Ikiteru ★ Breaking the rules von Black_Melody (Die Regeln brechen) ================================================================================ Kapitel 1: Koralle ------------------ It's me again~~~ Ja, was soll ich großartig sagen? Ungewöhnliches Pairing... Aber was soll's, das ist ja ohnehin meine Spezialität. Als Anmerkung: Diese kurze Anspielung auf RenoxRyouga konnte ich nicht lassen. Ich liebe die beiden zusammen... *//* Aber das ist hier nicht das Thema. Also, ja... Mir ist beim Abtippen aufgefallen, dass Ryouga ziemlich eingebildet rüberkommt, zumindest zum Teil. Eigentlich ist er nicht so, das zeigt sich, glaube ich, auch schon am Ende des Kapitels. Und Nao kommt auch bald dazu, damit das alles richtig anfangen kann. Die ersten 19 Kapitel sind übrigens fertig, die muss ich nur noch abtippen, also müsst ihr mich nicht bitten, dass ich schnell weiterschreibe. Kommis & Favos sind wie immer erlaubt, erwünscht, gern gesehen, usw.. und lassen das Autorenherz höher schlagen. Viel Spaß beim Lesen! ________________________________________________________________________________ Kapitel 1 - Koralle Skeptisch besah Ryouga sich das Schulgebäude. Warum hatte er nicht das letzte Schuljahr bei einem seiner Freunde wohnen und weiter auf seine alte Schule gehen können? Warum hatte er mit umziehen müssen? Warum er und nicht irgendein anderer? Was hatte er so Furchtbares getan? Verfluchtes Leben. Verfluchte Versetzung seines Vater. Allgemein verfluchte Eltern. Aber so war das Leben nunmal. Eltern trafen Entscheidungen, ohne über die Folgen für ihren Nachwuchs, auch wenn der fast erwachsen war, nachzudenken. Mal davon abgesehen, dass das Verhältnis zu seinen Eltern seit langem nicht mehr das Beste war, seit dem Umzug war es völlig zerstört. Das, was er noch für sie empfand, grenzte an Hass. Seufzend ging er über den Schulhof zum Sekretariat und ignorierte dabei die teils neugierigen, teils aber auch nur bewundernden Blicke seiner zukünftigen Mitschüler. Im Büro sprach er eine der Sekretärinnen an. "Können Sie mir sagen, wo ich hin muss?" "Du musst der Neue sein, wenn ich mich nicht irre. Deinen Klassenraum findest du im Übergang von Alt- und Neubau, die Raumnummer ist 69. Soll ich dich hinbringen?" "Nein, danke, lieber nicht." Wäre ja noch schöner. Er würde ja pünktlich zum Unterricht erscheinen. "Gut, deinen Stundenplan lässt du dir am Besten von einem deiner Mitschüler geben. Willkommen an unserer schönen Schule." Schnell bedankte er sich und verließ das Sekretariat, um durch das Schulgebäude zu bummeln und den Klassenraum zu finden. Auch, als er den Raum schon längst gefunden und der Unterricht begonnen hatte, lief er noch im Gebäude herum. Erst nach zehn Minuten betrat er seine Klasse. Der Lehrer musterte ihn von oben bis unten. "Ah ja. Du bist also der neue Schüler", stellte er trocken fest. Ryouga nickte knapp, mit einem arroganten Lächeln auf den Lippen. "Und mit wem habe ich das Vergnügen?", fragte er den Mann, den er auf Mitte 50 schätzte, zurück. Er hatte keine Lust auf Machtspielchen. Dieser Lehrer würde seine Lektion schon noch bekommen. "Katawa. Japanisch und Geschichte. Wir werden uns also noch öfter sehen. Warum bist du zu spät?" Ryouga zuckte mit den Schultern. "Das Beste kommt eben immer zum Schluss." "Arrogant bist du aber gar nicht", bemerkte der Lehrer ironisch. "Doch, bin ich. Und sowieso total scheiße bin ich auch. Wo wir das geklärt hätten, kann ich mich ja auch hinsetzen." Selbstbewusst ging er an dem perplexen Lehrer vorbei, setzte sich auf einen Platz in der letzten Reihe und ignorierte sowohl Lehrer als auch Mitschüler für den Rest der Stunde. Allgemein schrieb er sich nur auf, wann er welches Fach hatte und verbrachte die Zeit in Gedanken versunken. Zumindest bis zur Mittagspause. Plötzlich wurde er von seinen Klassenkameraden umringt und mit Fragen beschossen. Bis ein doch gutaussehender Braunhaariger dazwischen ging. Er war verhältnismäßig groß, zumindest ein bisschen größer als Ryouga selbst. "Entschuldige diesen wilden Haufen", meinte er leicht lächelnd nachdem er die anderen weggeschickt hatte. Offenbar wurde er respektiert. Gut zu wissen. Jemand, den man sich nicht zum Feind machen sollte. "Kein Problem. So ist das, wenn man neu ist." Ruhig lächelte er zurück. Der Größere nickte. "Da hast du wohl recht. Eines der wenigen Dinge, die sich im Laufe der Zeit nie geändert haben. Ich heiße übrigens Reno." "Freut mich. Ich bin Ryouga." Misstrauisch sah er auf sein Mittagessen. Das sah nicht nach dem aus, was es sein sollte. Es sah noch nichtmal nach einer nahrhaften Mahlzeit aus. "Wenn du Hunger hast, solltest du dir ab morgen lieber selbst etwas mitbringen." "Unpraktisch, dass ich jetzt Hunger habe und das", er zeigte auf das vor ihm stehende Tablett, "definitiv nicht anrühren werde." "Wenn du Zeit und Lust hast, kannst du nach dem Unterricht in die Pizzeria mitkommen. Meine Freunde kommen auch." "Klar. Wenn deine Freunde nichts dagegen haben." Unbeteiligt zuckte er mit den Schultern. "Haben sie sicher nicht. Woher kommst du?", fragte Reno interessiert. "Akita." "Klingt cool. Eigentlich eine große Stadt." "Nicht so groß wie Tokyo, aber meine Heimat, aus der ich eigentlich nie weg wollte. Reno nickte verstehend. "Warum seid ihr hergezogen?" "Mein Vater wurde versetzt. Und anstatt mich allein zu lassen..." "Hm. So sind Eltern. Okay, Themawechsel. Du hast es dem Mistkäfer vorhin richtig gezeigt." "Kann sein." Er seufzte. "Reno, was genau willst du eigentlich von mir?" Insgeheim fragte Reno sich das auch. "Ich weiß es nicht genau. Ich mag dich irgendwie, und warum sollte ich dir deinen Start hier dann nicht erleichtern? Weißt du, meine Freunde und ich haben einen gewissen Status." Abwartend betrachtete Ryouga sein gegenüber. "Und was genau erwartest du von mir? Aus purer Gutherzigkeit machst du mir dieses Angebot bestimmt nicht." "Wie gesagt, ich mag dich irgendwie. Sei du selbst, nicht mehr und nicht weniger." Laut ertönte die Schulglocke. "Wir reden nach dem Unterricht weiter", beschloss Reno einfach mal. Ryouga nickte leicht. Er hatte nichts dagegen einzuwenden, warum sollte er auch? Auch wenn er sich, was Renos Absichten betraf, nicht ganz sicher war, aber das würde er schon noch rausbekommen. Ruhig folgte er dem Größeren zum nächsten Unterricht. Gelangweilt hing Ryouga neben Reno in der letzten Reihe in einem der Naturwissenschaftsräume. Warum war der Unterricht nur so langweilig? "Ryouga, fällt dir irgendwas ein, was wir machen können?", flüsterte Reno gähnend. "Keine Ahnung. Was haben wir gleich?" "Chemie." Ryouga seufzte genervt. Oh Mann. Wären sie jetzt nicht im Unterricht, hätte er schon eine Idee gehabt, was sie hätten tun können. Er hätte Reno wahrscheinlich gegen die nächste Wand gefickt, bis dieser Sterne gesehen hätte. Aber sie waren im Unterricht. So ein Mist. "Darf ich dir eine sehr... private Frage stellen?", fragte Reno während er desinteressiert auf seinem Block herumkritzelte. "Klar darfst du fragen. Ob ich antworte, ist eine andere Sache." "Bist du schwul, bi oder hetero?" Verwundert sah Ryouga den anderen an. "Warum willst du das wissen?" "Ich bin neugierig", war sofort die Antwort. "Ich bin mir nicht ganz sicher, wie sich das noch entwickelt. Ich stehe eher auf Männer, aber manche Frauen sind auch nicht schlecht. Irgendwas zwischen bi und schwul also." "Du passt wirklich super in unsere Clique." "Und damit meinst du...?" "Na ja. Iv ist bi, Ko-ki schwul. Shin mag beides, aber er landet irgendwie öfter bei Männern, vielleicht gerade, weil er zu süß ist. Und ich... ich bin da fast so wie du. Die Mädchen kleben teilweise an uns wie Fangirlies. Und manchmal gibt es zur Belohnung ihrer Treue ein bisschen Fanservice." "Reno, du machst mir Angst." "Wovor?" Ryouga grinste. "Vor den Mädchen. Und auch ein kleines bisschen vor euch." Es klingelte. Lehrerwechsel. "Irgendwie könnten die Mädchen uns schon leid tun", Reno lachte leise. "Die begehrtesten Typen der gesamten Schule sind nur ganz vielleicht an ihnen interessiert." "Wenn die nur einmal mit mir ins Bett wollen, lässt sich das einrichten, aber sonst..." Ryouga schüttelte den Kopf. "Das wollen die aber nicht nur." "Leider, leider. Alles könnte ja auch so einfach sein." Ryouga seufzte theatralisch. Reno grinste einfach nur. "Sag mal, ist unser Mathelehrer streng?" Hoffentlich nicht. Mathe lag ihm überhaupt nicht. Sein Mathelehrer brauchte eine Engelsgeduld, um ihm etwas verständlich zu machen. "Im Moment haben wir kein Mathe. Ist auch besser so. Ich hasse Mathe", seufzte Reno. "Denkst du ich nicht?" Der Chemielehrer kam herein. Noch so ein alter Mann wie ihr Japanisch- und Geschichtslehrer. "Ryouga?" Fragend sah er den Älteren an. Anstatt einer Antwort küsste dieser ihn einfach kurz. Einige der Mädchen quietschten auf, wurden aber vom Lehrer zur Ordnung gerufen. Im ersten Moment war Ryouga ziemlich verdutzt, fing sich aber schnell wieder. "Was sollte das denn?" "Die Mädchen sollten auch ihren Spaß haben. Und ich wollte wissen, wie es ist, dich zu küssen." "Und ich dachte, ich wäre verrückt." "Ich nehm das jetzt mal als Kompliment." Frech grinsend legte Reno seinen Kopf auf Ryougas Schulter und schwieg. Ryouga dachte nach. Die Mädchen hier waren doch nicht mehr ganz normal. Eigentlich müssten sie sich doch eher aufregen, dass ein paar Typen, die durchaus nicht schlecht aussahen, vom Markt waren. Und damit meinte er nicht nur sich selbst, Reno war auch hübsch. Und nett. Und ziemlich frech. Nach dem letzten Klingeln des Tages ging er mit Reno auf den Schulhof, um auf die anderen drei zu warten. "Dich stört es doch nicht, dass ich dich geküsst habe, oder?" "Keine Panik, Reno, alles bestens. Ich verstehe einfach die Mädchen nicht." "Glaub mir, das tut keiner. Wahrscheinlich wissen die selbst nicht, warum sie so reagieren." "Buh!" Etwas Kleines sprang Reno von hinten an. "Hallo, Iv, ich freu mich auch, dich zu sehen." Lachend zog er den Kleineren hinter sich hervor. "Also, Ryouga, das hier ist Iv", sanft wuschelte er dem Blonden durch die Haare, "der größere der beiden", er zeigte auf zwei gerade neben ihn Getretene, "ist Shin und der Pinkhaarige heißt Ko-ki." "Das hätten wir auch selber geschafft", seufzte Shin theatralisch. "Und du musst Ryouga sein." "Können wir los?", begann Iv zu quengeln. "Ich hab Hunger!" Rasch trieb der Kleinste sie zum Tor. "Dabei solltest du dir nichts denken", raunte Reno Ryouga zu. "Iv hat immer Hunger." Verschwörerisch sahen sie sich an und folgten den anderen. "Sagt mal, was habt ihr denn in Chemie angestellt?", lachte Shin plötzlich. "Wieso?" Ryouga war verwirrt. Bei welchem Thema waren sie gewesen? Doch nicht bei Chemie oder Schule oder so. Warum solche weiten Gedankensprünge? "Du meinst den Kuss? Oder doch eher die Kuschelstunde?", fragte Reno grinsend. "Es gibt schon einen 'Reno&Ryouga-Fanclub'. Offenbar sind die Mädchen der Meinung, dass ihr super zusammenpasst." "Meinetwegen", meinte Ryouga. "Sollen sie doch meinen, was sie wollen. Solange sie nicht auf die Idee kommen, dass ich mich von irgendwem durchnehmen lasse." "Das heißt", meinte Ko-ki begeistert, "dass wir jetzt zwei Seme unter uns haben." "Genau so ist es. Ich gebe meinen Arsch niemals her", knurrte Ryouga vor sich hin. Warum lachten die anderen denn jetzt? Das war kein Scherz gewesen. "Schon gut", seufzte er genervt und verdrehte die Augen. Shin legte ihm einen Arm um die Schultern und zog ihn in die Pizzeria, Reno, Ko-ki und Iv folgten ihnen. Sofort setzten sie sich an den erklärten Stammtisch, der etwas abgetrennt von den anderen stand, bestellten und unterhielten sich über dies und das, wobei besonders Ryougas Vergangenheit sie beschäftigte. Als die Pizzen endlich kamen, war Ryouga halb verhungert. Blöde Angewohnheit, morgens nicht zu frühstücken. Sollte er dringend ändern. "Was hat Katawa eigentlich für ein Problem?", fragte er plötzlich in die Runde. "Er ist ein altes, perverses Arschloch", antwortete Reno gelassen. "Und er hasst mich, weil ich mich ihm gleichwertig sehe. Sicher kann er dich gut genug einschätzen, um zu wissen, dass du dich ihm auch nicht unterordnest." "Wieso pervers?" "Du musst wissen", meinte Ko-ki, "dass er schon öfter Schüler zu irgendwas gezwungen oder vergewaltigt haben soll." Ryouga hielt einen Moment inne. "Ist das nur ein Gerücht oder gibt es irgendwelche konkreten Hinweise, vielleicht sogar Beweise?" "Es ist so", mischte Shin sich ein, "dass wir schon längst beim Direktor gewesen wären, wenn wir irgendwas in der Hand hätten. Es ist nur sehr verdächtig, dass immer Schüler aus den Klassen, die er unterrichtet, sich sehr verändern und dann später die Schule wechseln. Nur sagt halt keiner von denen was nach." "Wäre ja auch zu schön, würden wir den Alten bald loswerden." "Wir sind jetzt zu fünft", bemerkte Reno. "Das heißt, wir können mehr darauf achten, wann er was andeutet..." "... und ihm im Zweifelsfall eine Falle stellen", vollendete Iv. "Und so können wir dann noch ein paar unserer Mitschüler schützen." Kapitel 2: Azurit ----------------- It's me again~~~ Okay, nachdem ich festgestellt habe, wie lange der letzte Upload her ist und ich dringend einen festen Rhytmus haben will, ist hier jetzt mal das nächste Kapitel. Ich VERSUCHE wöchentlich neu hochzuladen, aber ich DENKE, dass es eher zweiwöchentlich wird. Übrigens arbeite ich mittlerweile an Kapitel 25, bis dahin muss ich nur noch abtippen. Fertig bin ich noch nicht, aber am Ende wird hier wohl irgendwann die Zahl zu finden sein. oo' ;D Naja, jetzt viel Spaß beim Lesen! _________________________________________________________________________________ Kapitel 2 - Azurit Das erste Viertel des Schuljahres war vergangen und Ryouga war wirklich froh darüber. Wie jeden Tag saß er mit Reno in der letzten Reihe des Raumes und ließ den Unterricht an sich vorbeiziehen. Es war soetwas wie Normalität eingekehrt. Er ging morgens zur Schule, wo er tatsächlich einen hohen Rang erreicht hatte und inzwischen ziemlich beliebt war, den Nachmittag verbrachte er mit seinen Freunden und ging erst spätabends nach Hause. Plötzlich klingelte sein Handy. Den vernichtenden Blick seines Lehrers gekonnt ignorierend überflog er den Text der SMS. Schlagartig wurde er blass, sprang auf und rannte aus dem Raum. Reno nahm das Handy und las die Nachricht kurz. Absender: Iv Empfänger: Ryouga Komm her, schnell! Ich glaube, Katawa will Shin... Ach, keine Ahnung! Kommt einfach schnell in die Sporthalle, Ko-ki und ich können nichts tun! Sofort steckte Reno das Handy seines Kumpels ein und folgte ihm in ruhigerem Tempo. Als er die Halle betrat, standen Iv, Ko-ki und Shin an der Hallenwand. Ryouga hatte aber jede Beherrschung verloren. Dieses Grinsen im Gesicht ihres Lehrers stimmte ihn nicht gerade friedlicher. Wütend schlug er auf diesen ein, bis dieser sich am Boden krümmte. Besänftigend legte Reno Ryouga eine Hand auf die Schulter. "Ryouga, es reicht. Beruhige dich." Ruhig beugte er sich zu dem Lehrer hinab, flüsterte ihm etwas zu, packte Ryouga am Arm und zog ihn nach draußen, wo Shin, Iv und Ko-ki schon warteten. Shin zitterte wie Espenlaub und war leichenblass. "Ryouga, komm mit. Ko-ki, du holst eure Sachen, Iv bleibt bei Shin. Der Unterricht ist für heute vorbei", beschloss Reno und drehte sich zum Schulgebäude um. Ryouga nickte knapp und folgte ihm in den Klassenraum. Ruhig packten sie ihre Sachen zusammen. "Reno, wo..." "Dein Handy, hier. Hast du alles? Mir ist nicht wohl dabei, Shin und Iv so lange allein zu lassen. Nicht jetzt." "Dann komm, ich hab alles." Die anderen drei warteten schon mit gepackten Taschen auf dem Schulhof. Langsam schien Shin zu realisieren, was passiert war. Zitternd hielt er sich an Iv fest und ließ sich trösten. "Wohin gehen wir?", fragte Ko-ki leise. "Bei mir ist im Moment niemand. Da haben wir unsere Ruhe", antwortete Reno. "Shin." Sanft zog Ryouga den Kleineren an sich und streichelte ihn beruhigend. "Du bist nicht allein, wir alle sind hier. Es ist vorbei. Dir kann nichts mehr passieren." Shin nickte leicht. "Ich weiß, Ryouga. Danke." "Dafür sind Freunde doch da. Jetzt lasst uns gehen." Eine Woche später wurde Ryouga in das Büro des Schuldirektors gerufen. "Ryouga, schön dich zu sehen", wurde er von dem jungen blonden Rektor begrüßt. "Takashima-sensei", grüßte er höflich zurück. "Du weißt, dass du mich Uruha nennen sollst." "Und du weißt, dass zumindest die Begrüßung höflich und unpersönlich bleiben sollte. Weshalb wolltest du mich sprechen?" Uruha seufzte und legte den Kopf in den Nacken bevor er aufstand und die Tür zu seinem Büro sorgfältig abschloss. "Später", hauchte er und ließ sich auf Ryougas Schoß nieder. Wie so oft im vergangenen Monat. Und wie so oft lagen die sündigen Lippen kurz darauf auf Ryougas. Grinsend verfrachtete Ryouga den Älteren auf den Schreibtisch und knöpfte dessen Hemd auf. Dieser Körper war die pure Sünde. Dieser ganze Mann war eine Sünde. Und diese Stimme. Nicht zu vergessen diese geschickten Hände, die ihn gerade von seiner Schuluniform befreiten. Uruha stellte sich vor den Spiegel und machte sich daran, seine Haare zu richten. Ryouga beobachtete ihn zufrieden. "Also, Uruha. Was ist los?" "Du hast meine Haare durcheinander gebracht." "Weil du Sex brauchtest", lachte der Jüngere. "Noch. Ich habe eine neue Beziehung in Aussicht und du weißt... Die Sache mit der Treue in Beziehungen ist mir wichtig. Es tut mir leid." "Schon gut. Es war ja von Anfang an klar, dass das mit uns nur Sex ist. Und vielleicht Freundschaft, aber nicht mehr." "Sehr gut." Uruha seufzte erleichtert und knöpfte sein Hemd zu. "Ich bin mir aber sicher, dass du mich nicht nur deshalb herbestellt hast." "Ihr bekommt einen neuen Lehrer." Leicht setzte der Blonde sich auf den Schreibtisch. Ryouga sah ihn verwundert an. "Und? Ein paar mehr Informationen bitte." "Ich weiß, dass er Naoyuki Murai heißt, etwas älter als ich ist und Mathe, Geschichte und Japanisch unterrichtet. Ich wollte dich bitten, ihn ein bisschen zu unterstützen, er hat noch nicht viel Erfahrung. Und eure Klasse ist nicht die einfachste." "Unterstützen?" Skeptisch wanderte eine Augenbraue nach oben. "Halt die Klasse ruhig. Sorge dafür, dass er nicht von anderen angegriffen wird und geh dazwischen, wenn es doch passiert. Und tu ihm den einen oder anderen Gefallen." "Ich geb mir Mühe. Aber dir ist klar, dass ich ihn nicht permanent überwachen kann?" Uruha nickte. "Selbstverständlich. Du musst auch nicht alles machen, was er sagt, aber führe dich nicht wie das größte Arschloch auf Erden auf." "Mach ich so auch nicht." Der Rektor lachte. "Nein, so schlimm bist du nicht, aber du machst fast nie, was man dir sagt. So ein paar allgemeine Regeln könntest du aber zumindest in den betreffenden Stunden einhalten. Wie zum Beispiel pünktlich zum Unterricht erscheinen, keine Zigaretten im Unterricht und, wenn du dein Handy schon nicht ausmachen willst, es wenigstens auf lautlos stellen." "Wenn es ganz unbedingt sein muss... Ich versuche, Reno auch davon zu überzeugen." "Danke. Und jetzt hopp, zum Unterricht mit dir!" Ryouga seufzte genervt. "Kohara-sensei reißt mir den Kopf ab. Ich bin so oder so zu spät." "Es ist die letzte Stunde dieser Woche, die Lehrer freuen sich auch auf das Wochenende. Und außerdem warst du bei mir, damit bist du entschuldigt." "Als ob das etwas bringen würde. Zu spät ist zu spät." Ruhig stand Ryouga auf und machte sich auf den Weg zum Englischunterricht. Montagmorgen. Ausnahmsweise hatte Ryouga beschlossen, pünktlich zur ersten Stunde zu erscheinen. Und Reno hatte er überredet, ihm Gesellschaft zu leisten. Mit der Begründung, sie könnten nicht immer alle Fächer, die sie für unnötig hielten, ausfallen lassen, besonders nicht im Abschlussjahr. Das hieß, sie könnten schon, aber das würde wohl nicht allzu gut werden. Der eigentliche Grund für seine überraschende Pünktlichkeit war die Tatsache, dass die erste Stunde Geschichte war und der Unterricht, wie in der kompletten letzten Woche, nicht ausfiel. Was wiederum hieß, dass der neue Lehrer seine erste Stunde geben würde. "Echt, Ryouga, meinst du, auf diese eine Stunde kommt es bei unserem Abschluss an?", gähnte Reno. "Ich hab da so ein komisches Gefühl, dass unser Fehlen heute auffallen würde." "Verdammt, ich bin müde. Du hättest mich doch zumindest für Geschichte und Erdkunde entschuldigen können." "Um dann hier allein zu versauern? Vergiss es. Und gegen den Schlafmangel könntest du eventuell früher schlafen gehen." Reno verzog das Gesicht. "Könnte ich. Setz dich mal ein bisschen anders hin." "Sehe ich aus wie ein Kissen?" "Ja. Und jetzt mach schon, die Rede war von 'anwesend sein', nicht 'wach sein'." Seufzend drehte Ryouga sich ein Stück zur Seite, so dass Reno seinen Kopf bequem auf seine Schulter legen konnte. Leicht legte er dem Größeren einen Arm um den Körper und seine Wange an dessen Kopf. Die Blicke der Mädchen ignorierte er einfach. Reno ging zu viel aus. Langsam wurde es Zeit, dass er sich einen Freund oder eine Freundin zulegte und nicht immer abends die Clubs unsicher machte. Zumindest nicht jeden Abend. Ryouga konnte von sich selbst nicht behaupten, dass er nicht gern auf Partys ging, aber man konnte es auch in einem gewissen Rahmen halten. "Reno, aufwachen, Direktor ist da, mit unserem neuen Lehrer." Vorsichtig schüttelte er den anderen, der sich daraufhin aufrichtete und nicht mehr ganz so verschlafen wirkte wie vorher. Aufmerksam betrachtete Ryouga den jungen Mann neben Uruha. Er war nicht allzu groß, aber auch nicht bemerkenswert klein, vielleicht 1,70 Meter, und er war schlank, aber nicht abgemagert. Sein Haar war dunkel, genau wie seine Augen. Man sah ihm an, wie unwohl er sich fühlte. Unsicher lächelte er in die Klasse. Putzig. Und auch irgendwie hübsch, fand Ryouga. Vielleicht sogar hübscher als Uruha. "Das", ergriff der blonde Rektor das Wort, "ist euer neuer Lehrer für Mathe, Japanisch und Geschichte. Ich bitte euch, ihn nicht zu verprügeln, zu beleidigen oder Sonstiges in der Richtung zu tun." "Keine Sorge, Takashima-sensei", antwortete Ryouga ruhig. "Ich werde im Zweifel eingreifen." "Sehr schön, Ryouga-san. Ich hoffe, du wirst auch Unterstützung erhalten, sollte etwas nicht laufen, wie es sollte." "Dann bin ich ja auch noch da", meinte Reno mit einem fragenden Blick zu seinem Sitznachbarn. "Gut, Reno-san. Verlasst euch drauf, wenn es Probleme gibt, werde ich davon erfahren. Ich bin dann wieder in meinem Büro." Damit verschwand er wieder. "Ryou, was sollte das?", zischte Reno ihm zu. "Man wird ja wohl mal freundlich sein dürfen." "Du verhältst dich im Moment sehr komisch. Falls du auf ihn stehst, er ist ein Lehrer, vergiss das nicht!" "Hallo? Könnte ich auch eure Aufmerksamkeit haben?" Ruhig sah der neue Lehrer sie an. "Haben Sie doch", antwortete Reno unschuldig. "Gut. Mein Name ist Naoyuki Murai, wie ihr eben schon gehört habt, unterrichte ich euch jetzt in drei Fächern. Meine Überlegung war, dass ihr mir diese Stunde einfach alle Fragen stellen könnt." "Haben Sie eine Freundin?", kam es sofort von den Mädchen in der ersten Reihe. "Sayo, sowas fragt man doch keinen Lehrer!" "Ist schon in Ordnung", unterbrach Nao die Diskussion lächelnd. "Nein, habe ich nicht." "Na dann... Vervollständige ich Sayos Frage. Haben Sie einen Freund?" "Auch nicht. Aber das wird euch so oder so nichts bringen, Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern sind, wie ihr wisst, verboten." Ryouga hustete leise. Als ob das irgendjemanden interessieren würde, am Meisten wahrscheinlich noch Uruha. Gut, die Sache zwischen ihnen war keine wirkliche Beziehung gewesen, aber wenn er richtig informiert war, waren auch sexuelle Kontakte untersagt. "Wie alt sind sie?", fragte Reno ruhig. "30. Alt genug, um von euch respektiert zu werden und jung genug, um noch Verständnis für Schlafmangel nach einer durchfeierten Nacht aufzubringen." Ryouga biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu lachen, während Reno nur mit den Schultern zuckte. "Sind Sie schwulenfeindlich?" Verwirrt sah Ryouga zur Tür. Woher kamen denn Ko-ki und Iv plötzlich? "Nein, eigentlich nicht. Und ihr seid?" "Gerade ziemlich lustlos, was Unterricht betrifft. Wir sind Freunde von Reno und Ryouga. Ich bin Iv und der andere ist Ko-ki." "Das heißt, ihr schwänzt", schlussfolgerte Nao. " 'Schwänzen' klingt so negativ, aber... Ja, genau das tun wir." Entspannt schlenderten die beiden zu ihren Freunden in der letzten Reihe, Iv setzte sich auf den Tisch während Ko-ki sich auf Ryougas Schoß platzierte. "Du hast nachgefärbt", bemerkte Reno und wuschelte durch die pinken Haare Ko-kis. "Ja. Pink muss leuchten, sonst schockt sich das als Haarfarbe ja nicht." "Murai-sensei, wie steht's um ihre Sexualität?", fragte Iv gerade heraus. "Männer, Frauen oder beides?" "Ich wüsste nicht, was euch das angeht", erwiderte Angesprochener plötzlich kühl. "Sie meinten, wir könnten alles fragen", erinnerte Reno ihn ruhig. "Aber nicht, dass ich alles beantworten würde." Ryouga zuckte mit den Schultern. "Das hat auch niemand behauptet. In gewisser Weise ist das aber auch eine Antwort." "Interpretiert daraus, was ihr wollt." "Mein Gott", stöhnte Iv genervt, "geben Sie doch einfach zu, dass Sie schwul sind. Auf dieser Schule ist das keine Seltenheit." "Iv", ermahnte Ryouga ihn leise, "es reicht. Wir provozieren ihn jetzt nicht mehr unnötig. Es geht uns ja eigentlich auch nichts an." "Ryouga hat recht, es geht euch nichts an, aber wenn ihr es unbedingt wissen wollt, ja, ich stehe auf Männer. Zufrieden?" "Halbwegs. Wurde ja auch Zeit", grinste Reno. "Könnten Sie sich dann bitte wieder beruhigen?", fragte Ryouga in besänftigendem Ton. "Ich kann es versuchen. Hat noch irgendwer Fragen, die nichts mit meiner Sexualität zu tun haben?" "Woher kommen Sie?", fragte Reno beruhigend. Er wollte auch keinen Ärger mehr. Lehrer auf die Palme bringen war zwar lustig, aber ab einem gewissen Punkt auch gefährlich. "Ursprünglich aus Nagoya, jetzt bin ich aber dabei, meine Sachen nach und