Lieben,Leben,Leiden von -cabor- (das leben ist komplizierter als gedacht) ================================================================================ Kapitel 7: Fragen nach Vergangenem ---------------------------------- Fragen nach Vergangenem Die Glocke läutete und wir mussten in unsere Klassen zurück. Es stand Mathe auf dem Plan, doch mit meinen Gedanken war ich wiedermal wo anders. Ich war besorgt wegen der Sache mit meinem Meister. Es bedeutete nichts Gutes, wenn er persönlich hier auftauchte. Im Gegenteil, es konnte nur etwas Schreckliches passiert sein. Aber was könnte mir noch furchtbares widerfahren? Ich hatte bereits die Drei wichtigsten Menschen in meinem Leben verloren. Es konnte unmöglich noch Schlimmer kommen. „Ist alles okay bei dir?“, fragte mich William besorgt, „Du siehst etwas ängstlich aus. Ist irgendwas passier?“ „Nein, mir geht’s gut. Alles okay.“ Oh Mann, was für eine riesen Lüge. „Tja, ich bin allerdings etwas enttäuscht von dir.“ „Was? Wieso? Was hab ich denn getan?“ „Nichts. Das ist es ja. Du hast mir vorhin nicht geholfen. Ich dachte ich hätte noch einen Gefallen gut bei dir“, grinste er mich an. Sein amüsiertes Lächeln stand im totalen Kontrast zu seinem Vorwurf. „Tut mir leid, William. Aber es war was Wichtiges. Deshalb konnte ich nicht helfen. Außerdem hätte ich gegen diese Streitmacht von Mädchen alleine wenig ausrichten können.“ Seine Gesichtszüge waren entspannt. Er wirkte sehr ruhig. Dieser Frieden, der von ihm ausgestrahlt wurde, beruhigte auch mich wieder ein wenig. Meine Angst wich ein bisschen und meine Muskeln entspannten sich wieder leicht- ich hatte nicht gemerkt, dass sie die ganze Zeit über angespannt und in Alarmbereitschaft gewesen waren, seitdem Amber mit diese unbehagliche Neuigkeiten übermittelt hatte. „Wovor hat du eigentlich Angst, Melody ?“ >Wieso wollte er das wissen. Und vor allem: WOHER weiß er das?< , fragte ich mich. „Angst? Ich? Wie kommst du darauf? Ich habe keine Angst.“ „Naja, du siehst recht ängstlich aus. Und ich frage mich einfach, wovor du Angst haben könntest. Ich meine, dein Ruf ist hier überall bekannt. So gut wie jeder hat Respekt vor dir. Vor wem oder was könnte also jemand wie du Angst haben?“ „Mein Ruf ?“, schnaubte ich verächtlich, „Wie ist denn mein momentaner Ruf?“ Es waren so viele Gerüchte im Umlauf, dass ich die Übersicht schon vor einer halben Ewigkeit verloren habe. „Och, nichts dramatisches. Nur, dass du seit du – was hat Jimmy gesagt… ach ja – seit du 5 Jahre alt bist Kampfsport betreibst. Und, dass man sich besser nicht zu sehr reizen sollte, da du zwar über eine enorme Ruhe verfügst, diese aber bei bestimmten Themen nicht wirklich beherrschst. Und, dass du es nie leicht hattest und deshalb nie Schwäche zeigst.“ „Wow, das klingt ja nicht gerade nach dem netten kleinen Mädchen von nebenan.“ Also war mein aktueller Ruf nicht besonders nett. >Naja, mir soll’s recht sein. Hab ich meine Ruhe. Und die, die mich kennen, kennen auch die Wahrheit. Also kann mir dieser Ruf egal sein.< Obwohl es mich wunderte, warum Jimmy nur diese starke, abweisende Seite von mir erwähnt hat. „Aber Jim hat auch noch gesagt, du seist immer für einen da, wenn es einem schlecht geht. Du sorgst dich sehr um andere und passt auf, dass ihnen nichts passiert. Du bist zwar ein Rebell und lässt dir von niemanden etwas vorschreiben, aber trotzdem kannst du nett sein.“ , fügte William grinsend hinzu. „Klingt irgendwie nach gespaltener Persönlichkeit, wenn du mich fragst“ , lachte ich amüsiert. Wer konnte schon ahnen, dass diese Gerüchte alle der Wahrheit entsprachen. „Ja so klingt das. Und irgendwie haben sie doch recht, oder?