Duskguine Shortstorys (Skulduggery Pleasant) von Meiri ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Gewitternachts Asyl Sanguine hatte an diesem Abend frei bekommen. Man hatte ihm nicht gesagt warum und es hatte ihn auch nicht genug interessiert um nach zu fragen. Aber fest stand, dass er diesen Abend für sich haben würde. Endlich mal wieder. Sein letzter freier Abend war schon ein Weilchen her gewesen. Er arbeitete zwar nicht erst seit gestern für den Baron, aber so viel wie in den letzten zwei Wochen hatte er selten erledigen müssen. Er hatte sich aufgerafft um ein Sixpack und einen Film aus der Videothek zu organisieren. Als er los gegangen war hingen die dunklen Wolken bereits am Himmel. Dicht an dicht. Bereit jeden Moment einen Platzregen über dem ganzen Areal auszuschütten, was sie dann auch ziemlich bald taten. Die untere Hälfte seiner Hosenbeine hatte sich noch auf dem Hinweg mit Wasser vollgesogen, als der Blonde durch den Regen watete. Es hatte letzen Endes länger gedauert als erwartet. Er hatte spontan noch beschlossen Chips und Kekse einzukaufen. Da er sowieso schon angenässt war, machte es ihm nichts aus noch diesen Extraweg zu machen. Und die Kekse aus dem Supermarkt in der Innenstadt waren es alle Mal wert. In der Videothek hatte er noch ein kleines Pläuschchen mit der Kassiererin gehalten, bevor er seinen großen, schwarzen Regenschirm aufgespannt hatte und wieder ins abendliche Dämmerlicht verschwunden war. Das Unwetter hatte sich bereits wieder etwas gelegt als er wieder an seinem Wohnhaus ankam. Er sah die schwarze Gestalt schon von Weitem und hatte so im Gefühl, dass er seine selbst gesetzte Ausleihfrist von einem tag überziehen würde. Da stand er nun. Direkt auf dem Bürgersteig gegenüber von dem Haus in dem Sanguine wohnte. Er hatte keinen Schirm dabei oder eine Regenjacke an. Alles was ihn ein wenig vor dem Regen schützte war der selbe schmucklose Mantel den er immer trug. Wie angewurzelt stand er da und schaute zu dem Wohnungsfenster hinauf. Sanguine hielt seinen Regenschirm über ihn als er sich neben ihn stellte. „Du wolltest doch wohl nicht etwa zu mir?“ Dusk erschrak nicht als der Texaner neben ihm anfing zu reden,obwohl er sich tief im Innersten ein wenig genierte bei dem was er gerade tat ertappt worden zu sein. Eigentlich hatte er auch gerade wieder gehen wollen als Sanguine nach Hause kam. Er drehte sich zu ihm um. Seine Lippe hatte noch nicht aufgehört zu bluten. Das Blut hatte sich mit dem Regenwasser vermischt und lief nun derart verdünnt sein Kinnhinunter. Auch die blauen Flecken, die dabei waren sich an seinem Hals deutlich zu machen, konnte man unter dem nur sporadisch geschlossenen Mantelkragen gut erkennen. Sanguine waren die zusätzlichen Verlätzungen seines blassen Kollegen gerade in den letzten Tage vermehrt aufgefallen. Genau genommen schon viel früher. Aber er hatte dem nie so wirklich Beachtung geschenkt. Schließlich war auch die Arbeit des Schwarzhaarigen nicht unbedingt immer ungefährlich. Aber Sanguine bekam mit der Zeit immer mehr einen etwas unschönen Verdacht woher diese Verletzungen kamen. Nicht zuletzt weil ihm erst am Vortag Dusks aufgescheuerte Handgelenke ins nicht mehr vorhandene Auge gesprungen waren. Er wollte sich eigentlich auch gar nicht großartig damit auseinander setzen. Der Blondschopf hoffte einfach zu viele komische Filme gesehen zu haben und das er sich irrte. Sein Gegenüber antwortete