -Ich bevor ich erwacht war. Diese Erkenntnis war nicht zu umgehen. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Anubis mich durchbohrte, mehrmals und extrem schmerzhaft. Ich schrie auf. Da war er wieder… fast derselbe Schmerz, den ich während meiner Verwandlung hatte ertragen müssen. Ich dachte, dass wäre vorbei, dass ich so etwas nie wieder spüren müsste, aber ich hatte mich wohl geirrt. Anubis schleuderte mich in die Luft und ließ mich los. Dort erschienen dann beide zeitgleich hinter mir und verpassten mir einen heftigen Schlag gegen meinen Rücken. Ich knallte zu Boden, sodass dieser zersprang, als wäre ein Meteorit dort gelandet und hinterließ einen Krater. Dort lag ich nun auf dem Rücken. Ich schnappte keuchend nach Luft. Letztendlich hatte ich meine Energie vollkommen aufgebraucht, was bewirkte, dass meine ursprüngliche Gestalt wieder zu Tage kam. Zitternd hob ich meine verbliebene Hand über mein Gesicht. Das erste Mal seit Jahren kamen Tränen in meine Augen, denn nun traf mich die Schuld der Dinge, die ich in der kurzen Zeit angestellt hatte in der ich erwacht war. „Ich hab das nicht gewollt… wieso habt ihr mich nicht töten können, bevor ich all diese Menschen getötet habe? Wieso habt ihr mich erwachen lassen…“ Ich schaute nach oben, denn ich wusste, dass Chrona und Anubis dort standen. „Nun bringt es wenigstens zu Ende, solange ich wieder wie ein Mensch denken kann…“, rief ich den beiden zu, auch wenn ich sie nicht sehen konnte. Kaze hatte ganz Recht gehabt, es war die schlimmste Strafe für einen Hunter so zu enden. Die beiden standen oben am Krater und hoben ihre Klingen gen Himmel. Es kam nicht oft vor, dass Exile andere exekutierten, nur wenn man als Bedrohung galt. Ich hatte es jedoch verdient. Während meiner kurzen Lebensdauer hatte ich bereits mehrere Menschen getötet, Hunter angegriffen, ja sogar meine eigene Schwester und auch… Roona. Zu mir selbst sagte ich: „Weißt du, das ist das komische bei uns gewesen. Du hast mir offen gezeigt, was du empfindest und ich… ich habe es versucht zu ignorieren. Am Anfang, weil ich ein Hunter und du ein Vampir warst, aber am Ende, weil ich wusste, was ich werden würde… oder eigentlich hatte ich geplant zu sterben, bevor es soweit kommt. Ich wollte es dir nicht sagen, denn auch ich hatte mich verliebt… ein Hunter in einen Vampir eines sehr hohen Ranges… Bei deinem Angebot damals, hätte ich sehr gerne zugestimmt, aber ich konnte es nicht. Und trotzdem hast du weiter zu mir gehalten. Du bist schon komisch, Roona. Aber du lebst noch ewig, das heißt du wirst schon jemanden für dich finden… zumindest Wünsche ich es mir für dich…“ Ich lachte auf, als ich bemerkte wie melancholisch ich doch klang. Normalerweise hasste ich so was, wie die Pest. Es mag mir wie Stunden vorgekommen sein, aber tatsächlich hatten diese Gedanken nicht einmal eine Minute gedauert. Chrona und Anubis hatten sich noch nicht weiter gerührt, denn sie bereiteten den finalen Stoß vor. Ihre Augen blitzten kurz auf, dann stürzten ihre Klingen rasend schnell auf mich zu. Den Schmerz spürte ich kaum. Und ehe ich mich versah, waren Anubis und Chrona verschwunden. Was sollten sie auch warten, bis ich hier starb, es war eh nur noch eine Frage von Minuten. Nun lag ich einsam da. In einem Krater in der Stadt, die wie eine Geisterstadt erschien. Nirgendwo war ein Mensch, keine Geräusche, nur der Regen der auf den Asphalt prasselte. Das Gewitter war schlimmer geworden. Auch wenn sie mich hart erwischt hatten, so leicht starb ein Exile nicht. Sofern man nicht zerstückelt wurde, verblutete man einfach langsam. Und dabei hatten sie mich wirklich hart erwischt. Am Krater tauchte plötzlich ein Schatten auf. Wer auch immer es war, mit seiner Ankunft wurde das Wetter noch mieser. Zumindest kam es mir so vor. Bald bemerkte ich dass es sich um eine Frau handeln musste, denn ihre Haare flatterten im Wind und sie war zart gebaut. Ein Mantel oder ein Umhang flatterte im Wind. Und sie schien mehrere Schwerter zu tragen. Sie rührte sich nicht, schaute nur zu mir. Ich erkannte sie nicht wirklich, denn ich sah durch den Blutverlust ziemlich verschwommen, aber ein unheimliches scharlachrotes glühen, schien in ihren Augen zu sein. Sie stand einfach nur da und blickte mich an. Ich fühlte mich komisch dabei und wollte ihr eigentlich sagen, dass sie verschwinden sollte, aber ich war zu schwach dazu. Plötzlich schaute sie zur Seite. Es begann langsam zu dämmern, verrieten die Schatten. Und da war sie auf einmal verschwunden. Schon begann ich mich zu fragen ob sie nur eine Illusion gewesen war, aber da erschien jemand anderes an ihrer statt. Sie landete neben mir im Krater und beugte sich über mich. Sie rief meinen Namen, immer und immer wieder. Die Sorge wurde von Mal zu Mal größer. Endlich rang ich mich dazu durch sie zu betrachten. Kaum hörbar flüsterte ich „Roona…“ Sie schien etwas erleichterter zu sein. „Hey halte ja durch. Ich werde dir nicht verzeihen, dass du mir innerhalb von 24 Stunden einen Korb gegeben hast, dann versucht hast dich selbst und dann mich umzubringen, nur um dann doch zu sterben!“ Ich lächelte amüsiert. Zumindest dachte ich, ich würde es tun, aber meine Mundwinkel gehorchten nicht und so blieb ich starr. Das war die Roona, die ich kannte. „… Du solltest mich lieber… vergessen…“, brachte ich mühsam heraus. „Vergiss es. So kommst du mir nicht davon.“, unterbrach sie mich energisch. Sie biss sich in das Handgelenk und beugte sich dann über mich und ließ das Blut auf meine Wunden tropfen. Ich schnitt erst gar nicht mit, was sie da tat. Vampirblut wurde stets nachgesagt eine heilende Wirkung zu haben, aber der Glaube daran war nicht sehr ausgeprägt. Als nun aber ihr warmes Blut auf die zahlreichen Verletzungen auf mir gelangte, da wirkten sie wie ein Schmerzmittel. Anschließend begannen sich die Wunden tatsächlich zu verschließen, wenn auch nur langsam. Dies wiederholte sie noch ein paar Mal, damit es schneller voran ging. Dann hielt sie inne. „Erstaunlich… es klappt. Wie gut, dass du kein Mensch mehr bist, da wärst du schon lange tot.“ Sie grinste mich frech an. Ich war noch immer sehr schwach, merkte aber, dass ich wahrscheinlich nicht mehr sterben würde. Ich konnte sogar wieder etwas lauter sprechen. „Wieso tust du das?“, fragte ich verwirrt. „Na warum wohl, ich will mich später an dir rächen.“, gab sie ohne zu zögern zurück. Ich schloss die Augen kurz und sagte dann. „Kannst du gerne tun, aber vorher musst du mir die Chance geben mich zu bedanken.“ „Und wie?“, fragte sie irritiert. Mit noch zitternder Hand zog ich sie an den Haaren zu mir herunter und obwohl ich knallrot wurde, hielt ich nicht inne, als ich sie küsste. Erschöpft ließ ich mich wieder zu Boden knallen. Roona war verdutzt. Wäre ich etwas fitter gewesen, hätte mich das sicher zum Lachen gebracht. „Soll das heißen, du bist endlich bereit meine Partnerin zu werden?“, sagte sie schließlich und hob eine Augenbraue in die Höhe. „Wie auch immer du es nennen willst.“, seufzte ich. Nun kam Roona zu mir herunter und küsste mich ebenfalls. Jedoch viel inniger, als zuvor. Als wir uns voneinander lösten, war in mir eine seltsame Wärme. „Ich weiß jetzt was Chrona meinte.“, sagte ich schließlich. „Inwiefern?“, fragte sie neugierig. „Als Exile kann man wirklich ein bisschen menschlich bleiben, solange man jemanden hat, der dich bindet. Ich glaube deswegen haben sie mich nicht gleich getötet.“, versuchte ich ihr zu erklären. „Ich verstehe…“ Roona stand nun auf und musste mich Huckpack nehmen, da ich beim besten Willen noch nicht selbst wieder laufen konnte. „Jetzt bring ich dich erst einmal zu mir nach Hause. Bevor es richtig Tag wird und sich wieder Menschen hertrauen.“, lachte sie fröhlich gestimmt. Und zusammen verschwanden wir in einer Gasse. „Na also geht doch.“, freute sich Chrona. „Ich hätte sie gleich getötet.“, gab Anubis ihr mürrisch als Antwort. Die beiden standen auf einem Dach in der Nähe und hatten das Geschehen beobachtet. „Wusste ich doch, dass sie eine Gespielin hatte. Außerdem weißt du ganz genau, dass hier bald alles drunter und drüber gehen wird. Da können wir jede Kampfkraft gebrauchen.“, parierte sie ihm. „Du magst recht haben, aber es hätte trotzdem schief gehen können. Einer allein hätte durchaus gegen sie verlieren können.“, ermahnte er sie. „Ich weiß, aber jetzt hat sie sich ja wieder gefangen… und ich werde ihr schon zeigen, wie man sich im Griff halten kann.“ „hmm….“, murrte Anubis. Die beiden wussten, dass sie sich in einem Kessel befanden, in dem es keinen Ausweg mehr gab. Sie Gewitter der letzten Zeit waren die Vorboten der kommenden Ereignisse gewesen und so schien die Luft bereits seit Tagen unter Spannung zu stehen. Sicher, nicht viele waren sich dessen aktiv bewusst, aber im Unterbewusstsein hatten es alle Lebewesen in der Umgebung auch gemerkt. So war es nicht verwunderlich, dass die Erwachtenrate in letzter Zeit sehr gestiegen war und all die Tiere sich verschreckt in ihre zu Hause zurückgezogen hatten. Durch die schattigen Gassen der Stadt bewegte sich eine Gestalt. Sie hatte es nicht besonders eilig. Ihr Mantel wehte im Wind umher und ihre Schwerter klapperten leicht aneinander, wenn sie lief. Wie lange wohl noch? Wie lange würde der trügerische Schein dieser Stadt noch gewahrt werden, bevor die Hölle losbrach? Das sie den Kampf der Exile miterlebt hatte, war nicht der Grund gewesen, weswegen sie ursprünglich gekommen war. Nein, sie hatte die Gelegenheit genutzt um sich den neuen Gast dieser Stadt näher zu betrachten. Klammheimlich und durch die Hitze der Kämpfe getarnt, war sie seelenruhig hierher gekommen und schritt just in diesem Moment durch die Straßen, genau wie sie selbst. Zweifelsohne wollte auch sie sehen, was sich hier zusammenbraute. Die dunklen Wolken sprachen für sich selbst. Kapitel 19: Die Geburt der Yajuu 1 ---------------------------------- Ein Schatten zog durch die Straßen. Es regnete, wie immer in letzter Zeit. Der Schatten manifestierte sich und ein junges Mädchen war zu erkennen, äußerlich nicht älter als 12 Jahre zu schätzen. Um sie herum waberten einige kleine Nebelwolken, aber für Außenstehende sah es nur wie gewöhnlicher Regen aus, der irgendeine Spiegelung oder so hervor rief. Das Mädchen trug nur ein leicht zerfetztes Kleidchen, sonst nichts und ihre schulterlangen braunen Haare hingen durchnässt herab, aber dennoch beachtete sie niemand weiter. Die Leute schauten sie zwar entsetzt an, zumindest einige, aber alles im allen scherte sich niemand um das mittellose Mädchen. Sie tappte weiter durch den Regen und blickte verwundert die leuchtenden Häuser an. „Ich glaube an den Fortschritt kann ich mich nicht so recht gewöhnen. Naja ich bin wohl einfach schon zu alt dafür.“ Irgendwann kam sie am Park vorbei. Sie entschied sich ihn zu durchqueren und erreichte ein kleines Plateau. Über der Stadt lag ein merkwürdiger Dunst und irgendwie stand eine Spannung in der Luft. Die Menschen hatten Angst und die Welt war zerstört. Es war fast so, als stände eine Apokalypse bevor. Nicht einmal Tiere waren mehr unbeschwert. Irgendwann ging das Mädchen weiter und erreichte den wohl schlimmsten Teil der Stadt. Er war komplett von Kämpfen zerstört und nun wurde dort nur noch Müll abgeladen. Ein trostloser Ort... Nun wollte das Mädchen nicht mehr laufen. Sie setzte sich auf ein großes Stahlrohr, welches herrenlos in der Gegend lag und betrachtete sich selbst in einer großen Pfütze. Vorsichtig hob sie ihr Handgelenk und betrachtet die Nummern, die darauf eintätowiert worden waren „19.9.8.16.1.18.5.19“ „Werde ich das jemals wieder los? Wohl eher nicht… na ja das ist wohl der einzige Beweiß, den es noch für meine Existenz gibt, schätze ich… und für mein früheres Leben.“, sprach sie zu sich selbst verloren in ihren Gedanken und mit ausdrucksloser Miene. Verträumt blichte das Mädchen in die Wolken und ihre Gedanken drifteten weiter davon. Wenige Augenblicke später saß sie wieder in dieser engen dunklen Zelle und hörte die gequälten Schrei um sich herum. Ja, ihre Vergangenheit war nicht wirklich ein Segen gewesen… eher ein Fluch für die gesamte Menschheit. „Hey, ich hab jetzt endlich einen Namen für dich gefunden. Du sagst ja du hast nie einen bekommen, nur diese olle Zahlenkombination, aber die kannst du ja nicht behalten. Willst du es hören?“ Das Mädchen lag auf dem Rücken auf dem unteren der beiden Doppelbetten. In ihren Armen war ein Junge, der vielleicht 2 Jahre jünger war als sie. Sie selbst war erst vor wenigen Wochen 12 Jahre alt geworden, aber außer Yoru hatte es niemanden interessiert. Wo sie war? Sie war eine von hunderten Kindern, die heimlich in den unterirdischen Laboren der Regierung gehalten wurden, um mit ihnen zu experimentieren. Es tobte der 3. Weltkrieg und die Menschheit wurde radikal dezimiert. Nun hatte sich ein reiches Land überlegt, es brauche eine Superwaffe, um zu gewinnen. Heimlich wurden überall Kinder eingesammelt, Neugeborene wurden den Eltern manchmal sofort abgekauft. Sie bekamen keinen Namen nur einen Zahlencode und wurden ihr Leben lang in einer kleinen Zelle eingesperrt, meist mit einem Partner und mussten dort ihr Dasein fristen und warten, bis sie wieder abgeholt wurden, nur damit weitere Experimente durchgeführt werden konnten. 500 Meter unter der Erde hörte niemand ihre Schreie. Vor dem Krieg gab es jahrelang bereits Auseinandersetzungen, die der Menschheit schadeten. Die Ressourcen waren knapp geworden und große Teile der Welt waren durch Verschmutzung und Naturkatastrophen unbewohnbar geworden. Die Armut stieg so immer weiter. Irgendwann wurde aus dem inoffiziellen Krieg, dann der offizielle 3. Weltkrieg, an dem sich jedes Land beteiligte, welches über Kampfkraft verfügte. Viele schlossen sich in ihrer Verzweiflung auch zusammen. So dauerte dieser Krieg nun schon fast 15 Jahre und ein Ende war nicht in Sicht. Und das Mädchen und ihr kleiner Freund waren mitten drin. Sie blickte Yoru in die Augen. „Nun, ich bin ganz Ohr. Was hast du dir ausgedacht?“ „Seraphis! Klingt toll oder?“, platzte es sofort aus ihm heraus. „Wie kommst du denn darauf?“ „Naja… deine Zahlenkombi rückwärts ergibt das… Gefällt es dir nicht?“ Er setzte seinen Welpenblick auf. „Nein, nein, ich mag den Namen, nur ist er recht lang. Aber echt schlau, wie du darauf gekommen bist.“ Sie struppelte ihn durch die Haare und er freute sich darüber. „Dann nenn ich dich einfach Sera… als Kurzform.“, überlegte er. „In Ordnung, dann heiße ich ab heute eben Sera. Soll mir recht sein.“, gab sie lächelnd nach. Einen Namen… ein merkwürdiges Gefühl. Yoru lachte und kuschelte sich an sie. In diesen Zeiten in denen es kaum Freude gab, war die Nähe zu einem Menschen oft das einzige was einem blieb. Doch plötzlich musste Yoru husten. Erschrocken fuhr Sera leicht hoch. „Alles in Ordnung?“ „Ja… geht schon… alles ok.“, keuchte er und rang nach Luft. „Nein, nichts ist ok. Du verträgst all diese Experimente überhaupt nicht. Du wirst immer schwächer. Wenn das so weiter geht, stirbst du noch. Das will ich aber nicht.“, sagte sie aufgebracht. „Keine Sorge, ich sterbe schon nicht. Ich kann dich ja nicht allein lassen.“ Mühsam lächelte Yoru und wischte sich das Blut vom Mund. Dann legte er sich wieder hin. „Meinst du, sie werden je den Erfolg haben, den sie wollen?“, lenkte er vom Thema ab. „Weiß nicht… sie machen leider Fortschritte.“ „Ja, aber sie können sie nicht kontrollieren, das ist das Problem.“ „Naja, wenn sie es lösen, dann haben sie wohl gewonnen.“, murmelte sie. „Was wird dann aus den anderen?“ „Die werden wohl sterben…“ Da ertönte ein gequälter Schrei ein paar Zellen weiter. Ein älteres Mädchen, vielleicht um die 16 Jahre rastete total aus. Sie schrie und demolierte in der Zelle. Ihre Kameradin versuchte sie erst noch zu beruhigen, aber es gelang nicht. Es wurde immer schlimmer. Die Schreie wurden schriller und monströser. „Es ist wohl wieder passiert. Es erwacht wieder eine.“, keuchte Yoru erstickt und ängstlich. „Ja, aber sie hat schon seit vorgestern Anzeichen gezeigt.“, fügte sie hinzu. Die Schreie verwandelten sich nach einigen Minuten in ein tiefes Knurren und der Schatten in der Zelle wurde größer. Die andere in der Zelle schrie vor Angst und versuchte an ihre Menschlichkeit zu appellieren, ohne Erfolg. Einen Augenblick später erstarben die Schreie, als man nur noch ein lautes knacken hörte. „Sie hat sie umgebracht!“, schrie Yoru auf. Obwohl auch er schon lange hier war, konnte er sich nicht daran gewöhnen. Es zermaterte ihn. „Pst. Ruhig. Komm her.“ Sera drückte Yoru fester an sich und sie warteten still darauf, dass die Wärter kamen, die Bestie betäubten und sie dann wegschleiften. Ein anderes Team entsorgte die Leiche, der anderen. Während dieser Zeit waren alle Zellen wie ausgestorben. So lief es eben ab. Die Wissenschaftler spielten mit den Genen der Menschen herum, Kinder eigneten sich anscheinend am besten. Am Anfang verstarben alle, aber irgendwann gelang ein Durchbruch. Ein Kind der damaligen 3. Generation von Laborratten, mutierte zu einer furchtbaren Bestie und tötete dabei alles was in dessen Quere kam. Man nannte diese neuen Wesen Yajuu, die Bestien. Mit der Zeit wurden immer mehr Yajuu geschaffen, die aber nicht zu kontrollieren waren. Daher schaffte man sie in einen Bunker tief unter der Erde und sie wurden dort wie Tiere gehalten, bis man irgendwann ein Mittel finden würde, sie doch zu kontrollieren, denn sie waren schließlich sehr wertvoll. Man hatte jedoch noch nicht herausgefunden, wie genau der Prozess ablief. Es verhielt sich wie ein Virus. Lange Zeit geschah nichts. Doch dann begann es wie mit einer normalen Erkältung und nach spätestens 3 Tagen mutierten die Betroffenen und verloren jegliche Menschlichkeit. Sera wurde schon seit ihrer Geburt hier eingesperrt, aber ihr war es noch nicht passiert. Es gab viele, die schon jahrelang verharrten und sich dann verwandelten und andere verwandelten sich bereits nach der ersten Anwendung. Yoru war auch bereits länger da. Er kam zu Sera, als er 4 war und sie wurden beste Freunde, oder viel mehr wurden sie zu einer kleinen Familie. Während Sera akzeptable Testergebnisse in Verträglichkeit und Widerstandskraft erzielte, war Yoru jedoch eher schwach. Sein Körper verwandelte sich nicht, er rebellierte komplett gegen die Versuche und wurde langsam schwer krank und starb. Immer wieder versuchte Sera mit den Wachleuten zu reden und sie dazu zu bewegen ihn in Ruhe zu lassen und nur sie zu nehmen. Sie hätte alles ertragen, damit ihre Familie nicht starb. Yoru versuchte es immer herunter zu spielen und ging doch jedes Mal mit. Am nächsten Morgen wurden sie erneut abgeholt. Lange klammerten sie sich aneinander und wurden dann unsanft auseinander gezerrt, als es den Wachleuten reichte. Sera bestand darauf an seiner Seite zu bleiben, aber man ignorierte sie nur. An dem Tag bekam sie 8 Spritzen und musste 5 Ausdauer und Krafttests machen. Man war wohl zufrieden mit ihr, denn sie konnte wieder gehen danach. Doch Yoru war noch nicht da. Sie wartete geduldig und erst sehr spät abends brachten sie ihn zurück. Sie mussten ihn regelrecht hinterher schleifen, denn er war buchstäblich am Ende. Die Wachleute schmissen ihn unsanft in die Zelle und schlossen ab. Schockiert über Yoru´s Zustand rannte Sera zu ihm und fing ihn auf, bevor er auf den harten Boden aufschlug. Seine Augen waren Blutunterlaufen, aber er versuchte sie anlächeln. Seine dunklen Haare klebten ihm vor Schweiß im Gesicht. Wütend fauchte Sera die Wärter an. „Was habt ihr mit ihm gemacht?! Lasst ihn gefälligst in Ruhe, merkt ihr nicht, wie sehr er darunter leidet?“ „Klappe, solche Schwächlinge machen es eh nicht mehr lange.“ Er spuckte vor ihre Füße und dann verschwanden die Wärter. Vorsichtig hievte sie Yoru auf das Bett. „Was haben sie nur mit dir gemacht?“ „Nur ein paar Tests… nichts Schlimmes.“, flüsterte er ausgezerrt. „Nichts Schlimmes? Schau dich doch mal an, du bist am Ende deiner Kräfte.“, regte sie sich auf, wobei sich ihre Wut nicht gegen ihn, sondern gegen die Wissenschaftler und Wärter und… eigentlich alles hier richtete, was sie so quälte. „Das wird schon wieder ich muss mich nur ordentlich ausruhen…“ Schon schlief Yoru ein. Sera kochte vor Wut. Am nächsten Tag kehrten die Wärter zurück. Yoru war noch immer nicht wach zu bekommen, daher wollte sich Sera um das ganze kümmern. Mutig und entschlossen trat sie vor die Wachen, auch wenn sie innerlich vor Angst zitterte. „Ich mach euch einen Vorschlag. Ich mach seine Tests alle mit, dafür lasst ihr ihn in Ruhe.“ Nach einigem hin und her willigten die Wissenschaftler tatsächlich ein. Sera handelte einen richtigen Vertrag mit ihnen aus. Sie willigte ein alles über sich ergehen zu lassen, dafür wurde Yoru medizinisch versorgt und war für´s erste aus dem Schneider. Dieser wunderte sich später über seine neue Behandlung, aber Sera erzählte ihm natürlich nicht die Wahrheit. Die Experimente mit ihr wurden sogleich viel härter. Schließlich hatte sie nun die doppelte Anzahl zu ertragen, was sie jedoch still hinnahm, denn sie sah, dass es Yoru besser ging, seit er versorgt wurde. Einige Monate ging dies gut, doch auch kam der Punkt, an welchem auch sie ihre Grenze der Belastbarkeit erreichte. Die Tests zerrten an ihren Kräften und auch wenn sie es zu überspielen versuchte, sanken ihre Leistungen mit der Zeit deutlich. Die Wissenschaftler sahen darin einen Vertragsbruch und nahmen wenige Tage später die Experimente mit Yoru wieder auf. Als Sera davon erfuhr war sie außer sich, doch die Wissenschaftler ignorierten sie einfach. Als dann die Wärter eines Tages wieder kamen um die beiden abzuholen, stellte sich Sera quer. „Ihr werdet Yoru nicht mitnehmen! Er ist total fertig und würde das kaum durchhalten, dass müsst ihr doch sehen. Ich lasse nicht zu, dass ihr ihn mitnehmt.“ „Nein, lass doch… du wirst nur wieder bestraft werden!“ Yoru stand hinter ihr und versuchte sie zur Vernunft zu bringen. „Nein, ist schon gut.“, brummte sie entschlossen. „Was soll das Affentheater hier? Kommt ihr wohl mit?!“ Die Wachen zeigten sich unbeeindruckt, schließlich stand vor ihnen nur ein ausgezehrtes Zwölfjähriges Mädchen. Den Wachen ging es prima und sie waren zudem gut bewaffnet. Von so jemand ließen sie sich nicht auf der Nase herum tanzen. Dennoch stellte sie sich weiterhin Quer und keifte die Wachen an. Ohne Umschweife packte einer seinen Schlagstock aus und schlug sie damit brutal nieder. Sera wurde Bewusstlos und die Wärter nahmen Yoru mit. Doch auch sie nahmen sie mit. ........................................................................................ So, das war der erste Teil des kleinen Intermezzos ^^ Von der Handlung her werden nämlich nun andere Personen im Vordergrund stehen, auch wenn Kyria und co. natürlich nach wie vor vorkommen werden. Achja und bevor ihr euch wundert, Yajuu spielt ziemlich weit in der Zukunft, der Krieg selbst ist zeitlich hier etwa 2500/2600 gewesen und die Haupthandlung spielt um etwa 3000 :) Außerdem möchte ich mich mal bei meinen Lesern bedanken und auch für die gelegentlichen Meinungen dazu :3 lg Avyr Kapitel 20: Die Geburt der Yajuu 2 ---------------------------------- Als Sera später erwachte, war sie an einen Tisch gefesselt. In ihr steckten einige Kanülen und sie war von Computern umringt. Die Wissenschaftler beluden gerade eine große Spritze und kamen zu ihr. Sie wollte sich wehren, aber sie war betäubt und daher gehorchte ihr Körper ihr nicht. Nur warum? Als das Mittel in der Spritze in ihren Körper gelangte, wusste sie warum. Das Mittel brannte wie die Hölle. Sera fühlte genau wo es von ihrem Herzen entlang gepumpt wurde und alles schmerzte. Trotz der Betäubung strampelte und schrie sie auf, rein instinktiv. Ihr Puls stieg in die Höhe. Dann wurde ihr ein Armband umgelegt. Augenblicklich ebbte der Schmerz ab und vor Erschöpfung schlief sie sofort wieder ein. Einige Zeit war vergangen, als sie erneut erwachte. Ein Wissenschaftler stand vor ihr. Als er sich sicher war, dass sie ihn wahrnahm, sagte er drohend: „Nun hör gut zu. Ab heute wirst du dich gefälligst benehmen, verstanden? Das Mittel was nun in deinen Adern fließt ist der extrahierte Virus in verstärkter Form. Das Armband unterdrückt ihn durch einen speziellen Hemmstoff, aber ich sage dir, machst du uns noch einmal solchen Ärger, dann entfernen wir das Band und du wirst auf der Stelle mutieren. Haben wir uns verstanden?“ Beklommen nickte Sera, aber ihre Augen brannten fürchterlich und sie hätte am liebsten geschrieen. Es kostete sie einiges dies zu unterdrücken. Wenige Zeit Später schleifte man sie zurück in ihre Zelle in der Yoru bereits schlief. Sera rappelte sich kurz auf und schaute nach ihm. Er war sehr blass und wirkte schwach, aber zumindest schlief er ruhig. Noch immer hatte Sera große Schmerzen in ihrem Körper. Sie sackte in einer Ecke zusammen und schlief ebenfalls ein. Irgendwie brauchte sie das im Moment mehr als alles andere. Yoru weckte sie am nächsten morgen. „Wo bist du gewesen?“, fragte er besorgt. „Im Labor, sie haben mit mir nur ein wenig experimentiert.“, antwortete sie nach einigem zögern, was ihm sofort auffiel. „Ich hab doch gesagt lass es sein, nun wurdest du meinetwegen bestraft.“ „Ach quatsch. Die mögen mich eh nicht besonders und wegen dir würde ich alles in Kauf nehmen, ich würde sogar zu einem dieser Viecher werden.“ „Sag so was nicht. Ich will nicht, dass du so eine Bestie wirst und erst recht nicht wegen mir.“, klagte er. Sera seufzte. „Lassen wir das.“ „Gut.“ Yoru kuschelt sich an Sera und sie redeten noch eine Weile leise miteinander, bis die Wachen kamen. Trotz des inneren Widerstrebens musste Sera ihn gehen lassen. Die Tage waren lang. Ständig kamen neue und ständig mutierten andere. Yoru ging es noch schlechter. Er könnte kaum noch selbst laufen und musste ständig Blut brechen oder husten, was dazu führte, dass er immer dünner wurde. Verzweifelt musste Sera ihm zuschauen. Er starb und sie konnte nichts tun. Lange überlegte sie, was es für einen Ausweg gab und schließlich kam sie zu einem Entschluss… An diesem Abend, als sie Yoru ins Bett brachte kroch sie mit unter die Decke und wartete bis er fest schlief. Sie hatten sich unterhalten bis spät in die Nacht und endlich war er eingeschlafen. Es war etwa gegen Mitternacht, als Sera heimlich aus dem Bett stieg, Yoru ordentlich einpackte und ihn zum Abschied einen kleinen Kuss gab. Ihr standen die Tränen in den Augen, da sie wusste, sie würde ihn wohl nicht wieder sehen. Sie entschuldigte sich in Gedanken immer und immer wieder bei ihm, kam aber nicht umhin sich sein trauriges Gesicht vorzustellen, wenn er herausfand, dass sie weg war. Leise rief Sera die Wachen zu sich mit dem Vorwand eines Wunsches. Zwei bullige Wachen kamen und schlossen die Tür auf, da Sera sich so positionierte, das sie sie sonst nicht sehen konnten. Kaum war die Tür offen schnellte Sera hervor und schlug dem ersten gegen das Genick. Man brauchte nicht viel Kraft, wenn man die richtigen Punkte erwischte. Er klappte ein, wie ein Streichholz. Der andere stürmte augenblicklich auf sie zu, aber sie schnappte sich ein Messer aus der Tasche des anderen und stieß es ihm genau ins Herz. Yoru hatte von all dem nichts mitbekommen, denn schlief er einmal, bekam nichts ihn so leicht munter. Sera schleifte die Wachen aus der Zelle und lies sie im Flur liegen. Dann nahm sie Yoru auf den Arm und ging durch die Gänge zu den Laboren. Er war so erschreckend leicht, dass es keine Probleme darstellte ihn so zu tragen. In einer kleinen Taschen des Kleides versteckte sie das Messer und unter ihrem Kleid eine Pistole, die sie dem anderen abgenommen hatte. So schlich sie durch die Flure. Auch die anderen Gefangenen schliefen, man hörte einige leise schluchzen aus Verzweiflung über die Lage und man hörte die entfernten Schreie der Bestien im Keller. So erreichte sie die Labore. Sie öffnete die Tür und trat ein. Die Nachtschicht der Wissenschaftler blickte sie verdutzt an. „Was soll das bedeuten?“, fragte einer der Anwesenden sie aufgebracht. „Ich habe eine Forderung zu machen und ihre werdet sie mir erfüllen.“, sprach sie entschlossen. „Oder was?“ „Oder ich töte euch.“ Die Wissenschaftler lachten, aber die Lage war todernst. Der Boss der Truppe war jedoch gewillt sich ihre Bitte anzuhören. „Nun, leg erst die Waffe weg, dann können wir reden.“, erklärte er ihr ruhig. Sera nahm das Messer aus der Tasche und lies es fallen. Blut tropfte davon. „Du hast die Wachen getötet?“, fragte er sowohl erschrocken, als auch positiv überrascht und hob dabei eine Augenbraue. „Ganz recht.“ „Du weißt, darauf steht die Todesstrafe hier.“ „Ich bin mir dessen bewusst und ich bin gewillt sie anzutreten, wenn ihr mir meine Bitte erfüllt. Ihr werdet euch dauerhaft um Yoru kümmern und ihn versorgen, sodass er wieder topfit wird und dann lasst ihr ihn gehen, verstanden?“ Die Forderung war sehr gewagt, aber sie hatte entschlossen alles auf eine Karte zu setzen. „Wieso sollten wir? Er wird uns verraten und das können wir nicht gebrauchen.“ „Dann lasst ihn eben weiter oben, weg von den Bestien, als Putzdienst arbeiten, Hauptsache ihr hört mit den Experimenten auf.“ „Und dafür bist du gewillt zu sterben?“ „Ja, das bin ich.“, sagte sie entschlossen. „Wie selbstlos.“, lachte er und fügte hinzu, „Nun gut, ich stimme zu. Wir werden uns um den Jungen kümmern, er ist eh nicht von nutzen. Und du wirst ohne aufzumucken deine Strafe antreten.“ Sera nickte ernst. Heimlich wollte ein anderer Wissenschaftler gerade einen Notknopf drücken. Schnell zückte Sera ihre Waffe und zielte auf die Menge. „Keine Spielchen!“, rief sie zornig. „Wow, schon gut. Ivan, lass den Quatsch. Ich habe zugestimmt und das wird auch gemacht.“, wandte sich der Professor an den anderen. „Aber…“, versuchte dieser zu sagen, jedoch ohne Erfolg. „Nichts aber. Nun nehmt ihr schon den Jungen ab und bringt ihn auf die Medizinstation.“ „Ich bringe ihn selbst hin.“, sagte Sera finster. Das Risiko war einfach zu groß, dass sie ihn woanders hinbrachten, auch wenn sie sich bewusste war, dass sie ohnehin nicht wirklich etwas zu melden hatte. „Wie du willst. Dann folge mir.“ Der Mann ging vor und Sera folgte ihm, noch immer die Waffe in der Hand, während sie Yoru huckepack trug. Sie erreichten einen sauberen, hellen Raum. „Leg ihn auf das Bett dort.“ Sera tat wie geheißen. „Ich muss dir jedoch sagen, dass seine Chancen überhaupt zu überleben, sehr gering sind, wenn nicht gleich null.“ „Ist mir egal. Versucht euer bestes.“ Sie konnte die Wahrheit nicht anerkennen. Sera struppelte Yoru noch einmal durch das Haar und ging mit dem Mann zurück in das Labor. Ein paar Krankenschwestern begannen mit der Versorgung von ihm. Sera lief eine Träne über das Gesicht und hoffte einen Moment, es würde ihm gut gehen. Kaum war sie draußen nahmen Wachen sie ins Gewahrsam. Man hob sie unsanft hoch und der Mann kam zu ihr. „Nun, für dein Vergehen, gibt es keine Entschuldigung und du hast gesagt, du würdest deine Strafe akzeptieren. Hast du noch etwas, was du loswerden möchtest, bevor ich beginne?“ „Ja, ich sage euch eins. Sollte ich herausbekommen, dass ihr gelogen habt, dann werde ich egal wie, zurückkommen und euch allesamt töten.“ Der Mann lachte. „Wenn du das sagst. Wie edel deine Absichten für diesen Jungen nicht sind. Nun denn.“ Der Mann zückte einen kleinen Elektronischen Schlüssel und nahm ihren Arm. Er drückte ein Kleine Kombination, dann öffnete sich das Armband, welches den Virus unterdrückte. Man nahm es ihr ab. „Bringt sie weg.“ „Jawohl.