nach aus London herbringen zu lassen." "London?" Interessiert legte Ryouga den Kopf schief. "Ja. Ich habe vier Jahre in London gelebt, um die englische Sprache wirklich fließend zu erlernen. Nebenbei habe ich Englisch und Mathematik studiert." "Wie viele Fächer haben sie denn studiert?" Verwundert zog Reno eine Augenbraue hoch und sah ihn an. "Vier. Mathe, Englisch, Japanisch und Geschichte." "Respekt. Sie haben schon viel erreicht", meinte Ryouga anerkennend. "Möchten Sie irgendwann heiraten? Es gibt ja Länder, in denen gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt sind." "Vielleicht." Er zuckte mit den Schultern. "Heiraten ist nicht das Wichtigste solange die Gefühle stimmen." "Das klingt so romantisch, ich könnte Herzchen kotzen", meinte Iv. "Das will ich sehen", lachte der Lehrer. "Allerdings müsstest du dann aufgrund einer mysteriösen Krankheit ins Krankenhaus." "Die Stunde ist um", rief irgendjemand in den Raum. "Das stimmt wohl, aber wir haben ja auch noch die dritte Stunde zusammen Unterricht. Bis dahin." Schon ruhiger packte er seine Tasche und verließ den Raum. Ryouga seufzte und legte seinen Kopf auf Ko-kis Schulter. Hoffentlich erfuhr Uruha nichts von den kleinen Unruhen. Sollte er doch davon erfahren, konnte Ryouga sich ja schon mal einen schönen Grabstein aussuchen. "Was ist los, Ryou?", fragte Ko-ki sanft. "Nichts." "Lüg nicht." "Mach ich nicht." "Bist du genervt?" "Überhaupt nicht." "Ryouga!" "Ko-ki, bitte, ich fühle mich einfach nicht wohl. Ich bin nicht müde, ich bin erschöpft, falls du den Unterschied verstehst." Diese kleinen Quälgeister. Shin, Ko-ki und Iv konnten einem ziemlich auf die Nerven fallen, auch wenn sie es immer gut meinten. Ko-ki musterte ihn skeptisch bevor er ihm einen Kuss auf die Wange hauchte. "Ryou, was hältst du davon, wenn wir mit den anderen zu mir gehen und du dich etwas hinlegst?" Ryouga nickte. Es war gut gemeint und er brauchte etwas Ruhe. Nach Hause gehen würde er ganz bestimmt nicht, eher würde er sich auf eine Parkbank legen und dort schlafen. Nur noch bis zum Abschluss und dann einfach nur weg von Zuhause. Erschöpft seufzte er. Der ewige Stress mit seinen Eltern, oder eher mit seinem Vater, raubte ihm die Kraft. Er vermied den Kontakt schon, so weit es denn möglich war, raubte ihm die Kraft. Er vermied den Kontakt schon, so weit es denn möglich war, aber es brachte nicht viel, manchmal ließ sich die Konfrontation aber nicht verhindern, und das endete in der Regel im Streit. Warum hatte er nur so eine besch... eidene Familie abbekommen? Renos Familie zum Beispiel war total entspannt, zumindest mittlerweile wieder. Nach seinem Outing war sein Wohnzimmer angeblich ein Minenfeld gewesen, aber sie hatten gelernt, mit Renos Vorliebe für Männer zu leben und behandelten ihn mittlerweile wieder wie einen normalen Menschen, was er ja auch war. Shin und Ko-ki hatten auch nie ernsthafte Probleme. Und Iv schaffte es nur, sich mit seiner Schwester zu streiten, aber sie vertrugen sich auch immer wieder. Geschwister halt. "Hör auf, dir so viele Gedanken zu machen. Das bringt dir auch nichts, nachher bist du nur gestresst", riet Ko-ki. "Dann hör du auf, dir Sorgen zu machen." "Wir sind Freunde, Ryouga. Es ist normal, dass ich mir Sorgen mache. Und ich weiß, dass die anderen auch besorgt sind." "Hört bitte auf damit, es bringt nichts. Ich musste meine Probleme immer allein lösen und momentan bin ich einfach nur gestresst." "Du bist aber nicht mehr allein. Wir wollen dir helfen", mischte Reno sich ruhig ein. "Bei dem Problem kann mir keiner helfen...", murmelte er leise. "Meint ihr, Takashima-sensei würde uns jetzt schon gehen lassen?", fragte Iv skeptisch. "Ich geh ihn fragen. Sammelt Shin schon mal ein und wartet mit euren Sachen vor dem Tor", meinte Ryouga, räumte seine Tasche ein und ging zum Büro des Rektors. Kurz klopfte er an bevor er die Tür öffnete. Kapitel 3: Tigerauge -------------------- "Ryouga." Uruha saß hinter seinem Schreibtisch und sah ihn ruhig an. Davor stand jedoch der neue Lehrer. "Takashima-sensei. Murai-sensei", grüßte er ruhig. "Weshalb bist du hier und nicht im Unterricht? Und die Sache mit dem Namen gilt nach wie vor." "Meinetwegen. Uruha, ich wollte dich bitten, Ko-ki, Iv, Shin, Reno und mich für den Rest des Tages freizustellen." "Der Tag hat doch gerade erst begonnen", bemerkte Nao. "Mir geht's einfach nicht gut, und nach Hause kann ich nicht." Ruhig stand Uruha auf und ging zu Ryouga. Mit deutlicher Sorge im Blick wurde er von dem Rektor gemustert. "Dein Vater?", fragte dieser letztendlich. "Hm. Was sonst?" Leicht nahm der Blonde ihn in den Arm und drückte ihn an sich während Ryouga sich dankbar an ihn lehnte. "Es tut mir leid, dass ich dir nicht helfen kann. Wie gern würde ich dich da rausholen. Du weißt, wenn es gar nicht mehr auszuhalten ist, kannst du zumindest bis zum Abschluss bei mir bleiben." "Und du weißt, dass weglaufen nichts bringt. Es ist nicht mal ein Jahr, das ich noch aushalten muss. Ich schaffe das schon irgendwie." Sanft strich Uruha ihm über den Kopf. "Wenn ich irgendetwas tun kann, lass es mich wissen. Ich schreibe euch die Freistellungen." "Ähm..." Nao stand mit offenem Mund und großen Augen da. "Ja, Nao, ich weiß, er ist ein Schüler", seufzte Uruha. "Wir sind auch nicht zusammen oder sowas." "Das zweite ist relativ egal, aber... Du bist Rektor und er geht auf diese Schule!" "Gott, Nao, komm runter. Das hat sich so ergeben, ist doch nichts dabei, wir sind immerhin beide erwachsen. Oder zumindest fast. Und ich wäre schön blöd, wenn ich mich selbst melden würde, und Ryouga von der Schule schmeißen, wäre schwachsinnig." "Moment!" Entsetzt sah Nao zwischen den beiden hin und her. "Ihr hattet Sex?" Ryouga zuckte nur mit den Schultern. "Ist doch nichts dabei. Sie haben doch auch Sex mit Männern." Uruha sah Ryouga verwundert an, wandte sich dann aber wieder an Nao. "Es war einfach nur Sex. Sonst... Wir mögen uns und sind sowas wie befreundet, aber es geht nicht um Liebe." "Wisst ihr, es ist mir egal. Ich werde mal schön meine Klappe halten." Nao sah immer noch wirklich schockiert aus, nickte aber, um seine Aussage zu bekräftigen. Ruhig ging Uruha zum Drucker, nahm die Freistellungen heraus und unterschrieb sie, bevor er sie an Ryouga weitergab. "Geht zu irgendwem nach Hause, ich sage den Lehrern Bescheid. Leg dich hin und ruh dich etwas aus, lass aber dein Handy an. Ich melde mich später nochmal bei dir." Leicht lächelnd nickte er dem Direktor zu und wandte sich zum Gehen. Als er an der Tür war, hörte er noch einmal Uruhas Stimme. "Wissen deine Freunde eigentlich, was zwischen uns gelaufen ist?" Halb drehte er sich noch einmal um, die Hand schon auf dem Türgriff. "Nein. Warum hätte ich es ihnen erzählen sollen?" "Ich weiß nicht. Aber stimmt, du zählst nicht zu der Sorte Mensch, die mit etwas Derartigem prahlt." Ryouga antwortete darauf nicht sondern verließ ruhig das Büro. Uruha atmete angespannt aus. Langsam ließ er sich wieder auf seinen Schreibtischstuhl sinken. "Nao, ich bitte dich wirklich, kein Wort zu niemandem." Müde rieb er sich über die Schläfen. "Werde ich nicht." Schon wesentlich ruhiger setzte Nao sich dem Blonden gegenüber. "Ich weiß zwar nicht, von wem das ausging, aber ich verstehe dich. Ryouga ist ein gutaussehender, junger Mann. Aber ehrlich, hat es sich gelohnt, dafür deinen Job zu riskieren?" Uruha leckte sich über die Lippen. "Aber sicher. Er ist noch jung, das kann man auch nicht bestreiten, aber als Lover einfach unglaublich geschickt. Er weiß ganz genau, was er tut." "Das heißt, du hast dich von ihm... Du weißt schon." "Ja, ich habe mich von ihm nehmen lassen. Jedes Mal." "Also hattet ihr mehrmals Sex? Und warum warst du jedes Mal Bottom?" "Das ging über vier Wochen, und jeweils drei bis fünf Mal pro Woche. Ja, da kommt man auf eine ganz nette Zahl. Weshalb ich jedes Mal Uke war, ist ziemlich simpel zu erklären. Er meinte von Anfang an, dass er niemals die Beine breit machen würde und auch noch keine Erfahrung damit hat. Ich hab kein Problem damit, einmal nicht die Kontrolle zu haben, also war das eine stumme Vereinbarung." Nao räusperte sich. "Ich will nicht neugierig sein, aber... Wie kam es zu dieser Affäre?" "Ryouga war in eine Schlägerei verwickelt und griff den einschreitenden Lehrer an, der ihn daraufhin zu mir schickte. Er sieht zwar wie einer dieser typischen bösen Jungs aus, aber wenn man schon lange genug im Dienst ist, erkennt man diese Schläger und er gehört definitiv nicht dazu. Ich weiß, ich habe noch nicht viele Dienstjahre hinter mir, aber auch aus meiner Schulzeit habe ich noch ein paar Erfahrungen. Auf jeden Fall beschloss ich, mich mit ihm zu beschäftigen. Wir sprachen lange und er erzählte mir einiges, unter anderem auch, dass er irgendwo zwischen bisexuell und schwul schwankt. Er hatte nicht herziehen wollen und vermisste seine alten Freunde, die Probleme mit seinem Vater eben wegen seiner Orientierung machten die Gesamtsituation nicht besser. Ich wollte ihn glücklich sehen und plötzlich küsste ich ihn. Und so hat es begonnen." Nao nickte nachdenklich. Seltsame Entwicklung. Und ein noch ungewöhnlicherer Anfang. Aber so spielte das Leben. "Hattet ihr bei jedem Treffen nur Sex?" "Nein, zumindest nicht nur. Bei den Treffen haben wir auch viel gesprochen, aber in , sagen wir, 90 Prozent der Fälle hatten wir auch Sex. Es tat ihm gut, und ich denke, gerade diese Kombination war ein gutes Mittel." "Hat er sich seit dem noch öfter geprügelt?" "Nein", Uruha lachte leise. "Seine Aggressionen hat lieber mit mir abgebaut, auch wenn er manchmal ziemlich hart mit mir umgesprungen ist. Das heißt, er hat ein einziges Mal seit dem völlig die Beherrschung verloren, und das war, als dein Vorgänger versucht hat, einen seiner Freunde zu verprügeln oder sogar zu vergewaltigen, was genau er vorhatte, weiß ich nicht. Er hat von verprügeln gesprochen, aber davon hätte er keinen Vorteil gehabt. Auf jeden Fall hat Ryouga da vielleicht etwas heftig reagiert, aber ich kann ihn auch irgendwo verstehen." "Das sehe ich auch ein. Das bedeutet aber für mich, dass ich mich vor ihm nicht zu sehr in Acht nehmen muss." Uruha seufzte und stützte den Kopf auf die Hände. "Wenn das so einfach wäre... Das Problem ist, er kann sich mit mir nicht mehr abreagieren. Er wird also wieder gestresster und somit gewaltbereiter." "Oh." Bestürzt sah Nao auf den Schreibtisch. "Er wird nicht zu gefährlich, wenn du ihn nicht provozierst. Behandle ihn mit Respekt, dann wird das schon." Nao nickte leicht. Trotzdem war er davon überzeugt, dass er sich vor dem Schüler in Acht nehmen sollte, immerhin schien er nicht zimperlich zu sein. Leicht legte Ryouga sich auf das Sofa, Reno platzierte sich neben ihn, Shin und Iv saßen auf dem Fußboden und Ko-ki schaltete den Fernseher ein. Es war klar, dass Reno schlafen wollte. Ryouga wollte einfach nur Ruhe. "Reno, ich bin immer noch nicht dein Kissen. Und ich bin kein übergroßer Teddy", knurrte er, als Reno sich plötzlich an ihn kuschelte und den Kopf auf seine Brust legte. "Mir doch egal." Genervt seufzend legte er seine Arme um den Älteren. Es war doch egal, ob er als Kissen missbraucht wurde. Die nächsten Wochen oder Monate würden eine pure Qual werden. Er brauchte dringend einen Freund, der auch einiges aushielt, damit er seine eigene Therapie hatte. War ihm denn nicht ein einziges Mal ein kleines bisschen Glück vergönnt? Er verlangte ja noch nicht einmal viel. Ruhig sah er zu dem inzwischen schlafenden Reno. War das vielleicht seine Chance? Eine Beziehung mit Reno? Über sich selbst den Kopf schüttelnd schloss er die Augen. Sie verstanden sich gut und waren - sehr zu Renos Leid - im Bett gelandet, und sie waren sich einig, dass sie das wiederholen könnten, aber sie waren gute Freunde, sie liebten sich nicht. Er musste sich dringend etwas einfallen lassen. Irgendwelche wildfremden Typen auf der Straße aufreißen war nicht sein Stil. Bordell, Sexclub oder was auch immer in der Art waren auch keine Lösung. Dank seinen Eltern könnte er es sich zwar leisten, aber die Sache mit dem Niveau war eine andere. Und nötig hatte er es eigentlich nicht. Theoretisch könnte er natürlich versuchen, Shin, Iv oder Ko-ki herumzukriegen, aber würden die seine Launen aushalten? Die Gefahr, außerdem ihre gute Freundschaft zu riskieren, war einfach zu groß. Fakt war, er musste sich ganz dringend etwas einfallen lassen. Aber vorher war definitiv noch Zeit, sich zu erholen. Das Klingeln seines Handys riss ihn aus dem Schlaf. "Ryouga, dein Handy", bemerkte Shin. "Ich weiß", murmelte er und zog es aus der Tasche. "Ja?" "Hey, Uruha hier. Wie geht's dir?" "Du hast mich aus dem Schlaf geholt, aber sonst alles prima." "Das tut mir wirklich leid. Gehst du über Nacht nach Hause oder schläfst du woanders?" "Ich weiß noch nicht." "Hättest du Lust, bei mir und meinem Freund zu schlafen?" "Wohl eher 'mit', oder?" "Schon, ja. Wenn du Lust hast. Er will wissen, für wen ich meinen Job riskiert habe." "Wo holst du mich wann ab?" Müde rieb Ryouga sich über die Augen. "Wie wär's in einer halben Stunde am Burbon?" "In Ordnung. Ich hoffe, dein Bett ist groß genug, ich war ja noch nie bei dir." "Das wird schon gehen. Bis dann." Ryouga legte auf und steckte das Handy wieder in die Tasche. Das Burbon war von hier aus in zehn Minuten zu erreichen, also hatte er noch Zeit. Theoretisch. "Seit wann hast du einen Freund?", fragte Shin grinsend. "Tut mir wirklich leid, Shin, wenn ich dein Weltbild zerstören muss, aber wir sind nicht zusammen, das ist eine reine Bettsache." "Oh." Shin sah auf den Boden. "Wie lange läuft das?" "Eigentlich ist es seit Freitag beendet, es ging gut einen Monat. Seit Freitag hat er eigentlich einen Freund und will dem nicht fremdgehen, und jetzt will dieser Freund mich gern kennenlernen." "Und du sollst oder willst mit den beiden einen Dreier schieben?", mischte Reno sich verschlafen ein. "Bei allem Respekt, hältst du das für eine gute Idee?" "Es war nicht mein Vorschlag." Ruhig befreite er sich von Reno, der immer noch eng an ihn gedrückt lag, stand auf und ging in den Flur. "Ich muss los. Danke für den ruhigen, erholsamen Tag. Wir sehen uns morgen in der Schule." Reno schüttelte den Kopf, als die Haustür zugefallen war. "Das gefällt mir nicht." Ryouga verhielt sich mehr als seltsam. Aber solange er nichts erzählte, gab es keine wirklich faire Möglichkeit, herauszubekommen, was er mit wem trieb. Aber, und das nahm Reno sich fest vor, sollte es noch lange so weitergehen, würde er Detektiv spielen. "Er wird schon wissen, was er tut. Auch wenn ich nicht weiß, wie er auf die Idee kommt, mein Weltbild wäre jetzt zerstört. Als ob ich noch nie einen One-Night-Stand gehabt hätte." Shin streckte sich auf dem Boden aus. "Natürlich weiß er, was er tut, aber ob er die Folgen auch wirklich einschätzen kann? Manchmal merkt man eben doch, wer wirklich der Ältere ist." "Vertrau ihm", riet Iv. "Wenn er Hilfe ablehnt, können wir eh nichts machen." "Und außerdem", bemerkte Ko-ki, "musst du dich nicht wie sein Beschützer aufspielen. Du bist nicht sein Vormund, und ganz nebenbei bist du weniger als ein halbes Jahr älter." "Ja, ja, ja. Ich weiß, Shin ist auch älter als Ryouga und verhält sich ruhig und bla bla bla." "Du weißt, wir haben recht", lachte Shin. "Aber selbst wenn wir alle viel älter wären, er ist bei Weitem alt genug, um seine eigenen Entscheidungen treffen zu können. Es ist sein Leben." Reno seufzte. Natürlich hatten sie recht. Wahrscheinlich machte er sich eh unnötige Sorgen. Und mit Ryouga reden zu wollen, machte so viel Sinn, wie eine Leiter als Trampolin verwenden zu wollen. Das Einzige, was half, war abwarten. Ryouga stand ruhig vor ihrem Lieblingslokal und wartete. Die Nacht könnte bestimmt ganz lustig werden, es kam ganz darauf an, wie der Freund seines Direktors drauf war. Aber ein vollkommener Spießer passte nicht zu Uruha, also blieb nur abzuwarten, wie viel Spaß sie haben würden. Ein schwarzer Mercedes hielt vor ihm. Warum zum Teufel konnte sich ein Rektor so ein Auto leisten? "Ryouga, schön dich zu sehen." Uruha stieg mit einem Brünetten aus. "Gleichfalls." Ruhig musterte der Brünette ihn. "Ruha, du hast einen verdammt guten Geschmack." "Ach was? Ryouga, das ist Kazuki." "Nett, dich kennenzulernen." Ruhig lächelte er den Älteren an. "Das kann ich nur zurückgeben. Fahren wir?" Uruha nickte und sie stiegen ins Auto. Ryouga machte es sich auf der Rückbank gemütlich und sah aus dem Fenster in die inzwischen hereingebrochene, schwarze Nacht. Irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl. Genau genommen das Gefühl, dass es noch zu Diskussionen mit Kazuki kommen würde. "Ryouga, Lust auf einen Deal?", fragte der andere Braunhaarige plötzlich von vorn und sah ihn durch den Rückspiegel an. "Das kommt ganz darauf an, worum es geht." Misstrauisch erwiderte Ryouga den Blick. "Ich habe gehört, dass dein Arsch immer noch unberührt ist. Das solltest du dringend ändern lassen." "Und du meinst, du wärst der Richtige dafür? Lieber nicht." "Ach komm schon, du hast gleich zwei erfahrene Männer, die dich verwöhnen können. Und der Deal wäre, dass du mich danach bekommst." Ryouga seufzte genervt. "Der zweite Teil ist gar keine Frage, aber der erste kommt gar nicht in Frage. Ich überlasse dir meinen Arsch ganz sicher nicht." Kazuki grinste nur vor sich hin. "Na das werden wir noch sehen", murmelte er. Leicht schloss Ryouga die Augen und döste vor sich hin. Wäre ja noch schöner, würde er sich irgendwas in den Arsch stecken lassen. Obwohl andererseits die Vorstellung, sich von Uruha und Kazuki verwöhnen zu lassen, etwas für sich hatte. "Kazuki, nehmen wir mal an, ich würde auf den Deal eingehen, rein hypothetisch natürlich, was würdest du mit mir machen wollen?" Aufmerksam musterten ihn die braunen Augen durch den Spiegel. "Rein hypothetisch, selbstverständlich. Ich würde versuchen, dir zu zeigen, was du verpasst hast und dass es gar nicht so schlecht ist, manchmal die Kontrolle abzugeben. Ich würde mich aber zurücknehmen, eben weil du noch keine Erfahrung hast und ich dich erstmal daran gewöhnen muss." Uruha unterbrach sie lächelnd. "Wir sind da. Ryouga, solltest du dich auf den Handel einlassen, bin ich ja auch noch da. Ich sorge schon dafür, dass dir nichts passiert." Lässig stieg Ryouga aus und folgte den beiden Älteren zur Haustür. Schweigend folgte er ihnen weiter in den fünften Stock, wo der Blonde die Wohnungstür aufschloss. "Kurze Anmerkungen, Ryouga. Erstens wird es langsam Zeit, eine Entscheidung zu treffen, was den Deal betrifft. Zweitens ist mein Bett definitiv groß genug, es sei denn, du brauchst Platz für vier Personen. Und drittens müssen wir nicht leise sein. Die Nachbarn hier sind einiges gewohnt." "Ich bin neugierig, ja. Ehrlich gesagt habe ich aber das Gefühl, dass es nichts ändert, auch wenn ich ablehne." "Da hast du recht", flüsterte Kazuki ihm zu und schob ihn in Richtung Schlafzimmer. Uruha folgte ihnen und schloss sorgfältig die Tür bevor er sich zu den beiden Braunhaarigen auf das Bett gesellte und sie einen Moment beobachtete. Kazuki hatte Ryouga hingelegt, einen Arm unter dessen Oberkörper gelegt und küsste ihn, wobei die beiden sich nicht einig werden konnten, wer die Dominanz eroberte. Ruhig knöpfte Uruha der Hemd der Schuluniform auf und strich über die nackte Haut bevor er seine Lippen auf Ryougas Brust legte. "Ryouga, aufstehen, in einer halben Stunde gibt es Frühstück." Murrend legte Angesprochener sich einen Unterarm über die Augen. Es konnte jetzt spätestens sechs Uhr morgens sein, und er sollte nach einer fast durchgemachten Nacht wirklich schon aufstehen? "Komm, raus aus den Federn!" Lachend schüttelte Uruha ihn. "Ihr habt heute Morgen gleich Mathe." Zweifelnd sah er seinen Rektor an. "Und du willst mich wirklich mit der Voraussicht auf eines der schrecklichsten Fächer aus dem Bett locken?" Kazuki lachte neben ihm. "Ich mach das, Ruha." Ryouga sprang nach dem kleinen Weckmanöver förmlich aus dem Bett. "Spinnst du? Man steckt niemandem den Finger in den Arsch, um ihn zum Aufstehen zu bewegen!", fauchte er den immer noch Liegenden an. "Wieso?", grinste Kazuki. "Hat doch geklappt." "Du Arsch", knurrte Ryouga und zog sich an. Warum lachte Uruha sich denn bitte jetzt schlapp? "Warte kurz, ich gebe dir ein Hemd von mir", meinte der Blonde amüsiert. "Deins ist ziemlich zerknittert." "Welch Wunder." "Ja, das ist es wirklich", flüsterte Kazuki plötzlich nah an seinem Ohr. Zart wanderte eine Hand des kleineren Brünetten über seinen Rücken abwärts zu seinem Hintern. Sofort verkrampfte Ryouga sich. "Finger weg!", zischte er. "Wie es deinem hübschen, kleinen Hintern wohl geht? Du hast ja doch viel Spaß gehabt und..." "Kazu, halt die Klappe und geh Frühstück machen", seufzte Uruha und zog ein weißes Hemd mit dem Schullogo aus dem Schrank, das er Ryouga, ohne auf dessen Widerspruch einzugehen, auch gleich anzog. "Meiner Meinung nach können wir das gern ab und zu wieder machen." Schweigsam saß Ryouga mehr als pünktlich - genau 45 Minuten vor Unterrichtsbeginn - auf seinem Platz. Gelangweilt beschloss er, noch etwas auf den Hof zu gehen. Gedacht, getan. Etwa fünfzehn Minuten später fiel ihm jedoch etwas Ungewöhnliches auf. Die gesamte Schlägertruppe des ersten Jahrgangs war anwesend. Normalerweise kamen sie doch immer erst, wie Reno und er auch, auf den letzten Drücker. Aufmerksam beobachtete er die Gruppe, blieb entspannt auf der Bank sitzen, wo sie ihn nicht sehen konnten, und wartete ab, was passieren würde. Vor sich hinlächelnd ging Nao weiter zur Schule. Vom Hotel, in dem er momentan lebte, aus, war es nicht so weit, dass er bei gutem Wetter Bus oder Bahn fahren musste. Und auch wenn er Führerschein und Auto hatte, er hatte einfach keine Lust, sich morgens durch den Berufsverkehr zu quälen. "Hey, hey, da ist unser neuer Lehrer!" Kaum hatte er den Schulhof betreten, sah er die Gruppe. Uruha hatte ihn vor den Schlägern gewarnt. Tief durchatmend ging er weiter und sah sich möglichst unauffällig um. Ein paar Schüler waren anwesend, aber im Fall der Fälle würde keiner von ihnen eingreifen. "Hey, Murai-sensei, stimmt es, dass Sie sich gern ficken lassen?" Einer der Schüler packte ihn an den Schultern und schubste ihn ein wenig zurück. "Kann ich so meine Fünf in Mathe sichern?" "Danke, nein." Nao sah ihn fest an. Einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen, als jemand ihn oberhalb der Schläfe mit der Faust traf. Hart wurde er auf den Boden gedrückt. Er spürte etwas Warmes, Nasses über seine Wange laufen. "Jetzt hören Sie mir gut zu..." "Taka, halt die Klappe und verpiss dich mit deinem Kindergarten." Mit völlig ruhigem Gang schlenderte Ryouga zu Nao und half ihm auf. "Ryouga-senpai, ich..." "Es ist mir egal, was du wann wo von wem willst, aber er", er nickte in Naos Richtung, "steht unter meinem Schutz. Und jetzt verschwindet!" Nao blinzelte und sah Ryouga verwirrt an bevor er sich über die Wange strich. Blut. Er begann, leicht zu schwanken. Stützend legte Ryouga ihm einen Arm um die Hüfte. "Wir müssen zum Lehrerzimmer", murmelte Nao leise. "Wäre wahrscheinlich das Beste. Können Sie laufen?" "Ich denke schon. Mir ist nur ein bisschen schwindelig." Ohne weitere Antwort zog Ryouga Nao neben sich her. "Ryouga, warum tust du das für mich?" "Wenn ich komplett ehrlich bin", er seufzte, "Uruha hat mich darum gebeten, aufzupassen, dass Ihnen nichts passiert. Letztendlich weiß ich nicht, warum ich das mache, aber es ist eben so." "Irgendwann werde ich mich dafür bei dir bedanken", murmelte Nao und ließ sich vor dem Lehrerzimmer auf eine halbhohe Mauer setzen. "Was ist passiert?" Besorgt ließ der Direktor sich neben Nao wieder und besah sich die Wunde kurz. "Nichts Erwähnenswertes, Ryouga war ja sofort da", antwortete der Kleinste und zuckte zusammen, als Ryouga begann, die Platzwunde zu desinfizieren. "Trotzdem, wer war das? Das ist tätlicher Angriff und damit strafbar!" Ryouga seufzte genervt. "Gott, Ruha, ich hab alles unter Kontrolle. Das wird nicht wieder vorkommen, und wenn doch, werde ich mich persönlich darum kümmern." "Wenn das mal gut geht... Sag mal, weißt du, ob und wann Reno heute hier auftaucht?" Er zuckte mit den Schultern. "Er kommt definitiv, aber wann kann ich nicht sagen. Er hasst Mathe und Physik, bei Japanisch kommt es ganz darauf an, ob er Lust darauf hat, aber spätestens zur fünften Stunde wird er hier auflaufen." Nao räusperte sich während Ryouga vorsichtig zwei Pflaster quer über die offene Stelle klebte. "Kommt er immer erst zur Schule, wenn er Lust hat?" "Ich normalerweise auch", bemerkte Ryouga gleichgültig. "Und wir gehen auch wieder, wenn wir wollen. Meistens sind wir aber spätestens zur dritten Stunde hier und bleiben bis zum Ende der Mittagspause." "Und du machst nichts dagegen?", fragte der Lehrer an den Rektor gewandt. "Hier läuft alles anders, gewöhn dich dran. Die Schüler sind alt genug, um für sich selbst entscheiden zu können." "Ryouga, wir müssen los. Der Unterricht fängt gleich an." Naos spontaner Themawechsel ließ Uruha ihn skeptisch mustern. "Und du fühlst dich dazu im Stande, diese Klasse jetzt zu unterrichten? In Mathe?" "Mir ist noch ein bisschen schwindelig, aber es wird besser. Ich schaffe das schon." Ryouga setzte sich ruhig auf seinen Stuhl und versuchte, dem Unterricht zu folgen, allerdings war er schon nach zwanzig Minuten völlig verwirrt. Und dann auch noch diese schriftlichen Aufgaben, die er einfach nicht verstand. Beschwörend starrte er das Buch an, als könnte ihm dieses die Lösung verraten. "Ryouga, alles gut?" Leicht stützte Nao sich neben ihm auf den Tisch und lächelte ihn an. "Ja, ja, alles gut. Abgesehen von Mathe." "Was ist denn los?" Ruhig setzte Nao sich auf den Stuhl, auf dem - eigentlich - Reno immer saß und sah mit in das Buch. "Ich bin verwirrt. Ich verstehe wirklich gar nichts mehr." "Ach Gott. Es ist mein Job, euch Mathe beizubringen. Wenn du Hilfe brauchst, musst du mir das sagen." "Okay. Hilfe." Nao lachte leise. "In Ordnung. Ich helfe dir, so gut ich kann, versprochen." Am Ende der Stunde lehnte Ryouga sich zurück und schloss die Augen. "Ich hasse Mathe noch immer, aber das ist das erste Mal seit drei Jahren, dass ich Mathe zumindest ansatzweise verstanden habe." "Seit drei Jahren? Dann nehme ich an, du wirst meine Hilfe noch öfter brauchen. Sobald ich meine Wohnung fertig habe, könnte ich dir extra dafür Unterricht geben." "Klar." Ryouga zuckte mit den Schultern. "Haben Sie denn schon eine Wohnung gefunden?" "Hm. Ich muss nur anfangen, zu streichen und die Möbel aufzubauen und habe keine Lust." Er legte den Kopf auf die Handflächen. "Was wäre, wenn ich helfen würde? Zu zweit geht es schneller und dann können wir früher mit meiner Nachhilfe anfangen." "Das würdest du tun? Na ja, ich muss los, wir können nach Japanisch weiterreden." Ryouga lächelte ihm zu. Stimmte ja, er musste ja noch zu Physik. _________________________________________________________________________________ Jaha. Das neue Kapitel. Und es ist laaaang. Wieso weiß ich nicht, hat sich einfach so ergeben. Folgendes zu meinem Fortschritt: Ich schreibe an Kapitel 28, obwohl am Anfang maximal 27 geplant waren, fertig bin ich noch nicht. Aber wegen der Abtippzeit(en) kommen die Kapitel jetzt zweiwöchig, auch wenn wir dann ein Jahr dabei sein werden, aber das ist mir herzlichst egal. Also gilt: Nächster Upload: 19.05.2011 Kapitel 4: Saphir ----------------- Heyho! Ich bin wieder da, mit einem neuen Kapitel! Und vieel Zeit. Also, in meiner Bearbeitung bin ich fast fertig, und ich denke, dass es maximal 37 Kapitel insgesamt werden. Auf dem neuen Titelbild sind zwar nur 36 Steine, aber ich weiß nicht, ob ich damit hinkomme. >_> Hm... Zu diesem Kapitel. Ja. Reno ist sehr cool drauf, Nao auch und Ryouga sowieso. Zu den Gedichten stehen die Quellen unten, ob ich persönlich die mag, seien mal dahingestellt. xD Bis zum nächsten Upload in zwei Wochen! (P.S. Es kann sein, dass ich nach dem neunten Kapitel den Rhytmus aus Zeitmangel rausnehmen muss.