ihm nicht. Er sah ihn nur lange an. Dusk sah müde und erschöpft aus. Schon fast Mitleid erregend. Sie waren zwar nicht gerade befreundet, aber irgendwie brachte Sanguine es auch nicht über sich ihn einfach stehn zu lassen. Er ging über die Straße und als Dusk ihm nicht sofort folgte hielt er an, drehte sich um und wartete bis der dezent Kleinere sich in seine Richtung bewegte. Oben in seiner Wohnung warf Sanguine ihm ein Handtuch über den Kopf. Immer noch schweigsam fing Dusk an sich ein wenig abzutrocknen. Er saß dabei auf einem Hocker, der zu einem Sessel gehörte und sah aus wie ein Paket auf dessen Ankunft niemand gewartet hatte. Er fühlte sich auch irgendwie fehl am Platz. Schon als er völlig außer Atem vor dem Mietshaus angekommen war konnte er sich nicht mehr dran erinnern was genau ihn dazu geritten hatte sich ausgerechnet zu Sanguine zu flüchten. Der Blonde saß, in einem gewissen Abstand, in einem gegenüberliegenden Sessel uns sah an seinem unangekündigten Besuch herunter. Als der Baron mit ihm fertig war hatte er sich nicht viel Zeit gelassen um die Knöpfe des knielangen Mantels ordentlich zu zuknöpfen. Hier war einer ausgelassen worden, dort ging einer schon fast wieder auf. Und an sich war die ganze Sache schief. Der Amerikaner beobachtete ihn eine Weile. „Willst du dir ‘n paar trockene Sachen leihen?“ Dieses Angebot entstand eigentlich eher aus dem Eigennutz heraus, das ihm der Andere nicht den ganzen Teppich volltropfte. Dusk stand auf und gab Sanguine das Handtuch in die Hand. „Ich hätte nicht herkommen sollen.“ „Jetzt bist du aber hier,“ argumentierte Sanguine. „Vergiss einfach das ich da war,“ meinte Dusk im Gehen zu ihm. Sanguine sprang erst auf als er ein dumpfes Aufprallgeräusch an der Wohnungstür gehört hatte. Er ging in den Flur und fand seinen Besucher zusammengekauert, mit dem Kopf nach vorne, an die Tür gelehnt vor. Die Erschöpfung hatte ihren Tribut gezollt und den Vampir von den Füßen geholt. „Sieht so aus als würdest du heute nirgendwo mehr hingehen.“ Sanguine kniete sich zu ihm runter. Dusk hielt sich den Unterleib. Auf dem ganzen Weg hierher bis gerade eben war es ihm gelungen den stechenden Schmerz größtenteils auszublenden. Aber nun waren die Krämpfe doch schon fast unerträglich geworden. Sie saßen eine Zeit lang einfach nur da. Dann half Sanguine ihm wieder hoch und brachte ihn zum Sofa. In einem abrupten und unvorhergesehenen Gefühlsausbruch, welche wirklich nur äußerst selten vorkamen, schlug Dusk die Hand des Amerikaners beiseite, als dieser seinen Mantel aufknöpfen wollte. Unter normalen Umständen wäre es ihm egal gewesen. Aber er wollte nicht, dass die Vermutung des Blonden durch die blutigen Flecken in seiner Wäsche zur Gewissheit wurde. Aber Sanguine wusste bereits Bescheid. Er ließ ihn sich aufs Sofa legen, mit der Hand noch immer den Schmerz abklemmend. Der Texaner wusste nicht recht was er tun sollte, jetzt wo er über die Situation im Bilde war. Er konnte Dusk ja schlecht ein Arbeitsverbot erteilen. Mal davon abgesehen, dass sich der Schwarzhaarige nicht daran halten würde. Schon morgen würde alles so sein wie immer. Ohne das sich etwas geändert oder verbessert hätte. Alles was Sanguine tun konnte war die Zeit bis dahin etwas angenehmer zu gestalten. Draußen prasselte noch immer der Regen an die Fensterscheiben. Sein Blick wanderte zu den Einkaufstüten, die er an der Wohnzimmertür hatte stehen lassen, dann wieder zu Dusk. „Magst du Kekse?