Erin Erik 3 von Mad-Dental-Nurse (Buch 3: Im Reich der weissen Schlange) ================================================================================ Kapitel 3: Zwei Seiten einer Medallie ------------------------------------- Erin kraulte versunken in Gedanken Rafaels Kopf, der neben ihr lag und vor sich hindöste. Sie musste an ihren Traum letzte Nacht denken. Es war so real gewesen, als das er als Traum durchgehen konnte. Sie hatte gesehen wie dieser Kampf und warum er zwischen Erik und Whitney, nein, Agan, vor sichgegangen war und erschauderte. „Ich hätte dir das gerne erspart. Aber man kann seinem Schicksal nicht entfliehen!“ Das waren Eriks eigene Worte gewesen und in ihnen war so viel Bitterniss und Trauer, dass es ihr das Herz verkrampfte. Sie biss sich auf die Unterlippe und musste dabei an Chris denken. Was wenn sie es nicht schaffte. Wenn sie, wie Erik starb und nicht mehr ihren Freund sehen konnte. Schon allein bei diesem Gedanken wurde alles in ihr zu Eis. Chris. Er war der einzige Hoffnungsschimmer, an den sie sich halten konnte. Doch wie lange würde es dauern, bis sie endlich mit Chris zusammen sein konnte. Zehn, zwanzig, oder gar fünzig Jahre. Konnte er überhaupt solange warten? Erin hoffte es. Sie liebte ihn. Mehr als ihr Leben. Dass sie diesen Pakt eingegangen war, war der beste Liebesbeweis… Und doch verwünschte sie sich. Was hatte es ihr bisher gebracht. Nichts! Nur Schmerz und Tränen. Kummer und wenige Momente des Glücks. Und das das alles nur passierte, weil Erik und dieser Schlangendämon einen alten Kampf hatten und nun wieder ausfochten, weil dieser Wurm Rache wollte und sie dabei mithineingezogen wurde, sorgte dafür, dass sie eine ungeheure Wut auf Erik hatte. Nicht nur deswegen sondern auch, weil er es rechfertigte, das Schicksal habe seine Hände dabei im Spiel. Schicksal, pah. Ich scheisse auf das Schiksal, dachte sie wütrend. „Ich habe nicht gesagt, dass es leicht wird!“, hörte sie ihn plötzlich knurren und sie knurrte in Gedanken zurück. Mit ihm jetzt geistlichen Smaltalk zuhalten war das letzte, was sie wollte. Da zog eine Stimme ihre Aufmerksamkeit auf sich und sie schaute zur Seite. Eine alte Frau, mit schneeweissem Haar und runzeliger Haut stand vor ihr. Sie war in ein einfaches Kleid gehüllt und ein Schleier war um ihren Kopf gewunden. Kaum das Erin sie ansah, machte sie einen Schritt zurück. Egal wie furchterregend sie in diesem Moment ausgesehen hatte. Es musste die Frau zutiefst erschrocken haben und Erin entschuldigte sich. Besah sie sich genauer. Tiefe Falten zerfurschten ihr Gesicht. Weisses Haar lugte in einzelnen Strähnen aus dem Schleier hervor. Ihre Augen waren seltsam trüb. Fast schon milchig. „Sie ist blind!“, dachte sie mitleidig. Fast so als würde sie wissen, dass die Frau trotz ihrer Blindheit ihr Mitleid sehen konnte, lächelte sie und verneigte sich kurz und knapp. Sie schien nun keine Angst mehr zu haben, was Erin irgendwie beruhigte. „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie und die Frau nickte erneut. Doch statt was zu sagen, winkte sie Erin zu und ging dann. Erin verstand und stand auf. Folgte der Frau. Auch wenn sie nicht wusste, was die Frau von ihr wollte. Sie durchquerten das Dorf, bis sie an einer schäbigen Hütte ankamen und gemeinsam eintraten. Es roch nach scharfen Gewürzen und nach etwas anderem, welches Erin zuerst nicht richtig einordnen konnte. Bis der andere Geruch penetrant in ihrer Nase brannte und sie sich diese instinktiv zuhielt. Heilige Kräuter! Erin wunderte sich, dass ihr dieser Duft, der eigentlich in ihrer Nase und Lunge brennen sollte nichts, ausmachte und blickte die alte Frau