Kettenkarussell von Fujouri (One-Shot-Sammlung [Various] - Neu: Rin & Yukio & Shirō) ================================================================================ Familienbande [Rin & Yukio & Shirō] ----------------------------------- Blutergüsse, Schrammen, Schürfwunden - Rins Körper schien sich daraus zusammenzusetzen wie die deutsche Landkarte aus Bundesländern. Beinahe täglich brachte er eine neue Verletzung mit nach Hause, ohne sich darum zu scheren. Mit rollenden Augen und der Vorahnung auf eine Standpauke ließ er sich von Shirō auf dessen Schoß ziehen und die Wunden nach und nach behandeln. Er hasste es jedes Mal, von Shirōs väterlicher Fürsorge und Autorität gleichzeitig überrumpelt zu werden. Doch statt sich die Prügeleien eine Lehre sein zu lassen, stürzte er sich weiterhin freudig in sie hinein und betrachtete den Ausgang viel eher als eine Art Ritual zwischen Pflegevater und dämonischem Sohn. Dass eines Tages Yukio derjenige war, der mit Blutergüssen, Schrammen und Schürfwunden auf Shirōs Schoß saß, war für Rin deshalb absolutes Neugebiet. »Jetzt fängst du auch schon wie dein Bruder an. Also wirklich, und ich dachte, du wärst der Gute von euch beiden.« »Oi, was soll das heißen, alter Knacker?!«, raunte Rin mit verschränkten Armen aus einer Ecke, in die er sich verzogen hatte. Mit geplusterten Wangen beobachtete er, wie Yukio auf einmal im Mittelpunkt des Geschehens stand. Dieser kniff die Augen zu, als Shirō die aufgeschürfte Haut am Ellenbogen desinfizierte. »Es heißt das, was es heißt. Du machst nur Probleme, Rin.« Shirōs Angewohnheit, die Wahrheit auf pechschwarzen Präsentiertellern zu servieren, war Rin schon immer ein Dorn im Auge gewesen. Er drehte den Kopf zur Seite. »Gar nicht wahr!« Shirō seufzte. »Und jetzt du auch noch, Yukio. Willst du mir nicht wenigstens sagen, was passiert ist?« Yukio schüttelte den Kopf und sah zu Boden. Seine Lippen waren fest zusammengepresst, als wolle er verhindern, dass auch nur ein Wort zwischen ihnen hervordrang. Stumm verkraftete er das Brennen des Desinfektionsmittels und wurde ohne Standpauke vom Schoß heruntergelassen. Er tapste die Treppenstufen herauf in sein Zimmer. Shirō sah Yukio mit besorgtem Blick nach, ehe er sich Rin zuwandte. »Weißt du, woher er die ganzen Verletzungen hat?« Rin zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Ist mir auch ziemlich egal.« »Ihr geht auf dieselbe Schule, da wirst du doch irgendetwas mitbekommen haben.« »Nö«, sagte Rin teilnahmslos, »ich hab‘ doch kaum was mit ihm zu tun.« »Dann ist es an der Zeit, das schleunigst zu ändern.« Das klang verdächtig nach dem Beginn einer Standpauke. »Meine Güte, Rin, ihr seid Brüder... sogar Zwillinge! Ihr könnt euch nicht ewig aus dem Weg gehen!« »Hat bis jetzt ganz gut funktioniert.« Rin hielt stur an seiner Meinung fest. So verschieden, wie die beiden waren, würde es nur in einer Katastrophe enden, wenn er und Yukio sich zwangsweise miteinander abgeben würden. Dem war er sich sicher. Shirō stand vom Sofa auf und ging vor Rin in die Hocke. Er legte die Handfläche auf den schwarzen Schopf. »Selbst wenn ihr wenig miteinander anzufangen wisst... eine Familie braucht und hilft einander.« Rin blinzelte Shirō verständnislos an. Dieser zog die Hand zurück, richtete sich auf und ging in Richtung Küche. Er schaute Rin über die Schulter hinweg an. »Schreib dir das hinter die Ohren, sonst gibt’s kein Abendessen!