Wer suchet, der findet. von haki-pata (Ob der Fund zur Suche passt ist eine andere Sache) ================================================================================ Kapitel 37: Alte Wunden und neue Sichtweisen. --------------------------------------------- Bei den Göttern! Diese… Unperson will mitfahren! Fragt nicht, sondern fordert. Und das in was für einem Ton! Kaserne ist da nichts gegen und jeder Drill-Sergeant erblasst vor Neid. „Keine Widerrede!“ keift die da. „Ich komme mit!“ Ich hätte ihn doch nach seinen Erfahrungen mit dieser Frau fragen sollen, denn Berger zeigt sich nur bedingt höflich. „Wo will die da denn sitzen? Beifahrer? Hinten? Kofferraum?“ Er grunzt bedauernd. „Leider fehlt uns ‘n Dachgepäckträger. Oder ‘ne Anhängerkupplung. Die da könnte aber auch hinterherlaufen…“ „Ich fahre! Und zwar hinter dem Lenkrad!“ verlangt die da, rote Flecken im Gesicht – der eindeutigen Ignoranz ihrer Person wegen. „Nix da!“ vereitelt mein Kollege ihren Versuch nach der Fahrertür zu langen. „Klappe halten und draußen bleiben!“ Zutiefst entrüstet schnappt diese… Unperson nach Luft. „Sie vergessen wohl, mit wem Sie reden, Detective Berger!“ „Schön wär’s.“ Berger grunzt erneut und zum ersten Mal sehe ich ihn richtig, richtig zornig. „Wenn Sie nicht so eine Speichelleckerin wären, dürften Sie nicht mal Streife laufen! Sie… Miststück, Sie!“ „Ach… Das ist es? Ja?“ Ihre Stimme schrillt schmerzhaft in meinen Ohren. „Sie, Detective – und allein Sie haben das zu verantworten.“ „Silberrücken… Halte mich zurück, oder ich…“ Seine Fäuste ballt er so fest, seine Knöchel treten weiß hervor und knacken. Jäh wirbelt er herum und steigt auf der Beifahrerseite ein, knallt die Tür hinter sich zu und stiert aus der Seitescheibe. Seine Lippen zittern, er blinzelt heftig und zieht die Nase hoch. In diesem Augenblick wird mir klar, ich kenne meinen Kollegen nicht und machte mir keine Mühe, ihn kennenzulernen. Was mich durchaus beschämt. Nur weil er mir ungefragt vor die Nase gesetzt wurde habe ich ihn von Anfang an abgelehnt und sein Leben damit nicht leichter gemacht. Heute – nach Feierabend, nehme ich mir vor, gehe ich mit Berger was trinken und ändere das. „Sie bleiben hier.“ entscheide ich energisch und könnte speien, diese… Unperson direkt angesprochen zu haben. Kaum auf dem Fahrersitz starte ich den Motor. Ehe die da eine Tür zu fassen bekommt, bin ich längst losgebraust und schnalle mich während der Fahrt an. Soll die da meckern gehen. Im Team, ja. Überall mit hinnehmen, nein. Punkt. Zu ihrer eigenen Sicherheit. So werde ich es immer begründen. Doppelpunkt. Im Rückspiegel sehe ich diese… Unperson toben und drohend den Zeigefinger heben. „Danke.“ krächzt es heiser neben mir. „Ich hätte sie… die da… keine Sekunde länger ertragen.“ Auf der Fahrt zum Northern Bay City Bureau of Investigation – das weit entfernteste Ziel auf meiner Liste – schweigen wir. Bergers Schweigen ist wie eben sein Ausbruch. Zornig. Soll ich fragen? Soll ich nicht? „Diese… Diese Frau hat meinen Partner und besten Freund auf dem Gewissen.“ sagt er plötzlich und macht meine Überlegung hinfällig. „Auf ihren Rat hin jagt das SWAT-Team los und stürmt und er steckt noch mitten in einer verdeckten Ermittlung.“ Er schnieft. „Starb im Kugelhagel. Noch vor Ort. Verreckt ist er. Elendig verreckt.“ Seine Lippen zittern mehr als vorhin, als er sie zu einem bitteren Lächeln verzieht. „Mich hat sie einfach übergangen und hinterher meine Vorgesetzten davon überzeugt, ich hätte meinen Partner nicht rechtzeitig gewarnt.“ Ein kurzer Blick in meine Richtung. „Und weißt du, was die da macht, um mir das Maul zu stopfen? Diagnostiziert mir eine Psychose an, steckt mich für ein paar Wochen in eine Klinik und sorgt anschließend dafür, dass ich danach versetzt werde!“ „Kensington-Asylum?“ erlaube ich mir die Frage. „Ja.“ „Doktor Maddern?“ „Genau.“ „Habe sie auf meiner Liste. Gute Ärztin, oder?“ „Die beste.