^^") _________________________________________________________________________________ Kapitel 4 - Saphir Reno wartete vor dem Physikraum. Er machte sich Sorgen um Ryouga. Laut den Gerüchten des heutigen Tages verhielt er sich... verdächtig. Er rettete einen Lehrer aus einer sehr... unschönen Situation und tat etwas in Mathe. Natürlich musste er konstante, zumindest ausreichende Leistungen bringen, aber trotzdem. "Morgen, Reno." Ryouga lächelte zufrieden vor sich hin. "Morgen. Wie war dein Dreier?" Wundervoll, auch wenn die Wecktechnik heute Morgen seltsam war." "Übrigens fragt Shin sich, wie du darauf kommst, sein Weltbild zerstört zu haben." Ryouga schüttelte grinsend den Kopf. "Das war ein Witz. Mir ist schon klar, dass er nicht mehr 13 ist." "Können wir kurz etwas besprechen?", fragte Reno plötzlich ernst. Ryouga runzelte die Stirn. Worüber könnte sein wohl bester, anwesender Freund mit ihm reden wollen? Nicht, dass er es nicht wüsste. Bestimmt ging es darum, mit wem er sich traf und dass Reno sich sorgte und so weiter. Natürlich war es irgendwo berechtigt, immerhin könnte er sich mit den Yakuza oder irgendwelchen Gangs treffen, aber dann war es doch eigentlich seine Sache. Und er traf sich nicht mit irgendwelchen gefährlichen Typen. Die Gefahr so war ziemlich minimal, zumindest körperlich oder psychisch, das einzige, was passieren konnte, war immerhin, dass die - eigentlich beendete - Affäre aufflog, aber selbst da würde er höchstens von der Schule fliegen, da war die Gefahr für Uruha größer. Trotzdem nickte er und ging zu seinem Platz. Es hatte keinen Sinn, Reno abwimmeln zu wollen, im Endeffekt würde das Gespräch früher oder später eh stattfinden. "Ryouga, ich mache mir Sorgen. Ich wüsste wirklich zu gern, mit wem du dich getroffen hast, aber das wirst du mir nicht erzählen, oder?" "Nein, weil es dich nichts angeht und weil ich niemanden in Schwierigkeiten bringen will." "Soll heißen, du oder er steckt gewaltig in der Scheiße, wenn gas rauskommt." "Er verliert seinen Job und ich flieg von der Schule." Reno zog eine Augenbraue hoch. "Das ist überhaupt nicht gefährlich, nein. Lass dich bloß nicht erwischen. Du könntest alles verlieren!" "Und wenn schon. Ich weiß, dass Risiko ist groß, das Spiel ist voll von Risiko, es zählt alles oder nicht." Ruhig sah er den anderen an. "Aber wir beide wissen, dass das Leben ohne Risiko einfach nur langweilig wäre. Leben am Limit macht mir Spaß, auch wenn ich dafür alles riskiere." "Das ist nicht spaßig, das ist dumm, kindisch und leichtsinnig. Ich bin auch nicht unbedingt erwachsen, aber du musst doch einsehen, dass das so nicht geht!" "Solange wir nicht auffliegen ist doch alles in bester Ordnung." "Ryouga-san, kannst du Aufgabe 1B vorrechnen?" Genervt seufzte Ryouga. Warum immer dann, wenn er gerade ganz anderweitig beschäftigt war? Kurz überflog er die Aufgabe. "Nein, kann ich nicht", antwortete er schließlich. "Vielleicht solltest du dann aufpassen und nicht mit deinem Nebensitzer reden." "Ogata-sensei, das Gespräch ist aber gerade sehr wichtig, Physik ist mir egal." Seufzend führte der Lehrer den Unterricht weiter. Ryouga wandte seine Aufmerksamkeit wieder Reno zu, der ihren Lehrer aufmerksam beobachtete. Hiroto Ogata, süße 25 Jahre jung, blond und schon irgendwie ganz süß, auch wenn er versuchte, sich durchzusetzen. Meistens schaffte er das auch, selbst wenn er dafür erst ausrasten musste. "Er gefällt dir, Reno", bemerkte Ryouga grinsend. "Er ist niedlich, aber auch ein Lehrer und somit tabu. Außerdem kann ich mir auch andere, süße Jungs mit nachhause nehmen." "Lass dich doch von der Tatsache, dass er einer unserer Lehrer ist, nicht aufhalten." Ruhig zuckte er mit den Schultern. "Geh nach der Stunde zu ihm und guck, ob du eine Chance hast, bei ihm zu landen." Reno sah ihn entgeistert an. "Hast du einen an der Klatsche? Ich kann doch nicht einen Lehrer ficken!" "Lehrer sind auch Menschen und was meinst du, was mein Exlover beruflich macht?" "Du hattest oder hast was mit einem Lehrer? Ich glaub's nicht! Du bist lebensmüde!" "Nein, bin ich nicht", erwiderte Ryouga trocken und schüttelte den Kopf. Reno biss sich auf die Unterlippe und dachte nach. Schon bei dem Gedanken daran, mit einem Lehrer zu schlafen, kribbelte es in seinem Magen vor Aufregung. Natürlich war es verboten, aber gerade darin lag der Reiz. Und Ogata-sensei war wirklich süß. Und wenn keiner etwas bemerkte, war doch alles in Ordnung. Und wenn es nur ein einziges Mal war... Immerhin wollte er es nur ausprobieren, und es würde bei einem Mal bleiben. "Ryouga, du entschuldigst mich doch, bei Murai-sensei, wenn ich noch mit Ogata-sensei reden muss, oder?" "Ehrensache", antwortete Ryouga lächelnd und machte sich daran, seine Tasche zu packen. Als es klingelte, stand er auf, warf Reno noch einen ermutigenden Blick zu und ging zurück in ihren Klassenraum, wo Shin schon wartete. "Hey Shin." "Ich hab Langeweile! Mach was!", quengelte der Kleinere sofort los. Ryouga rollte genervt mit den Augen. Das war ja mal wieder typisch, aber er erinnerte sich daran, gesehen zu haben, dass Shin jetzt eine Freistunde hatte. Und dass er da oft unter Langeweile litt, war kein Geheimnis. Normalerweise saß er dann bei Iv und Ko-ki mit im Unterricht. Oder wollte Sex. "Shin, ich hab jetzt wirklich keine Zeit und Reno redet mit unserem Physiklehrer, wann der wieder hier auftaucht, weiß ich nicht." "Ryouga, bitte. Sag, du hast Kopfschmerzen und komm mit mir aufs Klo, ich brauche das jetzt!" Wieder seufzte Ryouga. War ja klar. Shin wollte Sex. Normalerweise vergnügte er sich mit Reno, aber war der anders beschäftigt, sollte Ryouga herhalten. "Nein." "Ryouga!" "Meine Fresse, geh allein aufs Klo und hol dir einen runter", zischte der Angesprochene mittlerweile ziemlich gereizt, aber trotzdem in gedämpften Tonfall. Shin schob schmollend die Unterlippe vor. "Das macht aber keinen Spaß." Aua. In Gedanken schlug Ryouga den Kopf gegen die Wand. Das konnte doch nicht wahr sein, oder? "Vielleicht in der Mittagspause", murmelte er ausdruckslos. "Ich will aber jetzt!" Shin, dieser... Nein, dieses kleine Monster, diese Nervensäge, dieses Biest! Wann kam endlich Murai-sensei, um ihn zu retten? Und plötzlich stand der in der Tür. "Ryouga-san, könntest du mir helfen, die Kisten mit den Büchern zu holen? Wo steckt Reno und, äh, du da, wer bist du?" Ryouga nickte lächelnd. Strike. Gerettet. "Reno... spricht noch mit Ogata-sensei, wer weiß, wie lange das noch dauert. Und das ist Shin, auch einer unserer Freunde." Schnell stand er auf, ging zur Tür und lief dann neben Nao Richtung Lehrerzimmer. "Ryouga, wie sieht's bei dir morgen Nachmittag aus?" "Da habe ich Zeit. Solange kein Freundschaftsnotfall anliegt, kann ich Ihnen gern helfen." Nao blieb plötzlich stehen. "Es ist irgendwie seltsam, dass du den Schuldirektor mit seinem Spitznamen ansprichst und mich siezt. Wie wär's mit 'du' und 'Nao'?" "Alles klar, Nao." Ruhig lächelte Ryouga ihn an. "Ich kann dir morgen helfen, wenn du mich möglichst unauffällig mitnimmst." "Das schaffen wir irgendwie." "Es geht um Gedichte aus aller Welt. Diese Bücher leiht ihr euch aus, ein paar Gedichte werden wir noch im Unterricht bearbeiten. Dieser Teil der Unterrichtseinheit Japanisch wird in Literatur unterstützt. Ich möchte, dass ihr euch erstmal einlest, dazu könnt ihr die komplette Doppelstunde verwenden." "Ryouga", flüsterte Shin ihm zu. "Ich will immer noch Sex." "Halt die Klappe, du nervst. Außerdem muss ich Gedichte lesen." Verschlossen Nie konnte ich wütend sein, immer alles geschluckt Tränen nach innen fließen lassen, bis plötzlich die Kehle zugeschnürt, und die Tränen versiegt waren. Nur die Liebe besaß die Kraft, diese Starre zu lösen. (*1) Augen der Liebe Weiß wie die Reinheit, rot wie die Liebe, grün wie die Hoffnung, das alles sehe ich in deinen Augen und verschmelze ergriffen mit deiner Seele in inniger Umarmung die Zukunft schauend. (*2) Streit Wirke Gutes - sei bescheiden, übe dich im Streitvermeiden, denn zum Streiten gehör'n zwei, will einer nicht . ist Streit vorbei. So könnten manche Kriege enden, Streitigkeiten sich zum Guten wenden, doch hat der Mensch es nie verstanden, drum ist der Streit - bis heut' - vorhanden. (*3) Wie an dem Tag Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen, die Sonne stand zum Gruße der Planeten, bist alsobald und fort und fort gediehen, nach dem Gesetz, wonach du angetreten. So musst du sein, dir kannst du nicht entfliehen, So sagten schon Sibyllen, schon Propheten; Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt geprägte Form, die lebend sich entwickelt (*4) Glück Das Glück ist ein Traum in der Nacht Und eine Illusion am Tag Es ist ein Gedanke voll Hoffnung Und ein Wunsch des Herzens, Der nach Erfüllung verlangt. Doch wie oft tritt der Gegenteil der Erfüllung ein. Es ist ein Gesang, der an unser Ohr tönt, Ohne das unser Herz ihn versteht. (*5) "Gott, ist das langweilig", stöhnte Ryouga genervt. "Ist das unbedingt notwendig?" Leicht klopfte es an der Tür des Raumes und Reno trat ein. "Reno-san, schön, dass du auch zum Unterricht erscheinst. Nimm dir ein Buch, setz dich hin und lass dir von einem deiner beiden Nebensitzer erklären, was ihr tun sollt." Seufzend leistete er der Aufforderung Folge. "Also, was sollen wir machen?" "Ein paar Gedichte lesen." "Reno, mir ist langweilig!", maulte Shin dazwischen. "Nein, danke, vor nicht allzu langer Zeit erst gehabt." Unmotiviert blätterte er in seinem Buch. "Wollt ihr mich jetzt ernsthaft verarschen?! Ich will Sex, weil mir langweilig ist, und keiner von euch hat Lust, dem Unterricht zu entkommen?" "Ich hab doch gesagt, vielleicht in der Mittagspause", gähnte Ryouga. "Also, Reno, erzähl." Reno zuckte mit den Schultern. "Zuerst wollte er nicht, weil ist ja verboten und so weiter, und dann habe ich einfach nicht locker gelassen und auf die tatkräftige Unterstützung seines Körpers gehofft. Als ich ihn dann geküsst habe, hat er sich zuerst noch gewehrt, aber dann ging alles von allein." Ryouga grinste vor sich hin. Alles begann fast immer mit einem harmlosen Kuss, dann Klamotten weg und weiter. Und jetzt war er nicht mehr der einzige, der schon mal was mit einem Lehrer gehabt hatte. "So, wie es jetzt aussieht, hat er durchaus Interesse an weiteren Treffen. Er hat sich meine Nummer geben lassen." "In Schulnoten, wie war's?" Reno leckte sich über die vollen Lippen. "5, denke ich. Ich hab noch keinen Besseren gefunden. Er hat mehr Erfahrung und kann mir gut entgegenkommen. Und ohne Klamotten ist er nur noch halb so süß, eher heiß." "Hallo, ich hätte gern auch mal eure Aufmerksamkeit!", protestierte Shin, wurde aber weiterhin eiskalt ignoriert. "Echt, Ryouga,", lachte Reno leise, "auch wenn die Idee ziemlich dämlich ist, es macht Spaß." Ryouga blätterte zufrieden in seinem Buch. Wenigstens würde Reno mit seiner übertriebenen Sorge kein Problem mehr darstellen, auch wenn sie beide jetzt ihren Abschluss aufs Spiel setzten, für Hiroto und Uruha stand immerhin noch viel mehr auf der Seite der Dinge, die sie verlieren konnten. "Ryouga, sag mal... Hattest du eigentlich nie Angst, aufzufliegen?", fragte Reno ruhig. "Ein einziges Mal", seufzte der Gefragte. "Wir wurden fast erwischt, aber eben nur fast. Mach dir keine Sorgen, wenn ihr vorsichtig seid, wird es schon gehen." "Du weißt, mit wem ich was habe. Ausgleichende Gerechtigkeit?" Ryouga seufzte. Was hatte er schon großartig zu verlieren? Reno hing genauso mit drin, Hiroto nicht zu vergessen. "Kouyou Takashima", antwortete er schließlich so leise, dass noch nicht mal Shin es hören konnte. Reno klappte der Mund auf. "Nicht im Ernst, oder? Oh Gott, anstatt einen einfachen Lehrer zu nehmen, schnappst du dir gleich unseren Rektor?" Desinteressiert zuckte Ryouga mit den Schultern. "Warum nicht? Außerdem darf ich dich daran erinnern, dass das eigentlich vorbei ist." "Reno, Ryouga und Shin", mischte Nao sich hörbar genervt vom Lehrerpult aus ein, wenn ihr etwas sehr Wichtiges zu besprechen habt, könnt ihr den Raum gern verlassen." "Bitte, Ryou", flüsterte Shin und legte sein Kinn auf dessen Schulter. "Hörst du dann endlich auf, zu nerven." "Versprochen." Shin nickte und hob die Hand wie zum Schwur. Genervt erhob Ryouga sich und nahm Shin an die Hand. "Dann komm jetzt mit, du verdammt niedliche Nervensäge." Fröhlich lächelnd zog Shin Ryouga hinter sich her aus dem Raum. "Murai-sensei", seufzte Reno gelangweilt, "die Gedichte sind scheiße. Könnten Sie bitte andere aussuchen?" Nao schüttelte den Kopf und ging langsam zur hinteren Bankreihe. "Finde dich damit ab. Leidet Shin unter Stimmungsschwankungen?" "Nein, er hat nur seinen Willen bekommen." Ruhig setzte der Lehrer sich auf Ryougas Platz. "Soll heißen? Was hat es mit ihrem Spaziergang auf sich?" "Shin will Sex und hat Ryouga so lange genervt, bis er zugestimmt hat. Jetzt müssten sie sich ein geeignetes Plätzchen suchen, wahrscheinlich das Klo." "Und was sagt seine Freundin dazu? Oder sein Freund?" "Wäre er in einer festen Beziehung, hätte er Shin nicht zugestimmt. Er ist kein Kind von Traurigkeit, aber er hasst Untreue." Nao lächelte. Ryouga war also noch zu haben. Vielleicht... Was Reno wohl noch so ausplaudern würde? Vielleicht nichts allzu Privates, aber jede Information könnte gut sein. Aus rein beruflichem Interesse natürlich. "Was kannst du mir noch über ihn erzählen, Reno? Was muss ich beachten?" Reno zog überrascht eine Augenbraue hoch. Was sollten die Fragen und warum interessierte sich ihr neuer Lehrer plötzlich so für seinen besten Freund? Aber was sprach dagegen, ein paar Informationen Preis zu geben? Trotzdem war das alles irgendwie komisch. "Na ja", antwortete er zögernd, "er ist noch nicht lange auf dieser Schule und seine Einstellung ist sehr... positiv. Fast so wie meine. Er hat oft Probleme mit seinem Vater und verbringt so viel Zeit wie möglich außerhalb, um nicht mehr Streit als notwendig zu provozieren. Die meiste Zeit verbringt er mir Iv, Ko-ki, Shin und mir, teilweise ist er aber auch einfach verschwunden und geht während der Zeit nicht an sein Handy, und auf Nachfragen reagiert er nicht. Ach, und selbst wenn man das seiner Figur nicht ansieht, er liebt Fast Food, besonders Pizza." Nao nickte nur und notierte sich in Gedanken einige Stichworte. "Warum hat er Probleme mir seinem Vater?" "Sein Vater verdient gut und hat einen hohen Gesellschaftsstatus. Er akzeptiert nicht, dass Ryouga von den meisten Mädchen nichts wissen will. Seine Mutter scheint sich rauszuhalten, so weit ich das beurteilen kann, akzeptiert sie alles, solange er glücklich ist, mehr aber auch nicht." "Für einen Vater ist so eine Situation nicht einfach", bemerkte Nao, "besonders, wenn die Familie deswegen einen Ruf zu verlieren hat. Weißt du, ob er Ryouga jemals körperlich angegriffen hat?" Reno musste lachen. "Das würde er nicht wagen. Ryouga ist vielleicht nicht stärker, aber seine Wutanfälle sind nicht zu unterschätzen und er läst sich nichts bieten." Erschöpft lehnte Ryouga sich an die Wand und schloss die Augen. Shin war doch widerstandsfähiger als er gedacht hatte, wenn auch wirklich noch spürbar unerfahren. Anders als Uruha. Anders als seine Exfreunde. Bestimmt auch anders als Nao. "Ryou, abgesehen von der Tatsache, dass ein Schulklo nicht der beste Ort ist, war das ziemlich", Shin suchte nach einem Wort, "wow. Auch wenn ich befürchte, dass man ziemlich genau sehen wird, wo du mich festgehalten hast." "Soll mir so viel sagen wie Wiederholung an einem anderen Ort wäre für dich kein Problem. Von mir aus irgendwann später mal." Shin nickte und gähnte danach. "Ich lege mich in der Pausenhalle noch ein bisschen hin, du musst zurück in den Unterricht." Super. Wie sehr er sich darüber freute, noch eine Stunde Japanisch zu haben. Aber wenigstens war Nao nett, und dass nicht im Sinne von 'nett ist der kleine Bruder von scheiße'. "Was hältst du davon, wenn ich noch eine Weile zum Kuscheln bei dir bleibe? Und wenn jemand fragt, ist dir übel und ich kümmere mich um dich." Lächelnd nickte Shin, nahm seine Hand und zog ihn mit sich. Mittagspause. Endlich. Erschöpft lehnte Nao sich zurück. "Hiroto, stimmt es, dass Reno Anfang der dritten Stunde bei dir war?" "Was? Äh, ja", antwortete der Blonde völlig durch den Wind. "Hast du Abdeckstift?" "Nein." Warum war der Jüngere nur so leicht rosa im Gesicht? Verzweifelt versuchte er, einen kleinen Bluterguss zu verstecken. "Woher kommt der Knutschfleck?", fragte Saga grinsend und hielt ihm das Gewünschte hin. "Der gehört Shou, leg ihn zurück, bevor er was merkt." "Der... Das... Ist kein Knutschfleck", stotterte der Blonde, dessen Gesicht einen satten Rotton angenommen hatte. "Ich hab mich... gestoßen." "Am Hals?", fragte Nao zweifelnd. "So heftig, dass du davon einen Bluterguss bekommst? Und trotzdem kannst du normal weiter unterrichten?" "Ja... Ja, doch." Nervös hustete Hiroto. "Du weißt, dass das nicht glaubhaft ist, ja?" Nao zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Kurz stand er auf, ging auf den Kleineren zu und roch an ihm. "Außerdem haftet dir noch ein ganz leichter Geruch nach Sex an. Dir ist klar, dass du demnach erst vor ein paar Stunden was mit jemandem gehabt haben musst." Hiroto wurde noch einen Rotton dunkler bevor er wirklich reagieren konnte. "Können wir bitte das Thema wechseln?" "Ja, zum Beispiel: Wer hat meinen Abdeckstift entführt?", schnaubte Shou, der gerade dazugekommen war. "Pon war's." "Saga! Hör auf, immer mir die Schuld zuzuschieben!", verteidigte der Kleinste sich. "Pon, was hast du denn mit deinem Hals gemacht? Ach, egal, Abdeckstift her, ich mach das jetzt!" Nao konnte sich ein Kopfschütteln nicht verkneifen. Auf dieser verdammten, aber doch irgendwo sehr lustigen Schule lief alles halt ein kleines bisschen anders als sonst irgendwo. Im Moment musste er sich noch an diesen seltsamen Tagesablauf gewöhnen, aber es war ja auch spannend im Vergleich zu einer langweiligen, ordinären Schule. Wenn er irgendwann wieder an einer dieser Standardschulen unterrichten sollte, wäre die Umstellung schrecklich. "Nao, hör auf zu grinsen!", fauchte Shou. "Gott, Shou, komm runter", meinte Nao beschwichtigend. "Das ging um etwas anderes. Warum bist du heute eigentlich wieder so zickig?" "Zickig?!", Shou schnaubte wütend. "Ich bin nicht zickig!" 'Gar nicht', bemerkte Nao in Gedanken, sagte aber nichts weiter dazu und setzte sich wieder auf seinen Platz. Er hatte beim besten Willen keine Lust, sich mit dem anderen zu streiten, es war eh sinnlos. "Natürlich ist er nicht zickig", murmelte Saga und ließ sich neben Nao auf seinen Stuhl fallen. "Hast du heute Nachmittag Zeit und Lust, wegzugehen?" Nao lächelte ihn ruhig an. Seit er vor zwei Wochen das erste Mal in dieser Schule gewesen war, versuchte Saga, ihm so weit wie möglich zu helfen, und nach und nach hatten sie sich zumindest so weit angefreundet, dass der Größere wusste, wo Nao den Zweitschlüssel für seine Wohnung versteckte. "Heute, ja, schon. Morgen nicht, ich bekomme Hilfe bei den Renovierungsarbeiten. Eigentlich wollte ich heute schon mal anfangen, aber wenn du irgendwas Besonderes geplant hast..." "Eigentlich nicht. Ich will nur den restlichen, zu korrigierenden Klassenarbeiten entkommen." Saga lachte. "Aber es klang auch nicht so, als hättest du viel Lust auf deine Aufgaben." "Aber das sind notwendige Dinge, die wir eh irgendwann hinter uns bringen müssen. Meinetwegen könne wir uns trotzdem treffen. Wir wohnen ja doch so weit auseinander." "Ja, ganze zwei Stockwerke, wenn du in deine Wohnung gezogen bist. So sind es drei Straßen. Was willst du machen?" Nao dachte nach. "Wie wär's mit Fußball auf dem Bolzplatz? Und jetzt sag nicht, ich bin kindisch!" "Hab ich nicht vor, Fußball klingt gut. Hey, Pon, Shou, wollt ihr auch mitkommen?" "Heute? Ja, warum nicht? Kann ich euch beweisen, dass ich nicht zickig bin." Hiroto nickte nur begeistert. "Schön." Nao lachte. "Ich muss noch etwas für den nächsten Unterricht vorbereiten." "Sei froh, dass du Reno und Ryouga für heute schon hinter dir hast", stöhnte Saga verzweifelt. Nao legte verwirrt den Kopf schief. Er hatte doch nie ernsthafte Probleme mit den beiden gehabt. Was hatte Saga für ein Problem? Und warum sah Shou ihn so mitleidig an? Reno und Ryouga waren zusammen erträglicher als einzelne Schüler unterer Klassen. Sie waren pünktlich im Unterricht, verhielten sich ruhig, arbeiteten mit und unterstützten ihn. "Mein Beileid, Saga, wirklich. Aber du unterrichtest die wenigstens in zwei Fächern, die sie auch wirklich interessieren." "Dank, danke. In Bio habe ich das dumpfe Gefühl, sie sind eher an Sexualkunde in der Praxis interessiert als an allem anderen." Saga fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Als ob es dir dabei früher anders gegangen wäre, und als ob es heute anders wäre", lachte Shou und setzte sich einfach auf Sagas Schoß. "Und wie sieht's in Musik aus?" "Drück ihnen Gitarren in die Hand, stell sie in einen schalldichten Raum und du hast deine Ruhe. Leider kann ich das nicht immer machen, was soll ich ihnen denn als Note eintragen?" "Ganz ehrlich", mischte Nao sich verständnislos ein, "ich verstehe gar nicht, was ihr habt. Ich komm mit beiden gut aus." Verwirrte Blicke aus allen Richtungen waren plötzlich auf ihn gerichtet. "Was denn? Habe ich was Falsches gesagt?" "Nein, nein, ich dachte nur, ich hätte dich sagen gehört, dass du mit Reno und Ryouga gut zurecht kommst", lachte Shou. "Aber genau das habe ich gesagt." Naos Verwirrung nahm zu, als alle ihn einfach anstarrten. Die Stille war schon fast erdrückend. "Nao...", Saga räusperte sich, "sie sind alles andere als gute Schüler. Sie rauchen im Unterricht, sie schreiben SMS oder telefonieren, sie reden und passen nie auf." "Bei mir nicht, ihr könnt gern morgen früh mitkommen, ich hab die Klasse in den ersten beiden Stunden in Mathe." "Du kannst meinetwegen übermorgen für die Doppelstunde Englisch mitkommen. Wenn sie dann anwesend sind, wirst du verstehen, was für ein Problem wir haben." Shou grinste ihn an. "Warum sollten sie nicht da sein? Sie haben noch nicht eine einzige meiner Unterrichtsstunden verpasst. Gut, Reno heute zum Teil, aber entschuldigt." Shou und Saga sahen sich nur kurz an, sagten aber nichts weiter dazu. Von dem geschilderten Verhalten der beiden Albtraumschüler mussten sie sich erst selbst überzeugen, um es zu glauben. _________________________________________________________________________________ * 1 'Verschlossen' von Annegret Kronenberg 2 'Augen der Liebe', Autor unbekannt 3 'Streit', Autor unbekannt 4 'Wie an dem Tag' von Johann Wolfgang Goethe 5 'Glück' von Kalil el Khatib Kapitel 5: Howlith ------------------ Gelangweilt lehnte Ryouga sich an Reno und schloss die Augen. Im Musikraum zu sitzen und warten zu müssen, war eben nicht die schönste Beschäftigung, die er sich vorstellen konnte. Schwänzen wäre eine Möglichkeit gewesen, aber er konnte nicht jede langweilige oder verhasste Stunde einfach wegfallen lassen, dass war ihm durchaus bewusst. "Ryouga, dir ist schon klar, dass die Mädchen uns anstarren, oder?" Der Angesprochene nickte leicht. Es interessierte ihn zwar eigentlich nicht, aber er spürte die Blicke nahezu. Er wollte einfach nur ein wenig Ruhe haben, bis der Unterricht begann. Wenn schon nichts Spannendes passierte, konnte man auch ruhig noch etwas schlafen oder zumindest vor sich hindösen. "Ryouga-san, aufstehen, der Unterricht beginnt." Ryouga funkelte den Lehrer bedrohlich an. Takashi Sakamoto unterrichtete eigentlich ziemlich interessante Fächer, besonders Musik. Blöderweise gab es gerade in Biologie völlig uninteressante Themen, und Musiktheorie machte auch nicht wirklich Spaß. "Ich schlafe nicht", antwortete er in ruhigem Ton, blieb aber immer noch an Reno gelehnt. "Trotzdem dürfen Sie den Unterricht meinetwegen beginnen." "Wie großzügig von dir." Die Ironie dieser Aussage quittierte er nur mit einem leichten, gütigen Lächeln. Musik zählte immerhin noch zu den Fächern, in