« »« Sie waren in unterschiedlichen Klassen. Was sich bei Yukio in der Schule abspielte, bekam Rin ausschließlich in den Pausen mit. Und in denen fiel ihm nichts Außergewöhnliches auf. Yukio saß in der Aula allein auf einer Bank und schrieb in eines seiner Schulhefte. Er war sehr fleißig und arbeitete für die kommenden Stunden vor. Rin hatte ihn in den Pausen noch nie etwas anderes machen sehen. Er grummelte und beschloss kurzerhand, Shirōs Bitte, ein Auge auf Yukio zu haben, für heute erfüllt zu haben, verließ die Aula und widmete sich einer Schneeballschlacht mit den anderen Jungen. »Hey, Yukio!« Rin eilte seinem Bruder auf dem Heimweg nach. Dieser wandte sich um und sah Rin erstaunt an. »...ja?« »Weißt du, ich hab‘ keine Lust, auf dich aufzupassen.« Yukio runzelte die Stirn. Rin fiel ein, dass Yukio von dem Gespräch zwischen ihm und Shirō gar nichts mitbekommen hatte. »Ich meine, wegen deiner Wunden und so. Erzähl dem alten Knacker doch, was los ist. Mir ist’s egal, aber solang du nichts sagst, zwingt er mich, es rauszufinden. Und ich hab‘ echt was Besseres zu tun!« »Tut mir leid, Rin, aber das geht niemanden was an...«, murmelte Yukio und lief mit starrem Blick und steifen Schritten geradeaus. Rin wollte gerade einen miesen Kommentar abgeben, als er sich auf einmal beobachtet fühlte. Er drehte sich um und sah ein paar jahrgangshöhere Schüler hinter sich durch den Schnee stapfen. Sie begannen langsamer zu laufen, als Rin ihren Blick kreuzte. Er verzog die Augenbrauen und versuchte sie zu ignorieren, während er schweigend neben seinem Bruder herlief. Vielleicht war es doch keine schlechte Idee, Yukio ausnahmsweise auf dem Heimweg zu begleiten. »« Shirōs Plan, Rin zum Detektiv zu machen, schlug fehl, als dieser mit 39 Grad Fieber vorübergehend lahmgelegt wurde. So konnte er unmöglich in die Schule gehen, geschweige denn auf seinen Bruder Acht geben. Rin kam es recht gelegen, den sinnlosen Unterricht kurz vor Weihnachten zu verpassen, keine nervigen Weihnachtslieder singen und nicht an der Wichtelaktion in seiner Klasse teilnehmen zu müssen. Einzig die Tatsache, Yukio beinahe täglich mit neuen Verletzungen nach Hause kommen zu sehen, bereitete ihm ein mulmiges Gefühl. An Heiligabend ging es Rin nur mäßig besser. Zumindest hatte er Appetit und nicht das Bedürfnis, den ganzen Tag im Bett zu verbringen. Vor drei Tagen hatten die Weihnachtsferien begonnen, und Yukio hatte das Haus seitdem nicht mehr verlassen. Sein Hobby, nachmittags in der Bücherei zu stöbern, schien er aufgegeben zu haben. »Oh, verdammt!« Shirō krallte die Hände um den Einkaufszettel und zerriss ihn dabei fast. Er stierte argwöhnisch darauf. »Mir fehlt die Hälfte der Zutaten für die Soße! Ich dachte, wir hätten das alles zu Hause...« Yukio streckte den Kopf über die Lehne des Sessels, auf dem er mit angezogenen Beinen saß. »Du kochst doch sowieso nie!«, warf Rin in eine Vliesdecke eingemummelt von der Couch aus ein, den Blick auf einen Trickfilm im Fernseher gerichtet. »Das stimmt nicht, Rin. Ich koche mehr, als du denkst. Meine Ravioli sind nie aus der Dose!«, verteidigte sich Shirō, zupfte an seinem Bart und starrte auf den Backofen. Dann lief er zu Yukio und hielt ihm den Einkaufszettel vor die Nase. »Tut mir leid, aber kannst du bitte kurz rüber zum Geschäft laufen und die restlichen Sachen holen? Rin ist immer noch krank und ich muss auf den Braten aufpassen...« Yukio weitete die Augen und nahm zögernd den Zettel entgegen. Er nickte, hopste vom Sessel und stopfte das Geld in die Hosentasche, das Shirō ihm zum Einkaufen gegeben hatte. Er wickelte seinen türkis-schwarz-gestreiften Schal dreimal um den Hals und knöpfte den Mantel bis oben hin zu. »Bis gleich«, sagte er leise, zog die Haustür auf und verschwand dahinter. Rins Aufmerksamkeit galt für einen Moment der Haustür statt dem Trickfilm. »Er lässt sich ganz schön Zeit.