“ , fragte William lachend. „Was willst du damit sagen? Dass ich ein Psycho bin? Sei besser vorsichtig, was du sagst, Junge!“ , ich warf ihm einen warnenden Blick zu, worüber er nur noch mehr lachen musste. „Nein, so meinte ich das nicht. Aber jeder hat doch so seine zwei Seiten. Die zwei Gesichter.“ >Super, der klingt ja wie Sigmund Freud< dachte ich mir. „Die zwei Gesichter? Was bist du? Psychologe?“ „Nein, aber mein Großvater hat mir das mal erzählt. Er sagte, Menschen hätten zwei Gesichter. Das eine war das, welches sie der Öffentlichkeit zeigten. Dieses Gesicht kann bei manchen das genaue Gegenteil von dem anderen Gesicht sein. Dem wahren Selbst. Und das wiederum ist das andere Gesicht. Es ist das unter der Maske für die Öffentlichkeit. Dieses Wahre zeigen wir nur vor denen, die uns nahe stehen, denen wir vertrauen. Mein Großvater sagte immer zu mir, ich solle versuchen unter die Masken der Menschen zu schauen. Bei den meisten ist so etwas ganz einfach. Sie geben sich nicht besonders viel Mühe sich groß zu verstellen, da sie keinen Grund dazu haben. Aber bei dir ist es schwer dein wahres Wesen zu erkennen.“ Ich war total durcheinander. >Wo hab ich das schon mal gehört?< Mir fiel es nicht ein. Doch dann wusste ich es wieder. Das gleiche hatte Jack einmal zu mir gesagt. Er nannte es meine schützende Gabe, die mir im Kampf wichtig und lebensrettend sein könnte. Ich konnte unerbittlich und unbarmherzig zu meinen Gegnern sein, doch zu meinen Leuten warmherzig und mitfühlend. Ich konnte somit leichter und besser mein privates Leben vom Training trennen. Auch der Meister hatte mir einmal so etwas gesagt. Der Meister. Jetzt fiel es mir wieder ein. Die Person, die sich im Moment bei Mrs. Snowler befand. Der Grund meiner Angst. Ich hatte ihn völlig vergessen. Ich wurde wieder blasser. „Melody? Ist alles in Ordnung? Du siehst wieder so…“ „Du sagtest, dein Großvater hat dir das erzählt?“, unterbrach ich ihn. Ich wollte nicht hören wie ich im Augenblick aussah. „Ja. Er ist vor fast 5 Jahren gestorben.“ „Das tut mir leid, William. Du vermisst ihn sicher.“ „Jeden Tag.“ Er sah traurig auf seinen Tisch. „Ich kenn das Gefühl. Es ist schrecklich.“ , versuchte ich ihm mein Beileid nahezubringen. Ich kannte das Gefühl sehr wohl. Mir passierte so etwas schließlich vor 1 ½ Jahren ebenfalls. „Ich weiß. Ich hab davon gehört. Deine Eltern und dein Freund starben doch vor gut eineinhalb Jahren, oder? Das muss noch viel schlimmer sein.“ „Das ist es auch.“ Mehr konnte und wollte ich dazu nicht sagen. „Es tut mir leid“ , flüsterte William. „Schon okay“ , hauchte ich zurück. Das war das Ende unserer Konversation. Die Stunde ging zu Ende und kein Zeichen des Meisters. Die nächste Stunde verging ohne irgendeine Nachricht. Mit jeder Minute wurde ich nervöser, was zur Folge hatte, dass ich absolut nichts von Geographie mitbekam. Ich war mir hinterher nicht einmal mehr sicher, ob unsere Lehrerin -Ms Arger- überhaupt aufgetaucht war. Die letzten beiden Stunden waren Englisch und Physik, das würde noch ein langer Tag werden, dessen war ich mir sicher. Draußen hatte es bereits wieder angefangen zu schneien, was meine Laune auf den Gefrierpunkt brachte. "Good Morning Ladies and Gentlemen", begrüßte uns Ms Jokitch. "I've got a special project for you, YEAH!" Sie war noch jung und äußerst begeistert von ihrem Job. Fast jede Stunde gab es neue "special