Wie Männer lieben von ReiRei-chan ================================================================================ Kapitel 2: Zwei vom gleichen Schlag ----------------------------------- Mit verbissener Mine rüttle ich an der Mutter, die sich nicht das kleinste bisschen bewegen will. Egal in welche Richtung ich drehe, sie gibt einfach nicht nach. Schnaubend atme ich ein wenig Staub ein, huste ein paar Mal während ich mich aufrichte und mir mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn wische. Nur wenige Meter von mir entfernt steht der rote Jaguar, den sich gerade zwei der Mechaniker vorgenommen haben. Ich bewundere einen Moment lang die Linien dieses herrlichen Autos, bevor ich mich wieder meinem eigenen Problem widme. Die linke vordere Felge der Limousine ist von irgendeinem Idioten zerkratzt worden. An und für sich kein allzu großes Problem, denn wer achtet schon wirklich auf die Räder eines solchen Gefährts, doch anlässlich der bevorstehenden Familienfeier wünscht man sich natürlich alles in einem makellosen Zustand. Sophie und Gerhard haben bereits vor zwei Wochen riesige Arbeitspläne im Gemeinschaftsraum aufgehangen und den Angestellten erklärt was genau zu welcher Zeit erledigt werden muss, damit das Haus, der Garten, die Einfahrt und auch alles weitere tadellos hergerichtet ist, wenn die Familie hier anreist. Zu meinen Aufgaben gehört es da natürlich, dass ich sowohl die Garage als auch jeden einzelnen hier geparkten Wagen in Schuss bringe. Insgesamt besitzt Markus etwa zehn Luxusschlitten plus die Limousine, die eigentlich nur eine Leihgabe seines Autohändlers ist. Wirklich benutzt werden allerdings nur maximal drei der Wagen. Die anderen werden regelmäßig von mir oder meinem Kollegen um den Block gefahren, damit sie nicht zu sehr ausnutzen, während sie einfach nur dumm in der Gegend herumstehen. Es sind herrliche Autos und mein Herz klopft jedes Mal ganz wild, wenn ich mich auf einen der ledernen Sitze sinken lassen darf. Sie jetzt bis auf das kleinste Schräubchen zu kontrollieren ist wie Musik in meinen Ohren. Momentan macht mir allerdings die Limousinenfelge Probleme. Ich habe schon vor mehr als einer Woche dem Händler Bescheid gegeben und eine neue beantragt, doch die ist immer noch nicht eingetroffen und bis dahin habe ich nur die Möglichkeit zumindest die Alte einmal auszubauen und zu reinigen. Vielleicht kann noch irgendetwas gerettet werden. Allerdings löst sich diese vermaledeite Mutter kein bisschen. Es ist heiß, viel zu heiß. Der wahrscheinlich erste wirklich heiße Tag des Sommers und ich schwitze alleine schon von dem Gedanken an all die Arbeit die ich noch haben werde. Die Autos, die von den Mechanikern freigegeben werden, kommen auf den hinteren Teil des Platzes wo sie erst einmal mit Wasser und Reinigungsmittel gewaschen werden um dann anschließend eine gründliche Wachsbehandlung zu bekommen. Danach werden sie mit Samthandschuhen in die Garage gestellt damit sie nicht wieder dreckig werden und bis zum großen Tag glänzend bleiben. "So leidenschaftlich habe ich dich noch nie bei der Arbeit gesehen." Mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht richte ich mich auf und blicke Sophie entgegen, die in ihrer üblichen Uniform gekleidet über die Einfahrt geschlendert kommt und mich mit einem amüsierten Blick mustert. In ihren Händen balanciert sie ein großes Tablett auf dem eine riesige Glaskaraffe steht in der ich die Eiswürfel schon verlockend klirren hören kann. "Autos sind eben was wunderbares", gebe ich ihr zur Antwort nehme ihr die schwere Last ab und stelle sie vorsichtig auf einer der Bänke ab die im Schatten eines großen Ahornbaumes stehen. Dann küsse ich ihr die Wangen und bedeute ihr, für einen Moment Platz zu nehmen. Die Mechanikerjungs kommen neugierig heran, lassen sich von Sophie jeweils ein Glas einschenken, bedanken sich und machen sich dann gleich darauf wieder an die Arbeit. Ich nutze den günstigen Moment, setze mich einfach auf den Boden und lehne mich an Sophies Beine an, was sie zum Lachen bringt. Sie tippt mir kurz auf den Kopf, ehe sie mit einer Hand durch meine Haare streicht und wieder etwas Ordnung hineinzubringen versucht. "Du solltest mal wieder eine Schere an dich ran lassen", murmelt sie leise. "Nur wenn du es machst", antworte ich ihr, kneife ihr neckend in die Wade. "Heute Abend habe ich vielleicht einen Moment Zeit dafür", sinniert sie leise vor sich hin, ehe auch sie in ein angenehmes Schweigen verfällt und wir uns gemeinsam den kühlen Wind um die Nase wehen lassen, der in den letzten Minuten aufgezogen ist. "Wolltest du noch etwas, außer uns Männer mit einer Abkühlung versorgen?", frage ich sie schließlich, denn ich weiß, dass Sophie meistens immer zwei oder drei Anliegen hat, wenn sie kommt. Sie geht nur sehr ungern unnötige Wege und erledigt bei einem Gang gleich mehrere Aufgaben. "Ich wollte dir Bescheid geben, dass der junge Herr Änderungen für die Fahrplanung vorgenommen hat." "So?", mache ich leicht missmutig und verdränge die aufkommenden Gedanken an einen nackten, sich windenden Markus, der nach mehr bettelt und dessen süße Lippen ich nicht ein einziges Mal gekostet habe. "Scheinbar kommen sein Vater und sein Onkel nicht wie geplant mit dem eigenen Wagen, sondern müssen vom Flughafen abgeholt werden. Sie haben wohl kurzfristig zu einem ihrer ausländischen Firmensitze reisen müssen." "Und ich soll sie mit der Limousine einsammeln?" "Das gebietet ihr Stand, Dominic", tadelt sie mich leicht für meinen Einwurf und ich verziehe für sie unsichtbar in einer kleinen Grimasse den Mund. Natürlich sind der Herr Papa und der werte Onkel so wichtige und hohe Tiere, dass man es niemals wagen könnte sie nicht mit der Limousine abzuholen. Sie in einen 6er BMW