“ Die Wachen packte sie und schleiften sie in den Keller zu den Bestien. Die Schreie waren grausam. Man brachte sie zu einem tiefen, dunklen Loch, welches auch eine Zelle war. Einmal drinnen, kam man so gut wie nicht mehr hinaus. Es war stockfinster, denn so tief unten gab es kein Licht. Das einzige was es in diesem Backsteingefängnis gab, war ein großes Loch, durch welches Wasser kam. Das Essen wurde durch die Tür geworfen, eine sehr massive Stahltür. In der Zelle war es muffig und es roch ein wenig nach Verwesung, abgestandener Luft und Schimmel. Die Wände waren schleimig. Man warf sie in diese Hölle hinein und verschloss die Tür. Schon wenige Stunden nach dem sie dort war, begannen die Schmerzen, wie damals, als sie die Spritze bekam. Sera wälzte sich auf dem Boden und kratzte vor Schmerz an den Wänden herum. Irgendwann sank sie in einer Ecke zusammen und sie klammerte sich selbst fest. Ihr Körper brannte wie die Hölle, aber sie weigerte sich zu schreien. Es war auch so laut genug. Sera merkte, wie der Virus, sich in ihr breit machte und sie umfing, aber sie beschloss etwas für sich. Sie würde solange bei Verstand bleiben, bis sie erfuhr, dass es Yoru gut ging. Sie würde nicht aufgeben, auch wenn alles in ihr schrie, zahlreiche Stimmen des Wahnsinns… So schlichen die Tage dahin. Die meiste Zeit verbrachte sie zusammengekauert in der Ecke. Irgendwann merkte sie den Schmerz kaum noch. Er wurde dumpf und sie fühlte kaum noch etwas aus ihrer Umgebung. Einmal am Tag öffnete sich das Rohr an der Decke und ein Schwall Wasser kam von oben. Man konnte es trinken und es wusch den Dreck weg, aber es war auch eiskalt. In der Mitte des Raumes befand sich ein Abflussloch, welches jedoch vergittert war. Das Essen schmiss man ihr durch eine Luke in der Tür in den Raum. Jeden Tag nur ein Stück Brot und ein Brocken Fleisch, eben für Yajuu. Aber man kam damit aus, wenn man sich nicht groß bewegte. So verstrichen die Tage… und Monate. Nichts geschah. Sera war die erste, die es Aushielt von allein den Virus zu unterdrücken, zumindest ein wenig. Sie befand sich nun 8 Monate in diesem Gefängnis. In dieser Zeit war ihr Körper sehr schnell gealtert und dann plötzlich stehen geblieben. Hätte man sie so gesehen, hätte man sie locker auf 20 geschätzt. Leichte Nebelschwaden zogen um sie herum, aber das war auch alles. Eigentlich sah sie absolut nicht wie eine der Bestien aus. Sie fristete ihr Dasein. Nur ein Gedanke hielt sie am Leben. Sie dachte jeden Tag an Yoru, hoffte es würde ihm schon viel besser gehen und er würde glücklich leben können. Ihre Hoffnungen wurden jedoch enttäuscht. Ein Jahr nach ihrer Einweisung kamen drei Wachen an ihrer Zelle vorbei. So konnten sie die Worte hören, die sie sagten. Zwei Wachen schienen gerade den Dritten herum zu führen und Einzuweisen. Ein Neuling eben. „So in diesen Zellen sind Sonderfälle, aber nur eine ist im Moment belegt.“, erklärte einer der Männer. „Was ist denn so besonders?“, fragte der Neue. „Da drin hockt ein Mädchen, welches vor etwa einem Jahr rebelliert hat und zur Strafe hat man sie in die so genannte Todeszelle gebracht. Ihr wurde der Virus direkt gespritzt. Mittlerweile wird sie wohl auch ein Yajuu sein, obwohl man sie nicht hört. Sie ist wohl von der ruhigeren Sorte, solange man sie in Ruhe lässt.“ „Ah, was hat sie denn verbrochen?“ „Sie hatte einen Mitbewohner, einen kleinen Schwächling. Aber sie schien ihn so sehr zu mögen, dass sie zwei Wachen tötete um mit ihm zu den Laboren zu gehen, um die Wissenschaftler zu erpressen ihn zu versorgen, denn er soll den Virus abgestoßen haben. Im Gegenzug ist sie freiwillig hierher.“ „Ah, und man hat da zugestimmt?“, fragte der Neue verwundert. „Tja der Boss hat damals ja gesagt, was hätte er auch tun sollen, das Mädel hatte eine Waffe.“ „Und hat er sich an das Gehalten?“ „Haha, das glaubst du doch wohl selbst nicht. Man hat zwar aufgehört, den Jungen mit dem Virus zu testen, aber man hat andere Dinge gemacht… die waren auch nicht besser.“, lachte einer der Wärter. „Ist er tot?“ „Nein noch nicht, aber ich habe erfahren, er soll wohl gestern zusammengeklappt sein. Jetzt liegt er auf der Notstation und wird versorgt. Aber er wird es wohl nicht mehr lange machen. Die haben im etwa einen Tag gegeben.“ „Wieso versorgen sie ihn dann?“ „Ach er liegt da nur rum, aber kriegt keine Medikamente. Es ist nur, weil man bis zum Schluss sehen will wie er reagiert, das ist alles.“ „Ich verstehe. Da hat das Mädel wo umsonst die Strafe auf sich genommen, was?“ „Natürlich, aber das war doch klar. Dummes Gör. Die hat es auch nicht anders verdient. Soll sie doch da drinnen verrecken. Zusammen mit ihrem kleinen Freund…“ Dann entfernten sich die Stimmen zu weit und Sera konnte sich nicht mehr verstehen, doch diese Worte hatten bereits gereicht, dass sie vor Zorn kochte. Kapitel 21: Die Geburt der Yajuu 3 ---------------------------------- Ohne es zu wollen stand sie kerzengerade und zum Zerreißen angespannt und starrte gegen die Tür, als würde sich diese so von selbst bewegen. Am liebsten wäre sie raus gerannt und hätte alle Lügner getötet, aber das ging nicht. Jedoch war sie nicht gewillt, weiter hier zu bleiben. Sera wartete bis sich das Rohr für das Wasser erneut öffnete. Mühsam kletterte sie die glitschigen Steine hinauf. Zumindest hatte sie genug Halt. Dann sprang sie zu dem Rohr hinüber. Da es recht breit war, hatte Sera keine Probleme hineinzuklettern. Eine Weile musste sie sich gegen die Wände stemmen, um nicht wieder heraus zu rutschen, dann schloss es sich wieder. Hier schien es noch dunkler als in der Zelle zu sein. Das Rohr war mit Wasser gefüllt, sodass Sera sich beeilen musste, dass sie nicht ertrank. Sie schwamm immer weiter und weiter in die einzige Richtung die es gab. Langsam wurde ihre Luft knapp. Verzweifelt versuchte sie das Ende zu erreichen, aber sie sah absolut nichts, was sie hoffen lassen konnte. Zudem war das Wasser sehr kalt, was sie zunehmend schwächte. Durch die Anstrengung merkte sie, wie ihre Muskeln sich verkrampften, jedoch versuchte sie nicht daran zu denken und kämpfte sich immer weiter vorwärts. Endlich erreichte sie einen flachen Teil. Das Rohr war hier fast waagerecht und das Wasser ging dadurch nur zur Hälfte. Sie kam hob den Kopf aus dem Wasser und atmete keuchend aus. Einige Minuten verharrte sie so und versuchte angestrengt zu atmen. Ihr Körper war kalt und steif, aber es kümmerte sie nicht weiter. Nach der Pause nahm sie noch einen ordentlichen Luftzug und schwamm weiter. Dieses Mal schaffte sie es recht locker bis zum nächsten Punkt. Sie ruhte noch einmal kurz und schwamm weiter. Je höher sie kam, desto wärmer wurde das Wasser, daher wärmte sich ihr Körper langsam wieder auf, was ihr zusätzliche Energie gab. Schließlich erreichte sie einen riesigen Raum, eine Art Wasserspeicher. Er war zur hälfte mit Wasser gefüllt. Hier war es ein wenig heller, sodass sie sich erst an das Licht gewöhnen musste, als sie auftauchte. Irgendwann entdeckte sie eine Leiter und kletterte auf ihr zu einem Plateau, wo wohl Wachen nach dem Rechten sehen konnten. Aber es war gerade niemand da. Eine dünnere Tür trennte sie von der Außenwelt. Kurz betastete sie diese und schlug dann ein paar Mal mit voller Wucht dagegen. Die Scharniere waren bereits angerostet und brachen. Die Tür flog ein Stück aus den Angeln und verhackte sich in der Wand. Sera grinste vor Freude und klettere durch den Spalt nach draußen. Kurz war sie blind, denn das fade Licht der Gänge war viel zu hell für sie. Ihre Augen tränten und auch ihr Körper brannte wieder schlimmer. Kurz hielt sie inne, dann raffte sich Sera aber wieder auf und schritt weiter vorwärts. Wie es der Zufall wollte, erschütterte noch ein anderes Ereignis den Tag. Den Yajuu im großen Gemeinschaftsbunker, war der Ausbruch ebenfalls geglückt. Ein anderer Neuling hatte sich zu nah heran gewagt und in einem unachtsamen Augenblick hatte ihn ein Yajuu gepackt und sofort zerfetzt. Dabei kam der Wärter auf den Auslöser, für den Türöffner und ihnen gelang die Flucht. Hunderte Yajuu machten nun die gesamte Anlage unsicher. Überall hörte man Schreie von Menschen die getötet wurden und auch die Zellen wurden aufgebrochen und die Kinder hinausgezerrt. Einige Insassen zerstörten ihre Armbänder oder mutierten aus Todesangst selbst zu Yajuu und vergrößerten so die Menge. Die Wachen hatte kaum eine Chance gegen solch eine Übermacht. So musste Sera sich zwar nicht vor ihnen verstecken, aber trotzdem musste sie mittendurch, um zur Krankenstation zu gelangen. Sie machte sich furchtbare Sorgen, dass sie Yoru vor ihr erreichten und sie rannte los. Sie kam an Gängen vorbei, welche blutverschmiert dalagen. Man konnte die Leichen kaum noch identifizieren, geschweige denn erkennen, ob da ein Gefangener oder eine Wache lag. Angewidert stieg Sera an ihnen vorbei. Vorsichtig umging sie alle Richtungen aus der Stimmen kamen. Doch ein Teil von ihr, war auf der Seite der Yajuu. Sera hatte kaum etwas für die Menschen übrig gehabt. Sie waren auch Monster. Sie hatten all die Leute ja erst zu dem gemacht, was sie jetzt waren. Nichtsdestotrotz schlich sie weiter. Endlich näherte sie sich den Laboren und der Notfallstation. Ohne Umschweife ging sie hin. Sie betrat die Station und schon stand sie vor ihm. Auf einem Bett schlief Yoru. Bei seinem Anblick zog sich in ihr alles zusammen. Er war abgemagert und kreidebleich. Seine Augen waren blutunterlaufen, die Haut trocken und spröde. Und er hatte merkwürdige dunkle Flecken auf der Haut. Er sah praktisch schon tot aus, aber der Herzschlag verriet, dass er noch lebte, wenn auch nur ganz schwach. Sera kamen die Tränen. Alles wofür sie gekämpft hatte, die Folter die sie ertragen hatte, all das war umsonst gewesen. Zu naiv hatte sie den Wissenschaftlern vertraut und ihnen Yoru überlassen. Sie setzte sich an sein Bett und streichelte Yoru sanft über den Kopf. So verharrte sie minutenlang. Zur gleichen Zeit stürmten einige überlebende Wissenschaftler das Labor und verriegelten es von innen. Der Neuling von den Wachen war lustigerweise auch dabei. Aufgeregte Stimmen durchfluteten den Raum. „Was machen wir nur?!“ „Was fragst du mich, der Boss ist verletzt.“ Man roch Blut. Der Boss kauerte auf einem Stuhl und hielt sich den Arm. Er war abgerissen worden und auf dem Kopf hatte er eine große Platzwunde. Verzweiflung machte sich breit. Die Wissenschaftler stützten ihn und gingen in den Notfallraum um sich medizinisch zu versorgen. Als sie den Raum betraten, schraken sie zusammen. „Was zum?!“ „Wer ist das?“ Sera schaute mit hasserfülltem Blick auf. „Das ist doch das Mädchen von vor einem Jahr?!“, erkannte einer der Wissenschaftler sie wieder. „Wieso ist sie noch kein Yajuu?!“, fragte ein anderer verwirrt. „Aber normal ist sie auch nicht, schaut sie euch doch an.“, fügte wieder ein anderer hinzu. Sera stand auf, strich Yoru weiterhin über den Kopf und wandte sich den Männern zu. „So sieht man sich wieder. Ich habe doch gesagt ich komme zurück, wenn ich mitbekomme, dass ihr euren Vertrag brecht.“, erklärte sie ruhig und mit gespielt süßer Stimme. „Aber wie hast du…“ „Er…staunlich. Ich… hätte nicht gedacht, dass ich das noch erlebe. Ja es stimmt, wir… haben uns nicht an die Verabmachung gehalten… aber das hättest du doch ahnen können…“, keuchte auf einmal der Boss der Wissenschaftler auf. Er schien wieder bei Bewusstsein. Sera fletschte die Zähne. Über das Jahr hatte sie Fangzähne bekommen und diese Blitzten nun bedrohlich auf. „Für dieses Vergehen, werdet ihr nun sterben.“, sagte Sera. „Und dann? Du wirst hier nie herauskommen, auch wenn du uns tötest.“, lachte der Wissenschaftler schwach auf. „Das nehme ich in Kauf.“ Der Nebel um sie wurde dichter. „Ah selbst du, wirst mutieren, es ist ja schon im Gange.“, stellte er geradezu unbeteiligt fest. „Solange ich kann, werde ich weiter kämpfen, macht euch keine Sorgen darum.“ Die Wachen zückten ihre Waffen und schossen auf sie. Doch der Nebel wehrte alles ab. Beim zweiten Mal fing sie sogar einige Kugeln ab und schleuderte sie ihren Besitzern zurück. Diese gingen zu Boden. „Lasst… sie… ist zu mächtig. Lasst das lieber die Yajuu… erledigen.“, keuchte der Boss, dessen Blut mittlerweile bereits eine Pfütze auf dem Boden bildete. Ein lautes Klopfen ging von der Tür aus. Einige Yajuu rochen das Blut und versuchten hinein zu gelangen. Die Wissenschaftler gingen schnell in den Notfallraum. Er war der sicherste Raum im ganzen Labor. Sie schlossen sich ein und ließen Sera und Yoru zurück, als diese gerade vom Klopfen abgelenkt war. Sera rührte sich nicht weiter und wartete bis die Tür nachgab. Sie strich noch einmal über Yoru und küsste ihn sanft auf die Stirn. „Ich habe damals gesagt, ich werde alles in Kauf nehmen für dich. Und das werde ich auch. Lass sie nur kommen, ich beschütze dich. Wenn dazu jemand hier in der Lage ist, dann ich…“, nach einer kurzen Pause, fügte sie leise hinzu, „Du hast mal gesagt, du möchtest wieder in die Natur kommen. Ich werde dir diesen Wunsch erfüllen. Ich bringe dich hier raus! Versprochen. Selbst, wenn ich dazu den Verstand verlieren muss.“ Noch während sie erzählte mutierte ihr Körper. Sie hatte jeglichen Widerstand aufgegeben und lies dem Schmerz freien Lauf. Der Nebel wurde dichter und umhüllte sie. Ihre Hände wurden zu Krallen. Alles in allem sah sie jedoch sehr menschlich aus. „Schauen sie Boss, sie mutiert. Jetzt wird auch sie zu einem Yajuu.“, stellte einer der Assistenten im Notfallraum fest. Durch eine verspiegelte Scheibe konnte er alles sehen, was draußen vor sich ging, aber niemand konnte hinein blicken. „Ja… aber ihr Verhalten ist irgendwie a-typisch. Ich glaube das da ist eine neue Art Yajuu.“, erwiderte der Boss, der nun wieder auf einem Stuhl saß, während die anderen ihm einen Verband umwickeln wollten. „Wieso?“ „Sie zeigt viel mehr Beherrschung als die anderen und auch vom Aussehen sieht sie ganz anders aus, viel zu menschlich.“ „Wie gefährlich wird sie schon sein?“ „Das wird sich zeigen…“ Die Yajuu durchbrachen die Tür und stürmten herein. Es waren 5 an der Zahl. Sie stellten sich vor Seraphis auf und knurrten sie an. Seraphis schaute mit abfälligem Blick zurück. Ohne Vorwarnung zerriss sie einen der Yajuu und schleuderte ihn davon. Im Nebel zeigten sich kleine Schlangenartige Köpfe, Speere und Hände. Er wirbelte umher wie ein lebendes Wesen und verbreitete eine finstere Aura. Seraphis blickte Yoru an. Die Yajuu wollten wieder angreifen. Als Sera jedoch erneut aufschaute, da zogen diese regelrecht ihre Schwänze ein. Sie winselten fast wie Hunde und wichen einen Schritt zurück. Seraphis lächelte zufrieden. „Habt ihr verstanden, dass ich sehr weit über euch stehe? Gut.“, erklärte sie. Seraphis wandte sich dem Notfallraum zu und lächelte sanft. Sie wusste, dass die Wissenschaftler sie sehen konnten und dass sie dort drinnen zitterten. Dann riss sie die Tür aus den Angeln, als wäre sie nur ein Spielzeug. „Ich hab euch nicht vergessen.“, flüsterte sie. Sie betrat den Raum und die Yajuu versperrten alle Ausgänge. Seraphis packte den Boss und riss ihn hoch. „Ich habe gewonnen.“ Auf der Stelle zerriss sie einige Wachen, die anderen wollten flüchten und wurden von den anderen Yajuu geschnappt. „Jetzt bist nur noch du übrig, Mensch. Du weißt du wirst sterben, aber hast du noch etwas zu sagen, bevor du krepierst?“ „Ja… durchaus. Ich habe keine Angst so … wie du damals, als die Lager anders verteilt waren… Dieses Labor wird untergehen und alle Yajuu werden wohl entkommen. Es wird apokalyptische Ausmaße annehmen, wenn sie über die Menschen herfallen und sich der Virus verbreitet, dass solltest du wissen.“, erklärte er mit einer unheimlichen Kälte. „Ist mir egal. Ich bin kein Mensch mehr, ihr habt dafür gesorgt. Was mit euch geschieht, geht mich nichts an.“, gab sie zurück. „Dir sollte bewusst sein, dass du kein normaler Yajuu bist. Du bist meine größte Schöpfung und von dir werde ich auch getötet, warum sollte ich traurig sein? Du bist schlauer und stärker, als die anderen. Du kannst denken und bist nicht Instinkt gesteuert. Mein letzter Wunsch ist daher… folgendes.“ Er hustete Blut. „Ich will, dass du die Namen meiner Schöpfung der Welt mitteilst. Den Namen der Yajuu und den Namen der Spezies, die sogar noch über ihnen steht… Ich werde deine Art Exile nennen.“ Er grinste sie an und sagte noch: „Exile, die Monster die verflucht sind auf ewig im Exil zu leben.“ Seraphis schaute ihn abgewidert an. „Ich hasse sie.“ Dann zerfetzte sie ihn. Mit Schmerzverzerrtem Gesicht starb er. Seraphis klatschte seinen Körper vor die Yajuu. „Macht was auch immer ihr mit ihm machen wollt.“ Sogleich fielen diese über den Leichnam her. Währenddessen ging sie zu Yoru und nahm ihn sanft aus dem Bett. Als sie ihn hochhob, wachte er kurz auf. Erst sagte er gar nichts, dann lächelte er schwach und Tränen stiegen in seine Augen. „Sera… du bist zurückgekommen…“ Sera lächelte zurück. „Nur für dich, aber dennoch habe ich versagt. Es tut mir Leid, ich dachte ich könnte dich retten.“ „Sch… on in Ordnung… Ich bin glücklich… wirklich. So bin ich noch… einmal… bei dir. Ich danke dir.“ „Hey Yoru, ich bring dich hier raus. Du musst nicht länger hier bleiben.“, flüsterte sie ihm zu. „Wirklich?...“, fragte er schwach. „Ja.“ Yoru schloss die Augen und sein Atem wurde flacher. „Das freut… mich. Sera? Weißt du… du siehst aus… wie eine Göttin. Meine wunderschöne… Rachegöttin.“ Dann hörte sein Herz auf zu schlagen und er schlief ein. Seraphis umarmte ihn sanft und erstickt flüsterte sie seinen Namen. Eine ganze Weile später kündeten die zurückweichenden Yajuu von Seraphis erscheinen in der großen Eingangshalle. Ihr Blick war starr und sie hielt einen kleinen Menschen im Arm, Yoru. Mittlerweile lebte kein Mensch mehr in dieser Anlage. In der Halle hatten sich alle Yajuu versammelt und suchten den Ausgang, nachdem keine Beute mehr da war. Außerdem wurden sie von Seraphis mächtiger Aura geradezu angezogen. Ohne zu zögern, sprengte Seraphis die massive Stahltür zur Außenwelt aus den Angeln. Die Yajuu schauten ihr ehrfürchtig nach und folgten ihr erst nach einer Weile ins Freie. Dann verteilten sie sich jedoch in alle Himmelsrichtungen. Seraphis trug Yoru zu einer Höhle, die sie entdeckte. Sie war wunderschön und Stalagmiten und Stalaktiten waren überall zu sehen. Am Ende der Höhle lag ein sehr tiefer kleiner See. Das Wasser leuchtete mystisch und war sehr klar. Vorsichtig legte sich Yoru in das Wasser. „Dieser Ort ist genau richtig. Er ist wunderschön. Sie nur, alles leuchtet und es ist so ruhig… Nun… Ich weiß noch als wir uns das erste Mal begegnet sind, du hast mich sofort Schwester genannt und dich an mich geklammert und ich habe immer mein bestes gegeben, dich zu beschützen, aber leider habe ich versagt. Ich möchte dir wenigstens ein würdiges Ende zu Teil werden lassen, dass hast du verdient, wo du doch immer so von dieser Welt geschwärmt hast.“ Tränen liefen über ihr Gesicht und sie lächelte verkniffen. „Lebe wohl.“ Noch einmal küsste sie ihn auf die Stirn, dann lies sie ihn vorsichtig los und Yoru versank in der tiefe des leuchtenden Wassers. Lange blieb Sera zurück und starrte hinterher. Erst als das Wasser wieder so ruhig wie vorher dalag, brach sie auf. Sie verschloss die Höhle, auf das niemand hier eindringen konnte und machte sich auf in die Welt, sowie alle anderen Yajuu es getan hatten. Seit diesem Tag, bedrohten die Yajuu die Menschheit. Ein Trupp Wissenschaftler fand das Labor später und alle Aufzeichnungen über die Experimente, so wusste man zumindest bescheid und versuchte einen Impfstoff zu entwickeln, bisher jedoch ohne Erfolg, denn das Geheimnis der Armbänder, war verschwunden. Man entdeckte natürlich auch all die Leichen. Bei dem Boss lagen die Dokumente mit den Namen der Gefangenen. Die Listen waren ordentlich unterteilt in tot, menschlich oder Yajuu. Nur bei dem Mädchen mit der Nummer „19.9.8.16.1.8.5.19“ stand das Wort Exile mit Blut hineingeschmiert. Im Laufe der Jahre kamen einige andere Exile hinzu und auch die Yajuu verbreiteten sich stark. Mit Hilfe der Forschungen bekam man viel über sie heraus. Yajuu wurden nach etwa drei Tagen bis zwei Wochen geboren, ein Exile entstand, wenn der Virus über mehrere Monate im Körper unterdrückt wurde. Doch kein Exile kam jemals an Seraphis heran. Sie war die erste dieser Art und auch die Mächtigste. Betrat sie die Bildfläche so wichen alle Yajuu aus Angst zurück und auch andere Bestien machten vor ihr Halt. Zum Glück war Seraphis ein sehr ruhiger Typ. Sie lies sich kaum blicken und reiste nur herum, wollte die Welt entdecken und ihren Untergang mit eigenen Augen miterleben. Sie ernährte sich auch von Menschen, aber nur sehr selten, denn sie dachte immer an Yoru und wie er gesagt hatte, sie wäre keine Bestie für ihn. Heute hatte sie jedoch eine noch viel größere Macht in diese Stadt geführt. Etwas Fremdes näherte sich der Stadt, die Vorläufer waren bereits angekommen. Es war nicht zu deuten, um was es sich handelte. Es war nicht menschlich, aber auch kein Yajuu oder Exile, nicht einmal ein anderer Dämon, der auf der Liste stand oder sonst irgendwie bekannt war. Es war etwas neues, Gefährliches. Kapitel 22: Ankunft ------------------- Seraphis kam wieder zu sich. Sie war umzingelt, wie sie belustigt feststellte. Ihre Macht war nicht verborgen geblieben und so waren gerade während sie in Gedanken war, verschiedene Leute gekommen und hatten sich um sie gescharrt. Dort standen Chrona mit Rui und Anubis. Jagura, Kyria und Roona waren auch da. Für sie alles mehr oder weniger Fremde, die sie nur vom beobachten kannte. „Oho, meine Anwesenheit wurde wohl bereits bemerkt, wie mir scheint. Drei Exile, ein mächtiger Vampir und ein Dämon und sogar ein Mensch. Welch seltsame Mischung.“, dachte sie laut. Nervös beobachteten wir dieses merkwürdige Mädchen vor uns. Wir hatten ihre unheimliche Macht gespürt, als sie die Stadt betreten hatte und mussten einfach nachsehen, wer es war. Zu meinem Erstaunen handelte es sich um eine Exile. Doch sie war ganz komisch. Sie war viel mächtiger als alles was ich bisher erlebt hatte und schien doch so harmlos auf den ersten Blick. „Wer bist du?“, fragte ich vorsichtig. „Nun, mein Name ist 19.9.8.16.1.8.5.19. Und wie lautet euer?“, gab sie sorglos, ja geradezu entspannt, als wären wir alte Bekannte, von sich. „Was ist denn das für ein merkwürdiger Name?“ Roona starrte das Mädchen an. „Lass, Roona!“, warnte ich sie, „Mein Name ist Kyria, das ist Roona. Und dort siehst du Chrona, Jagura, Rui und Anubis.“ Da sie anscheinend nicht auf einen Kampf aus war, versuchte ich ihr höflich gegenüber zu treten. Ich bezweifelte sowieso, dass wir gegen sie eine Chance gehabt hätten. „Freut mich eure Bekanntschaft zu machen, Kyria. Du scheinst mir noch sehr jung, aber du bist schon ziemlich schlau und besser erzogen als die Nummer zwei da neben dir.“, gab sie fröhlich, aber mit einem finsteren Unterton in der Stimme zurück. Roona wurde kurz rot. „Du kennst mich?“ „Natürlich, ich kenne vieles, ich lebe auch schon lange genug dafür, aber ich weiß natürlich nicht alles. Ihr seit allesamt sehr mächtig.“, erklärte dieses rätselhafte Mädchen ruhig. Jedoch hegte ich keine Zweifel an der Richtigkeit ihrer Aussage. „Was willst du hier?“, fragte Jagura ebenfalls vorsichtig, aber dennoch recht barsch, wie ich fand. „Nun ich weiß es selbst nicht, um genau zu sein. Ich kam hier her, weil es mich hierher zog, dass ist alles.“ „Es hat dich hierher gezogen?“, fragte Jagura nun ungläubig. „Merkt ihr es denn nicht? Etwas sehr mächtiges ist auf den Weg hierher, jeder spürt es, wenn auch nur unbewusst. Das ist auch der Grund wieso sich so viele Dämonen hier versammeln, auch so viele mächtige Dämonen. Ich habe es bewusst wahrgenommen und hatte im Gegensatz zu den anderen wohl eine Wahl ob ich hierher komme oder nicht, aber ich bin leider sehr neugierig und will es wissen.“ Was sie uns da erzählte, schien jeden hier gleichermaßen zu verwirren. „Wie meinst du das?“, fragte ich. „Ist euch noch nicht aufgefallen, dass hier in letzter Zeit viel los ist? Noch mehr Menschen mutieren und es wimmelt von Leuten, die auf der Liste stehen. Ich meine ich habe hier in der Nähe die Nummer 4 und 5 gemerkt. Hier sind die 2 und die 6 und so weiter. Ist euch das nicht komisch vorgekommen?“ Ihr Gesicht war wie das einer Puppe und obwohl das, was sie uns erzählte eigentlich schlimm war, verzog sie keine Miene dabei. „Nun ja… irgendwie nicht…“, gab ich zu, denn ich hatte tatsächlich nichts dergleichen gemerkt. „Moment mal! Roona ist die Nummer 2 auf der Liste? Ich dacht erst ich hätte mich geirrt, aber du hast es schon wieder gesagt! Was zum?“ Jagura zeigte geschockt auf Roona und zerstörte damit augenblicklich die angespannte Stimmung, die sich angestaut hatte. „Ich dachte du bist die Nummer 8.“ Roona grinste ihr neckisch zu. „Achso ja stimmt, du weißt es ja nicht. Hehe, tja ich war schon immer die Zwei, hab aber so getan als wäre ich die 8.“ „Du hättest jedes Mal gewonnen?“, war Jagura´s einzige Sorge, wie mir schien. „Wenn ich gewollt hätte.“ „Ich glaubs nicht…!“, rief sie aus und wedelte wild mit den Armen. „Könntet ihr das auf später verschieben?“, fragte ich sie ungeduldig, denn dieser ewige Kampf der beiden, ging mir schon lange auf die Nerven. Seit ich mit Roona zusammen gekommen war, musste ich mir dieses Spektakel alle zwei Tage antun. Ich zog Roona zu mir und Chrona hielt Jagura zurück. „Kannst du uns denn sagen, was hierher kommt und was es will?“, versuchte ich ihr Informationen zu entlocken. Seraphis blickte mich eindringlich an. „Ich weiß nicht was es ist, aber ich kann ahnen was es will.“, sagte sie schließlich. „Und was?“ „Nun, das verrate ich euch nicht.“, gab sie ebenso gelangweilt als Antwort, wie alles andere auch. „Wieso das?“, fragte Rui plötzlich dazwischen. Er stand etwas Abseits, da er der einzige Mensch war, hatte er irgendwie eine dumme Position erwischt. Jedoch lies er sich nicht von uns einschüchtern. „Weil ich dachte, ihr würdet es selbst herausfinden.“, bekam er als Antwort. „Spiel doch keine Spielchen.“, rief Jagura wieder. Seraphis lachte auf mit einer heiteren Stimme auf. „Nun es wird euch nichts anderes übrig bleiben, als mitzuspielen, fürchte ich.“ „Was willst du, damit du es verrätst?“, fragte ich beschwichtigend. „Was ich will? Eigentlich nichts… Moment… gut… ich verrate es euch, wenn ihr mir eine Frage beantwortet.“ „Was für eine Frage?“ Rui schien genervt, aber ich war es auch und konnte ihn daher gut verstehen. Als Seraphis ihn böse anblitzte, wegen seinem Tonfall, stellte sich Chrona sofort schützend vor ihn. Seraphis Blicke wurden wieder weicher. Es schien sie zu amüsieren, welche Beziehungen es hier so gab und sie hatte es alles bereits herausgefunden. Erschreckend. „Nun, einst hat mir ein guter Freund einen Namen gegeben, erratet ihr diesen, so werde ich reden.“ „Ihren Namen? Wie sollen wir den herausfinden?“, seufzte Roona entmutigt. „Sind wir hier bei Rumpelstilzchen oder was?“, knurrte Anubis genervt. Seraphis lachte nur. „Nein, ich meine es durchaus ernst.“ „Hmmm… Hilde? Lisa? Julie? Martha?...“, begannen die Anwesenden sie mit einem Schwall Namen zu überschütten. Jedoch glaubte ich nicht, dass sie so auf die Lösung kämen. Alle waren mit raten beschäftigt und Seraphis amüsierte sich darüber anscheinend köstlich. Immer wieder schüttelte sie den Kopf und kicherte leise über die diversen Vorschläge. Da erweckte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit. Es raschelte im Gebüsch und alle schauten instinktiv auf. Plötzlich erschien Zero auf der Lichtung. „Gott, Zero, was machst du denn hier? Und wo ist Eve.“, fragte ich erschrocken. „Eve geht’s nicht gut, sie schläft daheim, deswegen bin ich dieser Macht gefolgt, die hier ist…“, gab er unschuldig zurück. Zero blickte Seraphis in die Augen und sie schaute ihn verwundert an. „Du siehst ihm so ähnlich…“, flüsterte sie verwirrt. „Huh? Oh entschuldige Miss, mein Name ist Zero und wie ist deiner?“, fragte er geradezu zuckersüß. Ich konnte verstehen, wieso Eve so an ihm hing. Jagura brüllte dazwischen. „Wissen wir nicht, das versuchen wir ja gerade heraus zu finden.“ „Oh.“, zuckte er zusammen. Seraphis lächelte freundlich, als sie ihm erklärte: „Nun ich habe mich schon einmal vorgestellt.“ „Und wie?“, erwiderte er neugierig. „19.9.8.16.1.8.5.19 hat man mich einmal mal genannt. Siehst du.“ Sie hielt ihm das Handgelenk mit den Zahlen hin. Zero betrachtete es kurz, dann grinste er und sagte. „Ich weiß, wie du heißt.“ „So schnell? Dann, ich höre.“, sagte sie erstaunt. „Du heißt Seraphis, oder?“, lachte er und zeigte dabei seine Zähne, die ihn als Vampir enttarnten. Seraphis schaute überrascht, dann lächelte sie sanft und stand auf. „Ganz recht, so heiße ich wirklich, aber du kannst mich ruhig einfach nur Sera nennen, Zero.“ Dieser freute sich über seinen Erfolg und hampelte aufgeregt hin und her. „Der Kleine mag wohl Rätsel…“, Roona und ich schauten uns verwundert an. Die anderen blickten auch nicht besser drein. „Hat er denn gar keine Angst vor ihr?“, flüsterte ich Roona zu. Schließlich hielten wir alle einen gehörigen Sicherheitsabstand, während er munter vor ihr rumtanzte. „Ich glaube nicht…“, antwortete mir Roona ebenso perplex. Seraphis blickte zu uns hinüber. „Nun gut, ich erzähle es euch jetzt, schließlich habt ihr gewonnen.“ Alle warteten gespannt. „Tja ich weiß auch nicht viel, aber eines spüre ich genau. Dieses Etwas dürstet so dermaßen nach Mord und Verzweiflung, es erdrückt einen fast. Ich denke es kommt hier her um alle Übernatürlichen Wesen zu vernichten.“ „Wieso das?“, fragte Rui aufgescheucht. An Rui gewandt, sprach sie:„Es will auch euch zerstören, aber zuerst sind nun einmal wir dran. E will wohl nicht, dass wir uns gegenseitig helfen… die Menschen und wir. Deswegen vernichtet es erst uns und dann erst euch. Wisst ihr, die Menschen haben nämlich diese merkwürdige Angewohnheit sich erst zu verbünden, wenn sie tierisch in der Patsche sitzen und am verlieren sind. So wird das nicht geschehen.“ „Also ist sozusagen die Apokalypse auf dem Weg hier her?“, fragte Roona zweifelnd. „So in etwa. Aber mehr weiß ich leider auch nicht.“ „Wann wird es hier angekommen.“, fragte Rui. „Nun, ich würde sagen in etwa einer halben Stunde.“, sagte sie frei heraus. „Bitte was?!“, riefen wir alle im Chor. Eine frühere Warnung war wohl nicht drin gewesen? „Deswegen bin ich ja so verwundert, dass ihr es nicht merkt. Die Luft brennt fast wegen diesem Ding. Und seht doch, der Himmel hat auch eine merkwürdige Farbe angenommen.“ Seraphis zeigte nach oben und alle blickten ihrem Arm nach. Tatsächlich war der Himmel merkwürdig gefärbt. Er war mittlerweile fast schwarz- lila und in der Ferne sah man blutrote Blitze. In den Wolken schimmerte es dazu noch bläulich. Äußerst seltsam und absolut nicht normal. „Wie konnten wir das nicht bemerken…“, keuchte Rui entsetzt, „Keine Ahnung.“ „Was können wir nun tun?“, fragte ich Seraphis. „Nicht viel. Ihr werdet wohlauf den großen Kampf warten müssen und hoffen, dass ihr das überlebt.“ So wie sie es sagte, klang es, als hätten wir bereits verloren. Zero war ganz nervös. „Oh nein, in einer halben Stunde schon… Ich muss Eve warnen. Ihr ging es ja so schon schlecht.“ „Hat auch keinen Sinn, Kleiner.“, seufzte Roona ihm zu. „Gut folgender Plan! Wir werden uns in der Stadt verteilen und dort überall kämpfen… gegen was auch immer. Da scheint mehr zu kommen. Wir müssen bereit sein.“, wandte ich mich an die Menge. „Ist gut.“ Sofort strömten alle auseinander. Für ewige Debatten war nun wirklich keine Zeit. Die meisten gingen zu zweit, nur Anubis und Jagura schienen die Einsamkeit zu bevorzugen. Rui rief Sayo an und teilte ihr kurz und knapp mit, dass sie als Halbvampir gewappnet sein sollte und auch die anderen Yajuu der Stadt wurden grob informiert durch Anubis. Es mochte komisch klingen, doch wenn es drauf ankam, dann konnten selbst Yajuu auf jemanden hören. Zero blieb mit Seraphis zurück. Diese setzte sich wieder auf das Rohr zurück. „Schlau herausbekommen, Kleiner, du erinnerst mich an jemanden, den ich mal kannte.“, begann sie ihm zu erzählen. „Oh, danke. Wieso jemand den du kanntest?“, fragte er sie. „Dieser jemand ist schon vor langer Zeit gestorben, weißt du.“ „Das ist aber Schade… bist du jetzt ganz allein? Das muss doch sehr einsam sein.“, war das Mitleid in seinen Augen? Wieso nur? „Schon… aber das ist nicht schlimm.“, flüsterte sie. „Ich war auch mal einsam und weiß wie es ist… aber jetzt habe ich eine kleine Familie, weißt du? Jetzt bin ich echt glücklich.“, unterbrach er die Stille. „Wieso erzählst du mir das alles? Hast du keine Angst vor mir?“ „Nein, gar nicht. Ich finde dich echt hübsch, deswegen… und du erinnerst mich auch an jemanden.“, lachte er gut gelaunt. „An deine Familie? Das Mädchen von dem du gesprochen hast?“, fragte sie interessiert. „Genau! Ich würde alles für sie tun… aber leider bin ich so klein und schwach, weil ich schon als Kind in einen Vampir verwandelt wurde… Ich kann sie nie beschützten, dass muss immer sie erledigen. Eigentlich wäre sie ohne mich besser dran.“ Traurig blickte er zu Seraphis. „Sag so was nicht. Sie wäre bestimmt traurig, wenn sie das hören würde. Vielleicht braucht sie dich ja doch viel mehr als du denkst.“ „Meinst du?“, fragte er hoffnungsvoll. „Ja… da bin ich mir sicher. Aber du solltest jetzt auch lieber verschwinden, sonst geschieht dir noch etwas und das fände das Mädchen sicher traurig.