Blutschwur von lunalinn (Bis in den Tod...) ================================================================================ Kapitel 17: Genesung -------------------- Als er damals seine Entscheidung getroffen hatte, war ihm bewusst gewesen, dass sich alles ändern würde. Ihm war klar gewesen, dass es dann kein Zurück mehr geben würde, und er hatte sich dennoch dazu entschlossen, zu tun, was getan werden musste. Über zwei Jahre mochten vergangen sein, doch es gab keinen Tag, an dem er nicht an das, was er geopfert hatte, dachte. Natürlich bereute er es immer noch und würde wohl auch nie damit aufhören, doch es änderte nichts daran, dass er diesen Weg gewählt hatte. Vermutlich hätte er selbst dann, wenn er etwas hätte ändern können, dies nicht getan. Es war unumgänglich gewesen. Obwohl er das wusste, quälten ihn seine Taten, wann immer er es nicht schaffte, sie zu verdrängen. Besonders im Schlaf schlichen sie sich heimtückisch in sein Unterbewusstsein und sorgten dafür, dass er sich unruhig hin und her wälzte. Als ihn das Fieber niedergestreckt hatte, war es ihm schlimmer als je zuvor erschienen, denn er besaß nicht länger die Kraft, sich dagegen zu wehren. All das, was er stets in die hinterste Ecke seines Verstandes verbannte, schien nun erneut hochzukommen, ließ den erholsamen Schlaf zum Albtraum mutieren. Itachi konnte nicht sagen, wie oft er schweißgebadet hochgeschreckt war – manchmal ohne dabei richtig wach zu werden, was seine Tortur nur verlängert hatte. Er konnte Traum nicht von Realität unterscheiden, hatte irgendein unsinniges Gemurmel von sich gegeben…und er konnte nur hoffen, dass ihm nichts Fatales rausgerutscht war. Das Verhalten seines Partners ließ allerdings nicht darauf schließen und Itachi meinte, diesen mittlerweile so gut zu kennen, dass ihm so etwas nicht verborgen geblieben wäre. Noch so eine Sache, denn als er damals zusammen mit Madara aus dem Dorf geflohen war, hatte er somit in Kauf genommen, alle Bindungen zu kappen. Lediglich das Band des Hasses hatte er durch seine blutige Tat gestärkt und so hatte er selbst es ja auch gewollt. Es ging gar nicht anders, wenn er sein Ziel erreichen wollte. Er hatte sich damit abgefunden, von nun an auf sich allein gestellt zu sein, niemandem vertrauen zu können. Nicht einmal Madara, denn dieser war lediglich auf seinen eigenen Vorteil bedacht und so, wie er ihn einschätzte, würde er irgendwann sogar versuchen, ihn loszuwerden, sollte er seinen Plänen im Wege stehen. Itachi erinnerte sich noch gut daran, wie sie einander begegnet waren, Kisame und er, und wie sie sich gegenseitig das Leben schwer gemacht hatten. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nicht damit gerechnet, dass in dem Monster aus Kiri ein guter Kern stecken könnte. Vielleicht hätte er nicht so schnell urteilen sollen, andererseits hatte ihn der Hüne am Steg direkt bedroht und ihn auch danach einzuschüchtern versucht. Nach dem Vorfall bei den Klippen, als er dem Tode ziemlich nahe gewesen war, hatte sich dies stetig gebessert, doch Kisame hatte sich über die Jahre hinweg nicht revanchieren können. Itachi überraschte es immer noch, dass das Ehrgefühl seines Partners soweit ging, dass er ihren Waffenstillstand tatsächlich ernst genommen hatte. Ihr Verhältnis zueinander hatte sich schleichend gebessert und Itachi hatte festgestellt, dass Kisame durchaus verlässlich sein konnte. Der Uchiha öffnete langsam die Augen, ließ den Blick zur Seite schweifen, wo er, wie erwartet, den Hünen vorfand. Dieser lag in einigem Abstand neben ihm auf dem Rücken, einen Arm im Nacken, der andere ruhte auf seinem Bauch. Obwohl Kisame die Lider geschlossen hielt, bezweifelte Itachi nicht, dass er wach war, allenfalls döste. Wie die Nächte zuvor hatte er auch diese im selben Raum mit ihm verbracht. Itachi fragte sich, wie lange sie schon hier waren, denn richtig bei Bewusstsein war er erst seit kurzem. Langsam ging es ihm besser, seine wirren Gedanken klärten sich und er begann, die Situation zu realisieren. Er war plötzlich ohnmächtig geworden und Kisame hatte ihn getragen, ehe sie unfreiwillig auf Momochi Zabuza und dessen Partner getroffen waren. Er wusste noch, dass sie gegeneinander gekämpft hatten…wobei er nicht die Kraft gehabt hatte, gegen den Jungen anzukommen. Vielleicht hätte er sich für seine Schwäche schämen sollen, doch in erster Linie war er Kisame einfach nur dankbar, dass dieser ihn nicht im Stich gelassen hatte. Schon in seiner Kindheit hatte ihm sein schwaches Immunsystem Probleme bereitet, doch dass er von einer Erkältung dermaßen niedergestreckt worden war, das war ihm auch noch nie passiert. Wobei…einmal vielleicht, damals, als er noch jünger gewesen war. Seine Mutter war nicht von seiner Seite gewichen, hatte sich liebevoll um ihn gekümmert, bis er wieder gesund gewesen war. Itachi war längst kein Kind mehr, doch das änderte nichts daran, dass er sich nach ihr sehnte. Nach ihren sanften Worten, wie sie ihm tröstend durch die Haare fuhr und ihm versprach, dass alles wieder gut werden würde. Es kam ihm lächerlich vor, aber er konnte nichts dagegen machen. Umso mehr hatte es ihn erleichtert, als er festgestellt hatte, dass er nicht allein war. Soweit er das beurteilen konnte, war Kisame die ganze Zeit über bei ihm gewesen. Wann immer er zu Bewusstsein gekommen war, war der Haimensch zur Stelle gewesen. Egal, was er brauchte, Kisame hatte sich darum gekümmert. Er war für ihn da gewesen und das rechnete er ihm hoch an. „Wach?“ Anstatt einer Antwort setzte sich der Uchiha vorsichtig auf, denn die letzten Male hatte dies mit Schwindel und Übelkeit geendet. Diesmal ging es, was wohl bedeutete, dass er aus dem Gröbsten raus war. Zwar fühlte er sich noch etwas schwach, doch das lag wohl hauptsächlich daran, dass er so lange gelegen hatte. Sein Kreislauf musste wieder in Schwung kommen, auch wenn ihm das Sitzen gerade reichte. Er strich sich den Pony aus der Stirn, bemerkte, wie strähnig sich seine Haare anfühlten. Vage erinnerte er sich daran, dass Kisame und auch Haku ihn zwischendurch mit einem Lappen vom Schweiß befreit hatten, doch das war kein Ersatz für eine Dusche oder ein Bad. Unangenehm, ebenso wie die Tatsache, dass sie ihm bei allem hatten helfen müssen. Da er die letzten Tage aber ohnehin fast durchgehend geschlafen hatte, konnte er das einigermaßen verkraften. „Wie lange sind wir hier?“, murmelte er und fixierte den Kamin. Er nahm an, dass es noch recht früh am Morgen war, denn ein paar Sonnenstrahlen blitzten durch die Fensterscheiben. Das Feuer war vermutlich über Nacht verloschen, doch er war ohnehin so dick eingepackt, dass ihm warm genug war. Kisame neben ihm setzte sich ebenfalls auf, wobei er den Nacken knacken ließ und sich ausgiebig streckte. „Du hast drei Tage flachgelegen.