zu setzen wäre die reinste Beleidigung. "Und was mache ich mit dem Großvater und dessen Frau?", will ich nun neugierig wissen, denn schließlich hat man mir eingetrichtert, dass das derzeitige Familienoberhaupt nicht Markus' Vater, sondern dessen Großvater ist. Kann man es dem also zutrauen in einen klitzekleinen BMW zu steigen? "Das Oberhaupt wird mit seinem eigenen Wagen kommen", antwortet Sophie, reicht mir dann ein gefaltetes Blatt nach unten, das ich sofort ergreife, aufklappe und überfliege. "Der Herr war so freundlich dir den Plan auszudrucken." "Wie nett", brumme ich unbestimmt, erhalte dafür einen Klaps gegen den Hinterkopf und kann nicht anders als Sophie übermütig die Zunge rauszustrecken. "Sieht nach einer Menge Fahrerei aus." "Das Abholen wird wohl am einfachsten und schnellsten gehen. Du und Karl, ihr werdet beide mit dem jeweilig angegebenen Wagen fahren und die Familie des jungen Herrn aus der ganzen Stadt abholen und sofort hierhin bringen. Achtet darauf, dass es zu so wenig Verzögerungen wie möglich kommt", erläutert mir Sophie in einem ermahnenden Tonfall die Planung. "Ihr vermischt nicht und holt nicht zwei Leute auf einmal ab, der junge Herr hat Rücksicht auf die aktuellen Gegebenheiten in seiner Familie genommen. Wenn ihr alle hergebracht habt, wird Karl hier bleiben und für jeden Wunsch der Gäste bereitstehen, sei es eine bloße Führung durch die Garage oder eben einzelne Sonderfahrten. Er soll aber Rücksprache mit dem jungen Herrn halten. Du hast in der Zwischenzeit auf deinem Hosenboden zu sitzen, Dominic!" "Warum denn ich?", empöre ich mich leise. "Du bist der einzige, der die Limousine morgen Abend überhaupt auch nur anfassen wird, verstanden? Wenn alle Gäste hier eingetroffen sind wirst du auf das Zeichen des jungen Herrn warten. Er hat sich noch nicht entschieden ob er dich begleiten wird, wenn du seinen Vater und Onkel vom Flughafen holst, aber er wird dir auf jeden Fall Bescheid sagen wann die beiden zu erwarten sind und dich rechtzeitig losschicken. Wenn das passiert machst du dich sofort auf den Weg und wartest auf die beiden." "Aye, aye, Sir", salutiere ich vor ihr und ducke mich unter einem erneuten Klaps hinweg. Trotz ihrer verkniffenen Lippen kann ich das Lachen in ihren Augen sehen. In einer brüsken Bewegung erhebt sich Sophie, sieht mich noch einmal mahnend an und geht dann über die Einfahrt hinweg wieder zurück ins Haus. Ich lache in mich hinein, werfe noch einen kurzen Blick auf die Planung und stecke den Zettel dann seufzend in meine Hosentasche. Heute trage ich nur eine alte Jeanshose, bei der ich irgendwann mal die Beine abgeschnitten habe. Sie ist ausgefranst und bereits voller Ölflecken, aber an einem heißen Tag wie diesem ist sie genau richtig. Ich greife mir wieder mein Werkzeug und mache mich erneut an die Arbeit. Während meine Hände ganz mechanisch ihre Griffe ausführen wandern meine Gedanken in ganz andere Sphären ab. Seit dem Vorfall vor einigen Wochen ist das Verhältnis von mir und Markus merklich auf Eis gegangen. Er richtet kaum noch ein persönliches Wort an mich und sieht mich nur hin und wieder an. Was er mir mit diesem Blick jedoch sagen will, weiß ich nicht genau. Da er mir so das Kanonenfutter geraubt hat, bleiben auch meine schnippischen und herausfordernden Kommentare aus und alles in allem ist es dadurch sehr friedlich geworden. Dennoch nagen die Erinnerungen an mir und mehr als einmal musste ich das Bad putzen, weil ich meine dreckige Fantasie nicht im Zaum halten konnte. Jedes Mal wenn ich ihn sehe frage ich mich, ob ich mir nicht vielleicht nur alles eingebildet habe. Was wenn ich nicht den Mann hinter der Maske erblickt habe? Markus ist auf jeden Fall wieder die Perfektion auf zwei Beinen, das Gesicht so unbewegt wie zuvor, die Befehle noch genauso knapp und herablassend. Nichts scheint sich bei ihm verändert zu haben. Theoretisch habe ich also nur seinen adligen Stolz verletzt und werde dafür mit Verachtung gestraft. Trotzdem wundere ich mich, warum er mich immer noch in seiner Nähe duldet. Ich habe einfach zu viel in die Sache hineininterpretiert. Aber so jemand wie Markus wird am Ende doch keine normalen Gefühle entwickeln können. Ein Grund mehr die meinen endlich abzutöten und in Säure zu ertränken. Die Stunden vergehen und nachdem ich die Felge der Limousine doch noch austauschen konnte (ein Botenjunge brachte mir den Ersatz), trage ich nun mit sehr viel Liebe und Gefühl den Wachs auf den schwarzen Lack auf. Karl ist zwischendurch vorbeigekommen und hat mir berichtet, dass die anderen Wagen soweit fertig sind und er nach einer Pause nur noch zwei von ihnen polieren müsste. Seit diesem kurzen Gespräch bin ich alleine auf dem Platz. Die Mechaniker haben ihre Arbeit beendet und das restliche Personal wird irgendwo im Haus herumhängen. Die Gärtner kümmern sich schon seit dem morgen um den vorderen Teil der Parkanlage. Den, den die Gäste als erstes zu Gesicht bekommen. Ich beuge mich tief über die Motorhaube, kontrolliere in dem langsam schwächer werdenden Sonnenlicht meine Arbeit und bin durchaus zufrieden damit. Als ich meinen Kopf nach links drehe rauscht ein stechender Schmerz durch mich hindurch und automatisch greife ich mir an die ziehende Stelle. Vorsichtig fahre ich mit meinen Fingern über die Haut und kann einen Bluterguss ertasten. Es ist das Überbleibsel von Markus' Biss. "Verdammich, hat der zugebissen", murre ich zu mir selbst, schüttle dabei den Kopf und will mich wieder anderen Dingen widmen, als ich leise Schritte vernehmen kann, die scheinbar in meine Richtung laufen. Als ich aufblicke und schon Karl von seiner Pause zurück erwarte, bin ich umso mehr überrascht als ich den jungen Hausherrn Höchstselbst auf mich zukommen sehe. Er hat die