“ Das Gewitter war bereits über der Stadt angekommen. Es war stockfinster geworden, es stürmte und regnete leicht. Zudem kühlte es deutlich ab. „Was wirst du tun?“, fragte Zero sie besorgt. „Ich bleibe und beobachte, das ganze.“, gab sie leise zurück. „Aber du könntest dich doch auch verletzten.“ „Keine Sorge, ich kann gut auf mich aufpassen und außerdem bin ich alt genug. Sollte ich sterben ist das auch ok.“, antwortete sie unberührt. „Sag so was nicht! Man sollte immer positiv denken.“ Zero setzte einen Schmollmund auf und schaute sie vorwurfsvoll an. „Ist ja gut! Ich sterbe nicht, versprochen. Ok?“ „Ja.“, sagte er grimmig. „Was liegt dir überhaupt daran? Wir kennen und gar nicht.“, fragte sie verwirrt. „Ja schon, aber du bist sehr nett, ich würde gerne mit dir befreundet sein, wenn das vorbei ist. Eve würdest du bestimmt auch mögen.“, als er dies sagte, lächelte er ihr aufmunternd zu. Seraphis schien ein wenig gerührt. Sie struppelte Zero durch die Haare und lächelte. „Nun geh schon, endlich.“, sprach sie. Zero verabschiedete sich noch einmal und wollte gerade gehen, als er wie vom Blitz getroffen, stehen blieb. Seine Augen weiteten sich und er stockte. Seraphis schaute ihn verwundert an. „Was ist los, Kleiner?“ Erschrocken zeigte er mit dem Finger in eine Richtung. Dort lag ein großes Hochhaus, welches jedoch nicht mehr in Benutzung war. Dennoch ragte es wie ein Monument aus dieser Stadt empor. Es stürmte und regnete stärker, aber er hatte gute Augen und erkannte alles glasklar. „Da ist ja Eve!“, rief er aus. „Das Mädchen von dem du gesprochen hast?“, fragte Seraphis in verwirrt und blickte in dieselbe Richtung. „Ja.“, keuchte er. Eve stand auf dem Dach und ihr Gesicht war direkt dem Zentrum der Wolke entgegen gerichtet. Es war da. Kapitel 23: ein neuer Abgrund ----------------------------- Eve stand einfach nur da und wunderte sich über sich selbst. Sie spürte es, sie wusste, dass sie kommen würde, auch wenn sie es für unmöglich gehalten hatte. Sie hätte diese Aura immer und überall wieder erkannt, auch wenn sie jetzt finsterer denn je war und doch schien etwas in Eve zu schreien, lauf lieber weg, es wird dein verderben wenn du sie triffst! Aber Eve konnte es nicht. Ihr Blut war in Wallung geraten und würde weiter machen, auch wenn sie es zu leugnen versuchte. Zero hatte sie gesagt, es ginge ihr nicht gut und wolle sich ausruhen, denn sie wusste, so würde sie ihn nicht mit hinein ziehen, dass er aber verschwunden war, hatte sie besorgt gemacht. Sie wollte ihn suchen gehen, als das Etwas die Stadt bereits erreicht hatte und sie ungewollt die Richtung geändert hatte um „Sie“ wieder zu sehen… Nun stand Eve hier, auf diesem Hochhaus und wartete angespannt, aber auch mit einer seltsamen Freude erfüllt, die in ihr schlummerte und die sie seit Jahren nicht mehr gespürt hatte. Eigentlich hätte sie es besser wissen sollen, wohin sie sich bewegte zu welchen Abgrund sie kam, aber sie dachte einfach nicht daran, oder eher sie versuchte sich weiß zu machen, dies könne nie wieder passieren. Und dann kam „Sie“ an. Erst spürte man ihre Präsenz nur und die Wolken wurden noch dunkler, ab und zu blitzte es und grollte es, aber dann kamen die Schatten. Eve´s Umhang wehte im immer stärker werdenden Wind. Die Schatten hatten keine richtige Form und kamen wie aus der Hölle selbst. Dann nahmen sie wage Gestalten an, die waberten und nicht recht zu identifizieren waren. Kaum waren sie entstanden strömten sie in alle Richtungen auseinander. Genau in die Richtungen in die sich alle verteilt hatten. Eve´s Herz schlug schneller und schneller. Dann folgte ein schwarzer Blitz und es qualmte. Zunächst sah man nichts, doch dann manifestierte sich dieser Schatten auch und man erkannte vage ein Gesicht. Man sah die Umrisse einer Person, doch war sie so umhüllt, dass man sie nicht erkennen konnte. Natürlich war das kein Problem für Eve, denn sie konnte ja eh nichts sehen, aber sofort änderte sie unwillkürlich ihre Haltung ein wenig und lächelte. Die Stimme sprach zuerst. „Du… Ich habe dich gefunden…“, ertönte es dunkel. „Du hast mich gesucht? Das hätte ich gar nicht gedacht.“, gab Eve zynisch zurück. „Wieso trittst du mir in dieser Gestalt entgegen? Du hättest es doch überhaupt nicht nötig, so zu sein.“, fragte das Wesen vor ihr mit Verwunderung. „Tja so ist das Leben eben, aber ich bin ja schon nachlässig geworden, als ich hier hoch kam oder nicht?“, erwiderte Eve selbstsicher. „Haha, es war doch überhaupt erst deine Aura, die mich hierher geführt hat, Eve. Du bist schon lange Zeit nachlässig.“ „Jetzt wo du es sagst, du hast Recht. In letzter Zeit habe ich wohl wirklich ab und zu meine Deckung fallen lassen… Aber du hast dafür gesorgt, dass die anderen auch hierher kommen und nun kannst du die ganze obere Riege auf einmal vernichten, nicht?“, stellte Eve fest. „Es war und ist meine Aufgabe die Welt von dem Gesindel, das ihr seid zu befreien.“, sprach die Gestalt vor ihr mit einem überquellenden Hass, der Eve eine leichte Gänsehaut beschwerte. „Auch wenn du nun selbst zu diesem Gesindel geworden bist, ich meine du musst zugeben, du bist alles andere als menschlich oder?“, lachte Eve auf. „Wir sind wohl beide nicht mehr menschlich…“ Nun lachte die Gestalt grimmig zurück. „ Ich erfülle nur meine Aufgabe, aber ich bin gewillt dich zu verschonen.“, sagte es nach einer Pause. „Ach bist du das? Wie kommt das denn?“ „Wie du siehst, zerfällt mein Körper unter meiner Macht. Erlaube mir deinen Körper zu besitzen und ich werde dir erlauben zusammen mit mir weiterzuleben.“ Eine kurze Pause folgte, in der niemand sich rührte. Nur der aufbrausende Wind schien Bote des kommenden zu sein. „Nein Danke Maki, ich würde meinen Körper lieber für mich behalten.“, lehnte Eve schließlich ruhig und gelassen das Angebot ab. Ein weiteres kurzes Schweigen trat ein. „Dann musst auch du sterben…“, ertönte die Stimme gefühllos und kalt. „Ich weiß, aber denkst du, ich lasse das einfach zu? Apropos, was machen eigentlich deine Schatten hier so genau?“ „Nun, sie werden alle Übernatürlichen Wesen vernichten. Die anderen haben keine Chance, denn man kann Schatten nicht vernichten. Im Gegenteil, die Schatten werden sie verschlingen und sie langsam mit ihren eigenen Ängsten töten. Toll, oder?“ Ein breites Grinsen zog sich durch das Gesicht der Gestalt. „Ach Maki, was ist nur aus dir geworden.“, seufzte Eve traurig. „Sagte der Assasin, der die eigene Seele an die Finsternis verkaufte.“ „Um dich zu retten.“, nun wurde auch Eve´s Stimme kalt. „Hat nicht ganz funktioniert, würde ich sagen!“ „Wohl war.“ Da veränderte sich Eve´s Gestalt. Ihre Haare wurden hellviolett, sodass sie fast weiß erschienen. Ihre Augen wurden schwarz und die Pupillen flackerten blutrot auf. Ein Umhang flatterte im Wind und man sah zwei Schwerter an ihrer Seite. „Du willst jetzt wohl ernst machen. Na dann komm, aber bist du nicht schon total aus der Übung?“, lachte Maki höhnisch auf. „Keine Sorge, das ist wie Fahrrad fahren, das verlernt man nicht.“, erwiderte Eve nun. Ihr ganzes Wesen schien verändert. Von dem schüchternen, aber lieben, blinden Mädchen war nicht mehr übrig geblieben, als ein vager Hauch. An ihrer Stelle stand nun ein Killer, jemand der das Töten gewohnt war. Geschockt starrte Roona zu dem Hochhaus hinauf. Die Schatten hatten sie noch nicht erreicht und sie hatten noch ein paar Sekunden, bevor der Sturm losbrach. Kyria hatte Eve auf dem Dach gesehen und sie hatten sich gewundert, wie sie dort überhaupt hoch gelangt war. Was machte sie da? Aber als sie dann ihre Gestalt veränderte traten Roona der Angstschweiß und die Todesangst ins Gesicht. Sie wich einen Schritt zurück und stotterte ungläubig etwas vor sich hin. „Was hast du?“, fragte ich sie besorgt, denn so hatte ich sie noch nie im Leben gesehen. „D… Das ist sie.“, stottere Roona ungläubig. „Was? Das ist Eve. Auch wenn sie anscheinend kein Mensch ist…“ Es fiel mir schwer das zu glauben, aber die Wahrheit war nicht zu leugnen. „Nein, du verstehst es nicht… Das ist die Nummer 1. Ich würde sie immer wieder erkennen…“, brach Panik aus Roona´s Stimme hervor. „Ist das dein Ernst? Aber angenommen sie ist es wirklich, sie ist bei weitem nicht so verrückt, wie du sie beschrieben hast.“, versuchte ich einzulenken. „Ja… du hast ja Recht und das ist ja das komische an der Sache… sie sieht aus wie sie es sollte, aber sie hat eine ganz andere Aura. Ich kann sie nicht spüren… diesen Wahnsinn von damals. Das ist merkwürdig.“ „Naja vielleicht hat sie sich ja gebessert, soll ja nicht unmöglich sein.“, stellte ich fest. „Wer weiß…“ Doch Roona schien nicht davon überzeugt, dass die Nummer 1 sich gebessert haben könnte. Eve stand da und hatte die Arme verschränkt. Ihr gegenüber stand Maki, ihre Gestalt wurde langsam sichtbar. Merkwürdigerweise sah ihr Körper aus, wie der eines kleinen Mädchens, nicht älter als 10 Jahre. Doch um sie schwirrte diese Aura und lies erahnen, wie mächtig sie war. „Eve, irgendwie hast du deinen Biss verloren oder? Und das für einen Vampir.“, lachte das Mädchen höhnisch, dass der Maki, die sie kannte überhaupt nicht ähnlich sah… oder doch? Verschwommene Bilder flackerten in Eve´s Gedächtnis auf, die sie jedoch nicht zuzuordnen vermochte. Zu lange, war es her… „Lass das nur meine Sorge sein.“, gab Eve schließlich selbstbewusst zurück. „Bist du sicher, dass du so gegen mich ankommst, denn…? Nanu?“, plötzlich stockte Maki und drehte sich zur Tür um, durch die man auf das Dach gelangte. Da kam er angerannt. Man hörte wie er auf das Dach stürmte und sich keuchend zwischen Eve und Maki stellte. Es war Zero. Kaum hatte er Eve gesehen, war er losgerannt um sie zu finden. Nun stand er zwischen ihnen. „Eve!“, rief er besorgt und außer Atem. „Zero? Was machst du denn hier, du solltest lieber verschwinden, das ist viel zu gefährlich für dich!“, rief Eve aufgebracht zurück. „Nein! Das ist für alle gefährlich. Wer auch immer das ist, versucht und alle zu vernichten.“, schüttelte er den Kopf, so wie er es immer tat, wenn er nicht mit ihr einer Meinung war. „Ich weiß, mein Kleiner…“ Ihre Stimme wurde leiser und gab nach. „Du kennst sie?“, fragte er schließlich. Eve blickte schuldbewusst zur Seite, doch Zero erkannte sofort, das er es herausgefunden hatte. Eine Weile schwiegen sie, bis Maki belustigt das Wort ergriff. „Ah, ich verstehe, das ist der Grund, warum du nicht kämpfen kannst.“ Eve schaute entsetzt auf und starrte sie an. „Was willst du damit sagen.“ „Wie erbärmlich, du kümmerst dich um den Kleinen und daher hast du deinen Biss verloren? Wie kommt denn so was?“ „Tja Maki, ich im Gegensatz zu dir wollte nicht ewig so weiter machen, wie bisher.“, gab Eve böse zurück. „Thehe, so ist das also. Aber jetzt wünsche ich mir einen ordentlichen Kampf und du gewährst ihn mir nicht.“, klagte sie überspitzt. „Jetzt weißt du ja, wie es mir damals erging.“, antwortete Eve und ihr Gesicht verfinsterte sich noch mehr. Langsam kamen die Bilder zurück, ihre Vergangenheit, dass was sie doch längst hinter sich hatte lassen wollen. Eine Lange Schlinge griff nach Zero und versuchte ihn zu schnappen, doch blitzschnell reagierte Eve und durchtrennte diese mit einem ihrer Schwerter. „Lass ihn ja in Frieden.“, fauchte sie zornig. Maki grinste vor sich hin. Eve hatte sich schützend vor Zero gestellt und hielt beide Schwerter griff bereit, was Maki jedoch nicht beeindruckte. Im Gegenteil, sie reizte Eve weiter und griff immer wieder an. Eve wehrte alles ab, aber je mehr kam desto schwerer wurde es, denn sie wollte Zero nicht verletzen. „Ach komm schon, lass doch den Kleinen sein und kämpfe richtig mit mir.“, rief Maki irgendwann bestürzt. „Nein, ich will nicht und ich werde auch nicht.“, rief Eve zurück. Sie ließ Maki keine Sekunde aus den Augen. „Tja dann lässt du mir ja keine andere Wahl, Evolution.“ „Den Namen habe ich schon lange nicht mehr gehört…“, flüsterte Eve und blieb kurz stehen. „So hat man dich doch genannt oder? Eve ist doch nur die jämmerliche Kurzform davon… Wie dem auch sei. Ich werde dich schon dazu bewegen, richtig zu kämpfen.“ Noch mehr Schlingen kamen, die aussahen wie die Geister von Verstorbenen. Eve hatte das Gefühl, dass sie nicht nur so aussahen, sondern tatsächlich welche waren. Was auch immer man mit Maki angestellt hatte, sie war nun nicht länger als menschlich einzustufen. Schützend stellte Eve sich vor Zero und wehrte alle Angriffe gekonnt ab. Er bereute es jetzt schon, dass er gekommen war, denn er wusste, so könne sie nie richtig kämpfen. Doch er wagte es nicht, weitere Alleingänge zu versuchen, da dies nur zu weiteren Fehlschlägen führen würde. Doch dann gelang Maki der Durchbruch. Sie schleuderte Eve und Zero auseinander. Eve hatte es kommen sehen, hatte es aber nicht verhindern können, denn sie war zu langsam gewesen. Sie beide flogen an die gegenüberliegenden Kanten des Daches. Dann packte Maki Eve und fesselte sie, so dass sie nicht weg kam. Zero wurde erneut umzingelt. Sie griff ihn an, er schaffte es jedoch aus eigener Kraft auszuweichen. Unbeholfen sprang er den Seelen aus dem Weg und Eve versuchte sich verzweifelt zu befreien, während sie nichts weiter konnte, als entsetzt zuzusehen. „Maki! Lass ihn da raus, kämpfe mit mir und lass ihn gehen.“, bat sie die Gestalt vor ihr. „Das kann ich nicht, er gehört auch zu dem Gesindel und müsste sowieso sterben, da kann ich mich auch schnell persönlich um das Problem kümmern.“, kam die gefühllose Antwort. Eine riesige Schlinge gelang es Zero zu packen. Er wurde spielend in die Luft gehoben und herum geschleudert. „Nein!“, schrie Eve verzweifelt, „Lass ihn in Ruhe.“ Sie sträubte sich gegen ihre Fesseln, aber diese Lagen wie Stein um sie. Und dann ging alles ganz schnell und doch, so schien es, lief alles in Zeitlupe ab. Eve´s Aura brach kurz aus und sprengte die Fesseln um sie. Dann schnappte sie ihre Schwerter und eilte zu ihm hin. Währenddessen stand Zero keuchend da und hielt sich den Oberkörper. Durch das herumschleudern, hatte er sich einige Rippen gebrochen, die nun stark schmerzten. Er konnte unmöglich weiter ausweichen. Maki lies einen langen Dolch aus Schatten los und dieser schoss gnadenlos auf Zero zu. Sein Brustkorb wurde durchbohrt noch ehe er blinzeln konnte und er spuckte Blut. Weitere Schlingen folgten und durchbohrten ihn weitere Male erbarmungslos, ja fast schon mit Freude. Eve erreichte ihn nicht rechtzeitig. Geschockt hielt sie inne und war plötzlich unfähig sich zu bewegen. Maki fegte ihn unterdessen mit einem Schatten vom Dach, wie ein lästiges Insekt. Er stürzte hinunter. Als er die Kante passierte, traf er noch einmal Eve´s Blick. Es tat ihm Leid, denn er wusste, was nun mit ihr geschehen würde. Er fiel… und Eve schrie vor Schmerz. Kapitel 24: Der Aufstieg der Nummer 1- am Anfang ------------------------------------------------ Der Fall dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Zeros Bewusstsein begann bereits an den Rändern zu verblassen. Er fühlte einen unendlichen Schmerz, nicht durch die Verletzungen verursacht, sondern daher, dass er wusste was wohl nun geschehen würde. Er hatte Eve allein gelassen und dies würde sie nicht ertragen können… Ein lauter Knall kündete davon, dass sein Körper nun den Boden erreicht hatte. Er hatte Glück, das brache Gelände war voller Schlamm und so war er in einer gigantischen Pfütze gelandet, die den Sturz etwas gedämpft hatte. Es begann zu regnen. „Eve ist traurig“, dachte er bei sich. Er wusste, was sie konnte. Unbewusst wurde das Wetter von ihr beeinflusst. In ihrer menschlichen Gestalt kaum, aber in ihrer jetzigen Erscheinung dagegen sehr. Der Schlamm nahm einen roten Schimmer an, je länger sich Zero in der Pfütze befand. In diesem Moment zog sein Leben und alles was Eve ihm erzählt hatte an seinem inneren Auge vorbei. … Es war ein zugegeben unangenehmer Herbsttag, als die beiden Kinder sich entschlossen für immer zu fliehen. Beide waren beste Freunde und bewohnten dasselbe Zimmer in diesem grausamen Waisenhaus. Man wurde dort sehr schlechte behandelt und da die beiden schon recht alt waren, war die Chance adoptiert zu werden sowieso fast null. Das wussten auch die Betreuer, daher mussten die beiden bereits sehr viele niedere Arbeiten erledigen, um sich ihre Daseinsberechtigung zu verdienen. Die Fluchtpläne waren von Maki ausgegangen, denn sie war die mutigere von beiden. Sie war bereits sehr selbstständig für 12 Jahre, Eve war noch 11, aber auch nicht mehr lange. Diese Nacht würden sie fliehen. Maki hatte alles vorbereitet und hatte versprochen Eve mitzunehmen. Sie schlichen sich hinaus und waren weg ohne das sie jemand vermisst oder gar gesucht hätte. Sie wohnten in einer sehr heruntergekommen Stadt. Die Kriminalität war sehr hoch und überall gab es Assasine. Die beiden suchten sich eine einsame Gasse und bewohnten so zu sagen ein kleines Häuschen aus Pappkartons, welches sie mühsam, aber auch mit viel Freude geschaffen hatten. Maki sorgte für die Verpflegung indem sie stahl und Eve half ihr so gut sie konnte. Die Aufgaben waren genau verteilt. Eve´s Teil war, die Leute abzulenken. Mit ihrer schüchternen Art traute ihr niemand einen Diebstahl zu. Maki erledigte dann sozusagen währenddessen die Drecksarbeit. Manchmal suchten die beiden auch getrennt nach essbaren oder anderen brauchbaren Dingen, immer mit demselben Ergebnis: Maki erhaschte viel, Eve fast gar nichts. Und doch machte Maki daraus kein Drama und das mochte Eve so an ihr, sie bewunderte Maki schon regelrecht dafür. „Weißt du ich hab so einen hässlichen alten Kerl abgezogen, der dachte doch nicht im ernst ich würde mit zu ihm kommen. Echt pervers.“, erzählte Maki eines abends mit ihrer überschwänglichen Art. „Maki, du solltest besser aufpassen… nicht das dich irgendwann wirklich noch einer verschleppt.“, gab Eve besorgt zurück. „Ach was, ich weiß mich schon zu wehren, keine Sorge.“, lachte Maki daraufhin und schlug Eve leicht gegen die Schulter. Wobei Maki damit gar nicht mal so Unrecht hatte. Es war nicht ungewöhnlich, dass hier ältere Kerle versuchten Mädchen zu erhaschen. Auch Eve geriet deswegen öfter in brenzlige Situationen. Doch Maki gelang es stets sie daraus zu befreien. Sie war ein richtiges Kampfgenie und vermöbelte selbst Kerle, die Waffen dabei hatten. Hinterher kümmerte sich Eve um Maki, wenn sie doch einmal leichte Blessuren davon getragen hatte, aber das schlechte Gewissen plagte Eve dennoch. „Tut mir Leid, Maki, ich sollte echt besser auf mich aufpassen…“ So oder so ähnlich begann sie dann immer leise zu sagen. „Kein Problem, für so was kannst du doch nichts, hätte mir genauso passieren können.“, war daraufhin Maki´s lockere Antwort, bei der sie stets ein breites Grinsen trug. „Nein, das Problem ist, du kannst dich verteidigen und ich nicht.“, klagte Eve daraufhin. Es war selten, dass sie aus sich heraus kam, aber dies war nun mal ein sehr heikles Thema. „Du kannst schon, du bist bestimmt genauso stark wie ich, dein einziges Problem ist nur, dass du dich nicht traust.“ Eve schaute traurig zurück. Maki hatte Recht. „Ist doch auch nicht schlecht, du bist eben die sanfte Hälfte von uns beiden und ich die harte. Wie Yin und Yang, wie gehören trotzdem zusammen und sind im Gleichgewicht.“, versuchte Maki sie nun aufzubauen, als sie ihr betrübtes Gesicht sah. „Meinst du?“ „Natürlich… und du kannst kochen, was ich nicht kann.“ Maki lachte und auch Eve stimmte mit ein. „Hab verstanden ich mach gleich was zum Essen.“ Damit holte sie ein paar Dinge aus einer Kiste und machte sich daran etwas zu kochen. Sie hatte einen kleinen Topf und eine Pfanne und Feuer bekam sie auch hin. So gelang es den beiden über die Runden zu kommen ohne großartigen Hunger zu leiden. Leider hielt dieses Glück jedoch nicht ewig. Es war Winter und beide liefen eine Straße entlang, nichts Besonderes eben. Sie hatten gerade erfolgreich ein paar Lebensmittel und zusätzliche Decken erhascht und waren auf dem Weg nach Hause, als sie abgefangen wurden. Eine Gang mit der sie schon öfter zu tun hatten und die zu allem Überfluss auch noch einen Assasin in ihren Reihen hatten, wollten ihnen ihre Sachen abnehmen. Nichts das sie diese zwingend brauchten, es war nur, um die beiden Mädchen zu demütigen. Mutig wie immer stellte Maki sich ihnen in den Weg, während Eve die Sachen trug. Schnell entbrannte eine Schlägerei, doch gegen den Assasin hatte Maki leider keine Chance. Maki wurde verletzt und gegen eine Wand gestoßen an der sie schließlich zusammensackte. Dann kamen sie auf Eve zu. Maki schrie sie an, sie sollen sie in Ruhe lassen, aber die lachten nur und drückten sie näher an die Wand. Nach mehreren Stößen, ließ Eve die Sachen, die sie trug aus versehen fallen. Die Kerle lachten und machten sich darüber lustig, wie schwach und hilflos sie doch wäre. Eve kamen Tränen in die Augen, was sie in mehreren Wegen noch mehr demütigte. Ihre Schwäche war ihr peinlich und gleichzeitig war sie einfach nur besorgt, wie es nun weitergehen sollte. Da stand Maki wieder auf, schnappte sich ein Rohr, welches in der Nähe und trat den Typen abermals entgegen. Kampfbereit stand Maki nun vor Eve, jedoch war allen Beteiligten bewusst, das dies mehr Bluff als alles andere war. Ein schlimmes Ende hätte die beiden wohl ereilt, wäre da nicht ein Mann in die Gasse getreten, hinter ihm noch zwei weitere bullige Typen. Sie trugen allesamt dunkle Anzüge und sahen sehr seriös aus, ein sehr ungewöhnliches Auftreten in dieser Zeit. „Nun, meine Herren, gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass sie die armen Mädchen dort belästigt?“, fragte der Mann ruhig und distanziert. „Was will denn der Alte da?“, wunderten sich diese. „Keine Ahnung, vielleicht will er ja der nächste sein?“ Der Mann räusperte sich, um ihre Aufmerksamkeit zurück zu gewinnen und lächelte die Typen kühl an. „Nun, meine Herren, sie scheinen die Lage nicht ganz zu verstehen, sie sollten jetzt wirklich den Rückzug antreten und die Mädchen in Frieden lassen.“ Die Typen reagierten gereizt und wollten ihn angreifen und drohen, da sprangen aus dem Hintergrund zwei Teenager hervor, die bis jetzt völlig unsichtbar gewesen waren und machten alle mit nur wenigen Bewegungen fertig. Das ganze dauerte nur wenige Sekunden und so schnell wie sie erschienen waren, so schnell verschwanden sie auch wieder hinter dem Mann. Man konnte sie noch sehen und obwohl sie ehrfürchtig dem Mann gegenüber erschienen, so strahlten sie dennoch sehr viel Würde und Anmut aus. Maki und Eve sammelten perplex die herunter gefallenen Gegenstände ein, dann verbeugte sie sich rasch. „Vielen Dank, dass sie uns geholfen haben, Herr.“, brachte Maki schließlich ehrfürchtig heraus. Es kam selten vor, dass ihr die Worte fehlten, aber heute waren sie wie weggeblasen. Plötzlich bewegte sich der Herr und trat an Maki heran. Prüfend hob er ihr Kinn und studierte ihr Gesicht. „Du hast eine Menge potential, Mädchen. Du könntest eine gute Kämpferin für das Gute und gegen dieses Gesindel werden.“, sagte er ruhig. „Danke, Herr.“, gab Maki ehrfürchtig zurück. Eve hatte sie wirklich noch nie so erlebt. „Ich hätte noch einen Platz frei, wenn du willst, kann ich dich mitnehmen und trainieren.“, antwortete er zufrieden. „Warten sie… ich kenne sie doch gar nicht.“, kehrte nun etwas Vernunft zu ihr zurück. „Oh, natürlich wie unnachsichtig von mir, mein Name ist Foster. Ich führe eine Akademie, nicht weit von hier und bilde junge Talente aus, damit sie sich um die ganzen Kriminellen kümmern können. In unserer heutigen Zeit gibt es viel zu viele dieser Assasine und andere Kleinkriminelle, die vom Antlitz dieser Welt getilgt gehörten. Ich sehe in die auch diese Flamme für die Gerechtigkeit.“ Maki lächelte stolz, doch dann trübte sich ihr Blick jedoch und sie schaute Eve an. „Und was ist mit Eve? Ich kann sie doch nicht hier allein lassen.“ „Nun, wenn sie will kann sie sich auch an der Akademie versuchen, als Probe. Was sagt ihr?“, gab er unverzüglich zurück, würdigte Eve jedoch nicht eines Blickes. Die beiden tauschten schnell Blicke aus. Eve nickte schüchtern Maki zu, so dass sie freudig zusagte. Natürlich wusste Eve, dass der Mann eigentlich nie sie wollte. Ihre Kampfkraft mochte gering sein, dafür war sie sehr schlau und ein guter Beobachter. Dennoch ging sie mit, Maki zuliebe. Schnell zeigte sich, dass die Akademie kein friedlicher Ort war. Die Ausbildung war hart und streng und alles war nur für die Elite ausgelegt. Während Maki sich recht schnell einlebte und große Erfolge verlauten lies, hatte Eve es hingegen schwer. Sie quälte sich durch die Grundlagen und hatte auch kaum eine Lust dazu, was daran lag, dass sie eigentlich nicht besonders gerne kämpfte. Aus Freundschaft zu Maki, blieb sie. Allerdings ahnte sie schon zu Beginn, dass dies keine Lösung auf ewig war. Immer weiter fiel sie zurück und hatte auch keine Chance dies aufzuholen. Maki schloss viele Freundschaften unter der Elite, auch wenn Eve bezweifelte, dass diese wirklich echt waren und wurde mehr und mehr wie die Leute mit denen sie sich nun abgab. Es war ein schleichender Prozess, aber zunehmend zog sie sich von Eve zurück und konzentrierte sich nur noch auf ihre Ausbildung. Sie wollte die Beste werden und Foster´s Philosophie wurde die ihre. Eve blicke dieser Entwicklung mit Skepsis entgegen. Sie traute diesem Mann nicht. Die Absichten waren natürlich nicht schlecht, aber irgendwie, war etwas an ihm nicht ganz richtig und das wusste sie. Doch damit war sie allein. Irgendwann kam der Tag an dem Eve nicht länger bleiben konnte. Sie bestand keine der Prüfungen die angesetzt waren und musste schon kurz darauf die Akademie verlassen. Sie hatte auch nicht das Geld sich den weiteren Aufenthalt erstehen zu können und selbst wenn sie es gehabt hätte, so zweifelte sie daran, dass sie es dann getan hätte. Im Prinzip war sie froh, da weg zu kommen, aber sie hatte Angst wie sich Maki verändern würde, wenn sie nicht mehr da war. Maki half ihr beim packen und versprach ihr, die beiden würden sich nach wie vor regelmäßig sehen. Traurig und glücklich zugleich zog Eve wieder in die Gasse aus der sie gekommen waren. Die ersten paar Wochen zeigten sich auch keine Probleme. Maki besuchte sie regelmäßig und da sie mittlerweile eine Art Taschengeld bekam, lud sie Eve gerne mal zum Eis essen oder shoppen ein. Eve freute sich natürlich darüber, aber sie beobachtete dennoch stetig die Veränderung des Charakters von Maki. Bald schon begannen jedoch Maki´s Witze über Eve´s Leben, erst waren es nicht ernst gemeint, aber mit fortschreitender Zeit lag immer mehr Ernst in ihren Worten. Es war, als suche Maki regelrecht Streit mit Eve, was natürlich dazu führte, dass sie immer weniger Lust hatte, Maki auch zu sehen. Eines Tages kam es zu einem großen Streit. Maki warf Eve vor, nicht für sich selbst sorgen zu können, ohne sie völlig hilflos zu sein und das sie sich einfach mehr hätte anstrengen sollen um es zu etwas zu bringen. Laut ihr war Eve für all ihr Elend selber Schuld und deswegen konnte Maki, laut ihrer Aussagen, Eve schon lange nicht mehr ausstehen. Da packte auch Eve der Zorn und einmal im Leben gelang es ihr, dies auszusprechen, was ihr wirklich auf der Seele brannte. Sie stellte Maki zur Rede, erklärte ihr, dass sie sich verändert hatte und das nicht gerade zum Guten und das sie das nicht weiter mit ansehen wollte. Die Antwort, die sie bekam war Hohn und Gelächter. Maki warf ihr vor nur eifersüchtig zu sein und das Eve es war, die sich verändert hätte. Auch wenn diese dies immer wieder verneinte und darauf flehte, dass Maki ihr doch einmal richtig zuhören möge… sie hatte keine Chance. Dann begann sie den größten Fehler. Eve beleidigte indirekt die Akademie und damit auch ihren „Gott“, Foster. Unbändiger Zorn packte Maki und noch ehe sie sich versah, schlug sie Eve ins Gesicht. Ohne ein weiteres Wort oder auch nur Reue in ihrem Blick, zog sie schließlich von dannen. Eve blieb verletzt zurück. Für lange Zeit, sollte dies die letzte Begegnung der beiden sein. Kapitel 25: Der Aufstieg der Nummer 1- allein --------------------------------------------- Die Zeit verging und Eve versorgte sich selbst. Es klappte sogar recht gut und sie stand nicht vor dem Hungertod oder ähnlichem. Immer wieder hörte sie jedoch von den tollen Erfolgen von Maki aus der Akademie. Grummelnd ging sie die Straßen entlang. Sie wusste es war falsch, aber sie konnte nicht anders. Ihre Gedanken schweiften immer wieder zu Maki. Als sie in eine Gasse einbog, traf sie auf unliebsame Bekannte, dieselben Typen, die sie und Maki damals bedroht hatten, bevor Foster eingeschritten war. „Ah, da ist ja die Kleine, wie kommt´s? Keine Brigade die dir heute helfen kann? Na wenn das so ist…“ Sie packten Eve am Handgelenk, noch ehe sie reagieren konnte und zerrten sie gegen eine Wand. Als Eve an die kalte Mauer gedrückt wurde, fielen ihr die Sachen aus der Hand, die sie gerade nach Hause tragen wollte. Einige Lebensmittel fielen zu Boden und die Typen traten sie achtlos beiseite. „Weißt du Kleine, du würdest bestimmt mal ne ganz hübsche werden. Zu schade, dass du das wohl nicht mehr überstehst.“, lachte derjenige, der sie an die Wand drückte. Er roch nach Zigarettenrauch und Eve raubte es den Atem. Eve wehrte sich und versuchte zu entkommen. Sie entkam seinem Griff, da stellte ihr ein anderer ein Bein und sie fiel hin. Als ihre Knie über die Pflastersteine rutschten, zog sie sich einige Schrammen zu. Dort lag sie nun und die Typen kamen auf sie zu. Sie hatten es nicht eilig, wussten sie doch, dass ihre Beute in der Falle saß. Verzweifelt blickte sie sich um und erkannte, niemand kam um ihr zu helfen. Unruhig tastete sie über den Boden bis ihre Hand ein stabileres Eisenrohr fand. Hier lag viel Schrott rum, daher war es nicht ungewöhnlich, dass so etwas auf der Straße lag. Zögernd blickte Eve auf das Rohr. Ihr blieben nicht viele Auswegmöglichkeiten und wahrscheinlich führten die meisten ja doch in ihren Ruin, dennoch entschloss sich Eve nicht länger schwach sein zu wollen. Stattdessen packte sie das Rohr und zog dem Kerl, der ihr am nahsten war, eine über. Eine Platzwunde war das Resultat und er fluchte lautstark vor sich hin, während er benommen nach hinten taumelte. „Hey, du Schl*mpe, was zum Teufel tust du da? Schnappt sie euch.“, schrie ein anderer wutentbrannt. Natürlich war sie nicht naiv genug, um zu denken eine ernsthafte Chance gegen die Gruppe von Hochgewachsenen Männern zu haben, gegen die Eve selbst wie ein Streichholz wirkte. Sie hatte zwar die Grundlagen des Kämpfens gelernt und es gelang ihr einige Schläge zu parieren, aber auf lange Sicht, hatte sie keine echte Erfolgschance. So ließ sie es einzig auf ihr Glück ankommen. Das Rohr fest umklammernd, schleuderte sie es den Typen entgegen. Es war tatsächlich Zufall, dass sie genau einen ihrer Widersacher erwischte und als dieser taumelte und die anderen ablenkte, sammelte sie auf, was sei greifen konnte und suchte das Weite. Die Typen verfolgten sie natürlich, verloren aber ihre Spur, da sie sich perfekt in der Stadt auskannte und ließen sie schließlich in Ruhe. Wenige Tage später war sie erneut in der Stadt um Nachschub zu besorgen, da sie einen Großteil ja hatte zurücklassen müssen. Doch da erfuhr sie etwas Schreckliches. Natürlich hatte sie schon davon gehört, dass es übernatürliche Wesen gab. Ja, sie hatte auch schon einige ganz nette kennen gelernt z.B. ein paar Irrlichter, die des Nachts über den Friedhof wanderten und das sogar zusammen mit Maki. Daher hegte Eve auch keinerlei Groll gegen diese Wesen. Doch dieser Mister Foster hatte mit Gesindel also auch alle Übernatürlichen Wesen gemeint. Genauso wie bei den Menschen gab es unter ihnen gute und böse Wesen, aber Eve fand es nicht in Ordnung, alle töten zu wollen, schließlich waren es auch Familien und Kinder, die auseinander gerissen wurden und dann leiden mussten. Herausgefunden hatte sie es durch ein Gespräch, dem sie gelauscht hatte und was zwischen zwei Schülern der Akademie unachtsamer geführt wurden war. So wollte Eve mit Maki darüber reden und ihr erzählen, was er wirklich im Sinn hatte und machte sich daher auf zu der Akademie. Auch wenn ihr Inneres nicht wirklich begeistert war dorthin zurück zu kehren, so bekämpfte sie ihre Abneigung und ging dennoch hin. Dort angekommen wurde sie sehr unsanft von den Wächtern abgespeist, welche Unbefugten den Zutritt untersagten. Aber sie nervte immer weiter, bis man Maki schließlich holen ließ, um mit ihr zu reden. Maki kam mit einer Gruppe Schülern zur Eingangstür, die sie verfolgten wie eine hungrige Meute. Kaum erblickte sie ihre ehemalige Freundin, meckerte sie herum und die anderen lästerten munter drauf los über das mittellose Mädchen, das vor ihnen stand und mit der ach so tollen Maki sprechen wollte. Da Eve jedoch regelrecht flehte, hörte sie ihr einen Moment zu. Vielleicht aus Mitleid oder Neugier, sie wusste es wohl selbst nicht genau. „Maki… ich weiß, du willst mich nicht unbedingt sehen, aber…“, begann Eve schüchtern. Das stolze Haus wirkte so erniedrigend auf sie, dass ihr Mut stark verschüttet wurde. Dennoch kam ein Rückzieher nicht in Frage. „Ja ganz recht, ich dachte, ich war deutlich genug, als ich verschwunden bin. Ich will dich nicht mehr sehen!