“ Er verschränkt die Arme. „Murrays Tod hat mich mitgenommen. Noch mehr, dass mir keiner glauben wollte und diese Tussi ungestraft meinen Ruf ruiniert.“ Er schnieft wieder. „Von da an war Polizeiarbeit nicht mehr dasselbe für mich. Ich habe das alles so satt und alles kotzt mich an und…“ Er hebt die Schultern. „Irgendwie arbeite ich nur noch auf die Pension hin…“ Er piekt mir in die Seite. „Früher war ich anders, Silberrücken. Da war ich wie du.“ Danach dreht er den Kopf weg und lehnt die Stirn an die Seitenscheibe. „Bist ein guter Bulle.“ murmelt er. „Engagiert, fleißig… All das. Ein guter Bulle halt.“ Ich weiß nicht, was für eine Erwiderung er erwartet und sage, was mir durch den Kopf geht und am meisten Sorgen macht. „Artus ist ein Problem.“ meine ich leise. „Garantiert spioniert sie für den Commissioner und die Bürgermeisterin.“ „Ja. Garantiert.“ stimmt er nicht viel lauter zu – weiterhin an der Scheibe gelehnt. „Und sie fährt uns in die Parade, wo sie nur kann. Um am Ende wieder gut dazustehen.“ Den Blick stur nach draußen gerichtet grinst mein Kollege. „Infos kann sie haben. So viel wie sie will…“ Sein Grinsen wird breiter. „Wer weiß, ob es die passenden sind…“ Wenige Sekunden später verliert sich sein Grinsen und er schaut mich an. „Glaub mir, Silberrücken. Wir sind nicht die einzigen, bei denen die Artus-Tussi was im Salz liegen hat. Frag mal Bernie Christopher von der Fahrbereitschaft in Eastern Bay. Oder Lucille Nygen, die Putzfrau im dreiundsechzigsten. Artus zerstört Leben wie andere Kartenhäuser. Mit einem einzigen Fingerschnipp. “ Seine und meine Sonnenblenden heruntergeklappt lehnt er sich zurück. „Dieser Irre… Der tötet noch… Na ja… human. SCHLITZ und fertig. Die da schleicht sich ein wie Gift und bringt einen ganz langsam um.“ Ein Nicken folgt. „Wie Gift, das du nicht mehr loswirst.“ Seit einem halben Jahr ist Berger mein Partner und das war unser erstes richtiges – nahezu persönliches Gespräch. Es macht mir klar, wie sehr ich mich in ihm getäuscht habe und ich sollte mir Mühe geben, ihn schätzen zu lernen. Wie sieht’s mit euch aus, hm? Man kann den Leuten immer nur vor den Kopf gucken. Ein paar Minuten vergehen. Wieder schweigend. Ich fahre an den Straßenrand und halte. Mein Kollege war ehrlich zu mir. Eine große Beichte wird es nicht – aber ich erzähle ihm von meinen Erfahrungen und wie diese… Unperson mit mir umgegangen ist. Ich spreche von den Bankräubern und von den Geiseln. Und von siebenundzwanzig Toten. Darunter drei Kinder und eine Schwangere. Offen und ehrlich berichte ich von meinem kümmerlichen Versuch, das alles nicht an mich heranzulassen. Meinem Scheitern in dieser Hinsicht und drei Wochen nicht zur Arbeit kommen zu können. Alles soweit überwunden geht der Spießrutenlauf los und gipfelt in der Tatsache, nicht mehr Solist sein zu dürfen. Wie ich – fast mit Befremden – erkenne ist Berger ein aufmerksamer Zuhörer. Bei meiner Darstellung von Artus Vorgehensweise nickt er beipflichtend, unterbricht mich aber nicht. Meine Schilderung beendet wird es wieder still im Wagen. „Tut mir leid.“ unterbricht mein Kollege diese Stille. Die Augenbrauen zusammen gezogen mustere ich ihn und habe keine Ahnung, was er meint. „Hab mich von dir mitschleifen lassen.“ ergänzt er. „Statt dich zu unterstützen habe ich dich ausgebremst. War dir ein Klotz am Bein.“ „Hätte dich ja besser behandeln können.“ halte ich dagegen. „Hab mich dir gegenüber immer angestellt wie ein pubertierenden Teenie, der seinen Willen nicht kriegt.“ „Du bist ein Idiot!“ stellt Berger lakonisch fest und lacht. „Macht aber nichts. Ich bin auch einer!“ „Ja…“ Ich kann gar nicht anders und stimme in das Gelächter mit ein. „Idioten. Alle beide.“ Mein Kollege boxt mich gegen die Schulter und streckt mir die rechte Hand hin. „Gegen alle Irren und Verbrecher und die Artus-Tussi. Partner?“ Da gibt es nur eins zu tun. Das Vernünftigste auf dieser Welt. Ich ergreife seine Hand und drücke sie. „Partner!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)