projects" von ihr. Ich brauchte mir keine Gedanken zu machen. Mein Englisch war sehr gut. Das war ein Fach, bei dem ich in meinem Gebiet war. Ich konnte mich also beruhigt zurücklehnen, obwohl mir die Sache mit dem Projekten jedes Mal schwer im Magen lagen, da sie immer etwas mit uns selbst und einer Art Selbstoffenbarung zu tun hatten. Und auf einen Seelenstripptease konnte ich vor der Klasse hier gut verzichten. Ms Jokitch konnte sehr enthusiastisch sein, was die meisten von uns häufig nur noch lächerlich und überzogen fanden. "Okay, you'll work together in groups of 2. So that means you can do this with your neighbour, so we can solve this problem faster." >Was für eine schlaue Idee mal wieder.< Geschätzte 16 Leute stöhnten aus. Und darunter war keine männliche Stimme auszumachen. Mir war klar, dass das sicher was mit meinem Banknachbarn zu tun haben musste. Mir wäre es ja auch lieber gewesen mit jemand anderen zu arbeiten, aber das Leben war nun mal nicht immer fair. "Okay Class this is the topic. You'll have to play a scene out of your daily life with your partner in front of the class. Deadline is in one week." Ein Raunen ging durch die Reihen. "Ist das nicht ein wenig kurzfristig?", meldete ich mich zu Wort. "Ich meine wir haben gerade 4 mal die Woche Englisch und müssen nebenbei auch noch für andere Sachen lernen oder etwas tun. Können wir da nicht auf 2 Wochen raufgehen?" "Nein, 2 Wochen sind zu viel. Ich kann euch 8 Tage höchstens geben, Melody, tut mir leid." "Okay, wie lange muss diese Szene dann bitte sein?" "About 10 minutes." Und schon waren wir wieder im englischen. Wir redeten die meiste Zeit englisch bei ihr, aber wenn es um wichtige Dinge ging oder es schnell besprochen werden musste, musste das deutsche herhalten. "Okay, let's get together in groups and start working." "Na toll, was sollen wir da bitte machen? 10 Minuten können verdammt lange sein", sagte ich verzweifelt William zugewandt. "Eine Szene aus dem Alltag,mhm, das könnte schwierig werden", grübelte William. "Ach, was du nicht sagst!", war meine spöttische Bemerkung dazu nur. Meine Nerven waren wegen der Sache mit dem Meister ohnehin schon zum zerreissen gespannt und drohten jeden Moment zu brechen. "Vielleicht sollten wir damit anfangen, wie unser Tagesablauf an sich aussieht. Willst du anfangen?", fragte er. "Was wird das? Ne Erzählstunde? Aber die Idee ist nicht schlecht", gab ich grinsend zu, "Suchen wir am besten lauter Fakten und Anhaltspunkte zusammen." "Gut, also Ladies first würde ich mal sagen" >Womit soll ich da bitte anfangen? Zu viel braucht er ja auch nicht von mir wissen. Das allgemeine BlaBla wird reichen.< "Na also Schule haben wir ja beide täglich." >wie geistreich von mir -.- < "Danach bin ich im Bob´s, die Videothek, oder eher der Multimedialaden. Da komm ich abends um 8 Uhr etwa raus, fahr nach Hause, mach mir was zu essen, Hausaufgaben und ab ins Bett. Und das unter der Woche jeden Tag." "Also von Montag bis Freitag?" "Bis Samstag. Aber da hab ich die Frühschicht." William zog verwirrt eine Augenbraue nach oben. "Also von 10 bis 15 Uhr. Dann bin ich abends aber im Prisondance . "Was ist das denn? Klingt gefährlich", grinste er verwegen. Ich musste lachen. "Nein, gefährlich ist da nichts. Das ist unser Nachtclub hier in der Stadt. Ich steh da am Wochenende hinter der Bar." "Wow, hast du überhaupt mal frei?" >Ich nehm mir nicht gerne frei, da hat man nur Zeit zum nachdenken und das versuche ich so gut es geht zu vermeiden. Nachdenken lässt einen nur