Hände in den Taschen seiner Anzughose vergraben, trägt ein weinrotes Hemd und eine schwarze Krawatte. Seine Haare sind diesmal nicht mit viel Gemansche nach hinten gegelt worden, sondern wippen frei in dem abendlichen Luftzug und schimmern ein wenig im Sonnenlicht. "Noch bei der Arbeit, Dominic?", richtet er das Wort an mich, sieht mir dabei mit einem undefinierbaren Blick direkt in die Augen. "Wie Sie sehen können", wehre ich schwach ab, winke etwas hilflos mit meinem Poliertuch in Richtung des Wagens. "Die Ersatzfelge ist angekommen?" "Vor ein paar Stunden, Sir", antworte ich automatisch, während ich merke wie ich innerlich von Sekunde zu Sekunde nervöser werde. Ich kann mit seinen Fragen nichts anfangen. Das sind Dinge, um die er sich normalerweise nicht kümmert, denn schließlich hat er bezahltes Personal dafür, die so etwas regeln. Warum ist er also hier? "Die Wagen sind alle fertig?" "Zwei bekommen heute noch eine Politur und die Limousine ist gerade eingewachst worden", erkläre ich ihm knapp, sehe mich einem eindringlichen Blick gegenüber und füge schnell das vergessene Sir an. "Heute Abend noch? Es ist bereits sieben Uhr", gibt er leise zu bedenken, tritt näher an den Luxusschlitten heran und scheint sich sehr für den makellosen Glanz des Lacks zu interessieren. "Lieber heute als morgen, Sir." Daraufhin sagt er nichts mehr, umrundet die Limousine einmal und begutachtet sie von allen Seiten. Als er wieder neben mir angekommen ist, beugt er sich nach unten und inspiziert die neu angebrachte Felge, mit der er offensichtlich zufrieden ist. "Man hat Sie über die Änderungen informiert?" "Ja, Sir", antworte ich, ziehe den gefalteten Zettel aus meiner Hosentasche und zeige ihn vor. Das lässt Markus nicken und ich stecke ihn wieder weg. Es herrscht einmal mehr Schweigen zwischen uns und ich würde mich gerne wieder dem Wagen widmen, doch solange Markus hier ist kann ich das nicht machen ohne ihn erneut zu provozieren. Und irgendwie ist mir die Lust an einer Streiterei vergangen. "Ich gedenke meinen Vater und meinen Onkel persönlich vom Flughafen abzuholen." "Wie Sie woll'n", murre ich nur, entschließe mich nun doch dazu meine Arbeit wieder aufzunehmen und greife nach dem Behälter mit dem Wachs, als sich plötzlich seine Hand auf meinen Arm legt, mich daran zurückreißt. Er drückt sich mit seinem ganzen Gewicht gegen mich, schiebt mich so vom Wagen weg, dreht mich in der gleichen Bewegung zu sich herum und jetzt erkenne ich das fast bösartige Funkeln in seinen Augen. Er pinnt mich schmerzhaft gegen einen Baum, drückt meine Arme unangenehm weit nach hinten, blickt mir beinahe wütend ins Gesicht. Sein Atem geht schwerer, tiefer als gewöhnlich und nun scheint nichts mehr an ihm wirklich perfekt zu sein. Trotzdem sieht er immer noch unheimlich anziehend aus. Ich verziehe meine Lippen zu einem diabolischen Grinsen als mir einmal mehr unanständige Gedanken durch den Kopf rasen. Er jedoch ist verwirrt, drückt mich mit mehr Nachdruck gegen den Baum, rammt sein Knie zwischen meine Beine und fast glaube ich, dass er mich jetzt küssen wird, doch nichts geschieht. "Macht es Ihnen wirklich so viel Spaß?", raunt er mir knurrig entgegen. "Was genau?", hake ich amüsiert nach. "Mich zu demütigen", bellt er schon fast. Sein ganzer Körper erzittert unter der Anstrengung nicht endgültig seine sonst wohl gewahrte Fassung zu verlieren. Ich glaube ich habe Markus noch nie so wütend gesehen. "Gerade ist es doch andersrum, oder?", stichle ich lachend. Seine Augen rucken automatisch zu mir hoch, seine Finger versteifen sich um meine Handgelenke und die Anspannung nimmt vollständigen Besitz von seinem Körper. Er ist gespannt wie die Sehne eines Bogen und das amüsiert mich ungemein. "Was wollen Sie?", frage ich ihn leise, neige meinen Kopf zu ihm herunter und schaffe es so gerade meine Zunge einmal über seinen Hals fahren zu lassen. Er schnellt jedoch zurück, geht wieder etwas mehr auf Abstand und funkelt mich nun wirklich sehr bedrohlich an. "Das sicher nicht", zischt er. "Nicht noch einmal." "Und ich dachte es hätte Ihnen gefallen", seufze ich theatralisch auf, lasse ihn dabei jedoch nicht eine Sekunde aus den Augen. Wir nähern uns dem Kern der Sache und auch für mich ist es unheimlich wichtig was er antworten wird. Ich will endlich eine klare Aussage von ihm, und wissen, woran ich bin. Ich muss wissen ob ich in seinen Augen nur ein Spielzeug war und noch immer bin, oder ob er mehr sieht. Vielleicht sogar in der Art und Weise wie ich. Seit dem Vorfall in seinem Zimmer habe ich ganz allmählich aufgehört ihn bloß als meinen Chef zu sehen und das hat mich mehr als nur einmal aus der Haut fahren lassen. Es hat mich wahnsinnig gemacht in seiner Nähe zu sein und nicht zu wissen was in seinem Kopf vorgeht. Ich brauche klare Verhältnisse. "Bilden Sie sich nichts ein! Schließlich sind Sie einfach abgehauen!", wirft er mir vor. "Und raten Sie mal woran das lag", grummle ich ungehalten, verdrehe die Augen und kann nicht fassen wie schwer von Begriff ein Mensch wirklich sein kann. Ich gebe zwar zu, dass Markus genauso wenig wie ich über telepathische Fähigkeiten verfügt, aber ich hatte zumindest erwartet, dass er wenigstens mit ein bisschen nachdenken darauf kommen würde, dass ich mich in der Position des Untergebenen nicht gerade wohl fühle. "Sie wollten mich bloß demütigen", raunt er und kann mir dabei nicht mehr in die Augen sehen. "Sie wollten einfach austesten wie weit Sie mich bringen können, nur um mich dann fallen zu lassen. Es hat Ihnen sicherlich sehr viel Spaß bereitet, nicht wahr?" "In der Tat", gebe ich trocken zu, sehe nun herausfordernd auf ihn herab. "Ich habe mich königlich amüsiert." "Ich wusste es", ruft er frustriert aus, tritt zwei Schritte zurück