Er will, was er will von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Geduld ist eine Tugend...und er hat sie nicht -------------------------------------------------------- „Boahhh!!!! Wie lange willst du denn noch warten???“ Chris saß auf einem hohen schwarzen Stuhl mit blutrotem Sitzkissen, hatte die Beine über die andere Seite der Armlehne hängen und lehnte sich jetzt soweit nach hinten, dass er seinen Bruder sehen konnte. Seit Stunden starrte er schon Löcher in die Luft und – ganz im Vertrauen – so toll anzusehen war die Höhle auch nicht. Er wollte endlich ein bisschen Action. Die sollte er auch bekommen. Jedoch anders, als erwartet… Wyatt hatte sich einige Bücher durchgesehen, die ihnen der letzte Bewohner der Höhle….nun ja, sagen wir, freundlicherweise überlassen hatte, als die genervte Stimme seines Bruders ihn aufschrecken ließ. Geräuschvoll knallte er das dicke Lederbuch, welches er bis gerade in der Hand gehalten hatte, zusammen. Staub wirbelte von den vergilbten Seiten hoch und stieg ihm in die Nase. Ein Niesen unterdrückend fuhr er zu seinem Bruder herum. „Hör auf mich zu nerven, sonst gehst DU nirgendwohin!“, knurrte er. „Hör auf mich zu nerven, sonst gehst du nirgendwohin.“, äffte Chris ihn nach. Das war zu viel. Die Augen des Zweifachgesegneten verengten sich und er war mit drei Schritten bei dem thronähnlichen Stuhl, wo er Chris am Kragen packte und hochriss. „Pass auf, wie du mit mir redest!!! Ich hab dich aus der Zukunft geholt und ich habe auch kein Problem damit deinen Arsch in die Hölle zu befördern!“ Wyatts Stimmlautstärke war um einiges angestiegen. Normalerweise hätte das auch einen sofortigen Rückzug seines Gegenübers bewirkt. Chris hatte nun ja schon häufiger bewiesen, dass er nicht normal war. Auch jetzt zeigte er nicht die erwartete Reaktion. Ein Aufblitzen der jadegrünen Seelenfenster. „Du schickst mich in die Hölle?“, fragte er nach, ehe er sich losriss und deutlich lauter hinzufügte: „Jetzt hab ich Angst!“ Das Knurren seines Bruders ignorierte er. „Du kannst mich nicht einfach irgendwohin schicken. Und meinen Arsch ebenfalls nicht. Du brauchst mich. Das weißt du genau so gut wie ich.“, höhnte der Jüngere. „Wenn du also fertig damit bist den großen Macker raushängen zu lassen, sollten wir uns langsam einen Plan für die Schwestern überlegen.“ „Wer sagt dir, dass ich nicht schon längst einen Plan habe?“, fragte Wyatt. Er war immer noch angepisst. Da half es auch nicht, dass Chris nun in schallendes Gelächter ausbrach. „Hör auf zu lachen, Christopher!“, donnerte er. Nur langsam kam der brünette Wächter wieder auf den Teppich. Er wischte sich eine imaginäre Lachträne aus dem Augenwinkel. „Gott, Wyatt, du hast was von einem Komiker. Wenn du wirklich einen Plan hättest, wären wir doch schon längst nicht mehr hier. Dann hätten wir schon längst angegriffen.“ Wyatt biss die Zähne zusammen um Chris nicht einfach zu erwürgen. Ja, er hatte keinen wirklichen Plan, außer dem, wirklich ein bisschen – wie hatte Chris es genannt? – „Staub aufzuwirbeln“. Allerdings wollte er auch nicht zugeben, dass er ernsthaft darüber nachdachte den Plan seines Brüderchens in die Tat umzusetzen. „Brüderchen“ schien ihn jedoch besser zu kennen als gedacht, denn er grinste spöttisch. „Ach so ist das.“ Er drehte sich um und ging ein paar Schritte vom Zweifachgesegneten weg. „Fassen wir zusammen: Du holst mich hierher, willst mit mir unsere Familie vernichten, bist jedoch zu stolz um meine Vorschläge anzunehmen.“ Der brünette Halbwächter drehte sich wieder zu seinem Bruder. „Warum also bin ich hier?“ Wyatt presste den Kiefer zusammen. Langsam nickte Chris. „Okay, wenn du das so siehst, kann ich ja auch gehen.“ „Du bleibst!“ Es war ein Befehl, nicht mehr, nicht weniger. „Und warum?“ „Weil du die Überraschung für Mum und Konsorten bist.