“ Kapitel 2: Des einen Leid ist des anderen Hagebuttentee ------------------------------------------------------- Endlich wagte er es aufzusehen. Seit ungewisser Zeit hatte er den Drang auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand zu sehen, in der Befürchtung nur festzustellen, dass kaum Zeit vergangen war. Diese Befürchtung bestätigte sich nun zu seinem Bedauern. Es war noch keine zwei Stunden her, das Vengeous das alte Haus, in dem sie sich befanden, verlassen hatte, als er wieder dieses dumpfe Stöhnen neben sich vernahm. Sein Blick wanderte wieder zu dem Bett, neben dem er saß und er bekam gerade noch mit, wie sich der Blonde, der darin lag, erneut herum drehte. „Pass auf, das er uns nicht weg stirbt,“ hatte der Baron zu ihm gemeint, bevor er aufgebrochen war. Als ob man an einer Erkältung sterben könnte. Nun ja, an einer Erkältung vielleicht nicht, aber die Schnittwunden an seinem Bauch und Bein waren durch aus etwas Besorgnis erregend und gutes Personal wächst nun mal leider nicht an Bäumen. Obwohl man darüber streiten könnte, ob man jemanden als gutes Personal bezeichnen möchte, der sich erst von ein paar Sensenträgern erwischen lässt, es nicht schafft unverletzt zu entkommen und dann auch noch auf der Flucht in das erst beste Gewässer fällt, das er finden konnte. Dusk entwich ein flüchtiger Seufzer, als er darüber nachdachte. Nach dem ihm der Auftrag erteilt wurde nach Sanguine zu sehen, hatte er beschlossen einfach auf dem Stuhl neben dem Bett sitzen zu bleiben und auszuharren bis seine Aufsichtszeit vorbei war. Die Tatsache, dass der Texaner in einen Dornröschenschlaf gefallen war, unterstützte diesen Plan nur auf die aller angenehmste Weise und der Schwarzhaarige hoffte, dass er es vorziehen würde auch so bald nicht wieder aufzuwachen. Das stätige Ticken der Wanduhr war das einzige Geräusch, dass das Zimmer erfüllte, begleitet von gelegentlichen Klagelauten. Nicht mal wenn er schlief konnte diese Nervensäge still sein, ging es dem Vampir durch den Kopf, als er es wagte sich auf dem unbequemen Stuhl zu bewegen. Lustlos stützte er das Kinn auf die Handfläche. Es gibt dieses Phänomen, das die Zeit einfach nicht vergehen will, sobald man auf etwas wartet.Wie lange würde Vengeous wohl weg bleiben?Drei Stunden?Vielleicht länger? Was wenn er an diesem Tag überhaupt nicht mehr zurück käme? Dieser Gedanke kam reichlich spät, aber er kam. Solange wollte Dusk dann doch nicht hier rum sitzen und er änderte kurzfristig seinen Plan. Es würde jawohl auch reichen von Zeit zu Zeit mal zu überprüfen, ob die schwächelnde Aushilfskraft noch nicht den Löffel abgegeben hatte. Aber als sich der Blasse gerade zum gehen aufraffen wollte, fragte eine heisere Stimme neben ihm, „Wo soll’s denn so plötzlich hin gehen?“ Dusk hielt die Luft an. Wieso musste der Blonde ausgerechnet jetzt seine Augenlieder aufschlagen und die seit vielen Jahren leer stehenden Augenhöhlen freilegen. Hätte er auch nur einen Funken Anstand im Leib, hätte er einfach durchgeschlafen, aber nicht mal das war dem angefrusteten Babysitter vergönnt. Genau das war er, was er in diesem Moment war. Ein Babysitter. Was für ein Abstieg auf der Karriereleiter! Ganz langsam wand er den Kopf in die Richtung aus der die Stimme kam und bedachte das Häufchen Elend, das dort lag, mit einem kalten Blick. „Nirgends, “ war die knappe Antwort. Sanguine rang sich ein schwaches Lächeln ab, “ Das passt sich ja prima. Dann kannst du mir ja das Kissen aufschütteln.