und fährt sich in einer fast verzweifelten Geste durch die Haare. Dabei wirft er mir vernichtende Blicke zu, die jedoch bei jedem weiteren Mal an Standhaftigkeit verlieren. Seine Maske rutscht und ich bin begeistert, dabei zusehen zu können. Er dreht sich mehrmals um sich selbst, läuft wie ein Tiger auf und ab und scheint sich zu überlegen ob er noch etwas sagen soll, doch schließlich gibt er klein bei und marschiert mit ausgreifenden Schritten in Richtung Haus. Ich setze ihm augenblicklich nach, bekomme ihn am Arm zu fassen und zerre ihn in die entgegengesetzte Richtung, an der Limousine vorbei und hinein in die Parkanlage. Er wehrt sich heftig, doch gegen meine Kraft kann er nichts ausrichten. Ich schleife ihn bis zu dem Pavillon der in diesem Teil des Gartens steht, knalle ihn dort gegen einen der Holzpfosten und stütze mich links und rechts neben ihm ab. "Was fällt Ihnen ein?!", wettert er sofort los und ich lege ihm bestimmt eine Hand auf den Mund. Markus zögert jedoch keine Sekunde lang und beißt wirklich feste ins Fleisch hinein sodass ich beinahe laut aufgeschrieen hätte. Ich verkneife mir jedoch jeden Schmerzenslaut und zwinge seinen trotzigen Blick auf mein Gesicht. "Mir fällt 'ne verflucht ganze Menge ein", knurre ich bedrohlich, schiebe mich näher an seinen herrlichen Körper heran, fasse mit meiner freien Hand in seinen Nacken und halte ihn dort fest. "Zum Beispiel auch, dass ich ein verdammt stolzer Kerl bin, der einfach nicht drauf steht wie 'ne Marionette behandelt zu werden." Die Worte bewirken bei Markus, dass er seine Gegenwehr einstellt und mich mit ärgerlichem Interesse mustert. Seine Aufmerksamkeit liegt nun ganz bei meinen Worten und unbewusst lässt er meine Hand aus seinem Biss frei. "Es war 'ne ganz schön erfolgreiche Anmache von Ihnen, damals", erkläre ich mich weiter, werde mit jeder verstreichenden Minute unruhiger. "Aber ich hab durchaus gemerkt, dass Sie einfach die Zügel nicht abgeben wollten. Ich sollte Ihnen zu Diensten sein, mehr nicht. Darauf steh' ich nicht." Mit zusammengekniffenen Augenbrauen sieht Markus mich nun an, senkt schließlich den Blick und aus seinem ganzen Körper weicht die Anspannung sodass ich ihn einem Reflex folgend mit beiden Armen auffange und zu der Bank hieve, die im Pavillon steht. Er lässt sich etwas kraftlos darauf sinken, behält seine Hände jedoch auf meinen nackten Schultern und sieht mich mit einer etwas zweifelnden Mine an. "Ich... bin so jemanden wie Sie... einfach nicht gewohnt", gesteht er leise und mein Herz macht in diesem Moment einen wahnsinnig großen Aussetzer. "Jemand, der Sie einfach stehen lässt?", necke ich ihn schmunzelnd, hebe sein Gesicht vorsichtig an und sehe ihm direkt in die Augen. Sein Lächeln ist schwach und verunsichert und so bezaubernd wie keines zuvor. "Ehrlich gesagt machen Sie mir Angst, Dominic. Der Einfluss den Sie auf mich haben und... über den Sie sich wohl kaum im Klaren sind", brummt er, rauft sich einmal durch die Haare und blickt stur an mir vorbei. Der Kerl ist aber auch wirklich hart zu knacken. "Sie sagen ja nie was", tadle ich ihn. "Wie soll ich da was wissen?" "Wie könnte ich etwas sagen!" Ruckartig steht er auf, haut mir beinahe sein Knie ins Gesicht, dem ich jedoch noch knapp ausweichen kann. Verärgert schaut er auf mich herunter. Seine Augen huschen über meinen nackten Oberkörper, bleiben an den Armen etwas länger hängen, ehe sie bis zum Ansatz des Hosenbundes kommen, bevor er sich zusammen reißt. Ich kann mitverfolgen wie sich seine Maske wieder zusammensetzt, er sich gegen alles abschottet was ich ihm noch sagen könnte. Ich verliere ihn. Doch nun weiß ich es! Ich weiß, dass ich ihm etwas bedeute, wenn auch nur in sexueller Hinsicht, aber er kann nicht von mir lassen und ist ganz angetan von dem was er gerade sieht. Ich habe Einfluss über ihn, den er sich nicht eingestehen will, den er ablehnt, weil er sich bloß in der Position des Adligen und des Firmenchefs sieht. Er kann einfach nicht loslassen und sich entspannen. Nicht einfach nur... ein Mann sein. Ein Mann mit Bedürfnissen wohlgemerkt. "Sie wollen mich", stelle ich sachlich fest, bemerke sein erschrockenes Zusammenzucken. Als ich mich aufrichte, schüttelt er vehement den Kopf, sucht den Abstand zu mir, doch ich gebe ihn nicht frei. Ich halte ihn mit beiden Händen fest, drücke ihn nah an meinen Körper und lasse ihm keinerlei Spielraum. "Sie wollen mich. Und wie", flüstere ich ihm heiser ins Ohr und nutze diese günstige Gelegenheit zu meinem Vorteil aus. Hart presse ich meinen Mund auf seine Lippen, zwinge sie mit meiner Zunge auseinander und als ich mich mit Nachdruck in seine warme Mundhöhle vordränge, entkommt ihm ein ersticktes Stöhnen. Als ich seine Hände freigebe, schlingen sie sich sofort um meinen Nacken und er presst sich noch mehr an mich, öffnet ganz freiwillig seine Beine für mich und gemeinsam sinken wir auf die Bank zurück. Ich drehe mich mit ihm herum, damit er bequem auf meinem Schoß sitzen kann. Es ist überwältigend wie ausgehungert wir übereinander herfallen und irgendwo in meinem Herzen keimt das winzige Gefühl der Hoffnung auf, dass nicht nur ich mehr als reine Lust empfinde. Das hier ist ganz anders als jeder sonstige Sex. Es ist intensiver, leidenschaftlicher und viel erfüllender. Es tut gut zu wissen, dass ich seinen Körper an mich pressen kann und nicht den von irgendeinem dahergelaufenen Kerl. Markus' lusttrunkene Stimme geht wie ein Blitzschlag nach dem anderen durch meinen Körper. Ich verschlinge ihn geradezu mit meinen Lippen und er erwidert es auf dieselbe intensive Art und Weise. Seine Hände rennen wie wild über meine Arme, kratzen über die Haut und schieben sich schließlich zwischen ihnen hindurch damit er sie auf meinen Rücken legen