“, unterbrach Maki sie grob und herablassend. Man merkte an ihrem ganzen Auftreten, dass sie Eve gegenüber jeglichen Respekt verloren hatte. „So hör mir doch zu, ich habe etwas herausgefunden über diesen Foster und dachte, du solltest es vielleicht wissen.“ Eve war nicht gewillt sich so leicht unterkriegen zu lassen. Die aufkommende Wut half ihr, etwas mehr Mut zu finden. „Was willst du? Willst du ihn etwa schlecht machen? Bist du immer noch eifersüchtig, weil du zu schlecht bist und ich nicht? Ein Wunder, dass du ohne mich überhaupt solange überlebt hast. Ich hatte ja angenommen, dass du schon irgendwo tot in irgendeiner Gasse liegst.“, kam es eiskalt zurück, woraufhin die anderen lachten. „Nun hör auf, ich meine es ernst. Dieser Foster will euch nicht nur dazu benutzen, um die Kriminellen zu vernichten, nein er will auch alle Übernatürlichen Wesen loswerden, die es gibt! Du weißt, es gibt auch nette Wesen unter ihnen, dass kannst du doch nicht befürworten.“ Eve blickte Maki verzweifelt an. War da noch ein Funken ihrer alten Freundin zu finden? Da lachte Maki und schaute mit einem herablassenden Blick zurück, der mehr sagte als Tausend Worte es könnten. „Tja, das weiß ich doch.“ „Du weißt es?“, fragte Eve ungläubig. „Natürlich nach der ersten bestandenen Prüfung, was du ja nicht geschafft hast, bekommt man es mitgeteilt.“ „Und du findest das in Ordnung?“, fragte sie erneut, auch wenn sie die Antwort schon wusste. „Hör zu, du Schwächling. Alle Übernatürlichen Wesen gefährden die Herrschaft der Menschen über diese Welt, sie verzaubern und manipulieren uns oder wir sind einfach nur ihre Beute. Das geht nicht und Mister Foster hat das als einer der wenigen Menschen auch erkannt. Dann gibt es noch diese Verblendeten Schwächlinge, die glauben die anderen Verteidigen zu müssen, so wie du wohl einer bist, Evolution.“, brach es aus Maki heraus und ergoss sich wie eine Tirade über Eve. „Du hast den Namen schon lange nicht mehr verwendet…“ Eve blickte sie traurig an, „Maki… ich…“ „Nichts da, ich habe keine Lust mehr mich mit dir abzugeben, lass dir dies nun sagen, komm nie wieder her und versuch nie wieder mit mir zu sprechen, kapiert!“ „Aber ich will dir noch was sagen…“, versuchte sie es ein letztes Mal. „Vergiss es.“ Damit drehte sich Maki um und ließ Eve zurück. Sie schloss sich wieder ihrer Gruppe an und auch wenn Eve sie nicht verstehen konnte, so wusste sie aber, dass nun hemmungslos über sie gelästert werden würde. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass Maki unter ihnen eine besondere Rolle innehatte. Sie würde wirklich einmal die Mächtigste unter ihnen werden, wenn sie so weiter machte, so wie es Mister Foster vorhergesagt hatte. Traurig verließ Eve das Gelände der Akademie wieder. Aber sie wollte Maki wirklich noch etwas erzählen, wollte sich entschuldigen, aber dazu kam sie nun nicht mehr. Dieser Gedanke verzerrte Eve regelrecht, sodass sie einige Zeit später erneut vor den Toren der Akademie stand, um dies endlich loswerden zu können. Erwartungsgemäß wurde sie jedoch abgewiesen. Sie durfte nicht mit Maki reden, das durften nur noch ausgewählte Leute, wie sie erfuhr. Nebenbei wurde ihr ebenfalls erzählt, dass Maki nun sogar besonders gefördert wurde. Maki erhielt ein Spezialtraining um sie sozusagen, zu „optimieren“ und es wurde wohl auch ein wenig mit der Technik nachgeholfen. Eve hätte sie am liebsten da raus geholt, aber sie kam ja nicht einmal mehr in ihre Nähe. Lange überlegte sie, was sie tun könnte und kam endlich zu einem Entschluss. Wollte sie Maki wieder sehen, so musste sie auf die Liste kommen. Es gab seit einiger Zeit eine Liste, dort wurden die Verbrecher mit dem Höchsten Kopfgeld fest gehalten und die Mitglieder der Akademie kümmerten sich um dieses Problem. Man nannte sie die Jäger. Auch wenn sie eigentlich eher pazifistisch veranlagt war, begann Eve zu trainieren. Zunächst versuchte sie ihre Grundlagen aus der Akademie wieder zu beleben, aber mit nur mäßigem Erfolg. Dieser Kampfstil war einfach zu grob für sie. Irgendwann begann sie Angriffe zu variieren und hatte damit mehr Erfolg. So arbeitete sich Eve langsam hoch. Anfangs viel es ihr schwer Leute zu verletzen, aber mit der Zeit verschwand ihre Reue und sie wurde eine wahre Assasine. Das Problem war, sie war bei weitem nicht gut genug, um auf die Liste zu kommen. Regional war sie gerade mal unterer Durchschnitt. Nie im Leben würde Maki kommen um sich um sie zu kümmern. Eve war verzweifelt und versuchte die ganze Sache krampfhaft zu beschleunigen. Dann kam der Tag an dem sie sich maßlos überschätzte. Sie wollte unbedingt auf diese schwarze Liste und hatte sich daher mit talentierteren Assasinen angelegt, als sie jemals geschafft hätte zu überwältigen. Anfangs sah es noch ganz gut für sie aus, aber dann spielten sie all ihre Karten aus und stampften sie in Grund und Boden. Ihre Gegner kannten die Umgebung ebenso gut wie sie selbst und daher konnte sie darauf keinen Vorteil ziehen, wie sonst oft. Auch ihre Ausdauer und Kraft lag weit unter dem Niveau der anderen und es kam wie es kommen musste. Eve wurde übel zugerichtet, das gehörte zum Job. Vergebung konnte man nicht erwarten. Als sie mehrere harte Schläge im Kopfbereich einstecken musste, löste sich die Netzhaut ab und Eve begann blind zu werden. Von da an, war sie nur noch Spielball ihrer Gegner. Ihre Rippen wurden gebrochen und sie verlor eine Menge Blut. Dennoch wehrte sich ein Teil in ihr verzweifelt gegen den Tod, der sie erwartete. Sie wollte Maki da raus holen, konnte nicht zulassen, dass sie so etwas tat und während sie so dalag, zurückgelassen von ihren Gegnern, wurde ihr Blick dumpfer und sie driftete immer weiter in eine Traumwelt ab. Da betrat ein Schatten die Gasse. Durch das Blut angelockt und neugierig, wegen der Gedankenströme hatte er den Weg hier her gefunden. Er stellte sich vor Eve hin und betrachtete sie eingehend. Eve bemerkte die Aura die von ihm ausging und blickte schwach auf. Sie erkannte jedoch kaum noch etwas. „Sieh an, obwohl du fast blind bist und der Tod dich lockt, hast du noch genug Kraft, um mich zu bemerken… Interessant.“, ertönte ein Stimme, die merkwürdig fremd klang, so als würde die Person aus einer anderen Welt sprechen. Eve wollte etwas sagen, doch obwohl ihr Mund sich schwach bewegte, kamen keine Laute heraus. „Nun meine Kleine, du verwunderst mich. Anscheinend bist du eine dieser Assasine, die gibt es ja viel heutzutage… aber wieso forderst du sie heraus, wenn du doch genau deine Grenzen zu kennen scheinst?“, fragte er sich und schien sie dabei zu lesen, wie ein offenes Buch. Tränen rannen ihr über die Wangen ohne dass sie diese spüren konnte. „Du willst noch nicht sterben, oder? Nicht um des Lebens willen… du hast noch etwas zu erledigen, das ist wohl auch der Grund für dein Glücksspiel, nicht?“ Eve nickte schwach. Das er sie so durchschaute, war ihr in dem Moment egal. „Ich kann dir das Leben schenken, wenn du willst.“, flüsterte er. Eve´s Bewusstsein driftete weiter ab, aber dennoch hielt sie sich instinktiv an ihm fest, als er ihr seine Hand entgegenstreckte. „Du musst wissen meine Kleine, ich bin ein Vampir… einer der Uralten und habe daher die Macht, dich zu einem mächtigen Geschöpf zu machen, wenn du es wünschst. Du hast Glück, mir ist heute einfach danach. Sonst tue ich so etwas nicht… Nun, was sagst du?“ Die Laune der Uralten war stets ein Rätsel für die anderen und meist nur schwer nachzuvollziehen. Die meiste Zeit lebten sie in ihrer eigenen Welt, in der die Jahrhunderte an ihnen vorbeiplätscherten und nur selten traten sie in Aktion. Nur heute war es anders, Eve sah ihr Gegenüber bereits nicht mehr und ihre Hand drohte schlaff zu Boden zu fallen. Mit aller Macht wehrte sie sich vor der drohenden Dunkelheit, die sich in ihrem Bewusstsein ausbreitete, aber es war zwecklos. „Ich muss mich wohl beeilen.“, hauchte der Vampir und nahm die Sterbende mit sich. ........................................................................................ Hallo, heute melde ich mich mal wieder mit ein paar Worten. Erstmal danke an die Leser dieser ff. Ja, ich weiß sie ist lang, aber ich hoffe doch, dass ihr trotzdem bis zum Ende dabei bleibt. ^^ Desweiteren noch kurz was zu diesem Flashback, welcher im übrigen auch der letzte dieser Geschichte sein wird. Dem ein oder anderen mag aufgefallen sein, dass sich Eve´s Geschichte der von Kyria in einigen Punkten ähnelt, aber das mache ich nicht, weil mir keine anderen Ideen mehr kommen, sondern es gibt wirklich einen Grund dahinter, der aber erst später aufgedeckt wird. Das wars erstmal meinerseits ;3 lg Avyr Kapitel 26: Der Aufstieg der Nummer 1- Wahnsinn ----------------------------------------------- Stunden später erwachte Eve. Sie lag auf einem Boot, welches leicht umher trieb. Ein seltsamer Schmerz durchzuckte sie und sie kniff die Augen zusammen. Erst dachte sie, sie hätte das nur geträumt, aber sie fühlte sich merkwürdig… anders. Sie setzte sich auf und wunderte sich eine Weile, versuchte die vergangenen Stunden zu rekonstruieren mit mehr oder weniger Erfolg. Eve hätte schwören können, dass sie gestorben war, dann fiel ihr Blick auf das trübe Wasser und sie riss die Augen auf. Wer war das dort in der Spiegelung? Doch nicht sie. Doch tief in ihr drinnen, spürte sie die Wahrheit. Ihr war bewusst, wer sie nun war, was die brauchte… aber auch, welche Möglichkeiten ihr nun offen standen. Ab sofort war sie ein Vampir. Die menschliche Eve gab es nicht länger und was noch wichtiger war, sie hatte keinen Meister. Normalerweise war ein verwandelter Vampir ein Sklave seines Meisters, der ihn gewandelt hatte, doch wer auch immer ihr Meister gewesen war, hatte sie bereits von sich losgesagt. Sie war frei und konnte tun und lassen, was sie wollte. Das Gefühl war herrlich, aber eine Sache hatte sie zu dem Zeitpunkt noch nicht gewusst. Ein menschlicher Körper hatte Probleme die Kraft der Uralten zu kompensieren und diese bildete eine Art Eigenleben, den viele auch als Wahnsinn bezeichnen würden. Es brauchte nicht sehr lange, da hatte sich Eve an ihre neuen Kräfte gewöhnt und genoss dieses Leben sogar. Binnen kurzer Zeit arbeitete sie sich auf den Rang 19 der neu erfundenen schwarzen Liste hoch. Die Zeit schien an ihr vorbei zu fliegen. Eines unglücklichen Tages begegnete sie erneut der Gang, die sie schon allzu oft in ihrem Leben hatte ertragen müssen. Doch dieses Mal waren die Lager etwas anders verteilt. „Hey, das ist doch die Kleine wieder, wie sieht die denn aus?“, raunte einer, der sie zu erkennen schien. „Vorsicht, irgendwie hat sie es geschafft in nur zwei Jahren auf Rang 19 zu kommen, wie auch immer sie das angestellt hat.“, sagte der Assasin unter ihnen. Er selbst belegte ihres Wissens den Rang 43 und war zumindest in dieser Gegend gut bekannt. Eve hatte zur der Zeit ihr menschliche Gestalt angenommen und war somit äußerlich blind, was nicht hieß, dass sie nichts sah… sie konnte noch immer alle Seelen spüren und wusste, wo sich wer befand. Das war das einzige Manko, was sie aus ihrem früherem Leben davon getragen hatte, denn ihre Verletzungen waren zu stark gewesen, als das sie alle hätten regeneriert werden können. Aber damit konnte sie dennoch gut leben. Sie lächelte die Typen selbstbewusst an. „Was grinst du so? Willst du dich mit uns anlegen? Denk nicht wir nehmen auf blinde Rücksicht.“, gab einer genervt, aber auch ein wenig kleinlaut zurück. Und damit eröffneten sie den Angriff auf Eve. Mit einem Salto wich sie allen entspannt aus und landete elegant auf dem Zaun, der sich hinter ihnen befand. „Zu langsam.“, stellte sie fest. Nur wenige Minuten später lagen die Typen ohnmächtig auf dem Boden. Anmutig schlenderte sie davon, als wäre nichts gewesen. Da stoppte sie, denn sie spürte die Anwesenheit von mächtigeren Gegnern. Es waren ein paar Leute von der Akademie, Jäger und diese standen nur wenige Meter vor ihr. Lautlos hatten sie sich an Eve heran gepirscht, was sie durchaus staunen lies. Mit fester und leicht herablassender Stimme sagten sie: „Eve, Rang 19 der schwarzen Liste, wir sind gekommen um dich zu exekutieren, da du dich vieler Straftaten schuldig gemacht hast, außerdem bist du nicht von menschlicher Natur und hast daher nach unserer ersten Regel, keinerlei Lebensrecht.“, ratterte der junge Herr vor ihr diesen Spruch vor ihr herunter, so wie er es bestimmt schon viele weitere Male mit anderen gemacht hatte. Eve stemmte unbeeindruckt die Hände in die Hüfte und antwortete: „Was für ein Schwachsinn eure erste Regel doch ist. Aber gut, mit dem Rest habt ihr wohl recht…“ Leugnen konnte sie wahrlich nicht, dass sie viel angestellt hatte in den letzten paar Monaten und auf das Meiste davon, war sie auch nicht gerade stolz. „Kaum zu glauben, dass so eine mal auf der Akademie war, wenn auch nicht lange.“, sagte die junge Frau, die neben ihm stand, herablassend und regelrecht angewidert. Eve kicherte belustigt. „Ja, ich erinnere mich auch nicht gern daran zurück.“ Die Jäger starteten ihren Angriff und waren innerhalb einer Sekunde mit gezückten Waffen hinter ihr. Eine Standardtaktik bei Jägerpaaren, dass war Eve im Gedächtnis geblieben. Sie wich leichtfüßig aus und landete wieder den Jägern gegenüber. „Wie kann sie so gut sein? Sie war doch immer so einen Niete.“, fragte die Frau leicht verwirrt. Eve seufzte und wich einem weiteren vordiktiertem Angriff aus. „Wisst ihr, nichts gegen euch, aber ich hatte eigentlich gehofft, dass jemand anderes kommt um sich um mich zu kümmern.“ Ja, eigentlich hatte sie sich doch nur hoch gekämpft, damit sie irgendwann Maki in einem Kampf gegenüber stehen würde, wenn diese versuchte sie zu töten. Eve hatte keine Lust sich mit diesen Jägern rum zu schlagen, daher setzte sie nur ein paar sanftere Schläge ein um diese auszuknocken. Es war nichts von Belang und so schnell vorbei, dass kein Zeuge es hätte beschreiben können. Nach dieser ersten Begegnung mit Jägern, kamen immer weitere und auch bessere, die den Exekutionsauftrag angenommen hatten. Natürlich ohne Erfolg. Irgendwann hatte Eve keine Lust mehr zu warten und machte sich auf um selbst in die Akademie zu gehen. Niemand würde sie daran hindern Maki zu sehen und wenn sie sich nicht selbst herbemühte, so musste sie die Initiative ergreifen. An einer unbewachten Stelle sprang Eve über den Zaun zur Akademie und schlich sich so in die Villa. Drinnen angekommen schnappte sie sich einen Schüler, der ihr zufällig über den Weg lief und fragte ihn über den Aufenthaltsort von Maki aus. Der Schüler war noch jung und naiv und verriet es Eve ohne selbst Fragen zu stellen. Maki hielt sich gerade in der großen Trainingshalle für ein Spezialtraining auf. Dort kämpfte sie allein gegen viele weitere gute Jäger, fast schon auf Leben und Tod. Jedoch konnte Eve ja nicht stundenlang warten, bis sie mal fertig war und schlich sich auch in die Halle. Sie stand oben an der Galerie und schaute eine Weile dem Treiben dort unten zu. Maki war wirklich sehr gut. Allein gegen 50 Jäger, alle waren mindestens 5 Jahre älter als sie selbst, aber sie alle hatten keine Chance gegen Maki. Herr Foster schaute auch zu. Bei seinem Anblick kam Augenblicklich Zorn und fast schon Hass in Eve hoch. Maki´s Aura hatte sich sehr verändert, das bemerkte Eve nun. Sie war zu dem geworden, was man sich unter dem perfekten Jäger vorstellte, sie lebte die Philosophie von diesem Foster und folgte ihr nicht nur. Eve machte das traurig, schon dort wusste sie tief in ihrem inneren, dass sie Maki nicht mehr umstimmen konnte und doch wollte sie es versuchen. Der Kampf unten tobte unterdessen ungehindert weiter, da stolperte einer der jüngeren Jäger und fiel hin, vor Maki, diese führte aber einfach ihren Angriff weiter fort und war drauf und dran, den Jäger zu töten. Da konnte Eve nicht länger zuschauen und hielt das Schwert von Maki auf, indem sie einen langen Trainingsstab entgegen warf. Dieser bohrte sich in den Boden und rettete das Leben des Jägers, denn das Schwert prallte daran einfach ab. Geschockt starrten alle zu Eve hoch, auch Maki hob den Blick. „Was machst du hier?“, fragte sie schließlich und ihre Stimme war das pure Eis. „Ich wollte dich mal besuchen, weil du ja nie persönlich vorbei kommst.“, gab Eve leichtfertig zurück, doch das änderte nichts an der Spannung im Raum. „Bitte was? Wieso sollte ich, du bist zwar die Nummer 19, gut, das ist schon eine große Leistung für Gesindel wie dich, aber dafür mache ich mir doch die Hände nicht schmutzig. Du bist es nicht wert.“ „Schade zu hören, aber unverrichteter Dinge werde ich auch nicht wieder abziehen…“, antwortete Eve traurig auf diese Ansage. Eve sprang von der Galerie herunter und landete neben dem Jäger auf dem Boden, dem sie gerade noch das Leben gerettet hatte. Maki zog sich jedoch zurück und lies die anderen Jäger auf sie zustürmen. Genervt konterte Eve jeden Angriff und es dauerte nicht lange, da lagen alle Angreifer ohnmächtig auf dem Boden. Maki staunte nicht schlecht, soviel verriet ihre Mimik noch. „Du bist gut, du hast gewonnen… Nun gut, ich werde mich um dich kümmern, denn so wie ich das sehe, würdest du in nächster Zeit wohl weiter aufsteigen, da kann ich das auch hier und jetzt erledigen.“ „Na endlich.“, grinste Eve kampflustig. So begann schließlich der Heißersehnte Tanz, den Eve nun solange angestrebt hatte. Es dauerte auch nicht lange da blieb ihr keine andere Wahl mehr, als in ihrer wahren Gestalt zu kämpfen. Als sie sich vor den Augen ihrer ehemaligen Freundin verwandelte, da schlug ihr nur der pure Hass entgegen. Maki´s Aura verriet, dass sie Eve nun nicht länger als Jemanden behandelte, sondern nur wie Etwas. Der Kampf tobte weiter und weiter, da unterbrach Mister Foster das Geschehen plötzlich. Was dann geschah, war der Grund, wieso Eve sich beinahe für immer verloren hätte. Maki und Eve landeten beide fast zeitgleich einen sehr schweren Treffer, sodass beide heftige Wunden davon trugen, da ging er dazwischen um Maki zu retten. Es ging alles ganz schnell. Einige Jäger stürmten das Feld und trennten Eve und Maki voneinander. Zwei der herangeeilten legten Maki auf eine Bare und transportierten sie ab. Sie schien keinerlei Einwände zu haben. Schon allein das, löste in Eve eine unheimliche Wut aus, da für sie, der Kampf noch lange nicht zu Ende war und eine Einmischung gegen jede Kampfregel sprach. Doch schlimmer noch als das, war der Fakt, dass die restlichen Jäger und es waren allesamt Elitekämpfer, nun auf Eve zustürmten und sie erbarmungslos attackierten. Da ihre Regenerationsfähigkeiten sowieso schon fast am Ende waren, war dieser Kampf nun mehr als unfair. Immer weiter prasselten die Kämpfer auf sie ein und auch als sie schon am Boden lag, flehte sie regelrecht, den Kampf mit Maki beenden zu dürfen. Maki hatte nur herablassend gelacht, als man sie weggebracht hatte. Eve, nahe einer Ohnmacht, wusste, dass es nicht gut um sie stand, aber bevor man ihr den Gnadenstoß verpassen konnte hörte sie noch, das Foster sagte, er würde Maki nun wegbringen und man würde aus ihr endlich „die Superwaffe“ machen, was er schon lange vor hatte. sie wäre nun soweit, sagte er. Eve´s Gedanken überschlugen sich. Was hatte er nur vor? Nur eines wusste sie gewiss, nämlich, dass sie ihre alte Freundin wohl niemals wieder sehen würde. Das war wohl der Augenblick, als das Blut des Uralten in ihr die Kontrolle übernahm. Sie hatte versagt, sie hatte verloren und sie hatte durch ihre Wunden verursacht, furchtbare Lust auf Blut. Und das jetzt sofort. Ihre letzte Erinnerung war, dass ihr Körper praktisch von alleine aufstand und sich die Jäger noch verwundert zu ihr umdrehten. Im nächsten Bild, waren sie alle tot und überall war Blut. Eve hatte sich im Wahnsinn verloren… Von da an reiste sie umher und zerstörte alles was ihr nicht passte, sie trieb lockere Nächte und zerstörte danach meist die Stadt in der sie die Nacht verbracht hatte. Von den Jägern hörte sie immer öfter, aber sie tötete diese einfach, wenn sie ihnen über den Weg lief, selbst wenn diese zur Abwechslung mal nicht hinter ihr her waren. So erreichte sie bald den 1. Rang der schwarzen Liste, doch ihr Kopfgeld stieg immer und immer weiter und wurde so schließlich unerreichbar für andere. Einmal, so erinnerte sie sich vage, traf sie auf die Nummern 2 und 3, es kam zu einem Kampf und zur selben Zeit kehrte Maki zurück. Sie war nicht mehr menschlich und Eve wusste nur noch, dass sie in ihrer Gier den Kampf unendlich genossen hatte, doch er war unentschieden ausgegangen, die Nummer 3 war gefallen und zusammen mit ihm viele weitere unschuldige Seelen. Leider bestanden ihre Erinnerungen an jene Zeit nur aus einzelnen kleinen Bildern, sie hin und wieder verschwommen auftauchten. Es war wohl auch zu jener Zeit, dass man bemerkte, dass Eve das Wetter kontrollierte und in ihrem instabilem Geisteszustand, spielte es dementsprechend oft verrückt, wenn sie in der Nähe war. Was hatte man mit Maki nur angestellt? Man hatte ihre Gene verändert, sie zu einer halben Maschine umgebaut und durch zahlreiche Medikamente waren ihre Fähigkeiten immer weiter gewachsen. Doch gleichzeitig hatte dies auch ihren Verstand getrübt. Aus Gerüchten über diesen Kampf ging die Ansicht hervor, das höchst wahrscheinlich beide gestorben waren, aber genaues wusste keiner darüber zu sagen und so blieb dieser Kampf auf ewig ein dunkles Kapitel in der Geschichte. Woran sich Eve jedoch entsinnen konnte, dass sie sich nach dem Kampf halbtot durch verschiedene, verwinkelte Gassen schleppte. Sie dachte, Maki sei tot, da es ihr gelungen war, ihren Körper regelrecht zu zerfetzen. Dann wusste sie nichts mehr. Als Eve später erwachte, fühlte sie sich unglaublich schwach, aber sie war wieder bei Bewusstsein, auch wenn dieser Zustand mehr als labil war. Ihr schlechtes Gewissen über ihre Schandtaten plagte sie und so beschloss sie, von nun an, nur noch in ihrer menschlichen Gestalt umherzuwandern. So fühlte sie sich sicherer. Einsam zog sie umher, unerkannt von allen und ziellos unterwegs. So überdauerte sie viele Jahre. Kapitel 27: Der Aufstieg der Nummer 1- Zero ------------------------------------------- Schließlich begab es sich, dass ihr Leben eine weitere Wendung zu nehmen schien. Eve war in einer recht heruntergekommenen Stadt unterwegs. Hier war sie noch nie gewesen, aber das spielte auch keine Rolle, denn seit einigen Jahren gab es etwas was die Menschen „Yajuu“ und „Exile“ nannten und diese Wesen, hatten das Ende der Welt eingeläutet. Die Stadt in der sie war, erinnerte sie stark an ihre alte Heimat. An den Straßenrändern tummelten sich Straßenkinder und flehten die Erwachsenen um etwas Geld für Lebensmittel an. Manchen gaben etwas, die meisten gingen einfach weiter oder stießen die Kinder unsanft zurück, als wären sie Ungeziefer. Eve hatte sich mit einem Umhang verhüllt und durchschritt so in gemächlichem Tempo die Straßen. Ein kleiner Junge beobachtete sie lange und folgte ihr eine Weile, welches sie aus den Augenwinkeln heraus beobachteten konnte. Als ihr Verstand diese wehrlose Beute analysierte, kam unvermittelt die Lust auf Blut in ihr auf. Sie wusste niemand würde diesen Jungen je vermissen, wenn er verschwinden würde, aber sie riss sich zusammen und zwang sich weiter zu gehen. Sie beschleunigte ihre Schritte zunehmend, doch der Junge verfolgte sie weiterhin bis in eine kleine Gasse. Um dem ganzen Spiel ein Ende zu setzen, sprang sie auf das Dach des Hauses zu ihrer linken und als der Junge sie einholte, war sie nirgends mehr zu sehen. Aus dem Schatten heraus, sah sie kurz zu ihm herab, dann drehte sie sich um und war bereits im Begriff zu verschwinden, als eine verzweifelte Stimme an ihr Ohr drang. Ohne es zu wollen, kehrte sie zu der Gasse zurück. Der Junge war plötzlich umzingelt von einer Gang, so wie sie es von früher kannte. Er erinnerte sie auf einmal stark an sich selbst und sie beobachtete das Geschehen eine Weile wie gebannt. Die Typen wollten ihm etwas antun, soviel stand fest. Da konnte sie nicht länger zusehen, sprang herab und beschützte den Jungen. Noch ehe sie selbst realisierte, was sie da gerade tat, warf sie die Typen leichtfüßig auf den Boden. Ihr Kampfestrieb hätte diese Menschen auch beinahe getötet, da hielt der Junge sie auf und flehte um das Leben dieser Leute. „Nein, lass das! Du hast sie schon besiegt, lass sie leben.“, versuchte er so ruhig wie möglich zu sagen. Dennoch stand Angst in seinen Augen. Eve starrte ihn an. Ihr war bewusst, dass in diesem Moment ihre Augen tiefrot vor Verlangen glühen mussten und das dies auch der Grund für sein Entsetzen war. Ja, sie erkannte sich ihn ihm wieder… als sie noch ein Kind war und ihre Welt noch nicht völlig zerstört wurden war. Als sie ihre eigene Spiegelung in seinen Seelenfenstern sah, die dennoch noch ungebrochen waren, da stoppte sie in ihrem Unterfangen. Eve drehte sich schnell weg, um noch zu retten, was zu retten war, obwohl er doch eh schon alles gesehen hatte und sagte übertrieben streng: „Pass besser auf dich auf und halte dich von solchen Gassen fern!“ Sie wollte so schnell wie möglich verschwinden, da rief er: „Warte noch, ich wollte mich bedanken!“ „Schon gut.“, gab sie kühl zurück. Ihre Beine blieben von selbst stehen und sie schwieg einen Moment. „Meine Name ist übrigens Zero und wie ist deiner?“, fragte er plötzlich völlig unbefangen. Eve sprang wieder auf das Dach hoch, sodass er ihr nicht folgen konnte. Traurig schaute er hinter her. Sie war schon im Begriff zu verschwinden, doch irgendetwas trieb sie zurück. Wie erwartet war der Junge noch immer da, aber er wollte sich gerade wegdrehen und die Gasse verlassen, damit die Typen nicht aufwachten und ihn doch noch erwischten, da rief sie aus dem Schatten. „Evolution… aber nenn mich Eve.“ Er drehte sich wie erwartet um, auch wenn seine Augen nicht in der Lage waren, sie auszumachen. Dennoch lächelte er vage in ihre Richtung und das stimmte ihr Inneres irgendwie ruhiger. Normalerweise blieb sie nie länger als eine Nacht in einer Stadt, aber dieses Mal entschied sie sich, sogar mehrere Tage zu bleiben. Irgendwann hatte sie sich bequemlichkeitshalber am Rand einer Statue in der Stadt niedergelassen. Plötzlich spürte sie eine ihr bekannte Präsenz vor ihr und auch wenn sie nicht aufschaute, wusste sie, um wen es sich dabei nur handeln konnte. „Was willst du Kleiner?“, fragte sie nachdem er keine Anstalten machte von sich aus ein Gespräch zu starten. „Naja, ich hab dich durch Zufall gesehen und da hab ich mir gedacht ich könnte mich ja mal persönlich bei dir bedanken.“, gab er schüchtern zurück. „Das brauchst du nicht, mir war einfach so.“, log sie kühl. „Naja… ich hatte überlegt dich vielleicht zum Essen einzuladen…“ Da grummelte sein Magen und Eve konnte nicht anders als ihn anzublicken. „Du hast selber Hunger und willst mich zu etwas einladen? Nutze das Geld lieber für dich selbst, als für Fremde.“ Dabei sprach durchaus auch ihre eigene Erfahrung zu ihm. Er schaute zur Seite, sodass er ihr Herz erweichte. „Ach komm, ich lad dich ein, ok?“, lächelte sie und erhob sich in derselben Bewegung. Anfangs weigerte er sich das Angebot anzunehmen, aber als sie an einem großen Stand mit allerlei Lebensmitteln vorbei kamen, da willigte er doch irgendwann ein. Sie verbrachten den Tag zusammen in der Stadt und obwohl Eve Lust auf sein Blut bekam, so konnte sie es doch im Zaum halten, worüber sie sich insgeheim wunderte. Am Abend saßen sie dann wieder zusammen an der Statue. Zero war satt und ausgesprochen glücklich. Die beiden plauderten bereits seit einer ganzen Weile munter miteinander. Da fragte er. „Sag mal, wieso hast du dir eigentlich nichts zu essen gekauft?“ „Ich hatte keinen Hunger.“, gab sie scheinheilig zurück. „Das glaube ich dir nicht…“, grübelte er. „Wieso?“ Kurz schwieg er, dann blickte er sie mit seinen ehrlichen Augen an und sagte: „Weißt du… ich weiß, dass ist jetzt vielleicht gemein, aber irgendwie… ich weiß nicht, aber ich glaube du bist gar kein Mensch…“ Eve schaute ihn eindringlich an. „Wie kommst du denn darauf?“ „Deine Augen haben so rot geleuchtet und… ich weiß nicht recht, aber du bist genau das, was man sich unter einem Vampir vorstellt… So hat es mir immer meine Mutter erzählt, als sie noch lebte.“ Eve lachte leise auf. „Gut, es wäre wohl sinnlos es zu leugnen. Ja, gut ich bin ein Vampir, aber wieso bist du dann bei mir, wenn du es weißt? Solltest du nicht eher Angst vor mir haben?“ Da lächelte Zero wieder. „Nein, denn du siehst so traurig aus, da kann man irgendwie keine Angst haben… na gut, wo du mir neulich geholfen hast, da hätte ich schon Angst gehabt wenn dein Zorn gegen mich gerichtet gewesen wäre, aber war es ja nicht, daher…“ „Ah…“, seufzte Eve. Zero fasste eine ihrer Hände. „Wir wär´s? Wir könnten doch Freunde sein, dann wärst du nicht mehr allein… und ich auch nicht…“, dabei strahlte er sie an, wie eine Sonne. Eve wollte ihre Hand zurückziehen. „Naja, ich werde aber nicht mehr lange bleiben und meine Reise ist mit Gefahren gespickt… ich kann nicht ständig auf dich aufpassen, außerdem irgendwann stirbt jeder Mensch.“, rasselte sie eilig ihre Antwort herab. Traurig gab er auf und zuckte zusammen. Er hatte sich geschnitten nach eigenen Angaben gestern an einer Glasscherbe geschnitten und durch eine Bewegung eben, war die Wunde wieder aufgegangen. Der Blutgeruch schlug Eve ins Gesicht, als ob sie jemand verprügelte. Sofort flackerten ihre Augen rot auf und sie starrte Zero wie ein Jäger an. Er bemerkte den Blick, wagte es aber nicht weg zu rennen und sein Leben zu retten. Eve näherte sich ihm und krallte die Hand in den Stein der Statue, sodass sogar schon einige Steinchen herabbröckelten. In ihren Gedanken sah sie ihn schon Tod in irgendeiner Ecke liegen, doch ein anderer Teil in ihr, hatte erstmals etwas dagegen einzuwenden. Blitzschnell war sie aufgestanden und einige Schritte zurück gewichen. Er schaute sie verwundert an. „Wieso lässt du das mit dir machen? Wieso rennst du nicht, so wie es jeder anständige Mensch tun würde?“, fauchte sie schon fast, da ihre Fangzähne bedrohlich lang geworden waren. „Na ich schulde dir doch etwas und mich würde eh niemand vermissen, da wäre es schon in Ordnung. Ich hatte heute den schönsten Tag meines Lebens, da hätte ich dich auch bezahlt.“, gab er ohne zögern zu. Eve schwieg. „Ich gehe jetzt. Wir werden uns nicht wieder sehen…“ Bereits im nächsten Augenblick war von ihr nichts mehr zu sehen. Sie hatte tatsächlich Angst einen kleinen Menschen zu verletzen, nachdem sie schon so viele andere Leben auf dem Gewissen hatte und das verwirrte sie sehr. Aus der Ferne hörte sie noch wie er sie anflehte, sie solle doch bleiben, doch hätte sie darauf gehört, so hätte sie für nichts mehr garantieren können. Nur wenige Stunden später war sie bereits weit weg aus der Stadt. Sie beruhigte sich langsam und versuchte Zero wieder aus ihrem Gedächtnis zu verbannen. Das Leben ging für beide weiter. Aber bereits wenige Tage später begann sich in Eve ein merkwürdiges Gefühl einzuschleichen. Irgendwie zog sie etwas zurück in jene Stadt, in der sie Zero kennen gelernt hatte. Einige Tage unterdrückte sie dieses Gefühl, aber es wurde jeden Tag schlimmer und schlimmer und eines Nachts hielt sie es schließlich nicht mehr aus. Wie ein Blitzschlag durchfuhr es sie und sie musste einfach zurück. Eve kehrte schneller in die Stadt zurück, als sie sie verlassen hatte. Dabei bemerkte sie, dass sie unbewusst während der gesamten letzte Tage einen gewissen Abstand zu diesem Ort nie überschritten hatte, obwohl sie viel umhergezogen war. Endlich angekommen, suchte sie fast schon verzweifelt nach dem Jungen, doch sie fand ihn nicht. Ihre Beklemmung wuchs weiter. Irgendwann fand sie sich vor der Löwenstatue in der Stadt wieder und wollte bereits aufgeben, da schlängelte sich der Blutgeruch, der sie so verführte, an ihre Nase. Dieses Mal zog sie nicht das Verlangen sondern viel mehr die Sorge, diesem Geruch entgegen. Noch während sie zu der Stelle eilte, nahm ihr Körper sich von ganz allein ihrer eigentlichen Gestalt an. Der Geruch hatte sie zu einer schäbigen Gasse, neben dem Eingang zu den Abwasserkanälen geführt. Als sie diese betrat, fiel ihr Blick sofort auf den stark blutenden Zero, welcher eingesunken auf der Erde lag. Er war umringt von lauter Typen, die stetig auf ihn einprügelten, die jüngeren, die nicht älter als Zero selbst waren, bedienten sich zum Teil auch Rohre, um ihre fehlende Kraft damit auszugleichen. Zeitgleich schlug das Wetter schlagartig um. Es stürmte, was Eve´s unbändigen Zorn in diesem Moment widerspiegelte. Nur wenige Augenblicke später stand sie hinter einem der Angreifer und hielt ihm ihr Schwert an die Kehle. Ihre Augen glühten tiefrot und versetzten die Angreifer in Panik. Doch Eve lies nicht zu, dass sie jemals entkommen könnten. Einer schrie: „Das ist die Nummer 1!