“ Chris verschränkte die Arme. „Soll heißen?“ „Wir beamen uns ins Manor. Beziehungsweise ich beam mich hin. Das ewige Gezeter von wegen Gut und Böse geht los und plötzlich kommst du rein. Stell dir die Gesichter vor.“ „Warte mal! Sagst du mir gerade um drei Ecken, dass du gewillt bist meinen Plan durchzuführen?“ „So in etwa, ja.“ „Wieso auf einmal?“ „Wieso nicht? Das wolltest du doch oder?“ „Trotzdem machst du nie, was ich will.“ „Vielleicht will ich einfach verhindern, dass du dich in der Unterwelt herumtreibst und Unruhe stiftest. Und das ist alles, was du von mir kriegst. Entweder das oder ich kette dich an. Such dir aus, was dir besser gefällt.“ Der Dreiundzwanzigjährige krauste die Nase. „Nah, ich steh nicht auf Fesselspiele.“ Dann klatschte er in die Hände. „Also, wie gehen wir es an?“ „Wir gehen gar nicht. Wir beamen. Ins Manor. Jetzt.“ Wyatt machte es vor und verschwand im dunklen Nebel. „Hey, wartest du gefälligst mal auf mich?“ Chris folgte ihm eilig. Er materialisierte sich auf der Treppe. Anders als sein Bruder, der sich mitten ins Wohnzimmer gebeamt hatte. Mit dem besten Blick auf die Schwestern und Leo, die im Wintergarten diskutierten. „Ich kann nicht verstehen, was er mit Chris will.“, rief Paige ungläubig. Piper hingegen war sauer über die Begriffsstutzigkeit ihrer Schwester. „Na, was schon? Er wird einen Deal wollen. Das Buch gegen Chris. Aber nicht mit mir. Niemand entführt so einfach mein Baby. Nicht einmal mein anderes Baby.“ Im Flur gab es synchrones Augenrollen. Keiner der Brüder konnte es wirklich ausstehen, wenn Piper sich wie eine Glucke benahm und so tat, als könnten weder Wyatt noch Chris auf eigenen Beinen stehen. Mann, sie waren immerhin die baldigen Herrscher der Welt. „Weißt du, Mum, wenn Chris dir so wichtig ist, hättest du ihn nicht allein lassen sollen.“ Piper schreckte aus dem Sessel hoch und starrte voller Horror ihren Ältesten an. Die Hände kampfbereit erhoben. Auch Phoebe und Paige waren aufgesprungen. Beide hielten ihre Hände um etwas geschlossen. Müde lachte Wyatt auf. „Was denn? Ein Vernichtungselixier für einen Halliwell? Seid ihr noch zu retten? Keine Hexe der Welt kann dadurch gestoppt werden.“ „Wer sagt etwas von Vernichtungselixier? Das hier soll dich nur an Ort und Stelle halten.“, antwortete Phoebe und warf ihr Fläschchen. Aus dem Augenwinken nahm Wyatt wahr, wie Chris, der immer noch im Gang stand und sich die ganze Szene versteckt ansah, das Handgelenk seiner rechten Hand bewegte und die Phiole in der Luft erstarrte. Etwas, womit Phoebe wirklich nicht gerechnet hatte, denn sie trat erstaunt zurück. „Erstaunt, Tante Phoebe? Nun, die Magie geht manchmal seltsame Wege, nicht wahr?“ Der Zweifachgesegnete ließ das Elixier explodieren. Und nicht nur das festgefrorene. Auch die, die Paige noch in der Hand gehalten hatte, explodierten, was sie einen Schmerzenslaut ausstoßen ließ. Sie öffnete die Hand, die sich rötlich färbte. „Keine Sorge, Tantchen, ich habe dafür gesorgt, dass es nur ein bisschen weh tut. Wenn du stirbst wird es um einiges schmerzhafter, das verspreche ich dir.“ „WYATT!!!“, schrie Piper auf. „ES REICHT!!!“ Mit einem recht….unbeeindruckten Gesichtsausdruck blickte ihr Sohn zu ihr. „Ja, meinst du?“ „Ja, verdammt!!! Ich habe es mir lange genug angesehen. Der Weg, den Vicus dir gezeigt hat, ist falsch. Er ist gepflastert mit Leid und Tod und das werde ich nicht dulden! Ich bin deine Mutter und du wirst dir von mir helfen lassen! Also hör auf dich wie ein Riesenegoist zu benehmen und setz nie wieder deine Kräfte gegen uns ein!!! Sonst werde ich wirklich böse.