kann. Er winkelt seine Beine noch ein wenig mehr an und als ich seinen herrlichen Hintern umfasse entfährt ihm ein lang gezogenes Stöhnen. Zufrieden grinsend schiebe ich ihn näher an mich heran und beinahe sofort lässt er seine Hüfte gegen mich rollen. Ich keuche überrascht, fasse ihn im Nacken, reiße seinen Kopf zurück und versenke meine Zähne in seinem Hals. Er röchelt ein wenig, lässt jedoch noch einmal sein Becken nach vorne schnellen. "Mir geht's genauso", raune ich ihm ins Ohr, beiße einmal zärtlich hinein und bringe ihn so dazu den Kopf zur Seite zu neigen. "Ich fahr total auf dich ab." Ich bekomme keine genau artikulierte Antwort, doch das stört mich nicht im Geringsten. Mit meinen Händen reiße ich das Hemd aus seiner Hose, fahre ungeduldig darunter, streiche fest über seine Seiten was ihn in meinen Armen erscheuern lässt. Seine Lippen geistern über meinen Hals, liebkosen da meine empfindliche Stelle und ich kann beinahe nicht mehr an mich halten. Es wäre mir so egal wie weit wir hier gehen, allerdings habe ich trotz allem ein ungutes Gefühl dabei. Dieses verstärkt sich, als ich mit einem Mal seine vorwitzigen Finger an meiner Hose spüren kann wie sie versuchen unter den Stoff zu kommen. Bestimmt schiebe ich Markus von mir. "Nichts da", knurre ich. "Wieso?", fragt er verwirrt, streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Weil es so rum sicherlich nicht funktioniert", beharre ich stur. Markus' Blick verfinstert sich und er rutscht ein wenig auf meinem Schoß hin und her was für mich eher schmerzhaft als anregend ist. Doch ich verkneife mir jeden Laut. "Wie Sie wissen war ich bisher immer der Mann", wirft er ein. "Liegt daran, dass Sie als einziger anwesend waren", brumme ich. "Aber mit mir sind wir schon zu zweit." Irritiert zieht er die Augenbrauen zusammen, gleitet von mir herunter und kommt auf etwas wackligen Beinen schließlich zum stehen. Er verschränkt die Arme vor der Brust und schiebt kampfeslustig sein Kinn nach vorne. "Sie glauben doch wohl nicht ernsthaft, dass ich für Sie die Beine breit mache?!" Mit einem dunklen Lachen erhebe ich mich, trete auf ihn zu und mustere ihn unverhohlen kühl und abschätzend. Irgendwie hatte ich so was erwartet. Als ob der reicher Pinkel so schnell über seinen Schatten springen könnte. "Wenn Männer mit Frauen schlafen, ist der Mann immer oben, aus ganz natürlichen Gründen. Aber wenn Männer mit Männern schlafen funktioniert das Ganze etwas anders", sage ich knapp, lehne mich zu ihm vor. "Und falls du es vergessen haben solltest... du hast bereits deine hübschen Beine für mich breit gemacht." Mit diesen Worten lege ich meine Lippen erneut fordernd auf die seinen, schlinge meine Arme um seinen Körper, ziehe ihn an mich heran, dränge mich zwischen ihn, erobere und beherrsche ihn. Ja, so lieben Männer. Sie ringen miteinander bis einer von ihnen die Oberhand behält. Es ist ein reiner, unverfälschter Machtkampf und allein der Stärkere gewinnt. Der, der sich das Recht auf Führung verdient hat. Dass Markus glaubt, dass er alles bestimmen kann, nur weil er adlig und reich ist, ist lächerlich. So leicht lasse ich mich von niemandem um meinen freien Willen bringen. Ein stechender Schmerz durchfährt mich und augenblicklich weiche ich zurück. Seine funkelnden grünen Augen durchbohren mich und ich muss unwillkürlich schmunzeln. Sein Kampfgeist ist erwacht. "Genau", flüstere ich ihm zu. "So lieben Männer." Damit trete ich an ihm vorbei, verlasse den Pavillon, durchquere mit langen Schritten den Park und komme bald darauf wieder bei der Limousine an, die noch immer draußen steht. Ich beuge mich zu der Politur herab, greife sie auf und mache mich wieder an die Arbeit, so als ob rein gar nichts geschehen wäre. Innerlich zähle ich die Minuten die es dauert bis er an mir vorbeikommt. Wenn er sich überhaupt traut. Es überrascht mich ein wenig als er nach nur etwa sechs Minuten tatsächlich erhobenen Hauptes und mit wohl geordneten Kleidern an mir vorüberrauscht, mich keines Blickes würdigt und mich damit nur leise auflachen lässt. Ich fahre mit der Zunge über meine Unterlippe und spüre ganz genau, wo er mich gebissen hat. Markus ist es nicht gewohnt dominiert zu werden und würde sich wahrscheinlich wundern, wenn er wüsste, dass ich im Gegensatz zu ihm durchaus schon einmal die untere Position eingenommen habe. Aber anders als er habe ich mich schon immer nach einem männlichen Gegenpart gesehnt. Und Dominanz hat nicht unbedingt etwas mit körperlicher Stärke zu tun. Auch wenn ich zugebe, dass das in unserem Fall wohl auch eine gewisse Rolle spielt. Ich poliere die Limousine zu Ende, schiebe sie dann mit Karls Hilfe (der gerade vom hinteren Teil nach vorne kommt) in die Garage zurück und entschließe mich dazu, auch heute wieder im Anwesen zu bleiben. Da es morgen recht früh losgeht, will ich mir den Stress nach Hause zu fahren nicht antun. Gemeinsam mit meinem Kollegen betrete ich das Anwesen, lasse mich in der Küche mit etwas Essbarem versorgen und verziehe mich dann auf mein Zimmer, wo ich unter der lauwarmen Dusche an die Ereignisse im Pavillon denke und mich dabei selbst befriedige. Das Markus aber auch eine so harte Nuss sein muss. Er kann einfach nicht aufgeben und sieht sich immer in dieser Machtstellung. Das werde ich ihm austreiben müssen. Oder ich kündige. Aber nachdem ich einmal Blut geleckt habe, ist das keine Option mehr für mich. Ich will Markus haben! Mit diesen Gedanken werfe ich mich aufs Bett und schlummere, von den Anstrengungen des Tages erschöpft, bald ein. Es ist traumlos und erholsam und am nächsten Morgen komme ich gut aus den Startlöchern, bin sogar einer der Ersten, die auf den Beinen sind. Ich kontrolliere noch einmal alle Wagen persönlich, frühstücke dann