Blood Painted von RedRidingHoodie ================================================================================ Kapitel 32: Madness ------------------- "Naruto...?" Ich hob den Kopf zu Sakura, die plötzlich in der Tür der Zelle stand. Ich hatte nicht mal gehört, wie sich diese öffnete. Vielleicht lag das an den weichen, weißen Schaumstoffverkleidungen an der Wand. Vielleicht lag es auch nur an meiner vollkommenen Teilnahmslosigkeit, teils ausgelöst durch die Substanzen, die man mir gegeben hatte, teils verursacht durch den Schock nach dem, was gestern passiert war. "Geht es dir besser?" Ich wandte den Blick wieder ab. "Ich werde nicht mehr versuchen, die Stadt zu zerstören, falls du das meinst." Inzwischen war Sakura bei mir angekommen, ließ sich auf die Knie sinken und zog mich in ihre Arme. Völlig ohne Körperspannung ließ ich sie gewähren. "Nichts davon ist deine Schuld. Wir haben uns alle von der Ruhe verleiten lassen, niemand hat damit gerechnet, dass so etwas passieren würde... Vor allem Hinata. Sie war so ein guter Mensch..." Sakuras Stimme brach weg, wodurch doch Leben in mich kam. Ich legte die Hand auf ihren Rücken und drückte sie an mich, sodass ihr Gesicht in meine Halsbeuge geschmiegt war. Ich beneidete sie um ihre Tränen, immerhin konnte sie damit einen Teil des Schmerzes abbauen. Meine Qual war wie in mir gefangen. Es gab keinen Katalysator, denn hätte ich es rausgelassen, wäre wieder ein schrecklicher Unfall passiert. Und ich durfte nicht schon wieder Menschen in Gefahr bringen, nur, um mich zu erleichtern. Als meine beste Freundin sich beruhigt hatte, versuchte sie erneut, ein Gespräch anzufangen. „Tut mir leid…“, schniefte sie und lächelte entschuldigend. Als ich nur nickte, sprach sie weiter: "Die... Die ersten Berichte sind schon geschrieben worden. Es gab ein paar Verletzte und einige Häuser sind zerstört worden, aber nichts... Schlimmeres ist passiert." Ich hatte also niemanden umgebracht. Wie erleichternd. "Sasuke...?" "Ist noch im Krankenhaus, aber es geht ihm gut. Er wollte mitkommen, aber die Schwestern haben es ihm verboten." "Gut." Nach dem, was er durchgemacht hatte, sollte er sicher noch nicht herumlaufen... Bei dem Gedanken an meinen Geliebten wallte Übelkeit in mir auf und ich musste von Sakura wegrutschen. Ich hatte ihre Berührung nicht verdient. Ich hatte überhaupt keinen Trost verdient. Ich war ein Monster... Ein nutzloses, schäbiges, gemeingefährliches Monster, das am besten sterben sollte. Sakura war sichtlich überfordert mit meiner Reaktion, gab sich aber die größte Mühe, mir eine Stütze zu sein. "Er liebt dich und wollte dir helfen. Dasselbe hättest du für ihn auch getan - Ungeachtet der Konsequenzen. Und bitte mach jetzt nicht den Fehler, ihn abzuweisen, weil du ihn beschützen möchtest. Du weißt, dass Sasuke-kun dich mehr braucht, als er zugeben möchte." Ich legte den Kopf nach vorne, sodass ich ihr Gesicht nicht mehr sehen musste, dann rieb ich mir so lange mit den Nägeln über die Schultern, bis rote Striemen darauf erschienen. Ihre Logik war unbestreitbar, doch ein Teil von mir wollte sich dennoch von Sasuke zurückziehen, weil ich mich seiner Gegenwart nicht wert fühlte. Ich schämte mich so wahnsinnig für das, was ich getan hatte, und würde es mir nie verzeihen. Mit ihm hatte ich das Wertvollste verletzt, das ich besaß. Wie hätte ich ohne ihn leben sollen? Und wie sollte ich es rechtfertigen, mir das Glück zu gönnen, es mit ihm zu tun? "Hat man schon etwas herausgefunden?", wechselte ich das Thema, ohne aufzusehen. "N-Na ja..." Ich lachte ohne einen Anflug von Erheiterung. "So ist das also... Bist du hier als meine Freundin, als Ärztin, oder als Ermittlerin?" "Als deine Freundin.", antwortete Sakura sofort mit fester Stimme. "Ich bin immer vor allem zuerst deine Freundin. Aber die Meisterin sagte, es wäre besser für dich, das alles erst mal ruhen zu lassen." Wie sollte ich etwas ruhen lassen, wenn ich noch nicht Mal schlafen konnte? Andererseits war ich auch nicht besonders scharf darauf, hier rauszukommen und mich der Welt zu stellen. Genau genommen war ich im Moment auf gar nichts besonders scharf. Es war alles so egal geworden, als hätte der Schmerz um Hinatas Verlust mich nach dem einen, gewaltsamen Schock emotional taub werden lassen. Womöglich würde das nicht für immer so bleiben, aber ich hatte Angst vor dem Moment, wenn ich wieder etwas spüren würde. Immerhin würde meine erste Empfindung ungefilterte Qual sein. "Ich werde dir davon erzählen, sobald ich darf, ok?", versprach Sakura dann und ich nickte. Etwas anderes blieb mir ja eh nicht übrig. "Jedenfalls... In ein paar Tagen ist die Trauerfeier und Tsunade-sama möchte davor noch bei dir vorbei sehen um zu prüfen, ob du raus kannst. Gedulde dich noch ein bisschen und nimm dir die Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen, ja?" "Ja. Danke, dass du mir das gesagt hast." Sakura lächelte, stand auf und küsste mich auf die Stirn. "Natürlich. Wenn du etwas brauchst, lass einfach nach mir schicken. Ich werde sehen, was ich tun kann. Soll ich Sasuke-kun etwas ausrichten?" "Sag ihm, dass es mir leid tut." "Ich glaube nicht, dass er das hören will." "Das tut mir auch leid." Traurig lächelnd versprach sie, meine Nachricht auszurichten, dann ließ sie mich alleine in meiner Gummizelle. "Trauerfeier...", sagte ich zu mir selbst. Es war also tatsächlich passiert und nicht nur ein weiterer böser Traum. Glauben konnte ich es trotzdem kaum. Das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte, war sie so stark und lebendig gewesen... Das Podest war voll mit Bildern, Blumen und vereinzelten Personen, die sich leise unterhielten, manche mit Lebenden, manche mit den Toten auf den Fotos. Es waren zu viele Fotos, zu viele Gesichter. Nicht genug, um weitere Kämpfe zu provozieren, vielleicht dreißig auf beiden Seiten, aber wegen der Sinnlosigkeit doch zu viele. Ich wandte das Gesicht von der Szene der Gedenkfeier ab, sah statt der Toten lieber meine Begleiter an. Sasuke stand mit verschränkten Armen neben mir, den Blick auf die Bühne gerichtet, auf die jetzt noch mehr Leute strömten. Neben ihm hatte sich eine sichtlich nervöse Sakura eingefunden. Sie wusste nicht, wohin mit ihren Augen und Händen und es tat mir leid, sie in diese Situation gebracht zu haben. Dass sie sich trotz ihrer Unruhe für unsere Freundschaft entschieden hatte, erleichterte mich ungemein. Links neben mir stand Shikamaru, die Hände legere in die Hosentaschen geschoben. Er sah zu einer kleinen Tribüne, die am linken Rand des Platzes, ganz in der Nähe des Hauptpodiums, aufgebaut worden war. Auf ihr hatten die Würdenträger des Dorfes Platzgenommen und die fünf Gesandten aus Suna. Unter diesen befand sich auch Shikamarus schwangere Freundin. "Sie sieht angespannt aus.", stellte ich fest, als ich Temari genauer musterte. "Sind wir doch alle." "Dabei ist es jetzt endlich vorbei.", seufzte ich, selbst nicht wirklich entspannt; Was, wenn irgendein Verrückter den Leuten aus Suna Schaden zufügte? Alle Bemühungen, alle Verluste wären umsonst. Die Kämpfe würden von neuem beginnen, und dieses Mal würden weder Gaara noch Tsunade etwas dagegen tun können. "Ich hoffe es.", stimmte Shikamaru mir zu. "Bleibt sie jetzt eigentlich hier?" "Naruto!", schalt Sakura mich wegen der indiskreten Frage, obwohl man ihr dieselbe Neugierde an der Nasenspitze ablesen konnte. "Ich werde versuchen, sie zu sehen, um das mit ihr zu klären." Shikamaru schien die Frage nicht zu stören. "Allerdings denke ich, dass es in den nächsten Monaten zu viel für sie zu tun geben wird, um aus Suna weg zu bleiben." "Zu lange solltet ihr aber auch nicht warten.", mahnte meine beste Freundin. "Hochschwanger ist es doch eine ganz schön lange Reise von Suna nach hier." "Wir werden darüber sprechen, sobald wir die Gelegenheit dazu haben." Damit beendete Shikamaru das Thema. Im Grunde war es wohl auch möglich, dass er nach Suna zog, wenn das Baby in sechs Monaten kam. Eigentlich war es auch gar nicht so unrealistisch, hätte er seinen Job aufgegeben um sich um seinen Sprössling zu kümmern. Immerhin hing seine Freundin wesentlich mehr an ihrer Karriere als er. Falls das wirklich passieren sollte, würde ich ihn sehr vermissen. Beziehungen konnten schon wirklich kompliziert sein… Ich nahm Sasukes Hand und er sah mich fragend an. "Ich bin froh, dass du hier lebst.", erklärte ich mein plötzliches Bedürfnis nach Körperkontakt, woraufhin er schnaubte. Er drehte das Gesicht weg, bevor er sagte: "Wir haben alle einen Platz, an den wir gehören." Zuerst verstand ich nicht, worauf er damit hinaus wollte, doch dann ging mir ein Licht auf: Er hatte beschlossen, dass sein Platz in dieser Welt in Konoha war. Er hatte beschlossen, dass sein Platz an meiner Seite war. Ehe ich meine Rührung über seine Worte ausdrücken konnte, kam Bewegung in die Menge. Auch ich richtete mich auf, um besser zum Podium sehen zu können, welches kurz darauf von Tsunade betreten wurde. Sie trug Mantel und Hut des Hokage und ließ den Blick würdevoll über die tuschelnden Anwesenden schweifen. Unter diesen befanden sich auch Shinobi und Privatpersonen aus Suna, die sich die Zeremonie nicht hatten entgehen lassen wollen. Tsunades Stimme hallte über die Menschen hinweg, als sie zu sprechen begann. "Viele sind gekommen, um diesen traurigen Tag gemeinsam zu überstehen. Einen Tag, an dem wir uns von Freunden, Söhnen und