erinnern. Erinnern an Dinge die zu sehr schmerzen< Aber das hätte ich nie zugegeben. "doch, ich hab Samstag Nachmittag frei und Sonntag bis 19 Uhr auch." "Wow, so viel frei? Wird dir da bei all der Zeit zum Ausruhen nicht langweilig?" spottete er sarkastisch. "Ich arbeite nunmal gerne. Bob und die anderen sind wie eine Familie für mich." "Naja, ich hab noch keinen festen Tagesablauf. Wir sind ja erst vor einer Woche hier angekommen." "Hm, das ist logisch. Hast du dann irgendwelche Gewohnheiten?" "Ich bin viel an der frischen Luft, wenn du das meinst. Die ist auf der ganzen Welt gleich. Dann fällt einen der Umzug leichter." "Kann ich gut nachvollziehen. War ich früher auch oft." "Und jetzt schaffst du das nicht mehr, was? Ist ja logisch bei dem Terminplan." "Nicht jeder hat das Glück Eltern zu haben, die das Geld verdienen gehen, während man selbst nur zur Schule zu gehen braucht!", gab ich gereizt zurück. Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. "Bitte verzeih mir. Ich habe nicht nachgedacht." "Offensichtlich!" Ein betretenes Schweigen herrschte daraufhin zwischen uns. Ich war noch immer sauer wegen seiner Bemerkung über meinen Arbeitsplan,als er das Schweigen brach. "Hast du niemanden mehr, der sich um dich kümmert?" "Doch, Bob und Karl sind immer für mich da. Oder Stephen, der Besitzer und mein Boss vom Prisondance . Die passen auf mich auf." "Meoldy, ich meinte Verwandte. Hast du da noch welche?", fragte er sachlich und mit ruhiger Stimme. Ich sah betreten und traurig zur Seite. "Nein, es gibt niemanden mehr. Nur noch mic", antwortete ich mit fester Stimme. "Hast du keine Großeltern mehr? Tanten, Onkel, irgendwen?" "Nein!" "Woher weißt du das so sicher? Sie können nicht alle gestorben sein." William klang verwundert. "Meine Eltern waren beides Einzelkinder. Daher habe ich keine Onkel und Tanten", gab ich nüchtern zurück. "Und deren Eltern? Was ist mit ihnen passiert?" "Ich schätze mal sie sind tot." Ich hasste dieses Thema. Damit hatte ich bereits als kleines Mädchen abgeschlossen. Alle behaupteten meine Großeltern seien vor meiner Geburt gestorben und damit habe ich immer gelebt. Da gab es nichts zu hinterfragen. "Du schätzt? Also weißt du es nicht sicher?" "William, was soll diese Fragerei? Wir sollten uns auf Englisch konzentrieren." Ich wollte einfach nur das Thema wechseln. "Das tun wir doch." Ich sah ihn zweifelnd an. "Wir sollten am besten alle Fakten zusammentragen und dann daraus etwas machen. Und dazu sollten wir soviel wie möglich von einander erzählen bis und etwas passendes einfällt. Findest du das nicht auch?" Für mich klang das nach einer schlechten Ausrede für seine Neugierde. >Was soll's. Spiel ich eben mit.< "Ja klingt plausibel." >Tut es nicht aber egal.< Er grinste zufrieden. "Also gut, was ist nun mit deinen Großeltern?" "Ich weiß es nicht sicher. Mir wurde immer wieder gesagt, dass die Eltern meines Vaters vor meiner Geburt bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind. Und meine Mutter ist ohne ihre Eltern aufgewachsen. Ihre Mutter starb bei ihrer Geburt woraufhin ihr Vater zur Flasche griff und 5 Jahre später am Alkohol schließlich starb." "Wie ist er gestorben? Nur durch Alkohol oder hatte er einen Unfall?" "Sowas ähnliches. Er hatte sich wie so oft in seiner Stammkneipe betrunken und ist sturzbesoffen nach Hause getorkelt. Es regnete heftig in der Nacht und als er nur noch eine Straße vom Haus entfernt war, stürzte er in einen Graben, stieß sich den Kopf und ertrank dann in dem sich angestauten