kurz, hole meine Uniform aus der Waschküche ab, werfe mich in Schale und bin für die erste Fahrt bereit, als ich Markus die große Treppe hinunter kommen sehe. Als er aufblickt, grinse ich ihn an, was er jedoch gekonnt ignoriert. Er spricht mit Sophie und Gerhard einige Details durch und befindet sich auch noch immer in diesem Gespräch als es für Karl und mich Zeit wird die ersten Gäste abzuholen. "Alles klar?", frage ich Karl, der ein wenig nervös wirkt. Er ist noch nicht lange dabei und hat außer Markus noch niemanden aus der Familie befördert. "Geht schon", murmelt er, greift die Autoschlüssel die ich ihm hinhalte, nickt noch einmal kurz, strafft die Schultern und stapft entschlossen auf die Eingangstür zu. "Wir fahren dann", rufe ich über die Schulter an Sophie und Gerhard gewannt, doch als ich kurz zurückblicke bemerke ich Markus' eindringlichen Blick der sicherlich überall liegt nur nicht auf meinem Gesicht. Als er mein Starren bemerkt reißt er sich augenblicklich von meiner Kehrseite los und hat sogar den Anstand ein wenig zu erröten. Ich grinse in mich hinein, folge Karl dann auf das Grundstück hinaus, besteige den silbernen BMW und fahre meinem Kollegen voraus. Die ersten Gäste die wir abholen sind irgendwelchen entfernten Cousins und Cousinen sowie eingeladene Freunde der Familie. Es ist bis auf den regen Verkehr in der Stadt sehr angenehm und ich habe das Glück, dass ich meistens die älteren Herrschaften kutschieren darf, die in der Regel nur wenig reden oder zumindest etwas halbwegs Sinnvolles äußern. Karl ist am Nachmittag jedoch total geschlaucht und hängt wie ein Schluck Wasser in der Kurve. "Reiß dich zusammen", ermahne ich ihn, da er für alle Gäste offensichtlich einfach nur dumm in der Gegend herumsteht. Er zuckt jedoch nur mit den Schultern reicht mir die Autoschlüssel und wirft die Fahrermütze achtlos von sich. "Was tust du?" "Ich kündige." "Was?", keuche ich verwirrt, doch scheinbar ist es Karls Ernst. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren dreht er sich herum verschwindet irgendwo im Gemenge und ist schließlich nicht mehr zu sehen. Ich wusste ja, dass Karl immer der lockere Typ war und genau wie ich nicht wirklich in diese Jobsparte gepasst hat, aber anders als ich hat er eine gesonderte Ausbildung als Fahrer absolviert. Er hat diesen Beruf aus freien Stücken gewählt, während ich ihn vom Arbeitsamt aufs Auge gedrückt bekommen habe. "Das darf ja wohl nicht wahr sein!", keife ich wie wild los, als ich mich kurz darauf in der Küche wieder finde, in der ich ohne groß aufzufallen meinem Ärger Luft machen kann. Einige der Köche schauen erschrocken drein, doch jeder hat im Moment genug mit sich selbst zu tun, als das sie groß auf mich und meine Probleme achten. Ich greife mir von irgendwoher einen Stift, ziehe Markus' Fahrplanzettel aus der Tasche und kritzle wie irre darauf herum. Ich checke die Zeiten ab, lege Familienmitglieder zusammen und versuche mir alles so genau wie möglich zu merken, gehe auf den Strecken eventuelle Abkürzungen durch und raufe mir dabei die Haare. So verantwortungslos wie Karl kann man doch einfach nicht sein! "Wo gehst du hin?", ruft mir Sophie hinterher, als sie aus dem Salon kommend bemerkt, dass ich mich erneut auf den Weg mache. Eigentlich wäre ich jetzt fast mit meinen Leuten durch gewesen und hätte nur noch auf den alten Herrn und den Onkel warten müssen, doch dank Karl bin ich bereits zwei Minuten zu spät dran um noch rechtzeitig die beiden Tanten abzuholen. "Karl hat gekündigt! Ich geh’ retten was zu retten ist!", rufe ich der Hausdame zu, eile im Lauftempo durch die Tür und wäre beinahe mit Markus zusammengestoßen, der gerade einer betagten alten Dame hinein hilft. Im letzten Moment kann ich mich noch abfangen. Mich um die eigene Achse drehend nehme ich dann wieder volle Fahrt auf, springe die Treppenstufen alle auf einmal herunter, hechte über die Einfahrt, tausche noch schnell die Wagen aus und fahre recht flott an. In der Stadt bin ich um einiges zu schnell, nehme die Kurven viel zu scharf und fahre wie die letzte gesenkte Sau. Das gerade keine Polizeikontrolle unterwegs ist, ist aber auch mein einziges Glück. Mit einer Verspätung von exakt drei Minuten komme ich am Treffpunkt an, verstaue das Gepäck der Damen im Kofferraum, bin bei den letzten Griffen noch behilflich und fahre dann auch schon wieder weiter. "Entschuldigen Sie meine Verspätung, es gab eine kurze Verzögerung im Zeitplan." "Ach das macht doch nichts, junger Mann", wiegelt eine der beiden ab, wirft mir ein charmantes und sicherlich mit Hintergedanken bestücktes Lächeln zu. Während der doch etwas rasanteren Fahrt habe ich alle Hände voll zu tun die beiden Frauen bei Laune und ihre Aufmerksamkeit von der Straße zu halten. Ich verwickle sie in Gespräche, lasse mir Witze und Familiengeschichten erzählen und bin letztendlich einfach nur froh, als wir beinahe pünktlich beim nächsten Abholort ankommen. Dort jedoch stelle ich fest, dass zumindest eine der Frauen ein Problem mit unserem männlichen Gast hat, der jetzt dazu steigt. Ein Streitgespräch allererster Güteklasse entbrennt und bringt mich beinahe dazu beim Abbiegen an der grünen Ampel in einen anderen Wagen hineinzusteuern. Erst rede ich mit wahren Engelszungen à la Sophie auf die Insassen ein, doch da ich offensichtlich über keinerlei Talent in derlei Hinsicht verfüge, lasse ich es bald sein. Stattdessen spiele ich jetzt mit offenen Karten, schmiere hin und wieder ein wenig Honig um die reichen Mäuler und danke dem Himmel, als wir wieder bei Anwesen ankommen und sich der Streit zumindest ein wenig gelöst zu haben scheint. Zumindest reden die Parteien jetzt wieder wie echte Menschen miteinander. Markus, der seine Gäste persönlich an der Tür