Töchtern und Geliebten verabschieden müssen. Ein Tag, an dem wir ein letztes Mal in der Vergangenheit weilen, um der starken Shinobi zu gedenken, die ihr Leben dafür gaben, ihr Land zu beschützen, und die wir schmerzlich vermissen werden. Aber ihr großes Opfer war nicht umsonst. Dank ihnen können wir die Gesandtschaft aus Suna wieder als Freunde empfangen. Wir können einvernehmlich an einer Zukunft arbeiten, in der Vertrauen und gemeinsame Stärke derartige Missverständnisse unmöglich macht und in der wir die Sicherheit aller über die Eitelkeit Einzelner erheben. Gaara und ich als Kazekage und Hokage sind die Diener unserer Dörfer und diese haben sich entschieden, Brüder sein zu wollen. Brüder an den Waffen, die wir nie wieder gegeneinander erheben wollen, und Brüder im Blute.", fügte sie mit einem Blick auf Temari hinzu, der jedoch wohl nur jenen auffiel, die wussten, dass die Blonde sich in anderen Umständen befand. "Jeder Bruder und jede Schwester, die wir verlieren, ist einer zu viel. Trauer, Vorwürfe und Rachegelüste vergiften die familiären Beziehungen der Dörfer. Deshalb haben die Gesandtschaft und mein Stab beschlossen, dauerhaft gemeinsame Einheiten aufzubauen, die sowohl das Grenzgebiet bewachen, als auch Handelskarawanen schützen und diplomatische Beziehungen vertiefen sollen. Ihr oberstes Ziel wird es sein, die Freundschaft und Bruderschaft unserer Dörfer zu sichern und zu fördern, denn das Fehlen eines gemeinsamen Konsens hat zu den tragischen Verlusten der vergangenen Monate geführt. Eine Frau, die diese Verluste mit dem eigenen Körper tragen musste, wird jetzt zu euch sprechen. Ihr Name ist Hinata Hyuuga und sie ist einer genau der Schätze unserer neuen Allianz, die es zu schützen gilt." Damit räumte Tsunade die Bühne. Ihre Rede war zu schwer gewesen für Applaus, die Menge verharrte in erdrückter Stille. Es war kein unangenehmes Gefühl, doch die Menschen waren sich der Tragweite dessen, was sie soeben gehört hatten, bis in den letzten Teil ihrer selbst bewusst. Tsunade hatte eine fragile Einheit geschaffen und jeder fürchtete, diese durch ein unbedachtes Geräusch zu vernichten. In diese Stimmung hinein trat Hinata auf die Bühne. Sie wirkte nach der Hokage noch kleiner und offensichtlich fühlte sie sich unwohl, so, wie sie ihre Schultern anzog. Ein einzelnes Räuspern war aus der Menge zu hören. Hinata starrte in die Menschenmasse, als würde diese sich zu einem Höllenschlund öffnen. "Oh Shit.", zischte ich mitleidig. "Ein Schatz des Dorfes." Sasukes Stimme troff vor Sarkasmus, wofür ich seine Hand schmerzhaft quetschte, bevor ich sie losließ. "Hör auf mit dem Mist. Ich weiß, dass sie das kann. Sie hat mir einiges gesagt, das mir viel Kraft gegeben hat und ich glaube, sie hat sich sehr verändert. Seit wir wieder zu Hause sind, ist sie noch stärker geworden." "Möglich. Wenn sie das jetzt auch noch zeigen könnte." Ich biss mir auf die Unterlippe. Hinata hatte schon immer Schwierigkeiten, ihre eigene Kraft zu erkennen, aber wenn es sein musste, konnte sie sie gebündelt hervorzaubern. Nur gerade schienen ihr die vielen Leute Angst zu machen. Ganz so schnell wuchs so ein Selbstbewusstsein dann wohl doch nicht. "Komm schon, Hinata! Du kannst das!", rief ich so laut, dass es das inzwischen einsetzende Getuschel übertönte. Alle Augen richteten sich auf mich und auch der Blick meiner Exfreundin suchte und fixierte mich in der Menge. Ich grinste sie an und hielt aufmunternd die Daumen in die Höhe. Sie lächelte scheu, schloss dann kurz die Augen und holte tief Luft. "Ha-Hallo und danke dafür, dass... Also, dass Sie mir alle zuhören. Man h-hat mich gebeten, etwas zu den Kämpfen zu sagen, weil ich während des, ähm, des gesamten Konflikts an der Front war. Ich habe den Widerwillen gesehen, mit dem bei-beide Seiten gekämpft haben und wie er sich nach und nach in resignierte Wut gewandelt hat. Diese Wut hat mich meine Hand gekostet." Hinata hob den Arm und entblößte ihren Stumpf, woraufhin mitleidiges Raunen einsetzte. Kurz ließ sie die Geste wirken, dann senkte sie den Arm, sodass der Ärmel ihrer Bluse über das Handgelenk rutschen konnte. Sie jetzt sprach lauter, um die wispernden Leute zu übertönen: "Meine Hand - Und mit ihr mein Erbe. Ich war... Schockiert und hatte Angst. Wie sollte es weitergehen...? Obwohl ich nicht alleine war in den Ruinen der Zukunft, die ich mir ausgemalt hatte, und obwohl ich nicht bereut habe – Oder bereue – Was ich getan habe, erschien mir die Situation übermächtig. Es gab absolut nichts, das ich tun konnte, um etwas zu ändern, um meine Hand, mein Erbe, meine Zukunft, zurück zu erlangen. Aber dann wurde mir klar, dass ich nicht verbittern darf, da sonst die Verluste nie aufhören würden. Ich werde lernen, mit der Behinderung zu leben und meine Karriere weiter verfolgen. Es wi-wird Kraft kosten und schwer werden, genau wie der Wiederaufbau des Verhältnisses u-unserer Dörfer. Aber genau wie unsere Kage werde ich nicht aufgeben, an mir zu arbeiten. Ich glaube, das sollte keiner von uns. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass wir nie alleine sind mit dieser riesigen Aufgabe. Wir haben Freunde, die uns beistehen – Jeder einzelne von uns, aber auch wir als Dörfer haben uns starke Freunde ineinander. Das ist das Bild der Zukunft, das ich jetzt sehe. Das ist m-meine Hoffnung und… I-Ich... Danke!", japste sie und flüchtete mit knallrotem Kopf von der Bühne. Applaus und ein bisschen gutmütiges Gelächter folgten ihr. Ich war wahnsinnig stolz auf sie. "Ich hab doch gesagt, dass sie es kann!", erklärte ich mit einem breiten Grinsen an Sasuke gewandt. "Hn.", machte er, ohne den Blick von dem Botschafter aus Suna zu nehmen, der gerade sprach. "Das war wirklich gut.", stimmte Sakura beeindruckt zu. "Die Meisterin war zwar mitreißender, aber Hinatas Ehrlichkeit war echt rührend. Ich hätte ihr das nicht zugetraut." "Ich schon. Sie ist stärker, als man meinen würde." "Wahrscheinlich stärker, als sie selbst weiß.", bemerkte Shikamaru, der seine Beobachtung des Podiums eingestellt hatte. Der Redner aus Suna hatte irgendwie Pech, nach den beiden charismatischen Frauen zu sprechen, denn viele hielten es wie unsere kleine Gruppe und debattierten die vorigen Ansprachen. Schließlich gab er auf und die Trauerzeremonie wurde beendet, indem die Namen und Verdienste der Gefallenen aufgezählt wurden. Die Sonne strahlte vom Sommerhimmel und brachte die Gläser über den Fotos zum Glänzen. Als die letzten Reden beendet waren, taten sie das nicht mehr. Der Horizont hinter den Hokageköpfen leuchtete Rot und Gold auf die sich verabschiedende Menge. Jeder würde mit seinen Liebsten einen eigenen Totenschmaus für die Gefallenen halten. Mitten in unsere sich auflösende kleine Gruppe platzte Hinata; Es war ein Wunder, dass sie uns in der Menschenmasse gefunden hatte, und sie strahlte, als sie jeden einzelnen von uns ansah. „Ah, ich erwische euch noch. Wie schön.“ „Hinata!“ Sofort nahm ich sie in den Arm. „Du warst umwerfend! Jeder hier hat den Atem angehalten.“ „A-Ah…“, machte sie, plötzlich wieder verlegen. „Als ich dich gesehen habe, kamen die Worte wie von selbst… Danke für die Hilfe.“ „Er hat sich nur wie ein Brüllaffe aufgeführt. Das war ganz alleine deine Leistung, Hinata. Du kannst sehr stolz auf dich sein.“, sagte Sakura, die ihrer Freundin die Hand drückte. „Da-Danke. Hoffentlich überlebt der Gedanke diese Zeremonie u-und alle können Frieden schließen.“ „Das hoffe ich auch. Eine gemeinsame Truppe ist sicher eine gute Sache. So hätte man eine Gruppe mit parallelen Interessen, die bei Konflikten intervenieren kann. Außerdem fördert diese Nähe bei der Arbeit das gegenseitige Verständnis.“, erklärte Shikamaru mit den Händen in den Hosentaschen. Zusammen mit den Teilnehmern der Trauerfeier strömten wir zurück ins Dorf, wo sich die Menge langsam auflöste. „Tsunade-sama hat dich für den Dienst vorgeschlagen, Shikamaru-kun.“, erklärte Hinata. Sie hatte im Vorlauf der Zeremonie mehr mit der Hokage zu tun gehabt. „Das habe ich auch gehört, aber ich halte nicht so viel davon. Wegen meiner Beziehungen zu Sabakunos…“ „Aber gerade das dürfte doch für dich sprechen.“, entgegnete Sakura. „Du hast die Interessen Konohas zu schützen, aber auch die deiner Familie.“ „Man könnte mir vorwerfen, Suna aus emotionalen Gründen mehr zugeneigt zu sein.“, erwiderte Shikamaru, ohne darauf einzugehen, dass sie Sabakunos als seine Verwandten bezeichnete. Entweder, es war ihm egal, oder er sah das genauso, darüber würde unser Mastermind wohl Schweigen bewahren. „Na ja, immerhin wohnst du noch hier.“, ließ sie nicht locker, doch er zuckte nur mit den Schultern. Ich sah ihn nachdenklich an, weil seine Reaktionen meine vorigen Überlegungen wieder aufwarfen. Sein Platz war bei seiner Frau und seinem Kind, das bezog er in jede seiner Überlegungen mit ein, und die einzig logische Schlussfolgerung daraus, dass Temari weder ihre Brüder noch ihre politischen Pflichten verlassen konnte, war wohl… „Du willst echt nach Suna ziehen.“, stellte ich fest, selbst ein wenig überrascht, dass ich auf diesen Zusammenhang gekommen war. Wann war ich zu einem Sherlock Holmes Verschlag mutiert? Shikamaru zündete sich gelassen eine Zigarette an. „Ich weiß es noch nicht, aber ich kann es nicht ausschließen. So gerne ich dieser Einheit auch beitreten würde – Gerade weil mir die stabile Beziehung der Dörfer wichtig ist – Denke ich doch, dass es zu viele Wiederstände gäbe. Auf beiden Seiten.