“ Doch schon wenige Augenblicke später waren alle tot und nicht mehr zu identifizieren. Sie hatte für all das nur zwei Bewegungen gebraucht und noch weniger als 30 Sekunden. Schlagartig verrauchte ihre Wut jedoch, als sie wieder zu Zero blickte. Vorsichtig näherte sie sich ihm. Er atmete kaum noch und sein Puls war schwach geworden. Sicher, sie kannte ihn kaum, aber auch jetzt erinnerte er sie wieder so sehr an ihr eigenes Leben… und wie es zu Ende gegangen war. Sie wünschte ihm nicht dasselbe Schicksal. „Hey Kleiner, wach auf… ich bin´s… Eve, ich bin gekommen um dir zu helfen…“, brachte sie nur abgehackt über die Lippen. Auf einmal half ihr keine Macht der Welt mehr, um ihm entgegenzutreten. Zeros Blick war trübe, er schien sie nicht recht zu erkennen, noch schien er bei Bewusstsein, doch beim Klang ihrer Stimme, schien sein Körper sich etwas zu entspannen. +„Nicht sterben, Kleiner…“, flüsterte sie. Die Nacht neigte sich langsam dem Ende zu, als sie einen Entschluss fasste. Irgendwie fühlte sie sich für diesen kleinen Jungen verantwortlich und gleichzeitig schien sie ihn auch zu brauchen, damit ihre Seele sich beruhigen konnte. Sie gewährte ihm, so wie es mit ihr selbst getan wurde, eine weitere Chance im Leben und machte ihn zu einem Vampir und während er sich später an sie gelehnt ausschlief, da gab sie sich das Gelübde, immer auf ihn aufzupassen. Für den Wahnsinn, der sie solange regiert hatte, war nun kein Platz mehr. Und so kam es, dass die Nummer 1 verschwand. Ihre Mordlust hatte sich schlafen gelegt und über die Jahre war sie zu einem Mythos geworden. Ihre Zeit verbrachten sie im Bereisen der Welt und sie waren zufrieden damit… bis heute… Nun jedoch, lag Zero schwer verletzt am Boden und Eve war der Verzweiflung nahe. In dem Wissen ihr Gelübde gebrochen zu haben, erwachte die Bestie zu neuem Leben und sie vermochte es nicht, sich dagegen zu wehren. Langsam erhob sich Eve. Als ihr Blick Maki´s traf, erkannte sie nur noch ein scharlachrotes Leuchten in der Spiegelung. Eve setzte ein mordlustiges Grinsen auf und starrte Maki an. Der Himmel zog sich zusammen und es begann noch heftiger zu stürmen. Das Donnergrollen schien sich zu verstärken. „Jetzt bist du dran!“ Roona schreckte zusammen. Ich wandte mich zu ihr um und fragte: „Was ist denn?“ „Sie ist zurückgekehrt. Das ist die Nummer 1, die ich einst kennen gelernt habe… sie ist wieder da. Das wird noch übel enden.“ Kapitel 28: Hölle auf Erden --------------------------- Eve erhob einen Arm. Der Himmel verzog sich zu einem fürchterlichen Sturm, in dessen Zentrum sie sich befand. Ja, die wahre Nummer 1 beeinflusste das Wetter nicht nur unbewusst, nein, sie konnte es regelrecht kontrollieren und genau das tat sie nun. Mit einer schnellen Bewegung lies sie den Arm heruntersausen und ein gewaltiger Blitz schlug an der stelle ein an der Maki eben noch gestanden hatte. Eve kicherte belustigt vor sich hin, doch als sich der Rauch verzog, sah sie, das Maki noch immer unberührt da stand, um sie herum war alles schwarz, aber sie hatte nichts abbekommen. Eve verzog wütend die Miene und überall in der Stadt kamen reflexartig weitere Blitze herunter. Es stürmte und Eisregen mischte sich darunter. Dann packte sie ihr Schwert und ging direkt auf Maki los. Jeder Hieb war kraftvoller als der letzte und die beiden kämpften in einer Geschwindigkeit, bei der selbst die Augen eines Dämons Schwierigkeiten hatten, diese zu verfolgen. „Ich hätte dich wirklich damals töten sollen, wer hätte gedacht, dass du mal zu so einer Legende werden könntest.“, brachte Maki zwischen den Hieben hervor. Zur selben Zeit erreichten auch die seltsamen Schatten ihre Ziele. Überall in der Stadt tauchten vor den Yajuu diese Schatten auf und verschlangen diese. Man hatte keine Chance zu entkommen, denn die Schatten konnten nicht einfach zerstört werden. Sie tauchten aus jeder Ecke, jeder Ritze auf und berührten sie einen, so zogen sie diesen hin sich hinein. Jagura hatte viel zu tun. Erst hatte sie gedacht mit Licht könnte man die Schatten doch locker vertreiben, doch sie hatte sich geirrt. Nun blieb ihr nichts anderes übrig als diesen Wesen auszuweichen. Sie sprang von Dach zu Dach und entkam immer nur knapp dem nächsten Angriff. Dann entfesselte mehrere Schatten und Lichtgeschöpfe, diese verhakten sich in den anderen Schatten und kämpften. Erst sah es so aus, als hätte sie damit Erfolg, doch plötzlich änderten die Schatten ihre Taktik und zerrissen ihre Wesen in Fetzen. Jagura blieb nichts anderes übrig, als weitere Schatten zu erschaffen, um Zeit zu gewinnen. Doch anstatt große zu beschwören, setzte sie auf viele kleine, mit nicht mehr Erfolg. Mit einem Salto entkam sie nur knapp der nächsten Attacke. Keuchend stand sie da und versuchte sich etwas zu überlegen. Ja, auch ihr war nicht entgangen, dass die Nummer 1 zurückgekehrt war. Sie spürte die zwei mächtigen Seelen und war erschüttert gewesen, doch sie hatte keine Zeit lange darüber nach zu denken, denn schon waren diese Wesen aus dem nichts aufgetaucht und hatten vor ihren Augen mehrere Yajuu verschlungen. Nicht, dass sie jemals Mitleid mit ihnen gehabt hätte, aber in diesem Kampf standen sie auf derselben Seite und je mehr verschwanden, desto größer schienen auch die Schatten zu werden. Menschen sah man keine, aber das war auch nicht verwunderlich, denn hier war geradezu die Hölle los. Zwei dieser Wesen stürmten auf sie zu und ein weiteres kam aus einer Wand von hinten. Ein Schutzwall aus Schatten und Licht verschaffte ihr genug Zeit zu entkommen, doch schon waren die nächsten da. „Das kann ja noch heiter werden… ich hätte lieber verschwinden sollen.“, dachte sie sich, doch wenn sie heute hier verlieren würden, so wäre es wahrscheinlich bald nirgendwo mehr sicher. Chrona und Rui hatten ihre eigenen Probleme. Kurz nach Kampfbeginn hatte sie sich in ihre Erwachtengestalt begeben, doch auch sie merkte schnell, dass man diese Wesen nicht töten konnte. Rui versuchte ihr den Rücken zu stärken mit seinen Drähten, aber man konnte damit eigentlich nur lebendige Wesen fangen. Im Grunde glitten diese nur durch die Wesen hindurch, welche sich daraufhin einfach neu zusammensetzten. Daher benutze er es um Chrona zur Not von irgendwo wegzuziehen. Schon mehrere Male hatte er sie so davor bewahrt, verschlungen zu werden. „Hey Chrona… sieht nicht besonders gut aus, oder?“, rief er ihr zu. „Ja.“ „Was denkst du, haben die Viecher überhaupt eine Schwachstelle?“ „Vielleicht, aber wenn, dann habe ich sie noch nicht entdeckt.“ „Ich auch nicht.“ Schnell zog Chrona Rui weg, denn im nächsten Augenblick war dort schon ein Schatten und zertrümmerte den Boden. Chrona´s Arm wurde geschnappt und es fraß sich in sie hinein. Kurzerhand durchtrennte sie den Arm mit einer geschmeidigen Bewegung einer ihrer Klingen ab und sprang zurück. Für Chrona, als mächtigere Exile war es kein Problem Körperteile des Öfteren zu regenerieren, doch natürlich hatte auch dies seine Grenzen. „Chrona?“, fragte Rui besorgt. „Alles in Ordnung. Aber lass dich ja nicht erwischen, die Dinger kriegst du nicht mehr weg.“ Und im Gegensatz zu ihr, konnte er es sich nicht erlauben sich kurzerhand einen Arm abzuhacken. Ein neuer Schatten tauchte auf, aber da knallte ihm ein riesiger Fels entgegen und der Schatten zerteilte sich kurz in lauter kleine Fetzen. Rui und Chrona schreckten auf. „Hey Rui, pass besser auf!“, schrie jemand. „Sayo. Was machst du denn hier?“, fragte er erschrocken, als die Halbvampirin hinter einem Baum hervorkam und sich zu ihnen gesellte. „Nun, Kyria hat mich angerufen und gesagt, ich solle mich vorsehen und dann kamen diese Wesen plötzlich, nachdem da oben auf dem Haus, diese Riesenshow begonnen hatte. Wisst ihr wer das ist? Naja egal, jedenfalls kriegt man die echt nicht los, also musste ich da wo ich war, fliehen… und dann bin ich hier gelandet.“ „Ja… na ja laut Liste soll es sich da oben um die Nummer 1 handeln…“, ergänzte Rui ihre Frage kleinlaut. „Aber das ist doch die komische Frau, die uns neulich geholfen hat? Wie kann sie sich so stark verändert haben…“, wunderte sich Sayo. „Weiß nicht… pass auf!“ Chrona zog Sayo weg gerade noch rechtzeitig aus der Schussbahn und rettete sie damit. Im nächsten Moment glitt ein Schatten über den Boden und verschwand wieder in einem Baum. „Wow… ich hätte nie gedacht, dass ich mal einem Exile mein Leben schulde.“, musste Sayo zugeben, wenn auch nicht ganz fröhlich dabei. „Du bist ein Freund von Rui, daher helfe ich dir, mehr nicht.“ „Tse… Egal, wir haben wohl noch mehr zu tun.“, seufzte sie und klopfte sich obligatorisch den Staub von der Kleidung. Vor ihnen braute sich gerade etwas großes zusammen. „Helfen dir die Hunter nicht?“, fragte Rui sie. „Nein, die meisten haben Angst bekommen… na ja und die Viecher sind ja eh auf übernatürliches aus, da haben die im Moment nichts zu fürchten, da stellt sich mir die Frage was du hier treibst.“, erklärte sie. „Ich schätze er ist so oft in meiner Nähe, dass er für die Schatten wie einer von uns wirkt…“ Chrona schien deprimiert, aber sie hatte durchaus Recht, denn Rui´s Aura hatte stets einen Schimmer übernatürliches. „Nicht so schlimm… Ich häng da jetzt genauso mit drin und daher werde ich auch kämpfen.“, spielte er die Situation herunter. „Na dann.“ Anubis hatte ebenfalls zu tun. Er zog es vor alleine zu kämpfen und hatte sich ungünstigerweise in ein engeres Gebiet gewagt. Er konnte sich nicht voll bewegen, aber seine Klingen konnten es immerhin. Er fluchte, dass die Wesen nicht verschwanden und tat sein bestes nicht erwischt zu werden. Er hatte schon zweimal einen Arm und ein Bein verloren, aber er hatte sie sich bis jetzt immer regenerieren können. Nun durchbrach er die Decke über sich und sprang auf die Straße. Hier und da standen einige Autos, die achtlos mitten auf der Straße stehen gelassen worden waren, als die Menschen das weite gesucht hatten. Nun fegte er sich zur Seite um mehr Platz haben zu können, aber schon waren die Schatten wieder da. Nicht weit von seinem Standort entfernt, bemerkte er ein leuchten, was immer mal stärker und schwächer wurde. „Die Dämonin von vorhin. Sie scheint auch so ihre Probleme zu haben.“, erkannte er die Aura. Erneut zerfetzen seine Klingen einen Schatten, aber diese setzte sich einfach neu zusammen und griff erneut an. Anubis warf ein Auto nach ihm, ohne Erfolg, es wurde einfach verschlungen und war weg. Jagura hatte dies gehört und schaute auf. Sie blickte den Exile an und sprang zu ihm herunter. „Hey, Exile, ich bin eigentlich lieber ein Einzelgänger, aber ich denke zu zweit haben wir vielleicht eine größere Chance irgendetwas auszurichten.“ Sie war bereits leicht außer Atem. Er schnaubte und wurde angegriffen, doch sie wehrte es ab. „Ich bin Anubis.“ Irgendwie klang er etwas trotzig, obwohl die meisten Exile stets eher gefühllos agierten. „Gut, dann Anubis… und ich heiße Jagura.“ Sie lächelte grimmig und er wehrte dieses Mal für sie einen Angriff ab. Er fauchte und ließ all seine Kraft los. Seine Klingen wurden größer und fetzten weiter und Jagura ordnete sich kurz und rief drei riesige Bestien und gegen die Schatten zu kämpfen. Sie begann ihn sympathisch zu finden, da er wohl niemand vieler Worte war, war er für sie ein angenehmer Zeitgenosse. Leicht abseits der Stadt hatte ein weiteres Paar zu tun. Kaze, die sich wieder erholt hatte und Sear, waren noch zu nah an der Stadt gewesen und waren so ebenfalls Opfer des Angriffs geworden. „Was zum Teufel ist das?“, rief Kaze entsetzt. „Keine Ahnung, aber so wie ich das sehe, ist es hier überall in der nähe.“ „Da hat meine Schwester mit Sicherheit auch zu tun… na ja so fern sie noch lebt.“ „Ich denke schon.“, antwortete Sear. „Egal, auf jeden Fall müssen wir die Dinger irgendwie wegbekommen. Irgendwelche Ideen?“ „Nicht wirklich, ich hab schon alles Mögliche ausprobiert.“ Sear lies sein Höllenfeuer auflodern und Kaze verschwand wieder darin um einen Doppelangriff zu starten. Sie tauchte auf und wollte die Schatten verbrennen. Es sah sogar so aus, als würde es funktionieren, aber sofort waren weitere da, die sich sofort wieder regenerierten. Ein aussichtsloses Unterfangen. „Gott, ihr nervt.“, fletschte Sear die Zähne. Das Feuer wurde höher und es kamen Bestien heraus, die die Schatten ebenfalls angriffen. So tobte der Kampf weiter. Eve war in Höchstform. In einer solch schnellen Geschwindigkeit, dass Maki es schwer hatte ihr zu folgen, umkreiste sie sie und hieb immer weiter auf sie ein. Eve landete gegenüber von Maki, die sie zunächst noch spöttisch betrachtete. Maki wollte gerade etwas Höhnisches sagen, da zuckte sie zusammen. Ein langer, tiefer Schnitt zog sich über ihren Körper. „Wann hast du…?“, fragte sie entsetzt. Diesem Schnitt folgte sogleich ein zweiter und ein dritter und noch einige mehr, sie war einfach nicht in der Lage sich zu wehren und dass weckte unangenehme Erinnerungen in ihr, an den letzten Kampf gegen Eve, der unentschieden geendet hatte und den Konsequenzen daraus. Man hatte ihr Schmerzen zugefügt, sie ihres Körpers beraubt und sie zu einen der ihr so verhassten Bestien werden lassen. Wieso? Wieso hatt man das nur getan? In ihrem Kopf tobte ein Sturm aus Gefühlen, in dem immer wieder Eve auftauchte. Und noch ein Gefühl kehrte zurück. Die Todesangst, während Eve ihr genüsslich immer weitere tödliche Wunden zufügte. Leise begann sie zu wimmern: „Nein, ich will nicht sterben. Ich will nicht sterben. Ich lasse das nicht zu. Von mir aus können alle sterben, nur nicht ich!“ Ein weiterer Blitz erhellte die Dunkelheit. Eve stoppte, als sich Maki´s Aura zu ändern begann. Eine Art dunkler Nebel umhüllte sie, der sich auch auf all die Schattenwesen in der Stadt auswirkte. Sie wurden größer und noch schwerer abzuwehren, während sich Maki´s Körper regenerierte, so als hätte Eve sie nicht erwischt. Diese verzog nur das Gesicht zu einem noch breiteren, irren Grinsen. „Sollen sie doch alle sterben, ob nun Menschen oder die anderen, das ist mir egal, solange nur alle verschwinden!“, ertönte ein Schrei und die Schatten barsten auseinander. Sogleich begannen sie, die ganze Stadt zu verschlingen und Boden und Himmel färbten sich langsam gleichsam schwarz. Nun setzte sie in das teuflische Lachen von Eve ein. Das war also aus zwei Waisenkindern geworden, die einfach nur überleben wollten. Es gab nur ein Wesen, der dies anscheinend nichts ausmachte. Seraphis schlenderte gerade über die Aussichtsplattform des hiesigen Besucherturms und schaute auf die Stadt. Mit fast gelangweilter Miene betrachtete sie das Spektakel. Im Augenwinkel sah sie die Schatten, die sich auch an sie heranpirschten, aber keines griff an. Sie wirkten irgendwie unsicher und auch wenn sie Sera nicht aus den Augen ließen so taten sie auch nichts weiter. Sera saß nun auf der Brüstung und lächelte vor sich hin. „Verstehe.“ Kapitel 29: ein riskanter Versuch --------------------------------- Die Schatten hatten aus irgendeinem Grund ihre Taktik geändert. Plötzlich begannen sie alles anzugreifen, auch die Menschen. „Was auch immer da oben vorgeht, es sorgt für ziemliches Chaos.“, stellte Roona genervt fest. „Allerdings…“, stimmte ich ihr zu. Ich biss kurz die Zähne zusammen und sagte nun endlich, was mir schon lange auf der Zunge brannte. „Hör zu, Roona ich werde ins Hauptquartier der Hunter gehen und dort um Verstärkung bitten. Schließlich werden auch Menschen bedroht, dass können sie nicht einfach ignorieren.“ „Du willst was?!“, fragte sie schockiert. Ihre gesamte Aufmerksamkeit schien nun auf mir zu haften. „Hast du sie nicht mehr alle? Du weißt, dass du kein Mensch mehr bist, oder? Wenn das rauskommt, dann bist du sofort dran und dieses Mal kann niemand kommen um dich zu retten. Schließlich haben wir selbst genug zu tun.“ „Ist mir bewusste Roona, aber anders geht es nun einmal nicht. Außerdem kann ich ja nicht ewig so tun, als wäre alles normal…“; fügte ich traurig an. Die letzten Wochen waren nicht einfach gewesen. Ich musste noch immer lernen, meine Mordlust zu kontrollieren und auch alles was damit im Zusammenhang stand. Dabei war ich unendlich dankbar, dass Roona mir half ich selbst zu bleiben. Auch Chrona hatte mir die eine oder andere Lehrstunde erteilt, aber immer heimlich, wenn Rui nicht dabei war, damit er sich nicht noch mehr Sorgen musste. Allgemein hatte ich seitdem keine Hunter mehr getroffen und Roona hatte netterweise wieder meine Aufträge, die mir zugesandt wurden waren, übernommen. Doch das war eine Sache, die ich einfach erledigen musste. „Du musst mich gehen lassen, Roona, dass ist unsere einzige Chance. Ich meine, Eve kämpft dort oben und sollte sie gewinnen, so werden diese Wesen mit ziemlicher Sicherheit auch wieder verschwinden. Wir müssen einfach lange genug durchhalten.“, versuchte ich ihr zu erklären. Roona biss die Zähne zusammen, sodass ein leises knirschen zu hören war. „Na gut… aber ich sag dir eines, bist du in drei Stunden nicht wieder zurück, dann hole ich dich höchstpersönlich da raus!“ Die Sorge in ihrer Stimme war nicht zu überhören, aber dennoch gewährte sie mir diese Bitte. „Ob du das schaffen würdest?“, ärgerte ich sie, um die Stimmung etwas zu lockern. „Zweifelst du an mir?“; gab sie ebenso zurück. Sie zog mich an sich heran und küsste mich flüchtig. „Bitte, pass auf dich auf.“, bat sie noch einmal tief besorgt, aber auch mit dem Ton, dass sie mir vertraute. „Versprochen.“, antwortete ich ruhig, löste mich aus ihrer Umarmung und brach auf. Jetzt da die Schatten alles angriffen, konnten wir uns auch wieder freier bewegen, weil sie nicht so auf uns fixiert waren. Binnen kurzer Zeit kam ich im Hauptquartier der Hunter an und da sowieso Krisenstimmung herrschte, war kurzfristig ein Treffen einberufen wurden. Die Halle, die meiner Meinung nach eher an ein altes Amphitheater erinnerte, als an einen Konferenzsaal, war bereits gut gefüllt. Der dunkle Himmel hing bedrohlich über dem offenen Platz. Ich setzte mich in eine der hinteren Reihen und durch Zufall bekam ich so Sayo zu Gesicht, sie schaute ernst und nahm nur knapp von mir Notiz. Am anderen Ende der Halle saß Rui. Er schien auch hergeeilt zu sein, als die Schatten nachgelassen hatten. Ich fragte mich, wo wohl Chrona war. Weit konnte sie nicht sein, aber weit genug, dass man sie nicht sofort entdeckte. Gerade erzählte irgendein Hunter dort vorne, dass wir uns am besten raushalten sollten und nannte die passenden Gründe dafür, z.B. das wir nicht für Schatten zuständig waren. Mit wachsendem Gram hörte ich ihm zu und als er endlich geendet hatte und er den Beifall bekam, da stand ich auf und sagte so laut ich konnte: „Das ist doch Unsinn, so besiegeln wir nur unseren Untergang!“ Plötzlich war es totenstill im Saal. Normalerweise war ich niemand der sich in den Vordergrund der Geschehen rückte und daher war mein unvorhergesehener Ausbruch noch überraschender gewesen. Auf der, wie ich sie nannte „Hauptbühne“ saßen der Chef unserer Organisation und dessen drei Vertreter. Um mich herum hörte ich aufgeregtes tuscheln viel lauter aufgrund meiner neuen Sinne. „Sieh mal einer an. Kaum zu fassen, dass uns Kyria auch mal wieder mit ihrer Anwesenheit beehrt. Ist schon lange her, seit man dich hier das letzte Mal zu Gesicht bekommen hat, etwa 4 Monate.“ Es war der erste Vize, unter den Huntern einfach Arachnon genannt. Logisch, da hatte es angefangen… Ich schob den Gedanken schnell beiseite. „Entschuldigt, ich hatte viel um die Ohren.“, war meine knappe Entschuldigung. „Nun, wie mir scheint, bist du anderer Meinung. Trage uns doch deine Version vor.“, sagte er ohne Umschweife und ignorierte meine Bemerkung. Ich schritt unbeirrt nach vorne und stellte mich auf das Podest. Hier stand ich nun das erste Mal überhaupt. Um die 500 Hunter blickten mich nun an. Doch für Aufregung war nun keine Zeit. Ich räusperte mich kurz, dann begann ich. „Also, so wie ich das sehe, ist die Lage folgendermaßen: Diese merkwürdigen Schatten, die ja nicht zu übersehen sind, terrorisieren die gesamte Stadt und bald werden sie zweifelsohne auch hier her gelangen. Mit anderen Worten so oder so, werden wir bald kämpfen müssen. Dazu kommt, dass wir als Hunter doch geschworen haben, die Menschen zu schützen gegen solche Wesen, die mächtiger sind, als sie selbst. Wenn wir das jetzt ignorieren, dann brechen wir doch sofort unsere wichtigste Regel überhaupt.“ Ich machte eine kurze Pause. „Was ist also dein Vorschlag?“, fragte der Chef ruhig. Ihm war nie abzulesen, welche Stimmung er gerade hatte, was es schwierig machte ihn einzuschätzen. „Meiner Meinung nach sollten wir uns dem Gegner stellen. Wie man unschwer bemerken kann, tobt in diesem Moment ein Kampf von zwei sehr starken Gegnern auf dem Baxter Building. Sehr sicher wird irgendwann einer, wenn nicht beide da oben sterben, wir müssen nur bis dahin die Schatten in Schach halten. Das ist alles.“, beendete ich so kurz wie es nur ging. Wieder entstand diese unbehagliche Stimmung und das Tuscheln wurde noch unruhiger. „Deine Worte machen durchaus Sinn.“, sagte der Chef nach einer Weile. „Jedoch, wenn sich das Problem eh irgendwann von selbst löst, wieso dann eingreifen und Leben von uns aufs Spiel setzen? Ich sehe darin keinen Sinn.“ Ich war entsetzt. „Aber… was ist mit der ersten Regel der Hunter? Schütze die Menschen…“ „Gegenfrage, hast du dich denn immer daran gehalten?“ Ich zuckte zusammen. Arachnon hatte erneut das Wort erhoben. Ich hatte ihn noch nie besonders gemocht und er mich auch nicht. Ich gab mich unwissend. „Wie meinst du das?“ „Nun, unter den Hunter gibt es natürlich mehr als eine Regel und wenn ich mich nicht irre, dann hast doch gerade du, fast alle schon mindestens einmal gebrochen, auch die erste überhaupt.“ Ein feines, unscheinbares Grinsen zog sich über sein Gesicht. Er wusste es und nun spielte er mit mir Katz und Maus. Die Unruhen wurden lauter. „Du scheinst deine Stimme verloren zu haben, also erlaube mir fort zu fahren. Du, die du nun seit 4 Monaten praktisch verschwunden warst, kommst hierher um dafür einzustehen, aber ich muss mich doch sehr wundern. Ich zweifle deine Treue als Hunter an und deine guten Absichten.“, erklärte er geschwollen. Seine Reden waren schon immer wie Gift gewesen und woben einen ein, was ihm auch seinen Namen beschert hatte. Er war schließlich nicht ohne Grund der erste Vize geworden. Ein Schauer durchlief mich und das Publikum wurde noch unruhiger. Ich befürchtete schon, dass sich jeden Moment ein Mob aufspringen und sich auf mich stürzen würde. Doch die Hunter hatten Respekt vor mir, schließlich galt ich als die Beste unter ihnen und das war ich auch nicht ohne Grund. Es hatte mal eine Zeit gegeben, da war ich auf dem besten Weg gewesen auch einer der drei Vize zu werden. Natürlich waren diese Zeiten schon lange vorbei. „Wieso zweifelst du ausgerechnet jetzt daran? Das ist doch nur Zeitverschwendung, ich habe doch alle Aufträge immer erfüllt und immer für die Hunter gekämpft und…“, versuchte ich mich zu verteidigen. „Ach? Dann muss ich mich doch sehr wundern, bei dem Wort kämpfen. Eine der wichtigsten Regeln überhaupt, ein Hunter trägt stets seine Waffe bei sich. Wenn ich mich recht entsinne, dann warst du immer eine Schwertkämpferin, doch ich sehe nirgendwo eines. Ich frage mich, was hat das nur zu bedeuten…“ Er hatte ja Recht, seit ich es verloren hatte, hatte ich mein Schwert nie wieder gefunden und ein anderes wollte ich nicht. Dazu kam, dass ich nun eigentlich nicht mal mehr eines bräuchte um mich zu verteidigen… „Dazu kommt noch was anderes. Im Bericht vom Kampf gegen die Waffe Kasagi von Rui und Sayo steht, dass du durch Zufall mit beteiligt warst und auch da ohne Waffe aufgetaucht bist. Zudem sollst du dich merkwürdig benommen haben. Was hat das zu bedeuten?“ Ich wich unwillkürlich einen Schritt zurück. „Ich war damals auf einem einfachen Spaziergang und hatte daher keine Waffe dabei, außerdem wurde ich später verwundet und konnte so nicht mehr klar denken…“ „Was uns zum nächsten Punkt bringt. In deinen letzten Berichten hast du immer von geringen Verletzungen geschrieben und die liegen noch nicht so weit entfernt. Wieso sieht man keine einzigen Verwundungen?“ Ich hasste es so in eine Ecke gedrückt zu werden, doch was sollte ich schon sagen. „Aber trotz der Verwundungen hast du schon seit Monaten keinen Arzt aufgesucht.“, stach er weiter nach. „Weil sie nie so schlimm waren, dass…“ „Willst du meine Theorie hören? Ich bin sicher die anderen wollen es. Du wolltest nicht zu einem Arzt, weil er dann Blut genommen hätte und dann wäre herausgekommen, was nun einmal Tatsache ist.“ Natürlich wusste bereits jeder, worauf dies hinauslief, doch als er es dann aussprach, da zog sich in mir alles zusammen. „Dafür gibt es nur eine Erklärung, Hunter Kyria, du hast dich infiziert mit dem Virus und hast dich trotz dessen nicht selbst gerichtet und bist somit zu einem Yajuu geworden. Ein Wunder, dass du dich überhaupt hierher traust.“ Sofort war die ganze Welt gegen mich, dabei war ich mit guten Absichten hergekommen. Das einzige was ich tun konnte war alles zu leugnen und auf das Beste zu hoffen: „So ein Unsinn, ich bin doch kein Yajuu. Ich meine, wenn ich einer wäre, dann würde ich wohl kaum so ruhig hier stehen und reden. Hätte ich euch dann nicht schon lange angegriffen?“ „Ich an deiner Stelle würde es auch leugnen, aber dann hast du doch sicher auch nichts gegen einen kurzen Test, oder?“ „Nichts lieber als das.“, was sollte ich auch sonst tun. Ich wusste, was das für ein Test war und ich wappnete mich innerlich dagegen. Der zweite Vize, genannt Lupus, betätigte einen Knopf auf dem Pult und ein stabiler Stuhl kam aus dem Boden gefahren. Ich musste mich darauf setzten und wurden dann an Armen, Händen, Beinen und Oberkörper festgebunden. Ich konnte mich nicht mehr rühren. Diesen Test hatte es schon lange nicht mehr gegeben, aber ich wusste, dass die Menge immer total gespannt war, wenn er stattfand, ich fand ihn einfach nur geschmacklos. „Dann wollen wir beginnen, Du kennst ja die Regeln bereits.“ Ein Tor öffnete sich und es kamen 2 Kinder in den Saal. Es dauerte nur einen Augenblick bis ich sie erkannte. Ausgerechnet die beiden von meinem ersten Abend… Hunteranwärter. Mir wurde schlecht. Zum Glück erkannten sie mich ja nicht. Neben ihnen stand noch eine junge Frau, etwa so alt wie ich und das dritte Opfer in der Reihe. Für Yajuu allesamt sehr köstlich aussehend. Und dann begann auch schon der Beschuss. Die drei Vize hatten sich vor mich postiert und begannen mit Messern zu werfen. Einige waren nur Show, aber im späteren Verlauf würden sie besser zielen. Arachnon waren Messer seit jeher zu Öde. Er bevorzugte Schusswaffen und mit diesen malträtierte er mich nun ausgiebig. Da ich mich kaum rühren konnte, würde ich bald getroffen werden. Darin bestand der Test. Wenn ein Yajuu verletzt war und man vor ihm mit Essen rumfuchtelte, dann verlor jeder irgendwann die Beherrschung und dann wurde man wirklich getötet. Die Menge tobte. Ich bewegte meinen Kopf zur Seite und eine Kugel bohrte sich genau dort in den Stuhl. „Darauf musst du ja schon lange gewartet haben, Arachnon.“, sagte ich spöttisch, aber mir war der ernst der Lage nur allzu gut bewusst. Die ersten paar Messer steckten bereits in mir, wenn auch in keinen lebensbedrohlichen Stellen. Was sollte ich machen? Ausweichen ging schließlich nicht. Ich biss die Zähne zusammen und konzentrierte mich auf ein Stück Wand mir gegenüber. „Na kommt der Hunger schon?“, fragte er mich zynisch. Ich spuckte das Blut aus meinen Mundwinkeln aus. „Ich bin kein Yajuu.“, sagte ich stur und ich log ja auch nicht. Eine halbe Stunde später sah die Welt viel schlimmer aus. Ich wusste nicht genau, wie oft ich schon getroffen worden war, natürlich nie lebenswichtige Punkte, aber doch war bereits überall mein Blut. Langsam kippte die Stimmung und man begann sich zu fragen ob ich nicht doch ein Mensch sei. Würde ich noch ein bisschen länger aushalten, dann würde man mich freisprechen. Jedoch wurde auch der Hunger in mir immer größer und das konnte ich nicht leugnen. Ich hatte nun mal erst einen Monat gehabt um mich an meinen neuen Körper zu gewöhnen, noch nicht genug Zeit um sich perfekt zu beherrschen. Arachnon wurde langsam unruhig und zielte gemeiner, an gefährlichere Stellen. Doch ich hielt dem Stand. Ich schrie nicht Mal vor Schmerz, was den anderen Huntern Schauer über den Rücken jagte und sie Respekt lehrten. Endlich erhob der Chef das Wort. „Nun mir scheint, geehrter Vize, ihr habt euch wohl geirrt. Beenden wir den Test.“ Kapitel 30: Entblößt -------------------- Kaum hatte er das gesagt atmete ich auf. Die anderen Vize stellten jegliche Angriffe sofort ein, doch Arachnon gab sich damit nicht zufrieden. Er gab vor mich losbinden zu wollen und kam so auf mich zu. In der Menge war eine Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung zu spüren, komische Mischung, dachte ich. Jedoch… irgendetwas stimmte nicht. Sein Körper schien angespannt, als ob er etwas planen würde. Im nächsten Moment zog er ein Schwert aus seinem Umhang hervor, richtete es auf mich und machte einen schnellen Schritt nach vorne. Es war nicht irgendein Schwert, wie ich bemerkte… es war das meinige. So verschnürt wie ich war, sah ich keinen Weg auszuweichen, also schloss ich die Augen und spannte meine Muskeln unwillkürlich an. Zu meinem Glück wurde er gestoppt. Als ich die Augen wieder öffnete waren dort Sayo und Rui. Sie hatten beide wohl denselben Gedanken gehabt und waren heruntergeeilt um ihn aufzuhalten. „Vize Arachnon, es reicht, du hast deinen Test gehabt und sie hat ihn doch bestanden. Sie ist kein Yajuu, also brauchst du sie auch nicht zu töten.“, kam die strenge Nachricht von Sayo. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Rui mich indes besorgt. Der Vize ließ von mir ab und so wandten sich die beiden zu mir um. „Jag uns nie wieder so einen Schrecken ein, Kyria, wir haben schon gedacht es wäre aus mit dir…“ Da zuckten wir alle gleichzeitig zusammen. Sayo und Rui vor Schreck, ich vor Schmerz. Keuchend spuckte ich Blut, dann schaute ich an mir herab. In meiner Brust steckte das Schwert. Der Vize hatte die kurze Unachtsamkeit tatsächlich zu seinem Vorteil genutzt. „Kyria!“ „Was fällt dir ein!“, begann Sayo zu schimpfen, doch er beachtete sie nicht weiter. „Ich weiß, dass ich Recht habe. Ich werde es allen beweisen und dann wirst du hingerichtet von deinen eigenen Freunden und...“, noch während er sprach zückte er eine Pistole und hielt sie mir vor das Gesicht. Arachnon konnte sehr temperamentvoll werden, dass wusste hier jeder und gerade schien dieses Temperament mit ihm durchzugehen. Sayo und Rui versuchten ihn von mir weg zu zerren, aber sie schafften es einfach nicht ihm die Waffe zu entreißen. Er krallte sich regelrecht daran. Das Publikum schien erstarrt und wagte es nicht einzugreifen. Auch die anderen Vize und sogar der Chef selbst sahen keinen Grund etwas zu unternehmen. Ich konnte mir das kichern nicht verkneifen, als ich diese perplexe Szene vor mir sah. Sicherlich wäre es schlauer gewesen mich noch länger am Riemen zu reißen, aber meine Geduld war stark strapaziert. „Du bist ganz schön armselig, geehrter Vize. Das du dich so behaupten musst, mich mit meinem eigenen Schwert töten zu wollen.“ „Was hast du gesagt?!