« Shirō hatte sich mit dem Kochlöffel in der Hand neben die Couch ins Wohnzimmer gestellt. »Nicht, dass das Geschäft schon zu hat und er nach einem anderen sucht... aber das glaube ich nicht, dazu ist es noch nicht spät genug.« Rin saß aufrecht, spannte die Beine an und ballte die kleinen Fäuste. Schließlich befreite er sich aus der Decke, sprang auf und schlüpfte hastig in seine Jacke. »Was hast du vor?« »Ihn suchen gehen«, sagte Rin bestimmt, ohne sich Shirō zuzuwenden. Dieser streckte den Arm nach ihm aus und öffnete den Mund, doch ehe er etwas sagen konnte, hatte Rin das Haus verlassen. »« Der Wind brannte in den Augen. Rins Wangen erröteten vor Kälte. Rotz lief ihm aus der Nase. Er schniefte, versank die Hände so tief wie möglich in den Jackentaschen und drückte das Kinn unter den Kragen der Jacke. Jetzt bereute er es, sich nicht die Zeit genommen zu haben, einen Schal anzuziehen. Es begann zu schneien. Die Schneeflocken zogen schemenhaft an den Lichtern der Straßenlaternen vorbei, die den Gehweg orangefarben beleuchteten. Weihnachtlich dekorierte Schaufenster strahlten Rin aus der Ferne an, als er den einzigen Lebensmittelladen des Wohnortes ansteuerte. »Yukiooo!«, rief er, als er das Geschäft von Weitem ausmachen konnte. Er kam vor der Eingangstür an und rief noch einmal. Der Laden hatte noch nicht geschlossen. Wenige Leute, die die letzten Einkäufe für den Weihnachtsschmaus getätigt hatten, kamen mit vollgepackten Tüten heraus. Rin sah sich in alle Richtungen um. Die Schneeflocken schlugen ihm ins Gesicht. Er schmälerte die Augenlider zu einem Schlitz und lief um das Geschäft herum. Aus der Ferne konnte er ein brüchiges Lachen hören. Er ging ein paar Schritte in die Richtung, aus der er das Geräusch ausmachte. In der Ferne konnte er die Umrisse zwei großgewachsener Personen erkennen, die mit dem Rücken zu ihm standen. Der Schneefall behinderte seine Sicht. Ein paar Schritte weiter sah er einen Jungen vor den Füßen der anderen kauern. Die Enden des türkis-schwarz-gestreiften Schals berührten den schneebedeckten Boden. »Yukio...«, flüsterte Rin und verharrte in seiner Position. Die Gestalten vor seinem Bruder stellten sich als die beiden Jungen heraus, die ihm letztens auf dem Heimweg so verdächtig vorgekommen waren. Sie lachten abschätzig, und einer holte mit dem Bein zu einem Tritt aus. Der Stiefel schnellte gegen Yukios Oberarm, mit dem er eine Einkaufstüte umklammerte. Rin war wie gelähmt. Er hielt den Atem an. Und dann brach die Wut mit einem Schlag ein. Er presste die Fingernägel gegen die Handfläche und biss die Zähne aufeinander. Er rannte los. Es war an der Zeit, sich ein paar Blutergüsse, Schrammen und Schürfwunden einzufangen. »« »Warum lässt du dich von denen vermöbeln? Warum hast du mir nichts gesagt?« Rin keuchte und rieb über die wunden Knöchel der geballten Hand. Obwohl er mindestens ein Kopf kleiner als die beiden Jungen war, hatte er ihnen die Stirn bieten und sie in die Flucht schlagen können. »...ich dachte, es wär‘ dir egal.« Yukio zog die Beine an und umschloss sie mit beiden Armen. Seine Lippe war aufgeplatzt und das linke Brillenglas zersprungen. Rin plumpste neben ihm in den Schnee. »Ist es gar nicht!«, protestierte Rin und plusterte die Wangen. »Warum... haben sie dich überhaupt geschlagen?