Wasser am Straßenrand. Seine Leiche wurde am nächsten Tag gefunden und meine Mutter kam in ein Heim. Mit 15 Jahren lernte sie meinen Vater kennen und als sie beide Volljährig waren heirateten sie und zogen zusammen. Ein Jahr später kam ich zur Welt. Die Eltern meines Vaters sind etwa 2 Monate nach der Hochzeit meiner Eltern gestorben. Sie fuhren von einem Restaurant nach Hause, wobei sie auf einer Schnellstraße von einem entgegenkommenden LKW angefahren wurden. Der Fahrer des Lasters war kurz hinterm Steuer eingeschlafen und auf die andere Fahrbahn gekommen. Meine Großeltern starben sofort, der Fahrer des Trucks überlebte leicht verletzt." "Oh man, das ist echt eine traurige Geschichte", sagte William mitfühlend, "Sind deine Eltern auch bei einem Unfall ums Leben gekommen?" "Ja, in gewisser Weise schon", sagte ich verhalten. Ich weiß nicht, was mich dazu bewegte, aber aus irgendeinem Grund wollte ich William davon erzählen. "Sie waren auf dem Weg in ihre zweiten Flitterwochen. Es war eine Reise in die Karibik für 3 Wochen, aber sie kamen dort nie an. Das Flugzeug hatte einen Betriebsschaden und stürzte vor der Insel ins Meer. Nur 5 Menschen überlebten wie durch ein Wunder dieses Unglück. Etwa 10 Leute gelten bis heute als vermisst. Darunter auch meine Eltern", ich schluckte meine Tränen hinunter. "Warte! Heißt das, sie sind vielleicht noch am Leben?" "William, ich bitte dich. Das ganze ist 1 1/2 Jahre her. Sie sind nicht mehr am Leben." "Woher willst du das wissen?", fragte er aufgeregt. "Wenn sie noch am Leben wären, hätten sie sich doch bei mir gemeldet oder? Sie sind schließlich meine Eltern." "Vielleicht leiden sie nach dem Absturz unter Gedächtnisverlust. So etwas kommt doch häufiger vor." "Dann hätte sie doch irgendwer irgendwo gesehen und bei der Polizei gemeldet. Und die hätten mir dann was anderes gesagt, als sie an der Türe klingelten und mir die Nachricht vom Verschwinden meiner Eltern überbrachten", sagte ich mit belegter Stimme. Mir waren die Worte der Beamten in die Seele eingebrannt. Ich werde nie vergessen können, wie es an diesem nebelverhangenen Donnerstagabend bei mir an der Haustüre gegen 18:52Uhr geklingelt hatte. Ich kam gerade aus dem Bad, da ich erst um 18:30Uhr vom Training nach Hause gekommen war, als ich im Bademantel die Eingangstür öffnete und zwei Polizisten davor standen. Mir schwante nichts Gutes, als sie ihre Mützen abnahmen und mich mit ernster trauriger Miene mit "Ms Saints?" begrüßten. "Ja, die bin ich. Ist etwas passiert?" Mir gingen tausende Gedanken durch den Kopf und doch fand keiner Halt in meinem Denken. "Melody Saints? Die Tochter von Gregory und Rose Saints?, fragte der rechte Polizist noch einmal. "Ja das bin ich. Was wollen sie hier?", fragte ich nervös. "Sind ihre Eltern auf dem Weg in die Karibik mit der Airline GreatHeaven geflogen, Ms Saints?, fragte nun der linke Beamte. "Ja gut möglich, dass das Flugzeug so heißt, wieso?" Ich bekam Panik. Was war hier los? "Das Flugzeug der Linie GreatHeaven hatte einen Getriebeschaden erlitten und ist etwa 15 Meilen entfernt von der karibischen Insel St. Martin ins Meer gestürzt." Mir stockte der Atem. "Wo sind meine Eltern?", flüsterte ich, da ich Angst vor der Antwort hatte. "Wir bedauern ihnen mitteilen zu müssen, dass Beide als vermisst gelten. Sie wurden nicht bei den Trümmern der Maschine aufgefunden. 8 weitere Passagiere werden noch vermisst. 