“ Drei Tage also, nun, das wunderte ihn nicht mal, er war jedoch froh, dass er Kisame nicht noch länger zur Last gefallen war. Dieser musterte ihn prüfend aus seinen Raubtieraugen, ehe er erneut zum Sprechen ansetzte. „Übertreib besser nicht gleich…wir haben keinen Zeitdruck und die Mission ist sowieso hinfällig.“ Itachi warf seinem Partner einen nachdenklichen Blick zu, ehe er ein knappes Nicken von sich gab. Nun, das entsprach wohl der Wahrheit, denn es war davon auszugehen, dass sie ihr Monster gefunden hatten. Obwohl er die meiste Zeit über außer Gefecht gesetzt war, konnte er eins und eins zusammenzählen. „Die beiden haben sich hier schon eine Weile eingenistet“, klärte Kisame ihn auf. „Hier gibt’s kein Bijuu…nur einen Dämon.“ Itachi hatte sich dies bereits zusammengereimt, so dass er nicht überrascht war. Schließlich hatten sie die zugerichteten Leichen, die zweifellos auf Zabuzas Konto gingen, ja gesehen. Die ehemaligen Bewohner ihrer Unterkunft hatten bestimmt auch nicht freiwillig das Feld geräumt. „Verstehe“, meinte er nur. Sein Blick schweifte einmal durch den Raum, denn erst jetzt nahm er seine Umgebung richtig wahr. Nun, es war wohl sein Glück, dass sie hier untergekommen waren, denn so waren sie vor den eisigen Temperaturen ausreichend geschützt. Er wusste schon, warum er warme Gebiete bevorzugte; damals in Suna war die Hitze zwar nicht angenehm gewesen, doch weitaus erträglicher als die Minusgrade hierzulande. „Dachte zwischendurch echt, das wär’s mit dir gewesen.“ Itachi sah zu seinem Partner, der ihn immer noch so musterte, als befürchte er, er könnte wieder umkippen. Unwahrscheinlich war das nicht, doch abgesehen von dem dumpfen Pochen gegen seine Schläfen fühlte er sich nur schlapp. Widersprechen wäre ziemlich albern gewesen, weswegen er nichts darauf erwiderte. Allein der Gedanke, dass er an einer Grippe hätte sterben können, verursachte ihm Magenschmerzen. Er durfte noch nicht sterben, doch er wusste selbst, dass er besonders im Kampf mit Haku nah dran gewesen war. Warum hatte dieser sich überhaupt entschieden, ihnen zu helfen? Von Zabuza war dieser Sinneswandel wohl kaum ausgegangen, da musste er nicht lange überlegen. „Hoffe, dass du nächstes Mal auf mich hörst“, fuhr Kisame fort, während er nach dem Becher griff, der zwischen ihnen stand. „Ich hab dir schon in der Höhle gesagt, dass du Ruhe brauchst.“ Itachi seufzte stumm, als er so belehrt wurde, und zweifellos hatte er das wohl verdient, wenn er bedachte, wie stur er sich verhalten hatte. Sonst war es immer andersherum gewesen, er hatte sich stets für den vernünftigeren Part ihres Teams gehalten. „Trink.“ Er fixierte den Becher, den Kisame ihm hinhielt, und nahm diesen kommentarlos entgegen. Der unangenehm starke Geruch von Kräutern stieg ihm in die Nase, doch er überwand sich und führte ihn an die Lippen. Welchen Grund gab es noch, dem Hünen zu misstrauen? Dieser nahm das zufrieden zur Kenntnis, mehr als das, denn ein breites Grinsen ließ seine scharfen Zähne aufblitzen. Mochte daran liegen, dass der Uchiha das Gesicht verzog, als er die kalte, widerlich schmeckende Flüssigkeit herunterkippte. „Haku hat gestern einen ganzen Topf davon zusammengebraut“, verkündete er mit einem Unterton, der deutlich machte, wie sehr ihn seine Reaktion amüsierte. „Nur für dich.“ „Wie aufmerksam“, murmelte Itachi freudlos und stellte den leeren Becher auf dem Boden ab. „Nicht wahr?“, gab der Haimensch zurück. „Kannst dich nachher bei ihm bedanken. Er und Zabuza schlafen in einem der anderen Zimmer.