“ Kaum merklich machte eine der Augenbrauen des Degradierten eine Bewegung nach oben in eine Skepsis andeutende Haltung. „Wieso sollte ich das tun?“ „Weil Vengeous gesagt hat, du sollst nach mir sehen“, begann Sanguine nun wieder unbeirrt, was beinahe unter einigem husten untergegangen wäre. „Es wäre doch zu dumm, wenn ich ihm erzählen müsste, dass du mich hier, einsam und leidend, zurück gelassen hast.“ Eine Sekunde. Nur für einen winzigen Augenaufschlag lang war Dusk in Versuchung gewesen dieses miese Stück von diesem schlimmen Leid, das hier zur Ansprache kam, zu befreien. Aber wie hätte er das erklären sollen? Notschlachtung aus frommer Barmherzigkeit? Das letzte bisschen was noch übrig geblieben war und zu hundert Prozent von menschlicher Natur? Da das leider nicht in Frage kam, so sehr ihm auch der Wunsch danach stand, musste Dusk , nach dem er abgewägt hatte, wem der Baron wohl eher Glauben schenken würde,(was in einer Patsituation endete, )sich doch folgendes eingestehen: So wie sich der Sachverhalt dalegte, hatte ihn dieser schmierige, kleine Erpresser in der Hand. Ohne noch etwas zu quittieren beugte sich der Schwarzhaarigezu ihm runter, um in einer staksigen Bewegung, wie ein Roboter dessen Batterie auf dem Tiefpunkt stand, nach dem platt gelegenen Kissen zu greifen. Unter einem Stöhnen, einem von vielen, richtete sich Sanguine mühsam auf, damit sein neu erworbenes Dienstmädchen seine Arbeit verrichten konnte. Dabei erinnerte er sehr an einen alten Mann, der den Rheuma in jedem seiner Gelenke spürte und so ähnlich fühlte sich der Amerikaner auch. Wiederwillig schüttelte Dusk diesen baumwollenen Klumpen auf, der zum Symbol seiner Niederlage werden würde und richtete sich dann wieder zum vollen Stand auf, darauf bedacht, den letzten kleinen Fetzen seiner Würde zu bewahren, der immer mehr zusammenzuschrumpfen drohte. Als er wortlos das Zimmer verließ wurde ihm im Türrahmen noch hinterher gekrächzt, „Mach mir einen Tee.“ Kein unterschwelliges Dankeschön für diese Herablassung seiner Selbst. Nicht der leiseste Anflug einer demütigen Bitte. Einfach nur: Mach mir einen Tee. Egal wie weit der Texaner dieses Spielchen noch treiben würde und wenn das schon das ganze Ausmaß seiner Grausamkeiten gewesen sein sollte, was leider Gottes sehr unwahrscheinlich war, dafür würde er noch bluten sobald es kein Risiko mehr gab von Vengeous gescholten zu werden. Das war totsicher. Das kraftlose Husten in seinem Rücken ignorierend, machte sich Dusk auf den Weg in die Küche. Die Tür ließ er in weiser Voraussicht offen. Schnell hatte er den Standort des Wasserkochers ausgemacht und während das Wasser darin zu brodeln begann, durchsuchte er einen Hängeschrank nach Teebeuteln. Der Schrank war so vollgestopft, dass er erst mühsam einen Topf, einige Teller und einen Stapel Verpackungen heraus räumen musste, bevor er endlich in der hintersten Ecke die gesuchten Teebeutel fand. Ein geschickter Handgriff öffnete die Papp-Box und zwei vereinzelte Teebeutelchen der Sorte Hagebutte kamen zum Vorschein. Nach dieser Prozedur war das Wasser auch schon fertig erhitzt und der Wasserkocher hatte sich selbst mit einem Klacken ausgestellt. Nach dem Dusk auch die Tassen gefunden hatte, die von Unterschlupf zu Unterschlupf immer wo anders aufbewahrt wurden, genau wie alles andere auch, nahm er eine