an. Die sah sie immernoch mit einem sanften Lächeln an und setzte sich auf die abgenutzten Kissen. Machte eine einladene Geste und Erin tat es ihr gleich. Sie lehnte sich zurück und schaute sich die Hütte genauer an. Sie unterschied sich von der ihrigen nicht im mindestem. Einige Schleier und Kleider hingen an provisorischen Kleiderhacken, die aus einfachen Ästen bestanden. An den Wänden hingen alte Teppische. Wohl Erbstücke ihrer Familie. Sie waren abgenutzt und zeigten kaum noch was von ihrer einstigen Pracht. In der Mitte der Hütte, war eine kleine Feuerstelle aufgebaut auf der ein Kessel stand und Wsser gemsicht, mit Kräutern vor sich hinköchelte. Der Dampf stieg gen Decke empor und dünne Schwaden schwebten durch die Luft. Einmal mehr wunderte sich Erin, wieso diese Dämpfe ihr nichts anhaben konnten. „Das sind nur Kräuter gegen das Böse, das uns Nacht für Nacht heimsucht!“, erklärte die alte Blinde, als wären Erins verwirrte Blicke aufgefallen. Rafeniert, dachte sie und wollte nun wissen, was die Frau von ihr wollte. Bisher hatte sie kein Wort gesagt. Und Erin war ehrlich gesagt neugierig. „Was möchten Sie denn von mir?“, fragte sie. Die Frau schaute sie einen kurzen Moment schweigend an, dann blickte sie zu einem Punkt über Erins Kopf und sie schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein. Ein seltsamer nachdenklicher und trauender Ausdruck lag in ihren blinden Augen. Dabei legte sich ein harter Zug um ihre Mundwinkel. Erin sah es deutlich, wie sie sich in lange vergessenen Erinnerungen zurückversetzte. Allerdings in keinen schönen. „Es...es ist jetzt siebzig oder achtzig Jahre her, aber ich erinnere mich noch ganz genau. Es war…einfach furchtbar. Diese Nacht…!“, sagte sie und schüttelte den Kopf. Erin holte tief Luft, sofern es möglich war und brauchte nicht zufragen, was sie damit meinte. Sie konnte es nicht nur in ihren Worten und in ihrer Stimme hören. Sondern es deutlich im Gesicht der alten Frau sehen. Etwas Grausames musste passiert sein. „Was ist geschehen?“, fragte sie ruhig sie. Die Frau blinzelte die Tränen weg und fuhr mit zittriger Stimme fort. „Meine Schwester. Sie…sie ist einfach verschwunden. Wir…wir dachten man hätte sie entführt und suchten alles ab. Doch wir fanden sie nicht. Meine Eltern waren krank vor Sorge und wir hatten schon die Hoffnung aufgegeben. Aber dann kam sie wieder. Doch sie war…nicht mehr die, die wir kannten. Sie war ganz verändert!“ Ein dunkler Schatten von Schmerz huschte über das Gesicht der Frau. Erin ahnte, was kommen würde. Die meisten Geschichten, die man ihr erzählte und die so anfingen, nahmen ein böses Ende. Die Frau holte tief Luft, sammelte neue Kraft, um die nächsten Worte auszusprechen. „Und bevor wir wussten, was eigentlich vor sich ging, ging sie auf uns und auf die anderen los. Sie zerstörte das Dorf in Sekundenschnelle und tötete jeden, der versuchte sie aufzuhalten oder gar zu fliehen. Nur ich habe überlebt…!“ Erin sah sie an und konnte den Schmerz in den Worten der Alten spüren. „Wie hat sie die Menschen getötet?“, fragte sie vorsichtig. Es überlief sie selber eiskalt. Ein kleines Mädchen, das ein ganzes Dorf dem Erdboden gleich machte. Da konnte doch was nicht stimmen. Da war sie sich sicher. Die Augen der Frau wurden trüb und Tränen rannen ihr über die Wangen. Ihr Herz machte einen schmerzhaften Satz und sie presste sich die Hände ins Gesicht. Ihre schmalen Schultern zuckten unregelmässig und deutlich konnte Erin das Schluchzen hören. Die nächsten Worte, die sie dazwischen hervorbrachte, kamen heisser und erstickt heraus. Offensichtlich war bloss die Erinnerung daran, die reinste Qual. Mochte das Geschehene schonlange zurückliegen, sowas vergass man nicht und auch nicht den Schmerz und das Grauen. Erin kannte das nur zugut. „Es…es…waren Blitze. Grelle, gleissende Blitze, die aus ihren Fingern schossen und diese…diese Schlange, die sich um ihren Hals geschlungen hat!