“ Itachi entging nicht, dass Kisame ihn bei seinen Worten abwartend fixierte, als erhoffte er sich etwas Bestimmtes von ihm. Es dämmerte ihm sofort, was sein Partner erwartete, doch diesbezüglich musste er ihn enttäuschen. „Gut.“ Kisame schien angesichts seiner knappen und überhaupt nicht überraschten Antwort regelrecht enttäuscht zu sein, so wie er ihn ansah. „Jetzt sag mir nicht, dass du das wusstest…“ Der Uchiha zog eine Braue in die Höhe. „Dass Haku kein Mädchen ist? Ich gebe zu, im ersten Moment nicht…erst als er mich angegriffen hat.“ Seine Erklärung sorgte nicht dafür, dass Kisame zufriedener wirkte, denn er schnaubte ungläubig. „Ich glaub eher, du warst gar nicht bewusstlos, als das richtiggestellt wurde.“ „Wenn es dir dann besser geht…“ Manchmal benahm sich Kisame eben doch recht albern. Aber gut, beschweren wollte er sich gerade nicht bei seinem Partner, nachdem dieser sich so lange um ihn gekümmert hatte. Man konnte ja vieles über ihn sagen, aber er war nicht undankbar. „Mir würde es besser gehen, wenn wir bald von hier verschwinden könnten“, gab Kisame ehrlich zurück. „Drei Tage mit Zabuza unter einem Dach sind mehr als genug für ein ganzes Leben.“ Das konnte sich Itachi vorstellen, denn die Abneigung zwischen Hai und Dämon war ihm keinesfalls entgangen, auch wenn er nicht wusste, wo diese herrührte. Danach zu fragen, kam ihm dann doch etwas gewagt vor, zumal er sich das Meiste selbst zusammenreimen konnte. Offensichtlich teilten die beiden Kiri-nin ihre Vorliebe für blutige Morde und auch im Wesen ähnelten sie sich, worin vermutlich das Problem lag. Eine Art Konkurrenzkampf…zumal Kisame respektloses Verhalten auf den Tod nicht ausstehen konnte und Itachi ein paar Kommentare des Dämons aufgeschnappt hatte, die wohl in diese Kategorie fielen. Vielleicht war auch etwas vorgefallen, von dem er nichts wissen konnte, doch wenn Kisame darüber reden wollte, würde er dies unaufgefordert tun. Solange sie sich nicht wieder gegenseitig an die Gurgel gingen, musste Itachi nicht mehr wissen. „Wir können heute Abend aufbrechen und-“ „Und dabei riskieren, dass du einen Rückfall bekommst?“, fiel ihm Kisame ins Wort. „Auch wenn mir Zabuza auf die Nerven geht, das ist es nicht wert. Wir ziehen erst weiter, wenn du gesund bist.“ Nun, das klang danach, als wäre jede Widerrede zwecklos, und im ersten Moment war Itachi zu verdutzt, um etwas zu erwidern. Es kam selten vor, dass Kisame so mit ihm sprach…leider hatte er Recht. Das durfte wirklich nicht zur Gewohnheit werden. Mit einem Mal wurde die Tür geöffnet und sie fuhren gleichzeitig herum, blickten direkt in ein überrascht drein blickendes, braunes Augenpaar. „Oh, du bist wach, Itachi-san?“ Ein Lächeln legte sich auf Hakus Lippen und er setzte sich neben sie auf den Boden, musterte ihn prüfend, wie es zuvor schon Kisame getan hatte. Berührungsängste waren dem Jungen wohl fremd, denn dieser beugte sich plötzlich vor und drückte ihm die Handfläche auf die Stirn. „Du glühst auch nicht mehr“, murmelte er. „Hast du den Tee getrunken?“ „Hat er“, antwortete Kisame anstatt seiner und direkt hellte sich Hakus Miene wieder auf. „Ich weiß, dass er scheußlich schmeckt, aber welche Medizin tut das nicht, hm?