Zwischenwelten von Arle (-Sidestory X ~ Veleno-) ================================================================================ Kapitel 11: ------------ Beginn: 10.05.2011 Ende: 12.05.2011 Kapitel 11 Ich hörte ihn schon, lange bevor sein Ruf durch die Flure meines Hauses hallte. Es war müßig zu bemerken, dass er aufgebracht war. Die Lautstärke, mit der er die Türen aufriss und wieder zuwarf, sprach für sich. Es war interessant, dass er sich inzwischen so heimisch zu fühlen schien, dass er meinte, ein solches Verhalten an den Tag legen zu dürfen. „Veleno!“ Also wirklich, jetzt wurde er aber unhöflich. Ich ließ ihm ja wirklich einiges durchgehen, aber ein wenig mehr Respekt durfte ich doch wohl erwarten. Ich lehnte mich gemütlich in meinem Sessel zurück und blätterte entspannt in der Zeitung. Zugegeben, ich war neugierig was es war, das ihn derart aufgewühlt hatte, dass er wie ein eifersüchtiger Liebhaber ins Haus stürzte. Unwillkürlich wanderten meine Mundwinkel nach oben. Noël als eifersüchtiger Liebhaber. Ein unterhaltsamer und nicht weniger absurder Gedanke. Eher noch hätte er sich über die Innenausstattung der Räumlichkeiten echauffiert, als dass er sich dafür interessierte, was ich wann, wo und vor allem mit wem tat - dessen war ich mir sicher. „Veleno!“ Ich antwortete nicht und sah auch keinen Grund ihm entgegenzugehen. Ich war im Allgemeinen nicht besonders nachtragend, aber immerhin hatte ich es ihm und seinen Jagdgefährten zu verdanken, dass eine eigentlich angenehme Nacht eine äußerst unerfreuliche Wendung genommen hatte. Es hätte also vielmehr mir zugestanden, lautstark durch das Haus zu toben. Und nur, weil ich es nicht tat, hieß das nicht, dass er es für mich übernehmen sollte. „Veleno!?“ Er riss die Tür auf, als ginge es darum ein tonnenschweres Gewicht zu stemmen. „Meister Veleno, wenn ich bitten darf“, erwiderte ich, schlug die Beine übereinander und dachte gar nicht daran, von meiner Zeitung aufzusehen. „Warum habt Ihr nicht geantwortet?“, fragte er atemlos. Ein Zustand, den ich durchaus bemerkenswert fand. Die meisten Vampire die ich persönlich kannte gehörten dem Adel an oder bekleideten einen nicht minder bedeutenden Rang. Daher vermieden sie – zumindest im Allgemeinen – Bewegungen, die sie möglicherweise in Atemnot bringen konnten. Selbst im Bett, wie man mir einmal unnötigerweise mitgeteilt hatte. Der Anblick hatte also durchaus etwas für sich, zumal es Noël eine zusätzliche menschliche Note verlieh. „Hätte ich das tun sollen?“, fragte ich und blätterte möglichst beiläufig weiter. Es reizte mich ihn anzusehen und vielleicht einen Hauch jenes lebendigen Rotes zu erhaschen, den die Eile so oft auf die Wangen der Menschen zauberte. Doch ich war, entgegen all meiner sonstigen Gewohnheiten, zum Streiten aufgelegt. Schweigen. Offenbar hatte er es bemerkt. Das Training der Jäger zeigte also Wirkung. „Nun“, bemerkte ich schließlich, wenn auch nicht ganz so distanziert wie ich gewollt hatte, „was führt dich zu mir?“ Anscheinend hatte ihm diese für mich ganz und gar untypische Reaktion den Wind aus den Segeln genommen, zumindest aber die Sprache verschlagen. Doch anstatt mir gegenüber Platz zu nehmen, begann er wie ein Tiger im Käfig langsam seine Kreise zu ziehen. „Was habt Ihr in dieser Nacht dort gemacht?