“, rief er wütend aus und starrte durch Rui und Sayo hindurch zu mir. Aus irgendeinem Grund rührte sich niemand mehr. Niemand wollte eingreifen, alle wollten sehen was als nächstes Geschehen würde. „Ich werde dir ein kleines Geheimnis verraten, dafür dass du dich so bemüht hast.“ begann ich finster zu flüstern. Rückblickend hatte zu der Zeit wohl schon der Exile in mir die Zügel übernommen und meine nächsten Schritte bestimmt. „Ich habe nicht gelogen, als ich sagte ich sei kein Yajuu…“ „Natürlich bist du das! Schweig still!“, schrie er mich an und schoss, gleich das ganze Magazin leer. Das ganze kam so plötzlich, dass man nicht einmal hätte zwinkern können in dieser Zeit. Die Menge schien die Luft anzuhalten und auch Sayo und Rui, die es nicht geschafft hatten ihn zu stoppen, sogen vor Schreck die Luft ein. Ich musste mich wohl enttarnen. Ich fand ich hatte genug für einen Tag einstecken müssen und nach einem lauten Knall der Kugeln, folgte Stille. Als sich der Schreck gelegt hatte, starrten mich alle an oder vor allem das, was vor mir war. Diese Klinge die aus dem nichts gekommen zu sein schien. „Was zum…“, begann er. „Zum letzten Mal, ich bin verdammt noch mal kein Yajuu. Willst du es endlich kapieren, was ich bin?“ Mehr Klingen erschienen aus meinem Körper, die Messer, die ich hatte einstecken müssen schienen von selbst herauszukommen, ebenso die Kugeln, die mich eben noch durchbohrt hatten. Der steinerne Thron auf dem ich gefesselt saß, brach, während sich mein Körper in die Gestalt der Exile wandelte. Sayo war die erste, die das laut aussprach, was alle bereits dachten. „Kyria… du bist ein… Exile?!“ Die Stille war unerträglich als ich mein Schwert aus meiner Brust zog und es in meinen Verbliebenen Arm nahm. Chrona hatte mir ja gezeigt, wie ich in menschlicher Gestalt, die Illusion des anderen Armes erschaffen konnte. Doch auch die menschliche Gestalt an sich, war ja nur ein Trugbild der Wahrheit und somit nur begrenzt funktional. Es kostete viel Energie den Zustand dauerhaft aufrecht zu erhalten. In meiner wahren Gestalt, zeigten sich alle meine Handicaps offen auf, nicht dass sie mich wirklich störten zu kämpfen. Rui war der erste der sich mir zuwandte. „Du hast es aber lange durchgehalten, dafür dass du noch so jung bist.“ Er setzte ein schüchternes Lächeln auf, aber es war echt. „Was soll das Rui? Wieso sprichst du mit ihr, als wüsstest du all dass… Moment, du wusstest es wirklich?! Wieso habt ihr mir nichts davon erzählt?“, realisierte Sayo gerade. Ich blickte sie eindringlich an und sah wie sie unmerklich einen Schritt zurückwich. „Tut mir Leid. Ich wollte wirklich nicht, dass es so kommt, aber ich als ich versuchte es zu beenden… wurde ich davon abgehalten und hab mich letztendlich nicht mehr wehren können.“, versuchte ich ihr kurz und knapp zu erklären und hoffte, sie würde mich verstehen. „Wer soll dir das glauben?“, schrie mich der Vize an. „Ich glaube ihr.“, sagte Sayo plötzlich entschieden. Rui stimmte ihr zu. „Und wie kommt ihr darauf? Wieso glaubt ihr einer Exile, die nichts Menschliches mehr hat? Wollt ihr als Verräter gelten? Nun tötet sie schon!“ „Ist es nicht eindeutig? Sieh sie dir genauer an. Erstens hat sie hier noch niemanden angegriffen, dass heißt sie hat sich sehr wohl unter Kontrolle. Ich weiß, dass Exile viel schlauer sind, als ihr es uns immer glauben machen wollt und dann wäre da noch etwas. Ihr rechter Arm fehlt, was normalerweise ihr Schwertarm war. Mit anderen Worten, jemand hat ihr den Arm genommen, als sie im Begriff war ihn zu benutzen, wohl um es zu beenden, aber durch die Verletzung und den Schmerzen hat sie es natürlich nicht mehr gekonnt und musste zwangsläufig erwachen.“ Ich war erstaunt wie Präzise Sayo das ganze auf den Punkt bringen konnte, denn ich hatte gerade von ihr viel Ablehnung erwartet. … Ich war lebensmüde, ich musste es einfach sein, denn wer sonst hätte sich vor der versammelten Huntergemeinde als Exile entblößt? Es schien, als hätte sich die Temperatur der Luft um mehrere Grad abgekühlt und die Atmosphäre war zum zerreißen angespannt. Ich hörte wie überall um mich herum die Waffen gezückte wurden. Man beobachtete jede meiner Bewegungen. Auch Rui und Sayo, welche zwar eben noch gesagt hatten, sie glauben mir, schienen unsicher. Wer sollte es ihnen auch verdenken. Doch in Wahrheit bohrte etwas ganz anderes tief in mir, die beiden Kinder, die verängstigt in eine Ecke gedrückt mich anstarrten, weil sie genau wussten wer ich war. Ich hatte ihnen vor nur wenigen Wochen alles genommen was ihnen lieb war und sie dann verfolgt, aber verloren. Ich hatte genau gewusst, dass sie bei den Huntern landen würden und hier waren sie nun. Einerseits hatten sie Angst, andererseits wünschten sie sich mich zu töten. Die ganze Situation rief meine Instinkte hellwach. Der Exile in mir, war stark, stärker als ich und mit jeder Sekunde die verstrich, drohte er diesen Körper ganz zu übernehmen. Egal wie sehr ich es zu leugnen versuchte, der Drang zu töten war da, stärker denn je. Lautes Stimmengewirr riss mich schließlich aus meinen Gedanken. Rui und Sayo wurden unsanft zur Seite geschoben, als die Elite der Elite auf mich zukam, allesamt Schränke. Und ehe ich mich versah, war ich umzingelt, man hatte mich von hinten gepackt und hielt meinen Arm schmerzhaft auf den Rücken. Vor mir stand ein weiterer mit einem Huntermesser bewaffnet und zielte auf mein Herz. „Was soll das?“, rief Sayo entsetzt aus. „Sie hat doch nichts getan.“ „Meine liebe Sayo du vergisst wohl, dass es unsere Aufgabe ist, jeden Exile und Yajuu zu töten. Kyria, die du kanntest gibt es nicht mehr, sie spielt dir doch nur etwas vor um uns zu täuschen, weil sie aufgeflogen ist.“ Alle drehten sich ehrfürchtig zum Chef aller Hunter um. Er und seine Vize kamen gerade auf mich zu. Sie schauten ernst drein nur Arachnon hatte den Anflug eines selbstgefälligen Grinsens im Gesicht, welches meinen Zorn steigerte. Man versperrte Rui und Sayo den Weg. „Nun Kyria, es war sehr dumm von dir, dich heute hier blicken zu lassen. Hat dich die Wandlung so dumm gemacht, dass du die Gefahr nicht mehr einschätzen konntest? Das ist doch eben der beste Beweis, dass du nicht mehr du selbst bist. Das einzige was wir noch tun können, ist dich davon zu erlösen.“ Die Worte des Chefs wirkten auf die Anwesenden Hunter wie eine Predigt, der sie zu verfallen schienen und welche auch nicht angezweifelt wurde. Und niemand schien etwas dagegen zu haben, na ja Rui und Sayo schienen damit nicht einverstanden, doch auch sie konnten nichts weiter tun, sie waren klar in der Unterzahl. Mir blieben also exakt zwei Möglichkeiten. Entweder würde ich mich nicht wehren und sterben, oder aber ich würde kämpfen und damit meinen Trieben als Exile nachgeben. Beides schien mir nicht gerade erstrebenswert. Der Überlebenswille siegte letztendlich. Ich wollte zu Roona zurück, ich hatte es ihr schließlich auch versprochen. Sich von der inneren Grenze der Vernunft zu lösen war äußerst einfach und kaum hatte ich das getan, spürte ich auch schon, wie sich ein vertrautes Gefühl in mir breit machte, eine Mischung aus purer Freude, Mordgier, aber auch Hass. In diesem Zustand musste ich extrem aufpassen, dass ich mich nicht wieder komplett verlor, denn dann hätte ich nicht mehr zurückkehren können. Kapitel 31: schwerwiegende Fehler --------------------------------- Es war merkwürdig. Ich war umringt von allen Seiten, aufgebrachte Hunter wohin das Auge auch blickte. Direkt um mich herum, die Elite der Elite, zu der ich einst selbst gehört hatte und auf den Tribünen, immer näher kommend all jene Hunter, die heute hier anwesend waren. Etwas abseits standen Rui und Sayo, unschlüssig was sie tun sollten. Sicher, wir waren ganz gut befreundet, aber wollten sie wegen einem Exile ihre gesamte Karriere wegwerfen und desertieren? Das würde auch für sie schlimme Konsequenzen haben, besonders für Sayo, das sie kein Mensch war. Obwohl… man würde wohl auch schnell hinter Rui´s Verbindung zu Chrona kommen, also wären beide in Gefahr. Die hälfte meiner Klingen hatte ich weit ausgefahren, während die anderen nahe bei mir waren um mich möglichst gut zu verteidigen. Mein geliebtes Schwert hielt ich in meinem verbliebenen Arm, auch wenn ich mir wünschte, den anderen doch auch wieder zu haben. Sicher, in meiner menschlichen Gestalt, konnte ich eine Art Kopie herstellen, aber nicht in meiner wahren Gestalt. Das grämte mich, aber ich konnte jetzt nicht ewig darüber nachgrübeln. Von irgendwoher hörte ich einen Schuss, welchem noch mehrer nachfolgten. Meine Klingen fingen die Kugeln jedoch ohne Probleme ab und zerteilten sie im Flug. Klimpert fielen die Überbleibsel zu Boden. Mit den Wachen hatte ich weitaus mehr zu tun. Von allen Seiten bestürmten sie mich, wie eine perfekt abgestimmte Maschine. Auch wenn sie hauptsächlich mit allerlei Schwertern kämpften, hatten meine Klingen Schwierigkeiten sie von mir fernzuhalten. Lange konnte das so nicht weitergehen und ich musste zum Angriff übergehen. Defensive lag mir ohnehin nicht besonders. Bei einem weiteren Angriff stürmten sie auf mich zu. Dieses Mal nutzte ich alle Klingen, die ich hatte um zu parieren. Dann ging ich in die Knie und spannte jeden Muskel im Körper an. Mit einer blitzschnellen Drehung fegte ich die Wachen wie einen Windstoß davon, während ich elegant einige Schritte weiter landete. Für einen kurzen Moment herrschte eine angespannte Stille in der Halle. Ganz offensichtlich hatte man mir solch eine Aktion nicht zugetraut. Zufrieden grinste ich und entblößte dabei meine spitzen Fangzähne. Die allgemeine Starre hielt jedoch nicht lang an und schon bald begannen sich die Wachen wieder aufzuraffen. Nun blieben mir zwei Möglichkeiten… abhauen, oder die Wachen töten, da sie mich früher oder später wieder aufsuchen würden. Ich blickte auf mein treues Schwert und sah, wie sich mein Gesicht in der Klinge spiegelte. Nein, ich könnte es nicht… so dachte ich. Bevor ich flüchten konnte, wurde ich erneut angegriffen. Dieses Mal vom Chef persönlich. Erschreckt sprang ich auf die Tribüne und fegte einige andere Hunter davon, die sich mir in den Weg stellen wollten, aber ich tötete sie nicht. Nun standen auch die Wachen wieder. Einige von ihnen hatten Seile, ähnlich denen von Rui und warfen sie nach mir. Mir blieb nichts anderes übrig als auszuweichen, aber eines erwischte mich dann doch am Knöchel und unsanft wurde ich wieder auf die untere Ebene gezogen. Schon rannten sie erneut auf mich zu, bevor ich mich überhaupt orientieren konnte. Aus einem Reflex heraus schob ich jedoch meine Klingen über mich und rettete mir damit das Leben. Die übrigen Klingen bohrte ich tief in die Erde. Wenig später kamen sie auf der anderen Seite wieder heraus und spießten einen der Wachen auf. Die anderen entkamen ihrem Schicksal jedoch. In mir flackerte eine Mischung aus Zorn und Erregung auf. Ich wollte Blut sehen und je länger der Kampf dauerte, desto drängender wurde das Bedürfnis. Schon bald wurden meine Gedanken wirr und es fiel mir schwer nicht all zu blutrünstig zu werden. Doch dieser innere Kampf machte mich langsam und so bekam ich einige Wunden ab, die nicht hätten sein müssen. Frustration mischte sich in meine Gefühle, die nun einem Wirbelsturm gleichkamen. Ich konnte mich kaum noch konzentrieren und wurde immer öfter getroffen. Nun wurde ich unfair. Mit ganzer Macht schleuderte ich alle Klingen von mir und erstach mehrere Wachen gleichzeitig, dann nutzte ich die Körper, die an den Klingen hingen, um sie den Lebenden entgegen zu schleudern. Einige traf ich und diese fielen zu Boden. Dann setzten meine Klingen nach und verschlangen das Leben, der auf den Boden liegenden. Ein bestialisches Lächeln trat auf meine Lippen. Es fühlte sich gut an und das machte mir Angst. Mit dieser gemeinen Taktik gelang es mir jedoch binnen kurzer Zeit, alle Wachen niederzustrecken. Die Vize folgten ebenso schnell, aber später konnte ich mich nicht mehr erinnern, wie ich das gemacht hatte. Zu der Zeit schien ich schon ziemlich neben der Spur zu laufen. Ich weiß nur noch, dass ich irgendwann anfing, die Hunter von den Tribünen zu sammeln, welche sich noch nicht in Sicherheit gebracht hatten. Ich warf sie wild umher und hatte eine sonderbare Freude daran. Wo der Chef zu der Zeit war, wusste ich nicht. Aber es war mir auch egal. Ich wusste nur, dass er nicht da war. Vermutlich war er geflüchtet, da er mit ansehen musste, wie ein großteil seiner Elite niedergemetzelt wurde. Wieso er mich nicht stoppte? Die Antwort war einfach. Tatsächlich war er nie ein besonders überragender Kämpfer gewesen, seine Intelligenz hatte ihm seinen Stand eingebracht, das wusste nur fast niemand, aber das was auch der Grund wieso er sich stets von so vielen Leuten, die begabte Kämpfer waren, umgab. Ein plötzliches Geräusch riss mich aus meinen Gedanken. Es waren die beiden Kinder von neulich und die Frau, die bei ihnen war. Sie kamen nicht weg, da die Tore noch immer verschlossen waren und sie auch nicht die Kraft hatten sich auf die Tribüne hochzuziehen. Langsam drehte ich meinen Kopf in ihre Richtung. Es war die junge Frau gewesen, welche vor Schreck aufgeschrieen hatte. Alle drei klammerten sich aneinander und standen wie verängstigte Kaninchen zusammengepfercht in einer Ecke. Meine Augen funkelten auf, als ich sie wieder erkannte. Hass loderte in den Augen, aber sie wagten nicht mich anzugreifen, denn das wäre ihr sicherer Tod gewesen… waren sie nicht sowieso verdammt? Ehe ich weitere Schritte in Angriff nehmen konnte, stellten sich Rui und Sayo mir in den Weg. Schützend standen sie vor den drei Menschen und blickten mich unsicher an. „Hör zu Kyria… wir wollen dich nicht töten müssen, aber wenn du dich an Unschuldigen vergreifst, dann bist du nicht mehr wert als jeder andere Exile oder Yajuu auf dieser Welt. Und dann werden wir dich ohne zu zögern töten.“, sagte Sayo todernst. „Du hast heute schon genug getötet… die Hunter mögen nicht viel besser sein, als die Monster dieser Welt, aber dennoch hättest du das nicht tun sollen.“, sagte Rui etwas weicher dazu. Ihre Worte waren für mich nicht viel mehr als ein Tropfen Wasser auf dem heißen Stein. Ich wusste, ich sollte mich jetzt am Riemen reißen, doch ich konnte es nicht. Mein Körper schien allein zu handeln und mein Geist war lediglich ein Zuschauer. Mit voller Wucht rammte ich mein Schwert in den Boden. Ich brauchte es nicht mehr und wenn ich es nicht bei mir trug, dann schien es, als ob mein Geist klarer wurde… ja, dann vergaß ich wer ich einst gewesen war. Wäre ich noch Herr über meine Sinne gewesen, hätte ich bemerkt, dass ich weit über die Grenze hinaus gekommen war, die es mir ermöglichte klar zu denken und wieder zurück zu kehren, doch so… Ich verkrampfte mich und hielt mir mit meiner Hand den Kopf. In einem plötzlichen Moment der Klarheit versuchte ich zurück zu kehren. Ich hielt mich an das, was Chrona mir beigebracht hatte, Konzentration, alle äußeren Einflüsse ausblenden, tief durchatmen und mir meinen menschlichen Körper in Gedanken vorstellen. Dann langsam die Kräfte der Exile und Yajuu zurückdrängen und in eine Art selbst geschaffenen Käfig sperren. Panik flammte in mir auf, als ich bemerkte, dass es nicht funktionierte. Ich spürte, dass Rui und Sayo mich unentwegt anschauten und auf meine Reaktion lauerten. „Es… klappt… nicht.“, flüsterte ich angestrengt. „Es geht einfach nicht…“ Ich fletschte grimmig die Zähne. „Kehr zurück… Kehr zurück!“, knurrte ich zu mir selbst. Blut lief über meine Lippen. Ich schien so fest zu gebissen zu haben, dass ich mir diese kleine Wunde zugefügt hatte. Schließlich gab ich auf und hob den Blick zu Sayo und Rui, welche wie erstarrt schienen. „Ich… schätzungsweise bin ich gleich nicht mehr ich selbst…“, ein breites grinsen legte sich auf meine Lippen, sodass sich meine Zähne zeigten. „Wenn ihr wirklich wollt, dass die Menschen hinter euch leben, dann solltet ihr euer bestes geben, mich an Ort und stelle zu erledigen.“ Langsam senkte sich mein Arm und ich richtete mich wieder zu voller Größe auf. „Lasst uns spielen, Hunter.“, rief ich und spätestens da, war jedem umstehenden klar, dass der Vize recht gehabt hatte… Kapitel 32: Blutsbande ---------------------- Der dunkle Sturm hatte nichts von seiner Kraft verloren, während Eve und Maki wild aufeinander zu stürmten. Sie kämpften in einer solch hohen Geschwindigkeit, dass Außenstehende dem kaum folgen konnten, Menschenaugen schon gar nicht. Wenn die grollenden Donner etwas leiser wurden, hörte man das schallende, schrille Gelächter der Kontrahenten. Beide schienen voll dem Wahnsinn verfallen und womöglich war dem auch so. Der Kampf war jedoch ausgeglichen. Beide hatten gewisse Treffer einstecken müssen und genauso ausgeteilt. Maki´s Schatten waren weit über die Stadt verteilt und griffen mittlerweile herrenlos alles Lebende an, was sich ihnen in den Weg stellte, während sich die Sturmfront durch Eve ebenfalls immer weiter ausdehnte. Manche Menschen warfen sich auf den Straßen auf die Knie und beteten gen Himmel, da sie dachten Götter würden sich duellieren, oder die Welt untergehen lassen. So oder so, die Luft schien von der Energie der beiden zum zerbersten angespannt. Infizierte Menschen schienen reihenweise dem Virus zu verfallen und binnen kurzer Zeit waren in der Stadt fast doppelt so viele Yajuu, als zuvor. Anubis und Jagura hatten es mittlerweile geschafft dem Getümmel zu entkommen und ruhten sich weiter entfernt auf einem Gebäudedach aus. Anubis schien jedoch eine starke innere Unruhe gepackt zu haben, die auch Jagura spürte, doch sie konnte sich noch besser dagegen zur Wehr setzen. Kaze und Sear schienen ebenfalls entkommen zu sein, aber nur durch eine Flucht in die Stadt zum Zentrum des Sturms. Auch diese beiden hielten sich in einem der Gebäude auf und atmeten erst mal durch. Die Schatten waren zähe Gegner und da sie praktisch unzerstörbar waren, verpuffte die Energie die man hatte mit der Zeit regelrecht. Flucht war die einzige schlaue Möglichkeit dem entgegen zu treten. „Sear, was meinst du, geht da vor? Die Schatten scheinen alles anzugreifen. Meinst du der Kampf hat sich verändert?“ „Kann sein. Die Aura in dieser Gegend wird von Minute zu Minute wilder. Wenn wir noch viel länger hier bleiben, kann es sein, dass der Wahnsinn auch nach uns greift. Die Yajuu jedenfalls scheint er schon gepackt zu haben und selbst die Exile beginnen sich merkwürdig zu verhalten.“ „Das Problem ist, dass wir nicht wegkommen, solange dieser Kampf da stattfindet. Es ist so, als wären wir im Zentrum eines Sturms.“ „Da hast du Recht.“ Plötzlich zuckten Sear´s Ohren in Richtung Stadtmitte. „Was ist?“, fragte Kaze verwundert. „Riechst du es nicht? Es liegt Blut in der Luft. Viel Blut und damit meine ich nicht die der Opfer der Schatten. Es kommt von einem anderen Ort.“ Kaze prüfte die Luft nun genauer. „Ja, du hast recht… an irgendetwas erinnert es mich… Ich weiß! Hunter, das ist das Blut von Huntern.“ Sear nickte zustimmend. „Irgendetwas ist dort geschehen.“ Chrona kämpfte sich durch die Straßen. Sie keuchte schwer und einem aufmerksamen Beobachter wäre womöglich aufgefallen, dass sie kein normaler Mensch war. Normalerweise konnte sie sich perfekt tarnen, aber nun leuchteten ihre Augen in der unheimlichen Farbe der Exile und Striemen, ähnlich Rissen zogen sich über ihre Arme und das Gesicht. Langsam steuerte sie auf das Hauptquartier der Hunter zu, denn sie spürte, dass dort etwas nicht stimmte… und Rui war in Gefahr, dass wusste sie. Der Blutgeruch schien erdrückend, ebenso der wachsende Wahnsinn in dieser verfluchten Stadt. Jeder Dämon hier dürfte davon früher oder später betroffen sein, ebenso die Menschen und dann wäre hier Chaos… noch mehr als ohnehin schon. Aber sie wusste auch, dass sie diesem Verlangen nicht nachgeben durfte, denn dann wäre nicht gewiss, ob sie auch wieder zurückkehren könnte. Es gab nur zwei Personen, die davon scheinbar nicht betroffen waren… Der Fall hatte sich angefühlt, als wäre er nie zu Ende gegangen, doch als er in dem großen See aus Schlamm gelandet war, der ihm letztendlich wohl das Leben gerettet hatte, fühlte er eine dumpfe Leere. Er spürte wie sein Leben buchstäblich aus ihm heraus floss, aus dem Loch in seiner Brust. Alles tat ihm weh, doch Zero wollte nicht sterben. Er konnte nämlich genau spüren, wie seine Eve und dieses fremde Etwas, dass sie angegriffen hatte eine Art Gift über die Stadt brachten, von der sie selbst nicht zu wissen schienen, dass sie es taten. Das Gift hieß Wahnsinn und es kroch wie Kälte in jeden Winkel eines Wesens und fraß es von innen auf. Bevor man sich versah, war man mittendrin und konnte nicht mehr umkehren. Er hatte dieses Gift schon einmal gespürt, damals, als er Eve kennen gelernt hatte und seitdem hatte er sein Bestes getan um es zurück zu halten. Doch nun, da er versagt hatte, war es noch stärker ausgebrochen und tobte mit einem ebenbürtigen Gegner auf dem Dach des Baxter Building. Vampire starben nicht so leicht, dass war wohl auch der Grund, wieso er noch lebte. Aber auch seine Sicht begann sich zu trüben. Ihm war kalt und er verlor das Gefühl in seinen Fingerspitzen. Lediglich die Wunde schmerzte und erinnerte ihn daran, dass er noch lebte. Wenn sich erst Risse bildeten, dann würde es endgültig aus sein, denn von einem Vampir blieb letztendlich nichts, als Staub. In einem sinnlosen Versuch hatte Zero versucht aufzustehen, doch er war nicht sehr weit gekommen und hatte es daher gleich wieder bleiben lassen. Warum nur, war sein Körper nur so jung gewesen, als er das erste Mal gestorben war? So konnte er nie eine Hilfe für Eve sein. Er war sein ganzes Leben, dass er mit ihr verbracht hatte immer eine Art kleiner Bruder, den es zu hüten galt. Es störte ihn ja auch nicht, aber in genau solchen Momenten wünschte er doch, er könnte mehr tun. Dann geschah es, seit über 100 Jahren, rannen Tränen über sein Gesicht. Sicher, er war noch jung gewesen, als sie in verwandelt hatte, aber er war eigentlich immer der Meinung gewesen, dass sein Geist schon recht weit war… Er sah es selbst als Schwäche, was ihn noch mehr deprimierte, aber er versuchte auch nicht es zurück zu halten. Ein lauter Donner durchbrach den finsteren Himmel. Man konnte schon lange nicht mehr sagen, wie spät es war. War es Nacht oder Tag? Jegliches Zeitgefühl schien aus dieser Stadt verschwunden zu sein. Regen peitschte durch den Sturm, den Eve verursachte und verbreitete so das Blut der Stadt. Der Himmel über ihnen war fast schwarz und leuchtete ab und zu scharlachrot, purpurn oder gar beißend violett. Wäre die Situation nicht so schlimm gewesen, hätte dies einen sehr schönen Anblick gegeben. „Es ist wunderschön, nicht?“, fragte plötzlich eine Stimme. Zero wusste nicht, ob er sie sich nur einbildete, oder ob sie tatsächlich existierte, doch als er mühsam den Blick hob, konnte er die Quelle davon sehen. „Se… ra… phis.“; keuchte er erschöpft. Mit traurigem Blick schaute sie zu ihm hinunter. „Armer Kleiner, was haben sie nur mit dir gemacht… Die ganze Welt versinkt im Chaos und dabei verschlingt sie achtlos jene kleinen Hoffnungsschimmer, die ihr geblieben sind.“ Um Kraft zu sparen, blickte er sie einfach weiter an. Seraphis hatte die Gestalt als Exile angenommen und stand ähnlich einem Geist neben ihm. Sie schien als einzige nicht von all dem Wahnsinn beeinflusst zu werden. Er fragte sich, warum? Als könnte sie seine Gedanken lesen, sagte sie leise: „Wer einst die Grenze des Wahnsinns überschritten, der wird nie wieder zurückkehren. Deswegen kann es mir auch nichts anhaben.“ Sie kniete sich hin und blickte ihn tiefer an. „Du glaubst, ich wäre es nicht? Wahnsinn heißt nicht immer gleich, dass man völlig durchdreht und alles zerstört. Es zerfetzt einem lediglich die Seele, deine Existenz und du bist nie mehr das, was du einst warst. Ich habe diese Phase schon lange überwunden und nun könnte man sagen, dass ich weder richtig noch falsch bin.“ Einen Moment blitzte in ihren Augen etwas auf, was wirklich als eine dunklere Seite ihrer Selbst zu sein schien, aber im nächsten Moment setzte sie ein Lächeln auf und wirkte wieder völlig normal. „Du möchtest ihr helfen, nicht?“, fragte sie Zero sanft. „Ja…“, krächzte er müde. „Ich kann dir dabei helfen deinen Wunsch zu erfüllen, wenn du willst.“ Zero war verwirrt. Wieso wollte sie ihm helfen und wie? Was wollte sie als Gegenleistung haben? „Es ist ganz einfach. Du bist doch ein Vampir, richtig? Du brauchst nur mein Blut zu trinken und du wirst sehen, was geschieht.“ Kaum hatte sie es gesagt, hielt sie ihm den rechten Arm hin. Unter der weiß- schimmernden geisterhaften Haut, konnte man blaue Adern erkennen. Es fiel Zero jetzt erst auf, dass Seraphis im Vergleich zu allen anderen Exile und Yajuu total ungeschützt war. Sie hatte keine Klingen oder Panzer. Im Prinzip war sie nur ein Geist, um welchen eine Art Nebel zu hängen schien. Sie sah auch menschlicher aus, als jeder andere Exile, als wäre sie bloß verkleidet. Zero zögerte. Doch Seraphis wurde nicht ungeduldig. Noch immer trug sie das sanfte Lächeln, als sie ihm erklärte: „Du fragst dich wieso? Nicht wahr? Die Antwort wirst du wohl nicht verstehen, aber ich tue es aus nur einem Grund. Es liegt mir im Grunde nichts an dieser Stadt oder an Eve oder sonst wem, doch ich kenne eure Art der Verbindung zueinander. Als ich damals Yoru verlor, erging es mir genauso. Ich kenne den Schmerz, kenne den tiefen Wahnsinn. Du bist in einer ähnlichen Lage wie Yoru es damals gewesen war. Ihm konnte ich nicht helfen… es ist nun so, als würde mir jemand eine zweite Chance geben. Diese möchte ich nutzen.“ Aufmerksam hatte Zero ihr zugehört. Sie log nicht, dass wusste er aus irgendeinem Grund. Außerdem war er gewillt alles zu akzeptieren, wenn er damit nur Eve stoppen könnte. Mittlerweile war seine Atmung nur noch ein ersticktes Keuchen, aber er tat sein bestes um seine Zustimmung Kund zu tun. Seraphis bemerkte, dass er zu schwach war, um sie zu beißen, also schnitt sie sich kurzerhand selbst in den Arm. Ihr Blut schimmerte merkwürdig golden als es aus der Wunde floss und tropfte ihren Arm entlang. Sie hielt es über Zero und schon bald landeten die ersten Tropfen auf seinem Gesicht. Er hatte stark zu kämpfen nicht ohnmächtig zu werden, aber es gelang ihm schließlich. Das Blut bemerkte er zunächst gar nicht. Doch nach einigen vagen Tropfen bemerkte er, dass er praktisch mit Energie aufgeladen wurde. Seine Wunde schien sich endlich schließen zu wollen, nachdem seine eigenen Regenerationsfähigkeiten an ihre Grenzen gestoßen waren. Auch sein natürlicher Durst kam zurück, der versuchte den Blutverlust auszugleichen. Seraphis hielt den Arm noch ein wenig tiefer, sodass er selbst zubeißen konnte, denn die Wunde, die sie sich zugefügt hatte, war bereits verschwunden. Nach einiger Zeit hatte Zero sich wieder von ihr gelöst. Sein Bedarf an Blut war vorerst gedeckt und nun wartete er nur noch darauf, dass sich die Wunde endgültig verschloss. Doch nach dem Gefühl, dass es ihm wieder gut ging, kam der Schmerz. Schlimmer, als alles was er je erlebt hatte. Man konnte es kaum beschreiben, denn einerseits glaubte er auseinander gerissen zu werden, gleichzeitig schien etwas ihn zu zerdrücken, er brannte innerlich und gleichzeitig schien er zu erfrieren. Vor Schmerz bäumte er sich auf, aber kein Ton kam über seine Lippen. Seraphis stand auf und sagte zu ihm. „Wenn du in der Lage bist, dass zu überstehen, dann wirst du Eve helfen können. Der Schmerz wird vorüber gehen. Aber bedenke, dass danach nichts mehr so sein wird, wie bisher.“ Mit diesen Worten verschwand sie wortlos im Nichts. Kapitel 33: im Staub -------------------- Das Lachen war furchtbar, aber es ging einfach nicht abzustellen. In meinen tieferen Sphären analysierte ich unseren Kampf. Sayo und Rui gaben ein wirklichen gutes Team ab, aber dennoch war ich ihnen mindestens ebenbürtig… zumindest bis zu einem bestimmten Punkt. Auch Sayo begann sich zu verändern, was Rui ebenfalls zu bemerken schien. Sie wurde aggressiver und direkter. Ebenso fand man auch auf ihrem Gesicht zum Teil dieses irre Grinsen… Ja, die Welt spielte verrückt und alle tanzten langsam mit. Rui schien noch nicht davon betroffen, aber auch das war nur eine Frage der Zeit. Naja und ich… Ich denke, von mir war wirklich nicht mehr viel übrig. Wir alle hatten bereits Wunden davon getragen, nur mit dem Unterschied, dass sie bei mir und Sayo verheilten… bei Rui nicht. Zahlreiche Kratzer plagten ihn und überall sah man sein Blut. Gerade wehrte ich einen Schlag von Sayo ab und schleuderte sie weiter weg. Dann wandte ich mich Rui zu. Plötzlich ertönte ein markerschütterndes Grollen durch die Tribünen. Wir alle schauten auf. Wie ein Blitz landete Chrona vor Rui und stellte sich schützend vor ihn. Sie sah nicht gut aus, mitgenommen, so als wäre sie kurz davor auch durch zu drehen. Dennoch hielt sie an Rui fest. „Wag… es… nicht… Rui anzufassen.“, fauchte sie mich in tiefem Hass an. Ihre Augen funkelten mich an und ich funkelte amüsiert zurück. „Hindere mich doch daran.“, zischte ich als Antwort und provozierte sie damit extra noch. Chrona wollte sich gerade auf mich stürzen, da hielt Rui sie zurück. „Nein, nicht. Irgendwas stimmt doch mit euch allen nicht. Ihr seid alle nicht mehr ganz ihr selbst… nicht mal Sayo. Wenn du jetzt kämpfst, dann kann dir genau dasselbe passieren… das will ich einfach nicht.“ Chrona wandte sich ihm zu. Die Sorge in seiner Stimme schien sie zu erreichen und für einen Moment sah sie wieder völlig normal aus. „Aber wenn ich nichts mache, dann wird sie dich töten…“ dabei fletschte sie unwillkürlich die Zähne. Rui dachte einen Moment fieberhaft nach. Dann seufzte er gequält. „Na gut… aber sobald du merkst, dass du dich in was reinsteigerst, musst du aufhören!“ Sie nickte ihm zu. Rui war absolut nicht begeistert von der ganzen Situation. Er mochte mich sehr gern und wollte nicht, dass ich starb. Zudem wusste er, dass es nicht meine Schuld war. Wir alle hier wurden durch etwas beeinflusst, eine Art Gift, die keiner bemerkte, bis es zu spät war. Laute Geräusche rissen ihn wieder aus den Gedanken. Chrona hatte sich bereits verwandelt und sie und ich stürzten uns aufeinander. Zunächst kam sie frontal auf mich zu, wich dann blitzschnell nach rechts aus und versuchte mich an der Seite zu erwischen. Meine Klingen konterten und gingen sofort zum Angriff über. Diesen Angriff wehrte sie durch eine ihrer Klauen ab. Eine Klinge flog im hohen Bogen davon, aber ich konnte sie schnell wieder regenerieren. Noch während sie die Klaue ausgestreckt hielt, trat sie einen kleinen Schritt zur Seite und versuchte mich mit ihrem Schweif zu Fall zu bringen. Schnell rammte ich zwei Klingen vor mir tief in den Boden und stoppte ihn somit. Plötzlich teilte sich der Schweif in verschiedene Segmente auf und riss die Hälfte der Klingen ab. Dann machte Chrona aus dem Schwung eine Drehung und ihre Zahlreichen Zacken streiften mich. Dieses Mal war ich nicht ausgewichen, da ich die Klingen nicht schnell genug aus dem Boden bekam. Schmerz erfüllte mich und ich begann zu fluchen. In der Zwischenzeit hatte sich Sayo wieder aufgerafft und schleppte sich zu Rui herüber. Sie atmete schwer und hatte sichtlich Probleme die klaffende Wunde zu schließen, die ich ihr eben beigebracht hatte. Sie verwendete ihre gesamte verbliebene Energie darauf, was dazu führte, dass wenigstens sie ruhig bei Rui sitzen blieb. Sie schien zu erschöpft, als das der Wahnsinn sie stärker packen würde. Rui atmete etwas auf, aber unser Kampf war noch lange nicht vorbei. In den nächsten Minuten war Chrona klar im Vorteil. Sie nutzte zahlreiche Finten um mich in die Irre zu führen und so hatte ich einige Treffer einstecken müssen. Mehrere Klingen hatte sie mir abgeschlagen, doch noch reichte meine Energie sie nach zu bilden. Abermals flammte Frust in mir auf. Ich wollte nicht immer nur getroffen werden, also änderte ich meine Taktik. Bei ihrem nächsten Angriff blieb ich einfach unbewegt stehen. Sie kam immer näher und zögerte einen Moment, bevor sie den Angriff dann doch fortsetzte. Einen cm vor mir, sprang ich so hoch wie ich nur konnte senkrecht in die Luft. So landete Chrona da, wo ich eben noch gestanden hatte. Da sie kein Ziel mehr hatte, verlor sie kurz das Gleichgewicht und taumelte. Dies nutzte ich um blitzschnell zu landen und während der Landung drehte ich mich über ihre Schulter hinweg – mit ausgefahrenen Klingen. Ihre Verteidigung war zu langsam und so zogen sich anschließend 10 lange Wunden über ihre gesamte Seite zum Rücken hin. Natürlich verheilte es schnell wieder, aber es hatte gereicht, um Chrona aus der Fassung zu bringen. Es erging ihr so wie mir. In ihrem Zorn und dem Frust vergaß sie, wer sie war und wollte nur noch ihren Feind, in dem Fall mich, töten. Das führte dazu, dass auch ihre Angriffe weniger durchdacht wurden. Der Kampf wurde ausgeglichen. Rui hatte es ebenso schnell realisiert und hatte versucht Chrona wieder zur Besinnung zu bringen, ohne Erfolg. Seine Worte schienen an uns vorbei zu gleiten, als wäre er nur eine Ameise, die versuchte jemanden davon aufzuhalten auf sie zu treten. Sayo saß teilnahmslos daneben, noch immer mit der Wunde beschäftigt, die sich nur sehr langsam schloss. Ein weiterer Schlag folgte. Chrona und ich stürmten aufeinander zu und versuchten uns gegenseitig zu durchbohren. Das Problem war jedoch, dass wir beide auswichen und sich die Klauen in den Klingen des anderen verfingen. Gerade versuchte sie mit ihrer anderen Klaue erneut nach mir zu schnappen. Sie hatte da durchaus die besseren Karten, denn ich hatte ja nur noch eine. Doch ihr Angriff wurde je unterbrochen, als wir beide reflexartig nach hinten weg sprangen. An der Stelle an der wir eben noch gestand hatten gab es einen lauten Aufschlag, es bildeten sich Risse im Boden, die zu einem Krater wurden und eine Menge Staub aufwirbelten. Wir beide duckten uns in Angriffshaltung und lauerten auf das Wesen, was dort gerade gelandet war. Es war Anubis. „Nicht er schon wieder.