“ Die Hand entfernte sich wieder, was dem Uchiha auch ganz recht war, denn er kam sich langsam vor wie ein Pflegefall – was er ja auch die letzten Tage gewesen war. Jetzt, wo er wach war, musste er daran arbeiten, seine Würde zurückzuerlangen, sonst nahm sein Partner ihn nie wieder ernst. „Zabuza-san ist vorhin losgezogen, um zu jagen“, klärte Haku sie beide auf, während er sich vor den Kamin kniete, um neues Holz zu schichten. Itachi kam der Gedanke, dass er das sehr viel schneller mit einem Katon erledigen könnte, doch ein mahnender Blick Kisames ließ ihn den Mund wieder schließen. Wie sollte er sich unter diesen Umständen bitte nicht nutzlos fühlen? Haku schaffte es jedoch recht zügig, den Kamin wieder zum Brennen zu bringen, so dass sich schon bald eine angenehme Wärme ausbreitete. Fatal, denn sie machte den Uchiha direkt wieder träge, so dass er sich bei dem Wunsch erwischte, sich wieder in die Decken zu wickeln und zu dösen. „Trink noch einen Becher.“ Hakus auffordernder Tonfall und sein freundliches Lächeln konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kräuterbrühe einfach widerwertig schmeckte. Dennoch nahm er das Gefäß entgegen und nippte ein paar Mal daran, wobei er versuchte, seinen Ekel nicht so offen zu zeigen. „Ich koche gleich etwas Brühe von gestern auf, dann vergeht der Geschmack bestimmt.“ Anscheinend hatte er seine Mimik doch nicht so gut im Griff, wie er angenommen hatte. „Danke…“ „Kein Problem. Ach, Kisame-san? Kannst du vielleicht neues Holz aus dem Schuppen holen? Das hier reicht nicht mehr lange…und etwas Schnee wäre auch gut.“ Der Hüne streckte sich einmal mehr, ehe er ein Nicken von sich gab und sich erhob, um das Zimmer zu verlassen. Itachi kam nicht umhin, festzustellen, dass sein Partner nicht mal den Mantel überzog, sondern in Hose und Shirt hinausging. Dass seine Haut besondere Eigenschaften aufwies, war nicht gelogen. Allerdings schien sie ihn mehr vor Kälte als vor Hitze zu schützen, denn damals in Suna war es seinem Partner nicht besser ergangen als ihm selbst. Er richtete den Blick wieder auf Haku, der sich daran machte, einen Topf über der Feuerstelle zu platzieren. Heute trug er einen rosafarbenen Yukata, der ihn zusammen mit den offenen Haaren mehr denn je wie ein Mädchen erscheinen ließ. Vermutlich hatte diese Tarnung nicht nur bei ihnen dafür gesorgt, dass ihn seine Gegner unterschätzten. Wie er dort summend vor dem Kamin hockte, machte es den Anschein, als könnte er kein Wässerchen trüben. Wenn Itachi nicht gegen ihn gekämpft hätte, hätte er nur schwer glauben können, wie viel Kraft und Geschick Haku aufbringen konnte, wenn es drauf ankam. Ja, er war angeschlagen gewesen, das Fieber hatte ihn dermaßen geschwächt, dass ihn die kleinste Bewegung außer Atem gebracht hatte. Trotzdem…es war kein Zufall gewesen, dass Haku genau die richtigen Punkte getroffen hatte. Der Junge hatte seine Schwachstellen erkannt und ihn systematisch außer Gefecht gesetzt. Selbst, wenn er im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen wäre, wäre das kein leichter Kampf geworden. Schon gar nicht, wenn er sich an den eisigen Blick zurückerinnerte, der ihnen beiden zuteil geworden war. Haku schlug seine Schlachten nicht für sich selbst, sondern für Zabuza – und das machte ihn nur noch gefährlicher. Jeder Mensch brauchte einen Antrieb und der, jemanden so sehr zu lieben, dass man für ihn sterben würde, war einer der mächtigsten. „Fertig?“ Itachi hob eine Braue, als sich der andere neben ihn kniete und ihm mit einem Lächeln die Suppenschüssel samt Löffel reichte. „Womit?