“ Er war offensichtlich nicht der Typ für lange Vorreden. Eine Eigenschaft, die für die Unsterblichen nicht unbedingt kennzeichnend war. Wenn man die Ewigkeit sein Eigen nennen durfte, hatte man Zeit, was immer man zu sagen wünschte, in Worte zu kleiden, die dem angemessen waren. Ich war versucht mich dumm zu stellen und vorzugeben nicht zu verstehen wovon er sprach, unterließ es dann aber doch. Schließlich gab es auch für mich ein paar Dinge, die ich zur Sprache bringen wollte. „War das nicht offensichtlich?“ Ich blitzte ihn über den Rand der Zeitung hinweg herausfordernd an. „So genau und ausdauernd, wie ihr dabei zugesehen habt?“ Der Blick hatte sich gelohnt. Erst sah er völlig verblüfft drein, dann überzog eine feine Röte sein Gesicht. Sieh an, sieh an, dachte ich und registrierte ebenso beruhigt wie zufrieden, dass der junge Vampir durchaus ein intaktes Bewusstsein dafür zu besitzen schien, was Recht und Anstand bedeuteten. Eine ausgesprochen angenehme Erkenntnis und – ganz nebenbei – ein wirklich schöner Anblick. „Unser Späher hatte sich zu weit vorgewagt“, erwiderte er zerknirscht und mied dabei meinen Blick. Offensichtlich behagte diese Erklärung auch ihm selbst nicht. Ich nahm daher an, dass er zu den Mitgliedern der Gruppe gehört hatte, die lieber eingegriffen hätten, anstatt abzuwarten was geschehen würde. „Er ist die wichtigste Person in eurer Gemeinschaft, nicht wahr?“ Ich gab vor wieder in meiner Zeitung zu lesen. „Ja“, antwortete er gedehnt, „in allen Jägergemeinschaften.“ „Ich hörte, sie werden sehr oft Opfer von Dämonen.“ Er verstand offenbar nicht worauf ich hinauswollte, wagte es angesichts meiner Stimmung aber auch nicht nachzufragen. Es war, als hätten wir die Rollen getauscht. Zum ersten Mal seit wir uns begegnet waren, schien tatsächlich er derjenige zu sein, der meine Gedanken zu ergründen suchte um entscheiden zu können, was er in dieser Situation sagen durfte und was er besser für sich behielt. „Außerdem waren Menschen in der Nähe“, erwiderte er schließlich, ohne auf meine Bemerkung einzugehen. Ich nahm an, dass der Anführer der Gruppe ihm das gesagt hatte – und natürlich hatte er recht. Je mehr Menschen Zeugen eine Dämonenjagd und der Beseitigung jener Kreaturen wurden, desto problematischer gestaltete sich das Unterfangen. Es war immer leichter etwas, das es eigentlich nicht geben durfte, zu erklären, wenn es nur von einer einzigen Person bemerkt worden war. Man konnte ihre Erinnerung beeinflussen, ihr Sinnestäuschung oder Wahnvorstellungen unterstellen. Das war bei größeren Menschenansammlungen durchaus schwieriger. Abgesehen davon konnten Dämonen inmitten einer belebten Stadt selbstverständlich wesentlich mehr Schaden anrichten, als es anderswo der Fall war. Und letztlich galt die Jagd, neben dem Schutz der Vampire, vor allem dem der Menschen. Kein Vampir teilte seine Nahrung gern – schon gar nicht mit Wesen einer anderen Art. „Da hast du natürlich recht“, erwiderte ich und faltete die Zeitung zusammen, was er mit einer Mischung aus Erleichterung und Sorge registrierte. „Und in diesem Fall kann man schon mal das eine oder andere Opfer bringen, nicht wahr?“ Ich lächelte, doch seinem Gesichtsausdruck nach hätte ich ihm genauso gut drohen können. Denn er sah, dass das Lächeln meiner Lippen ein anderes war als das meiner Augen. „Wart Ihr denn in Gefahr?