“, keuchte Rui erschrocken auf. Er sah, wie sich Chrona und ich auf den nächsten Angriff vorbereiteten. „Ihm geht es genauso.“, stellte Rui fest, „Dieser Wahnsinn muss ihn auch gepackt haben.“ Er hatte Recht. Chrona, Anubis und ich standen uns in einem Dreieck gegenüber. Anubis knurrte tief und fauchend sagte er: „Ihr seid in meinem Revier. Dass werde ich euch nicht durchgehen lassen. Dafür werdet ihr sterben!“ Niemand machte sich die Mühe darauf zu antworten, stattdessen ließen wir einfach Taten sprechen. Dabei galt es jedoch, jeder gegen jeden. Zunächst griff Anubis mich an. Er stürmte auf mich zu und richtete seine Klingen wie die Hörner eines Stieres auf mich. Ich ließ mich von meinen Klingen in die Luft befördern und landete hinter ihm. Nun traf er auf Chrona. Sie wich jedoch nicht aus, sondern setzte ihm ebenfalls entgegen. Sie schrammten dich aneinander vorbei und schlugen sich einige Klingen dabei ab. Ich nutzte diesen Moment und griff Chrona wieder an. Mit meiner Klaue versuchte ich ihren Hals zu erreichen, aber im selben Moment griff Anubis mich wieder an und unsere Krallen trafen über Chrona´s Kopf aufeinander. Diese vollführte blitzschnell eine Drehung, sodass sie uns beide mit den ausgefahrenen Klingen tiefe Wunden zufügte. Anubis und ich taumelten einige Schritte nach hinten, da setzte sich wieder nach. Sie sprang gegen Anubis und riss ihn so zu Boden. Dieser fauchte lautstark darüber und ließ praktisch aus dem Nichts aus seinem Körper Stacheln auftauchen, die Chrona beinahe ausspießten. Noch während sie zurücksprang, kam ich wieder dazu. Kurzerhand zog ich Chrona gen Boden und sie landete auf dem Rücken. Anubis hatte sich auch noch nicht wieder aufrichten können, also meine Chance. Je drei Klingen surrten auf die auf dem Boden liegenden Kontrahenten zu und bohrten sich in die Körper hinein. Ich genoss meinen Triumph, jedoch wurde ich unaufmerksam und ehe ich mich versah steckten auch in mir zwei Klingen, die Anubis und Chrona gesandt hatten. Da sie von meinem Rücken aus meinen Körper durchbohrt hatten, konnte ich sie nicht ohne weiteres herausziehen, während Chrona und Anubis meine Klingen packten und entfernten. Mit meiner Klaue trennte ich nur die Spitze mit den Widerhaken ab und sprang anschließend nach vorne weg, sodass die Enden herausgezogen wurden. Es war ein schmerzhaftes Unterfangen, aber ans Aufgeben dachte dennoch niemand. Der Kampf zog sich immer weiter hin. Es hätten bereits Stunden vergangen sein können, wir konnten es nicht sagen. Sayo hatte mittlerweile die Wunde zwar verschlossen, war aber so schwach, dass sie nicht weg konnte. Rui blieb daher bei ihr, um sie zu verteidigen, falls es nötig werden würde. Zumindest hatte sie einen halbwegs klaren Kopf, auch wenn sie andauernd zitterte vor Aufregung. Würde sie dem nachgeben, dann würde sie definitiv auch den Verstand verlieren. Rui wusste dies und hielt sie daher davon ab irgendetwas zu tun. Sorge zeichnete sein Gesicht, aber er konnte auch nicht eingreifen ohne selbst erwischt zu werden. Zudem waren da immer noch die beiden Kinder und die junge Frau, die als Opfer hierher geführt wurden waren. Sie standen alle in einer Ecke gekauert hinter Rui und schienen in eine Starre verfallen zu sein. Rui hatte vorsichtshalber seine Waffen gezückt, aber er zog es vor, sie nicht einsetzen zu müssen. Das Schauspiel der Exile vor ihm, war alles im allen ausgeglichen. Niemand hatte einen klaren Vorteil, denn die Situationen änderten sich ständig. Schritte im Voraus planen war bei diesem Instinkt getriebenem Kampf ebenfalls unmöglich. So blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten. So oder so, war dieser Wahnsinn in der Atmosphäre geradezu greifbar und langsam spürte er, dass es auch anfing auf ihn überzugehen. Er verbat sich darauf einzugehen und versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren, im Moment hatte er noch Erfolg damit. Die Laute Glocke einer Kirche durchbrach die Schreie der Gequälten in der Nacht. Es war nun genau Mitternacht. All dies hatte diesen Nachmittag begonnen, aber es schien als wäre die Welt in nur diesen paar Stunden komplett aus den Fugen geraten. Es stürmte weiterhin und es mischten sich sogar einige Hagelkörner darunter, obwohl es gar nicht die Jahreszeit dafür war. In der ganzen Stadt waren die Schreie von Menschen, Yajuu und den Schatten zu hören. Tiere jedoch schienen ausgestorben. Plötzlich schrie Chrona laut auf, sodass Rui entsetzt seinen Blick in die Richtung warf. Anubis hatte gerade eine Klinge mitten durch ihren Bauch gejagt und anstatt sie heraus zu ziehen, drehte er sie hin und her und vergrößerte die Wunde somit. Ich war aber auch nicht viel besser dran, da ich wenige Sekunden zuvor von Chrona auf den Boden befördert wurden war und nun eine lange Schnittwunde an meiner linken Seite zu heilen hatte. Blitzschnell stieß Chrona vor und rammte somit die Klinge noch tiefer in ihren Körper, aber gleichzeitig kam sie Anubis nah genug, um ihn ebenfalls zu verletzen. Gerade wollte sie ihm ihre Klaue in den Brustkorb schlagen, da stieß er ihre Hand nach unten, sodass sie die Klinge durchtrennte und er schnell entkam. Fauchend entfernte sie die Reste der Klinge aus ihrem Körper und ließ die Wunde wieder verheilen. Auch ich war mittlerweile fertig und stand wieder auf. Erneut standen wir uns in einem Dreieck gegenüber und machten uns für den nächsten Angriff bereit. Wir kamen jedoch nicht sehr weit, denn plötzlich erschien eine weitere Gestalt über unseren Köpfen und wir konnten gerade so noch ausweichen, bevor sie uns erwischte. Staub und Bruchstücke des Bodens flogen durch die Luft und versperrten die Sicht auf den Neuankömmling. Gebannt starrten wir auf den Fleck vor uns. Langsam verzog sich der Staub und enthüllte die Gestalt einer Frau. Um sie herum waberte ein seltsamer Nebel, sodass man ihre Füße nicht sah und sie wie ein Geist wirkte… Seraphis. Geblendet wie wir jedoch vom Wahnsinn waren, knurrten wir sie alle nur an. Völlig ruhigen Blickes schaute sie zu uns herüber, einem nach dem anderen blickte sie an. „Ihr seit dem also auch schon verfallen, wie mir scheint. Ja, dieses Gift der Nummer 1 und dem anderen Wesen, macht wirklich vor niemanden halt. Aber ich finde es wird Zeit, das wenigstens ihr euch wieder einkriegt.“ Wieso wirkte sie nur völlig normal? Natürlich schenkten wir ihren Worten nicht wirklich Beachtung. Für uns war sie nur ein weiterer Gegner, den es zu vernichten galt. Gerade wollten wir auf sie losgehen, da schüttelte sie kaum merklich den Kopf und fesselte und alle mit ihrem Nebel, der anscheinend doch nicht so geisterhaft war, wie es immer den Anschein hatte. „Ihr scheint zu vergessen, wen ihr vor euch habt meine Lieben.“, begann Seraphis mit noch immer demselben ruhigen Tonfall. „Ihr mögt vielleicht Exile geworden sein, aber ihr solltet euch daher nicht überschätzen. Für mich seid ihr allenfalls etwas über dem Niveau eines Yajuu.“ Ihr Tonfall veränderte sich und wurde plötzlich sehr bedrohend. Der Nebel um sie herum schien finsterer und kälter zu werden und auf einmal schlug uns ihre wahre Aura entgegen, die sie bis jetzt unterdrückt haben musste. Ja, ihr Level war weit über dem unsrigen, auch wenn wir es in diesem Stadium nicht wahrhaben wollten. Dennoch hatte es durchaus eine einschüchternde Wirkung. Vielleicht waren ihre Stärke und Erfahrung ja der Grund, weshalb der Wahnsinn nicht nach ihr griff. Als hätte sie meine Gedanken gelesen fing sie an zu kichern. Ihre Fesseln waren so stark, dass ein entkommen für uns unmöglich war. Also starrten wir sie nur mordlüstern an. „Du willst wissen, wieso ich nicht so bin wir ihr und nur noch wild um mich schlage? Nein, es liegt nicht an meiner Stärke und auch Erfahrung oder Willensstärke würden auf lange Sicht nichts bringen. Tatsächlich werden diejenigen mit der größten Macht sogar am meisten angegriffen, was auch der Grund ist, wieso es Menschen erst so spät betrifft.“ Ihre Fesseln wurden ein wenig enger und ein merkwürdiges Funkeln trat in ihre Augen und da wusste ich die Antwort, noch ehe sie sie aussprach. „Ich bin schon vor über 100 Jahren wahnsinnig geworden, als ich in diesem dunklen Verließ einsam vor mich hin vegetierte und meine Rachgelüste mich plagten. Wie soll so jemand wie ich noch den Verstand verlieren?“ Seraphis legte den Kopf schief und zeigte ihre Zähne. „Ich habe lediglich gelernt damit umzugehen, wenn ich es will, das ist alles.“ Ihre Fesseln lösten sich und wir fielen auf den Boden zurück. „Das einzige Mittel wird wohl sein euch auszupowern, bis ihr nichts anderes mehr machen könnt, als ruhig zu bleiben, so wie diese Halbvampirin da drüben.“ Sayo zuckte zusammen, sagte aber nichts weiter. Auch Rui schien außer Stande etwas zu tun und so blieben sie weiterhin teilnahmslos am Rande stehen. Anubis war der erste der wieder angriff. Er stürmte ohne Rücksicht auf Seraphis zu und warf ihr alle Klingen entgegen, die er hatte. Noch während er sich ihr näherte griffen auch Chrona und ich wieder an. Wir konnten einfach nicht anders. Unser Verstand schien ausgeschaltet und nur unser Körper reagierte noch. Seraphis zeigte sich jedoch unbeeindruckt und hielt stattdessen drei Finger hoch. „Drei Minuten, dann bin ich fertig.“, gab sie zu verstehen. Kapitel 34: 3 Minuten --------------------- Mit einem lauten Knall landeten wir alle drei an einer Wand der Tribüne. Wir hatten sie nicht einmal berührt, da hatte sie uns schon davon gestoßen. Das fachte natürlich unseren Zorn an und sofort starteten wir den nächsten Angriff. Chrona sprang in die Luft und drehte dabei ihren Schweif, sodass die Nadeln, die sich darin befanden alle auf Seraphis zuflogen. Der Nebel legte sich jedoch vor sie und fraß die Nadeln alle auf. Einige Sekunden später schleuderte er die Nadeln, dann noch schneller wieder zurück zu Chrona. Sie war zu langsam und konnte nicht mehr allen ausweichen, sodass sich einige davon tief in sie hinein bohrten. Gleichzeitig hatte ich einen Angriff von unten versucht, hatte meine Klingen in den Boden gerammt, um sie unter Seraphis wieder hervor schießen zu lassen. Doch sie stieß ebenfalls geisterhafte Klingen in den Boden, welche meine auf halber Streck zerfetzten und dann weiter auf mich zurasten. Einige durchbohrten mich, anderen wich ich noch aus. Anubis hatte sie erneut direkt angegriffen und wurden wieder gegen die Wand geschleudert. Alles in allem eine sehr niederschmetternde Aktion für uns. Nebenbei hatte sie einen der ausgestreckten Finger sinken lassen. Weitere Angriffe unsererseits folgten, alle mit dem gleichen Ergebnis. Während all der Zeit, griff Seraphis selbst aber nie an. Sie verteidigte sich immer nur und stand noch an genau derselben Stelle, an der sie auch angekommen war. Nach einer weiteren erfolglosen Angriffswelle unsererseits, senkte sie den nächsten Finger. Dennoch dachten wir nicht ans Aufgeben. Unsere Energiereserven waren zwar mittlerweile erschöpft, reichten jedoch noch locker aus, um uns weitere Male komplett zu Regenieren. Wir hatten keine Ahnung, wie wir in einer Minute bitte verlieren würden. Die Antwort lieferte sie uns prompt. Genau 9 Sekunden, bevor die selbstgestellte Frist abgelaufen wäre, bewegte sie Seraphis. In einer Geschwindigkeit, der man kaum folgen konnte, näherte sie sich zunächst Anubis. Sie hob einen Arm und der Nebel legte sich darum, sodass eine neue Form entstand. Es sah aus wie ein riesiger Drachenkopf. Anubis wich gerade einen halben Schritt zurück, da durchbohrte es ihn bereits und hinterließ ein riesiges Loch. 6 Sekunden. Ohne zu stoppen raste Seraphis auf Chrona zu. Dieses Mal bildete der Nebel an ihrer rechten Seite mehrere Klingen, die weit von ihr abstanden. Mit diesem streifte sie Chrona und fügte ihrer rechten Seite sehr tiefe Kerben zu. 3 Sekunden. Nun kam sie genau auf mich zu. Ausweichen unmöglich. Doch sie besiegte mich nicht mit ihrem Nebel, wie ich annahm. Stattdessen packte sie mein Schwert, welches ja noch im Boden steckte und rammte es so schnell in meine Brust, dass ich nicht einmal blinzeln konnte. 0 Sekunden. Anubis, Chrona und ich fielen alle nach hinten um. Für diese schweren Wunden würden wir unsere gesamten verbliebene Energie benötigen, soviel stand fest. Seraphis hatte recht gehabt. Doch in dem Moment, als ich merkte, dass mein Körper seine gesamte Energie auf die Wunde konzentrierte, klärte sich auch mein Geist. Endlich kam ein Schmerzempfinden zurück, was ich später sofort wieder wegwünschte und endlich wusste ich wieder wer ich war. Dem angestrengten Keuchen um mich herum, entnahm ich, dass es den anderen beiden genauso ging. Ich spürte außerdem wie mein Körper wieder in meine menschliche Gestalt zurückverwandelt wurde. Erleichterung kam in mir auf. Rui rannte derweil besorgt zu Chrona, die ebenfalls wieder ihre menschliche Gestalt angenommen hatte und redete auf sie ein, dass sie ja nicht gleich wieder den Verstand verlieren dürfe und so weiter. „Ihr solltet euch nun ruhig verhalten und warten, bis all das vorüber geht, sonst könntet ihr sofort wieder in den Strudel gezogen werden. Ihr wart schon tief darin versunken, also solltet ihr auch in Zukunft Acht geben.“, sagte Seraphis plötzlich. Wie hoben den Blick und sahen sie wieder in der Mitte zwischen uns stehen. „Ich werde mich nun verabschieden.“, fügte sie wieder tonlos hinzu. „Warte…“, keuchte ich erschöpft. „Danke, dass du…“, Sie schüttelte nur leicht den Kopf. „Noch ist nichts vorbei. Andere Dämonen sind noch immer in der gleichen Lage wie ihr es wart.“ Dann verschwand sie. Fragend blickte ich ihr hinterher, während sich meine Wunde weiter verschloss. Mein Blick fiel auf Anubis, der mir gegenüber lag. Er war als einziger von uns ohnmächtig geworden, aber seine Wunde war auch die Größte gewesen. Zu meiner Überraschung hatte auch er wieder seine menschliche Gestalt angenommen, die sonst niemand kannte. Anubis war nämlich als ein Exile bekannt, welcher seinen menschlichen Teil komplett verschlossen hatte. Ihn nun so zu sehen, ließ ihn irgendwie anders wirken… Er muss einst ein Gutaussehender Mann gewesen sein und hatte sicherlich mit der Frauenwelt keine Probleme gehabt. An seinem rechten Ringfinger glitzerte es golden. Dort funkelten zu meiner Überraschung gleich zwei Eheringe. Der eine wirkte völlig normal und makellos, doch der andere war mit Kerben und Kratzern übersäht. Ich fragte mich, was wohl mit seiner Frau geschehen sein musste… „Er hat sie umgebracht…“, seufzte Chrona neben mir. Von Rui gestützt stand sie neben mir. Als ich sie fragend anschaute, fügte sie noch hinzu: „ Anubis hatte gerade geheiratet, seine Frau erwartete das erste Kind, als er infiziert wurde. Was er und alle anderen erst für eine Erkältung hielt, entpuppte sich einige Zeit später als grausamer Exile. Ich hörte, er sei in ihrem Appartement erwacht und na ja… was dann passiert ist, kannst du dir sicher denken. Als er später wieder zur Besinnung kam, war es schon zu spät. Seitdem trägt er ihren Ring, als Andenken für das, was er zerstört hat. Gleichzeitig ist das aber auch der Grund, weshalb er als einziger Exile niemals seine menschliche Gestalt zeigt. Er versucht sie zu vergessen, aber gleichzeitig kann er die Erinnerung und die Schuld seiner Frau gegenüber nicht hinter sich lassen…“ Nach einem kurzen Moment, sagte ich leise: „Das tut mir Leid für ihn…“, mehr vermochte ich in diesem Moment einfach nicht zu sagen. Chrona nickte mir kurz zu, dann ging sie weiter zur Tribüne um sich dort auszuruhen. Dann fiel mein Blick auf Sayo, wie sie an die Wand gelehnt dasaß und das geschehen beobachtete. Sie wirkte genauso erschöpft wie wir, aber auch angespannt. Wortlos nickte sie mir zu, was soviel heißen sollte, wie: „Schön. Dass du wieder du selbst bist und alles ok…“ Halbvampire… plötzlich ging mir ein Licht auf und ich wusste, was Seraphis mit ihrer letzten Bemerkung gemeint hatte. Ich rief Sayo zu: „Wie spät ist es jetzt?“ Leicht verwirrt antwortete sie mir: „Um eins, wieso?“ Fünf Stunden… solange war es her, seit ich Roona verlassen hatte, um zu den Huntern zu gehen… Ich war bereits Zwei Stunden überfällig und normalerweise wäre sie schon längst hier aufgetaucht. Ich biss die Zähne zusammen. „Roona… du bist doch wohl nicht auch…?“, ich konnte es einfach nicht aussprechen, aber ich war mir dennoch ziemlich sicher. Wenn ich schon dem Wahnsinn verfiel und auch alle anderen übernatürlichen Wesen und wenn es wirklich stimmte, was Seraphis sagte, dass es auf die Mächtigen viel stärkeren Einfluss nahm… welchen Einfluss hatte es dann wohl auf die amtierende Nummer Zwei der schwarzen Liste? … Der Kampf tobte und wurde, obwohl es unmöglich schien, von Minute zu Minute noch schlimmer. Eve stürzte sich ähnlich einer Raubkatze auf Maki und diese wehrte sie wie ein riesiger Bär ab. Eve´s Kleidung war an einigen Stellen zerfetzt, aber die Haut darunter zeigte keinerlei Verletzungen. Bei Maki war es nicht anders. Ein Blitzschlag ganz in ihrer Nähe war der Startschuss für den nächsten Angriff. Maki schien wie elektrisch aufgeladen und sie zog die Blitze regelrecht an. Die Funken griffen auf Eve über, die sich jedoch unbeeindruckt gab und stattdessen mit ihren Schwertern die elektrischen Impulse weiterleitete. Die beiden umkreisten sich in einem stetig, kamen sich manchmal näher und entfernten sich wieder, um dann rasend schnell aufeinander zuzustoßen. Doch dieses Mal erstarrten beide mitten in ihrer Bewegung. „Was hast du mit mir gemacht!“, fauchte Maki wütend. „Ich bin es nicht du Idiot!“, fauchte Eve zurück. Sie versuchten sich zu rühren, aber sie waren wie eingefroren. Lediglich ihr Gesicht war noch frei beweglich. „Oh, geht es euch nicht gut?“, ertönte plötzlich eine höhnische Stimme. „Wer… Zeig dich verdammt!“, schrie Maki in den Himmel. Da hörte man selbst durch den anhaltenden Donner das Schlagen der Flügel und Roona erschien im Himmel über dem Baxter building. Zunächst blickte sie ernst, aber im nächsten Moment zog sich ein breites Grinsen durch ihr Gesicht. Ihre Augen glühten unnatürlich hell in ihrer dämonischen Gestalt. Daraufhin fragte Maki noch aufgebrachter: „Ich kenne dein Gesicht… wer bist du?“ Eve kicherte einfach nur und stellte fest: „Noch ein Vampir, huh? Ich bin kein Fan von Konkurrenz.“ Roona schwebte noch immer unbeeindruckt über ihnen und fesselte sie, indem sie ihre Impulse manipulierte. „Was macht die kleine, schwache Nummer 3 denn hier?“, fauchte Maki abwertend. Sie schien sich wohl zu erinnern, wer Roona war. Roona funkelte sie wütend an. Bevor sie jedoch antworten konnte, übernahm Eve es belustigt: „Aber, aber Maki. Beleidige doch nicht unsere Nummer 2.“ „Schluss jetzt!“, rief Roona und manipulierte die beiden so, dass sie fast in die Knie gingen. Nun waren die beiden wieder so ernst wie zuvor. „Ich bin schon lange nicht mehr die kleine, schwache Nummer 3, die sich hinter ihrem Bruder versteckt. Die letzten dreihundert Jahre habe ich nicht einfach auf der faulen Haut gelegen und nun seid ihr beide dran!“ „ Du überschätzt dich, Nummer 2.“, lachte Eve bösartig, „Du bist immer noch jünger als ich und wir sind zu zweit. Der Wahnsinn scheint dich ja mehr erwischt zu haben, als jeden von uns.“ Roona ließ ihre Fangzähne aufblitzen: „Mir geht es besser denn je.“ Eve zischte plötzlich und da schlug ein Blitz direkt in Roona ein. Das ermöglichte es den beiden sich wieder zu bewegen. Sie streckten sich und dabei knackten ihre Gelenke laut hörbar. „Das war wohl nichts.“, lachte Maki. Eve und sie schauten sich an, dann zog Eve ihre Schwerter und Maki streckte ihre Klauen. Ganz auf den Gegner fokussiert, merkten sie daher nicht, das Roona von der anderen Seite des Hauses nach oben geschossen kam, auf dem Dach landete und dabei den Blitz regelrecht mit sich führte. Sie streckte die Arme von sich und der Blitz spaltete sich, um auf Eve und Maki zuzustoßen. Sie bemerkten Roona zu spät und wurden daher getroffen. Ein lautes Krachen war zu hören, als die beiden einige Zentimeter weit über das Dach geschoben wurden, obwohl sie fest darauf standen. Es roch leicht verbrannt, aber offensichtlich hatten sie keine heftigen Verletzungen davon getragen. Eve fauchte wütend wie eine Katze und Maki griff augenblicklich an. Roona wich in die Luft aus, als ein noch größerer, blauer Blitz hinab schoss. Sie riss die Augen auf und leitete den Blitz direkt weiter, um nicht verletzt zu werden. Eve, die das Wetter nach ihren belieben beeinflussen konnte, erkannte, das Blitze nicht halfen und hetzte nun eine kleine Windhose auf Roona, welche sich noch immer in der Luft befand. Sie wurde davon eingefangen, während Maki diese Ablenkung nutzte, um Eve anzugreifen. Mit ihren Schwertern blockte sie ab. Genervt schrie Roona auf und spreizte ihre Flügel. Sie hinderte den Wind daran, sie weiter umher zu schleudern und die Windhose erstarb. Eve und Maki waren erneut in ihrem Tanz versunken, hier galt jeder gegen jeden. Wer Fehler machte, der starb. Roona zog ihren Hut zu Recht und zückte ihr Schwert. Sie wartete auf den richtigen Augenblick, stieß dann hinab und erschien hinter Maki. Dann bohrte sie ihr Schwert in ihren Rücken. Gleichzeitig durchbrachen auch die Doppelschwerter von Eve, Maki von vorn. Jedoch drückte Eve so sehr dagegen, dass die Schwerter bis zu Roona kamen. Sie verletzte Roona leicht, aber das störte sie nicht weiter. … „Was soll das heißen, Roona kämpft beim Baxter Building gegen die Nummer 1 und dieses… Ding?“, rief ich aufgebracht. Soeben war Jagura schwer verletzt bei uns angekommen. Sie hatte versucht Roona aufzuhalten, als sie plötzlich auf sie losgegangen war. Sie hatte Jagura nicht getötet, aber sie hätte es wohl getan, wenn Jagura sich noch mehr gewehrt hätte. „Ich habe im Übrigen auch die Nummern 4 und 5 in der Nähe rumstromern sehen. Sie scheinen auch nicht mehr herausgekommen zu sein.“, stellte Jagura fest und ließ sich dann gegen die Wand der Tribüne sinken, um sich zu erholen. Ich stellte fest, dass sie dabei erstaunlich nah bei Anubis war, welcher immer noch ohnmächtig dalag. Rui und Chrona hatten sich ebenfalls an die Tribüne zurückgezogen. Ich stand zwischen den beiden Gruppen. Nur Sayo saß weiter abseits und starrte teilnahmslos auf den Boden. Was mochte wohl in ihr vorgehen? Sie war immer als jemand erzogen wurden, der den Regeln der Hunter zu gehorchen hatte. Sie lebte diese Regeln. Doch nun hatte sie sich gegen die Hunter gewandt, gegen ihren Erzieher und gegen all ihre Grundsätze. Zugleich hatte sie das erste Mal ihre menschliche Seite gegenüber ihrer vampirischen verloren und das hatte sie zutiefst erschüttert. Ihre körperlichen Wunden waren schon lange verheilt, aber innerlich schien sie gebrochen. Doch im Moment hatten andere Dinge Vorrang. „Die beiden sollten nicht in der Stadt umherirren bei diesem Chaos. Hier ist es zumindest ruhig. Wir müssen versuchen sie hierher zu bekommen und dann werde ich Roona suchen.“, sagte ich entschlossen. Bewusst verschwieg ich, dass Kaze meine Schwester war. Das zu erklären, würde zu lange dauern. Nun war es Rui, der mir antwortete: „Gut, ich werde gehen. Ich bin als einziger hier nicht verletzt und auch nicht wirklich anfällig für diesen ganzen Wahnsinn. Aber Kyria… du solltest hier bleiben. Schließlich hast du diese Exile auch gehört und sie hat Recht. Ihr seid geistig einfach nicht stabil genug, für irgendwelche Unternehmungen.“ „Ja, aber…“, wollte ich protestieren, aber sein Blick ließ mich zögern. Rui wirkte angespannt, aber er wusste, wovon er sprach. Für den Moment gab ich nach. Dafür mischte sich Chrona müde, aber besorgt ein: „Du kannst nicht allein gehen, Rui. Die Schatten sind immer noch da draußen und du bist nach allen immer noch ein Mensch… es gibt keine Garantie, dass du sie überhaupt lebend erreichst und selbst wenn, wieso sollten sie auf einen Hunter hören?“ „Ehemaliger Hunter…“, fügte er hinzu und klang dabei betrübt. Ich fasste an die Stelle an der einst mein Schwertarm gewesen war. Ich konnte die Illusion nicht aufrechterhalten und entblößte so mein Geheimnis. Ich spürte Sayo´s Blick auf mir. Ob sie mich hasste? Irgendwie kamen wir hier zu nichts. Vor wenigen Stunden waren wir noch voller Tatendrang gewesen, doch nun da nur noch Chaos herrschte, fühlten wir uns einfach nur müde. Dennoch zermürbte mich die Sorge um Roona… Kapitel 35: Vergebung und Verderben ----------------------------------- Das Dach war von Blut getränkt, es floss sogar die Wände hinunter und dennoch tobte der Kampf weiter. Die Wunden waren wie so oft bereits verheilt, aber man konnte erkennen, dass hier schon öfters heftige Hiebe vergeben worden waren. Erstaunlicherweise schien keiner der Kontrahenten ernsthafte Nachteile gegenüber den anderen zu haben. Roona, die als Nummer 2 als schwächer eingeschätzt worden war, konnte ebenso gut mit Maki mithalten, wie mit Eve selbst. Das Problem war hierbei, dass der Kampf sich ins unendliche zu ziehen schien. Alle drei waren regelrecht in ihrem Zorn gefangen und schürten so den Wahnsinn nur noch mehr. Gerade hatten sich die drei wieder ineinander verkeilt, als drei Schatten aus dem Boden schossen und alle drei in eine andere Ecke des Daches schoben. Ein gewaltiger Schatten landete in der Mitte des Daches und zeitgleich lösten sich drei kleinere Schatten in der Form von Klauen aus dem Bündel und durchstießen Maki, Roona und Eve. Die drei Frauen reagierten allesamt zornig und fauchten vor Schmerz und Wut. Die Schatten zogen sich nun zurück und nahmen die Gestalt von einem Paar Flügeln an. Dort stand ein Mann, hoch gewachsen und schlank, aber auch muskulös. Er hatte kurzes, zersaustes Haar, welches wie Metall silbern bis schwarz schimmerte. Seine Augen hingegen waren scharlachrot. Er blickte niemanden direkt an, aber die nebelartigen Wesen hatten eigene Augen. Rote Schlitze, die die gesamte Umgebung wahrnahmen. Roona spuckte hektisch Blut. „Was…“, keuchte sie. Ihr Kopf dröhnte und sie fühlte sich, als wäre sie gerade aus einem Albtraum erwacht. Der Schatten in ihr löste sich auf und sie fiel auf die Knie. Die Wunde verheilte bereits, aber sie stand unter Schock. „Kannst du noch kämpfen?“, fragte die ungewöhnlich tiefe, aber melodische Stimme. „Ja.“, sagte sie kurz. „Kümmere du dich um Maki. Ich übernehme Eve.“ Roona blickte den Neuen an. Dieser schaute immer noch auf den Boden, aber die Schatten umblickten alles. Roona kniff die Augen zusammen und versuchte seine Aura zu erkennen. „Du bist doch der Kleine… Zero?“ Da schaute er auf einmal auf und sie an. Er schien sich nur schwer kontrollieren zu können. In ihm loderte etwas, nicht das was die Stadt befiel, sondern etwas viel Älteres, Mächtigeres. Da wusste sie, was sie noch in ihm spürte… Seraphis. „Du Narr. Das Blut einer Exile zu trinken, die praktisch nur ein Schatten ihrer selbst ist. Weißt du denn nicht, dass dieses Blut reines Gift ist?“, fragte Roona. Ein lächeln setzte sich auf seine Lippen, welches aber nicht seine Augen erreichte. „Ich kann es ertragen. Würdest du nicht dasselbe für Kyria tun?“ Roona schwieg und wurde leicht rot. Während all der Zeit, hatte sie sie tatsächlich vergessen. Nun kam die Sorge. Wie war es bei den Huntern gelaufen? „Ich werde Maki in Richtung des Parks schleudern, damit die beiden voneinander getrennt werden. Mach dich bereit.“, sagte Zero ruhig. Roona wollte gerade fragen, wie er das anstellen wollte, als er blitzschnell vor ihr landete und mit seinen beiden Handflächen Maki am Bauch traf. Kurz sah man das aufflackern der Schatten, dann rutschte sie einige Zentimeter nach hinten, um plötzlich regelrecht weggerissen zu werden. Als hätte man sie davon geschnippt fiel sie tatsächlich Richtung Park. Roona sprang reflexartig auf die Beine, spreizte ihre Flügel und hechtete hinterher. „Viel Glück.“, rief sie Zero zu, obwohl sie es selbst gut gebrauchen konnte. Eine feurige Schwinge landete in der Mitte der Arena. Alle beteiligten blickten angespannt dorthin, unsicher was nun geschehen würde. Im nächsten Moment erstarb das Feuer und gab den Blick auf den Wächter der Höllenflammen, Sear, frei. Von seinem Rücken stürzte Kaze. Ihm ging es gut, aber sie war blutüberströmt. Instinktiv näherte ich mich meiner Schwester, die sich mühsam und an Sear gestützt, aufrichtete. Nun sah ich, dass ihr linkes Auge verletzt war, so blickte sie mich aus ihrem dämonischen an. „Was ist passiert?“, fragte ich vorsichtig. Es war Sear, der mir antwortete: „Wir wurden eingekreist, von diesen Schattenwesen. Kaze hat es erwischt, da habe ich sie geschnappt und bin geflüchtet.“ „Aber wieso seid ihr ausgerechnet hierher gekommen?“, fragte ich verwundert. „Eine Exile erschien plötzlich und hielt uns den Weg hierher frei.“, keuchte Kaze und ich sah, dass ihr dabei Blut aus den Mundwinkeln rann. „Seraphis…“, flüsterte ich. Aus ihr wurde niemand von uns wirklich schlau. Sie hatte jedem von uns auf die eine oder andere Weise geholfen, aber nichts als Gegenleistung gewollt. Ihre eigentlichen Ziele lagen im Dunkeln. Kaze war kurz davor zusammenzubrechen, also beschloss ich über meinen Schatten zu springen und ihr zu helfen. Vorsichtig näherte ich mich ihr. Sie blieb starr. „Hör zu… Ich will dir nur helfen, dass ist alles.“, erklärte ich ihr. Kaze legte den Kopf leicht schief. „Es wäre vermessen von mir dich darum zu bitten mir zu verzeihen oder deine Hilfe zu erbitten. Glaub mir, ich hätte nicht wie Sear gehandelt und wäre hier her gekommen, ganz ehrlich. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir uns nie wieder gesehen.“ Einen Moment wusste ich nicht zu reagieren. Ich erkannte Kaze nicht mehr wieder. Sie war nicht mehr das schwache Mädchen von früher, kein Kind mehr, auf das sie aufpassen musste. Ich hielt ihr meine verbliebene Hand entgegen. Kaze zuckte zusammen. „Ich verlange keine Entschuldigung von dir. Tatsächlich bin ich einfach nur froh, dass es dir gut geht… na ja das du lebst.“, versuchte ich ihr zu erklären, jedoch war ich bei so was noch nie besonders gut gewesen. Noch immer schaute Kaze auf meine ausgestreckte Hand, dann plötzlich auf den Arm, den sie mir genommen hatte. Plötzlich glänzten leichte Tränen in ihren Augen. Dann kippte sie vornüber, direkt gegen mich, aber ich hatte genug Halt nicht umzufallen. Ich spürte, wie ihr Blut über mich lief, doch noch immer wehrte sie sich, sich auszuruhen. „Kyria… ich habe so viel schlimme Dinge getan. Wie soll ich dir je wieder gegenüber treten können? Es ist grausam von dir, jetzt so nett zu mir zu sein.“, schluchzte sie. Ich legte meinen Arm auf ihren Rücken. „Hey, wie wäre es, wenn wir einen Neuanfang machen? Wir sind beide keine Menschen mehr, Du musst mich ja nicht mehr als große Schwester sehen, aber ich würde gerne wieder mit dir befreundet sein, Kaze.“, erklärte ich ruhig. Neben mir stand Sear. Sein Blick war nicht zu deuten, doch er rührte sich keinen Millimeter von Kaze´s Seite. Endlich konnte ich sie an die Bande führen und sie vorsichtig dagegen lehnen. Sear legte sich neben sie, wie ein Wachhund. Sie wirkte erschöpft, aber nicht akut in Lebensgefahr, was mich beruhigte. Plötzlich hielt sie mir ihre Hand entgegen so wie ich es eben getan hatte. „Wieso bist du bereit das alles zu vergessen?