davon und die dazugehörige Kanne aus Unterschrank und positionierte einen der verbliebenen Teebeutel in letzterer. Über der Spüle kippte er das Wasser aus dem Wasserkocher hinein, aus dessen Tülle Wasserdampf aufstieg. Nebenbei begann er bereits sich auszumalen wie er sich wohl an seinem geschätzten Kollegen rächen würde. Durch die innigen Gedanken an Blut und abgerissene Körperteile unachtsam geworden, verfehlte etwas von dem kochenden Wasser die Teekanne und lief dem Vampir über die Hand. Vor Schreck hätte dieser die Kanne beinahe losgelassen, aber es gelang ihm größeren Schaden am Geschirr zu verhindern. Die Wundversorgung äußerte sich nur in einem Strahl warmen Wassers aus dem Wasserhahn. Dusk wusste es würd eine Brandblase entstehen, wenn er seine Hand mit kaltem Wasser kühlte und sollte eben diese Brandblase dem Blonden auch nur flüchtig ins leere Auge fallen, dürfte er sich wohl für den Rest seines Lebens anhören, dass er zu blöd sei um Tee zu kochen. Nach Abschluss der Vorsorgemaßnahmen bezüglich der Brandblase, fanden sich Teetasse und Kanne auf einem Tablett ein, so das Dusk es mühelos wieder mit zurück nehmen konnte. Sanguine hatte sich mittlerweile wieder in das zerwühlte Bettzeug eingewickelt und wartete ungeduldig auf die Rückkehr des Anderen. Als dieser endlich wieder im Zimmer stand, machte er eine Bemerkung darüber, das dieses Bisschen Tee machen eine halbe ewigkeit gedauert habe und hörte sich dabei so an, als wäre er felsenfest davon überzeugt jeden Moment sein Leben auszuhauchen. Dusk zog sich ein kleines Tischchen rann, das neben der Tür stand und stellte das Tablett darauf ab. Über die Verbrennung hatte er den Ärmel seines Pullovers gezogen, der eben so schwarz war, wie seine übrige Garderobe. Mit vor schwäche zitternder Hand nahm sich Sanguine die Tasse, in der bereits etwas von dem rötlichen Tee war und nippte daran. Er verzog das Gesicht und sah seinen Gegenüber entsetzt an, „Ist das etwa Hagebutte?“ Dusk nickte stumm. “Igitt!“, war die ebenso kurze Antwort darauf. „Anderen gab es nicht,“ erklärte sich der Blasse,“ Trink ihn oder lass es.“ Mit diesen Worten rauschte er zurück in die Küche um den Hängeschrank wieder einzuräumen. Sanguine sah ihm kurz nach, schenkte dann der Tasse einen vom Ekel gezeichneten Blick, stellte sie wieder auf das Tablett und rollte sich dann wieder vollends in die Bettdecke ein. Sein Kopf dröhnte, als hätte ihn eine Elefantenherde als Zebrastreifen benutzt, sein Hals war trocken und kratzig und die Wunden, die er sich bei seinem letzten Job zugezogen Hatte, taten noch mehr weh als sein Kopf. Schlimmer konnte es eigentlich nicht mehr werden. Das hatte er zumindest gedacht, kurz bevor Vengeous dieses apathische, herzlose Subjekt zu seiner persönlichen Krankenschwester ernannt hatte. Wenigstens hatte die Sache auch einen guten Aspekt. Denn sobald würde sich wohl nicht wieder die Gelegenheit auftun, sich von dem Vampir von vorne bis hinten bedienen zu lassen, ohne das dieser etwas dagegen sagen könnte. Also würde der Amerikaner die Lage noch bis zum letzten auskosten. Leise zuerst über sein Kopfweh, dann über sein Halsweh jammernd, überlegte er angestrengt, was er den Schwarzhaarigen noch alles tun lassen wollte. Während Dusk die Küche aufräumte, hörte er immer wieder das wehleidige Husten und Wimmern aus dem anderen Zimmer. Er verdrehte die Augen und fragte sich in Gedanken, wie man sich bloß so anstellen