“ Wyatt sah seine Mutter an. Seine Mundwinkel zuckten und irgendwann konnte er das Lachen nicht mehr zurückhalten. „DU willst mich aufhalten? Das ist wirklich niedlich. Wie willst du das machen? Mir Hausarrest geben? Komm schon, Mum, erst Dad, der ohne Zauberkräfte nun wirklich rein gar nichts gegen mich ausrichten kann und jetzt du, die verlangt, dass ich mir von ihr helfen lasse? Was also hast du dir gedacht? Sollen wir uns hinsetzen und Tee trinken?“ Die Älteste der Mächtigen Drei schüttelte den Kopf. „Nein, für den Anfang würde es schon reichen, wen du ein Zauberelixier trinkst. Tee vielleicht später. Wenn du wieder gut bist und deinen Bruder zurück geholt hast.“ Ihr Blick wurde noch eine Spur ernster als ohnehin schon. „Ich will doch sehr hoffen, dass du ihm nichts angetan hast.“ „Habe ich nicht, keine Sorge.“ Jetzt sprach Leo: „Wo ist er dann?“ „In Sicherheit!“ „Bei dir bezweifel ich das momentan!“ Wie konnten die es wagen? ER würde Chris niemals etwas antun. Das war sein kleiner Bruder. Die DÄMONEN waren gefährlich für Chris, aber er doch niemals. Und wenn sie erst einmal ihre Führungsposition gefestigt hatten, brauchte Chris sich gar keine Sorgen mehr zu machen. Dann konnte er tun und lassen, was er wollte. „Wenn ich sage, Chris ist in Sicherheit, dann stimmt es auch. Kapiert??? Aber, Mum, wir sollten uns hinsetzen und darüber reden. Oder noch besser: Du setzt dich!“ Er riss den Arm hoch und schleuderte Piper in den Sessel, der umkippte. Sofort stürzte Leo zu ihr und half seiner entsetzten Ehefrau auf. „Jetzt tu bitte nicht so überrascht, Mum. Du hast mich auch angegriffen, schon vergessen? Gleiches Recht für alle.“ „Apropos alle. Ich find es unfair, dass du mit unserer Verwandtschaft den ganzen Spaß alleine hast.“ Pipers Augen wurden groß. Nein, das konnte nicht sein. Diese Stimme kannte sie nur zu gut, aber sie betete, dass sie sich irrte. Langsam drehte sie sich um. Mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen lehnend stand Chris vor ihnen. Mit einem lässigen Grinsen im Gesicht. „Mum, du siehst geschockt aus. Und, Dad, wirst du krank? So siehst du jedenfalls aus.“ Vehement schüttelte Piper den Kopf, ehe sie sich Wyatt zuwandte. „Wie kannst du es wagen deinen kleinen, unschuldigen Bruder zu entführen und ihn in das da zu verwandeln?“, schrie sie. Mit einem gespielt verletzten Gesichtsausdruck griff Chris sich ans Herz. „Autsch, Mum, das klingt als wäre ich ein Monster.“ Einer Raubkatze gleich stieß er sich vom Türrahmen ab und kam auf seine Verwandtschaft zu. „Und so würdest nie über einen deiner Söhne denken, oder?“ Sie blieb stumm und sein Blick verfinsterte sich. „Ich hab dich was gefragt!“, herrschte er sie an und brachte er mittels seiner Telekinese fertig den Kaffeetisch gegen die Wand krachen zu lassen. Phoebe und Paige zuckten zusammen. Dann versuchte die Empathin ihr Glück bei ihrem jüngsten Neffen. „Chris, Süßer, was auch immer dir gesagt wurde, es stimmt nicht. Du hast doch schon einmal dagegen gekämpft, also schaffst du es auch ein zweites Mal. Du musst uns nur vertrauen.“ „Wieso sollte ich dagegen kämpfen? Oder gegen wen? Wyatt hat mir die Freiheit geschenkt und ich bin ihm dafür mehr als nur dankbar.“ „Hört, hört.“, murmelte der Ältere, konnte sich jedoch ein Grinsen nicht wirklich verkneifen. „Nein, Chris, sieh mich an.“ Phoebe kam zu ihm und wollte seine Hände in ihre nehmen. Eine Energiewelle riss sie jedoch zu Boden. „Bleib weg von ihm!“, knurrte Wyatt. „Das geht an jeden von euch.“ „Du kannst nicht verhindern, dass ich deinen Bruder vor dir rette. Und wenn du mich stoppst, werden es dein Vater und deine Tanten tun.“ „Mum, das Thema hatten wir schon. Nichts, was du machst, wird mich aufhalten.“ „Sei dir da nicht so sicher, Wyatt Matthew. Ich bind eine Mutter. Wenn nicht ich, wer dann?“ „Wie rührend. Aber Worte helfen dir auch nicht.“ „Oh, mir fällt da schon was ein.“ Er trat einen Schritt auf sie zu. „Und was?