“, fragte sie erschöpft. Ich brauchte nicht lange zu überlegen und sagte ihr im ruhigen Ton: „Nun, ich war dir ehrlich gesagt nie sauer. Ich weiß selbst nicht warum, schließlich hast du ja einiges versucht um mich los zu werden, aber ich schätze ich bin was das angeht einfach zu naiv…“ Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als sie erklärte: „Kyria, ich habe dich noch nie wirklich verstehen können. Weißt du… ich war eifersüchtig auf dich, konnte nicht akzeptieren, warum du soviel talentierter warst als ich, soviel beliebter… Ich schätze ich habe mich wie ein pubertierendes Mädchen aufgeführt. Es war letztendlich deine Freundin, die mir die Augen geöffnet hat. Sei froh, dass du sie hast.“ Mir fiel keine passende Antwort ein, denn ich hätte nicht damit gerechnet, dass sie mir so etwas erzählen würde. Auf einmal unterbrach sie die Stille: „Einverstanden, lass uns einen Neuanfang wagen… aber einer Sache kann ich nicht zustimmen.“ „Welcher?“; fragte ich „Große Schwester.“, sagte sie ernst und ich schaute fragend zu ihr. Plötzlich begann sie kindlich zu kichern, was mich sehr an ihre alte, lockere Art erinnerte. Da verstand ich, dass sie gar nicht vor hatte mich nicht mehr als große Schwester zu sehen. Trotz all des Stresses um uns herum, musste auch ich anfangen zu lachen, da sie es immer noch verstand mich zu veralbern. Doch schnell war die ernste Stimmung zurück. Noch immer tobte das Gewitter und noch immer waren in der ganzen Stadt Kämpfe in Gange. „Hast du vielleicht Roona… ähm ich meine die Nummer 2 gesehen?“, fragte ich später. Kaze war schließlich eingeschlafen, aufgrund ihrer Verletzung, aber Sear war hellwach. „Ich habe sie gesehen, aber nur ganz kurz.“, gab er mir zu verstehen. Da wurde ich hellhörig. „Sie verfolgte eine merkwürdige Kreatur, die in den Park zu fallen schien. Mehr habe ich aber nicht gesehen, ich war recht abgelenkt.“, brummte er. Ich nickte ihm dankend zu. Roona kämpfte also gegen den Eindringling, den Seraphis erwähnt hatte. Da fiel mir erst wieder ein, dass Eve die Nummer 1 war und obwohl ich es kaum glauben konnte, dachte ich gleichzeitig auch an den kleinen Zero. Ich kannte ihre Geschichte nicht, aber sie schien verzwickt zu sein. … „Was fällt dir ein, Nummer 2?!“, schrie Maki wutentbrannt. Sie war noch immer leicht benommen durch Zero´s Schlag, aber sie erholte sich schnell. „Glaubst du allen ernstes mich bezwingen zu können? Mag sein, dass du über die Jahre etwas besser geworden bist, aber an mich reichst du nicht heran! Mein Meister hat dafür Sorge getragen, dass ich perfekt werde!“ Roona blickte sie an. Nach wie vor hasste sie Maki, aber jetzt, da ihr eigener Verstand wieder klar war, merkte sie erst wie gebrochen Maki war. Ein Mensch der zu einem dämonischen Wesen geworden war ohne es zu merken und sich und alles andere hasste. Mehr war sie nicht. Roona hatte Maki nicht vorher gekannt, aber sie schätzte, dass von der ursprünglichen Person nicht mehr als ein Name übrig geblieben war. Dennoch konnte sie das Kräfteungleichgewicht nicht außer Acht lassen. Roona war am Ende ihrer Kräfte. Eine Weile würde sie Maki noch hinhalten können, aber was dann? Sie musste es beenden, so schnell wie möglich. Das Unwetter hatte sich ein wenig verlagert. Daraus schloss sie, dass Zero gut vorankam. Da stürzte Maki sich auf sie und Roona musste ausweichen. Dennoch gelang es Maki ihr einen tiefen Schnitt über den Körper zu jagen. „Sieh dich nur an. Bist am Ende deiner Kraft und stellst dich dennoch gegen mich. Dieses Mal wird dich dein Bruder nicht retten können.“, lachte Maki selbstsicher. Roona atmete schwer. Die Wunde verheilte nicht, wie sie befürchtet hatte. Da richtete sie sich zu voller Größe auf und lachte gequält. „Was ich jetzt mache, wollte ich eigentlich vermeiden, aber es geht wohl nicht anders.“, keuchte Roona. Blitzschnell sprang sie los und zückte ihr Schwert. Damit griff sie Maki mehrere Male an, jedoch mit einem ganz besonderen Hintergedanken. Die Angriffe waren nicht perfekt und Maki konnte jeden parieren, jedoch war dies auch nicht das Ziel dieser Taktik. Nach einer Weile sprang Roona nach hinten weg. „Was bitte sollte das denn eben werden?“, fragte Maki herablassend. Roona steckte das Schwert neben sich in den Boden. Ihr Blut färbte ihre Schleier rot und ließ diese schwer herab hängen. Ihre Augen leuchteten grell auf und Maki blickte nichts ahnend hinein. Plötzlich verzog sie das Gesicht zu einer Fratze. „W… Was hast du gemacht? Ich kann mich nicht…“ „Bewegen?“, fragte Roona lächelnd. Dann hob sie einen Arm und Maki musste entsetzt feststellen, dass sie dasselbe tat ohne es zu wollen. „Unsere Körper sind nun miteinander verbunden. Die Angriffe von eben waren nur Berührungspunkte für mich, um dich einzuwickeln.“, erklärte Roona ruhig. „Und was hast du jetzt vor? Wenn ich dich recht verstehe, dann kannst du mir nichts tun ohne selbst drauf zu gehen.“ Maki wirkte sicher, doch ein Blick in Roona´s Gesicht, ließ ihr das Lachen vergehen. Kapitel 36: blutige Tränen -------------------------- Der Kampf gegen Eve hatte sich auch gen Ende begeben. Nachdem Zero Roona fortgeschickt hatte, war alles ganz schnell gegangen. Er hatte Eve gefesselt und ihr ihre Schwerter abgenommen. Auch wenn sie es noch so sehr versuchte, sie war nicht in der Lage sich zu befreien. Zero blickte in ihre Augen, auch wenn es ihm Mühe bereitete die zahlreichen Stimmen in seinem Kopf, die durch Seraphis´ Blut in ihn gelangt waren, abzustellen. Durch diese Tatsache konnte er Seraphis nun besser verstehen, als jeder andere auf dieser Welt. Ihm war, als wäre er selbst in diesem Kerker gewesen und hätte die Experimente selbst erlebt, auch wenn ihm sein Verstand sagte, dass dies unmöglich stimmen konnte. Eve starrte ihn mit wirrem Blick an. Sie war in ihrer Welt gefangen und erkannte ihn nicht. Doch er wusste bereits, wie er sie zurückholen würde. Dafür musste er sie jedoch frei lassen. Augenblicklich packte sie ihre Schwerter und erschien hinter seinem Rücken. Ihr gelang jedoch kein Treffer, da die Schatten die ihm umgaben wie ein Schutzschild wirkten. Das Wetter um sie herum spielte verrückt. Sie war verwirrt, da sie ihn nicht treffen konnte, gleichzeitig noch immer in ihrem Zorn gefangen und auch Trauer und viele weitere Gefühle schwangen in ihrem Gesicht mit. So war es nicht verwunderlich, dass es stürmte, blitzte und sich Schnee und Hagel darunter mischten, obwohl es doch Sommer war. Zero kannte die Nummer 1 und ihre Techniken besser als jeder andere und daher kannte er auch genau ihre Schwächen und Stärken. Gezielt wehrten die Schatten ihre Hiebe ab und drängten sie, ohne dass sie es bemerkte immer mehr gen Abgrund. Schon bald befand sie sich an der Kante des Daches. Sie machte einen weiteren Schritt zurück und plötzlich bemerkte sie, dass sie taumelte. Ein Teil ihrer Sinne kehrte durch diese neue Gefahr zurück, aber dennoch konnte sie das Gleichgewicht nicht mehr zurückgewinnen. Bevor sie viel, ergriff Zero ihr Handgelenk und bewahrte sie vor diesem Sturz. Keuchend stand sie da und blickte ihn angestrengt an. „Ich… Mein Verstand spielt mir erneut Streiche. Dort steht jemand, der aussieht wie Zero, nur größer…“, stöhnte sie angestrengt. Selbst das Reden schien ihr schwer zu fallen. Vorsichtig zog er sie von der Kante weg, hielt sie dennoch weiter fest. „Du träumst nicht, Eve. Ich bin wirklich hier.“, sagte er ruhig. Sie war gerade auf einer schmalen Grenze zwischen Realität und ihrer eigenen Welt und er musste bedacht vorgehen, wenn er sie zurückholen wollte. „Aber wie ist das nur möglich? Maki hat dich doch…“ Eve riss die Augen auf den die Bilder gingen ihr abermals durch den Kopf. Die Bilder, wie er durchbohrt wurde und vom Dach fiel, dann reiste ihr Geist weiter zurück und Bilder von anderen Morden in ihrer Vergangenheit flackerten immer schneller und wilder vor ihrem geistigen Auge auf. Sie verlor sich darin. Zero reagierte schnell, um zu verhindern, dass er sie wieder an die Schatten ihres Verstandes verlor. Er packte ihre Schultern und schüttelte sie durch. „Eve, ich bin keine Illusion. Ich lebe wirklich, du hast nicht versagt.“, sagte er zwar leise, aber eindringlich. Ihr Kopf klappte unnatürlich nach hinten weg und sie blickte in den Himmel. Die Augen waren noch immer unnatürlich weit aufgerissen, aber sie zitterte nicht mehr. Als sie nichts sagte, fuhr er fort zu erklären: „Ein Exile namens Seraphis hat mir das Leben gerettet. Ihr habe ich es auch zu verdanken, dass ich dir nun ebenbürtig sein kann. Ich werde nicht mehr sterben, dass kann ich dir versprechen.“ Da hob Eve den Kopf und blickte ihm tief in die roten Augen. Sie wirkte auf einmal so unheimlich zerbrechlich, so menschlich… „Es tut mir Leid.“, flüsterte sie müde. „Dabei dachte ich, ich wäre stark genug nicht wieder so zu werden wie früher.“ Noch immer flackerten die Bilder in ihr auf, doch diese schienen langsam wieder zu verblassen und so konnte sie endlich wieder einen klaren Gedanken fassen. „Deine Vergangenheit hat dich eingeholt. Dagegen hättest du nichts tun können.“, gab er ihr zu verstehen. Das grelle glühen zog sich aus ihren Augen zurück und ihr Gesicht klärte sich. Eine Weile schwieg sie weiter. Noch einmal ging sie ihren Kampf mit Maki durch, nun jedoch auf rationaler Ebene. Maki war wie eine Droge und Gift zugleich gewesen. Ihr wurde bewusst, dass sich dies wohl auch nicht ändern würde, solange beide noch am Leben waren und ihr war klar, egal wie alt sie werden würde, dieses Gift könnte immer wieder von ihr Besitz ergreifen. „ Zero, danke für alles.“, sagte sie schließlich. Jener lächelte entspannt. „Schon gut, wir passen doch gegenseitig auf uns auf.“ Er schloss sie in die Arme. Als sie seine Umarmung erwiderte, klarte der Himmel wie aus dem nichts auf. Der Wahnsinn in der Luft schien verschwunden und auch die unnatürliche Kälte wich endlich zurück. Nach einer Weile lösten sich die beiden voneinander. „Was ist mit Maki? Ich spüre noch immer ihre Präsenz.“, fragte Eve. Seitdem Zero aufgetaucht war, waren nur ein paar Minuten vergangen. In Richtung Park konnte man noch immer die violetten Wolken sehen, welche Maki mitgebracht hatte. „Roona wird sich um sie kümmern. Es wäre nicht gut, wenn du Maki noch einmal gegenüber treten würdest. Lass uns lieber den anderen helfen und die Schattenwesen vernichten.“, sagte Zero. „Roona… die Nummer 2. Weißt du, ich habe sie damals sofort wieder erkannt, als wir uns trafen und ich denke sie ahnte bereits, dass ich es bin. Auch wenn es nur diffus ist, so kann ich mich entsinnen, dass sie vorhin ebenfalls hier aufgetaucht ist. Sie ist gut, aber sie wird Maki nicht bezwingen können, ohne einen hohen Preis zu zahlen.“, analysierte sie die Situation. Dann nahm sie ihre Schwerter zur Hand. „Lass uns gehen. Es gibt noch eine wichtige Sache, die es zu erledigen gilt.“ Sie ging einen Schritt und drehte sich dann noch einmal zum Park um: „Lebe wohl, Maki.“ Damit machten sich die beiden auf den Weg. Noch immer gebannt, starrte Maki Roona hasserfüllt an. Doch sie konnte nichts dagegen unternehmen, als Roona langsam ihre Hand hob und sie Richtung Brust führte. Sie ließ sich nicht beirren. Dies war der einzige Weg. Kurz blickte sie zum Baxter Building und stellte erleichtert fest, dass die Aura von dort verschwunden war. „Zero hat es also geschafft.“, lächelte sie leise. „Dann wird es Zeit das hier auch zu beenden.“, richtete sie sich nun wieder Maki zu. „Du wirst doch nicht…“, keuchte sie, doch da geschah es bereits. Wäre ihr Körper nicht gefesselt gewesen, so wäre sie nun zusammengezuckt, aber Roona stand da wie eine Eiche. Sie hatte ihren eigenen Brustkorb durchbohrt und Maki hatte es ihr gleichgetan. Sie fühlte etwas schlagendes in ihrer Hand. Wild hetzte es von Schlag zu Schlag, doch es konnte nicht fliehen. „Lass mich beenden, woran Eve gescheitert ist. Zeit für dich zu sterben.“ Eiskalt hingen die Worte in der angespannten Luft. Maki wollte noch etwas erwidern, doch Roona ließ ihr keine Zeit dazu. Schweiß lief ihr in Bächen über das Gesicht, als sie sah, dass Roona sie anlächelte. Dann schnellte ihre Hand zu und zerstörte ihr Herz unwiederbringlich. Blut spritzte umher, als Roona ihre Hand herauszog und etwas Rotes in der Hand hielt. Maki blickte entsetzt auf ihre eigene Hand nur um festzustellen, dass sich solch ein Gegenstand auch in ihrer Hand befand. Blitzschnell färbte sich der Boden um sie herum rot. Maki ging zu Boden, denn Roona hatte ihren Bann nun aufgehoben. Sie keuchte, aber es brachte nichts. Sie hatte nicht einmal mehr Zeit zu fluchen. Zwar mochte ihr Körper durch allerlei Technik zu etwas Übernatürlichen gemacht worden sein, doch unter der Fassade hatte schon immer nur ein Mensch gesteckt. Und Menschen waren zerbrechlich und starben viel zu leicht. Starr blickte Maki in den Himmel. Dieser klarte auf und die ersten Sonnenstrahlen blinkten hindurch. Ja, diese unendliche Nacht neigte sich schließlich doch dem Ende. Ihr Blick wurde trüb und die letzte Luft entwich ihren Lungen. Dann war Maki tot, unwiederbringlich und ohne Abschied. Glanzlos war sie verschwunden. Roona atmete schwer. Auch wenn sie ein Vampir war, in ihrem jetzigen Zustand würde ihr Körper nur noch wenige Minuten bestehen bleiben, bis sie zu Staub zerfiel. Zumindest hatte sie es geschafft. Auch die Schatten mussten nun verschwunden sein. Bald würde wieder Frieden herrschen… nein, Frieden war nie. Aber es würde wieder ruhiger werden. Roona lehnte sich an einen Baum und sackte zusammen. Ursprünglich hatte sie noch versucht ins Stadion zu gelangen, da sie dort Kyria spürte, aber das konnte sie wohl vergessen. Die Sonne ging gerade auf, daher war alles in rotes Licht gehüllt. So fiel das Blut dieser Stadt wenigstens nicht so schlimm auf. Vage erkannte sie vor sich einen Schatten. Es wirkte wie Nebel, aber war im nächsten Moment auch schon wieder verschwunden. Gerade als Roona sich zu fragen begann, ob ihr Verstand ihr einen Streich gespielt hatte, da tauchte jemand neben ihr auf. Was zunächst eine Bestie gewesen war, wurde nun wieder zu einem Mensch und rannte an ihre Seite… Ich konnte nicht fassen, was ich dort sah. An einen Baum gelehnt saß Roona. Der Boden um sie herum war komplett rot und ein großes Loch war in ihrer Brust. Weiter entfernt lag eine Gestalt, die ich nicht kannte. Diese hatte dieselbe Verletzung wie Roona. Da wusste ich, dass es nicht gut um sie stand. Vor wenigen Minuten erst, war Seraphis noch einmal vor mir aufgetaucht. Ich hatte das Stadion gerade verlassen um nach dem rechten zu sehen, da sich die beiden Stürme plötzlich gelegt hatten, als sie mir gegenüber gestanden hatte. Ohne Worte zeigte sie in Richtung Park und ihr Blick schien zu rufen: „Beeil dich.“ Dann hatte ich mich augenblicklich verwandelt und war losgestürmt. Nun stand ich vor ihr. Langsam hob sie den Kopf und blickte mich an. Ihre Augen waren trüb und dieser muntere Glanz daraus war verschwunden. „Roona, was hast du nur gemacht?“, fragte ich besorgt und aufgebracht zugleich. Sie wollte auflachen, aber stattdessen kam ein Schwall Blut aus ihrem Mund. „Auch schön dich zu sehen.“ Ich kniete mich neben sie, da ich sie sonst kaum noch verstehen konnte. „Würdest du mir einen Gefallen tun?“, fragte Roona plötzlich. „Was für einen?“, antwortete ich sie andächtig. „Würdest du mich zu dem Engel bringen?“ Verwirrt blickte ich sie an. „Was willst du denn dort? Es wäre besser du würdest dich ausruhen und…“ „Kyria, du weißt genauso gut wie ich, dass ich das hier nicht überlebe, also bitte… bring mich dort hin.“, sagte sie angestrengt. Ja, ich wusste es, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Dennoch erfüllte ich ihr ihren Wunsch und nahm sie Huckepack, da sie selbst zu schwach war, um zu laufen. Der Friedhof war nicht weit vom Park entfernt und da ich mich sehr beeilte, dauerte es nicht lange bis wir ankamen. Ich merkte, wie Roona´s Blut über meinen Rücken lief und zu Boden tropfte. Als wir die Statue auf dem verwüsteten Feld erreichten, setzte ich sie ab. Vorsichtig setzte ich sie auf den Boden und stützte sie dann. „Muss ein Omen sein, dass er bei all den Kämpfen in letzter Zeit nicht kaputt gegangen ist.“, flüsterte Roona müde. „Stimmt.“, pflichtete ich ihr leise bei. Dabei kamen unweigerlich die Erinnerungen an meinen Kampf gegen Kaze zurück, doch ich verbat mir daran zu denken. Plötzlich bewegte sich Roona leicht. „Bevor ich gehe, will ich noch etwas von dir.“, sprach sie. Da sie so leise war, musste ich sehr nah an ihr Gesicht heran, um sie zu verstehen. „Nimm etwas von meinem Blut, Kyria. Die Energie darin sollte dir einige neue Fähigkeiten verschaffen und dann dürftest du auch deinen Arm regenerieren können.“ Ich blickte sie entsetzt an und wollte widersprechen. „Keine Widerrede. Sie es doch mal so, so kann ich immer bei dir… sein.“ Als ich mich nicht rührte, hob sie ihr Handgelenk und biss sich selbst. Bevor ich jedoch reagieren konnte, da drückte sie ihre Lippen bereits auf die meinen. Ich spürte wie das Blut in ihrem Mund in meinen floss. Wir verfingen uns ineinander und als ich wir uns lösten, da war sie so schwach, dass sie gegen mich sackte. „Das du immer alles so kompliziert machen musst…“, flüsterte sie. Ich spürte wie sich ihr Blut in mir verteilte und wie es sich mit meinem verband. Doch all das wollte ich doch gar nicht. Ich brauchte weder mehr Macht, noch brauchte ich meinen Arm. All das war mir im Moment egal. Ihre Augen waren kaum mehr geöffnet und ihre Atmung kam nur noch sehr flach. „Kyria… mir ist kalt.“, seufzte sie. „Ich weiß.“, schluchzte ich und legte meinen Arm um sie. „Tut mir Lei…d, dass ich nicht für… immer bei dir… blei…be.“ „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es ist alles in Ordnung.“, redete ich auf sie ein. Eine Weile schwieg sie, dann hauchte sie: „Ich… bin müde. Was dagegen, wenn ich… kurz die Augen… schließe…“ Ich antwortete nicht, aber ich schüttelte mit dem Kopf. Würde ich jetzt sprechen, dann hätte sie gehört, wie schwach ich gerade war und das wollte ich nicht. „Ich liebe dich wirklich…“, hörte ich sie sagen. Dann schloss sie langsam ihre Augen und ihre Atmung setzte aus. Ein Windhauch verfing sich in ihrem Hut und ließ ihn auffliegen. Einige Meter neben mir landete er wieder und blieb liegen. Ich umarmte Roona fester. Tränen liefen über mein Gesicht, ohne das ich es bemerkte. „Ich liebe dich auch.“, schluchzte ich ihr zu, doch sie hörte mich nicht mehr. Lange verharrte ich so, bis ich bemerkte, dass Roona verschwand. Wie alle Vampire wurde sie zu Staub und wurde davon getragen. Eisern hielt ich sie fest, bis nichts mehr von ihr übrig war. Meine Tränen vermischten sich mit dem roten Staub und so wirkte es, als würde ich Blut weinen. Eine kalte Brise umfing mich. Nun war ich wieder allein, es war vorbei. ............................................... Herrje wir sind fast am Ende O.O Es wird noch ein Kapitel kommen und dann noch ein Epilog. Ist irgendwie ein komisches Gefühl... Kapitel 37: Error ----------------- „Wie hast du mich gefunden?“, fragte er außer Atem, denn er hatte sich bis eben noch in Sicherheit gewogen. Sie lächelte amüsiert. „Weißt du, du bist nicht schlecht. Ich habe es selbst auch erst heute Nacht verstanden. Mr. Foster, Gründer der Akademie für Jäger; Herr Haduko, Vorsitzender der Hunter… oder doch lieber Dr. Nukaki, Leiter der Forschungsstation für Yajuu und Exile… Welcher Name ist denn wohl dein richtiger?“ Seraphis stand in voller Größe vor ihm. Es hatte ihn auf das Aussichtsplateau verschlagen. Von hier aus, konnte man auf die Stadt blicken, welche von hier oben eigentlich völlig ruhig erschien. „Ich wüsste gern, wie viele Persönlichkeiten sie bereits waren und wie viele Leben sie schon zerstört haben.“ „Wie hast du es herausgefunden?“, fragte der unscheinbar wirkende, ältere Mann sie. „Sie haben sich zu oft wiederholt. Maki, Eve, Kyria, Kaze, so viele Namen und alle haben eines gemeinsam. Ich hatte mich gewundert warum die Auras so vieler Leute so ähnlich sein konnten. So fällt es nicht auf, aber ich habe Erfahrung in solchen Dingen. Wobei ich es selbst erst vorhin realisiert habe. Sie versuchen perfekte Soldaten zu schaffen, immer mit denselben Methoden. Doch jedes Mal scheitern sie dabei. Daher frage ich mich ernsthaft, was sie eigentlich bezwecken wollen.“ Er lachte plötzlich auf. Es war keine schöne Stimme die er hatte, krächzend und stets mit einem schlangenhaften Unterton. „ Ist es denn nicht offensichtlich was ich will, meine Liebe?“ Seine Augen funkelten auf. „Ich will das pure Chaos. Nicht mehr, nicht weniger. Diese Welt soll brennen, soll sich spalten, nichts soll übrig bleiben. Nichts!“ „Ich bin es ja gewohnt, dass Irrlichter Chaos wollen, aber sie gehen da eindeutig zu weit.“, seufzte sie genervt. Er lachte erneut auf und seine Gestalt verschwamm zu einem Schatten, ähnlich jenen, die vorhin die Stadt angegriffen hatten. „Niemals hätte ich vermutet, dass es ein Exile sein würde, der mich durchschaut. Wie es scheint, scheinst du von alle meinen Schöpfungen die Gelungenste zu sein, aber nun muss ich dich wohl töten.“ Von überall her lösten sich die Schatten von ihren Gegenständen, wurden lebendig und positionierten sich um das Irrlicht. „Ich habe übrigens keinen Namen. Daher nannte man mich stets einfach nur Error, ein Fehler im System.“, protzte er arrogant und selbstsicher. Seraphis streckte sich, sodass ihre Gelenke laut knackten. „Dann beheben wir diesen Fehler ein für alle mal. Mir hätte damals schon auffallen müssen, dass ich nur eine Kopie getötet hatte, den Fehler tilge ich nun.“ Seraphis´ Nebel gegen Errors Schatten wirkten nicht real. Obwohl sie einander hätten durchleiten müssen, versetzen sie der Umgebung jedoch tiefe Schneisen. Aus Seraphis Arm bildeten sich über die gesamte Länge lauter Klingen, als sie auf Error zustürmte. Doch aus seinem Arm wurde eine Art Schild und wehrte sie ab. Mit der anderen Hand holte sie zum Schlag aus, den er mit seiner abfing. Nun versuchte sie ihm noch einen Tritt zu verpassen, aber da teilte sich sein Körper und sie glitt hindurch. Bevor sie ausweichen konnte, trat er nun nach ihr, erwischte ihren Brustkorb und schleuderte sie einige Meter davon. Seraphis spuckte ein wenig Blut, stand aber sofort wieder auf. Plötzlich riss sie die Augen auf, als sie realisierte, dass ihre linke Schulter mitsamt Arm fehlten. Ein Schatten hatte sie regelrecht aufgefressen. Seraphis fletschte die Zähne und regenerierte sich wieder. „Hm, kann es sein, dass du heute schon zu vielen Leuten geholfen hast? Es scheint, als würdest du ein wenig schwächeln.“, machte sich Error über sie lustig. Doch sie ging nicht darauf ein. Stattdessen wich sie dem nächsten Schatten aus, der auf ihre Beine gezielt hatte. Ihre beiden Arme wurden zu drachenartigen Geschöpfen und stürmten auf ihn zu. Dieses Mal erwischte sie ihn und riss ihm beide Arme ab. Der Moment der Freude währte jedoch nicht lange, denn nur wenige Augenblicke später hatte er sich bereits wieder hergestellt. „Zu schwach.“, lachte er. Im nächsten Moment stand Seraphis an die Wand gedrückt da, seine Hand an ihrer Kehle. Sie versuchte sich zu befreien, aber da packten die Schatten ihre Gliedmaßen und verschlangen sie einer nach dem anderen. Übrig blieben nur ihr Torso und Kopf. „Game over.“, flüsterte er in ihr Ohr. Seine Augen waren schwarz wie die Nacht und wirkten ausdruckslos, sodass es ihr kalte Schauer über den Rücken jagte. „Sag, kommt dir diese Situation nicht bekannt vor? Nur dieses Mal sind die Rollen vertauscht.“, sagte er hämisch. Tatsächlich gab es gewisse Ähnlichkeiten zu dem Vorfall damals. Nur das es da an ihr gewesen war ihn zu zerfetzen und nicht umgekehrt. Damals hieß er noch Dr. Nukaki. Seraphis rann Blut aus den Mundwinkeln, als sie ihm, hasserfüllt anblickend, sagte: „Fahr zur Hölle.“ Sein Gesicht verzog sich wutentbrannt und er schlug ein großes Loch in ihren Bauch. „Willst du weiterhin so frech sein?“ Seraphis helle Augen glühten noch heller, wie es schien. „Was ist so lustig?“, fragte er sie und verzog dabei das Gesicht zu einer Grimasse. „Lustig ist, wie armselig du doch bist.“, dann verzog sich ihr Gesicht in eine Fratze und ihr Körper stob auseinander. Wie ein Geist setzte er sich einige Meter entfernt komplett wieder zusammen. Seraphis stand wieder mit einem leisen Lächeln da und blickte in die Ferne. Error wirkte irritiert. Ohne ihn anzublicken hob sie ihren Arm und zeigte damit auf ihn. Sofort teilte sich der Nebel um sie herum, wurde zu Bestien und griff an. Er hatte Mühe dem auszuweichen. In Seraphis Kopf tobten zahlreiche Stimmen und versuchten sich gegenseitig zu übertönen. Woher sie kamen war ihr ungewiss, aber sie alle gaben rätselhafte Ratschläge. Schon lange hörte sie nicht mehr darauf, was ihr ins Ohr geflüstert wurde, aber nach all den Jahren des Exils und des vergleichsweise ruhigen Lebensstils tobten die Stimmen in ihr. Dies lenkte sie so sehr ab, dass sie den nächsten Angriff nicht mitbekam. Doch als sie die Schatten zerfetzten, kam sie wieder zu Bewusstsein. Schnell regenerierte sie sich wieder und konterte sofort. Wenn die beiden aufeinander prallten, da stoben Funken in die Luft, die sich gleichzeitig anzogen, aber auch abstießen. Doch so sehr es die beiden auch versuchten, so gelang es keinem eine klare Oberhand zu gewinnen. Dies förderte zuweilen den Frust beider Seiten. Schließlich begann Seraphis jedoch einzuknicken. Der vergangene Tag forderte langsam seinen Tribut und Error nutzte dies natürlich gnadenlos aus. Er kesselte sie ein. Umgeben von unzähligen Schatten sahen sich ihre Kreaturen bald überfordert und hinterließen sie ungeschützt. Als ihr Körper immer und immer wieder durchstoßen wurde, fühlte sie sich seltsam fern. Es war als wäre sie selbst zu einer der Stimmen geworden, die ihr sonst immer durch den Kopf zogen. Sie spürte den Schmerz nur dumpf und in der Ferne, wehrte sich nicht und versank tiefer in dieser Apathie. „Scheint als hättest du endlich eingesehen, dass du hierbei den kürzeren gezogen hast, mein Liebe.“, rief Error bereits triumphierend aus. „Wird Zeit dir den Gnadenstoß zu geben.“ Er zielte auf sie mit tödlicher Präzision, aber sie machte keine Anstalten auszuweichen. Ein Speer bildete sich aus den Schatten, bereit ihr Herz zu durchstoßen. Noch immer keine Reaktion. Er sauste los und der Chor aus Stimmen wurde unerträglich laut. Doch der Schmerz kam nicht. Mühsam blickte Seraphis vor sich. Als sich der Schleier um ihre Augen legte, erkannte sie zunächst nur eine männliche Gestalt. Schließlich wurde schärfte sich ihr Blick und sie erkannte ihren Retter. Jetzt war ihr auch klar, weshalb die Stimmen so in Aufruhr waren. Sie seufzte und begann zu lachen. „Ach verstehe. Deswegen also nerven mich die Stimmen jetzt so. Sie spürten deine Anwesenheit und gerieten in Aufruhr.“ Der Vampir lächelte zurück und antwortete galant: „Nun das mit den Stimmen hättest du mir ruhig vorher sagen können. Die machen einen ja wahnsinnig.“ Zero reichte ihr die Hand und half ihr hoch. Nun erblickte sie auch Eve, die einige Meter vor ihnen gegen Error gerichtet stand, die Schwerter gezückt. Dann griff sie elegant und blitzschnell an. „Es freut mich, dass du es überlebt hast, Kleiner. Ich hatte ja meine Zweifel.“, sprach sie zu Zero, ohne ihren Blick jedoch vom Geschehen vor ihr zu wenden. „Nun es wird sicherlich noch eine Weile dauern bis ich alles im Griff habe, aber so klappt es schon ganz gut. Ich bin froh, dass du mir diese Chance gegeben hast.“ Dann wandte er sich um und blickte finster zu Error, der von Eve malträtiert wurde. „Das ist also die Quelle allen Übels.“ Seraphis nickte. „Wird Zeit ihn von dieser Welt zu tilgen, nicht wahr?“ „Ganz deiner Meinung.“ Error hatte keine Chance. Sein Ende war ebenso glanzlos, wie das von Maki. Nachdem Eve ihn seiner Gliedmaßen beraubt hatte und Zero ihn mithilfe der Schattenwesen festgesetzt hatte, war es Seraphis mit nur einem Angriff gelungen, ihn zu erledigen. Kein ruhmvolles Ende. Tatsächlich würde nie jemand außerhalb von Eve, Zero und Seraphis je von seiner Existenz erfahren und so brach der neue Tag an, als wäre nichts gewesen. „So, du bist also diese Exile, von der Zero sprach.“, begann Eve, während sie das Plateau verließen. Seraphis hatte ihre menschliche Gestalt wieder angenommen und lief unbekümmert nebenher. „Ich schätze ich schulde dir großen Dank und auch stellvertretend für all jene, denen du heute zur Seite gestanden hast.“, fuhr sie fort. „Keine Ursache“, gab Seraphis gut gelaunt zurück. „Was hast du nun vor?“, fragte Zero sie. „Ich werde weiterziehen, so wie immer. Sehen wohin mich der Wind treibt.“, war ihre schleierhafte Antwort. „Verstehe. Naja ich hoffe man sieht sich mal wieder.“, erklärte Zero daraufhin leicht traurig. „Oh ich hoffe doch.“, schmunzelte Seraphis. Dann nahm sie die Gestalt als Exile an und löste sich in Nebel auf. So mysteriös wie sie erschienen war, so verschwand sie auch wieder. Eve und Zero blickten ihr noch eine Weile in die Ferne hinterher, dann machten auch sie sich wieder auf den Weg. Auch für sie ging nun dieses Kapitel zu Ende und sie waren froh darüber. Epilog: Spuren der Vergangenheit -------------------------------- Ein sanfter Wind verwehte den Sand und bedeckte die Straßen. Das Ödland hatte sich stark ausgebreitet und die Städte, die einst so prachtvoll gewesen waren, waren nur noch Schatten ihrer selbst. Mittlerweile bestanden rund 50% der Bevölkerung aus Yajuu oder Exile, aber es war vor rund 75 Jahren gelungen ein Mittel zu entwickeln, welches jegliche Symptome dieser „Krankheit“ unterdrückte. Die Organisation der Hunter existierte nun schon seit über 120 Jahren nicht mehr. Man nannte diesen Tag, den Tag der Schatten. Unzählige Menschen hatten an jenem Datum ihr Leben verloren und noch mehr Yajuu waren dem zum Opfer gefallen. Archive berichten, dass dies ein Tag gewesen war, an dem die gesamte Elite der schwarzen Liste zusammengekommen war und sich dann wieder in alle Winde verstreut hatte, ohne die Chance auch nur einen festzunehmen. Die Nummern 4 und 5, Sear und Kaze, hatten ihr Vagabundendasein wohl fortgesetzt, die Nummer 6 Jagura verschwand nach dem Tod der Nummer 8 Sharoon auf mysteriöse Weise und mit ihr zusammen ein Exile namens Anubis. Ein ehemaliger Hunter namens Sayo sammelte eine Gruppe treuer Hunter um sich und führte die Tradition der Jagd nach den Mitgliedern der Liste fort, aber in kleinerem Stil. Ein anderer Hunter erregte ebenfalls große Aufmerksamkeit, als heraus kam, dass er mit einem Exile zusammen lebte. Schließlich hatte auch er sich infiziert und war ebenfalls zu einem der ihren geworden. Wohin die beiden danach verschwanden ist unbekannt. Die Nummer 1, die nach Jahren wieder aktiv geworden war und wohl maßgeblich an jenen Vorfällen beteiligt gewesen war, begab sich mit der neu ernannten Nummer 3 auf reisen. Niemand hatte je klären können wie es überhaupt zu all den Vorfällen gekommen war. Man hatte zwar den Verdacht, dass einige der beteiligten Personen es wissen könnten, aber die Menschen hatten keinen Erfolg bei ihren Nachforschungen. Auch wenn der Tag vor 120 Jahren berühmt geworden war, so verlor sich seine Gegenwart mit jedem weiterem Jahr ein Stückchen mehr. Die Menschen lebten ihre Leben und hatten neue Sorgen. So bemerkte auch keiner dass eine neue Nummer 2 aufgetaucht war. Was mit ihrer Vorgängerin geschehen war, konnte nie geklärt werden, aber Gerüchten zufolge trug ihr Nachfolger stets denselben Hut, mit dem auch die ursprüngliche Nummer 2 bekannt geworden war… ................................................................................................ Wow... ich kann es kaum glauben, aber damit ist Yajuu nun vorbei. o.O Ich hoffe doch das es einigen ein wenig gefallen hat und möchte besonders auch den Leuten danken, die ab und zu ein paar nette Worte dazu geschrieben haben. ^^ Zum Schluss noch eine kleine Ankündigung: Schon lange schwirren mir allerlei Ideen herum, die eine mögliche Fortsetzung darstellen könnten. Normalerweise bin ich kein Fan von so etwas, aber in dem Fall bin ich einfach der Meinung, dass man noch viel aus dem Universum der Yajuu und Exile herausholen kann. Möglicherweise wird also irgendwann eine Fortsetzung erscheinen, bei der sowohl alte Charaktere, als auch gänzlich neue vorkommen werden. Aber jetzt verabschiede ich mich erst einmal von euch und danke euch, dass ihr bis zum Schluss mitgelesen habt. ;3 Avyr~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)