“, fragte er zurück, nahm ihm dabei die Schüssel ab. „Na, du analysierst mich doch gerade, nicht wahr?“ Itachi stockte innerlich, auch wenn er sich nichts anmerken ließ; eigentlich sollte ihn Hakus Scharfsinnigkeit wohl nicht überraschen. „Ist sich der Dämon darüber bewusst, was er an dir hat?“ Haku ließ ein leises Lachen erklingen und es hörte sich nicht im Entferntesten gestellt an. „Na, das hoffe ich doch!“, meinte er schmunzelnd. „Schließlich hätte mein Leben keinen Sinn mehr, würde ich meinen Zweck für ihn verlieren.“ Dass er das sagen und immer noch dabei lächeln konnte, empfand Itachi als eigenartig. Generell konnte er Haku schlecht einschätzen, dafür hatte der Junge zu viele Facetten. Obwohl er auf den ersten Blick so lieb wirkte, als könnte er keiner Fliege etwas zuleide tun, war er ein fähiger Shinobi. Vage erinnerte er sich an eine Art Eisspiegel, den er geschaffen hatte…Fingerzeichen mit nur einer Hand, wenn ihm sein schwindendes Bewusstsein keinen Streich gespielt hatte. Das war in der Tat beeindruckend. „Kisame-san und du scheint euch auch gut zu verstehen.“ Itachi erwiderte nichts darauf, sondern widmete sich der Suppe, nur um mit gewissem Unmut das Fleisch darin zu entdecken. Er wollte gewiss keinen Aufstand deswegen veranstalten, ahnte schon, dass er in den vergangenen Tagen öfter unbewusst Fleisch zu sich genommen hatte. Es war ihm zwar zuwider, doch welche Alternative gab es hier schon großartig? Außerdem hatte es seinem kranken Körper gewiss nicht geschadet, mehr Eisen als gewöhnlich zu sich zu nehmen. Sei es drum, er tauchte den Löffel in die Suppe, auch wenn er sich dabei bemühte, die sichtbaren Stücke nicht mitzuessen. „Er ist kaum von deiner Seite gewichen, während es dir so schlecht ging. Und wie er für dich gekämpft hat, um dich zu schützen…“ Itachi blickte nicht auf, sortierte weiter die Suppe, bevor er einen Löffel davon zu sich nahm. „Er war mir noch etwas schuldig. Nun sind wir quitt“, äußerte er sich schließlich. Haku schienen seine Worte zu belustigen, so wie er ihn anfunkelte. „Das hat er auch gesagt. Trotzdem merkt man, dass es ihm nicht nur darum gegangen ist. Er hat dich gern.“ Itachi ließ den Löffel sinken, als er das Letzte hörte, denn, obwohl es keine Rolle spielte, gab es ihm zu denken. In den letzten zwei Jahren hatten Kisame und er einiges zusammen erlebt, das sie als Team zusammengeschweißt hatte. Durch die zahlreichen Kämpfe hatten sie gelernt, sich aufeinander einzustellen und ihr Überleben gemeinsam zu sichern. Wenn man so viel Zeit mit einem Menschen verbrachte, war es unvermeidbar, diesen kennenzulernen…und Kisame hatte heute nicht zum ersten Mal bewiesen, dass er nicht durch und durch schlecht war. Sie waren Kameraden und sie erkannten sich als solche an…oder nicht? „Möglich“, erwiderte er schließlich und widmete sich wieder der Suppe. Haku legte den Kopf schief, lächelte ihn auf eine Weise an, die einem unweigerlich leichter ums Herz werden ließ. Ob Zabuza ihn deswegen zu sich genommen hatte? Schwer zu glauben, vermutlich lag es eher an seinem Talent als Shinobi. Wobei Letzteres fraglich war, denn die wenigsten wären so leichtsinnig, dem Feind das Leben zu retten und ihn ins Haus zu lassen. Gegen Mittag saßen sie zu viert am Kamin und beobachteten, wie die von Zabuza erlegten Schneehasen über dem Feuer garten. Wenigstens hatte er den Tieren draußen das Fell abgezogen, denn auch, wenn Itachi dies bereits gewöhnt war, riss er sich nicht um den Anblick. „Die Arschlöcher sind uns übrigens immer noch auf den Fersen“, brummte Zabuza in die Stille hinein. Ihre Blicke richteten sich auf den Dämon, der soeben seine Bandagen lockerte, um sich einen Schluck aus der Sake-Flasche zu gönnen. „Du bist auf die Oi-nin getroffen?