“ „Aber kaum jemand hat gar keine Kontakte in das jeweils andere Dorf.“, gab Hinata verwirrt zu bedenken. „Das macht die Vorstellung einer Partnerschaft naiv.“, sagte Sasuke kühl. „Es wird trotzdem funktionieren.“, wiedersprach ich ihm. „Wir müssen uns alle nur zusammenreißen. Wir KÖNNEN uns vertrauen, aber es wird Zeit brauchen, bis beide Seiten das einsehen.“ Schnaubend wandte er den Blick ab. „Habt ihr diese Zeit?“ „Wir werden sehen, wie es klappt.“, unterbrach Shikamaru uns. „Ich werd´s jetzt mal packen. Vielleicht erwisch ich die Lady ja noch.“ Er hob die Hand grüßend und schlenderte gemächlich durch die inzwischen merklich kleinere Menschenmenge davon. „Ich geh dann auch meine Eltern suchen. Sie waren schon nicht begeistert, dass ich während der Zeremonie nicht bei ihnen war, aber ich wollte euch sehen.“, erklärte Sakura lächelnd. Sie umarmte Hinata und mich zum Abschied, nickte Sasuke unsicher zu und ging dann ebenfalls davon. Ich war froh, dass sie sich unserer sowieso schon dezimierten Gruppe angeschlossen hatte. In den letzten Monaten hatten wir alle viel durchgemacht, da tat uns die Nähe der anderen gut. Die meisten der Freunde gaben sich mir gegenüber nach wie vor distanziert, deshalb waren wir heute nur zu viert gewesen, während die anderen aus unserem Jahrgang sich zusammengeschlossen hatten. Sai wäre vielleicht zu uns gestoßen, doch der war irgendwo in der Nähe des Podiums als Wache eingeteilt. Diese Entfremdung verletzte mich zwar, doch ich sagte mir selbst immer wieder vor, was ich Sasuke gerade zu erklären versucht hatte: Sie brauchten Zeit, um alles zu verarbeiten. Und nach dem Krieg stand meine Beziehung sicher nicht zuoberst auf ihren Listen. „Da waren´s nur noch drei.“, warf ich in das kurze Schweigen, das wohl normal war in einer Konstellation wie der unseren. Hinata lachte höflicher Weise. „Und was macht ihr heute noch?“ „Weiß nicht.“ Mit einem Schulterzucken sah ich Sasuke an. „Willst du essen gehen? Ich lad dich ein.“ „Kein Ramen.“, erwiderte er recht desinteressiert. „Waaas? Aber das hatten wir schon ewig nicht mehr. Komm schon, ich bin voll auf Entzug.“, jammerte ich und zupfte an seinem Ärmel. „Du wirst es überleben.“ „Glaub ich nicht. Biiiiitte…!“ „Nein.“ „Aber…“ Hinatas neuerliches Kichern unterbrach uns. „Das klärt ihr wohl besser ohne mich – Ich bin nämlich auch noch mit meiner Familie verabredet. Viel Spaß euch beiden.“ Sie winkte und schloss sich Neji und Tenten an, die ganz in der Nähe gewartet hatten. Als ich die beiden grüßte, nickte Hinatas Cousin und seine Freundin lächelte zurückhaltend. Mit einem leisen Seufzen wandte ich mich wieder Sasuke zu. Dann blieben wir Waisen eben unser uns. Das war das letzte Mal, dass ich Hinata gesehen hatte. Sie war glücklich gewesen, vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben mit sich im Reinen, und jetzt… Ich konnte es nicht fassen. Alles fühlte sich so hohl an und ich wusste nicht, ob das nur an den Medikamenten lag, mit denen man mich hier fütterte. Viel mehr fragte ich mich, was das Leben für einen Sinn hatte, wenn es einem so grundlos entrissen werden konnte. Obwohl der Täter scheinbar der Meinung gewesen war, einen Grund zu haben. Sonst hätte er wohl kaum ein ausgerissenes Herz vom Hokage-Plateau durch die Stadt bis zu meiner Wohnung geschleift, vor der er dann auch noch Sasukes Wachen ermordet hatte. Das tote Organ war auf der Fußmatte gelegen wie ein morbides Päckchen, als ich am Morgen vor drei Tagen die Wohnung verlassen hatte. Voller Panik hatte ich einen Suchtrupp gestartet und umgehend die ermordeten Kollegen in der Nähe gefunden. Weil denen aber offensichtlich nicht die Brust aufgeschlitzt worden war, hatten wir weiter gesucht, Sasuke, Sakura und ich als eine Gruppe. In der Zwischenzeit wurde das Herz bereits im Labor untersucht und im Dorf herumgefragt, wer jemanden seit der Nacht vermisste. Als Neji die Leute unseres Jahrgangs um Hilfe bei der Suche nach seiner Cousine bat, wollten wir es noch nicht wahr haben, trotz des Genickbruchs der Angestellten der Hyuuga. Obwohl wir, also das ehemalige Team 7, eigentlich schon beschäftigt waren, schlossen wir uns der Suche an. Hiashi hatte zuerst geglaubt, ich hätte etwas mit Hinatas Verschwinden zu tun, doch sein Neffe hatte ihn überzeugen können, erst mit mir zu reden. Fast wünschte ich mir, ich wäre schuldig – Dann hätte ich wenigstens sicher sein können, dass es ihr gut ging. Schließlich war es bereits später Nachmittag und wir hatten noch immer nichts gefunden. „Das kann doch nicht sein!“, rief ich zusehends frustriert und ließ meinen Ärger mit einem Tritt an einem Mülleimer aus. Scheppernd flog er zu Boden und verteilte seinen Inhalt über diesen. „Hinata würde doch nicht einfach so weglaufen.“ „Hör auf mit dem Vandalismus.“ Sakura sah mich streng an, wurde gleich darauf aber wieder besorgt. „Aber ich wäre mir da nicht so sicher. Seit sie wieder hier ist, lässt ihr Vater sie nicht mehr aus den Augen. Sie sagte selbst, sie fühle sich wie in einem goldenen Käfig. Vielleicht ist es ihr jetzt zu viel geworden.“ „Das wäre nicht Hinata.“, beharrte ich. „Sie hat sich verändert.“, warf jetzt auch Sasuke ein. „Schon… Aber sie hätte mit mir… Mit irgendjemandem geredet. So selbstsicher ist sie dann doch nicht.“ Als ein Schatten über Sakuras Gesicht zog, ergriff ich rasch ihre Hand. „Wir finden sie. Es gibt bestimmt eine ganz einfache Erklärung für das alles.“ Sakura drückte meine Hand, ließ sie dann aber auch rasch wieder los. „Ich hoffe es.“ Wir hatten schon alle möglichen und unmöglichen Stellen in dem Stadtteil abgesucht, den Shikamaru uns zugewiesen hatte, als ein kalkweißer Junge außer Atem auf uns zugestürmt kam. Und er sagte… Er sagte… Er… Ich sah das Bild genau vor Augen, sah ihn die Lippen bewegen, aber ich wusste nicht mehr, welche Worte er benutzt hatte. Es tat nur weh, darüber nachzudenken, und von all dem Schmerz fühlte ich mich so taub, dass ich es nicht mehr ertrug. Mein Hirn ließ es einfach nicht zu, dass ich mich erinnerte. Auf dem Boden lag ich schon, also war es ein kurzer Weg dazu, mich auf die Seite zu rollen und die Beine anzuziehen. Mehr als das bewegte ich mich die nächsten Stunden nicht. Tsunade kam gegen Mittag des nächsten Tages. Sie sah zwar streng aus, aber ich vermutete, dass sie sich Sorgen um mich machte, also setzte ich mich zumindest auf. „Wie geht es dir?“, übersprang sie die Begrüßung nonchalant. „Gut.“ „Dein Körper ist stark geschwächt worden, ebenso das Siegel. Dieses Mal war es schwer, dich wieder zusammen zu flicken.“ „Es tut mir leid.“ „Was ich will ist, dass du besser auf dich achtest, keine hohlen Entschuldigungen.“, fuhr sie mich gereizt an. „Es bringt niemandem etwas, wenn du dich umbringst… Und es macht Hinata auch nicht wieder lebendig.“ Ich zog die Beine an und legte die Arme um die Knie. „Ich weiß.“ „Dann hör auf, dich in deinem Selbstmitleid zu suhlen. Ich möchte dich hier raus lassen und das kann ich nicht, wenn du dermaßen labil bist.“ „Vielleicht ist es auch besser, wenn ich bleibe.“, meinte ich und legte das Gesicht an die Knie. Knipste das Licht und mit ihm die Welt einfach aus. „Für wen? Für mich, die eine kompetente Arbeitskraft verliert? Für deine Freunde, die dich vermissen? Für Sasuke?“ Sie ließ seinen Namen in die Stille fallen wie einen Stein – Und er schlug sofort Wellen in meinem Inneren. Ich vermisste ihn so… Und trotzdem saß ich hier zu Recht. Tsunade ließ die Tatsache, dass sie über meine Beziehung Bescheid wusste, kurz sacken, ehe sie mit sanfterer Stimme weiter sprach: „In zwei Tagen ist die Beisetzung. Ich bin sicher, Hinata hätte sich gefreut, wenn du teilnehmen würdest.“ Schuldbewusst biss ich mir auf die Lippe. „Ich will ja…“ „Aber?“ „Ich habe das halbe Dorf verwüstet! Und Hiashi-san hasst mich sowieso schon.“ „Übertreib nicht, es sind nur leichtere Schäden an einigen Häusern entstanden. Außerdem sind das umso mehr Gründe, hier raus zu kommen. Du solltest den Leuten bei der Arbeit helfen, die durch dich zu Schaden gekommen sind. Und du solltest Hiashi beweisen, dass dein Respekt vor seiner Tochter mehr wiegt als deine Angst vor ihm.“ „Ich habe keine Angst vor ihm.“ Tsunade gab ein abfälliges Geräusch von sich und verschränkte die Arme unter der Brust. „Natürlich… Möchtest du also gehen?“ „Ja…“ „Wirst du dich zusammenreißen und meine Fragen beantworten?“ „Ich… Wenn ich kann, ja.“ „Gut. Dann erzähl mir genau, was passiert ist, als ihr Hinata fandet.“ Also holte ich tief Luft und begann zu reden… Das Gesicht des Jungen war weiß wie die Schäfchenwolken am Himmel, jedoch keinesfalls so harmlos. „Wir… Wir haben Hinata Hyuuga-san gefunden. Sie ist… Es tut mir leid…“ „Was?“ Verständnislos sah ich zwischen ihm und Sakura hin und her, deren Augen sich inzwischen mit Tränen füllten. Das musste ein schlechter Scherz sein, über den niemand lachte und den ich nicht begriff. Ich starrte den Burschen an ohne zu blinzeln, spürte ungläubige Tränen in meine Augen schießen und stürmte auf ihn zu, um ihn an den Schultern zu packen: „Was ist passiert?“, fuhr ich ihn an. „Da-Das wissen wir noch nicht.“, stammelte er in dem Versuch, sich von mir zu lösen. „Mein Suchtrupp hat sie gefunden und ich wusste, dass ihr ein Paar wart…“ –Sein Blick huschte kurz zu Sasuke – „Und da dachte ich… Je-Jemand anderes informiert bereits Hiashi-san.“ „Wo ist sie?