empfängt ist mehr als nur überrascht als er bemerkt wen ich da alles auf einem Haufen anschleppe, doch noch bevor er ein Wort an mich richten kann, bin ich auch schon wieder eingestiegen und abgefahren. Es stehen noch insgesamt acht Personen auf meiner Liste plus den Vater und Onkel. Zeitlich bekomme ich alles nur hin, wenn deren Flug zumindest eine halbe Stunde Verspätung hat. Ich rase also den ganzen Tag einmal quer durch die Stadt und wieder zurück, treffe dabei auf die merkwürdigsten Menschen in meinem ganzen Leben und frage mich ernsthaft wie Markus es mit solch einer Verwandtschaft aushalten kann. Der Streit von vorhin war ein Zuckerschlecken gegen die Unartigkeit und Rotznäsigkeit der drei Kinder, die ich danach herumfahren muss und die von ihrer Mutter total ignoriert werden. Außer dem Geplärre der Kleinen herrscht eisiges Schweigen im Wagen wofür ich zwar auch ganz dankbar bin, was es mir aber trotzdem nicht unbedingt leichter macht. Es folgen noch diverse Großnichten und -neffen sowie ein alter Freund der Familie, mit dem ich mich tatsächlich ganz gut unterhalten kann, der jedoch bei den anderen nicht besonders hoch im Kurs zu stehen scheint. Als er permanent unterbrochen und beleidigt wird, platzt mir irgendwann der Kragen und ich lenke den Wagen an den Straßenrand, setze den Blinker, drehe mich zu den Teenies herum und lasse einen Anschiss vom Stapel wie sie ihn sicher kein zweites Mal in ihrem Leben erhalten werden. Als einer der Jungs daraufhin aussteigen will, setze ich ihm augenblicklich nach, verfrachte ihn erneut ins Auto, prügle die Kindersicherung rein und liefere die schmollenden und kratzbürstigen Zwerge danach so bei meinem Arbeitgeber ab. "Die gehören windelweich geprügelt", maule ich Markus entgegen als ich das Gepäck der Gören aus dem Kofferraum hieve und fange mir dadurch einen missbilligenden Blick von Sophie ein, die direkt neben ihm steht. Was Markus gerade denken mag, weiß der Himmel allein. "Haben Sie vielen Dank, junger Mann", wendet sich der Freund des Großvaters an mich, drückt meine Hand und schenkt mir ein aufrichtiges Lächeln. "Gern geschehen, Sir", beuge ich mich ein wenig zu ihm herab, um mit ihm auf Augenhöhe stehen zu können. "Es war mir eine wirkliche Freude." Daraufhin lacht der kleine Mann, klopft mir auf die Schulter, zwinkert mir zu und begrüßt dann Markus, der ihn mit einem freundlichen, wenn auch verwirrtem Lächeln empfängt. Als die beiden im Haus verschwunden sind, schüttle ich einmal die Schultern aus, drehe den Kopf hin und her und versuche mich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Sophie steht nach wie vor in der Tür und mustert mich eingehend. "Nur noch drei", erzähle ich ihr. "Jetzt liege ich zwar wieder gut in der Zeit, aber wenn ich zwischendurch zum Haus zurückfahre, komme ich zu spät. Sag mir, dass die drei sich wenigstens verstehen." "Es sind Markus Geschwister. Die werden sich benehmen", antwortet Sophie. "Na hoffentlich", lächle ich ihr schwach zu, schließe den Kofferraum, umrunde den Wagen und greife gerade nach der Tür, als mich eine leise Stimme zurückruft. Als ich aufblicke hat sich Sophie scheinbar in ein perfektes Abbild von Markus verwandelt, der jetzt am oberen Absatz steht und nur zögernd den Blick in meine Augen wagt. "Ja, Sir?", frage ich korrekt nach, komm jedoch nicht umhin das Zusammenzucken des anderen zu bemerken und frage mich, was es damit wohl auf sich haben mag. "Sophie hat mir von Karls Kündigung erzählt", beginnt er so leise, dass ich ihn kaum verstehen kann. Als ich meine Hand von der Tür nehme, den Wagen erneut umrunde und auf ihn zugehe, weicht er ein wenig zurück, landet jedoch bloß am Holzrahmen. Etwa zwei Meter vor ihm bleibe ich stehen, sehe ihm direkt ins Gesicht und lächle ihn an. Offensichtlich hat ihn unser Gespräch von gestern nicht ganz kalt gelassen. "Ich tue mein Bestes um die Familie sicher hierhin zu bringen und du tust dein Bestes damit sich alle irgendwie vertragen, nicht wahr?" "Ja", stimmt er mir zu, wird dabei etwas mutiger und strafft seine Haltung. "Dann ist alles gut." Ich unterdrücke den Drang ihm über die Wange zu streicheln erfolgreich, deute stattdessen eine Verbeugung an, was ihn beinahe endgültig die Fassung verlieren lässt und während ich mich noch über seinen Ausdruck amüsiere, steige ich in den Wagen und fahre vom Hof. Vor dem Firmengebäude erwarten mich die beiden ältesten Brüder, die ich bereits etwas näher kenne und die mir tatsächlich die Hand zur Begrüßung reichen. Ich halte ihnen die Tür auf, verstaue das Gepäck sicher im Kofferraum und fahre weiter. Als sie danach fragen, berichte ich ihnen dass wir zunächst einen Umweg fahren werden um ihre Schwester von der Nachhilfe abzuholen, doch keiner der beiden erhebt Einwände. Eine Zeit lang stellen sie noch ein paar Fragen über die Anzahl der Gäste und wann ihr Vater erwartet wird, doch schließlich versinken sie in einem Gespräch über ihre Arbeit. Ich lasse die beiden unbehelligt bis wir in die Straße einbiegen, in der wir ihre Schwester erwarten. Allmählich drossle ich das Tempo, komme auf der gegenüberliegenden Seite des Privathauses zum stehen und warte bei abgeschaltetem Motor. Nach zwei verstrichenen Minuten steige ich aus, ziehe meine Mütze zurecht und überquere die Straße. Gerade als ich klingeln will, wird die Tür von innen geöffnet und die junge Dame schaut überrascht zu mir auf. "Oh, Entschuldigung", spricht sie leise, legt dabei die Hand über ihre Lippen. "Es hat ein bisschen länger gedauert und ich habe mich verspätet." "Kein Grund zur Sorge, Miss", antworte ich höflich. Ich biete ihr meinen Arm an, so wie ich es von Gerhard gelernt habe und bringe das Mädchen, dass kaum älter als achtzehn zu sein scheint, zu ihren wartenden Brüdern. Die