“, fragte er drohend. Piper hob die Hände. Es tat ihr in der Seele weh, aber momentan gab es keinen anderen Ausweg. Nichtsdestotrotz schrie ihr Mutterherz als sie Wyatt mit Kraft ihrer molekularen Beschleunigung von sich wegstieß. Und diesmal zeigte der Angriff mehr Wirkung als damals in der Zauberschule: Der Fernseher ging zu Bruch, weil Wyatt genau dagegen flog und als der Zweifachgesegnete sich fluchend aufrichtete, klaffte eine große Wunde an seinem Arm. Chris‘ Augen verengten sich. Niemand griff seinen Bruder an. Jedenfalls niemand, der danach noch lange lebte. Mehr denn je davon überzeugt, dass es besser war seiner Familie den Garaus zu machen, hob er die Hand. Die Lampe schwankte gefährlich, als er seine Magie auf das nächste Ziel lenkte. Phoebe, die mit Hilfe seiner Cryokinese in eine Eisstatue ihrer selbst verwandelt wurde. Paige machte danach erst Bekanntschaft mit seiner Telekinese, dann mit der Tür zum Wintergarten. Zum Schluss drehte er sich zu seinen Eltern. Hass blitzte in seinen grünen Augen auf. „Du greifst uns an? Deine eigenen Söhne? Tolle Mutter bist du.“ Piper trat auf ihn zu. „Chris, bitte! Wir können euch helfen, ihr müsst uns nur lassen. Für keinen von euch ist es zu spät.“ Bellend lachte er auf. „Natürlich. Alles, was wir tun müssen, ist uns wieder zu beugen und euren Regeln zu folgen. Vergiss es!“ Eine Bewegung der Hand und Piper sowie Leo wurden von einem Elektrostrahl getroffen und gingen zu Boden. Er sah zu Wyatt, der mittlerweile hinter ihm stand und sich den Arm hielt. „Wir gehen!“, grollte der Ältere. Seine Bruder nickte und beide schwarz-beamten zurück in die Unterwelt. Kaum dort vollständig materialisiert, ließ Wyatt sich auf einen Stuhl sinken und hob die Hand, mit der er die Wunde abgedeckt hatte. „Verdammt!“, zischte er. Chris setzte sich zu ihm und hielt die Hände über die Verletzung seines Bruders. Sofort erschien das goldene Licht. Das brachte sogar Wyatt zum Lächeln. „Dass du das noch kannst.“ „Wieso denn nicht? Ich kann doch auch noch beamen. Zwar dunkel, aber es geht. Du müsstest es doch auch noch können.“ „Weiß nicht, musste es noch nicht probieren.“ Das Heilen war beendet. Wyatt sah seinen Bruder an. „Danke.“ „Kein Ding.“ Chris seufzte. „ich würde sagen, wir haben sie aufgeschreckt. Und- auch wenn ich wusste, dass sie stark sind – hätte ich nie erwartet, dass Mum uns angreift und verletzt. „ja, immer für eine Überraschung gut unsere wehrte Mutter. Ich denke aber auch, dass wir uns etwas überlegen müssen. Wir sind zwar ebenfalls stark, aber so kann es nicht weitergehen. Womöglich wird sonst noch einer von uns getötet.“ „Dann verbinden wir unsere Kräfte. Die Macht der Drei gegen die Zweifachgesegnete Macht der Zwei. Müsste doch funktionieren, oder?“ Er nahm Wyatts Hand in seine. Irgendwie schien es, als könnte er die Magie spüren, die durch sie zwei floss. Nachdenklich sah Wyatt auf ihre verschränkten Hände. Auch er fühlte die Magie von Chris ausgehen, die seiner gar nicht so unähnlich war. „Ja, vielleicht hast du Recht. Aber Zweifachgesegnete Mach der Zwei klingt scheiße.“ „Und wie soll man das sonst ausdrücken?“ „Einfach Wyatt und Chris. Reicht doch.“ „Wieso wirst du als Erster genannt? Ach ja, du bist älter.“ Der blonde Wächter grinste und stand auf. In seinem Kopf stellte er bereits einen neuen Schlachtplan auf. Was er sich auch ausdachte, Chris würde ohne zu fragen mitziehen. „Ich hab Hunger.“, beschwerte sich der Jüngere. Fast sofort verwandelte sich der leere Tisch vor ihm in eine reichlich gedeckte Festtafel. Wyatts Art Danke zu sagen. „Du hast dich doch schon bedankt.“ „Und?“ „Nichts. Danke.“ Die Brüder grinsten sich an. Auch, wenn Piper etwas ganz anderes hatte bezwecken wollen, hatte ihr Angriff es geschafft, dass die Streitigkeiten zwischen den Jungs vergessen waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)