“ Ich hatte das Spiel eigentlich noch ein wenig weiter treiben wollen, doch nun konnte ich nicht anders, als ihn erstaunt anzusehen. Denn in seinem Gesicht erkannte ich etwas, das ich niemals für möglich gehalten hätte – Sorge. Und mehr noch, eine Sorge die mir galt. Und damit nahm er mir den Wind aus den Segeln. Auf eine natürliche und unglaublich liebenswerte Art und Weise. Ich seufzte schwer und schüttelte fassungslos den Kopf. „Nein, aber ich bin erstaunt, dass euer Anführer das angemessen beurteilen konnte. Ich bin durchaus in der Lage, mich gegen Angreifer zur Wehr zu setzen, aber zu diesem Zeitpunkt war ich recht blutleer, wenn man es so ausdrücken möchte. Und eigentlich ist es eure Aufgabe, die Dämonen zu beseitigen. Ganz gleich, wer von ihnen heimgesucht wird und wie gut er in der Lage ist sich zu verteidigen.“ Er schwieg eine Weile, nachdenklich und wie mir schien ehrlich betroffen. Wie ein Kind, das gerade eine Predigt von seinen Eltern hatte hören müssen. „Werden alle Adligen so leicht mit Dämonen fertig?“ Der Trotz und ein Anflug von Bissigkeit in seiner Stimme ließen keinen Zweifel aufkommen, ob es nicht vielleicht doch ein Kompliment gewesen sein könnte. Dennoch beruhigte es mich mehr, als dass es mich ärgerte. Alles andere war einfach nicht er selbst. „Nun“, erwiderte ich und legte bedächtig die Fingerspitzen aneinander, „das hängt natürlich ganz davon ab, über welche Kräfte beide Parteien verfügen.“ Vermutlich war Noël weder mit dem Inhalt, noch der von mir gewählten Formulierung zufrieden, denn er verzog sehr eindrucksvoll das Gesicht. „Warum machen sie es dann nicht selbst?“ Ich fand es wirklich ganz reizend, wie er ein ums andere Mal nicht zwischen mir und den Adligen, die er verabscheute, unterschied. Wirklich, manchmal fragte ich mich, wozu ich mich überhaupt um ihn bemühte. Letztendlich schien ich ja doch nur einer von vielen und in seinen Augen ganz offensichtlich entbehrlichen Vampiren zu sein. Ich lächelte höflich, aber distanziert. „Weil es nicht unsere Aufgabe ist. Es geht nicht darum, ob wir“, ich betonte dieses Wort absichtlich, um ihm die Unangemessenheit dieser Formulierung aufzuzeigen, „es besser, schneller, effektiver und mit sehr viel weniger Risiko tun könnten. Es gibt andere Dinge die wir tun und deren Nutzen zu beurteilen jedem frei steht.“ Er verstand den Seitenhieb, sagte jedoch nichts. „Dämonen zu jagen ist nicht unsere Aufgabe“, wiederholte ich noch einmal mit, wie ich fand, ebenso angemessener wie ausdrücklicher Betonung. Es wurde sehr still im Raum. Anders als sonst hatte ich jedoch nicht die Geduld und Muße es zu genießen und darauf zu warten, dass mein Gegenüber sich dazu herabließ weiterzusprechen. „War das dann alles? Oder gab es noch einen anderen Grund für deine lebhafte Hausdurchsuchung?“ Er hielt inne, wurde rot und wandte den Blick ab. Treffer und versenkt. Allmählich begann mir diese Unterhaltung wirklich Spaß zu machen. Eine bedenklich Entwicklung, aber ich war der festen Überzeugung, dass sie von nicht von Dauer war. Der junge Mann hatte meine Nerven, ob nun durch seine Anwesenheit oder seine Abwesenheit, in letzter Zeit einfach ein wenig zu sehr strapaziert. „Ihr...Mir ist nur aufgefallen, dass Ihr sehr sanft mit Euren Opfern umgeht.“ Ob ihm bewusst war, dass ich auch mit ihm sehr sanft umging? Jedenfalls überraschte es mich, dass er sich dafür interessierte. „Warum sollte ich ihnen Schaden zufügen? Ihrem Blut verdanke ich mein Leben. Im Übrigen vermeide ich das Töten nach Möglichkeit. Es gibt keinen Grund dazu.“ „Sie nicht zu töten?“ „Sie zu töten.“ Er sah mich an als hätte ich behauptet, dass der Mond von sonderbaren Wesen bevölkert sei, die vor Urzeiten einmal aus der Spezies der Vampire hervorgegangen seien. Dann wechselte sein Gesicht wieder einmal den Ausdruck. „Schlaft Ihr manchmal mit Euren Opfern?