« Yukio biss auf die aufgeplatzte Lippe. Er bettete das Kinn auf die Knie und blickte zur Seite. Rin rollte die Augen, verkniff sich aber, seine Ungeduld laut zu verkünden. Schließlich konnte Yukio sich zu einer Antwort überwinden. »Weil sie uns hassen. Sie sagen, du bist wie ein Dämon. Und ich bin dein Bruder, deshalb bin ich genauso wie du, ich verberge es nur. Sie haben Angst gehabt, sich mit dir anzulegen, darum haben sie immer nur mich geschlagen. Und auch nur dann, wenn du nicht in der Nähe gewesen bist. Ich hab‘ das auch nicht verstanden. Sie hassen uns einfach.« In Yukios Augen hatten sich Tränen gebildet. Er hielt sie mit Mühe zurück. Rin sah seinen Bruder fassungslos an. Sein Mund war trocken geworden und ein flaues Gefühl hatte sich in ihm breitgemacht. Auf einmal kam er sich wie der miserabelste Bruder auf der ganzen Welt vor. »...nein, Yukio«, begann er, »die hassen nicht uns, die hassen mich. Die sind feige und haben es sich einfach gemacht und alles an dir ausgelassen. Nur weil du mein Bruder bist.« Rin sah zu Boden. »Tut... tut mir leid. Es ist meine Schuld, dass das passiert ist. Mir hätte es auffallen sollen. Ich hätte die schon viel früher verprügeln sollen!« Yukio seufzte. »Nein. Ich muss anfangen, auf mich selbst aufzupassen.« Rin sah seinen Bruder verdutzt an. Dann grinste er breit. »Dazu bist du nicht dämonisch genug. Du musst wohl damit klarkommen, dass du ein Schwächling bist und ich auf dich aufpasse!« Sie schauten einander wortlos an. Dann begannen sie schallend zu lachen. »Heeey, Rin, Yukiooo! Da seid ihr ja!« Shirō kam aus der Ferne schnaufend auf die beiden zugestürmt. Vor ihnen machte er halt und keuchte schwer. »Ich... ich glaub‘, ich werd‘ alt... jetzt hab‘ ich Seitenstechen...« »Du bist alt«, korrigierte Rin, stand auf und hielt ihm die Einkaufstüte hin, die Yukio vorhin beiseitegelegt hatte. Shirō musterte seine beiden Söhne abwechselnd. Ihm fielen sofort die Verletzungen auf. Er entschied sich, nicht näher darauf einzugehen, und stellte stattdessen eine wichtigere Frage, mehr an Yukio als an Rin gerichtet: »Ist jetzt alles wieder in Ordnung?« Yukio blinzelte auffallend, ehe er hilfesuchend zu seinem Bruder sah. »Jap, alles wieder in Ordnung«, antwortete Rin für ihn, nachdem er ihm zugenickt hatte. »Gibt’s jetzt endlich was zu essen? Ich sterbe vor Hunger!« Shirō lächelte. »Der Braten und die Beilagen sind fertig, aber die Soße muss noch gemacht werden. Also ab nach Hause, Jungs! Genug Weihnachtsabenteuer für heute!« Rin grinste breit, dann wandte er sich Yukio zu, der noch immer im Schnee hockte. Er hielt ihm die offene Hand entgegen. »Willst du hier Wurzeln schlagen oder was? Steh schon auf!« Yukio zögerte kurz, dann griff er nach Rins Hand und ließ sich von ihm auf die Beine ziehen. Beide wussten in dem Moment, dass Rin seinem Bruder nicht zum letzten Mal die Hand gereicht hatte. Und dass Yukio nicht zum letzten Mal danach greifen würde. »« e n d e. --- Nichts Besonderes und unter Zeitdruck geschrieben...^^" Ja, es gibt Teens, die aus solchen Assi-Familien kommen, dass sie an Weihnachten nicht zu Hause sind, sondern lieber auf der Straße rumstreunen und Kinder vermöbeln, okay? Alles logisch! :P Rin und Yukio sind in der Geschichte um die acht bis zehn Jahre alt, also keine ganz so kleinen Stöpsel mehr. Aber noch klein genug, um alle RinxYukio-verseuchten Fangirls HOFFENTLICH davon abzuhalten, hier irgendeine außergeschwisterliche Liebe reinzuinterpretieren - untersteht euch! ò __ o Hoffe, ihr mochtet den OS (trotz Mangel an Homoerotik). ;) Liebe Grüße, Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)