“, unterbrach ich und schüttelte ihn, als er nicht gleich antwortete. „WO?“ „Das Hokage-Plateau. Ich…“ Noch bevor er aussprechen konnte, rannte ich los. Entsetzen pulsierte mit dem Blut durch meinen Körper. Es musste ein Fehler sein. Ich konnte sie nicht so verlieren… Sie überhaupt verlieren. Auf halbem Wege zum Plateau hörte ich Schritte hinter mir, die schnell aufschlossen. Sasuke musterte mich nachdenklich, sagte jedoch nichts. Ich konnte mich im Moment nicht auf ihn konzentrieren, weil ich so voll war von Ungläubigkeit, Trauer und Entsetzen. Es konnte einfach nicht stimmen, nicht sie, nicht meine Familie. Der Weg kam mir surreal vor, alles wirkte verschwommen, sogar das Absperrband vor dem Aussichtsplatz. Jemand, vermutlich ein Ermittler, trat auf mich zu, doch ich ignorierte ihn auf meinem Weg zu der dunklen Plane, die in der Mitte des abgesperrten Bereichs auf dem Boden ausgebreitet worden war. Ich zitterte, konnte kaum das Plastik greifen, wollte es und wollte es nicht wegziehen. Aber ich musste es wissen und entfernte die Plane mit einem Ruck von dem toten Körper. Ich starrte auf das entsetzliche Bild zu meinen Füßen. Hinatas Gesicht – Denn das war es unverkennbar – Was blutüberströmt. Die rote Flüssigkeit hatte sich von den beiden klaffenden Höhlen, in denen sich mal ihre Augen befunden hatten, bis über ihr Kinn und ihr Haar verteilt, sodass sie aussah, als würde sie blutige Tränen weinen. Ihr Körper war zerschunden, als hätte sie sich vor ihrem Tod eine Prügelei geliefert. Das sah man vor allem, weil ihr Oberteil zerrissen war und ein riesiges Loch in ihrer Brust offenbarte. Inzwischen zitterte ich nicht mehr nur, mein Körper wurde bis in die Grundfesten erschüttert. „Nein.“, wisperte ich, mehr brachte ich nicht raus, ehe mir die Beine nachgaben und ich neben Hinata zu Boden sank. Ich ergriff ihre Hand, die sich kalt und steif anfühlte. „Nein, nein, nein…“ Jemand fasste mich an der Schulter. „Du solltest…“ „NEIN!“ Mit einer Drehung kam ich gleichzeitig auf die Beine, schlug die fremde Hand weg und packte den Mann am Kragen. „Wer war das?“, brüllte ich dem erschrockenen Shinobi mit verzweifelter Wut ins Gesicht. „W-Wir wissen es noch nicht:“, antwortete er und machte sich ruckartig los. „Und du solltest hier verschwinden, der Bereich ist für die Spurensicherung gesperrt.“ „Und danach erinnere ich mich erst wieder daran, von Yamato-Sensei festgehalten worden zu sein. Überall waren Trümmer und Schreie und… Und Sasuke war… Verletzt und…“ Einer der seltenen Anflüge von Mitleid zeigte sich auf Tsunades Gesicht. „Den Berichten zufolge, die ich erhalten habe, hast du die Kontrolle verloren und der Kyuubi konnte ausbrechen. Die meisten Shinobi sind geflohen, als Sasuke das Kommando übernahm und einige auf die Suche nach Yamato schickte. Sasuke hat in der Zwischenzeit scheinbar versucht, mit dir zu reden, aber du hast angegriffen, also hat er mit den übrigen Shinobi versucht, dich aufzuhalten. Dabei wurden Teile des Tatortes vernichtet, einige Häuser beschädigt und mehrere Kollegen verletzt – Darunter auch Sasuke. Letztlich konntest du aber aufgehalten werden. Wir haben beschlossen, dich erst Mal hier unterzubringen, da du in letzter Zeit offensichtlich öfter die Macht über dich selbst einbüßt.“ „Ich… Ich tue mein Bestes…“ „Davon gehe ich aus.“, unterbrach Tsunade mich streng. „Ich denke, es liegt an emotionaler Instabilität, dass du dich nicht mehr im Griff hast – Und daran, dass das Siegel langsam schwächer wird.“ „Aber das heißt ja… Dass so etwas jeder Zeit wieder passieren könnte.“ „Deshalb arbeiten wir bereits an einer Möglichkeit, das Jutsu deines Vaters zu erneuern. Gleichzeitig müssen wir aber auch daran arbeiten, deine Gefühle besser in den Griff zu bekommen. Ich weiß, das ist gerade in den belastenden Ausnahmesituationen schwer, denen du in den letzten Monaten ausgesetzt warst, aber es führt kein Weg daran vorbei. Ich werde dir jemanden zur Verfügung stellen, der sich mit Aggressionsbewältigung befasst.“ „Danke.“, erwiderte ich nach kurzem Zögern auf Tsunades strenge Rede. Ich wollte niemanden in Gefahr bringen – Schon gar nicht Sasuke! – Aber ich wusste nicht, ob ich im Moment die Kraft dafür aufbringen konnte, mich jemand außer meinem Freund anzuvertrauen. Es war, als würde jedes Mal ein Teil von mir einfrieren, wenn ich an Hinata dachte, und das tat ich zurzeit ständig. „Kann ich etwas tun, um wegen des Siegels zu helfen?“ „Mach dir Gedanken und sag mir Bescheid, falls dir etwas einfällt. Deine… Ungewöhnlichen Methoden haben ja schon öfter zum Erfolg geführt.“, gab sie, wenn auch sehr skeptisch, zu. „Nun aber zurück zum eigentlichen Grund meines Besuchs. Kann ich es verantworten, dich hier rauszulassen?“ Haltet mich für verrückt, aber ich dachte tatsächlich über diese Frage nach. Die Wahrheit war nämlich, dass ich nicht wirklich gehen wollte. Hier in der Klapse war ich sicher vor der Welt – Und die Welt vor mir. Niemand konnte Schaden nehmen durch meine Fehler, ich war mehr oder weniger außer Gefecht gesetzt durch einen ganzen Haufen Pillen, die man mir verabreichte. Ich musste mich nicht mal mit meinem Versagen auseinandersetzen, wenn ich es schaffte, einfach zu schlafen. Andererseits war das natürlich wahnsinnig feige und ich schämte mich, es überhaupt in Erwägung zu ziehen. Jedem, dem ich geschadet hatte, schuldete ich eine Entschuldigung und, falls möglich, Hilfe. Zudem, und das war wohl der wichtigste Grund, vermisste ich Sasuke. „Ja.“, sagte ich nach einigen Momenten des Schweigens. „Ich glaube, das kannst du.“ Danach besuchte mich eine gefühlte Millionen Ärzte und Psychologen, die diese Selbsteinschätzung bestätigen sollten. Bei den Fragen, die einige von ihnen stellten, zweifelte ich zwar selbst teilweise an meinem Verstand, doch am Nachmittag des nächsten Tages war ich tatsächlich frei. Hinatas Trauerfeier würde erst am nächsten Tag stattfinden, weshalb ich jetzt seltsam in der Luft hing zwischen meiner klinisch bekloppten Phase und dem offiziellen Abschiednehmen. Ich wusste nichts mit mir anzufangen, streifte lange durch die Straßen, bis ich mich vor dem Krankenhaus wiederfand. Also hatte der Teil von mir, der Sasuke unbedingt sehen wollte, letztlich über meine Angst vor seinem Anblick triumphiert. Ich betrat den Eingangsbereich des Hospitals und fragte am Empfang nach meinem Freund. Die Schwester sah mich mitleidig an. „Er wurde heute Morgen entlassen. Sakura Haruno-san hat ihn abgeholt.“ „Oh.“ Was sollte ich dazu sagen? Hätten die Ärzte mich nicht aufklären können? Ich bedankte mich und machte mich auf den Weg zu Harunos. An der Tür wurde ich von einer sichtlich erfreuten Hausherrin begrüßt. „Naruto-kun!“ Mrs. Haruno nahm mich herzlich in den Arm. „Geht es dir gut? Wir waren so besorgt!“ „Ja… Ähm, danke… Ich wollte eigentlich Sasuke abholen…“, erklärte ich zurückhaltend. Hatte ich so viel Zuneigung überhaupt verdient? Eine Stimme war aus dem Treppenhaus zu hören: „Wer ist es, Mom…? Oh, Naruto!“ Auch Sakura umarmte mich stürmisch, sie ging sogar so weit, meine Wange zu küssen. „Wie schön, dass du entlassen wurdest. Sasuke-kun wird sich freuen… Tut mir leid, dass ich ihn geholt habe. Die Meisterin hat mich gebeten, auf ihn zu achten.“ Sie hatte wohl ein schlechtes Gewissen, weil sie alleine mit meinem Freund gewesen war, doch ich lachte nur. Das klang ein bisschen wie das heisere Bellen eines Hundes und Sakura runzelte besorgt die Stirn, als sie es hörte. „Red keinen Quatsch, ich bin euch dankbar, dass ihr ihn aufgenommen habt. Vielen Dank. Wo ist er?“ „In seinem Zimmer. Warte, ich sag ihm kurz Bescheid.“ Mit einem glücklichen Lächeln hopste sie die Treppe hoch, nur, um wenige Minuten später zurück zu kommen. „Er packt seine Sachen und kommt gleich.“ Wir redeten noch ein paar Minuten, dann tauchte Sasuke mit einer kleinen Reisetasche auf. Aus Rücksicht auf die Frauen fiel ich ihm nicht um den Hals, wie ich es gewollt hätte. Seinem einbandagierten Kopf hätte das wohl eh nicht gut getan. „Mir geht´s gut.“, beantwortete er die noch nicht gestellte Frage und brachte mich zum Lächeln. „Das ist gut.“ Nicht mal einem Tauben wäre die Zuneigung in meiner Stimme entgangen, aber ich konnte nichts dagegen tun. „Gehen wir?“ Sakura und ihre Mutter luden uns zu bleiben ein, doch ich wollte heim und Sasuke hielt hier nichts. Aber ob es ihn nach dem, was passiert war, noch bei mir hielt? Ich konnte mich an alles, was laut Tsunades Erzählung passiert war, nur schemenhaft erinnern, es lag so viel Hass und Reue und Schmerz zwischen mir und meiner Erinnerung, dass ich sie nicht mehr greifen konnte. Vielleicht war das auch Selbstschutz. Schon das Bewusstsein der Tat war derart belastend, vielleicht weigerte ich mich unterbewusst einfach, auch noch die zugehörigen Bilder zu sehen. In diesen Gedanken war ich so gefangen, dass wir kein Wort sprachen, bis wir nach Hause kamen. Mir war aber bewusst, dass ich etwas sagen, mich zumindest entschuldigen musste, also versuchte ich, die Worte über meine Lippen zu quälen, als wir vor der Wohnungstür standen. „Ich...“, fing ich an, den Blick konzentriert auf das Schlüsselloch gerichtet. Sasuke berührte meine Wange, schüttelte den Kopf. „Lass es. Quäl dich nicht.“ „Aber…“ „Es war nicht deine Schuld.“ „Glaubst du?