“, stammelte sie. Eine Schlange! Blitze! Erins Innere verkrampfte sich, als sie das hörte. Das konnte doch nicht sein, schrie es in ihrem Kopf. Doch sie brauchte nur genauer in sich hinein zuhören um es besser zuwissen. Dieses kleine Mädchen war Whitney gewesen. Die Whitney, die sie jagte. Alles passte zusammen. Und doch wieder nicht. Erin schluckte. Wie konnte ein Dämon ein so kleines Mädchen dermassen einnehmen, dass es sich nicht wehrte. Das Kind war weder tot noch sonst etwas anderes, was es dem Dämon leicht gemacht hätte. Sicherlich hatte dieser Dämon sie dermassen geängstigt, dass sie sich nicht wehren konnte, dachte sie. Und hörte in ihren Gedanken Erik zustimmend etwas murren. So musste es gewesen sein. „Warum erzählen Sie mir das?“, fragte sie schließlich und war selber überrascht, dass ihre Stimme dünn klang. Die Gesichtszüge der Frau nahmen nun einen anderen Ausdruck an. Erin las darin zwar immernoch den Schmerz und die Trauer, aber auch etwas Wissendes. „Weil ich weiss, wer Sie sind. Und dass Sie die einzige sind, die meine Schwester retten kann!“ Erins Augen weiteten sich. Diese Frau wusste wer sie war. Und vorallem was sie war. Aber wie war das möglich? „Wie…?“, wollte sie fragen, kam jedoch nicht dazu, da die Frau ihre Hand hob und ihr milde und fast schon tadelnt sagte:„ Ich bin zwar blind, aber ich kann deutlich sehen, wen ich vor mir habe. Und dich sehe ich sehr genau. Wölfin!“ Erin schnappte nach Luft. Selten schaffte es jemand sie dermassen zu verblüffen und dann schallt sie sich selber als eine Närrin. Es gab natürlich Menschen, die, trotz das sie nicht sehen konnten, besser sahen, als jeder normale sehende Mensch. Und diese Menschen hier wussten von der anderen Seite. Der Schattenseite. Erin zog schuldbewusst wie ein Kind, das man beim Stehlen erwischt hatte, den Kopf zwischen die Schultern. „Ich bitte vielmals um Verzeihung, wenn ich Sie…!“, wolle sie erneut ansetzen, als die Frau lachte. „Schon gut. Ich werde oft wegen meiner Behinderung falsch eingeschätzt!“, sagte sie und ihre Augen, die blind waren, nahmen nun einen mütterlichen Ausdruck an. Der jedoch wieder entschwand und sie ernst wurde. „Ich weiss, du hast goßre Angst davor zu versagen. Aber…meine Schwester…ich…ich möchte, dass sie nicht mehr leidet. Auch wenn sie schon längst tot ist. Bitte hilf ihr!“, bat sie sie nun und faltete die Hände wie zu einem Gebet. Erin merkte, wie Tränen in ihrer Kehle brannten. Sie war gerührt über die Bitte der Alten. Wenn sie nichts von alldem gewusst hätte, hätte sie Whitney immernoch für ein kaltblütiges Monster gehalten. Doch nun musste sie erkennen, dass selbst diese Dämonin oder was auch immer sie war, eigentlich nur ein Opfer war. Wie bei ihr, war sie nur das Gefäss eines Dämons. Doch im Gegensatz zu dir, hat sie keinen freien Willen. Sondern ist eine Marionette, dieses Monsters, zischte Erik ihr zu und sie schauderte. Da war was Wahres dran. Und Erin vermochte nicht zusagen, ob sie sie wirklich retten konnte. Zuoft hatte sie gesehen, dass Besessene Menschen quallvoll starben, wenn der Dämon, der in ihnen nistete, gebannt war. Ob es bei dem kleinen Mädchen, dass nun Whitney auch so sein würde. Erin hoffte es nicht. Ratlos was sie sagen sollte, nickte sie und stand auf. Wollte die Hütte verlassen, da sie glaubte, bei der Bitte der Alten keine Luft mehr zu bekommen und sich nun was Neues einfallen