denen er sich normal verhalten durfte. "Kommst du morgen zur Ersten?", fragte Reno ihn leise. "Klar. Ich habe endlich mal wieder was in Mathe verstanden, das will ich ungern gleich wieder verlieren. Außerdem ist Murai-sensei ein guter Lehrer." "Ich dachte, du hasst Mathe." Ryouga lachte leise. "Klar. Aber als du nicht da warst, hat er sich zu mir gesetzt und mir geholfen, immerhin zwei Aufgaben inklusive Rechenweg hinzubekommen." "Ich bin stolz auf dich. Das heißt aber, ich soll morgen auch wieder vor der ersten Stunde erscheinen." Ryouga nickte. Er hatte Uruha nunmal versprochen, an Naos Unterrichtsstunden teilzunehmen und sich auch zu benehmen. Und nach Möglichkeit auch Reno mitzuziehen. Eben das gelang ihm ziemlich gut, der Größere war zwar meist völlig verschlafen, aber er war im Unterricht. "Reno-san, Ryouga-san, kann einer von euch mit dieser Notenabfolge etwas anfangen? Ihr spielt doch beide Gitarre. Ich bitte um eine Vorführung." Ryouga sah kurz vom Lehrer zur Tafel. "Das sind Akkorde. Ja, damit kann ich was anfangen." "Dann steh auf, komm nach vorn, nimm dir eine Gitarre und spiel die Akkorde vor." "Das ist so einfach, das können Sie auch allein. Ich habe gerade keine Lust." Reno lachte leise. "Echt, Ryouga, sowas kann auch nur von dir kommen." "Reno-san, würdest du dann bitte vorspielen?" "Seh ich aus wie ein CD-Player?" Ryouga bekam einen akuten Lachanfall. So eine Aussage war ja mal wieder ganz typisch Reno. Glücklicherweise war er nicht der Einzige, der augrund dieser Aussage lachte. Nur Sakamoto-sensei schien das nicht ganz so witzig zu finden. "Ruhe! Und ihr zwei, entweder spielt einer von euch das vor, oder ihr verlasst jetzt sofort den Raum!" Ryouga sah Reno kurz an. Da war aber jemand mächtig sauer geworden. Seufzend nahm er seine Tasche und ging, von Reno gefolgt, aus der Tür. In der Pausenhalle blieben sie stehen, warfen sich einen kurzen Blick zu - und fingen an, zu lachen. "So weit haben wir ihn noch nie bekommen!", prustete Reno. Ryouga schnappte nach Luft. Langsam bekam er ernstzunehmende Bauchschmerzen. "Wirklich nicht. Aber schon geil, dass er uns einfach vor die Tür setzt." "Wer hat euch vor die Tür gesetzt?" Uruha kam einige Schritte näher und verschränkte die Arme vor der Brust. Nao stand neben ihm und sah sie verwirrt an. "Sakamoto-sensei", lachte Reno. "Und warum?", fragte Nao vorsichtig nach. Auch wenn die beiden sich bei ihm benahmen, er traute dem Traumduo einiges zu. "Ich weiß nicht. Vielleicht haben wir heute einfach nur zu gute Laune", beantwortete Ryouga Naos Frage mit einem leichten Lächeln. Nao schüttelte den Kopf, auch wenn ihm nicht ganz klar war, ob über Reno und Ryouga oder über sich selbst. Sein Herz schlug kräftiger und schneller als vorher. Was war denn jetzt los? Er konnte nicht anders, als zurückzulächeln. Natürlich war ihm bewusst, was solche Reaktionen zu bedeuten hatten. Zumindest wenn sie sich häuften. "Wie dem auch sei", unterbrach Uruha sämtliche weiteren aufkeimenden Gedankengänge, "was werdet ihr jetzt tun?" "Hier warten, bis der Unterricht für alle beendet ist und dann mit Ko-ki, Iv und Shin zu einem von uns nachhause." "Also alles so wie immer. Habt ihr wenigstens etwas aus eurem Rausschmiss gelernt?" "Takashima-sensei, was denken Sie?", stellte Ryouga lächelnd die Gegenfrage. "Natürlich nicht, wäre ja auch zu schön gewesen." "Wir hatten die Wahl zwischen vorspielen und gehen", meldete Reno sich wieder, "wir sind also freiwillig gegangen." "Also Shin, erzähl!" Ko-ki sah den Angesprochenen, auf dessen Sofa sie gerade lagen, neugierig an. Iv hatte sich die Katze des Hauses zum Kuscheln geschnappt, Reno diente Ryouga als Teddy und Shin hatte ein großes, flauschiges Kissen im Arm. "Was soll ich erzählen?" Verwirrt sah er von seinem pinken Plüschkissen (!) auf, von dem er felsenfest behauptete, seine kleine Cousine hätte es hier vergessen. "Wer ist besser? Reno oder Ryouga?" Auch die beiden Größten schenkten Shin jetzt ihre Aufmerksamkeit. "Echt, Shin. Sag. Ich weiß, dass Ryouga teilweise sehr heftig sein kann, aber er ist verdammt gut. Nur kann ich mich selbst schlecht beurteilen." Unruhig rutschte der Beobachtete hin und her. "Also... Ihr beide seid sehr gut. Ryouga ist wirklich ziemlich grob, aber sonst... Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich mag euch beide auf unterschiedliche Arten." "Das ist keine richtige Antwort." Schmollend verschränkte Iv die Arme vor der Brust. "Du bist wirklich gemein." Ryouga schloss leise lachend die Augen und drückte sich leicht an Renos warmen Körper. Es überraschte ihn selbst, wie viele Streicheleinheiten er heute brauchte, aber es war ja auch nicht weiter tragisch. Wobei es vielleicht an seinen neu gemachten Erfahrungen der letzten Nacht liegen könnte. Sein Hintern erinnerte ihn mit einem unangenehmen Ziehen daran, wie so oft schon an diesem Tag. Er hatte sich die ganze Zeit über nichts anmerken lassen, und den Gefallen würde er seinen Freunden auch sicher nicht tun. Denn wie hieß es so schön? Wer den Schaden hatte, brauchte für den Spott nicht zu sorgen. Reno quittierte das ungewöhnliche Verhalten des anderen nur mit skeptisch hochgezogener Augenbraue. Was sollte er auch dazu sagen? Jeder Mensch verhielt sich manchmal komisch. Sanft kraulte er dem Kleineren den Nacken. Es war doch so auch ganz nett. Ko-ki schmiegte sich dicht an Ryougas Rücken, woraufhin dieser zuerst leicht zusammenzuckte. Reno sah ihn fragend an, was er jedoch gar nicht bemerkte. Der Pinkhaarige jedoch fing Renos Blick auf und zuckte mit den Schultern. Wäre zwar interessant zu wissen, weshalb Ryouga so reagierte, aber das würde eh nicht mit den Informationen rüberrücken. Ryouga spürte die ihn völlig umhüllende Wärme. Eigentlich kein Wunder, immerhin hatte er gleich zwei menschliche Heizungen. Er nahm auch wahr, dass er langsam in den Schlaf rutschte, was ihn aber nach einer Nacht mit nur zwei Stunden Ruhe und einer Menge körperlicher Betätigung nicht wirklich wunderte. Leicht streichelte Reno den Kleineren weiter. Wenn dieser schlafen musste, dann würde er ihn nicht davon abhalten und auch als Kissen dienen. Natürlich fragte er sich, weshalb der andere so viel Schlaf brauchte. Am Ende machte es aber ja auch keinen Unterschied. "Ich bin froh, dass es Ryouga gut geht", bemerkte Shin nach einer Weile leise. "Ich hatte gestern Angst um ihn, es hätte ja sein können, dass er sich mit sonstwem trifft." Iv seufzte. "Natürlich ist es gefährlich für ihn, wenn er uns nicht als Absicherung informiert, aber es geht ihm ja anscheinend wirklich gut. Und wir können so viel Angst um ihn haben, wie wir wollen, er ist einfach so." "Und er soll sich auch nicht ändern, das können wir auch gar nicht von ihm verlangen." Leicht lächelte Reno und spielte mit einer von Ryougas Haarsträhnen. "Du hast schon recht. Aber ehrlich, er könnte manchmal wirklich ein wenig mehr von sich preisgeben." Ko-ki sah ruhig zu Reno auf. "Lasst ihm doch seine Geheimnisse. Jeder hat welche, nur bei ihm macht man so ein Theater darum." Genervt schüttelte Reno den Kopf. Man könnte Ryouga ja auch einfach in Ruhe leben lassen. "Gestern Abend hast du dir auch noch Sorgen gemacht und dich deswegen fast mit ihm gestritten", bemerkte Shin. Reno biss sich auf die Unterlippe. Hoffentlich kombinierten die anderen dann jetzt nicht zu gut. "Das heißt, du weißt inzwischen, was los ist. Und dann stellt sich die Frage, weshalb du nicht mit uns darüber redest. Daraus kann man dann wieder schließen, dass du selbst mit drinsteckst." Reno räusperte sich bevor er Shin direkt ansah. Aber was sollte er jetzt dazu sagen? "Meine Situation hängt mit Ryougas nicht direkt zusammen, aber sie sind fast identisch. Es ist verdammt gefährlich, ein Spiel mit dem Feuer, aber wenn wir nicht erwischt werden, ist es okay." "Ist es illegal?", fragte Iv sofort. "Es ist verboten, wird aber nicht von der Polizei verfolgt. Jetzt bleibt mal ganz ruhig und übt euch in Geduld, vielleicht erfahrt ihr ja irgendwann, worum es geht. Und jetzt vertraut mir. Ryouga hat es eigentlich schon beendet, damit ist er außen vor. Ich hab zwar heute erst angefangen, aber das wird schon." "Solange ihr dafür nicht in den Knast kommt oder von den Yakuza gejagt werdet, soll es mir egal sein. Ich hoffe nur, dass ihr nicht auf den Strich geht." "Spinnst du? Als ob Ryouga und ich das nötig hätten." Empört sah er Shin und Iv an, Ko-ki war inzwischen ebenfalls eingeschlafen. "Weder Ryouga noch ich haben zu wenige Verehrer oder Verehrerinnen, und an Geld mangelt es uns auch nicht." Shin zuckte mit den Schultern. "Das hat Iv nicht gesagt. Zuzutrauen wäre es euch auf jeden Fall, auch wenn ihr es nicht nötig habt." "Na, danke." "Reno, denkst du, ich kann heute Nacht bei dir schlafen?" Ryouga sah den Größeren auf dem Heimweg nicht an, als er die Frage stellte. "Klar. Meine Eltern haben bestimmt nichts dagegen. Aber was wird dein Vater dazu sagen?" Reno blieb stehen und sah ihn misstrauisch an. Ryouga zuckte nur mit den Schultern. "Er wird wissen wollen, wo ich war." "Und deine Antwort?" "Dass ich bei einem flüchtigen Bekannten war, der mich durchgenommen hat, und die Nacht danach bei meinem besten Freund geschlafen habe." "Du... Was?" Überrascht sah Reno ihn an. "Ja, ist so. Mein Arsch hat seine Unberührtheit verloren." "Oh Mann." Reno schüttelte den Kopf. "Und das nicht durch mich, das ist einfach unfair." Ryouga lächelte ihn vielsagend an und trat einen Schritt näher an ihn heran. "Vielleicht, wenn du dich heute Abend anstrengst, kannst du immerhin noch Zweiter werden." Grinsend nahm der Größere seine Hand und zog ihn weiter. So war er in der Nacht zumindest beschäftigt und es könnte doch noch ganz spaßig werden, eventuell gerade, weil Ryouga sicherlich nicht kampflos ausgeben würde. "Ryouga, aufstehen", raunte Reno ihm zu und streichelte seinen nackten Oberkörper. "Lass mich." Murrend streckte der Jüngere sich, bereute es aber sofort und stöhnte leise vor Schmerz auf. Das Ziehen war schlimmer als das vom Vortag. "Wenn wir jetzt nicht aufstehen, verpassen wir mindestens den Anfang der Mathestunde. Tut mir wirklich leid, wenn du Schmerzen hast, aber ich konnte mich einfach nicht mehr zurückhalten." Entschuldigend küsste er den Kleineren. "Ist schon okay." Vorsichtig rollte Ryouga sich aus dem Bett. "Haben wir noch Zeit, zu duschen?" "Wenn wir zusammen duschen und uns etwas beeilen, schon." Leicht folgte Ryouga dem anderen ins Bad und sah dort erstmal in den Spiegel. Seine Haare waren völlig zerzaust, aber abgesehen davon sah er gar nicht so schlecht aus, wie er erwartet hatte. Das Gehen löste zwar dieses verdammte, unangenehme Ziehen aus, aber er würde sich nichts anmerken lassen. Ganz sicher nicht. Vorsichtig ließ Ryouga sich auf seinen Stuhl sinken und verzog einen Moment das Gesicht. Verdammt, warum waren diese Mistdinger nicht gepolstert? "Das geht vorbei", bemerkte Reno lächelnd und strich ihm über den Rücken. "Ich hoffe es für dich", knurrte Ryouga zurück. "Für mich? Du hast zwar tapfer gegen gehalten, aber letztendlich habe ich dich nicht vergewaltigt." "Ich weiß." Immer noch deutlich angesäuert wandte Ryouga seine Aufmerksamkeit der Tür zu. Hoffentlich tauchte Nao bald auf. Apropos Nao, dem wollte er heute Nachmittag ja beim Streichen helfen. Hoffentlich konnte er sich bis dahin wieder etwas besser bewegen. Gelangweilt packte er seine Schreibsachen aus und starrte dann einfach wieder nach vorn. Was sollte er auch großartig anderes tun? Es war nach wie vor langweilig, auf den Unterricht zu warten. "Ryouga, was ist das?", fragte Reno mit einem Blick auf die aufgeschlagenen Rechnungen vom Vortag. "Das ist das, was ich mit freundliches Unterstützung Murai-senseis gestern ausgerechnet habe." "Und du weißt auch jetzt noch, was du gemacht hast?" "Halbwegs. Ich denke, wir bekommen schon noch Hilfe beim Rechnen. Murai-sensei meinte gestern, wir müssten ihm nur Bescheid sagen, wenn wir Hilfe brauchen." Reno schüttelte den Kopf. Seit wann verstand Ryouga sich so gut mit Lehrern? Und seit wann, nur um einmal an den vergangenen Tag zu erinnern, interessierten sich Lehrer so für ihre Schüler wie ihr neuer Lehrer es für Ryouga tat? Das war doch recht... komisch. "Ohayou gozaimasu!" Nao betrat gut gelaunt den Raum, dicht gefolgt von Saga und Shou. "Wie ihr seht, haben wir heute zwei Zuschauer im Unterricht. Ich habe einen kleinen Test für euch erstellt, den ihr auch selber kontrollieren sollt, nur um zu sehen, was ihr schon ganz gut beherrscht und woran ihr noch arbeiten solltet. Ihr habt beide Stunden Zeit dafür, ihr dürft eure Auszeichnungen verwenden und mir zwischendurch Fragen stellen. Noch irgendwelche Fragen jetzt zur Aufgabenstellung?" "Was machen Reno und ich?", fragte Ryouga sofort nach. "Sie wissen genau, wie es bei mir in Mathe aussieht, und Reno ist auch nicht besser." "Ihr bekommt extra Hilfe von mir. Die anderen haben es in den letzten Stunden auch so geschafft, ohne meine Hilfe zu benötigen. Das heißt, dass ich euch gut helfen und alles genau erklären kann." Ryouga nickte und sah zu Reno, dessen Kopf auf dem Tisch lag. Da war aber jemand begeistert von dem Plan, Mathe zu lernen. "Ryouga, warum willst du mich so leiden lassen? So schlimm können deine Schmerzen doch gar nicht sein." "Halt die Klappe, es ist auch zu deinem Besten." Das weitere Murren des Älteren blendete er einfach aus und wartete, bis auch sie ihre Arbeitsbögen von Nao ausgeteilt bekommen hatten. Schon beim Lesen der ersten Aufgabenstellung wurde er ungewöhnlich blass. Was waren das denn für Aufgaben? "Ryouga-san, nicht so schockiert gucken, ich lasse dich mit diesen Aufgaben schon nicht allein." Beruhigend lächelte Nao ihn an. "Na dann... Ich hoffe wirklich, dass sie sehr sehr viel Geduld haben." "Habe ich, zerbrich dir darüber mal nicht den Kopf. Hat noch jemand eine Frage zu irgendeiner Aufgabe?" "Murai-sensei, das geht jetzt nicht um die Aufgaben", begann Sayo vorsichtig, "aber dürfen wir in der Arbeit einen Formelzettel oder etwas Ähnliches haben? Das sind sonst ziemlich viele Formeln zu wissen." "Ihr bekommt Zettel von mir, auf denen die Formeln mit Variablen angegeben sind." Erleichtertes Aufatmen. Nao zog sich einen Stuhl heran und setzte sich Reno und Ryouga gegenüber. "Hat einer von euch sein Buch mit?" "Nein", meinte Ryouga nur deutlich schlecht gelaunt zurück. Er war müde und hatte verdammt nochmal Schmerzen, da war schlechte Laune doch vertretbar. Schlecht gelaunter Ryouga gleich gefährlich. Also müsste er, Nao, sich wohl ein wenig in Acht nehmen. "Gut, dann nehmen wir meins." Nao war froh, als die Stunden endlich geschafft waren. Abgesehen von ein oder zwei etwas unfreundlicheren Antworten hatte Ryouga sich eigentlich ganz normal verhalten, aber trotzdem war Nao permanent angespannt geblieben. Blieb ihm nur übrig, zu hoffen, dass Ryougas Laune sich bis zum Unterrichtsschluss besserte. Allein mit seinem Schüler, ohne Rückendeckung und - im Zweifelsfalle - Schutz. Irritiert sah Nao auf den Tisch, als sich ein warmes Kribbeln in ihm ausbreitete. Das war definitiv gerade sehr ungünstig. Besonders, wenn er bedeutete, was er vermutete. "Murai-sensei, geht es Ihnen gut?" Ryougas Stimme klang besorgt und der Klang jagte ihm einen warmen Schauer über den Rücken. "Ja... Ja, mir geht's gut." Beruhigend lächelte er seinen Schüler an. Ein kleiner Fehler, bei dem Blick in diese dunklen Augen wurde das Kribbeln in seiner Magengegend stärker. "Ich muss los, wir sehen uns in der letzten Stunde nochmal." Aufatmend stand Nao auf, stellte den Stuhl, auf welchem er gesessen hatte, zurück an seinen Platz und verließ dann mit Saga und Shou den Raum. "Unfassbar", murmelte Shou verblüfft. "Die beiden waren brav wie kleine, unschuldige Lämmer." Saga schüttelte nur den Kopf. "Nao, was hast du denen gegeben? Ich verstehe das einfach nicht." Nao lächelte seine Kollegen nur schulterzuckend an und ging zum nächsten Unterricht. Ryouga sah nachdenklich auf seinen Zettel. Ob es Nao wirklich so gut ging, wie dieser behauptet hatte? Nein, er machte sich keine Sorgen um seinen Lehrer, er... Ja, was tat er denn, wenn er sich nicht sorgte? Okay, dann machte er sich doch Sorgen. Warum eigentlich nicht? Fakt war, dass Nao ein wenig verwirrt gewirkt hatte. "Ryouga, was ist los? Du wirkst plötzlich so nachdenklich." Fragend sah Reno ihn an. "Keine Ahnung." Er zuckte mit den Schultern und legte den Kopf auf den Tisch. Das war doch einfach zum Verrücktwerden. Warum interessierte ihn, wie es seinem Lehrer ging? Reno zuckte nur mit den Schultern und ließ die Diskussion unter den Tisch fallen. _________________________________________________________________________________ It's mee~~ Trotz Namensänderung. xD Also, Ladies and Gentleman, ich habe Nachrichten. Wichtige Nachrichten zu meinem Fortschritt. Ich bin nämlich fertig mit 36 Kapiteln und 182 karierten DIN A4 Seiten (obwohl es ursprünglich höchstens 27 Kapitel und 60 bis 80 Seiten werden sollten.) Nun gut, Kommentare sind wie immer gern gesehen und ja... Wer Rechtschreibfehler findet, die das Verständnis etwas schwer machen, bitte melden, sonst kann man die auch auf ebay versteigern oder behalten. Bis zum nächsten Kapitel! nächster Upload: 16. Juni 2011 Kapitel 6: Dumortierit ---------------------- Erleichtert über den bisher glücklichen Tagesverlauf ließ Nao sich im Schatten eines Baumes auf dem Schulhof auf den Boden sinken. Das Wetter war wunderbar, aber diese Hitze war weder im noch außerhalb des Gebäudes wirklich erträglich, aber was sollte er schon tun? "Hey, Kleiner, was ist seit heute Morgen dein Problem?" Saga setzte sich neben ihn und hielt ihm eine Wasserflasche hin. "Keine Ahnung. Ich will nicht darüber reden." Gierig trank er einen Schluck aus der Flasche. "Was denn jetzt? Weißt du es nicht oder willst du nicht darüber reden?" Nao zuckte nur mit den Schultern und schloss entspannt die Augen. Skeptisch betrachtete Saga das friedliche Gesicht des Kleineren, machte sich dann aber keine weiteren Gedanken darüber. Bräuchte Nao Hilfe, würde er ihn schon darum bitten. Hoffentlich. Nao schlummerte langsam weg. Die Wärme, die Ruhe, die sanften Windstöße, die seine Haut leicht streichelten, das alles trug zu dem Dämmerzustand bei. Eigentlich sollte er über wichtigere Dinge nachdenken, aber das war ihm nicht möglich. Wobei er sich schon fragte, warum er auf einen Schüler so heftig reagierte, aber das würde schon wieder aufhören. Er durfte sich nicht in Ryouga verlieben, sein Job verbot es ihm einfach, und er wollte und musste sich an diese Regel halten. "Nao, wir müssen wieder zum Unterricht." Saga schüttelte ihn am Arm. Die letzte Stunde des Tages musste ja auch noch stattfinden und danach würde er mit Ryouga zu sich in die Wohnung gehen. Allein. Weil Saga natürlich heute seinen Zehn-Stunden-Tag hatte. Müde blinzelte er, als der andere Lehrer ihn an den Schultern packte und heftiger schüttelte. "Saga, lass das." Gähnend streckte er sich und stand dann langsam auf. Sofort zog der Größere ihn mit sich zum Lehrerzimmer. Einen Moment blieb Nao noch in der Tür stehen bevor er dann zu seinem Platz ging, etwas Wasser trank, seine Tasche nahm und sich dann auf den Weg zu Renos und Ryougas Klassenraum machte. Letzte Stunde. Endspurt. Ryouga lag mit dem Kopf auf seinem Tisch. Die Temperatur war seit dem Morgen extrem angestiegen. Das war negativ. Aber sein Hintern tat weniger weh als vorher. Das war positiv. Er konnte sich immerhin schon freier bewegen. Vielleicht ließ Nao ihm ja auch in dieser Stunde seine Ruhe, die Unterrichtsbedingungen waren heute einfach unmenschlich. Die Klimaanlage war zwar aktiviert worden, aber bis diese wirklich lief, dauerte es zwischen 20 und 24 Stunden. Das Schulgebäude war einfach zu groß. "So, auf ein Letztes." Nao schmiss seine Tasche förmlich auf das Pult und stellte sich davor. "Ich weiß, wir sind mitten in der Mittagshitze und es ist wirklich furchtbar heiß hier, aber darunter können wir den Unterricht nicht leiden lassen." "Murai-sensei, es ist doch nur heute, ab morgen müsste die Klimaanlage laufen. Bitte, können wir nicht diese Stunde etwas anderes machen?" Ryouga lächelte ihn flehend an. Nao blinzelte verwirrt. Wurde das hier jetzt noch wärmer oder hing das mit seinem persönlichen Empfinden zusammen? "Wenn du einen Vorschlag hast, was diese andere Option sein soll." Die anderen zeigten keine Reaktionen auf den Temperaturanstieg. Das hieß, es musste mit seiner eigenen Wahrnehmung zusammenhängen, und das war nicht gut. "Da gibt es bestimmt genug Möglichkeiten." Seufzend pustete Ryouga sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. Schnell öffnete er die obersten Knöpfe seines Hemds. Gebannt betrachtete Nao die freigelegte Haut, riss sich aber nach ein paar Sekunden - gefühlten Stunden - zusammen. "Wir könnten theoretisch früher Schluss machen und bis dahin irgendetwas spielen." Nervös fuhr Nao sich mit der Hand durch die Haare und löste seinen Blick von Ryougas Augen. Wundervolle, dunkle Augen, wie Nao fand. "Wie wär's mit Montagsmaler?" Sayuri sah die anderen Mädchen ihrer Bankreihe fragend an. Zustimmendes Gemurmel breitete sich nach und nach aus. Im Mittelgang wurde die Klasse geteilt und Nao verzog sich auf einen der freien Plätze in der letzten Reihe. Dass ihn dabei nur noch der Mittelgang - ganze zwei Meter - von Ryouga trennte, ignorierte er so gut wie es ging. Blöderweise zog Ryouga nur ein paar Minuten später sein Hemd komplett aus. Nao musterte den Schüler aufmerksam und bewunderte den schlanken, muskulösen Körper. Er musste sich wirklich in Acht nehmen, um den Jüngeren nicht zu auffällig anzustarren, zumindest noch nicht. Diesen Anblick könnte er mit ein wenig Glück später noch für sich haben. Und ganz vielleicht noch die eine oder anderen zufällige Berührung einbauen. Mühsam versuchte er, sich auf die Bilder an der Tafel zu konzentrieren, was ihm auch halbwegs gelang. Er war trotzdem nur erleichtert, als diese Nervenprobe vorbei war. "Ryouga-san, würdest du mir helfen, die Klasse noch herzurichten?" Reno seufzte. "Wir warten dann am Tor auf dich." Ryouga schüttelte leicht den Kopf. "Müsst ihr nicht, ich habe heute noch zu arbeiten." Reno zuckte nur mit den Schultern, hauchte ihm einen kurzen Kuss auf die Wange, und verließ dann mit den anderen den Raum. Ryouga wischte die Tafel während Nao zerknüllte Zettel einsammelte und mit einem geschickten Wurf in den Papierkorb beförderte. "Nicht schlecht", bemerkte Ryouga anerkennend und zog sein Hemd wieder an. Nao drehte sich um und machte erschrocken einen Schritt zurück. Ryouga stand plötzlich direkt vor ihm. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken." Reumütig lächelte Ryouga ihn an und berührte ihn sanft am Arm. Nao erzitterte leicht unter der flüchtigen, warmen Berührung, was Ryouga aber nicht weiter zu bemerken schien. Lieber hielt er den Blick des Kleineren mit seinem fest. Die Stille zwischen ihnen war keine negative, beunruhigende, eher das komplette Gegenteil. Nach ein paar Minuten, die Nao eher wie eine kleine Ewigkeit vorkamen, räusperte er sich leise. "Wollen wir los? In meiner Wohnung gibt es eine Menge zu tun." Er sprach leise, um die Stille nicht zu sehr zu zerstören. "Von mir aus." Lächelnd drehte Ryouga sich um, holte seine Tasche und verließ mit seinem Lehrer den Raum. Nao schmiss seine Tasche einfach in eine Ecke des Flurs und lief zielstrebig zum Kühlschrank. Jetzt einen eiskalten Kaffee. Genau genommen einen Starbucks-Coffee, den er am Morgen einfach in den Kühlschrank verfrachtet hatte, wohl wissend, dass er dieses Nervenberuhigungsmittel brauchen würde. "Ryouga, willst du auch etwas trinken? Ich habe leider nur Wasser, Cola und Kaffee, aber bei dieser Hitze..." "Wasser klingt gar nicht schlecht." Lässig lehnte Ryouga im Türrahmen und knöpfte sein Hemd wieder auf, nur um es danach mit seiner Schultasche in eine zu Naos Tasche in die Flurecke zu befördern. Nervös wandte der Lehrer seinen Blick wieder dem Kühlschrank zu und kramte eine Selterflasche hervor, die er dem Größeren auch gleich hinhielt. Möglichst unauffällig, aber gründlich betrachtete er den anderen. Warum war ihm vorhin das Bauchnabelpiercing entgangen? Eigentlich trugen sowas doch nur Tussen, die meinten, sie würden dadurch schlanker aussehen. Den Grund hatte es bei Ryouga bestimmt nicht, der war auch so schlank genug. Aber er hatte ja auch einen kleinen Stecker in der Nase, was eigentlich auch nur Möchtegern-Schlampen zugeschrieben wurde. Nao schüttelte über sich selbst den Kopf. Worüber dachte er da eigentlich nach? Das war doch totaler Schwachsinn. Weshalb Ryouga wo gepierct war, hatte ihn nicht zu interessieren, und damit war das Thema eigentlich auch beendet. Uneigentlich fragte er sich, ob sein Schüler allerdings noch weiteren Schmuck an seinem Körper hatte, und wenn ja, wo. Er trank einen Schluck des geliebten Kaffees und drängelte sich dann an Ryouga vorbei in den Flur. Schnell zog er sein Hemd ebenfalls aus - verfluchte Wärme -, warf es zu den anderen Sachen, ging dann ins Wohnzimmer und öffnete sämtliche Fenster so wie die Tür zum Balkon. "Hier fangen wir also an." Ryouga sah sich interessiert um. "Es ist nicht groß, aber für mich perfekt. Vorher haben hier laut dem Vermieter drei Personen zusammengelebt, waren aber wohl etwas zu laut." Der Schüler lächelte ruhig. "Es ist groß genug, um eine Menge Arbeit zu machen, aber wenn wir fertig sind, ist es hier bestimmt gemütlich. Wie viele Räume haben wir denn überhaupt zu streichen?" Nao räusperte sich. "Wohnzimmer, Schlafzimmer, Arbeitszimmer, Flur und Küche. Ich wollte eigentlich gestern anfangen, aber ich bin nicht dazu gekommen." Der Jüngere zog eine Augenbraue hoch, sagte aber sonst nichts dazu. Also würde er wohl die nächsten Tage nachmittags beschäftigt sein. Sollte ihm nur recht sein, der nächste wichtige Freundschaftstermin war in zwei Monaten, Shins Geburtstag. Dass dazwischen noch sechs Wochen Ferien waren, die in der nächsten Woche am Freitag schon begangen, war vielleicht ein kleines Problem, aber andererseits viel Zeit, die er darauf verwenden konnte, Nao zu helfen. "Gut, dann los. Wir haben viel zu tun. Wenigstens ist der Boden schon verlegt." Mit einem leichten Lächeln holte Nao die Farbeimer aus dem Arbeitszimmer. Ein verdammt helles Beige, fast schon weiß, aber nicht ganz so klinisch. "Die Muster, die ich auf der Wand haben will, können wir zum Teil ankleben, aber ein wenig müssen wir da auch noch zeichnen, aber jetzt erstmal in so vielen Räumen wie möglich die Grundfarbe an die Wand." "Wäre es nicht logisch, erst einen Raum fertig zu machen?", wandte Ryouga ein. "Klar, aber erstmal muss die Grundfarbe 24 Stunden durchtrocknen, und so lange nichts tun, wäre unlogisch." Vier Stunden später waren Flur, Wohnzimmer und Schlafzimmer zumindest schon in der Grundfarbe angestrichen. Die Küche hatte ihre Wandfarbe behalten dürfen, aber abgesehen von Kühlschrank und Herd war nichts an Einrichtung zu finden. Nao stand vor seinem mit Zetteln, welche von Magneten gehalten wurden, zutapezierten Kühlschrank und suchte die Telefonnummer des Pizzaservices. Leise schlich Ryouga sich hinter ihn, ließ sich urplötzlich nach vorn fallen und stützte sich an den beiden Seiten des Kühlschranks ab. Er spürte, wie Nao erschrocken zusammenfuhr und leise aufkeuchte. "Ganz ruhig, bin doch nur ich." Sanft pustete er Nao in den Nacken und beobachtete, wie die feinen Härchen sich aufstellten. "Oder ist es gerade das, was dich beunruhigt?" "Quatsch. Du hast mich nur wahnsinnig erschreckt, das ist alles." Leicht machte er einen Schritt nach vorn, und versuchte so, etwas Abstand zwischen seinen Schüler und sich zu bringen, worauf dieser aber nicht einging und den Abstand wieder verringerte, seine Haut an Naos brachte. Nao hatte das Gefühl, sein Herz würde ihm gleich aus der Brust springen. So stark und schnell, wie es schlug, musste Ryouga es einfach bemerken. Er bemühte sich, tief durchzuatmen und sich zu beruhigen, was ihm aber einfach nicht gelingen wollte. Endlich hatte er diesen verfluchten Flyer des Pizzaservices in der Hand, der ihn in diese seltsame, aufregende Situation gebracht hatte. "Komm mit, ab ins Wohnzimmer. Ich zahle." Schnell duckte er sich unter Ryougas Arm hindurch und verschwand im Flur. Ryouga grinste vor sich hin. Da war aber jemand mächtig froh, den engen Körperkontakt unterbrechen zu können. Er hatte seinen Lehrer ja von Anfang an nur ärgern wollen. Das war ihm offensichtlich gelungen. Lächelnd folgte er Nao und ließ sich neben diesem auf dem Boden nieder. "Was haben die denn im Angebot?" "Pizzen in sämtlichen Variationen", lachte Nao und reichte ihm den Flyer. Die Nervosität war ihm noch deutlich anzumerken. "Weißt du schon, was du willst?", fragte Ryouga leicht lächelnd. "Wir können auch zusammen reingucken." Er rutschte näher an seinen Lehrer heran und hielt die Karte für sie beide gut sichtbar. Nao hielt die Luft an. Das war viel zu viel Nähe. Sein Herz vollführte ein paar Sprünge und schien dann einen Marathon starten zu wollen. "Weißt du, was du willst?", fragte er den Schüler nach einer Weile. Ryouga nickte. "Spaghetti-Pizza." Der Ältere zog eine Augenbraue hoch. Du hast seltsame Essgewohnheiten." "Ich weiß." Lachend legte Ryouga sich flach hin und blitzte Nao belustigt an. "So lange man es mir nicht ansieht, ist doch alles okay. Oder findest du mich zu dick?" Nao klappte der Mund auf. Was sollte das denn jetzt werden? Trotzdem verließ die Antwort viel zu schnell - und ohne Nachdenken - seinen Mund. "Nein, absolut nicht." Ryouga grinste zufrieden. Besonders da sich ein leichter Rotton auf Naos Gesicht legte. Eilig stand der Kleinere auf, holte sein Handy aus seiner Tasche und verschwand in der Küche. Mit rasendem Herzen lehnte er sich an die Wand und atmete tief durch. Seine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding. Nach ein paar Minuten wählte er die Nummer und bestellte. Noch einmal atmete er tief durch, bevor er sich wieder zu Ryouga gesellte. Der Schüler hatte sich wieder aufgesetzt und lächelte ihm ruhig entgegen. "Nao, ich beiße dich nicht. Und ich bin nicht unbedingt scharf darauf, mich mit dir anzulegen." "Ich weiß." Lächelnd ließ er sich neben den Größeren fallen und musterte den Holzboden. "Verreist du in den Ferien?" Ein bitteres Lachen war die Antwort. "Mein Vater arbeitet, und allein darf ich nicht weg. Vielleicht haue ich für das erste Wochenende zu meinen alten Freunden ab, aber sonst bin ich hier." "Das heißt, du könntest mir helfen und vielleicht auch hier übernachten?" "Wenn es dir keine Umstände macht. Ich bin nicht gern zuhause." "Würdest du", Nao atmete tief durch, "mir deine Handynummer geben?" Endlich war es jetzt raus. "Wenn du mir deine gibst." Ryouga lächelte ihn leicht an. Nao gab ihm sein Handy und ließ ihn seine Nummer selbst einspeichern während er seine Nummer mit klopfendem Herzen in Ryougas Handy speicherte. Seine Hände zitterten vor Nervosität. Ryouga strich sanft über Naos nackten Rücken und beobachtete dessen Reaktion. Der Kleinere zuckte zusammen und wandte ihm das Gesicht zu. Ruhig fing er dessen unsicheren Blick auf und hielt ihn fest. Naos plötzliche Unsicherheit war ja schon ganz niedlich. Zart strich er dem Älteren über die Wange. "Ich mag dich. Für einen Lehrer bist du wirklich super. Und als Mensch unbezahlbar." "Wenn das noch andere so sehen würden, und nur einer mehr als freundschaftlich." Ein sehnsüchtiges Seufzen entkam ihm. Das Klingeln an der Wohnungstür unterbrach ihre Unterhaltung. Ryouga legte nachdenklich die Stirn in Falten während Nao ihr Abendessen vom Boten nahm und bezahlte. Das klang doch seltsam. Still ließ Nao sich wieder neben ihm nieder und öffnete hungrig den Pizzakarton. "Was hast du damit gemeint?" Er wusste, dass er Nao nicht näher erläutern musste, wovon er sprach. Leise seufzte der Angesprochene. "Ich bin ein ganz normaler Mensch. Ich möchte auch geliebt werden. Meine Familie ist vor Jahren bei einem Brand ums Leben gekommen, da war ich noch ein Kind, und ich habe nur überlebt, weil ich auf einer Schlafparty war. Meinen letzten, festen Freund hatte ich in London, und der Scheißkerl hat mir über ein Jahr irgendwas vorgespielt. Und jetzt bin ich seit gut zwei Jahren allein, auch weil ich Zeit brauche, um jemandem vollständig zu vertrauen." Zart legte Ryouga einen Arm um den fremden Körper und legte Naos Kopf auf seine Schulter. "Das mit deinem Ex tut mir wirklich leid, mal ganz von dem Verlust deiner Familie zu schweigen, und anfängliches Misstrauen ist nach sowas normal. Wenn ich dir helfen kann oder du einfach jemanden brauchst, der bei dir ist, kannst du mich ruhig anrufen." Still nickte Nao und aß weiter, blieb aber an Ryouga gelehnt und genoss die Ruhe. Es interessierte ihn im Moment nicht, dass Ryouga ein Schüler war, und es war ein schönes Gefühl, einem anderen Menschen wieder nah zu sein. Nach dem Essen verließen sie gemeinsam die Wohnung. Ryouga seufzte frustriert. Er musste sich mal wieder bei seinen Eltern blicken lassen. Sein Blick streifte zufällig ein Namensschild im Treppenhaus. Sakamoto?! "Nao, sag mir nicht, du wohnst zukünftig im selben Haus wie Sakamoto-sensei." "Doch. Saga ist eigentlich total in Ordnung, aber laut dem, was ich über Reno und dich gehört habe, macht ihr den anderen Lehrern das Leben ziemlich schwer." Ryouga zuckte nur mit den Schultern und ging weiter nach unten. "Die größte Plage ist eh Kohara-sensei. Der Mann ist so eine Oberzicke, eine Diva ohne Gleichen. Noch so jemanden hat die Welt nicht verdient." Nao lachte leise. "Findest du es eigentlich gut, vor mir über meine Kollegen abzulästern? Was Shou betrifft, hast du zum Teil recht. Er ist eine Zicke, ja, und das bestreite ich auch gar nicht, aber so schlimm ist er eigentlich nicht. Seid doch einfach mal nett zu ihm und wartet ab, was passiert. Welchen Lehrer, mich ausgenommen, findest du denn ganz erträglich bis nett?" Vor dem Haus angekommen sah Ryouga in den blassen Himmel. "Hm... Uruha zählt nicht zu den Lehrern, oder?" Auf Naos Kopfschütteln hin, begann er, zu lächeln. "Gut. Shiroyama-sensei und Uke-sensei sind eigentlich ganz nett, aber Politik und Literatur sind nicht gerade die spannendsten Fächer." "Wohl wahr, aber da musst du durch. Es ist ja nicht mehr lange bis zum Abschluss." Lächelnd nickte Ryouga und küsste Nao flüchtig auf die Wange. "Lass uns später weiterreden, wir sehen uns ja spätestens übermorgen. Ruf mich ruhig an, wenn was sein sollte. Soll ich morgen nach der Schule wieder herkommen?" "Nein, morgen kommt der Elektriker und macht die Küche so weit fertig, unternimm du irgendwas mit Freunden. Bis dann!" Nao winkte ihm noch kurz zu und verschwand dann in die andere Richtung. Leise betrat Ryouga sein Elternhaus. Im Wohnzimmer brannte Licht. Er hörte seinen Vater leise mit seiner Mutter reden. Er hatte keine Lust auf Streit und bewegte sich, um diesen zu vermeiden, fast lautlos durch den Flur. Es brachte trotzdem nichts. "Ryouga, hör auf, herumzuschleichen, und komm her!" Ein leiser Fluch kam über seine Lippen, aber er gehorchte. Sein Vater klang mehr als leicht gereizt. Weitere Provokation bedeutete nur weiteren Ärger. Schweigend lehnte er sich in den Türrahmen und sah seinen Vater an. "Wo warst du?", fragte dieser sofort kühl. "Erst bei irgendeinem flüchtigen Bekannten im Bett und gestern Nacht bei Reno." "Warum muss mein Sohn nur so eine verdammte Schwuchtel sein?" Sein Vater hatte den Blick gen Himmel gerichtet und die Arme wie zu einem Verzweiflungsgebet erhoben. "Und wo warst du heute Nachmittag?" "Bei einem Freund." Ryouga war vollkommen ruhig. Es hatte keinen Sinn für ihn, sich aufzuregen. Das Beste war so immer, die Nerven zu behalten und alle Fragen ruhig zu beantworten. "Kannst du nicht endlich normal werden?", brüllte sein Vater ihn plötzlich an. "Hör auf, auf diese kindische Art zu reagieren und zu rebellieren, such dir eine Freundin! Mach deinen Abschluss, studiere und suche dir einen anständigen Job. Dann zeuge Kinder mit deiner Freundin und setze unsere Blutlinie fort, mehr will ich doch gar nicht!" Ryouga sah seinen Vater abschätzend an. "Und das ist schon zu viel verlangt. Nein, das werde ich nicht tun. Und Heterosexualität ist nicht normal. Nur häufig." Wütend kam sein Vater auf ihn zu und verpasste ihm eine Ohrfeige. Ryouga stand erstarrt wie ein Eisblock da. Das hatte sein Vater jetzt nicht ernsthaft gewagt?! Kochend vor Wut wandte er seinen Blick langsam wieder seinem Vater zu. "Spinnst du?", zischte er und funkelte sein Gegenüber feindselig an. "Was fällt dir ein, mich zu schlagen?" Wie in Zeitlupe machte er einen Schritt auf seinen Vater zu, woraufhin dieser ebenfalls zurückging. "Ryouga, nicht. Ich will keine Schlägerei." Zögernd stellte seine Mutter sich zwischen die Parteien. "Nein. Ich hole jetzt ein paar Sachen von oben und bin dann weg, erwartet mich frühestens Samstag wieder hier." Schnell lief er in sein Zimmer, packte ein paar Sachen in seine Reisetasche, ebenso wie eine vollgestopfte Kulturtasche. Dann stürmte er zurück in den Flur, zog sich seine Schuhe an und verließ das Haus. Wo sollte er hin? Nicht wieder zu Reno, der würde nur Fragen stellen, Sein Handy klingelte plötzlich. "Was?!", fuhr er den Anrufer gereizt an. "Hey, Ryouga, alles klar?", fragte Nao vorsichtig. "Ich wollte mich nur kurz erkundigen, ob du gut nachhause gekommen bist." "Ja, aber ich bin jetzt auch schon wieder weg. Hast du in deinem Hotelzimmer eine Schlafcouch oder sowas?" "Ja, warum?" "Könnte ich dann heute Nacht zu dir kommen?" Einen Moment herrschte Stille am anderen Ende der Leitung. "Meinetwegen", kam es dann zögernd. Nao nannte ihm noch die Adresse des Hotels und die Zimmernummer, danach verabschiedeten sie sich und unterbrachen die Verbindung. _________________________________________________________________________________ Okay, ich weiß.. Letztes Mal habe ich die Benachrichtigung-ENS vergessen, aber nun gut.. Zu diesem Kapitel. Ja. Ich hab keine Ahnung. xD Ich weiß, wie es weitergeht, ihr nicht, aber das werdet ihr noch erfahren.^^ Bis dahin! nächster Upload: 30.06.2011 Kapitel 7: Amethyst ------------------- Nao öffnete mit klopfendem Herzen die Tür, an der es eben geklopft hatte. Er verstand einfach nicht, was los war und er hoffte wirklich auf eine Erklärung. Was war nur bei Ryouga daheim passiert, dass dieser offenbar eine alternative Übernachtungsmöglichkeit suchte? "Ryouga, ich hätte nicht damit gerechnet, dich so schnell wiederzusehen. Trotzdem freue ich mich, dich zu sehen." Lächelnd ließ er den Schüler eintreten. "Ich auch. Du hast wirklich was gut bei mir." Unbeachtet landete seine Reisetasche auf dem Sofa und er ließ sich daneben fallen. Das Hotelzimmer war relativ groß und in einem Hell-Dunkel-Kontrast zwischen dunklem Holz und hellen Wand- und Textilfarben gehalten. Locker groß genug für drei Personen. "Lass gut sein. Du hast auch schon genug für mich getan. Was ist denn überhaupt passiert? Du haust bestimmt nicht grundlos von zuhause ab." Ryouga lachte trocken. "Kleine, eskalierte Streiterei mit meinem Vater." Nao setzte sich neben ihn und sah ihn forschend an. "Eskaliert? Du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst." "Mein Vater hat mir im Streit um meine Zukunft eine gescheuert. Er möchte gern, dass ich mich ändere, aber ich will ihm nichts vormachen, das kann ich auch gar nicht." "Ich kann dich verstehen. Gehst du morgen wieder zurück?" Entschieden schüttelte Ryouga den Kopf. "Frühestens Samstag. Ich muss mir bis dahin mindestens eine Bleibe suchen, sonst muss ich auf einer Parkbank schlafen." "Ich würde dir gern anbieten, hier zu bleiben, aber das kostet auf Dauer mehr. Für ein, zwei Tage wird es aber gehen." Entschuldigend lächelte Nao ihn an. "Das ist wirklich nett von dir. Ich werde mal fragen, ob ich zu Uruha und seinem neuen Freund ziehen kann. Ich will nicht, dass meine Freunde, die meine Eltern auch kennen, Ärger bekommen." Seufzend stand er auf, räumte seine Tasche vom Sofa und machte Anstalten, dieses zum Schlafplatz umbauen zu wollen. Nao schüttelte lachend den Kopf. "Du musst nicht auf dem Sofa schlafen, das Bett ist groß genug für uns beide. Es sei denn, du möchtest unbedingt auf dem Sofa übernachten." "Dann nehme ich doch lieber das Bett. Ich gehe mich fertig machen." Nao legte sich auf seine Bettseite und biss sich nervös auf die Unterlippe. Was hatte er da eigentlich getan? Er hatte Ryouga nicht nur bei sich bleiben lassen sondern würde sich mit diesem auch noch das Bett teilen. Hoffentlich ging das gut. Er wusste doch schon, dass er den Jüngeren mochte, und das definitiv mehr, als gut für ihn war. Es war kein falsches Gefühl, aber dass diese Wahl auf einen seiner Schüler hatte fallen müssen? Gab es nicht genug gutaussehende, junge Männer in dieser verdammten Stadt? Musste es denn ausgerechnet Ryouga sein, in den er sich verliebt hatte? Womit hatte er diese Situation verdient? Ja, er war in Ryouga verliebt. Und das nach gerade drei Tagen. Aber es war eigentlich nichts Verwerfliches dabei, verliebt zu sein. Gut, Ryouga war 13 Jahre jünger, aber das spielte nur eine untergeordnete Rolle. Verdammt, er war aber immer noch einer von seinen Schülern! Und er wusste nicht, ob Ryouga ihn auch wollte. Vielleicht war es besser, ihn nichts merken zu lassen, so weit es möglich war. Nao seufzte gequält. Warum musst sowas immer ihm passieren? Das Leben musste ihn wirklich abgrundtief hassen. Vielleicht wollte das Leben ihn ja in den Tod treiben. Ihn aber vorher noch leiden lassen. Nein, er würde sich nicht unterkriegen lassen, manchmal musste man einfach die Zähne zusammenbeißen und kämpfen, die Schmerzen stumm ertragen. Verzweifelt seufzend drehte er sich auf den Bauch und drückte sein Gesicht in das Kissen. Ein leises Schluchzen schüttelte seinen Körper, das Geräusch wurde aber von dem Kissen erstickt. Nur, weil man alles ertragen musste, bedeutete das nicht, dass man seine Verzweiflung und Schwäche nicht zeigen durfte. Leise öffnete Ryouga die Tür des Bads und sah zum Bett, wo Nao auf dem Bauch lag. Seine Schultern zuckten in unregelmäßigen Abständen und hin und wieder war ein erstickter Laut zu hören. Dass es ihm gerade ziemlich dreckig ging, war offensichtlich. Ryouga schlich um das Bett herum, legte sich leise auf seine Seite, drehte sich zu seinem Lehrer um und strich ihm beruhigend über den Rücken. Sanft beugte er sich über Naos Rücken und hauchte ihm einen Kuss in den Nacken während er seine Hand auf Naos Schulter ruhen ließ. "Ich weiß nicht, was los ist, aber ich bin sicher, das wird wieder", murmelte Ryouga und hauchte dem Kleineren wieder einen Kuss auf die nackte Haut. Seufzend drehte Nao sich zurück auf den Rücken und wischte sich die letzten Tränen aus den Augenwinkeln. Ryouga hatte sich wieder ein Stück auf seine Seite zurückgezogen, beobachtete Nao aber aufmerksam. "Vermutlich hast du recht. Das renkt sich alles wieder ein." Schwach lächelte er den Jüngeren an. "Jetzt herrscht aber Schlafenszeit, wir müssen beide morgen früh los." Ryouga lachte und drehte sich auf den Rücken. "Du klingst wie meine Mutter. Schlaf gut." ♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥ Nao stand wie angewurzelt vor der Schule und starrte auf die andere Straßenseite. Was tat Ryan hier? Wieso verfolgte sein Ex-Freund ihn anscheinend? Was wollte der von ihm? Unruhig sah er sich um. Der Unterricht war seit über einer Stunde beendet, es war niemand mehr zu sehen. Niemand, der ihn im Zweifel schützen konnte. Er hatte Ryouga nicht die komplette Wahrheit erzählt. Dass sein Freund auch manchmal etwas... stürmisch gewesen war, hatte er verschwiegen. Tief atmete er durch. Wie konnte er seinem Ex denn jetzt aus dem Weg gehen? Antwort: Gar nicht. Er schluckte und ging dann entschlossen über die Straße. Welchen Sinn hatte es, noch länger auf die Konfrontation zu warten? "Ryan, was tust du hier?" Nao begrüßte den anderen Brünetten gar nicht erst. Höfliche Floskeln brachten ihn hier auch nicht weiter. "Dich zurückholen." Fast brutal schlossen sich Finger um seinen Arm. "Nein." Nao stemmte seine Beine gegen den Boden, um zu verhindern, dass er mitgezogen wurde. Wütend funkelte Ryan ihn an und packte ihn an der Kehle. "Das war keine Frage." Nao rang nach Atem, zeitweise tanzten bunte Lichter vor seinen Augen. Antworten konnte er nichts, so gern er auch wollte. Nach Luft schnappend sank er zu Boden, als der Größere ihn losgelassen hatte. "Ryan, bitte... Was soll das?" Verzweifelt sah er zu dem anderen auf. "Schätzchen, ich habe Verwendung für dich gefunden. Ich finde kein hübscheres Spielzeug, und außerdem sind einige meiner Kumpels bereit, gut für dich zu bezahlen", schnurrte er und sah arrogant auf den Älteren herab. "Das kannst du doch nicht tun... Ryan, lass das." Nao zitterte leicht vor Angst und Verzweiflung. Das kalte Glitzern in den Augen seines Exfreundes verriet ihm aber, dass dieser nicht scherzte. Heftig wurde er von hinten gepackt, auf die Beine gezogen und einfach mitgezogen, der Mund wurde ihm zugehalten, so dass auch seine Hilferufe nicht zu hören waren. Heftig wehrte er sich gegen den anderen, trat und schlug um sich. Er schrie gepeinigt auf, als ihm wieder die Luft abgedrückt wurde. Endgültig stellte er seine Gegenwehr ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand ihn gehört hatte, war viel zu niedrig, immerhin hatte er eine Hand auf dem Mund gehabt. Und jetzt fehlte ihm die Luft... ♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥ Ryouga war wieder aufgewacht, als er Naos panische Bewegungen bemerkt hatte. Der Ältere schien auch wirklich in Panik zu sein, unruhig warf er den Kopf hin und her und öffnete den Mund hin und wieder wie zu einem stummen Schrei. Vorsichtig streckte Ryouga seine Hand auf und strich über Naos Arm. Erschrocken fuhr der Ältere aus dem Schlaf. Sein Atem ging schnell und flach, und Ryouga sah förmlich die Angst in seinen Augen während der Orientierungsversuche. Leicht rückte er näher zu seinem Lehrer, der sich inzwischen dem Nachttisch zugewandt hatte, schloss diesen in die Arme und schmiegte sich an dessen Rücken. Beruhigend pustete er dem Kleineren in den Nacken. "Es ist gut, Nao. Du bist in Sicherheit." Nao nickte, aber sein Herz raste immer noch, und dementsprechend hob und senkte seine Brust sich weiterhin hektisch. Sanft drückte Ryouga ihn an sich. "Es ist alles in Ordnung", hauchte dieser ihm zu. "Wir sind in deinem Hotelzimmer und außer uns ist niemand hier." Wieder nickte Nao. Aber dieser Traum war einfach nur Horror gewesen. So weit durfte es nicht kommen, aber wie wahrscheinlich war auch, dass ausgerechnet dieser Ex-Freund ihn zurück wollte? Außerdem war er fast nie vor der Schule allein und unbeobachtet. Und woher sollte Ryan überhaupt wissen, dass er wieder in seinem Heimatland war? Dass er in Tokyo war? Und überhaupt, wo genau er sich aufhielt? "Geht's dir wieder besser?", fragte Ryouga nach einer Weile im Flüsterton. "Nicht, wenn du mich dann wieder loslässt", antwortete er eben so leise. Im nächsten Augenblick hätte er sich dafür ohrfeigen können. Er nahm sich vor, dass er das nächste Mal erst denken und danach reden würde. "Ja, schon." Er biss sich auf die Unterlippe. "Ich habe nur verdammte Angst vor dem, was ich geträumt habe." "Und das wäre?" Sanft strich der Größere über seinen Bauch. Nao schüttelte nur den Kopf, redete dann aber trotzdem. Er berichtete nicht nur von seinem Traum, er erzählte seine ganze Geschichte, zumindest den Teil, den er mit Ryan geteilt hatte. Nach der Erzählung nickte Ryouga nachdenklich und streichelte ihn beruhigend. "Wenn du willst, passe ich auf dich auf." Sanft küsste er seinen Lehrer auf die Schulter. "Nein, musst du nicht. Das war nur ein Traum, ich denke nicht, dass es wirklich so passieren wird." "In Ordnung. Dann sollten wir jetzt wieder versuchen, zu schlafen." Nao nickte und drückte sich noch etwas dichter an Ryouga. Er fühlte sich wirklich besser. Sicher. Das erste Mal seit langem. Zufrieden schloss er die Augen und glitt in einen ruhigen Schlaf. Ryouga wartete bis Nao eingeschlafen war bevor er das Licht ausschaltete. Fest hielt er seinen Lehrer an sich gedrückt. Es war wirklich schrecklich, was Nao hatte durchmachen müssen, und Ryouga hoffte inständig, dass dieser Traum auch ein Traum bleiben würde. Sollte nur irgendetwas passieren, das auf die Anwesenheit Ryans hindeutete, würde man es Nao bestimmt anmerken. Und in dem Fall würde er definitiv für seinen Lehrer da sein müssen und diesen um jeden Preis beschützen. Er mochte Nao wirklich sehr, und viel zu sehr genoss er dessen Nähe. Es war zwar eigentlich alles andere als gut, aber was sollte er dagegen tun? Ob es wirklich eine gute Idee war, Nao für auch nur ein Wochenende in den Ferien allein und somit nahezu völlig schutzlos zurückzulassen? Warum machte er sich überhaupt so viele Gedanken um seinen Lehrer? Dass er sich Sorgen machte, hatte er ja schon einsehen müssen, aber das konnte eigentlich nicht alles sein. Er konnte doch jetzt nicht dabei sein, sich in einen Lehrer zu verlieben! Das würde mächtigen Ärger geben, nicht nur für ihn. War er wirklich bereit, das Risiko einzugehen? Hatte er überhaupt eine andere Wahl? Solange Uruha Schuldirektor war, bestand ohnehin fast gar keine Gefahr für seinen Abschluss oder Naos Job. Aber hier ging es auch noch um ein Prinzip. Er wollte keine feste Beziehung, höchstens Freundschaft mit gewissen Extras. Liebe war einfach etwas, womit man sich beschäftigen konnte, sobald niemand den Körper mehr begehrte. Und das war mit 17 definitiv noch nicht der Fall. Seufzend drückte er den Schlafenden noch einmal an sich. Warum machte er sich überhaupt solche Gedanken? Das wurde doch erst relevant, wenn Nao ihn auch wollte. Danach schloss er die Augen. Der Handywecker klingelte Nao langsam aus dem Schlaf. Verschlafen griff er nach dem Mistding und brachte es zur Ruhe. "Ryouga, warum bist du noch hier?", murmelte er und drehte sich etwas. "Ich habe keine Lust auf Chemie, besonders, wenn Reno nicht da ist." "Wo ist Reno denn?" Ryouga zuckte mit den Schultern. "Zuhause, nehme ich an. Ich denke nicht, dass er sich heute im Unterricht blicken lässt, dafür hatte ich ihn die letzten Tage pünktlich zur ersten Stunde antanzen lassen." "Und du gehst hin?" "Zumindest für die Doppelstunde Englisch und danach die Stunde Literatur, danach muss ich erstmal gucken, wo ich die nächsten Tage bleibe." Nao nickte verständnisvoll. "Trotzdem müssen wir aufstehen." Ryouga ließ den Älteren los und rollte sich auf den Rücken. Er wollte nicht so genau wissen, wie seine Haare aussahen. Sie fühlten sich auf jeden Fall ziemlich wirr an. Missmutig verzog er das Gesicht. Er musste unbedingt heute Morgen noch duschen. Zu spät in die Schule kam er eh, also konnte er sich auch Zeit lassen, immerhin musste er nach dem Duschen noch Haare glätten, um nicht auszusehen, wie ein Wischmopp. "Nao, wieso stehst du um sechs Uhr auf, wenn du erst um halb neun in der Schule erscheinen musst?", fragte er nach einem Blick auf die Uhr. Vielleicht würde er ja doch nicht völlig verspätet erscheinen. "Ich brauche morgens meine Zeit. Auch wenn wir zu Fuß vielleicht eine Viertelstunde brauchen. Ich sitze teilweise einfach nur im Park auf einer Bank und denke nach. Oder schreibe Kurzgeschichten, Songtexte oder Gedichte." Nao zuckte mit den Schultern, als er mit einem Handtuch und tropfenden Haaren aus dem Bad kam. "Und warum duschst du so schnell?" "Warum sollte ich länger brauchen? Fünf bis zehn Minuten reichen völlig. Komm, mach schon, ich weiß nicht, wie lange du brauchst." "Duschen circa Viertelstunde bis zwanzig Minuten, aber danach steht noch Haare glätten, stylen und umziehen an. Mindestens eine Stunde wird's dauern." Nao schüttelte den Kopf. "Ich gehe schon Frühstück holen. Soll ich dir etwas für die Schule mitbringen?" "Ein paar Brote reichen." Der Kleinere nickte lächelnd und verschwand dann aus dem Zimmer. Ryouga beeilte sich wirklich und schaffte es tatsächlich, eine Stunde später