“ Mein Lachen war eine Spur hysterisch, was zum Glück niemand außer ihm hörte, da Sasuke gerade die Tür hinter uns zuzog. „Obwohl ich auf sie hätte aufpassen müssen? Obwohl ich für sie hätte da sein müssen? Das ist die mieseste Entschuldigung, die ich bisher gehört habe.“ Und trotzdem wollte ich ihm glauben, als ich ihn fest in die Arme nahm und an seiner Schulter schluchzte. Ich krallte die Finger in sein Hemd. „Ich war einfach nicht da, Sasuke…“ Er legte die Hand auf meinen Hinterkopf. „Du musst aufhören zu glauben, dass alles in deiner Verantwortung liegt. Manches, wie den Tod, kann man eben nicht beeinflussen.“ „Aber nicht Mord.“, fauchte ich und schubste ihn regelrecht von mir, brachte Abstand zwischen mich und seine Nüchternheit. Ich litt so sehr, dass ich keine Logik ertrug. „Es ist nicht an dir, über die Gründe und Taten jedes einzelnen zu bestimmen.“ Ich schüttelte den Kopf, fing an, nervös durch den Flur zu laufen. Die Wohnung kam mir – Nicht zum ersten Mal – Wie ein Gefängnis vor. Ich hatte das Gefühl, alles hier wolle mir etwas sagen, aber ich konnte es nicht hören. Ich war völlig blockiert von den Wänden um mich, von der Stille, von meinem eigenen Körper. Meine Haut kribbelte, sogar meine Kleidung fühlte sich darauf falsch an. „Es… Es muss doch irgendetwas geben, das ich hätte tun können.“ Eigentlich redete ich mit mir selbst, aber plötzlich standen Sasukes Füße mir im Weg; Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich auf den Boden gestarrt hatte und hob jetzt den Kopf, um ihn voller Entsetzen anzusehen. „Irgendwas.“ In seinem Blick lag etwas Beruhigendes, sie waren so schwarz, als wäre sowieso schon alles verloren und somit gleichgültig. Er streichelte mir über die Wange und das Haar wie einem ängstlichen Kind. „Du konntest absolut nichts tun, Naruto. Jemand hat entschieden, dass sie sterben musste, und so sollte es sein. Sie ist fort. Du solltest das Bild von euch loslassen, an dem du festhältst, und an morgen denken.“ „Morgen ist die Beerdigung.“, sagte ich lahm, als mein Freund mich über den Flur ins Bad brachte. Ich ging einfach mit, ohne Fragen, ohne Gegenwehr, nur mit einem Urvertrauen in seine Entscheidungen. Irgendetwas kam mir an seinen Worten zwar komisch vor, aber ich konnte es nicht genau greifen und es war mir gerade auch egal. Mein Hirn fühlte sich an wie Pudding, sollte er doch für uns beide denken. „Du solltest dir das nicht antun.“ Sasuke ließ Wasser in die Wanne laufen und zog mich aus, während die Wanne sich füllte. Als ich helfen wollte, strich er mir sanft über die Arme, sodass diese gegen meine Seite gepresst wurden. Ich durfte mich wohl nicht bewegen. Er ging langsam vor und mir war vom Wasserdampf wahnsinnig heiß. Ich wollte schneller nackt sein. Ich wollte bei ihm sein und nackt und schlafen und erst wieder aufwachen, wenn leben nicht mehr so wahnsinnig schmerzte. „Ich muss… Will aber. Ich will mich verabschieden.“ „Sie ist schon fort, ohne Lebwohl zu sagen. Das kann niemand. Deshalb müssen wir nehmen, was wir JETZT haben können. Alles. Ohne Rücksicht.“ „Ich glaube, wenn man so lebt, hat man am Schluss gar nichts mehr.“ Inzwischen war Sasuke fertig mit dem Entkleiden und ließ mich in das warme Wasser steigen. Er setzte sich hinter mich an den Wannenrand und ich schloss die Augen als er anfing, mir die Schläfen zu massieren. Nach Kamille duftende Schwaden zogen an mir vorüber, legten sich wie Balsam auf meine geschundenen Nerven, erlaubten es mir, zu denken. „Man sollte mit allen teilen, denn vielleicht geben sie einem etwas zurück und dann hast du, wenn auch nicht quantitativ mehr, zumindest eine größere Vielfalt.“ „Und wenn man nur eine Sache will?“ Inzwischen waren Sasukes Hände zu meinem Hals gewandert und seine Finger krochen spinnengleich bis zu meinem Kehlkopf. Eine feine Gänsehaut zog sich über meinen Körper, aber ich hielt absolut still. „Wenn ich das Monopol sein will?“ Ich drehte das Gesicht zu ihm. „Wovon reden wir? Du kannst den Tod nicht besitzen. Er ist das einzige unabänderliche Allgemeingut.“ „Stimmt… Und trotzdem kannst du ihn jemandem schenken.“ „Ich glaube nicht, dass man das als Geschenk bezeichnen kann.“ Das Wasser plätscherte als ich mich ganz zu ihm umdrehte. „Viel mehr ist das der größte Diebstahl, den man begehen kann, immerhin nimmst du damit jemandem das Wertvollste, das er besitzt.“ „Und was, wenn das betreffende Leben wertlos ist?“, fragte Sasuke mit dem erhobenen Kinn eines Herrschers. Er saß hoch aufgerichtet wie ein Souverän auf dem Badezimmerschemel, der unter ihm einem Goldthron gleichkam. Es war, als habe er den zerbrechlichen Mann in sich vergessen. Ich kniete mich hin, nahm seine Hand und küsste sie, wobei ich ihn mit Badewasser volltropfte. „Kein Leben ist wertlos. Du musst nur erkennen, welchen Wert es persönlich hat, was du wertvoll machen willst. Und vielleicht wird ein Leben auch wertvoll, indem es eine Bereicherung für andere ist.“ „Etwas muss aber einen Wert haben, um Nutzen zu bringen.“ „Es gibt auch emotionalen Nutzen. Und an den kann man kein Preisschild hängen.“ Ich lächelte und streichelte ihm zärtlich über die Wange. Mein König würde wohl immer in dem Zwiespalt zwischen seinem Nazismus und Selbsthass leben. „Du bist der wertvollste Mensch in meinem Leben und daran ändert deine Vergangenheit nichts und deine Zukunft wird auch nichts daran ändern, Sasuke.“ Am nächsten Morgen stand ich in meinem Zimmer und versuchte, meine Trauerfeiergarderobe rauszulegen. Es scheiterte daran, dass ich unter den Tränen nichts sah. Sie kamen einfach, heiß und heftig, ohne, dass ich etwas dagegen tun konnte. Eine Zerrissenheit wurde von ihnen verkörpert, die mir Angst machte. Ich wollte das nicht mehr. Ich konnte nicht mehr. Alles was ich tat fühlte sich hohl an und wurde von dem schattenhaften Wissen begleitet, dass Hinata für immer verloren war. Trotzig wischte ich mir über die Augen um weiter zu suchen, doch da wurden meine Hände weggeschoben. „I-Ich kann… Lass nur, ich…“, stammelte ich verwirrt, während ich lustlos versuchte, Sasuke, der gerade meine Kleidung heraussuchte, wieder auf die Beine zu ziehen. Ich hatte nicht mal gehört, dass er ins Zimmer gekommen war. Er warf mir einen Schulterblick zu. „Willst du dir das wirklich antun?“ Perplex nahm ich die schwarze Hose, die er mir in die Hand drückte. „Was meinst du?“ „Es schmerzt dich, dich mit ihrem Tod zu befassen. Und selbst ihre Familie will dich nicht sehen. Warum solltest du also zur Beerdigung gehen? Lass es los.“ „Eigentlich sagst du mir gerade, dass es nicht so schlimm ist, oder?“ Ich starrte ihn und seine schweigende Antwort vernichtend an, riss mir die Kleider vom Leib und zog die Neuen an. Er hatte so viele Menschen verloren und trauerte noch heute um sie – Obwohl er das selbst nicht sehen wollte – Deswegen frustrierte es mich, dass er meinen Schmerz nicht begreifen wollte. In meiner Wut kamen nicht mal neue Tränen. „Aber du irrst dich, ich MUSS gehen, gerade weil ich loslassen möchte. Hinata war eine meiner besten Freundinnen und ich will ihr lebwohl sagen. Du musst mich ein letztes Mal mit ihr teilen, dann bin ich ganz der Deine.“, fauchte ich zynisch und riss fast einen Knopf meines Sakkos ab. Endlich war ich fertig angezogen und rauschte aus der Wohnung ohne Sasuke die Möglichkeit zu geben, sich zu rechtfertigen. Es war mir erst bewusst, seit Sakura es mir gesagt hatte, aber mein Freund war wirklich 24/7 eifersüchtig und dafür hatte ich jetzt wirklich nicht die Kraft. Sie war tot, Herrgott! Zum ersten Mal war ich froh, dass er nicht hatte mitkommen wollen, so war ich alleine auf den frühmorgendlichen Straßen. Nur ein paar Lieferanten waren außer mir unterwegs. Es herrschte Stille, die mir gut tat, mir Kraft für das Kommende zu geben schien. Es war schön, sauer auf Sasuke sein zu können und nicht daran denken zu müssen, wofür ich diesen Strauß Sonnenblumen gerade kaufte. Wut machte stark, das wusste er nur zu gut, immerhin hatte er aus seinem Hass jahrelang all seine Motivation gezogen… Ob er mich mit Absicht gereizt hatte? Ich weigerte mich, darüber nachzudenken, ihm schon zu verzeihen. Er musste mir noch eine Weile Kraft geben. Mit meinem Strauß bewaffnet durchquerte ich das Dorf bis ich zum Krematorium gelangte. Aus einiger Entfernung sah ich zu, wie eine Gruppe schwarz gekleideter Menschen das Haus betraten. Hinatas Trauergäste. Ich folgte ihnen, wurde jedoch schon am Eingang von zwei Jungen, vielleicht fünfzehn, sechzehn, abgefangen. „Du bist doch der Fuchsbursche?“, fragte einer voller Missbilligung, die ihm wohl auf das junge Gesicht erzogen worden war. Es klang seltsam, das Wort ´Bursche` aus dem Mund eines Kindes zu hören. „Naruto ist mir lieber, aber nenn mich, wie du willst. Gibt es ein Problem?“ „Allerdings!“, mischte sich der zweite im Bunde ein. „Hiashi-sama hat verboten, dass du an der Zeremonie teilnimmst. Hau lieber ab!“ Hinatas Vater wollte sogar in ihrem Tod unsere Differenzen beibehalten. Der Gedanke erschöpfte mich wahnsinnig, weshalb ich nur leise seufzen konnte. „Ich will ihr nur die letzte Ehre erweisen. Sie war eine meiner besten Freundinnen…“ „Wir wissen genau, was sie für dich war. Austauschware, die du nur benutzt hast! Dreckige Schwuchtel!“ Der zweite Junge spuckte mir vor die Füße und ich starrte ihn entsetzt an, nicht wegen der Geste, nicht wegen der Beleidigung, sondern wegen seinem Vorwurf. „Das stimmt nicht!