“, fragte Kisame nach. „Da waren frische Spuren im Schnee“, entgegnete Zabuza und wischte sich über den Mund. Itachi fiel auf, dass er dieselben scharfen Zähne wie Kisame besaß. Anscheinend ein Merkmal, das viele Mitglieder der Shinobigatana Nananinshuu teilten, wenn er sich so an die Steckbriefe zurückerinnerte. „Als ob sich die feigen Scheißkerle noch trauen, uns direkt anzugreifen“, höhnte Zabuza. „Nicht, nachdem die Hälfte von denen beim letzten Mal draufgegangen ist.“ Wenn Itachi an das Massaker zurückdachte, wunderte ihn das auch nicht sonderlich. Allerdings fand er es töricht, die Oi-nin deswegen zu unterschätzen. Mochte ja sein, dass sie recht unerfahrene Shinobi losgeschickt hatten, doch dies konnte sich ändern, falls Verstärkung anrückte. „Das waren auch noch halbe Kinder“, kam es abfällig von seinem Partner. „Jedenfalls die, die uns in die Arme gelaufen sind. Wenn sie Verstärkung losschicken, wirst du dich nicht mehr darüber freuen.“ Itachi warf Kisame einen Blick zu, der wohl genug aussagte; normalerweise gab der Ältere nämlich keine solchen Sprüche von sich. In der Regel war es Itachi, der ihn darauf hinwies, während Kisame sich die Vorfreude über einen blutigen Kampf nicht nehmen ließ. Jedoch schien Kisame den Wink lieber zu ignorieren und der Uchiha hatte nicht vor, ihm vor Zabuza in den Rücken zu fallen. „Nun, dafür seid ihr ja da, richtig?“, gab Zabuza zurück und seine bösartigen Augen erfassten nun ihn. „Deinem Anhängsel geht’s ja wieder gut, also könnt ihr gleich morgen abhauen und uns die Plage vom Hals halten.“ „Zabuza-san…“ „So war die Abmachung!“, knurrte der Angesprochene und brachte Haku damit zum Verstummen. Itachi beobachtete, wie der Dämon nach einem der aufgespießten Hasen über dem Feuer griff und das Fleisch für einen Moment begutachtete. „Wir sind kein Asyl für irgendwelche dahergelaufenen Schwächlinge.“ Und mit dieser Feststellung schlug er seine scharfen Zähne in das gare Fleisch, riss ein großes Stück heraus. Itachi musste sich nicht seinem Partner zuwenden, um zu wissen, dass sich dessen Mordlust gerade steigerte. Sie war praktisch spürbar und innerlich atmete er durch, appellierte an Kisames Vernunft. „Ehrlich, Zabuza, selbst wenn ich wollte…dich zu mögen, ist wie deine Versuche, den Mizukage zu stürzen – vergeblich.“ Nun, wenigstens hatte er nicht direkt zu Samehada gegriffen, was bei dieser schlechten Stimmung aber nicht lange auf sich warten lassen konnte. Zabuza erinnerte derweil an einen wilden Hund, der sich bereit für den Angriff machte, so wie er die Zähne fletschte. „Ich zeig dir gleich, was vergeblich ist!“ „Komm d-“ „Wir ziehen morgen weiter“, unterbrach Itachi die Provokation seines Partners. Den Blick, mit dem dieser ihn nun bedachte, konnte man als alles andere als freundlich auslegen, doch Itachi erwiderte ihn fest. Er verspürte wenig Lust, zuzusehen, wie sich Dämon und Hai ein weiteres Mal an den Hals sprangen. Zumal er bezweifelte, dass Haku still daneben sitzen würde, und Itachi selbst wollte seine Kräfte lieber für die Oi-nin aufsparen, als sie für diese beiden, die ihnen trotz allem Asyl gewährt hatten, aufzubrauchen. „Von mir aus verschwinden wir morgen“, brummte Kisame schließlich und schnappte sich einen der gebratenen Hasen. „Aber nur, wenn du dich wirklich fit genug fühlst.