lassen musste. Diese Frau wollte ihre Schwester wiederhaben. Egal ob lebend oder tot. Konnte sie es denn verkraften, wenn Erin ihren Leichnam brachte, oder würde sie der neue Kummer erneut übermannen und sie… Erin schüttelte den Kopf. Daran wollte sie nicht denken. Noch nicht. Gerade wollte sie die Decke, die die Tür für die Hütte diente beiseite schieben. Da hielt die Frau sie mit solch einer Schnelligkeit am Arm gepackt, das Erin erschrack und die Frau überrascht anschaute. Wo sie sie vorher für gebrechlich und nicht mehr so schnell vermutete, entpuppte sich dies nun als ein Irrtum. Der Griff um Erins Handgelenk verstärkte sich. In den Augen der Frau lag nun ein flehender Ausdruck. „Bitte…ich bitte Euch helft ihr. Ich weiss, sie ist nicht mehr meine kleine Schwester. Aber trotzdem bitte ich Euch, sie zuretten. Rettet ihre Seele. Bitte. Bitte!“, flehte sie und sah Erin herzzereissenden Blick an. Erin kämpfte gegen den dicken Kloss in ihrem Hals an und auch wenn sie gerne etwas anderes gesagt hätte. Dass sie sie retten würde. Sie sogar lebend zurück ins Dorf und zu ihrer Schwester bringen würde, musste sie einsehen, dass das vielleicht nicht möglich war. Wer einmal ein Dämon wurde, konnte nicht gerettet werden, musste sie sich schmerzlich an ihre eigene Erkenntniss erinnern. Alles in ihr schrie danach, dass zusagen, doch Erin brachte es nicht über das Herz. Nie hatte sie solche flehenden Augen gesehen und noch nie solche schmerzliche Worte von jemanden gehört, der an einem seiner Angehörigen hing, der vermutlich niemals mehr der sein würde, der er einmal war. Krampfthaft rang sie sich ein Lächeln ab und nickte schließlich. Was brachte es ihr, die Frau anzulügen, wenn sie später doch versagen würde. Die alte Frau hatte schon genug Schmerz erfahren, als dass sie dies noch ertragen konnte. „Ich verspreche es!“, sagte sie noch nachdrücklich und berührte die Hand der Frau, die sie umfasst hielt. Erst dann löste sich der Griff und die Frau nickte dankbar. Es kostete sie alle Kraft um ihre Worte nicht rückgangig zu machen. Mit einem gemischten Gefühl verließ sie die Frau. „Ich frage mich, wann es losgeht!“, murmelte Lex, der seine Waffen untersuchte und pflegte. Fay konnte sich denken, das ihrem Bruder langsam langweilig wurde. Er war nicht der Typ, der wartete bis es losging. Einfach mit dem Kopf durch die Wand! Das war seine Devise. Die ihn hinundwieder fast den Kopf kostete. „Ich bin sicher, dass es bald losgeht!“, sagte Fay. „Ich an deiner Stelle wäre froh, dass es nicht sofort losgeht!“, mischte sich nun sein Vater ein, der mit finsterer Miene zu dem Dschungel jenseits des Dorfes blickte. „Aber warum, je eher wir es hinter uns bringen desto schneller können wir zurück. Und schließlich warst du es doch, der nicht wollte, dass wir mitkamen!“, erwiederte sein Sohn. „Das stimmt auch. Mir wäre es lieber gewesen, wenn ihr alle in London geblieben wärt. Denn dann wäre mir wohler!“ „Mir aber nicht. Ich habe dir schonmal gesagt, dass, egal wo, wir immer in Gefahr sein werden!“, kam es von Esmeralda und ihre sonst so sanften Augen wurden grimmig. „Ich weiss. Es ist nur so das…!“, versuchte es Brian. Nun wurden ihre Augen feurig. „Brian. Ich weiss, dass du uns alle nur schützen willst. Aber was bringt es uns, wenn…!“, sagte sie und ihre Gesicht nahm einen schmzerlichen Ausdruck an. „…Wenn wir dich verlieren!“ Brian hielt inne bei dem, was er als nächstes sagen wollte und schaute erst seine Frau, dann seine Kinder an. In Fays Augen konnte er es am deutlichsten sehen. Die Angst ihren Vater erneut zusehen. Und bei Lex. Nunja…das Verhältniss zu seinem Sohn war schon immer etwas angespannt gewesen. Auch jetzt, trotz all den ganzen Jahren. Doch immerhin vertraute er ihm. Das war schonmal ein guter Anfang. „Ich weiss!