“ Ich war empört über die Anschuldigung. Irgendjemand musste ihm beigebracht haben, das zu sagen, auf so etwas kamen Kinder nicht von selbst. „Hört zu, ich will mich gar nicht streiten. Ich bleibe hier am Rand, warte, bis alle gegangen sind und lege dann meine Blumen hin. Macht daraus kein Drama, das hat Hinata nicht verdient.“ „Du weißt nicht, was sie gewollt hätte.“ Sie hatten beide die Arme verschränkt und machten keine Anstalten, Platz zu machen. „Was ist hier los? Tai, Maoto, geht auf eure Plätze!“ Eine Frau mittleren Alters im schwarzen Anzug kam zu uns und stemmte streng die Hände in die Hüften. „Aber Tante, der Fuchsjunge will sich auf die Beerdigung schleichen!“, quengelte der Ältere der beiden. Jetzt sah die Dame auf und ihr Gesichtsausdruck wurde, falls überhaupt möglich, noch strenger. „Soso… Gut, dass ihr ihn nicht gelassen habt. Hören Sie, Sie sollten lieber gehen, Junge.“, wies sie mich mit einem erhobenem Zeigefinger an. „Sie sind hier nicht erwünscht, das ist eine Familienfeier.“ „Hinata IST meine Familie. Nur, weil ihr das nicht wahrhaben wollt…“ Bevor meine steigende Wut überhand nehmen konnte, schloss sich noch jemand unserer Gruppe an: Neji. Seine vor der Brust verschränkten Arme steckten in den weiten Ärmeln des Gewandes, das er trug, sein ernster Blick lag auf mir. „Wir werden ihn einlassen.“, erklärte er ruhig. „Aber Hiashi…“ „Ich kläre das mit meinem Onkel:“, unterbrach Neji, jetzt doch den Blick auf sie richtend. „Ihr solltet jetzt eure Plätze suchen. Es geht bald los.“ „Wie du meinst.“ Offensichtlich beleidigt sammelte die Frau ihre Neffen ein und verschwand zwischen den Stuhlreihen. Ich trat auf Neji zu. „Danke. Das bedeutet mir viel.“ Er hatte sich schon abgewandt, als er antwortete: „Tenten meinte, deine Anwesenheit wäre Hinata wichtig gewesen. Das ist alles. Komm.“ Schluckend folgte ich ihm durch die mit Hyuugas gefüllten Stuhlreihen. Seine Worte waren eindeutig: Er hatte sich gegen unsere Freundschaft entschieden. Wie es aussah waren Nejis Freundin und ich die einzigen, die nicht aus dem Klan stammten. Ich fragte mich, wann Hiashi Tenten akzeptiert hatte. Vielleicht wollte er nicht auf noch die Bindung zu seinem Neffen verlieren. Alle anderen Freunde Hinatas, sogar Kiba, Shino und Kurenai, fehlten jedoch. Sie würden sich nach der Einäscherung verabschieden müssen. Neji führte mich zu einer weit hinten gelegenen Reihe, in der ältere Leute saßen. „Bleib am besten hier.“, wies er mich an und verließ mich dann, um ganz nach vorne in die Nähe des offenen Sarges zu gehen, wo Hanabi, Hiashi und noch ein paar enge Verwandte von Hinata Platzgenommen hatten. Ich versuchte, mich möglichst unauffällig zu dem freien Sitz neben einer Rentnerin durchzuschieben, die mich nachsichtig beäugte. Sie trug ihr Haar hochgesteckt, sodass ihr weiches Gesicht betont wurde, und als ich ihr in die Augen blickte, versetzte es mir einen Stich. Sie sah aus wie Hinata in sechzig Jahren hätte aussehen sollen. Als sie meinen Blick bemerkte, legte sie die Hand auf meine. „Na, na, ein stattlicher junger Mann wie Sie wird doch nicht weinen!“ „Es tut mir leid.“ Mit einem gequälten Lächeln wischte ich mir über die Augen. „Ich vermisse sie nur so…“ „Ja, das tun wir alle. Aber lassen Sie mich Ihnen etwas sagen… Man gewöhnt sich an das Gefühl. Sie werden noch viele Menschen verlieren und vermissen und es wird nie leichter, aber irgendwann werden Sie lernen, die schönen Erinnerungen dem Verlust gegenüber zu stellen. Sie hatte einen schlechten Tod, war aber ein guter Mensch.“ Bevor ich noch etwas sagen konnte – Und ich hätte auch nicht gewusst, was das hätte sein sollen – Trat der Priester vor die Trauergemeinde. Er rezitierte Sutren, hielt eine Predigt, dann sprach Neji vor, da Hinata ja keinen Sohn gehabt hatte. Seine Grabrede war wenig emotional: „Meine Cousine, die Erbin des Klans, wurde zu früh von uns genommen. Sie war die Hoffnung unserer Familie, allen mit ihrem Fleiß und ihrer Güte ein Vorbild. Sie hat ihr Leben gut gelebt und wird den Samsara weiter beschreiten. Vielleicht, wenn wir Glück haben, begegnen wir wieder einem Wesen wie ihr. Sie lebte nach der Weisheit, mit Sanftmut die Zornigen zu besiegen, mit Güte die Bösen und mit Wahrheit die Lügner. Sie wird fehlen… Danke.“ Mit einer steifen Verbeugung, die ganz zu ihm passte, zog er sich zurück. Jetzt erst sah ich, dass Tenten nicht bei ihm, sondern ein paar Reihen weiter hinten saß. So ganz war sie also noch nicht akzeptiert. Weitere Reden wurden gehalten, von denen kaum eine mehr Emotionen enthielt als die von Neji, dann beendete der Priester die Feierlichkeit, indem er Räucherstäbchen neben dem Sarg entzündete. Der volle Raum nahm fast augenblicklich den beißenden Geruch der brennenden Kräuter an, als auch die engeren Familienmitglieder Stäbchen entzündeten. Ich blinzelte gegen das Brennen in meinen Augen, um den Sarg zu sehen. Hinata sah wunderschön aus, nichts deutete mehr auf ihre schrecklichen Verstümmelungen hin. Bei dem Gedanken an ihre Verletzungen ballte ich die Hände zu Fäusten. Wer auch immer das getan hatte, würde dafür zahlen. Inzwischen hatte der Geistliche den Raum verlassen und es kam Bewegung in die Gäste, die Räucherstäbchen entzünden und Geschenke überbringen wollten. Meine Nachbarin sah mich fragend an, als ich sitzen blieb. „Kommen Sie ruhig mit. Jeder, der ihr auf dem Weg hilft, ist willkommen.“ „Danke, aber ich denke…“ „Nun seien Sie nicht unhöflich!“, beharrte sie und zog mich erstaunlich resolut auf die Beine, um sich bei mir unterzuhaken. „Sie haben doch extra diese schönen Blumen gekauft. Die werden Hinata-chan gefallen.“ Mir blieb also nicht viel übrig, als mich in die Reihe der Wartenden zu stellen und mir von der Oma Kindheitsgeschichten über Hinata anzuhören. Einige davon kannte ich schon, andere waren neu und rührend und für eine Weile vergaß ich völlig, warum ich nicht hatte mitgehen wollen. Als ich vor Hiashi stand, fiel es mir schnell wieder ein. „Was willst du hier? Ich sagte doch, du sollst dich von meiner Familie fernhalten!“, knurrte das Klanoberhaupt ungnädig. „Ich wollte mich nur verabschieden.“, erklärte ich betont ruhig in dem Versuch, ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das funktionierte nicht sonderlich gut; Hiashi trat in einer Drohgebärde auf mich zu, die Schultern zurückgezogen, das Kinn leicht erhoben. „Du bist hier nicht willkommen.“ „Sir…“ „Was du meiner Tochter angetan hast, nimmt dir jedes Recht, hier zu sein. Du hast ihre Ehre und die ihrer Familie beschmutzt und ich werde nicht zulassen, dass du dasselbe mit ihrem Andenken tust.“ „Hiashi, du solltest das nicht vor dem Sarg deiner Tochter bestreiten.“, mischte sich meine neue Freundin ein. „Der Junge will doch nur seine Kondolenz zeigen. Lass ihn…“ „Ich schlage vor, du legst deine Geschenke ab, Tante.“, unterbrach Hiashi sie voll kühler Höflichkeit. Die Alte sah ihn säuerlich an, humpelte dann aber nur kopfschüttelnd weiter, um eine kleine, goldene Kette auf Hinatas Brust du legen. „Du schickst also schon alte Leute vor… Erbärmlich.“ „Das habe ich nicht.“, zischte ich, ohne vor ihm zurückzuweichen. Ich wollte keinen Ärger – Gerade im Gedenken an Hinata – Aber ich würde mich auch nicht wie ein Aussätziger behandeln lassen. Inzwischen hatte unser Disput die Aufmerksamkeit der meisten Trauergäste auf sich gezogen und einige junge Männer in meinem Alter näherten sich langsam. Sie würden als Rausschmeißer fungieren, wenn ihr Klanoberhaupt es ihnen sagte. „Und was ist es dann, das du willst? Die Auswirkungen deines Handelns begutachten?“, spuckte Hiashi mir vor die Füße, den puren Hass in der Stimme. Meine Gesichtsmuskeln verloren jede Spannung, mit offenem Mund starrte ich in sein Gesicht, das sich langsam zu einem höhnischen Grinsen verzog. „Glaubst du, du wärst unschuldig? Deinetwegen war sie ein Krüppel. Deinetwegen konnte sie sich nicht wehren. Deinetwegen ist meine Tochter tot, du Monster.“ Ich spürte die Blicke aller Anwesenden überdeutlich und bleischwer auf mir ruhen und konnte weder etwas erwidern noch mich rühren. Schmerzlich wurde mir bewusst, wie alleine ich hier stand und ich fragte mich, ob ich tatsächlich einfach ein unverschämter Eindringling war. War es wirklich so falsch, meine Trauer zeigen zu wollen? Hätte ich sie lieber für mich behalten sollen? Geteiltes Leid war zwar bekanntlich halbes Leid, aber Hiashi wollte anscheinend nicht teilen, er hortete seinen Schmerz eifersüchtig und begrub ihn unter einem Berg von Hass. Das sollte ich ihm vielleicht gönnen. Wo ich ihm schon die Tochter genommen hatte. Die Bewegung, zu der ich nicht fähig war, kam in die Menge, aus der sich Neji löste. Beruhigend legte er Hiashi die Hand auf die Schulter. „Onkel, lass uns nicht darüber sprechen. Die Gäste gehen sowieso bald.“ Er warf mir einen Blick zu, der mich aus meiner Starre riss. Mechanisch nickte ich und stakste zum Sarg, an dem ich ein Räucherstäbchen anzündete und die Blumen ablegte. Wie ein Hintergrundrauschen hörte ich Neji und seinen Onkel streiten. Ich sah in Hinatas friedliches Gesicht, doch Bilder von der blutigen Masse, als die ich es zuletzt erlebt hatte, blitzten aus meinem Unterbewusstsein hervor, sodass ich mich rasch abwandte. Nochmal streifte ich den Blick des Clanoberhauptes, der mich hochmütig und hasserfüllt anstarrte, offensichtlich nur zurückgehalten von der sanften Belehrung seines Neffen. „Du weißt, dass ich Recht habe, und das ganze Dorf weiß es auch. Du solltest es sein, der hier liegt… Aber niemand würde um dich trauern.