“ Auch wenn er deutlich angefressen wirkte, fügte sich Kisame anscheinend, wofür Itachi ihm doch recht dankbar war. Er widersprach dem Hünen ebenfalls nicht und gab ein zustimmendes Nicken von sich. Es wäre unsinnig, jetzt einen Streit vom Zaun zu brechen. „Du hörst auf ein Kind?“ Und schon pochte wieder diese Ader an Kisames Schläfe, die deutlich machte, dass seine Geduld bald am Ende sein würde. „Übertreib es nicht, Zabuza“, warnte er, während er sich dem aufgespießten Fleisch widmete. Der Dämon bleckte die Zähne, als würde ihn gerade diese Warnung zusätzlich anstacheln – tat sie vermutlich auch. „Möchtest du noch etwas Suppe, Itachi-san?“, erkundigte sich Haku, ohne auf die beiden Älteren zu achten. Wahrscheinlich fragte er ohnehin nur deshalb, um die Drohgebärden der beiden Männer zu unterbrechen, denn diese sahen nun zu dem Jungen. Dieser wartete gar nicht erst auf seine Antwort, sondern füllte etwas von der Suppe ab und reichte ihm die Schüssel. „Habt ihr ein bestimmtes Ziel?“, erkundigte er sich, als gäbe es die Feindseligkeiten überhaupt nicht. Itachi musste zugeben, dass er die Situation doch recht subtil unter Kontrolle brachte, da sowohl Kisame als auch Zabuza zu verdutzt darüber waren, dass sie einfach übergangen wurden, als dass sie sich beschwerten. „Das hat sich mittlerweile erledigt“, beantwortete sein Partner die Frage. „Unser Ziel ist es erstmal, so schnell wie möglich Yukis Grenze zu erreichen.“ Bei diesen Worten neigte Haku leicht den Kopf, musterte sie beide nachdenklich. „Ich bin hier aufgewachsen“, teilte er ihnen dann mit. „Bevor ihr aufbrecht, sage ich euch, wie ihr am schnellsten aus dem Schneeland kommt.“ Ablehnen würde das sicher keiner von ihnen; abermals überraschte es Itachi, wie hilfsbereit Haku im Gegensatz zu Zabuza war. Dieser gab ein Schnauben von sich, ehe er sich wieder seinem Essen widmete. „Du bist zu nett, Haku.“ Dem Angesprochenen schien der Tadel nichts auszumachen, so wie er den Dämon anlächelte. „Du möchtest doch, dass die beiden gehen, Zabuza-san“, erwiderte er bloß und setzte sich ohne Scheu an seine Seite. „Ich handle also nur in deinem Interesse.“ Itachi war sich sicher, dass außer Haku niemand sonst den Mut hätte, den Kopf an Zabuzas Schulter zu lehnen und ihn so voller Wärme anzublicken. Es schien, als hätte Haku den Dämon um den Finger gewickelt, denn dieser knirschte bloß mit den Zähnen, während er den braunen Rehaugen auswich. „Iss lieber, anstatt dummes Zeug zu quatschen“, brummte er grantig, brachte Haku damit aber nur zum Schmunzeln. „Ich bin satt, aber danke, dass du dich um mich sorgst.“ „Schwachsinn…“ Die beiden waren schon ein seltsames Gespann und Itachi kam unweigerlich der Gedanke, ob die Leute dasselbe über Kisame und ihn dachten. Auch wenn er das Gefühl nicht loswurde, dass die Beziehung der beiden sehr viel tiefer ging als die Bindung zwischen Kisame und ihm. Als hätten sie denselben Gedanken gehabt, tauschten sie einen argwöhnischen Blick…dann senkte der Uchiha diesen wieder auf den Inhalt seiner Suppe, während Kisame sich mit dem Hasen beschäftigte. Besser, sie äußerten sich nicht zu den Neckereien ihrer Gastgeber, sondern verhielten sich friedlich bis zum nächsten Tag. Die Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)