“, flüsterte Brian, blickte wieder seine Frau an und berührte ihre Wange. Wie wundervoll weich sich ihre Hand unter seinen Fingern anfühlte. Fast so, als wären sie keine Vampire sondern Menschen und in Brians Augen brannte es. Er musste sich wieder daran erinnern, was er einst getan hatte. „Es ist nur…ich habe Angst wieder denselben Fehler zumachen. Dich und unsere Kinder in etwas reinzuziehen, was vielleicht euer Ende bedeuten könnte. Ich weiss nicht, ob ich das nocheinmal überstehen würde. Ich…!“ „Schht!“, unterbrach ihn Esmeralda und legte ihren Finger auf seine Lippen. „Hör endlich auf davon zusprechen. Das gehört der Vergangenheit an. Und die liegt weit hinter uns. Ich habe dir vergeben. Nur das zählt und das, was vor uns liegt. Vergiss endlich was damal war. Lass die Vergangenheit hinter dir…!“ Brian war, seitlangen Jahren oder waren es Jahrzehnte zum weinen zumute. Die Vergangenheit hinter sich lassen? Konnte er das denn? Sicher nicht. Er hatte sich bis heute nicht verziehen, was er…ihr angetan hatte. Auch nicht als sie zurückgekommen war. Immer wenn sie ihn überglücklich ansah, versuchte er das schlechte Gewissen, welches er verspürte wenn er den größten Fehler seines Lebens dachte und an das, was er getan hatte, als er wiederkam, mit einem gekünzelten Lächeln zu verbergen. Selten konnte er so glücklich wie sie sein. Es war einfach verrückt und eine Qual zugleich. Wie damals, als er seiner Tochter anglogen hatte und erst später offenbart hatte, wer er war. Brian wiederstand der Versuchung sich noch tiefer in seine eigene Schuld zu vergraben und nickte. Biss sich dabei auf die Unterlippe, bis er Blut schmeckte. Wie soll das nur weitergehen, fragte er sich. Erin war den ganzen Tag durch das Dorf geirrt. Die Worte der Alten schallten noch lange in ihrem Kopf und trieben immer wieder kalte Schauer über ihren Rücken. Alopa…Unschuld Das war Whitneys richtiger Name. Als sie noch ein Mensch war. Ein kurzes sarkastisches Lächeln legte sich um ihre Lippen. Doch dann wich es einem mitleideigen. Was für Erin vor wenigen Stunden oder waren es gar Minuten schier undenkbar gewesen wär. Sie hatte Mitleid mit Wihtney. Nein, nicht mit Whitney. Mit dem kleinen Mädchen Alopa. Wie grausam das Schicksal doch manchmal sein konnte, dachte sie. Rausgerissen aus dem sicheren Schosse der Familie und verwandelt in ein Monster, welches ein ganzes Dorf zerstörte. Dabei sie an ihr eigenes denken. Wobei sie keine Freude empfand, wenn sie Menschen tötete. Doch das hiess noch lange nichts. Auch wenn sie es ungern zugab. Aber zwischen ihr und dieser Schlange bestand eine gewisse Ähnlichkeit. Beide waren aus ihrem normalen Leben gerissen worden. Fühlten ein Leben im Schatten. Aber das war auch schon alles. Wärehdn Erin immernoch für die, in ihren Augen, richtige Seite kämpfte, mordete und quälte Whitney Menschen wo sie nur konnte. Und doch… Sie waren sich irgendwie ähnlich und doch wieder nicht. Erin durchfuhr es kalt, als sie sich das immer wieder ins Gedächtniss rief. Immer wieder waren sie einander geraten. Es war völlig absurd und logisch zugleich. Erin hasste Whitney und Whitney hasste Erin. Sie zogen sich an und stiessen sich auch wieder ab. Fast so als wären sie bestimmt, aufeinander zutreffen nur um wieder gegeneinander zu kämpfen und auseinander zugehen. Wie Licht und Schatten. Zwei Seiten einer Medallie. Jing und Jang! Erin blieb stehen, als ihre Gedanken zu diesem Schluss kamen und ihr Herz setzte kurz einen Schlag aus. Ihre Hände begannen zu zittern und zum ersten