“ Ich sah Hiashi ausdruckslos an. „Sie sind ein bitterer, trauriger Mann… Ich hoffe, Sie werden das eines Tages überwinden und Ihren Frieden finden.“, sagte ich und wandte mich ab, nachdem ich Neji und Tenten, die irgendwann in den letzten Minuten aufgetaucht sein musste, zugenickt hatte. „Ist die Totenwache schon vorbei?“ Sasuke blickte milde überrascht von seinem Buch zu mir herüber. „Nein.“ Ich hielt die Sakeflasche in meiner Hand hoch. „Ich brauch einen Drink. Kommst du?“ Ohne weitere Fragen zu stellen stand er auf und folgte mir in den frühen Abend, der so viel voller war als der Morgen. Ähnlich meinen Gefühlen rannten alle Menschen wild durcheinander, niemand konnte etwas aufhalten oder überblicken. Sasuke und ich kamen mir vor wie eine kleine Insel im Chaos, ein Fremdkörper im Blutkreislauf der Stadt. Obwohl ich mich meinem Freund als einzigem verbunden fühlte, konnte ich ihn gerade nicht berühren. Sogar mein Rucksack, meine Kleidung, fühlte sich falsch an. Alles war falsch. So falsch, so unwirklich. Da ich das Dorf mit meinem Freund nicht verlassen durfte, ging ich in einen der Parks. Allerdings war der so voll, dass ich ihn bald wieder verließ. Sasuke lief mir nach, ohne sich zu meiner Orientierungslosigkeit zu äußern, er war einfach da, damit ich nicht alleine war, und dafür war ich ihm unendlich dankbar. Zögernd schlug ich eine neue Richtung ein, aber an meinem Ziel würden wir hundertprozentig alleine sein. Das Uchiha-Viertel. Als wir vor dem mit modrigen Holzlatten verbarrikadierten Tor standen, blieb ich stehen, um Sasukes Reaktion zu sehen. Sein Blick war leer; Der Gesichtsausdruck, den er zeigte, wenn er nicht zugeben wollte, wie sehr ihn etwas traf. Ich hatte ihn mehrmals gefragt, ob er hierher kommen wollte, doch er hatte immer nein gesagt. Jetzt stellte ich ihn vor vollendete Tatsachen, das half bei ihm manchmal. „Möchtest du rein?“, fragte ich vorsichtig. „Die Frage ist eher, ob du das möchtest.“, erwiderte er beherrscht. Er hatte schon Recht; Wollte ich mich wirklich in einer Geisterstadt vor einem Geist verstecken? Aber vielleicht waren die Uchiha stärker als Hinata, sodass sie mich erstmal in Ruhe ließe. Mit einem wahrscheinlich nicht sonderlich überzeugenden Lächeln griff ich unter dem Holzverschlag durch; Von meinem letzten Besuch wusste ich, dass offen war. Das große Tor öffnete sich knarrend und ich ergriff Sasukes Hand, als ich mich unter einem Holzbrett durchzwängte, um auf die Hauptstraße des Viertels zu gelangen. Am Tag war es eindeutig weniger gruselig sondern mehr traurig und ich warf meinem Freund einen besorgten Blick zu. Der schien alles mit mildem Interesse wahrzunehmen, gerade so, als beträte er zum ersten Mal die Wohnung eines Bekannten. Ich wusste nicht, ob ich ihm das glaubte. Gemeinsam liefen wir über die verfallenen Straßen, an einsturzgefährdeten Häusern vorbei, bis wir am Haus von Sasukes Familie ankamen. Ohne ihn loszulassen öffnete ich die Tür, die sich nur widerstrebend bewegte. Drinnen war es still und verdammt warm; Die Sonne strahlte durch die teilweise zerbrochenen Fenster herein, ließ den Staub, den unsere Schritte aufwirbelten, im Licht tanzen. Vor einer der Türen hing noch gelbes Absperrband. Es musste der Raum sein, in dem das Massaker begonnen hatte. In dem Sasuke seine toten Eltern vorfand… Seine Schritte wurden langsamer, doch ich verstärkte den Griff um seine Hand und zog ihn weiter. „Nein.“, flüsterte ich. Nur, um meine Geister zu betäuben, würde ich seine nicht hervorrufen. Aber was tat ich dann hier? Mit einem Schlag bekam ich ein schlechtes Gewissen. „Sollen wir nicht doch…?“ „Du sucht hier etwas. Bis du es gefunden hast, bleiben wir.“ „Glaubst du? Und was soll das sein?“, fragte ich skeptisch und folgte ihm, als Sasuke plötzlich die Führung übernahm. „Das wissen wir, wenn du es findest.“ Er zog mit einem Ruck eine klemmende Schiebetür auf, die zu einem verwilderten Innengarten führte, um den sich eine Terrasse zog. Auf dem modrigen Überdach hatte eine schmale Linde Wurzeln geschlagen, die sich im sanften Abendwind wiegte. Der Geruch von Sonne und Natur schlug mir entgegen und ich schloss für einen Moment die Augen. „Wow. Das sah bestimmt mal toll aus.“, lobte ich und trat prüfend ein paar Schritte auf dem Holz vorwärts. Es schien noch tragfähig zu sein. „Meine Mutter hat sich darum gekümmert.“ „Hätte jetzt auch nicht gedacht, dass dein Vater einen grünen Daumen hatte.“, grinste ich und setzte mich an den Rand der Terrasse. Meine Beine, die über den Rand hingen, steckten bis zu den Knien in hohem Gras. Sasuke nahm neben mir Platz, den Rücken an die hölzerne Balustrade gelehnt. „Wieso?“ „Weiß nicht. Was man so hört…“ Ich zuckte die Schultern. „Hatte er denn einen?“ Sasuke lächelte. „Nein.“ „Was machst du dann so ein Aufhebens darum?“, lachte ich und stieß ihn gegen das Knie. Ich öffnete meinen Rucksack und zog eine Sakeflasche heraus, die ich mit einem großzügigen Schluck einweihte, dann reichte ich sie Sasuke. Wir schwiegen eine ganze Weile, in der ich dem Wind dabei zusah, wie er Gras und Blätter nach seinem Gutdünken beugte und streckte. So willkürlich… „Man hat mich rausgeschmissen. Von der Trauerfeier, meine ich.“, erklärte ich völlig unvermittelt. „So?“ „Sie sagten, ich sei nicht erwünscht und ich hätte Hinatas Ehre beschmutzt. Hiashi sagte sogar, ich sei schuld an ihrem Tod und…“ Ich schluckte, weil mich das nach wie vor traf. „Ich sei ein Monster.“ Sasukes Blick verdüsterte sich. „Du weißt, dass es nicht so ist.“ „Aber du weißt, was passiert ist. Was ich sogar dir angetan habe, obwohl…“ Erneut hielt ich inne, diesmal, weil er sowieso wusste, was ich für ihn empfand. Ich nahm die Flasche und trank wieder. „Vielleicht wäre es wirklich besser für das Dorf, wenn ich ginge.“ „Nein.“ Ich sah ihn erstaunt an, weil das mit so viel Nachdruck kam, doch er drehte das Gesicht weg. „Weglaufen ist nicht dien Ding, darüber haben wir doch schon gesprochen.“ „Stimmt. Aber was soll ich sonst machen? Ich fühle mich so… Ausgepumpt, seit Hinata… Seit es passiert ist. Alles ist leer, bis es dann wieder weh tut – So heftig und unvorbereitet, dass ich am liebsten tot wäre… Geht es dir auch so?“ „Jedes Mal, wenn du gehst.“ Ich starrte ihn an. Eigentlich hatte ich auf seine Familie angespielt. Und eigentlich hatte ich mit Verneinung gerechnet, wenn überhaupt mit einem spöttischen Kommentar. Mit tröstenden Worten, dass es bald nicht mehr weh täte, oder mit distanzierten Worten, die unterschwellig meine Bindung zu Hinata kritisierten. Mit vielem, aber nicht mit einer Liebeserklärung. Als ich mich gefangen hatte, rutschte ich zu ihm und berührte seine Wange. „Ich bleibe bei dir, das hab ich dir doch schon gesagt. Du brauchst keine Angst haben.“ „Du sagst, dass du sterben willst, und ich soll mir keine Sorgen machen?“, schnaubte Sasuke herablassend. Ich kniff ihm in die Backe. „Ich hätte nicht mal gedacht, dass du dir überhaupt Sorgen machen kannst.“ Erst grinste ich, doch dann wurde mein Gesichtsausdruck wieder sanft. „Mir passiert schon nichts. Klar, im Moment geht es mir nicht so gut, aber ich schaff das, und ich tu mir schon nichts an.“ „Dann lass es ruhen. Such nicht nach dem Mörder.“ „Es tut mir leid, aber ich muss herausfinden, wer ihr das angetan hat. Aber nicht, weil ich dich verlassen will, sondern… Ich glaube, ich bin es ihr schuldig.“ „Du schuldest niemandem etwas.“ „Doch. Hinata hat mir das Leben gerettet, trotz allem, was ich ihr angetan habe. Ich werde denjenigen finden, der sie so zugerichtet hat.“ Sasuke wandte das Gesicht ab, um wieder in den Garten zu schauen, wodurch er sich meiner Berührung entzog. Schlaff sackte meine Hand zu Boden. „Du willst sie rächen.“ Ich zuckte zusammen; In seinem Kontext war Rache so ein verdammt starkes Wort. „Ich will, dass er bestraft wird, ja. Aber nicht von mir. Ich könnte nicht darüber richten. Gefühle machen einen unfähig dazu.“ „Gefühle ermöglichen einem Menschen überhaupt erst, ein Urteil zu fällen.“, widersprach er und trank noch etwas, ehe er mir die Flasche zurückgab. „Aber das macht einen doch parteiisch. Wenn du jemanden liebst, wirst du immer härter über seine Feinde urteilen als bei jemanden, den du nicht kennst. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich denjenigen fände, der…“ Meine Kehle schnürte sich zu, weshalb ich noch einen Schluck nahm, um sie frei zu bekommen. Und vielleicht auch, um nicht über das absolute Fehlen von Empathie, das Sasuke gerade zeigte, nachdenken zu müssen. „Der sie getötet hat. Ich habe im letzten Monat zu oft die Kontrolle verloren, um mir zu trauen. Ich will kein Monster sein, Sasuke…“ „Wir sind parteiisch, weil jeder die Welt anders erlebt.“, erklärte mein Freund. Er stand auf, um durch das hohe Gras zu schlendern. Vor einem der Bäume blieb er stehen und pflückte ein Blatt, das er dann zwischen den Fingern wirbeln ließ. „Du solltest das alles nicht so an dich ranlassen.“ „Das kann ich nicht und ich will auch nicht. Das wäre, als würde ich Hinata verleugnen, obwohl sie ein wichtiger Teil meines Lebens ist.“ „War.“, fauchte Sasuke erstaunlich heftig und fuhr herum. Seine Augen waren aufgerissen, jeder Muskel an seinem Körper angespannt. Das Blatt lag zerquetscht in seiner Hand. „Sie WAR ein Teil deines Lebens und es macht sie auch nicht wieder lebendig, wenn du verbal ihren Tod übergehst.