5 überlebten das Unglück. Aber die restlichen Passagiere hatten leider nicht so viel Glück", erklärte mir der rechte Polizist. "Ihre Eltern werden von der hiesigen Polizei gesucht und ihnen wird umgehend Bescheid gegeben, sobald wir etwas neues wissen, Ms Saints." Versicherte mir der linke Polizist. Ich stand völlig unter Schock. Mein Gehirn brannte durch und ich folgte meinen Instinkt. Was die Beamten von sich gaben nahm ich wie durch eine Schleierwolke undeutlich wahr. Ich nickte nur zum Abschied und als der Streifenwagen verwunden war, rannte ich an den einzigen Ort, der mir jetzt noch Halt geben konnte. Ich rannte zu Jack. Er wohnte mitten in der Stadt. Doch es war mir alles egal in dem Moment. Ich rannte Barfuß und im Bademantel die fast 3 Kilometer in die Stadt zu Jack´s Wohnung. Es war eiskalt und nass vom Nebel und als mir Jack die Tür öffnete konnte man nicht mehr zwischen den Nebelspuren und meinen Tränen unterscheiden. Er nahm mich in den Arm und führte mich in die Wohnung. Ich weinte fast 2 Stunden lang ohne Pause an seinen Hals geschmiegt. Ich brachte kein Wort heraus. Als der erste Schmerz überwunden war legte sich eine Leere über mich, die alles in Watte hüllte. Ich erzählte Jack von dem Vorfall. Seine Mum brachte mir ein paar warme Decken, eine heiße Wärmflasche und einen heißen Tee. Ich bemerkte die Kälte nicht doch meine Zähne klapperten heftig. "Ich denke du solltest die Nacht lieber hier bleiben, Meoldy", schlug Jack´s Mum vor. "Mum, denkst du etwa ich lasse sie in diesem Zustand alleine zurück in dieses Haus? Nein, sie bleibt den Rest der Woche hier"" gab Jack zur Antwort. "Jack? Ich bin müde." Ich fühlte mich unglaublich schlapp, doch hatte ich Angst die Augen zu schließen. "Ich bring dich ins Bett. Du schläfst solange hier, bis es dir besser geht, okay", beruhigte mich Jack. Ich nickte nur und wollte aufstehen, aber ich hatte keine Kraft mehr. Jack spürte das und trug mich in sein Zimmer. Er legte mich sanft auf seinem Bett ab und wickelte mich ordentlich in die Decken ein. Mein Gesicht brannte vom weinen salziger Tränen. Jack verließ das Zimmer und kam mit einem nassen Waschlappen und frischem Tee zurück. Er setzte sich auf die Bettkante und wischte mit dem Lappen die Reste der Tränen von meinem Gesicht. Die Kälte des Wassers linderte die Schmerzen und das Brennen etwas. Jack legte sich zu mir ins Bett, nahm mich in die Arme und streichelte beruhigend über meinen Rücken. Er strich die nass verklebten Haare von der Stirn und hauchte einen Kuss auf die Stelle, an der meine Strähnen festgeklebt waren. "Bitte lass es nur ein schlechter Traum sein", hauchte ich bevor ich schließlich einschlief und in einen traumlosen Schlaf verfiel. "Da hast du vielleicht Recht. Es tut mir leid das Thema angeschnitten zu haben, Melody." "Schon okay, William. Es wollten schon viele die Geschichte vor dir hören und ihnen habe ich das wesentliche auch erzählt", sagte ich mit versucht gelassen klingender Stimmte, "Trotzdem fände ich jetzt einen Themenwechsel ganz gut." Ich versuchte ihn aufmunternd anzulächeln, was neben seinem Grinsen kläglich aussah. "Okay, und was schlägst du vor?" Ich überlegte eine Weile. Mein Denken war noch mit der Vergangenheit blockiert und der drohende Nervenzusammenbruch rückte immer näher. Ich erinnerte mich wieder an all die Schmerzen und dachte nur >Was auch immer der Meister mir antun wird, nichts wird an jene Schmerzen auch nur im entferntesten herankommen.< Das machte mir wieder etwas Mut, doch bevor ich überlegen konnte, was ich William fragen könnte läutete es zu Physik. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)