konnte, erst recht wenn man im gesunden Zustand so eine große Klappe hatte. Eigentlich hatte er ja nur den Kram, der die Sicht auf die Teebeutel versperrt hatte, wieder zurück an seinen Platz stellen wollen. Aber als er damit fertig war, drängte sich seinem umschweifenden Blick ein Stapel Teller auf, den der scheinbar im Sterben liegende Blonde liebevoll in aller Unbekümmertheit über die letzte Woche angesammelt hatte. Und da man in spätestens einer weiteren Woche sowieso wieder ihn fragen würde, warum das keiner weggestellt hatte, begann er von sich aus in gemütlicher Manier den Geschirrspüler damit zu befüllen. Babysitter. Ha! Der Karriereabstieg hatte bereits begonnen als er zu Vengeous Mädchen für alles wurde und aus dieser Rolle nicht mehr raus kam. Mal davon abgesehen, das es die Sache nicht gerade leichter machte, wenn man auch noch seiner Kollegschaft ständig den Arsch hinterher tragen musste. Der Tellerturm war nur ein Beispiel von vielen. Manchmal hegte Dusk die vage Vermutung Sanguine mache das mit Absicht, einfach aus einem gehässigen Vergnügen heraus. Er warf einen flüchtigen, bösen Blick in die Richtung der offenstehenden Tür und schlenderte dann nach getaner Arbeit durch die Tür auf der anderen Seite der Küche, in ein Zimmer in dem einSofa und zwei Sessel standen, das man fast als Wohnzimmer hätte bezeichnen wollen. Er hatte es selbst noch nicht so wirklich realisiert, aber er war ziemlich müde. Was auch nicht verwunderlich war, da sich seine Schlafenszeit, auf Grund seines eigenen Auftrags, in der letzten Nacht sehr in Grenzen gehalten hatte. Gemächlich ließ er sich in einem der Sessel nieder und atmete durch. Endlich etwas Ruhe. Hoffentlich würde es so bleiben. Nur ein paar Gedanken verschwendete er noch an seinen Unmut über die Situation, bevor er ganz allmählich weg zu dösen begann. Als er seine Augen das nächste Mal aufschlug, wusste er nicht wie viel Zeit inzwischen vergangen war. Es dauerte auch einige Sekunden, bis er die Stimme registrierte, die kläglich nach ihm jammerte. „Vamp! Hey, Vaaaamp! Wo zum Teufel steckst du!?“, drang es aus dem kleinen Zimmer quer durch die Küche an das Ohr des soeben Erwachten. Er atnete schwer aus, bevor er sich aus dem Sessel raus hievte und fragte sich auf dem Weg durch die Küche was der Blonde jetzt schon wieder wollte. „Was ist denn?“, versetzte er in genervtem Ton als er erneut das Zimmer betrat. Sanguine hatte sich keinen Zentimeter aus dem Bett bewegt. Er lag immer noch da, schwer atmend, der sonst so dunkle Teint von einer ungewohnten Blässe vertrieben. Schwerfällig hob er den Blick und eben so schwerfällig schob er das Bettdeck bei Seite und legte damit die überschaubare Blutlache frei, die gerade dabei war, sich durch das ehemals frische Bettlaken zu fressen. „Ich fürchte wir haben ein Problem“, meinte er Tonlos. „Ich fürchte du hast ein Problem“, berichtigte ihn Dusk in Gedanken, ohne diese Bemerkung jemals ausgesprochen zu haben. Jedenfalls verbrachte er nicht mehr als drei Sekunden damit die wieder aufgegangene Wunde am Bauch des Kranken zu mustern, bevor er wortlos das Verbandszeug von einem der Tische in dem Raum nahm, welches er nicht unbedingt bereit gestellt, sondern eher vergessen hatte. Er schwang die Decke bei Seite und half Sanguine sich aufzusetzen, während dieser ihm praktisch ins Ohr hustete. Ihn zum sitzenbleiben zu ermahnen sparte er aus, da er es für unnötig hielt das