komplett öffentlichkeitstauglich zu sein. Zumindest halbwegs, seine Haare wollten einfach nicht so bleiben, wie er es gern hätte. Nach zehn Minuten Haarsprayeinsatz hatte er aufgegeben. Besser würde es eh nicht werden. "Bin wieder da." "Sehe ich. Und ich bin fertig. Was hast du mir mitgebracht?" Seufzend ließ Ryouga sich auf dem Bett nieder und lächelte Nao dann sanft an. "Fünf Brote. Zwei mit Käse, zwei mit Wurst, und eins mit Marmelade." Ryouga musste lachen. "Danke. Könnte vielleicht ein bisschen zu viel sein, so verfressen bin ich eigentlich gar nicht." "Lieber zu viel als zu wenig. Komm jetzt, wir müssen los." Schnell griff Nao nach seiner Hand und zog ihn grinsend vom Bett. Vor sich hinlächelnd saß Ryouga in der letzten Hälfte der Physikstunde auf seinem Platz und schrieb in einer SMS-Konferenz mit Reno und Shin. Natürlich war Reno heute nicht nach Schule zumute, dementsprechend würde er sich auch gar nicht erst blicken lassen. Ryouga sollte deswegen natürlich Ogata-sensei herzlichste Grüße ausrichten. Das war so weit kein Problem. Shin saß noch im Zug zur Schule, er würde vielleicht zu Beginn der dritten Stunde ankommen, er hatte verschlafen. Noch hatte Ryouga keinem der beiden gegenüber auch nur eine Andeutung über seine kleine Flucht gemacht, vorher wollte er erstmal gucken, ob er nicht die nächsten Tage bei Uruha und Kazuki bleiben konnte. Uruha wollte ihm immerhin helfen, und sein Freund schien auch ganz umgänglich zu sein. Nach dem Klingeln verabschiedete er sich aus der Konferenz, richtete ihrem leicht verwirrten Physiklehrer die 'allerliebsten' Grüße aus und machte sich dann sofort auf den Weg zum Büro des Direktors. Ruhig klopfte er an und trat dann ein. Eine großartige Begrüßung ersparte er sich, manchmal war es eben besser, mit der Tür ins Haus zu fallen. "Uruha, ich brauche deine Hilfe, dringend!" Bittend sah er den Blonden an, der ihn daraufhin nur ruhig musterte. Vermutlich wollte er so herausfinden, was los war, gab es aber schon bald auf. "Was ist los und was kann ich tun?" "Ich habe mich gestern mal wieder mit meinem Vater gestritten und bin abgehauen. Ich wollte dich fragen, ob ich nicht erstmal bei dir bleiben könnte." Uruha nickte nachdenklich. "Kazuki ist zwar fast permanent da, aber wenn dich das nicht stört, kann ich ihn jetzt anrufen, dass er dich abholt und du gleich umziehen kannst." Ryouga lächelte ihn dankbar an. "Noch nicht, nach der fünften Stunde reicht, dann können wir noch kurz zu meinem Elternhaus, ein paar Sachen rausholen." "Kein Problem. Ob du bei uns im Schlafzimmer bleibst oder ob wir dir das Arbeitzimmer kurz umbauen, können wir später absprechen." Dem Jüngeren fiel plötzlich etwas auf. "Ist Kazuki den ganzen Tag zuhause? Arbeitet er nicht?" "Tagsüber nicht, er fährt erst abends zur Arbeit, er ist Barkeeper. Ein bis zwei Tage in der Woche hat er komplett frei." Ryouga nickte. Das passte wirklich besser zu Uruhas neuem Lover als irgendein Bürojob. Vielleicht wäre das ja auch ein Job für ihn selbst, er war gern in Clubs, konnte auch nett sein und sich benehmen. Von Alkohol und sämtlichen Getränken damit verstand er immerhin auch etwas und er war zu mehr als 100 Prozent ein Nachtmensch. Vielleicht könnte das ja wirklich etwas werden. Flirten war ja auch nicht das Problem. "Worüber denkst du nach, Ryouga?" Uruha musterte ihn mit unergründlichem Blick und versuchte anscheinend, seine Gedanken zu lesen. "Ob Barkeeper nicht später eventuell ein Job für mich wäre." "Lass es bleiben. Barkeeper sollen überwiegend jung sein, je älter du wirst desto schlechter werden deine Jobchancen. Studiere lieber irgendwas, was dir Spaß macht, dann kannst du Karriere machen." "Das Problem ist, mir macht nichts wirklich Spaß außer genau drei Dingen: Gitarre spielen, Songs schreiben und Sex. Wenn ich eines davon zu meinem Beruf mache, habe ich dasselbe Problem wie bei dem Job als Barkeeper." Seufzend legte er den Kopf in den Nacken. Natürlich hatte er auch an noch anderen Dingen Spaß, aber die konnte man nicht zu seinem Beruf machen. "Wie dem auch sei, du musst zum Unterricht. Ihr habt eine Doppelstunde bei Kohara-sensei, das wird von dir nicht verpasst. Auf jetzt!" _________________________________________________________________________________ Nur ganz kurz: Die Verspätung tut mir leid! Ich hatte gestern ein Fest in der Schule und hab den neuen Upload völlig verplant. |D Na ja, jetzt ist das Kapitel da. Und weil ich wenig Zeit habe, nur noch Nächster Upload: 15. Juli Kapitel 8: Onyx --------------- Müde legte Ryouga seinen Kopf auf seine Federtasche. Endlich war das Problem gelöst und jetzt machte sich die Erschöpfung bemerkbar. Die letzte Nacht war lang gewesen, Nao hatte ihn immerhin noch eine ganze Weile wach gehalten. Alles in allem war es aber doch eine schöne Nacht gewesen. Bei dem Gedanken daran schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Wahrscheinlich würde er nie wieder so eine Nacht mit seinem Lehrer verbringen, und das war auch besser so. Besser für ihrer beider Zukunft. So könnten sie ihr gutes Verhältnis bewahren und eventuell so etwas wie Freunde werden. Ryouga schüttelte über sich selbst den Kopf. Er sollte dringend aufhören, sich so viele Gedanken wegen Nao zu machen. Das war nicht gut, definitiv nicht. Aber egal, worauf er sich konzentrierte, seine Gedanken kehrten unweigerlich zu seinem Mathelehrer zurück. Im Halbschlaf registrierte er, wie es leise wurde. So konnte man auch viel besser schlafen, selbst wenn der Unterricht dafür nicht gedacht war. Ebenso nahm er am Rande wahr, dass heute jemand zusehen würde, kümmerte sich aber nicht weiter darum. Wenn es wichtig wäre, würde sich schon jemand finden, der ihn aufweckte. Wobei es dann wirklich wichtig wäre, niemand wollte sich seiner Wut und schlechten Laune aussetzen. Jemand ließ sich neben ihm auf Renos Platz nieder. Leicht strich dieser jemand ihm über den Rücken, machte aber keine weiteren Anstalten, ihn aufwecken zu wollen. Wer könnte das nur sein? Ein Lehrer wohl, klar, wer sollte wohl sonst im Unterricht zusehen? Und wer von diesen Lehrern würde ihn so sanft berühren? Uruha wohl, aber der würde ihn vermutlich komplett aufwecken. Und dann gab es nur noch eine andere Option. Nao. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Kurz schmiegte er sich an die warme Hand, um zu zeigen, dass er nichts dagegen einzuwenden hatte. Sofort wurden die sanften Streicheleinheiten etwas fester, selbstbewusster. Ein zufriedenes Seufzen kam über seine Lippen während er weiter vor sich hindämmerte. Irgendwann klingelte sein Handy, welches er auf leise gestellt hatte, in seiner Hosentasche. Unachtsam zog er es hervor und hielt sich das ungeliebte Ding ans Ohr. "Wer stört?" "Ryou, du bist von zuhause abgehauen?! Wo schläfst du im Moment?" Reno. Was fiel dem ein, im Unterricht anzurufen und ihn dann auch noch fast anzuschreien. "Ja, bin ich. Im Moment im Englischunterricht, die Nacht habe ich im Hotel verbracht und nachher ziehe ich zu einem Freund. Woher weißt du das eigentlich?" "Deine Mutter hat mich angerufen, sie will, dass du zurück nachhause kommst." Ryouga gab nur ein missmutiges Grummeln von sich. "Nach der Schule hole ich noch ein paar Sachen von Zuhause weg. Da kann sie ja mit mir reden, ob ich ihr zuhöre ist aber etwas anderes." "Ryou, sag mir wenigstens, wo du unterkommst, bei wem." "Bei meinem Ex-Lover und seinem Freund. Sonst noch Fragen?" "Bist du morgen in der Schule?" "Schwänzen geht wohl schlecht, oder?" Reno lachte am anderen Ende der Leitung. "Stimmt. Wenn du bei unserem Rektor wohnst, der schmeißt dich morgens ja überpünktlich aus dem Bett und zerrt dich im Zweifelsfall völlig ungestylt zur Schule." "Sollte er das wagen, schließe ich mich in seinem Büro ein. Er hat da ein tolles Notfallset. Reno, ich muss auflegen, sonst wird Kohara noch sehr sehr sauer." "Schon klar, viel Spaß." Sofort war das Gespräch unterbrochen. Müde ließ Ryouga sein Handy auf den Tisch sinken. "Dann kannst du bei Uruha bleiben?" Nao streichelte ihm immer noch über den Rücken. "Vorerst, ja. Das ist nur keine dauerhafte Lösung." Müde lächelte er den Älteren an. Kazuki und Uruha waren immerhin zusammen und wollten auch Zeit allein verbringen. Zu seinen Eltern würde er aber trotzdem nicht zurückgehen. "Sobald meine Wohnung so weit bewohnbar ist, dass ich eingezogen bin, kannst du bei mir einziehen." Der Größere nickte. Mit Nao zusammen zu wohnen war eine verdammt reizvolle Vorstellung. Und sie verstanden sich wirklich gut, vielleicht könnte er sich einen Job suchen und gegen einen Teil der Miete länger bei Nao bleiben und eventuell im Arbeitszimmer oder auf dem Sofa schlafen. Dafür bräuchte er aber erstmal einen Job. Nicht, dass er es noch nie versucht hätte, zu arbeiten, aber er ließ sich nichts vorschreiben und war immer mit seinen Chefs aneinander geraten. Und die Jobs waren so verdammt langweilig gewesen. Kein Wunder, immerhin hatte sein Vater dafür gesorgt, dass er sie bekommen hatte. Zufrieden glitt er wieder in diesen angenehmen Dämmerzustand und genoss Naos warme Berührungen. Nachdem er sich Kazukis Handynummer von seinem Rektor geholt hatte, hatte er sich mit Nao auf den Weg zum Hotel gemacht, um seine Tasche abzuholen. Er hatte Kazuki auf dem Weg angerufen, dieser war losgefahren und würde ihn vor dem Hotel abholen. "Nao, könnte ich eventuell auch länger bei dir wohnen?" Er zögerte, bevor er die Frage stellte, aber es war nun mal notwendig. Er wusste nicht, ob er überhaupt nochmal bei seinen Eltern einziehen würde. "Vom Platz her würde es sicherlich gehen, und ich hätte nichts dagegen. Aber wir müssen eh noch warten, frühestens nächste Woche kann es losgehen." Ryouga nickte und lächelte ihn dankbar an. "Ich suche mir auch einen Job, versprochen! Wenn ich schon bei dir wohne, kannst du mich nicht auch noch durchfüttern." "Halt die Klappe, Ryouga. Du musst das nicht tun. Die Miete muss ich so oder so bezahlen, und ich gehe mal nicht davon aus, dass du so viel isst, dass ich das nicht mitfinanzieren kann. Konzentriere dich lieber auf deine Schule und danach Studium oder Ausbildung." Genervt seufzte der Jüngere. "Du klingst wie mein Vater, nur kann ich den im Gegensatz zu dir nicht ausstehen." Nao lächelte ihn leicht an. Mit Ryouga zusammenwohnen... Ein seltsames Hochgefühl breitete sich in ihm aus. Seine Laune wurde immer besser, und daran änderte auch die fast unmenschliche Hitze nichts mehr. "Da ist ja unser Traumpaar." Erschrocken blieb Nao stehen und fuhr herum. Ryouga reagierte viel ruhiger, drehte sich aber auch um. "Taka, was willst du?" "Ein wenig Sex wäre ganz nett. Murai-sensei, was halten Sie denn von der Idee? Wir sind fünf, und Ryouga wäre bestimmt auch nicht abgeneigt. Wie wär's?" Entschieden zog Ryouga den Lehrer hinter sich und gab ein undefinierbares Knurren von sich. "Taka, halt die Klappe und verzieh dich. Ich hatte euch doch gesagt, dass ihr ihn in Ruhe lassen sollt. Und wenn sich das gegen mich richtet, du weißt genau, dass ich keine Angst vor euch habe. Wenn ihr so mutig seid, wagt es doch, in der Schule so mit mir zu reden, dann steht es wenigstens fünf gegen fünf." Wütend funkelte der jüngere Schüler ihn wieder an, verzog sich dann aber mit seiner Clique. Ryouga drehte sich um und musterte Nao besorgt. Der Kleinere zitterte und war ziemlich blass. "Was wollen die von mir? Erst greifen sie mich in der Schule an und jetzt auch noch auf dem Weg zum Hotel." Schützend hatte er seine Arme um seinen Körper gelegt. Womit hatte er das alles verdient? Das war einfach alles zu viel. Sanft zog der Jüngere ihn in eine Umarmung und streichelte ihn beruhigend, was zumindest etwas half. "Es ist nicht so, dass nur du darunter zu leiden hast. Die fühlen sich cool, wenn sie auf Lehrern rumhacken, und meistens trifft es den neuesten Lehrer." "Schön und gut, aber muss ich jetzt permanent Angst vor denen haben?" "Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich darum. Und ich denke, sie lassen dich in Ruhe, wenn ich nicht dabei bin." Nao schmiegte sich nur zitternd an den anderen und konzentrierte sich auf das berauschende Gefühl, das diese Nähe in ihm auslöste. "Komm, wir müssen weiter." Leicht entließ Ryouga ihn aus der Umarmung, hielt aber seine Hand und zog ihn so weiter. Je weniger sie sich auf offener Straße aufhielten, desto sicherer war der Kleinere, und das war im Moment am Wichtigsten. "Ryouga, schön dich mal wieder zu sehen." Ruhig lächelte Kazuki ihn an und wartete offenbar auf eine Reaktion. "Gleichfalls. Und noch einmal danke, dass ich bei euch bleiben darf, zumindest für ein paar Tage." Dankbar sah er den anderen an und umarmte ihn kurz zur Begrüßung. Er wollte wirklich maximal bis Ferienanfang bei seinem Rektor und dessen Freund bleiben, danach würde er wahrscheinlich vorerst bei Nao unterkommen. "Ist doch kein Problem. Außerdem bin ich dann tagsüber nicht mehr ganz so allein." "Ich muss zur Schule, das weißt du?" Verwundert sah er den Kleineren an. "Darüber haben Uruha und ich schon gesprochen. Er meinte, ein paar Tage könntest du auch bei mir bleiben." "Er lässt mich schwänzen? Einfach so?" "Weil ich das wollte. Ihm ist Treue zwar eigentlich wichtig, aber du scheinst eine Ausnahme zu sein. Aber komm jetzt, wir müssen hier nicht stundenlang herumstehen." Mit einem undeutbaren Glitzern im Blick wurde er von oben bis unten gemustert. Trotzdem hatte er das Gefühl, genau zu wissen, woran sein Gegenüber dachte. Ruhig erwiderte er den Blick und stieg dann in den silbernen Kleinwagen, neben dem sie standen. Kazuki ließ sich neben ihm auf dem Fahrersitz nieder und startete den Wagen. Ryouga bat ihn, noch zu seinem Elternhaus zu fahren, was Kazuki auch gleich einwilligte. Von Uruha hatte er gehört, weshalb der Schüler von zuhause abgehauen war, aber Genaues wusste sein Freund ja auch nicht. Er würde schon gern wissen, was der Auslöser gewesen war, fragte aber einfach noch nicht weiter nach. Der Jüngere sollte sich nicht in die Ecke gedrängt fühlen, also hieß es einfach abwarten. Bestimmt würde das Rätsel sich irgendwann von selbst auflösen. Genervt seufzend ging Ryouga aus dem Bad wieder in sein Zimmer, wo Kazuki mit dem Laptop in der dazugehörigen Tasche in der Hand an der Wand lehnte, das Gesicht mit einem schadenfrohen Lächeln geschmückt. "Ryou, bitte bleib doch hier, dein Vater wird außer sich sein", unternahm seine Mutter einen weiteren Versuch, ihn zum Bleiben zu bewegen, obwohl er ihr schon mehrmals gesagt hatte, dass er nur ein paar Sachen holen wollte und danach verschwinden würde. "Nein, verdammt! Er ist so oder so außer sich, er hätte mich schon vor Jahren rausschmeißen sollen, dann hätte er uns so viel Theater erspart! Ich habe die Schnauze gestrichen voll!" "Aber er wird dein Konto sperren!" "Dann suche in mir einen Job und eröffne ein neues!" "Ryou-kun..." "Steck es dir sonst wohin. Kazu, von mir aus können wir los." Der Angesprochene nickte und folgte dem aufgebrachten Ryouga und dessen verzweifelter Mutter zur Haustür. "Wie soll ich das deinem Vater beibringen?" Ein verzweifeltes Schluchzen brachte Ryouga dazu, noch einmal genervt zu seufzen. "Hör auf, so schlecht zu schauspielern!", fuhr er sie wütend an. "Sag es ihm einfach so, wie es ist!" Laut knallte er die Tür zu, Kazuki lehnte bereits an seinem Wagen. "Dein Vater ist ein ziemlicher Tyrann, oder? Lass deine Wut trotzdem nicht an deiner Mutter aus." Beruhigend legte Kazuki dem Jüngeren eine Hand auf die Schulter und erschauderte kurz unter dem kalten Blick. "Sie könnte etwas gegen ihn unternehmen, ich kämpfe immerhin auch!" Schnell stieg Ryouga in den Wagen und schloss die Augen. Er musste sich dringend wieder in den Griff bekommen. Allgemein musste er lernen, seine Wutanfälle unter Kontrolle zu halten. Er wollte gar nicht so auf seine Mutter losgehen, und er wollte auch nicht aus irgendeinem Grund Kazuki anfauchen, obwohl der wirklich gar nichts für die Situation konnte. Er war so in diesen Gedanken versunken, dass er gar nicht bemerkte, sie Kazuki einstieg und losfuhr. Auch registrierte er nicht, wie der Wagen vor dem Wohnhaus stoppte. Erst, als ihm der Ältere über den Arm strich, schlug er die Augen wieder auf und sah sich um. "Wenn du jemanden zum Reden brauchst, bin ich für dich da." Der andere lächelte ihn sanft an. "Ich komme darauf bestimmt irgendwann zurück. Auch wenn ich glaube, eine private Anti-Aggressionstherapie wäre sinnvoller." Unmotiviert stand er auf und nahm seine Taschen aus dem Kofferraum. Der Ältere hielt ihm die Haustür auf und ging mit ihm hoch in die Wohnung. Nachdem die Tür hinter ihnen zugefallen war, brachte der Größere seine Sachen erstmal in das Schlafzimmer und gesellte sich dann zu Kazuki an den Küchentisch. Der Barkeeper hatte sein Handy in der Hand, legte es aber auf den Tisch, als er die Küche betrat. "Ich habe nachgedacht", begann Kazuki das Gespräch, nachdem der Größere sich ihm gegenüber gesetzt hatte und die Cola in seinem Glas betrachtete. "Über deine private Therapie." Misstrauisch sah Ryouga ihn an, wartete aber erst einmal ab. Der Ältere würde das Geheimnis schon lüften, und das auch ohne Aufforderung. "Weißt du, ich dachte an etwas ganz Bestimmtes. Sex als Therapie gegen Aggressionen soll sehr wirksam sein, und da lebst du mit zwei geeigneten Therapeuten unter einem Dach." Aha. Daher wehte der Wind. "Und was sagt Uruha dazu?" "Frag ihn selbst." Leicht schon der andere ihm sein Handy hin. Das...! Unglaublicherweise war das nicht nur per Anruf mit Uruha verbunden, nein, das Ding stand auch noch auf Lautsprecher! "Na, wenn das so einfach ist. Ruha, was meinst du?" Am anderen Ende der Leitung lachte jemand deutlich amüsiert. "Von mir aus könnt ihr das Therapieprogramm durchziehen. Aber ich will heute Abend alle Einzelheiten hören, egal wie versaut oder hart!" Jetzt lachte Kazuki. "Und dabei willst du dann von uns verwöhnt werden. Meinetwegen gern." Ryouga nickte grinsend. "Ich bin auch dabei. Wir sehen uns dann heute Abend." Nun ebenfalls grinsend drückte Kazuki den aufgelegten Hörer und schob sein Handy zur Seite. "Schlafzimmer, Wohnzimmer, Bad oder gleich hier?" "Mir egal, aber du liegst unten." "Das werden wir noch sehen." Schnell beugte er sich über den Tisch und stahl dem Jüngeren einen kurzen Kuss. "Spätestens, wenn du meinen Schwanz im Arsch hast", hauchte er lasziv, stand auf und zog den anderen mit sich in das Schlafzimmer. Ryouga würde sicher gegen ihn kämpfen, aber wer von ihnen beiden letztendlich die Macht haben würde, würde sich wahrscheinlich eh erst im letzten Moment ergeben, auch wenn Kazuki sich keine allzu großen Hoffnungen machte. Genauso wenig wagte er zu hoffen, dass er völlig schmerzfrei davonkommen würde. Aber möglich war es dennoch. _________________________________________________________________________________ Und pünktlich das nächste Kapitel. Viel dazu zu sagen habe ich nicht, aber zu dem nächsten Upload: Wer mich kennt, weiß, dass ich Lemonkapitel meistens ziemlich zentral zwischen zwei regulären hochlade. Das würde ich auch beibehalten, aber ich bin bis zum 29.07. im Urlaub. Wer jetzt etwas rechnen kann bemerkt, dass da auch noch ein zweiter Donnerstag reinfällt. Anstatt aber einfach zu sagen, ich mache Pause, werden sowohl Kapitel 9 als auch Kapitel 10 an dem Tag, an dem ich wieder hier bin hochgeladen. Also gilt: nächster Upload [Kapitel 9 -adult][Kapitel 10 - kein adult]: 29.07.2011 Kapitel 9: Rubin ---------------- Unbeachtet schlug die Tür hinter ihnen zu. Im nächsten Moment fand Ryouga sich mit dem Rücken an der Wand wieder. Kazuki küsste ihn und das nicht gerade liebevoll. Er entschied sich allerdings, es dem Kleineren noch durchgehen zu lassen. Willig teilte er seine Lippen auch ohne Bitte des anderen. Es war ein verdammt heißer Kampf, der sich zwischen ihnen entwickelte, keiner wollte sich von dem anderen dominieren lassen. Gierig plünderte Ryouga die fremde Mundhöhle und ließ sich der Krawatte und des Hemdes entledigen. Fahrig wanderten Hände über seinen Oberkörper, reizten die Nerven und spielten mit seinen Brustwarzen, bis diese sich erwartungsvoll aufrichteten. Keuchend unterbrach er den Kuss und zog dem Älteren das T-Shirt über den Kopf, warf dieses achtlos zu Boden. Wieder fing er die fremden Lippen ein und drängte den Kleineren zum Bett, auf welches er diesen auch sofort stieß und sich über ihn beugte. Hungrig küsste er sich an dem fremden Körper hinab, fuhr mit der Zunge die Halsschlagader nach, reizte die dünne Haut so. Zart biss er in die weiche Haut, nur um danach sanft darüber zu lecken und die malträtierte Stelle entschuldigend zu küssen. Die Laute, die der Ältere bei dieser Behandlung schon von sich gab, waren einfach nur zu heiß. Lächelnd widmete er sich den Brustwarzen, umspielte diese mit seiner Zunge und seinen Lippen, entlockte dem Kleineren ein erstes, verhaltenes Stöhnen. Begehrend wandte er sich wieder den vollen Lippen zu. Im nächsten Moment lag er auf der Matratze, der andere grinsend über ihm. "Nur nicht so schnell, mein Süßer", hauchte dieser frech. Ryouga spürte die warmen Lippen seinen Hals hinabwandern, danach über seine Brust und seinen Bauch, wo die fremde Zunge kurz in seinen Bauchnabel tauchte, darum tanzte und behutsam mit seinem Piercing spielte. Leise stöhnend schloss er die Augen und strich dem Älteren durch die Haare. Sanft rieb eine Hand über seine Körpermitte, was ihn erschrocken aufkeuchen ließ. Die Hitze in seinem Körper nahm zu, geschickte Hände befreiten ihn von seiner Hose, warfen diese auf den Boden während Lippen sanft über die Innenseiten seiner Oberschenkel glitten. Das kühle Metall hob sich deutlich von dem warmen Gefühl ab und hinterließ eine brennende Spur. Geschickt wurden ihm seine Boxershorts auch noch ausgezogen und zarte Küsse wanderten immer näher an seinen Schwanz. Keuchend vergrub er seine Hand in den Haaren des Älteren und dirigierte ihn so hin, wie er es wollte. Provozierend leckte der andere über seinen Schaft. "Kazuki, verdammt!", knurrte Ryouga. Er hörte ein leises Lachen bevor der andere sanft an seiner Eichel saugte und leckte. Ein lautes Stöhnen verließ seine Kehle, woraufhin sich die weichen Lippen vollständig um ihn schlossen und ihn komplett in die Mundhöhle aufnahmen. Der andere bewegte seinen Kopf auf und ab, verwöhnte ihn nebenher mit der Zunge, die sich um seine Härte schlängelte. Stöhnend beschleunigte er die Bewegungen durch Druck auf den Kopf des anderen. Genießend stöhnte er während der andere ihn so weiter auf den Abgrund zutrieb. Leise murrte er auf, als sich die Lippen von seiner prallen Erregung lösten und Kazuki kurz darauf in seinem Blickfeld erschien, seine Aufmerksamkeit einer Nachttischschublade zuwandte. Ryouga grinste. Natürlich wusste er, was der andere sucht. Offenbar glaubte der tatsächlich, dass er sich jetzt einfach so ficken lassen würde. Das würde lustig werden, wenn der sich auf einmal unten wieder fand. Außerdem war der noch halb angezogen, und daran wollte Ryouga selbst etwas ändern. Eine Tube Gleitgel und ein Kondom fielen neben ihm auf das Laken und der Kleinere grinste ihn frech an. Nur einen Augenblick später lag er über dem Älteren und öffnete dessen Gürtel, wozu der erstmal gar nichts sagte, sich stattdessen einfach etwas erschrocken umsah. "Hey!", protestierte Kazuki leise. Ryouga küsste ihn heiß, erstickte somit jeden weiteren Protest. Er spürte, wie der andere mit den Schultern zuckte und ihn einfach machen ließ. War auch besser so. Quälend langsam zog er den anderen aus. Hungrig sah er den nackten Körper an. Nach wie vor sehr schön. Und verdammt heiß. Ohne Vorwarnung nahm er die harte Länge des anderen in den Mund und fuhr mit seiner Zunge tastend darum. Das Stöhnen des Kleineren durchflutete den Raum, heizte ihn nur noch mehr an, alles zu geben. Nicht, dass er nicht wusste, wie er den anderen endgültig zu seinem Sklaven machen konnte. Uruha hatte ihm bei ihrem Dreier noch das eine und anderen anvertraut. Vorsichtig begann er, zu saugen und Schluckbewegungen zu erzeugen. Heftig stöhnte der Ältere seinen Namen und versuchte, in seinen Mund zu stoßen, wurde aber gehalten. Grinsend ließ er von der Erregung ab und griff nach dem Gleitgel. Großzügig verteilte er es um den zuckenden Muskelring und auf seinen Fingern, bevor er einen in den schlanken Körper einführte. Der Ältere keuchte und drückte sich ihm entgegen. Er bewegte seinen Finger in dem anderen, reizte diesen so weiter. Leicht streifte er einen Punkt, der eine heftige Reaktion hervorrief. Der Ältere stöhnte laut, sein Körper zitterte stark und verlangte nach mehr. Fasziniert beobachtete Ryouga diese Reaktion. Schade nur, dass es so schnell vorbei war. Er tippte leicht mit dem Finger gegen diese fast schon unauffällige Erhöhung. Die Reaktion war die gleiche wie beim letzten Mal. Das war das schöne am Sex mit Männern. Frauen konnte man nicht so schnell um den Verstand bringen. Wie auch, diesen kleinen Punkt hatten sie nicht. Zart drückte er einen zweiten Finger in den Kleineren, dem bald auch ein dritter folgte. In unregelmäßigen Abständen streifte er Kazukis empfindlichen Lustpunkt. Der Ältere atmete schnell und flach, als er seine Hand zurückzog. Wenigstens würde der ihm jetzt keine Schwierigkeiten mehr machen. "Ryouga", keuchte er verlangend und sah ihn mir verklärtem Blick an. "Ja, ich bin doch bei dir. Keine Angst, kleine Schlampe." Grinsend packte er das Kondom aus und rollte es sich über bevor er noch etwas Gleitmittel darauf verteilte und sich dann an Kazukis Eingang positionierte. Offenbar hatte es diesen überhaupt nicht interessiert, dass er als Schlampe betitelt worden war. Leicht spreizte er die Beine weiter und drückte sich Ryouga entgegen, der die Einladung dankend annahm und den Kleineren hart für sich beanspruchte. Das erschrockene, atemlose Aufkeuchen hielt ihn nicht davon ab, sich gleich in dem Barkeeper zu bewegen und diesen so zum Stöhnen zu bringen, nur noch viel lustvoller als vorher. Von Anfang an wählte er ein hartes Tempo, der andere passte sich ihm einfach an und ließ ihn machen. "Ryouga!" Kazuki bäumte sich stöhnend auf als Ryouga gegen seine Prostata rieb. Zitternd sank der Kleinere zurück auf die Matratze und krallte sich in das Bettlaken. Hart stieß Ryouga ausdauernd in den sich bereits unter ihm windenden Körper. Die Lust brannte förmlich in ihm, aber er wollte dieses Gefühl noch länger genießen. Langsam verringerte er das Tempo, bis er bewegungslos in den Älteren ausharrte. "Ryouga, verdammt, mach weiter!", knurrte dieser atemlos. "Zwing mich doch dazu", brachte Angesprochener mühsam zwischen zwei Atemzügen hervor. "Ich will dich nur noch länger für mich haben." Seufzend strich Kazuki dem Jüngeren über den Arm und verschränkte ihre Hände. "Alle schönen Dinge gehen vorbei, und ich bin sicher, dass du mich noch öfter ausleihen darfst." Geschickt, zog er den anderen zu sich herunter und drehte sie um, ohne dass Ryouga aus ihm herausglitt. Rittlings saß er auf dem Größeren. "Wenn du mir aber verweigerst, was ich will, muss ich es eben selbst organisieren." Grinsend packte Ryouga ihn an der Hüfte und stabilisierte ihn mit einer Hand. Einen Moment begann der Kleinere, sich auf ihm zu bewegen. Unruhig ließ Ryouga seine freie Hand über den zierlichen Körper wandern. Dieser Anblick, welcher sich ihm bot, war einfach nur Sünde pur und absolut genießenswert. Kazuki hatte die Augen halb geschlossen, sein Körper zitterte sichtbar, und immer wieder gab er lustvolle Laute von sich, während er ein relativ schnelles Tempo hielt. "Ryou... bitte..." Stöhnend krallte er sich an die ihn stützende Hand. Ryouga leckte sich über die Lippen, legte seine Hand um den Schwanz des anderen und massierte ihn im Rhythmus, den er selbst vorgab, und in dem Ryouga mittlerweile unkontrolliert nach oben stieß. Nach und nach verengte der andere sich immer weiter, provozierte ihn so, bis Kazuki sich dann endlich fallen ließ und laut stöhnend in seiner Hand kam. Die Muskeln um Ryougas Erregung pulsierten während der andere sich weiter auf ihm bewegte bis er keuchend in dem Kleineren kam und die Gefühle, die durch seinen Körper jagten, auch in vollen Zügen genoss. Erschöpft sackte Kazuki auf ihm zusammen und legte den Kopf in seine Halsbeuge. Sie beide zitterten vor Lust und Anstrengung. Langsam hob der Ältere sein Becken und zog den anderen so Stück für Stück aus sich zurück. Er befreite diesen auch von dem Kondom, verknotete es und warf es zielsicher in den Mülleimer. Dann griff er nach der Box mit den Taschentüchern und säuberte sie beide. Danach ließ er sich wieder auf Ryouga sinken und schloss entspannt die Augen. Der Größere begann plötzlich zu lachen. "Da haben wir Uruha aber was zu erzählen." Lächelnd schmiegte Kazuki sich an ihn. "Ich bin nur gespannt, wie lange er diese Erzählung und unsere Zuwendung aushält." Kapitel 10: Lapislazuli ----------------------- Soo~ Ich bin wieder aus dem Urlaub zurück, leider standen wir auf der Rückfahrt zwar zwei Stunden im Stau, aber der Urlaub an sich war toll. Nur HASSE ich holländische Tastaturen. -.