“ Aus irgendeinem Grund entwickelte sich dieses Gespräch in eine höchst sonderbare Richtung. Obwohl, wenn ich so darüber nachdachte, dann erschien es mir nicht unwahrscheinlich, dass er von Anfang an auf genau diesen Punkt hinausgewollt hatte. „Warum fragst du?“, erkundigte ich mich und beherrschte die leise Empörung, die ob der unverschämten Frage in mir aufstieg. „Victor meinte, Euch würde jemand anschmiegsames fehlen.“ Ich hob eine Augenbraue. Für die, die mich ein wenig besser kannten, war es ein untrügliches Zeichen meiner Missbilligung. „Das kann ich mir vorstellen“, bemerkte ich und fügte kühl hinzu, „Nun, was auch immer er über mich zu wissen glaubt, er sollte es besser für sich behalten.“ Beredtes Schweigen war die Folge. Noël wirkte unschlüssig, rang sich dann jedoch zu einer weiteren Frage durch, wenngleich es ihn offensichtlich einige Überwindung kostete. „Und? Tut Ihr es?“ Ich hob den Kopf. „Tue ich was?“ Er wand sich unter meinem Blick, doch seine Neugier siegte. „Mit ihnen schlafen.“ Eine Weile sahen wir uns wortlos an, dann stützte ich den Kopf in die Handfläche und seufzte schwer. War das denn zu fassen? War es jetzt schon so weit gekommen, dass ich einem Jungvampir – von dem ich kaum mehr wusste als seinen Namen – Auskunft darüber gab, wie meine Jagdmethoden aussahen und mehr noch, welche sexuellen Präferenzen ich hatte? Das war absurd! Einfach lächerlich! Ihm schien die Antwort jedoch wichtig zu sein, denn seine Stimme klang seltsam drängend als er fragte: „Warum sagt Ihr nichts? Wollt Ihr mir nicht antworten?“ Ich fand es schon bemerkenswert, dass er den Mut und die Dreistigkeit besaß, mich überhaupt danach zu fragen. Selbst einem Freund hätte ich Worte wie diese unter Umständen übel genommen und soweit ich wusste, waren mein Gast und ich weit davon entfernt, so etwas wie freundschaftliche Beziehungen zu pflegen. Mit einiger Mühe und Fantasie konnte man es als Zweckgemeinschaft bezeichnen, aber selbst das erschien mir zunehmend zweifelhaft. Ich betrachtete ihn mit forschendem Blick. „Und du selbst? Weshalb willst du mir nicht antworten?“ „Worauf?“, fragte er mit einem kaum hörbaren Zögern. Ich nahm mir die Zeit, wieder eine etwas bequemere Sitzhaltung einzunehmen, dann wandte ich mich ihm erneut zu. „Auf die Frage, warum du mich etwas so persönliches fragst“, erwiderte ich bedächtig. „Ist das wichtig?“ Ich wog den Kopf ein wenig hin und her und antwortete dann ruhig: „Das weiß ich noch nicht. Es hängt von deiner Antwort ab.“ Er schien sich der Bedeutung dieser Antwort keineswegs bewusst zu sein. Selbstverständlich konnte ich mich irren, das wäre in Bezug auf diesen Vampir ja nicht das erste Mal gewesen, aber zumindest ein Punkt war ganz offensichtlich: Er hatte begonnen, sich für das was ich tat zu interessieren. Und das, obwohl er mir von Anfang an sehr eindrucksvoll bewiesen hatte, dass das genaue Gegenteil der Fall war. Es sei denn man interpretierte seine regelmäßigen Hausdurchsuchungen als Interesse an meiner Person. Noël sah mich an und schwieg. Nicht ein einziges Wort kam mehr über seine Lippen. Stattdessen sah er mich in ruhiger Erwartung an. Und schließlich gab ich es auf. Es hatte keinen Sinn, gegen diesen Vampir kam ich einfach nicht an. Ich seufzte. „Die Antwort ist nein. Es bereitet mir eine gewisse Freude sie zu verwöhnen, aber das hängt von meinem Hunger und meiner Stimmung ab. Ich schlafe nicht mit ihnen.