nochmal extra zu betonen. Auch wenn Sanguine das aufrechtsitzen schwer viel. Dusk zog ihm das Hemd mit dem Blutfleck auf Magenhöhe aus und entfernte den alten Verband. Kurz die Ärmel zur Arbeit hoch gekrempelt griff er wieder nach dem Verbandskasten, säuberte die Wunde und legte einen neuen Verband an. All das ganz ohne zu murren oder sich über die unliebsame Notwendigkeit zu beschweren. „Du musst aufstehn, damit ich das Laken wechseln kann“, sagte er nach vollbrachter Tat um den Patienten schon mal darauf einzustimmen. Der Schwarzhaarige legte sich den Arm des Augenlosen um den Hals und half ihm auf den Stuhl neben dem Bett, um dann mit schnellem Handgriff das alte Bettlaken abzuziehen und das neue Bettlaken über dem Bett auszubreiten. Als auch das erledigt war, half er dem Amerikaner zurück auf das Bett. Dieser wunderte sich etwas über die beinahe zärtliche Behandlung die ihm zu Teil wurde. Wenn ‚zärtlich‘ auch ein sehr gewagter Ausdruck dafür sein mochte. Aber in Anbetracht dessen, das er sich in seinen vorangegangenen Forderungen nicht gerade von seiner besten Seite gezeigt hatte, war Dusk doch unerwartet sanftmütig mit ihm umgesprungen. Sanguine war wirklich froh wieder liegen zu können, als er die Augen schloss. Von der Wunde unter dem Verband ging ein höllisches Brennen aus, das sich durch seine ganze Bauchgegend zog und von den Kopfschmerzen war ihm immer noch schwindelig. Seine Schnappatmung wurde nur hier und da von seinem Husten unterbrochen. Er würde wahrscheinlich nie wieder den Fehler machen einen Job so achtlos zu unterschätzen. Denn egal wie spaßig es auch war den Blassen rumzukommandieren, die Blöße die er sich dabei teilweise gab war alles andere als spaßig. Plötzlich fühlte er etwas kaltes auf seiner Stirn und öffnete die Augen um die Quelle dieses abrupten Klimawechsels zu finden. Als er den Kopf wieder leicht zur Seite drehte sah er das Dusk sich wieder auf dem Stuhl niedergelassen hatte. Neben dem Vampir, auf dem Tisch auf dem sich auch der inzwischen kalte Tee befand, stand eine Wasserschüssel. Also schlussfolgerte Sanguine das wohl ein Lappen auf seiner Stirn liegen musste. Er hatte bisher nicht mal über die Möglichkeit eines Fiebers nachgedacht, obwohl sich seine Gedanken um vielerlei ähnliches gekreist hatten. Der Lappen auf der Stirn war wirklich eine Wohltat. Dusk sagte kein Wort und schaute gelangweilt geradeaus, das Kinn wie zu Beginn auf die Handfläche gestützt. Da viel Sanguine eine Rötung an eben jener Hand auf. Er sah sowas nicht zum ersten Mal und konnte sie sofort zuordnen. „Hast du dich verbrannt?“, fragte er heiser. Der Schwarzhaarige fuhr zusammen, blickte auf seine Hand hinab und stellte fest, dass er vergessen hatte die Ärmel wieder herunter zu krempeln. Hastig holte er dies nach, sprang von seinem Platz auf und stürmte praktisch aus dem Zimmer. „Ach, quatsch!“, rief er im gehen aus, was nicht sehr überzeugend wirkte. Vorausgesetzt Vampire waren in der Lage dazu rot zu werden, so hätte Sanguine schwören können, dass seinem Pfleger gerade das Blut, in aller putzigster Verlegenheit, in die Wangen geschossen war. Nach dem er sich einen Augenblick darüber amüsiert hatte linste er zu dem Tablett mit der Teekanne rüber. Er hebelte sich mit den Armen in eine Position die der Aufrechten etwas mehr entsprach, griff bedächtig nach der Tasse und trank einen Schluck daraus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)