Mal beschlich sie ein Gefühl der Angst. Ein ungeheurerlicher und schrecklicher Gedanke kam ihr in den Sinn. Was wenn sie sich doch ähnlicher waren, als Erin es sich denken konnte. Was wenn sie auch… Grauenhafte Bilder zeigten sich vor ihr. Sie, Erin, auf einem Berg von Leichen stehen. In gebeugter, angriffslustigen Haltung. Blut klebte an ihren Händen, die mehr mörderischen Klauen ähnelten und ihre Augen dunkelglühend. Der Mund zu einer schrecklich Blutdürstenden Grimasse verzogen. Nein, schrie es in ihrem Inneren und Erin schüttelte den Kopf. Sie würde niemals sein wie sie. Im Gegensatz zu Whitney…Alopa hatte sie ihren eigenen Willen und war stark genug, das Dunkle in sich zurück zuhalten. Bei Whitney war sie sich nicht so sicher. Es gehört nicht viel dazu, ein kleines Kind in Angst und Schrecken zu versetzten, um sich in seinem Leib breitzumachen und alles Menschliche darin abzutöten. „Aber was weiss ich schon über sie…!“, dachte sie plötzlich und ein eisiger Ring der Furcht legte sich um ihr Herz. „Richtig, was weißt du schon über sie!“, hörte sie die Stimme ihres anderen Ichs spottend und blendete diese sogleich aus. Er war der letzte, mit dem sie sich unterhalten wollte. Eriks Worte würden alles nur noch schlimmer machen. Erins Gedanken über Whitney und ihre Ähnlichkeiten beschäftigen sie noch ziemlich lange. Bis in die Nacht. Und Erin musste sich davon ablenken, denn sonst würde sie noch nervöser und unruhiger werden. Ablenken, ich muss mich ablenken, ging es ihr immer wieder durch den Kopf. Also nahm sie ihre Tasche und wühlte darin herum. Einfach so. Sie musste sich ablenken. Unausgeruht und mit strapazierten Nerven konnte sie nicht gegen die weisse Schlange entgegenrtreten. Das wäre fatal. Als sie merkte, dass es keinen Sinn hatte, seufzte sie schwer und lehnte sich gegen den Balken, der das Dach stützte. Kurz schloss sie die Augen, doch da erschien wieder dieses schreckliche Bild ihres eigenen Selbst, dass alles Böse in ihr repräsentierte und sie öffnete die augen. Schaute lange hinauf zu Decke und fragte sich, was eigentlich auf sie zukam. Da hörte sie Schritte. Es war Brian, der sich zu der Hütte schleppte. Sein Gesicht wirkte in dem fahlen Licht wächsern und abgezerrt. Ein runzelte die Stirn. Was in drei Teufelsnamen ist denn mit dem passiert, fragte sie sich. Brian ließ sich kraftlos auf den Holzboden sinken und legte mit einem erschöpften Seufzen den Kopf in den Nacken. „Was ist denn mit dir passiert?“, sprach sie nun ihre Frage aus. „Nichts. Ich weiss nur nicht…wie…!“, sagte er und brach ab. „Wie es weitergehen sollte?“, ergänzte sie und Brian nickte. „Mit unserem Kampf oder mit deinem schlechten Gewissen?“, fragte sie nun. Brian, der eben noch müde und abgekämpft aussahe, schien plötzlich hellwach zu werden. Mit ungläubigen Augen sah er sie. „Hast du etwa…?“ Wut schäumte augenblicklich in ihm hoch. Hatte sie es wirklich getan und seine Gedanken gelesen? Er fühlte sich ertappt und seine Fäuste ballten sich. Erin schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe es nicht in deinen Gedanken, sondern in deinem Gesicht gesehen!“, sagte sie und etwas von Brians Anspannung wich. Etwas wie niedergschelagenheit mischte dazu. War er soleicht zudurchschauen? Offentslichtlich ja. Wenn schon eine Werwölfin sehen konnte, was ihn beschäftigte. Wäre er der alte gewesen, wäre er wütend geworden und hätte sie in der Luft zerrissen. Doch er war nicht mehr der alte, sondern ein anderer. Nachdem er gelitten hatte, wie kein anderer. Und es immer noch tat. „Warum sagst du es ihr nicht?