“ Noch während ich es sagte, konnte ich nicht glauben, dass ich es tat. Offenbar war ich in Anwesenheit dieses jungen Mannes wirklich nicht ich selbst. Anders ließ sich dieses absurde Gespräch einfach nicht erklären. „Was heißt das?“ Wie so oft, wenn ich noch über Vergangenes nachgrübelte, hatte er bereits etwas neues gefunden, das es in Erfahrung zu bringen galt. Nur, dass ich dieses Mal nicht das Vergnügen hatte zu wissen wovon er sprach. „Was meint Ihr mit verwöhnen?“ Ich sah ihn an und je länger ich es tat, desto mehr nahm ein Gedanke in meinem Inneren Gestalt an. Sollte ich es wagen? Ich lächelte, stand auf und ging zu ihm. Er rührte sich nicht. Stand da wie zur Salzsäule erstarrt, seine Augen waren erfüllt von eisiger Furcht. Ich streckte die Hand nach ihm aus und ließ sie gerade so dicht über seiner Wange schweben, dass er ihre Berührung zu fühlen glaubte, ohne dass sie es tat. Dann schenkte ich ihm ein Lächeln, das selbst seinen vorlauten Mund in purem Erstaunen sich öffnen ließ. „Möchtest du es wissen?“, fragte ich leise, verführerisch und neigte mich zu ihm herab als wollte ich ihn küssen. Und noch immer regte er sich nicht, sah mich nur mit großen Augen an. Ich ließ ein paar Sekunden verstreichen, dann richtete ich mich wieder auf. „Nur ein Scherz“, sagte ich und wandte mich halb von ihm ab. „Ich war wohl ein wenig wütend. Sei mir nicht böse, aber du sprichst mit einer solchen Präzision Themen an, die ich zu vermeiden suche...“ Ich lachte ein leises, zweifelndes Lachen, dann lächelte ich ihn aufmunternd an. „Es wird nicht wieder vorkommen, sei unbesorgt.“ Ohne eine Antwort abzuwarten machte ich auf dem Absatz kehrt und ging an meinen Platz zurück. Als ich Noël wieder ansah, war auf seinem Gesicht keine Spur der sonst so typischen Verärgerung zu sehen. Er nickte nur, dann fragte er: „Würdet Ihr mein Blut trinken?“ Ich runzelte die Stirn und sah ihn mit einer Mischung aus Frage und Zweifel an. „Warum sollte ich das tun? Es würde nichts nützen, wenn ich es täte.“ Er verzog das Gesicht und mir wurde bewusst, dass ich eine höchst unglückliche Formulierung gewählt hatte für das, was ich eigentlich hatte sagen wollen. Seine Frage hatte mich überrascht. „Verzeih, ich fürchte, ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Im Grunde ist nichts dagegen einzuwenden und es würde ganz sicher seinen Zweck erfüllen, doch wärest du danach mit großer Wahrscheinlichkeit so hungrig, dass ich dich gleich wieder füttern müsste. Und das würde den Effekt verständlicherweise zunichte machen.“ Noël blickte noch immer ein wenig beleidigt drein als er sagte: „Mein Körper produziert auch selbst Blut.“ Als er meinen erstaunten Blick bemerkte, fügte er rasch hinzu: „Allerdings nicht sehr schnell. Daher bin ich auf fremdes Blut angewiesen.“ Ich betrachtete ihn mit beinahe ehrfürchtigem Blick. Was für ein erstaunliches Wesen er doch war. Für ihn schien es selbstverständlich zu sein, denn er zeigte sich durch meine Überraschung unangenehm berührt und zog sich in einen weit entfernten Winkel der Bibliothek zurück. Nachdenklich starrte ich vor mich hin. Vergessen waren Empörung und Unmut, genau wie jene kleinen Gesten der Revanche, die ich mir zugestanden hatte. Auch der Gedanke an die Jäger war in weite Ferne gerückt. Stattdessen wurde mir wieder einmal bewusst, wie wenig ich über Noël und die Erschaffenen wusste. Dies jedoch, entschied ich, würde sich ändern. Und da mein störrischer Gast mir kaum selbst Auskunft darüber geben würde, musste ich wohl oder übel andere Quellen bemühen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)