- Der Urlaub an sich war - wie jedes Jahr - einfach toll. Nur gibt es dieses Mal das Fazit, dass ich mir in den nächsten Tagen noch Facebook holen muss. xD Wie dem auch sei, das Lemonkapitel ist oben, und dieses zehnte Kapitel auch. Ab jetzt kommen die Kapitel auch wieder regelmäßig donnerstags. Am Ende des Kapitels zeichnet sich schon der Verlauf der/des nächsten ab. Mal gucken, was für Theorien ihr dazu habt. ;) Genug der Vorrede und viel Spaß mit Kapitel 10! _________________________________________________________________________________ Genervt ließ Ryouga sich auf seinen Stuhl fallen. Freitagmorgen, erste Stunde und gleich ein total tolles Fach. Wirtschaft. Bäh. Der vorige Tag war nach der Nummer mit Kazuki eigentlich durchweg positiv verlaufen. Sie waren im Bett geblieben, bis Uruha nach Hause kam, hatten diesem auch wirklich alles erzählt und ihn nach allen Regeln der Kunst verwöhnt. Nach dieser kleinen Geschichte hatte Kazuki seine Sachen gepackt und war zur Arbeit gefahren. Mittlerweile wusste Ryouga, dass er eher in einem Club für Partys arbeitete, und er wollte den Kleineren in den nächsten Tagen einmal zur Arbeit begleiten. Immerhin hatte Kazuki eingewilligt, mit seinem Chef zu reden, ob er nicht noch ein bisschen Verstärkung hinter der Theke gebrauchen könnte. "Morgen, Ryou." Gähnend ließ Reno sich neben ihn fallen. "Wie war gestern?" "Bei Ruha und Kazuki super. Der Rest... Reden wir nicht darüber. Wir sollten Taka übrigens im Auge behalten." Reno nickte langsam. "Kein Ding. Aber warum?" "Murai-sensei steht unter meinem Schutz, seit er hier ist. Taka ist gestern trotzdem das zweite Mal auf ihn losgegangen. Und dann meinte er, mich angreifen zu wollen." Reno pfiff anerkennend. "Er ist mutig. Der Junge spielt mit seinem Leben." Ryouga zuckte mit den Schultern und zeichnete auf dem Tisch herum. Wie es Nao jetzt wohl ging? Er wurde immerhin von Schülern bedroht, es gab sicherlich schönere Situationen für ihn. Hoffentlich war er schlau genug, nicht mehr so viel früher loszugehen. Und hoffentlich waren diese trotteligen Erstklässler zu faul, um so früh aufzustehen. "Wohnst du jetzt eigentlich wirklich bei Uruha und Kazuki?", fragte Reno plötzlich. "Erstmal. Nächste Woche ziehe ich zu einem anderen Freund, auch wenn sich die Wohngemeinschaft mit den beiden lohnt." "Anderer Freund?" Misstrauisch musterte sein bester Freund ihn. "Ja. Bei ihm bin ich nachmittags, wir machen seine Wohnung bezugsfertig." "Dieser andere Freund... Murai-sensei?" Woher zur Hölle wusste der das?! Ryouga nickte nur knapp. Er würde seinen besten Freund nicht anlügen, das auf keinen Fall. Die folgende, drohende Strafpredigt konnte er besser ignorieren als ein verdammt schlechtes Gewissen. "Du bist doch echt bescheuert." Reno schüttelte nur den Kopf, sagte danach aber nichts mehr. Ryouga belehren zu wollen war witzlos. Da machte es weitaus mehr Sinn, auf einen Kühlschrank einzureden, der widersprach wenigstens nicht. "Sonst wäre ich nicht dein bester Freund, du bist immerhin auch nicht viel besser." Weiterhin zeichnete Ryouga auf seinem Tisch herum. Kunstvolle Schriftzüge. Warum sollte man einen Tisch nicht auch einmal als Kunstwerk herrichten? Den Hintergrund der Schriften bildeten verschiedene Motive. Das eine war eine Gebirgslandschaft mit kämpfenden Drachen auf einem Berggipfel. Ein anderen Hintergrund bestand aus Blumenranken, auch wenn es nicht wirklich zu ihm zu passen schien. Die Dschungelblumen schlängelten sich bis in den Gebirgsteil und liefen dort aus. So weit hatte Ryouga in drei Wochen zeichnen können. Und das nächste Grundmotiv würde den Dschungel zeigen, allerdings aus einer anderen Perspektive, der Schwerpunkt sollte auf den wilden Tieren liegen, diese in den Vordergrund rücken lassen und von dem vielen Grün ablenken. Wobei die Zeichnungen noch nicht ausgemalt waren, aber das würde er auch noch irgendwann tun. So verbrachte er die Unterrichtsstunden im Klassenraum. Reno hatte ihm von Anfang an beim Zeichnen zugesehen, fasziniert über die feinen Linien oder harten Schattierungen gestrichen und ihm mit kleinen Tipps zur Seite gestanden. Und er hatte ihm mehrfach gesagt, wie sehr er diese Zeichnungen bewunderte. Die Idee mit den Drachen stammte sogar von ihm. Ryouga war an diesen eleganten, feuerspeienden und zu allem Überfluss auch noch geflügelten Wesen fast verzweifelt, aber so, wie sie jetzt aussahen, wirkten sie fast lebendig, fotografiert mitten im Kampf. Und das, obwohl die Zeichnung nur aus Bleistiftlinien bestand. Er sollte Uruha dringend bitten, den Tisch auch noch mit nicht ganz so leicht zu entfernender Farbe bearbeiten zu dürfen und dem ganzen noch etwas mehr Leben einzuhauchen. Vielleicht könnte er ja eine von Naos Wänden mit einem kleinen Drachen verschönern. Obwohl, nein, Nao war nicht der Typ für Fabelwesen. Die komplette erste Stunde verbrachte er damit, eine Skizze für den Hintergrund des neuesten Kunstwerks zu erstellen. Reno beobachtete ihn dabei immer, dieses Mal auch, aber er sprach ihn nicht darauf an. In solchen Anfangsphasen musste nach Möglichkeit jeder Strich sitzen, damit es auch passte, und damit die verschiedenen Motive auch fließend ineinander übergingen. Dafür war der Tisch eine Leinwand, harte Linien durfte es deswegen nicht geben. "Ryouga-san, komm bitte mit, alle anderen bleiben hier." Ihr blonder Rektor lehnte im Türrahmen und wartete. Ryouga runzelte nachdenklich die Stirn. Die erste Stunde war vorbei und sie hatten jetzt eigentlich Japanisch. Nao. Das hieß, dass irgendetwas mit Nao nicht stimmte. Eilig stand er auf und verließ den Raum. Was war los? Und warum hatte er gerade so wahnsinnige Angst? Auf dem Weg zum Lehrerzimmer erklärte Uruha ihm die Situation: "Nao wurde zusammengeschlagen. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Weshalb ich dich jetzt geholt habe, ist ganz simpel: Du meintest, du hättest alles unter Kontrolle, dementsprechend bist du dafür zuständig. Und ich habe keine Ahnung, wieso, aber er will nur mit dir reden. Ab jetzt bist du für seine Sicherheit zuständig." "Was soll das jetzt heißen?" "Solange du bei mir wohnst, holen wir ihn morgens ab und bringen ihn nachmittags zurück. Sobald du bei mir ausgezogen bist, wirst du ihn begleiten, er wird aber keinen Schritt mehr ohne dich machen." Ryouga nickte. Wenn er ohnehin bei Nao wohnte, machte es keinen Unterschied, das einzige Problem bildete Sakamoto, der ja im gleichen Haus wohnte. Uruha klopfte an die Tür zum Krankenzimmer, bevor er diese öffnete und Ryouga eintreten ließ. Kohara versorgte offenbar noch die blutenden Wunden. "Shou, du übernimmst für Nao den Unterricht." Uruha hatte gesprochen, Shou gehorchte wortlos. Gemeinsam verließen Rektor und Vertretungslehrer den Raum. Ryouga setzte sich neben Nao auf die Liege und strich ihm behutsam über die Wange. "Taka?", fragte er flüsternd. Nao nickte schwach. "Wer sonst?" "Keine Ahnung. Wie geht's dir?" Besorgt musterte er den Älteren. Der zuckte mit den Schultern. "Meine Rippen sind leicht blau und grün, aber bevor Schlimmeres passieren konnte, kamen Streifenpolizisten und haben die Idioten verjagt." Ryouga nickte. "Und psychisch?" "Ich habe Angst. Ich habe damit gerechnet, dass es hier nicht einfach wird, aber so? Vielleicht sollte ich die Schule zum neuen Halbjahr wechseln, einen neuen Anfang starten." "Das hat keinen Sinn, das weißt du. Und ich kümmere mich darum, ich habe jetzt den Auftrag, dich permanent im Auge zu behalten, damit ich dich besser schützen kann." Nao seufzte. "Das bringt doch auch nichts. Heute Nachmittag arbeite ich trotzdem weiter. Kommst du mit?" Ryouga nickte und zog Nao in eine aufrechte Position, legte dessen Kopf auf seine Schulter und hielt ihn vorsichtig im Arm. Er wusste nicht, wie er Nao seinen Schutz symbolisieren sollte, seine Hoffnung war, dass dieser die Situation und deren Ernsthaftigkeit verstand. Außerdem fühlte es sich verdammt gut an, Nao zu halten, auch wenn er sich nicht wirklich traute, den anderen anzufassen, aus Angst, diesem weh zu tun. Nao schloss genießend die Augen und schmiegte sich enger an Ryouga, immer noch einen kleinen Raum zwischen ihnen lassend, damit er nicht zu sehr gedrückt wurde und seine Rippen nicht so schmerzten. Sein Schüler würde auf jeden Fall versuchen, ihn zu beschützen, das spürte er, auch an den sanften Berührungen der fremden Hände. Trotzdem änderte das nichts an der ziemlich beschissenen Gesamtsituation. "Du hast immer noch Angst, oder?", fragte Ryouga nach einer Weile und schob ihn so weit von sich, dass sie sich direkt ansehen konnten. "Selbst wenn du permanent bei mir bist, das macht es trotzdem nicht besser. Sie unterstellen uns so schon eine Beziehung. Erstklässler bedrohen mich." Ryouga nickte verstehend. Für einen Lehrer, der gerade erst an eine neue Schule gekommen war, war das schon furchtbar. "Nao, wenn du jetzt aufgibst, haben sie gewonnen. Zeige ihnen nicht diese Schwäche." Sanft strich er dem Kleineren über die Wange. Diese Blick, mit dem er gerade angesehen wurde... Jeden anderen hätte er einfach so geküsst, bei Nao kämpfte er dieses Verlangen nieder. Man sah dem Lehrer an, dass es einfach nicht die beste Situation war, und Ryouga wollte ihn einfach nicht überfordern. Vorsichtig küsste er den Älteren auf die Stirn. Das ging wohl relativ gut. "Ist das wirklich alles oder hatte es noch einen anderen Grund, dass du nur mit mir reden wolltest?" Nao schüttelte den Kopf. Wenn das alles gewesen wäre, wäre auch alles nur halb so schlimm. "Ich habe gestern eine Mail bekommen. Von Ryan." Er erzitterte merklich. "Weiß er, wo du bist?" Nao nickte. "Ungefähr. Er weiß, in welchem Stadtteil ich bin. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er weiß, wo ich wohne." "Hast du ihm geantwortet?" Kopfschütteln. Beruhigend nahm Ryouga seine Hand. "Gut. Du wirst auch nicht darauf reagieren, und sollte er sich wieder melden, gibst du mir sofort Bescheid." Nicken. Hätte er wahrscheinlich eh getan, aus purer Hilflosigkeit. "Unterrichtest du nachher wieder?" "Wenn Uruha es mir erlaubt. Durch die verschobene Englischstunde habt ihr früher Schluss, kommst du dann gleich wieder mit zu mir?" "Klar." Er ließ Nao los und stand auf. "Ich muss los. Wir haben Bio, und Sakamoto ist im Moment nicht allzu gut auf mich zu sprechen." Lächelnd verließ er den Raum. Nao schüttelte über sich selbst den Kopf und ließ sich wieder auf die Liege sinken. Er musste dringend mit jemandem reden. Vielleicht einer seiner alten Freunde. Byou und Jin kannte er seit der Schulzeit. Während er in England gewesen war, hatten sie zwar weniger Kontakt gehabt, sich aber nie ganz aus den Augen verloren. Wer von den beiden wäre denn besser für ein ernsthaftes Gespräch geeignet? Die Frage war ja auch so schwer zu beantworten. Byou als Teilzeit-Perverser im Vergleich zu Jin, der zwar viel Mist mitmachte, aber ein verdammt guter Ratgeber in Gefühlsdingen war. Seufzend griff er nach seinem Handy und wählte die Nummer, in der Hoffnung, dass derjenige auch Zeit hatte. "Ja, verdammt, ich bin ja schon da!", knurrte jemand am anderen Ende der Leitung verschlafen. "Morgen, Jin. Ich wollte dich nicht wecken." "Nao, was… Warte mal kurz. Manabu, halt die Klappe, das ist nur ein alter Freund, kein Grund zur Eifersucht. So, Nao, wo brennt's denn?" Nao musste lachen. Jin hatte einmal etwas von seinem neuen Freund erzählt, auch, dass dieser sich öfters künstlich aufregte. "Ich habe ein kleines Problem. Mit einem Schüler." "Wäre es dann nicht besser, mit einem deiner Kollegen darüber zu reden? Aber erzähl erst mal, was los ist." "Er ist einfach kein gewöhnlicher Schüler. Ich habe es wirklich geschafft, mich in ihn zu verlieben. Und heute Morgen haben mir Erstklässler aufgelauert und mich zusammengeschlagen." "Ach, Schätzchen, das Zweite kannst du nur mit einer Anzeige endgültig lösen, aber das interessiert mich auch weniger. Das Erste ist interessanter. Was hält dich davon ab, mit ihm etwas anzufangen?" "Ich unterrichte ihn." "Oh." Jin räusperte sich. "Und was hast du jetzt vor?" "Ich weiß nicht. Ich brauche deine Hilfe. Kannst du mich nicht irgendwie trösten oder aufheitern?" "Gehen wir heute Abend mit Byou feiern, der bringt uns doch immer zum Lachen." "Und wenn wir Ryouga treffen?" "Heißt dein Angebeteter so? Ach komm, wie wahrscheinlich ist das schon, dass ihr am gleichen Abend im gleichen Club landet?" Im Hintergrund war am anderen Ende der Leitung eine Diskussion zu hören. "Manabu würde auch mitkommen, er will einen befreundeten Barkeeper mal wiedersehen." "Kein Problem. Jin, ich weiß einfach nicht, was ich machen soll. Nächste Woche zieht Ryouga bei mir ein, und als ob das alles nicht schon verwirrend genug wäre, hat Ryan mir eine Mail geschickt." "Was?" Man hörte Jin den Schock deutlich an. "Warum zieht Ryouga bei dir ein und was will Ryan?" "Was genau Ryan will, weiß ich auch nicht. Und Ryouga zieht bei mir ein, weil ich es ihm angeboten habe. Ich liebe es, ihn um mich herum zu haben, auch seine Umarmungen. Er wusste nicht, wo er hin sollte, im Moment lebt er noch bei Freunden und hilft mir beim Renovieren. Warum sollte ich ihn nicht bei mir wohnen lassen?" "Vielleicht weil du nichts mit ihm anfangen darfst? Wenn ihr permanent zusammen seid, wird irgendwann etwas zwischen euch passieren, und genau das darfst und willst du doch nicht." Theatralisch seufzte Jin. "Aber dazu gehören immer zwei. Außerdem sieht der Rektor hier das ziemlich locker." "Du widersprichst dir selbst. Manabu, nerv nicht, hol mir etwas zu trinken, wenn dir langweilig ist, es gibt in meinem Leben noch mehr als dich." Nao dachte einen Moment nach. "Ich widerspreche mir nicht." "Doch, tust du. Wie weit ist es bis jetzt zwischen euch gegangen?" "Was soll das denn jetzt werden? Umarmungen, Kuss auf Wange oder Stirn. Und wir haben eine Nacht im selben Bett verbracht, aber da ist nichts gelaufen." "Nao, du bist einfach einmalig. Jeder andere hätte das angenutzt, aber du natürlich nicht." Angesprochener sah das Kopfschütteln des anderen Brünetten nahezu. "Was hätte ich tun sollen? Warum hätte ich ihn verführen sollen?" "Weil du ihn liebst? Guck mal, so habe ich Manabu auch bekommen. Ich wusste nicht, ob er mich auch will und habe ihn einfach nach einer Party abgeschleppt. Gut, nach dieser Nacht haben wir noch fast zwei Wochen gebraucht, um dann zusammen zu kommen, aber die Zeit ist zu ertragen." "Jin, das ist einfach nicht mein Stil. Ich weiß nicht, ich würde schon gern mal wieder Sex haben, auch gern mit ihm, aber ich kann doch nicht einfach…" "Doch, du kannst", viel der Kleinere ihm ins Wort. "Und wie du kannst. Du siehst heiß aus, und wenn er auch nur ein kleines bisschen Geschmack hat, wird Ryouga dich nicht ablehnen. Und jetzt sag nicht, du bekommst dann ein schlechtes Gewissen! Wie alt ist dein Liebster überhaupt?" "17. Und doch, ich bekomme ein schlechtes Gewissen!" "Wie süß. Du bist einfach zu brav für diese Welt. Dann warte, bis er seinen Abschluss hat und schnappe ihn dir dann. So schwer kann das doch alles nicht sein, du hast doch genug Erfahrung und Übung." "Jin, das hilft mir nicht wirklich weiter." "Ich weiß, entschuldige. Du machst das alles wahnsinnig kompliziert. Viel komplizierter als es sein muss." Nao seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Das alles ist so verflucht kompliziert. Du arbeitest in einem Luxusrestaurant, und das maximal sechs Stunden am Tag, fünf Tage in der Woche. Manabu auch, ihr seid beruflich nicht in eurem Privatleben eingeschränkt. Ich bin Lehrer, eigentlich darf ich nichts mit einem Schüler anfangen. An dieser Schule interessiert das zwar eh niemanden, aber wenn das Ministerium das rausbekommt, bin ich geliefert!" "Wenn das eh niemanden interessiert, ist es doch recht unwahrscheinlich, dass das Ministerium etwas davon erfährt. Ist jetzt aber auch egal, ich muss gleich auflegen. Du bist heute Abend um Punkt acht Uhr vor meiner Haustür, ich gebe Byou dann noch Bescheid, aber den müssen wir eh abholen. Bis dann." "Bis dann." Seufzend legte Nao auf und sah auf die Uhr, bevor er sein Handy wieder in seiner Hosentasche verstaute. Wenigstens hatte er jetzt etwas für den Abend geplant und konnte sich ablenken, den ganzen Mist vielleicht für einen Abend vergessen und Spaß haben… Kapitel 11: Citrin ------------------ Ryouga saß entspannt neben Uruha auf dem Sofa und sah fern. Noch hatte er nichts zu tun. Der Nachmittag bei Nao war zwar wieder schön gewesen, nebenbei auch ziemlich anstrengend, und die Wand im Wohnzimmer war von feinen, braun-schwarzen Linien überzogen, zumindest auf halber Höhe, wie eine Bordüre. Und er hatte Nao gar nicht erst von einem Drachen überzeugen müssen, ein jadegrüner sollte im Schlafzimmer die sonst weiße Wand zieren. Und dann war schon die Zeit davongelaufen, weil Nao noch etwas vorhatte, aber das war Ryouga nur recht. Heute hatte er immerhin seinen ersten Probearbeitstag, in den nächsten zwei Wochen würde er Kazuki zur Arbeit begleiten. Wenn er sich in diesen zwei Wochen bewährte, hätte er immerhin einen Job neben der Schule, in dem er auch nicht schlecht verdiente. "Uruha, ich zeichne in der Schule seit ein paar Wochen", meinte er plötzlich, in der nur vom Fernseher durchbrochenen Stille, auch wenn er selbst nicht wusste, wie er jetzt darauf kam. "Im Unterricht solltest du eigentlich etwas anderes machen", tadelte der Blonde ihn scherzhaft. "Warum erzählst du mir das?" "Ich würde die Motive gern colorieren, aber… Der Tisch ist meine Leinwand und ich brauche deine Genehmigung." Uruha seufzte. "Unter einer Bedingung: Ich sehe mir die Zeichnungen Montag an, und wenn sie gut sind, darfst du, wenn nicht, dann nicht." Ryouga nickte lächelnd. Sicher würde der Rektor seine Zeichnungen für gut befinden. Dann stand er auf, zog sich um und verschwand ins Bad. Für die Arbeit als Barkeeper musste er gut aussehen, und genau das hatte er vor, er musste einen guten Eindruck hinterlassen. Plötzlich erschien Kazuki neben ihm im Spiegel und begann ebenfalls, sich ein wenig zu stylen. "Du siehst gut aus. Können wir dann gleich los?" "Klar. Du übrigens auch. Passt das Outfit?" Der Ältere musterte ihn einen Moment genau und nickte dann. "Sehr gut. Und nicht vergessen, mit den Kunden zu flirten und ein wenig Smalltalk zu betreiben. Die wichtigsten Regeln: Oberflächlich bleiben, niemals die Handynummer herausgeben und auf jeden Fall professionell bleiben. Nächste Woche gebe ich dir die Rezepte der Cocktails, die wir anbieten, bis Freitag kannst du die dann auswendig." Ryouga nickte langsam. "Und wie viele sind das?" "Cocktails an sich nur sieben, das schaffst du schon. Hast du noch mehr schwarze Hemden und Jeans?" "Jeans ja, Hemden nur zwei andere." "Dann solltest du dir noch ein paar zulegen", riet Kazuki ihm. "Komm jetzt, wir müssen los." Ryouga stellte ein paar gerade abgetrocknete Gläser zurück in das Regal. Diese Bar war an sich wirklich schön, die Sitzecken waren gemütlich und die Kollegen nett. Nur der Chef war ein absoluter Kotzbrocken. "Alles klar, Ryou?", fragte Kazuki ihn. "Ist der Boss immer so oder hat der heute nur schlechte Laune?" "Der ist fast immer so. Kisaki ist der Teufel persönlich, aber er ist bekannt in der Stadt, wer in seinem Club arbeitet, wird eher von anderen Clubbesitzern angeheuert als Personal aus irgendwelchen anderen Clubs. Und außerdem bezahlt er gut." "Wenn ich ehrlich bin, habe ich jetzt schon nicht das Bedürfnis, mich mit ihm anzulegen." Aufmunternd klopfte der Ältere ihm auf die Schulter. "Wir sehen ihn meistens nur zwei Mal täglich, und dass sehr kurz: Zu Beginn und zu Feierabend. Das wird schon." Seufzend wischte Ryouga den Tresen ab und lehnte sich dann leicht dagegen. Draußen hörte man schon die ersten Gäste reden, während sie auf Einlass warteten. In ein paar Minuten würde es losgehen. Ryougas Herz schlug nervös gegen seine Brust. Ja, er war aufgeregt, immerhin könnte dieser Abend sein weiteres Leben entscheidend beeinflussen. Einen Moment hielt er die Luft an, als die Türen sich öffneten. Punkt acht Uhr. Nao klopfte an die Wohnungstür Jins und nur einen Augenblick später öffnete sich diese. "Manabu, komm jetzt, wir wollen los!", rief der Kleinere in die Wohnung, während er das Treppenhaus betrat und sein Portemonnaie und Handy in den Taschen seiner Jeans verstaute. "Schön, dich zu sehen, Nao." Kurz umarmte der andere ihn, sah danach aber wieder genervt seufzend in den Flur seiner Wohnung. "Junge, jetzt mach schon!" "Ja, ja, ich bin ja schon da." Schnell stopfte der Schwarzhaarige seine Wertsachen und den Schlüsselbund in seine Hosentaschen. "Nao, das ist Manabu. Umgekehrt kommt fast das Gleiche heraus, also auf jetzt, wir müssen Byou noch abholen." Grinsend lief Nao neben Jin nach unten, nachdem er dessen Freund kurz begrüßt hatte. "Jin, du glaubst doch nicht wirklich, dass Byou pünktlich fertig ist, oder?" Fragend sah er den Jüngeren an. "Nein, besonders nicht wenn Yuuto bei ihm ist. Entweder lagen sie wieder viel zu lange im Bett oder sie streiten sich seit Stunden. Byou ist so oder so nicht fertig." "Yuuto? Der Lover, von dem Byou erzählt hat, der seit letzter Woche bei ihm wohnt?" "Ganz genau", mischte Manabu sich ein. "Und ein guter Freund von mir." "Kommt er auch mit?" "Nein, er muss um halb zehn selbst arbeiten. Er ist… Tänzer." Nao nickte, horchte aber auf. Manabus Zögern machte ihn schon misstrauisch. Was hatte Byou sich da wieder für einen Freund ausgesucht? 