“ Seine Körperspannung, diese Abwehrhaltung, ließ langsam nach. Er ließ das Blatt fallen, kam auf mich zu, strich mir durch das Haar und ich lehnte vertrauensvoll die Stirn an seinen Bauch. Sonst wäre ich sicher sauer, aber dazu fehlte mir jetzt die Kraft. Ich wollte mir hier nur mit Sasuke betrinken und dann in seinen Armen einschlafen. „Du musst es akzeptieren.“, hauchte er nach einem langen Schweigen. „Ich weiß.“, erwiderte ich gequält und krallte die Finger in sein Shirt. „Aber noch nicht jetzt. Nicht, bis das Schwein, das ihr das angetan hat, seine gerechte Strafe erfahren hat.“ Eine Weile sagten wir nichts, dann spürte ich, wie er tief Luft holte, sich seinem Schicksal ergab. „In Ordnung.“, gab er mir seine Erlaubnis, wofür ich dankbar war, obwohl ich nicht mal gewusst hatte, dass wir deshalb diskutierten. Als er einen Schritt von mir weg machte, fragte ich mich, ob wirklich ´Alles in Ordnung` war. „Aber steiger dich nicht wieder so in die Sache hinein. Diesmal ist niemand da, der deine Scherben aufsammelt.“ Es war spät, als ich mich auf den Weg zur Pathologie machte, ein langer Tag lag hinter mir – Und er war noch nicht vorbei. Unterwegs grübelte ich über Saskues Worte, die mir irgendwie merkwürdig vorkamen, obwohl ich nicht genau hätte sagen können, wieso. Wie immer war er abgeklärt gewesen angesichts meines Verlustes, meines Weltschmerzes. Er hatte darauf mit einer Logik reagiert, die man schon nicht mehr nüchtern nennen konnte, sondern kalt. Ganz egal, ob er sie gerne hatte oder nicht, Hinata, jemand, den er schon sein Leben lang kannte, war tot. Das belastete normalerweise doch jeden. Sasuke dagegen hatte mir nur gesagt, ich solle mich mehr zusammenreißen als in meinem letzten Fall. Meinte er die Michelangelo-Sache, auf die ich emotional so heftig reagiert hatte? Wie kam er jetzt wieder darauf? Das mit Hinata war doch etwas völlig anderes… Oder vermutete er einen Zusammenhang? Ich würde ihn am nächsten Tag fragen müssen. Jetzt musste ich mich erstmal auf meine alten Freunde aus der Pathologie konzentrieren, die nicht sehr erfreut über mein Auftauchen wirkten – Allerdings auch nicht übermäßig überrascht. Der Abteilungsleiter – Er hieß irgendwas mit Ring, glaubte ich – Begrüßte mich: „Hokage-sama meinte schon, dass du wohl kommen würdest.“ „Hat sie verboten, dass ich ermittle?“, fragte ich und machte mich schon darauf gefasst, betteln zu müssen, doch Ringel… Ringfinger… Ring-Was-Auch-Immer schüttelte den Kopf. „Sie sagte, wir könnten mit dir reden. Allerdings habe ich, wie du sicher weißt, keine Leiche mehr. Die Hyuuga haben sie uns nicht lange gelassen.“, erklärte er betrübt. „Tut mir… Leid?“ Ich wusste nicht, was ich von seiner Miesere halten sollte, und war nach wie vor abgelenkt von den Überlegungen zu seinem Namen. Ringe? Ringelnatter? Damit wollte ich mich aber wohl nur von dem Grund meiner Anwesenheit ablenken. „Aber Sie haben doch sicher Berichte?“ „Sicher. Komm“. Er führte mich durch einen Flur in ein kleines Büro, in dem die bebrillte Assistentin saß, die damals Shikamaru so angehimmelt hatte. Wenn sie wüsste, dass er bald Vater würde… „Bring mir die Berichte zu Hinata Hyuuga.“, gebot der Pathologieleiter, woraufhin seine Angestellte zu wuseln begann. Am Ende war das wohlsortierte Büro ein Chaos, aber Ringelblume hatte seinen Bericht. Er seufzte, wohl über seine etwas schusselige Assistentin, bat mich dann aber in sein Büro. Dieses war schlicht und spießig mit braunen Regalen, einem grünen Plastiktisch und abstrakten Gemälden eingerichtet, die ich abscheulich fand. Als ich Platz nahm, entdeckte ich ein kleines Schild auf dem Tisch und stieß „Ringa!“, wie ein Jubelschrei hervor und wurde rot unter seinem Blick. „Äh, ich meine, was können Sie mir zum Zustand von Hinatas… Körper sagen, Herr Ringa?“ Ich konnte nicht Leiche sagen, meine Zunge weigerte sich einfach, die Silben zu formen. Mit einem Blick, der sich fragte, ob er nur von Bekloppten umgeben war, fing der Autopsieleiter zu berichten an: „An ihrem Körper waren überall Spuren von Gewalteinwirkung. Sie hat offensichtlich um ihr Leben gekämpft, aber keine Chance gehabt. Den Prellungen nach zu urteilen hat sie mit einem gut trainierten Mann gerungen. Sie war selbst natürlich noch geschwächt, daher…“ In einer kurzen Pause räusperte er sich unbehaglich; Offenbar wusste er nicht, wie detailliert er werden konnte, ohne meine Gefühle zu verletzten. „Wie dem auch sei. Abgesehen von den Prellungen hatte man ihre Brust mir enormer Hitze geöffnet. Das Fleisch rund um die Wunde war verbrannt und das Herz… Nun, du hast die Tote gesehen. Ihre Augen waren ebenfalls entfernt, wobei es erstaunlich ist, dass der Mörder sie nicht mitgenommen hat – Immerhin hatte sie ein machtvolles Kekkai Genkai.“ Dafür hatte er das Herz gestohlen und es, noch auffälliger, vor meine Wohnungstür gelegt. Das musste einen Grund haben, ein Zeichen sein, aber wofür? Die ganze Stadt wusste, dass ich mit Sasuke zusammen war, wenn es jemand auf mich abgesehen hatte, wäre er das logischere Opfer gewesen – Wobei mir bei dem bloßen Gedanken, Sasuke hätte tot auf dem Plateau liegen können, speiübel wurde. Ich musste ihn beschützen, koste es, was es wolle. Nur vor wem? Wer hatte das Zeichen gelegt, was bedeutete es und wie konnte ich weitere Taten dieser Art verhindern? Zeichen. Zeichen… Irgendetwas an dem Wort kratzte an meinem Unterbewusstsein, doch je mehr ich darüber nachdachte, desto schwammiger wurde der Gedanke. Noch dazu bekam ich plötzlich heftige Kopfschmerzen, bestimmt wegen den Chemikalien hier. „Danke, das war sehr hilfreich.“, sagte ich, das Gespräch langsam zu einem Ende führend. „Haben Sie noch andere Details bemerkt, Herr Ringa?“ „Ich fürchte, mehr kann ich dir nicht geben.“, antwortete er bedauernd und erhob sich. „Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Suche und… Mein Beileid.“ Ich war erstaunt – Das hatte mir noch niemand gewünscht – Nickte aber dankbar. „Ich werde denjenigen finden, der das getan hat.“ „Das hoffe ich. Ach ja, aber bevor du das tust könntest du mir noch einen Gefallen tun.“ Er ging zu einem seiner Schränke und zog eine Mappe hervor, die er mir hinhielt. „Du warst doch mit dem Serienmörder betraut und hast dann mit dem ANBU-Team zusammengearbeitet, das sich jetzt darum kümmert, oder? Kannst du ihnen das hier geben?“ Ich war nicht begeistert, nahm die Mappe allerdings trotzdem entgegen, wofür ich mit einem Lächeln seinerseits belohnt wurde. „Sehr gut. Es geht um den Luchs, der Ende letzten Jahres umgebracht wurde, erinnerst du dich?“ „Der vertraute Geist? Was ist mit ihr?“ „Im Zuge des Chaos, das in den folgenden Monaten hier geherrscht hat, ist die Mappe wohl irgendwie untergegangen und ich habe sie letztens wieder entdeckt. Sie enthält den Autopsiebericht und andere Angaben. Ist wirklich seltsam…“ „Wieso?“, fragte ich, während ich beiläufig durch die Seiten blätterte, ohne gezielt etwas zu lesen. „Nun, Ruki – So hieß sie ja – Wurde vergiftet, falls du dich erinnerst. Wir haben herausgefunden, dass es Schlangengift war, das einer Sandrasselotter, um genau zu sein.“ „Ok… Und was ist daran jetzt so außergewöhnlich? Sie lag in einer Tierklinik, da gibt es bestimmt auch Schlangen.“ „Der Luchs war ein Kronzeuge – Du glaubst doch nicht, dass das alles Zufall ist? Aber du kannst ja prüfen, ob in der betreffenden Nacht eine der Vipern ausgebrochen ist. Das ist eine der giftigsten Schlangen Asiens, es wäre aufgefallen, wenn eine frei unterwegs gewesen wäre… Zumal es wie gesagt Nacht war, als der Geist starb. Die meisten Schlangen bewegen sich da eher wenig, weil es kalt ist – Vor allem im November.“ „Ok, gut, ich werde es weiterreichen.“, erwiderte ich beschwichtigend auf den Wortschwall hin, der mir schon wieder Kopfschmerzen verursachte. Verdammtes Chemiezeug… Ich verabschiedete mich so schnell es die Höflichkeit zuließ und dachte weiter über Ringas Worte nach. Schlangengift, huh? Ich wusste nicht, was das jetzt, ein halbes Jahr später, noch bringen sollte, trotzdem beschlich mich erneut das Gefühl, einen Zusammenhang übersehen zu haben. Wenn ich nur nicht ständig solche Kopfschmerzen gehabt hätte! Es war fast wie… Ich weitete die Augen. Es war fast wie damals, als ich nach dem Überfall auf Gaara im Krankenhaus aufgebacht war! ~.~ Hallo ihr Lieben :D Ich hoffe, ihr seid stolz auf mich dafür, dass es diesmal verhältnismäßig schnell ging - Allerdings ist das Kapitel auch nicht halb so lang wie Antidot, also ist das wohl verständlich. xD Ich hab mich über Beerdigungen in Japan informiert, bin aber extra nicht zu detailliert darauf eingegangen, weil es natürlich keinen Erlebnisbericht oder so gibt und ich nichts falsches schreiben wollte... Ich hoffe, es ist ok so. <.< Insgesamt wird in dem Kapitel recht viel geredet und ich muss sagen, dass ich auf Tsunades Ansprache sogar ein bisschen stolz bin xD Ich hoffe jedenfalls, ihr hattet Spaß! :3 Im nächsten Kapitel geht Naruto seinem aufkeimenden Verdacht nach, stößt dabei jedoch auf Wiederstand von mehreren Seiten... Außerdem gibt es noch ein Mal sexy Time mit den beiden Herren - Freut euch xD - Edit - Tut mir leid wegen dem Doppel-Upload, aber mit hat einiges einfach nicht gefallen, bzw hat es für mich keinen Zusammenhang gehabt… Nun ja :D° Das nächste Kapitel ist natürlich schon in Arbeit und bald fertig, dann nähern wir uns mit großen Schritten dem Ende… lG Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)