“, fragte sie dann und Brians Herz setzte einen Schlag aus. Erneut sah er sie an, als sei sie von einem anderen Stern und sein Atem beschleunigte sich. Sie wusste es? Woher? Wieder wurde sein Gesicht dunkel vor Ärger und er sah sie mit bohrenden Blicken an. Das ging eindeutig zu weit. „Bevor du mich in Stücke reisst, beanworte bitte meine Frage!“, sagte sie trocken und Brian holte tief Luft. Musste sich zusammenreissen um nicht ihre Worte, was das in Stücke reissen angeht, in die Tat um zusetzen. „Weil…weil ich…Es wäre besser, wenn sie nicht weiss, wie ich zurückgekehrt bin und was währenddessen und danach passierte!“, sagte er düster. Es kostete ihn viel Kraft, um diese Worte auszusprechen. „Und du denkst, dass es wirklich besser ist. Hast du nicht Angst, dass sie es irgendwann doch erfahren nicht. Wenn nicht von dir, dann vielleicht von einem anderen?“ Sofort wurde Brians Blick mörderisch und er fragte sich wie schnell er sein musste, um ihr das Genick zu brechen. „Wagst du es und sagst es ihr, dann…!“, drohte er ihr und Erin winkt ab. „Ich werde ihr nichts dergleichen. Da ich zumal unseren Deal nicht gefährden will. Aber denke doch mal scharf nach. Zwar sind wir beide die einzigen, die davon wissen, was und wer du warst, aber das heisst nicht, dass es auch so bleibt. Die Hölle, oder vielmehr ihre Geschöpfe haben ihre Augen und Ohren überall. Du bist bei ihnen genauso gut bekannt, wie ich. Sicher gibt es da den einen oder anderen, der etwas ausplaudern könnte, nur um dich zu schwächen und/ oder einen Keil zwischen dir und deiner Liebsten treiben will. Willst du es ihr nich doch sagen. Es würde sicherlich nicht so einen großen Schaden anrichten, als wenn es sie von einem dritten oder vierten erfährt!“, schloss sie ihren Vortrag. Brian sah sie einen langen Moment an. Gerne wäre er nach ihren Worten wütend geworden und hätte sich über ihre Frechheit sich einzumischen, geärgert. Aber an ihren Worten war etwas Wahres dran. Seine Gegner wussten bestimmt was er einmal war und würden das gegen ihn verwenden. Irgendwie… Er erinnerte sich an den Vampirmeister, der seine Tochter entführt hatte, um ihn raus zu locken und wie schwer er sie verletzt hatte. Sie gingen wirklich über Leichen. Brians Kehle fühlte sich trocken an und er versuchte zuschlucken. „Wieso mischst du dich da ein. Es sollte dir egal sein?“, fragte er schließlich, um seine Furcht und Angespanntheit mit gespielter Kühlheit zu überdecken. „Das sollte es auch. Aber du hast wohl vergessen, dass du jemand warst den ich einst sehr mochte. Ich kann mich nicht einfach von dir abwenden, auch wenn ich es gerne würde. Außerdem verdienst sie es nicht, belogen zuwerden. So aufrichtig ihre Gefühle sind. Und wenn es deine ebenso sind, solltest du ihr endlich reinweineinschenken!“, sagte sie düster und Brian holte einmal mehr tief Luft. Sie hatte recht, musste er wieder feststellen. Sollte seine Liebe wirklich echt zu Esmeralda sein, wie ihre zu ihm, dann… Brian kam nicht dazu, seine Gedanken weiter zuverfolgen, da ein Schrei die Stille zeriss und Werwolf und Vampir zuckten zusammen. Ein lautes Krachen, gefolgt von weiteren Schreien ließ das Dorf erschüttern und Erin und Brian sahen, wie Männer-bewaffnet mit Sperren und Erntewerkzeugen-an ihnen vorbeiliefen und sich etwas hastg zu riefen. „Was geht hier vor?“, flüsterte Brian. Erins Miene, die vorher fragend war, verdüstete sich. Ihr stieg langsam ein widerlicher Gestank in die Nase. Ekelhafter als Schwefel und der des Todes zusammen. Sie knurrte. Und noch etwas spürte sie. Etwas war hier. Etwas Böses. „Wir werden angegriffen!“, knurrte sie. Griff sich ihre Schusswaffen und stürmte an ihm vorbei. Brain folgte ihr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)