Männer nehmen ihre Schwester in die Mitte, und während sich ein familiäres Gespräch entspinnt fahre ich nun deutlich entspannter zum Anwesen zurück. Markus' Familie überrascht mich immer wieder. Sein Vater geht mit strammen Schritten auf die sechzig zu, sein ältester Bruder nähert sich langsam den vierzig, der zweite im Bunde ist auch bereits fünfunddreißig, Markus selbst hat dieses Jahr die runden dreißig erreicht und dann kommt eine riesige Lücke. Das Mädchen, dass ich jetzt im Wagen sitzen habe ist die älteste Tochter und (wie ich durch Lauschen gerade herausgefunden habe) junge zwanzig. Das nächste Mädchen dürfte dann wohl um die achtzehn sein und das jüngste Kind, der insgesamt vierte Sohn ist gerade einmal fünf. Die Potenz des Vaters hat sich wohl bis ins hohe Alter gehalten. Bei den Mädchen mag es noch hinkommen, aber ob der Kleine wirklich von Markus' Mutter stammt, wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Selbst bei den Töchtern wäre ich mir nicht ganz so sicher. Denn die gute Frau ist immerhin auch schon sechsundfünfzig. Wäre also bereits bei der zweiten Tochter problematisch. Allerdings habe ich nie ein derartiges Gerücht gehört, man munkelt sicherlich hinter vorgehaltener Hand, aber von so etwas bekomme ich in meiner Position selbstverständlich wenig mit. Ohne große Verspätung komme ich beim Anwesen an, halte eine der Türen auf, reiche der jungen Dame meine Hand und mache mich unverzüglich an das Ausräumen des Gepäcks. Aus dem Augenwinkel heraus beobachte ich die Begrüßungsszene zwischen den Geschwistern und stelle fest, dass Markus eine offensichtliche Schwäche für seine Schwester zu haben scheint, während die Männer an sich eher förmlich wirken. Alle vier verschwinden im Haus und ich atme erleichtert aus. Zwei Jungs kommen angetrabt um mir das Gepäck abzunehmen und zu den Zimmern zu bringen, während ich den Wagen zurück in die Garage fahre. Jetzt muss ich nur noch einmal raus, dann ist es für den heutigen Tag geschafft. In der Küche setze ich mich in eine halbwegs ruhige Ecke, bekomme von Rick eine warme Mahlzeit vorgesetzt und dann hat er tatsächlich noch ein bisschen Zeit mit mir zu reden. "Wie lief's? Hab gehört Karl hat mitten im Trubel geschmissen?" "Ja", brumme ich. "Ich habe die unmöglichsten Familienkombinationen angeschleppt. Und diese Großnichten, oder wer die Gören auch immer waren, habe ich auf dem Rückweg zusammengeschissen." "Ach du je", seufzt Rick auf, setzt sich mir gegenüber an den kleinen Tisch, den sie hier stehen haben und meistens für ihre Pausen benutzen. "Bist du denn durch?" "Es fehlt nur noch der Vater. Und der Onkel. Aber der Flug hat Verspätung." "Ach ja, die wollten ja fliegen." Ich nicke Rick zu, lasse mich kurz über den Zustand im Haus ins Bild setzen und bin froh, dass ich davon so gut wie nie etwas mitbekomme. Derzeit sind wohl alle Gäste verstreut, entweder beim auspacken auf ihren Zimmern oder im großen Salon. Manche haben sich noch ein kleines und eher verspätetes Mittagessen auftischen lassen und grundsätzlich herrscht beim gesamten Hauspersonal Druck und schlechte Laune. Sophie scheucht wohl die Zimmermädchen durch die Gegend, während Gerhard den Kellnern und Pagenjungen die Hölle heiß macht. Überall ist was los und selbst in der Küche brennt es richtig, denn die Vorbereitungen für das extravagante Dinner sind noch lange nicht abgeschlossen. Rick macht sich deswegen auch schon nach wenigen Minuten wieder an die Arbeit und als es mir zu hektisch wird, verziehe ich mich. Draußen in der Eingangshalle laufe ich Markus über den Weg, der gerade in ein Gespräch mit seinen beiden Brüdern vertieft ist. Als er mich jedoch abwartend im Kücheneingang stehen sieht, winkt er mich heran. "Was gibt es?", will es routiniert wissen und ich spüre die Blicke der beiden älteren Männer auf mir ruhen. "Ich melde mich mit Ihrer Erlaubnis ab, Sir, und ziehe mich auf mein Zimmer zurück." "Gab es Schwierigkeiten?" "Nichts Erwähnenswertes, Sir." "Wir sprechen dennoch darüber", bestimmt er. "Ja, Sir", gebe ich mich geschlagen. "Ich ziehe mich dann zurück." "Tun Sie das. Ich lasse bei Ihnen durchrufen, wenn ich genaueres über den Verbleib meines Vaters erfahre." "Sehr wohl." Damit trete ich von ihm zurück, nicke seinen Brüdern kurz zu und verschwinde dann mit zielgerichteten Schritten die Treppe hinauf und in den Trakt der Angestellten. Ich suche mein Zimmer, lasse erleichtert die Tür hinter mir zufallen, schäle mich noch aus meiner Fahreruniform und lasse dann alles an mir abprallen. Wie tot falle ich ins Bett, schließe die Augen und schlafe tatsächlich wie ein Stein, bis mich das Klingeln des Telefons aus all meinen Träumen reißt. "Hier Zorac", brumme ich in den Hörer. "Ich hatte vergessen, dass Sie einen solch exotischen Nachnamen tragen", höre ich Markus amüsierte Stimme und grummle ein wenig ärgerlich in mich hinein. "Wollten Sie nicht jemand anderen durchrufen lassen?", stichle ich, setze mich währenddessen auf und angle nach meiner Uniformhose. "Der Herr tut, was dem Herrn gefällt", zieht er mich auf. "Nicht vergessen", mahne ich ihn lauernd. "Es gibt zwei von der Sorte." Eine Weile ist es daraufhin still am anderen Ende der Leitung ich kann mir ein kehliges Auflachen nicht verkneifen. Markus ist eindeutig verstimmt, versucht jedoch sich davon nichts anmerken zu lassen und gibt mir stattdessen lieber die Ankunftszeit des Fliegers seines Vaters durch und teilt mir mit, dass ich außerplanmäßig allein fahren werde. Ich bestätige ihm die Informationen und lege ohne ein weiteres Wort auf. Da ich weiß wie schwierig es ist mit einer Limousine einen ordentlichen Parkplatz zu bekommen, mache ich mich ohne jede Verzögerung auf den Weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)