'Tänzer' ließ schon mal nicht darauf schließen, dass es - mal wieder - ein Stricher war. Wobei man bei Byou ja fast schon damit rechnen musste. Also, was konnte sein Neuer denn dann beruflich machen? Das lag ja auch überhaupt nicht auf der Hand. "Mit Tänzer meinst du Stripper, oder?" Manabu lachte. "Ja. Ahnt man das?" "Bei Byous Lieblingen definitiv. Der hat schon Pornosternchen angeschleppt." Alle drei lachten und liefen weiter, unterhielten sich auf dem Weg zu Byous Heim über dies und das. Manabu war, wie Nao fand, ein angenehmer Zeitgenosse. Er hatte zwar einen etwas eigenartigen, sexistischen Humor, aber schlimmer als Byou war er auf gar keinen Fall. Und genau vor dessen Haus standen sie nun. Und ein Kissen flog durch das Fenster. Mit hochgezogener Augenbraue sah Nao zu Jin und schüttelte zweifelnd den Kopf. "Ist das hier immer so?" Jin nickte nur und ging zielstrebig zur Haustür, wo er auf den Klingelknopf drückte, seine beiden Begleiter neben sich stehend. Sekunden später flog die Tür auf. Byou kümmerte sich gar nicht um seinen Besuch sondern lief wieder in das Haus. Jin zuckte nur mit den Schultern und betrat den Hausflur. Nao folgte zögernd, wobei Manabu ihn eher schubste. Das einzige, was man von Byou sah, war aufgebrachtes durch die Gegend laufen. "Yuuto, wo ist mein Haarspray?", rief der Hellblonde aufgebracht. "Woher soll ich wissen, wo dein Haarspray ist?!" Angesäuert stapfte ein Braunhaariger die Treppe hinunter. "Du räumst hier doch immer alles weg!" "Ja, weil du deine Sachen immer so im Weg herumliegen lässt, dass alle anderen darüber stolpern!" "Also, wo ist jetzt mein Haarspray?" "Keine Ahnung!" Der Brünette - Yuuto offenbar - seufzte genervt und rieb sich über die Schläfen. "Vorschlag: Nimm meins, das steht im Bad auf dem Schrank, ich suche noch weiter. Wenn hier wieder Ruhe eingekehrt ist, findet sich das bestimmt wieder an. Aber vorher holst du das Kissen noch rein!" Ergeben nickte Byou und lief schnell in den Vorgarten, damit er sich danach endlich fertigmachen konnte. Yuuto strich sich durch die Haare und lehnte sich an die Wand. "Tut mir leid, dass ihr das mitbekommen habt." Entschuldigend lächelte er die Besucher an, nachdem Byou das Kissen in das Wohnzimmer geschmissen hatte und die Treppe hinauf verschwunden war. "Schon gut, Yuu." Aufmunternd klopfte Manabu ihm auf die Schulter. "Weißt du wirklich nicht, wo sein Haarspray ist?" "Doch, aber eine kleine Lektion in Sachen Ordnung tut ihm ganz gut." Jin nickte eifrig. Die Wohngemeinschaft, die er früher mit Byou gehabt hatte, war im Chaos versunken. So schnell, wie der Blonde alles zu gemüllt hatte, hatte er gar nicht mehr hinterher räumen können. "So schlimm war er schon immer", bemerkte Nao lächelnd. "Habe ich von Jin auch schon gehört. Du musst Nao sein. Ich bin Yuuto, freut mich." Spontan umarmte Yuuto ihn. "Gleichfalls." Lächelnd schob er den anderen ein Stück von sich. Zu viel Nähe völlig unbekannter Menschen empfand er zwar nicht als katastrophal, aber doch war es ihm unangenehm. "Schön, dass ihr euch versteht, aber wir können los." Byou küsste Yuuto kurz, als dieser Nao losgelassen hatte. Nao wusste nicht genau, warum, aber diese kleine, zärtliche Geste versetzte ihm einen Stich. Wie gern hätte er einen Freund, der ihn so verabschiedete. Im Idealfall vielleicht sogar Ryouga. "Los jetzt, Nao." Kurzerhand packte Jin ihn am Arm und zog ihn aus der Tür. Unsicher sah Nao sich um. Der Club war schön, farblich gehalten in schwarz und rot. Die Gäste waren aus so ziemlich allen Altersgruppen, von gerade mal 16 Jahren bis hoch zu über 50 Jahren. Die Lichter tanzten durch den Raum, künstlicher Nebel war teilweise noch nicht ganz verflogen. Hinter der Bar standen drei junge Männer und waren ziemlich beschäftigt, zumindest sah es so aus. Und einer von ihnen schien sich vor willigen, neugierigen Mädchen kaum noch retten zu können. Plötzlich wurde Nao an die Hand genommen und von Jin zielstrebig hinter Manabu her zur Bar gezogen, wo er einfach nur auf einem Hocker platziert wurde. "Kazuki!", schrie der Jüngste unter ihnen über die Musik hinweg, so dass einer der Barkeeper aufblickte und sie anlächelte, nachdem er Manabu entdeckt hatte. Kurz tauschte er mit seinem schwarzhaarigen Kollegen die Plätze, konnte so direkt vor ihnen weiterarbeiten. "Manabu, schön dich zu sehen." Unbeirrt mixte er weiterhin Cocktails und zog dabei eine kleine Show ab. Nach und nach wurde die Schlange immer kürzer, nur einer der Barkeeper schien seinen Fanclub nicht vollständig loswerden zu können. "Wartet mal kurz, unser Neuling braucht Hilfe." Kurzerhand schnappte Kazuki sich seinen Kollegen. Gemeinsam ordneten sie die Gruppe. Nao erhaschte einen Blick auf das offenbare Objekt der Begierde - und fiel aus allen Wolken. Dann war natürlich klar, weshalb so eine Hysterie herrschte. Wer konnte besser beurteilen als er selbst, welche Wirkung Ryouga auf seine Mitmenschen hatte, und das allein in Schuluniform. Heute Abend war er aber perfekt gestylt, sein Outfit war komplett schwarz, ein schlichtes Hemd, das nicht ganz zugeknöpft war, und eine einfache Jeans, dazu etwas Silberschmuck. Seine Haare waren nicht aufwendig, aber sorgfältig gestylt, das leichte Make-Up betonte seine Gesichtszüge etwas. Und er trug seine Piercings, wie eigentlich immer. Selbst in der Schule trug er sie, trotz Verbot. "Nao, alles in Ordnung?", fragte Jin ihn und folgte seinem Blick. "Alles super." Beruhigend lächelte er Jin an. Auch wenn Ryougas Anwesenheit den Plan ziemlich durcheinander brachte und der Schüler schon fast verboten gut aussah. "So, ich denke, die beiden packen das allein." Kazuki lehnte sich über den Tresen. "Was darf ich euch geben? Zur Feier des Tages geht eine Runde aufs Haus." "Hm… Ich nehme einen Caipirinha. Jin?" "Sex on the Beach." Manabu pfiff leise. "Schätzchen, du gehst aber ran. Nao?" "Tequila Sunrise." "Byou?" "Auch Caipirinha." "Klar, ist in Arbeit." Kazuki grinste und suchte sich die Flaschen zusammen, während Manabu die beiden anderen Barkeeper einen Moment betrachtete. "Kazu, wer ist der Neue? Ray kenne ich, aber den anderen habe ich hier noch nie gesehen." "Ryouga hat heute erst seine zwei Wochen Probezeit angefangen, er geht noch zur Schule und macht das hier nur als Nebenjob. Im Moment wohnt er auch bei mir und meinem Freund. Er hält sich tapfer, dafür, dass er am Wochenende hier gleich im Hochbetrieb anfängt." Leicht nippte Nao an seinem Getränk, nachdem sie angestoßen hatten, und beobachtete seinen Schüler weiterhin. Er sah einfach umwerfend aus, und das schienen auch die vier Mädchen zu finden, die versuchten, seine Aufmerksamkeit zu ergattern. Ein teuflisches Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als Ryouga sie zurechtwies. "Nao." Jin tippte ihm auf die Schulter. "Ist das der Ryouga, der ich denke?" "Mein Schüler? Der Grund für meine momentane, emotionale Instabilität? Ja, genau der." Nao lachte leise. "Wow. Heiß", bemerkte Jin anerkennend, wurde aber gleich ernst. "Wenn du hier weg willst, musst du es mir nur sagen. Wie diese Miststücke sich an ihn heranschmeißen." Der Kleinere rümpfte angewidert die Nase. "Mädchen sind halt manchmal so. Aber ich bin mal gespannt, was das wird, wenn die Eifersüchteleien untereinander beginnen. Das wird sehenswert." Jin lachte auf. "Auf jeden Fall. Hast du eine Kamera mit?" "Handy mit Videofunktion. Reicht völlig." Der Kleinere grinste und legte sein Kinn auf Naos Schulter. "Lange müssen wir nicht mehr auf die kleine Showeinlage warten, die Weiber versuchen ja jetzt schon, sich gegenseitig mit Blicken umzubringen." Nao nickte nur. Wie gern würde er jetzt dieser blondierten Schlampe, die sich an Ryouga heranmachte, die Augen auskratzen. Gut, das wäre ein bisschen auffällig, aber das Blondchen schien nicht aufgeben zu wollen. Finster starrte er ihren Rücken an. "Nicht eifersüchtig werden, Nao", meinte Jin dicht an seinem Ohr und piekste ihm in die Rippen. "Als ob die dir das Wasser reichen könnte. Zumindest nicht, wenn er ein Fünkchen bi ist." "Ist er nicht." Nao grinste. "Laut seinem besten Freund schwankt er eher in Richtung schwul." "Na also. Warum dann dieser abgrundtiefe Hass der Barbie gegenüber?" Nao zuckte mit den Schultern. "Ich glaube, die Show beginnt." Und er hatte recht. Kurz darauf kippte eine der anderen der Barbie 'versehentlich' ein Glas Cola über das pinke T-Shirt. Diese nahm ihr Glas und entleerte es über dem Kopf der 'Angreiferin'. Wütend schubsten die sich durch die Gegend, die anderen beiden wurden auch in den eskalierten Streit mit eingebunden. Und keiner der Umstehenden schien eingreifen zu wollen, bis letztendlich die beiden Securities hinzukamen und die hysterischen Mädchen an die frische Luft beförderten. Nao musste lachen, als er daran dachte, dass keines dieser Mädels Ryougas Handynummer ergattert hatte. Tja, er hatte sie in seinem Handy eingespeichert. Und Schadenfreude war halt immer noch die schönste Freude. Jin grinste amüsiert. So ein kleiner Zickenkrieg war doch eine ganz nette Abwechslung, auch wenn die Angestellten hier das wohl nicht so sahen. Ryouga wirkte er genervt, als er die Theke abwischte. "Kazuki, gibst du noch eine Runde aus oder muss ich?", fragte Byou nach einer Weile frech grinsend. "Mach du mal, der Chef wird sauer, wenn ich zu viel spendiere. Noch mal dasselbe?" "Klar." Nao grinste vor sich hin. Wahrscheinlich war es nur Schadenfreude, aber dieses Gefühl ließ eine wohlige Wärme durch seinen Körper fließen. Vorerst war der Abend gerettet. "So, Jungs, noch einmal anstoßen. Auf uns, auf Spaß, auf den Kater, den wir morgen haben werden und den Rausch, den wir heute Nacht noch erleben werden. Und", Byou senkte seine Stimme, so dass nur ihr kleiner Kreis es hören konnte," auf Nao, der hoffentlich auch bald in eine glückliche Beziehung rutscht. Cheers!" "Cheers!" Nao seufzte und wandte seine Aufmerksamkeit wieder seinem Objekt der Begierde zu - und sah etwas, dass seine Laune schlagartig wieder umschwenken ließ. Jetzt machte sich keine dämliche Tusse an Ryouga ran, nein, das wäre ja noch erträglich gewesen. Dieses Mal war es so ein komischer Checker in Lederjacke, trotz der unangenehmen Hitze. Nao starrte diesen Möchtegern-Aufreißer mit einem weniger geübten, aber guten Todesblick an. Warum zum Teufel hatten es offenbar alle auf Ryouga abgesehen? Warum musste der auch heute im Dienstoutfit so verdammt heiß aussehen? Genervt schnaubte Nao und versuchte, Ryougas neuesten Verehrer mit Blicken zu töten. Wobei er sich fragte, ob es nicht irgendwie dämlich war, eifersüchtig wegen einem 13 Jahre jüngeren Schüler zu sein, mit dem er nichts hatte. Oh, verdammt. Zähneknirschend wandte er den Blick seinem Glas zu und versuchte, sich darauf zu konzentrieren. Egal, wie sehr er es versuchte, länger als maximal 60 Sekunden am Stück konnte er den Blick aber nicht von dem Jüngeren lassen. Und nach ein paar Minuten wirkte dieser von seinem Verehrer schon leicht genervt. "Ich glaube, ich muss meinen neuen Kollegen einmal kurz retten", bemerkte Kazuki lächelnd und gesellte sich zu Ryouga. "Vertrau mir", meinte er gerade laut genug, damit Ryouga ihn verstehen konnte. Der legte nur den Kopf schief, nickte dann aber. Schlimmer konnte diese Situation eh nicht werden, er wurde seit Dienstbeginn von hysterischen pubertierenden Mädchen, komischen Tussen und irgendwelchen Möchtegern-Checkern angegraben. Nicht, dass es ihm nicht schmeichelte und sein ohnehin schon gut ausgeprägtes Selbstbewusstsein noch stärkte, aber unter diesen ganzen… Wesen war noch nicht einmal etwas Nettes fürs Bett dabei. Die Situation war zum Heulen. Plötzlich spürte er Kazukis Lippen auf seinen, landete so wieder in der Realität. So kurz und flüchtig diese Berührung auch war, umso wirksamer war sie. "Honey, holst du mir eine Kiste Bier und eine der Mischkisten aus dem Lager? Ich bin zu schwach dafür", säuselte der Ältere für Ryougas nerviges Anhängsel hörbar. Der größere Barkeeper nickte grinsend und ging dann ins Lager. Nao bemühte sich, Kazuki nicht zu sehr mit Blicken töten zu wollen. Das war einfach nur seelische Folter. Musste er heute Abend wirklich durch die Hölle gehen? "Nao, lass das Glas leben! Weil Kazuki deinen Angebeteten geküsst hat, musst du das unschuldige Glas nicht umbringen! Das kann nämlich wirklich nichts dafür." Jin versuchte, das arme Glas aus Naos festem Griff zu befreien. "Kazuki, ich dachte, du hast einen Freund", bemerkte Manabu verwundert, als der Barkeeper sich wieder zu ihnen gesellt hatte, dabei Naos Todesblick gar nicht zu bemerken schien. "Habe ich auch, und ich bin mit Uruha mehr als zufrieden, aber irgendwie musste ich das Kindchen ja befreien." Mit dieser Begründung verflog Naos Wut urplötzlich wieder. Auf einmal war Kazuki ihm wieder sehr sympathisch. Diese verfluchten Stimmungsschwankungen… "Kazu, deine Kisten." Seufzend stellte Ryouga die beiden wirklich schwer aussehenden Kisten hinter dem Tresen ab. Nao konnte nicht anders, als anerkennend zu pfeifen. "Nicht schlecht", meinte er grinsend und beobachtete die Reaktion des Schülers. Ryouga sah etwas erschrocken auf, als er diese vertraute Stimme hörte. Nao war hier. Warum war Nao hier? Spielte das überhaupt eine Rolle? Ein leichtes Lächeln legte sich auf sein Gesicht. "Gelernt ist gelernt, nicht wahr, Nao?" "Absolut." Wie selbstverständlich lächelte Nao zurück. Sein Herz schlug ungewohnt schnell. Wie gut, dass er sich zum Weggehen ebenfalls herausgeputzt hatte. "Ihr kennt euch?" Fragend sah Kazuki zwischen ihnen hin und her. Ryouga lachte. "Ja, sieht so aus, oder? Du kannst ja Uruha fragen, wenn du mehr wissen willst. Oder ich erklär's dir, wenn wir wieder zuhause sind." Kazuki nickte besänftigt, wandte sich dann wieder an Manabu, während Ryouga seine Aufmerksamkeit wieder Nao schenkte und diesen kurz musterte. Das Styling war, so weit er das beurteilen konnte, relativ schlicht, das weiße Shirt ließ den schlanken Körper gut zur Geltung kommen, der schwarze Schriftzug und der etwas weitere Ausschnitt betonten die blasse Haut. Um den Hals trug er eine einfache, dünne Silberkette mit einem kleinen Kreuzanhänger. Kurz beugte Ryouga sich über den Tresen und hob den Anhänger etwas an, wobei seine Finger zart die nackte, seidige Haut da unter streiften. Er bemerkte, wie der Ältere etwas die Luft einsog. "Bist du Christ?", fragte Ryouga nur für Nao hörbar und strich über das feine Schmuckstück. "Nein, bin ich nicht, aber ich finde dieses Kreuz sehr schön." Forschend betrachtete er den Jüngeren. "Das ist es wirklich." Ruhig zog Ryouga seine Hand zurück und stützte sich auf dem Tresen ab, sah seinem Lehrer fest in die Augen. "Es passt wirklich gut zu dir." Nao lächelte ihn sanft an. War das gerade so etwas wie ein Kompliment gewesen? Was sollte er darauf denn jetzt antworten? "Zu dir würde es auch gut passen, wobei… Es würde zu brav wirken." "So böse bin ich nicht." Nao seufzte leise. Die Wärme im Blick des Größeren löste in ihm eine Hitzewelle aus, die sich von seiner Brust aus in seinen ganzen Körper ausbreitete. "Das habe ich auch nicht gemeint, aber was mir andere erzählt haben, auch Reno, passt nicht zu dem, was ich von dir sehe." "Was sagen denn die anderen?" Neugierig lehnte Ryouga sich weiter über den Tresen. Jetzt wollte er es schon von Nao hören. "Aggressiv und ziemlich leicht reizbar, vorlaut und ungehorsam, und ziemlich sexbesessen und gefühlskalt." Nao räusperte sich. Hatte er jetzt eigentlich gerade ernsthaft zugegeben, dass er sich über seinen Schüler erkundigt hatte? Ja, genau das hatte er getan. Dann konnte er auch gleich mit den Zusatzinfos von Reno herausrücken. "Aber wenn es um deine Freunde geht, sollst du zuverlässig wie kaum ein anderer sein. Und das Verhältnis zu deinem Vater soll schon lange ein Problem sein." Ryouga nickte immer noch lächelnd. "Den letzten Teil hast du von Reno. Aber was siehst du von mir, was den anderen Punkten widerspricht?" "Aggressiv warst du in meiner Gegenwart noch nie, selbst Taka gegenüber bist du eher gelassen geblieben. Auch als du so miese Laune hattest, hast du mich nicht angegriffen. Leicht reizbar… Na ja, du kannst bestimmt ziemlich austicken und dann auch zuschlagen, aber ich denke, nicht grundlos." Ryouga grinste. "Ich denke, dass geht auch noch zu dem Punkt zum Thema Sex." "Vorlaut vielleicht ein bisschen, aber nicht so schlimm wie alle sagen", fuhr Nao unbeirrt fort. "Ungehorsam bei mir überhaupt nicht, wir diskutieren zwar manchmal, aber im Unterricht tust du, was ich sage. Sexbesessen…", er senkte seine Stimme, "wir haben in einem Bett geschlafen und ich war mit den Nerven so weit runter, dass ich dich sicherlich nicht von irgendetwas abgehalten hätte. In meiner Wohnung waren wir beide halbnackt, aber du hast mich nur geärgert, nicht versucht, mich zu verführen. Unter sexbesessen verstehe ich ein kleines bisschen etwas anderes. Und gefühlskalt… Das ist situationsabhängig, aber mir gegenüber hast du diese völlige Gleichgültigkeit noch nie gezeigt. Du hast dich vorgestern um mich gekümmert, mir zugehört und mir auch in der Nacht einfach nur Halt gegeben. Heute Morgen warst du wieder für mich da und hast ehrlich besorgt gewirkt. Wirklich gefühlskalt bist du nicht." Nao sah ihm fest in die Augen. "Du kannst Menschen gut einschätzen", lobte Ryouga mehr oder weniger und lächelte den Lehrer geheimnisvoll an. "Zu dem 'Sexbesessen' wollte ich noch etwas sagen. Ich habe gern Sex, ja, auch mit verschiedenen Partnern, aber… In der Situation habe ich gar nicht daran gedacht, etwas mit dir anzufangen. In manchen Momenten ist so etwas einfach unpassend." Nachdenklich nickte Nao. Wenigstens war der Jüngere so weit ordentlich erzogen. Wahrscheinlich hätte er es ihm auch spätestens am nächsten Morgen übel genommen. "Und? Hast du irgendwelche Pläne fürs Wochenende?" Drei Uhr morgens. Nach und nach war die Menschenmasse übersichtlicher geworden, die letzten Gäste machten sich langsam auch auf den Weg. In einer halben Stunde war nun einmal Ladenschluss angesagt, und daran konnte man nichts ändern. Nao seufzte leise. Wahrscheinlich sollten sie auch bald gehen. Jin und - viel schlimmer - Byou waren schon ziemlich betrunken. Zum Glück hatte Ryougas Anwesenheit ihn davon abgehalten, sich ebenfalls die Kante zu geben. "Ryouga, hilfst du mir morgen eigentlich wieder?" "Klar." Angesprochener lächelte ihn fast schon sanft an, wusch aber weiterhin Gläser ab und gab sie an seinen schwarzhaarigen Kollegen, Ray, der diese dann abtrocknete und wegstellte. "Wenn du nicht zu verkatert bist und ausgeschlafen hast, kannst du mir ja eine SMS schicken." "Kein Problem." Vorsichtig erhob Nao sich vom Hocker. Er hatte sich zwar nicht abgeschossen, aber trotzdem nicht gerade wenig getrunken und wusste nicht, wie er auf allzu plötzliche Bewegungen reagierte. Einen Augenblick sah er etwas verschwommen, kam aber sonst ganz gut zurecht. "Kazu, Ray, ich geh gleich mal eine rauchen." Ryouga fragte seine Kollegen gar nicht erst, er informierte sie lediglich. Der Hauptbetrieb war auch vorbei, also konnte er sich eine Auszeit gönnen. Außerdem wollte er sich noch in aller Ruhe und ohne Bar zwischen ihnen von Nao verabschieden. Und dafür sorgen, dass dieser zum Hotel gebracht wurde und nicht allein - schutzlos - mitten in der Nacht durch die Gegend lief. "Manabu, wollen wir los?", fragte Nao und zog nach dem Nicken des Schwarzhaarigen Byou von seinem Barhocker. Gequält stützte der Blonde sich auf ihn und riss ihn so fast um. Manabu zahlte noch schnell, hob Jin dann einfach hoch und trug ihn zum Ausgang. Nao folgte nur langsam. Byou war größer als er, und definitiv nicht gerade leicht, und er hatte dessen Gewicht komplett zu tragen. Erleichtert keuchte Nao auf, als die Hälfte der Last von ihm genommen wurde. Auf der anderen Seite stützte Ryouga Byou und lief zielstrebig auf die große Ausgangstür zu. Draußen blieben sie stehen und sahen gerade noch, wie Manabu sein Handy wieder in die Tasche steckte. "Ich habe zwei Taxis gerufen", meinte er und packte seinen deutlich schwankenden Freund, der umzufallen drohte und irgendetwas von einem pinken Einhorn und einer blauen Kuh vor sich hin murmelte. Ryouga zog seine Zigaretten aus der Tasche und steckte sich eine an, passte aber sorgfältig auf, dass nicht wieder das ganze Gewicht Byous auf Nao fiel. Es dauerte nur zwei Minuten, bis die beiden Taxis vor ihnen hielten. Manabu bugsierte Jin auf die Rückbank des einen, winkte Nao kurz zu und setzte sich auf den Beifahrersitz. Nao legte Byou auf der Rückbank des zweiten Taxis ab und gab dem Fahrer konkrete Anweisungen. Danach fuhr auch dieses davon. Erschöpft fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht. "Und wie kommst du jetzt ins Hotel?" Lächelnd drehte Nao sich zu dem Größeren um. "Ich kann laufen, oder ich nehme eine Bahn." Ein leichte Windstoß ließ ihn frösteln. "Das wirst du nicht", widersprach Ryouga entschieden. Kurz entschlossen nahm er den Kleineren in den Arm, versuchte ihn so zu wärmen. "Aber ich habe nicht mehr genug Geld. Außerdem ist Laufen gesund und gut für die Figur." "Und um diese Zeit gefährlich. Ich gebe dir Geld für ein Taxi, du kannst es mir ja morgen zurückzahlen." "Ryouga, das…" "Jetzt hör auf, mir zu widersprechen!" Das unheilvolle Blitzen in Ryougas Augen ließ ihn ergeben nicken und nach unten sehen. Frierend drückte er sich an den Größeren, während dieser ihm ein Taxi rief und ihm mit der anderen Hand leicht über den Rücken rieb. "Nao, tust du mir einen Gefallen?", fragte der Schüler plötzlich. Müde nickte er. Er konnte und wollte nicht richtig antworten, jetzt, wo die Müdigkeit da war, und wieso sollte er auch? "Schlaf dich aus. Wenn es dir morgen nicht gut geht, ruhe dich aus. Schick mir einfach eine Nachricht. In Ordnung? Du hast heute nämlich nicht wenig getrunken." Wieder nickte Nao. Natürlich wusste er, dass er eigentlich eine ganze Menge getrunken hatte, auch wenn er diese in Gläsern nicht mehr festlegen konnte. Er war zwar nicht betrunken, aber doch ziemlich angeheitert. Er wollte sich gar nicht vorstellen, welche Ausmaße das Saufgelage angenommen hätte, wäre Ryouga nicht dagewesen. "Dein Taxi ist da", bemerkte der andere viel zu schnell und ließ ihn los, gab ihm das Geld für die Fahrt. Spontan hauchte Ryouga ihm einen Kuss auf die Lippen, lächelte ihm noch einmal zu und ging dann wieder in den Club. Nao realisierte das noch gar nicht, stieg in das wartende Auto, gab dem Fahrer die Adresse des Hotels und schloss dann die Augen. Dieses widerliche Schwindelgefühl sollte weggehen. Er wollte dieses andere, wärmere, berauschende Gefühl endlich genießen. Er wollte endlich wieder alles augenblicklich wahrnehmen. Und an das Gefühl erinnert werden, welches ihn jedes Mal in Ryougas Armen in Besitz nahm. _________________________________________________________________________________ Ein laaaanges Kapitel. Und ihr hattet recht mit eurer Vermutung. (Okay, das war auch offensichtlich.) Was soll ich großartig sagen? Ryouga schleppt Nao nicht ab, und auch nicht umgekehrt. Nur hat Nao noch gar nicht begriffen, dass Ryouga ihn geküsst hat. Was das wohl wird, wenn das zu seinem Verstand durchdringt... Das nächste Kapitel kommt in genau zwei Wochen. Wegen dieser Regelmäßigkeit gibt es auch keine Benachrichtigungen mehr. Wenn ich denn wegen Urlaub einmal nicht pünktlich hochladen kann, kündige ich das an, aber das wird vielleicht erst nächstes Jahr passieren. Ich bin Samstag bei Dir en grey in Bochum. Sollte irgendwer das Bedürfnis haben, mich zu treffen, kann man mich ruhig fragen. ;) Bis zum nächsten Kapitel! Hikari Kapitel 12: Rauchquarz ---------------------- Verschlafen streckte Ryouga sich. Jemand piekste ihn permanent in die Rippen. "Kazu, lass das", knurrte er und schob den Kleineren von sich. "Steh auf, wir wollten Uruha doch noch vom Flaschendrehen gestern Abend erzählen." "Weißt du eigentlich, wie müde ich bin?" Trotzdem setzte Ryouga sich auf. Kazuki würde ihn nicht schlafen lassen, ganz bestimmt nicht. Obwohl sie erst um halb sechs ins Bett gekommen waren. Jetzt war es kurz vor zwölf. Nur sechseinhalb Stunden Schlaf am Wochenende, viel zu wenig für Ryougas Geschmack. Wenigstens roch es schon angenehm nach Kaffee. Müde kletterte er aus dem Bett und zog sich an. Kazuki hatte wenigstens seine Wecktechnik geändert. Nach dem Frühstück ließen sie sich auf dem Sofa nieder. "Also", begann Uruha. "Was habt ihr gestern beim Flaschendrehen so gemacht?" ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆Flashback★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ "Hey, ihr Hübschen." Kisaki zog einen Blonden hinter sich her. "Der Laden ist dicht und mir ist langweilig. Ich hoffe, ihr habt nichts vor." Genervt rollte Ryouga mit den Augen. Er wollte nur noch ins Bett, er hatte schon einen anstrengenden, halbwegs normalen Tag hinter sich er war seit über zwanzig Stunden auf den Beinen. Kazuki klopfte ihm auf die Schulter. "Widersprich ihm nicht, er ist der Boss, und das ist eigentlich immer ganz witzig hier nach Dienstschluss", flüsterte der Ältere ihm zu, bevor er in eine normale Lautstärke wechselte. "Der Blonde neben unserem Boss ist seine persönliche Schlampe Jui. Wie du ihn nennst ist egal. Die beiden ganz in schwarz sind Kifumi und K, unsere beiden Securities. Und Tomo ist unser DJ. Jungs, das ist Ryouga, er ist hier auf Probezeit als Barkeeper, morgens beziehungsweise vormittags geht er noch zur Schule." "Ryouga, setz dich." Jui lächelte ihn amüsiert an. "Jetzt wird's eh lustig. Flaschendrehen. Ray, hol den Whiskey!" Gemütlich ließen sie sich im Kreis auf dem Fußboden nieder, Ryouga saß zwischen Kazuki und Ray. Eigentlich kein unangenehmer Platz. Schon bald hatte er begriffen, dass die Aufgaben und Fragen es in sich hatten und - wer hätte das gedacht? - sehr viel mit Sex zu tun hatten. Urplötzlich zeigte die Flasche das erste Mal auf ihn. Kifumi hatte gedreht. Im Vergleich zu Kazuki und Kisaki aber schien der trotz des perversen Grinsens ziemlich harmlos zu sein. "Unser Nesthäkchen ist dran. Wahrheit oder Pflicht?" "Erstmal Wahrheit", antwortete Ryouga misstrauisch. Wer wusste, woran der andere dachte? "In Ordnung, Kleiner. Hm… Wie viele verschiedene Männer hattest du schon im Bett?" Ryouga nickte und bemühte sich, in Gedanken auf eine ungefähre Zahl zu kommen. "Zu viele. Eine genaue Zahl kann ich euch nicht geben, dafür sind fast vier Jahre eine verdammt lange Zeit. Ich müsste ungefähr bei 40 oder 50 sein, aber einige habe ich auch nicht nur einmal abgeschleppt. Recht so?" Die anderen nickten. Schnell stieß er die Flasche an, welche auf Jui zeigte. "Pflicht", meinte dieser nur schlicht und wartete auf seine Aufgabe. Ryouga grinste. "Du drehst die Flasche, derjenige, auf den sie zeigt, wird dein Helfer sein. Kennst du aus Stripclubs die Technik, Alkohol über dein Bein laufen zu lassen und ein anderer leckt das auf?" Jui nickte und leckte sich über die Lippen. "Ich bin noch nicht fertig", grinste Ryouga. "Du wirst nämlich vorher für uns strippen und das ganze komplett nackt machen." Wie war das mit 'nicht sexbesessen'? Na ja, das war ja auch kein Sex sondern nur eine kleine, sehr textilfreie Showeinlage. "Bist du ein versautes Miststück", stellte K grinsend fest. "Aber ich glaube, keiner von uns ist der Idee allzu abgeneigt, Jui abzulecken." "Dann hoffe, dass die Flasche dich trifft", lachte Kisaki. "Ich kann das eh jederzeit machen, immerhin ist Jui meins." Der Blonde stieß die Flasche an und wartete ab. Und diese traf nicht K sondern Tomo, der aber die Aufgabe auch nicht ablehnen zu wollen schien. