Sherlock Holmes - Einem Mythos auf der Spur- von Ryukin ================================================================================ Kapitel 1: Der Brief -------------------- Es war kurz vor Mitternacht, als mich ein unerwartetes Klopfen an der Tür von meiner Lektüre aufschrecken ließ. „Wer kann das denn noch sein zu dieser späten Stunde?“, fragte ich in den Raum. „Ein Eilbrief für Mr. Sherlock Holmes!“, ertönte die Stimme eines Jungen. Erwartungsvoll sah Holmes zu mir herüber. Ich ließ den Jungen ein und er stürmte an mir vorbei. „Diesen Brief und die Zeitung soll ich Ihnen im Auftrag von einer Frau überbringen.“ Er reichte dem Detektiv unmittelbar einen Brief und die druckfrische Times für den nächsten Morgen. Holmes sah auf den Kuvert. „Wie sah die Frau denn aus?“ „Sir, diese Dame trug wundervolle Gewänder in Grün, aber ihr Gesicht war mit einem Schleier bedeckt gewesen.“ „Ist dir sonst noch etwas aufgefallen?“ „Ich kann mich noch erinnern, das sie irgendwie nach Blumen roch.“ Währenddessen huschten Holmes Blicke über die Times: „So so! Sehr interessant. Hier hast du ein paar Schillinge und nun geh!“ Holmes deutete auf die Tür, die ich schnell zu Öffnen pflegte. Der Junge bedankte sich vornehmlich und ging zügig hinaus. „Erwartet uns ein neuer Fall?“ „Ein überaus teures Papier, Watson. Das Kuvert gibt ein Hauch von Jasmin von sich. Ja, eine junge Frau, unverheiratet, von höherer Gesellschaft mit guten Manieren und eine begabte Künstlerin. Sie hat eine starke Persönlichkeit und ist zielstrebig. Diese Farbe! Warum hat sie mit einer grünen Tinte geschrieben?“ Er strich mit seinem Finger über die Tinte. Anschließend roch er dran und fuhr mit seiner Zunge darüber. „Holmes? Ich möchte Sie nicht unterbrechen, aber was verleitet Sie dazu, diese Schlüsse zu ziehen?“ „Watson, Watson! Das liegt doch auf der Hand! Dieser Brief wurde von einer Frau verfasst, welches Sie schon an dieser schönen geschwungen Aufschrift erkennen können, die übrigens hier schwarz ist. Jasminparfüm wird von jungen Frauen aufgetragen, die zu meist unverheiratet und auf der Suche nach der großen Liebe sind. Das Papier kann sich nur die höhere Gesellschaft leisten. Zudem noch das Wasserzeichen. Dieses Wappen kann nur von einer Adelsfamilie stammen, die eine Menge Geld haben muss, um ihr Wappen ins Papier prägen zu lassen. Doch dieses Wappen bereitet mir Kopfzerbrechen, ich habe es noch nie zuvor gesehen.“ Er wendete seinen Blick zur Büchersammlung. „Woran erkennen Sie, dass die junge Frau eine begabte Künstlerin ist, zielstrebig, sowie eine starke Persönlichkeit haben muss? Wie soll ein normaler Bürger dies aus einem Kuvert und zwei Wörtern feststellen?“ „Alleine wenn Sie die Schriftführung der jungen Dame begutachten. Die Buchstaben sind sehr sauber mit der Feder gezogen. Sie hatte aus dem Handgelenk heraus die Striche über das Papier gleiten lassen. Dies spricht für die künstlerische Exaktheit und Begabung. Sie setzte mit einem kraftvollen Anstrich an und führte diesen fort. Hier sehen Sie, da wo die Feder angesetzt wurde, sog das Papier die Tinte mehr auf, als es üblich der Fall ist. Wenn Sie das Papier schräg gegen das Licht halten, ist eine Einfurchung der Federspitze zu erkennen. Ich schließe daraus, dass sie sehr selbstsicher sein musste, als sie den Brief verfasste. Sie zögerte bei keinem Wort! Der Rest wird sich aus den folgenden Zeilen des Briefes ergeben. Watson, wären Sie so gut und lesen die Nachricht vor?“ „Gewiss. “ Der Detektiv überreichte mir den Brief und warf sich in seinen Sessel. Die Hände waren zu einem Dreieck geformt, die Fingerspitzen berührten sich. Seine Augen waren geschlossen. Ein Unwissender würde sein Verhalten höchst merkwürdig finden, aber das war die Art wie Holmes hochkonzentriert vorgelesene Informationen aufnahm. Als ich den Brief in den Händen hielt, wurde ich schon von dem herrlichen Duft von Jasmin begrüßt. Neugierig öffnete ich das Kuvert und entnahm den Brief: Sehr geehrter Mr. Holmes, aus der Times können Sie schon entnehmen, worum es im Ganzen geht. Ich bin mir sicher, dass Sie diesen Fall nicht ablehnen werden. Dafür kenne ich Ihre Neugier und Interesse, Ihren Denkapparat bis aufs Äußerste zu reizen. Ich werde Sie nicht enttäuschen, Mr. Holmes. Im Morgengrauen werde ich vorbeikommen. Miss Sadume von Oneggro „Miss Sadume von Oneggro“, murmelte Holmes, „ haben Sie schon von dem Namen gehört?“ er sprang ruckartig aus dem Sessel und stopfte sich eine Pfeife. „Solch ein Name ist mir noch nicht untergekommen. Da bin ich mir sicher! Wir sollten uns schnell der Times zuwenden.“ Holmes nickte, während er seine lange dünne Pfeife anzündete. Also schlug ich die Zeitung auf. „Schwerer Brand im Arbeiterviertel. Hmm. Das hört sich doch interessant an: Mord im britischen Museum!“ sagte ich euphorisch. Als er mir kopfschüttelnt die Zeitung aus der Hand riss, setzte ich mich bestürzt und rauchte ebenfalls eine. „Watson ich denke, Miss von Oneggro meinte diesen Atikel: Mysteriöse Skulpturen tauchen in Südengland auf!“ „ Das habe ich schon häufiger gelesen. Es wurden irgendwelche Skulpturen gefunden und niemand weiß woher sie kommen. Die Skulpturen können keinem Bildhauer zugeordnet werden. Die Tiere aus Stein besitzen eine angsterfüllte Mimik und Haltung. Ich halte das Ganze für einen makaberen Scherz.“ „Viel mehr steht hier auch nicht. Scheinbar kommt dieser Witzbold immer näher nach London. Es wurden Steinfiguren in Swindon gefunden.“ Ich runzelte die Stirn und wusste nicht so recht was ich von alledem halten sollte. Wo hingegen Holmes schon sichtlich die ersten Puzzeleteile vor seinem geistigen Auge hin und her rückte. Ohne zu zögern, holte er sein dickes Buch, mit den Aufzeichnungen, welche er seit vielen Jahren sammelte. Der schmale Finger fuhr die Seiten von oben nach unten ab und die Augen folgten ihm. Nach einer Weile schloss Holmes kopfschüttelnd sein Buch und stellte es wieder zurück an seinem Platz. Das ist wohl das einzige Buch in Holmes` Sammlung, welches wirklich einen festen Standort besaß. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass Holmes Unordnung einen fast in den Wahnsinn trieb. Sogar die gutmütige Mrs. Hudson hatte es aufgegeben Ordnung zu schaffen oder den Detektiv davon zu überzeugen, dass ein ordentlicher Mensch seine Sachen viel schneller finden würde. Aber Holmes meinte nur, dass sein Chaos System hätte. Egal wie sehr er gewütet hatte, er fand immer alles wieder. Die große Standuhr schlug schon Ein Uhr und es war Zeit ins Bett zu gehen. Mein alter Freund dachte jedoch erst gar nicht daran seinem Körper Erholung und Ruhe zu spenden. Er würde wahrscheinlich bis früh morgens Recherche betreiben. Nach einem Brandy wünschte ich ihm eine erfolgreiche Nacht und schloss die Tür hinter mir. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)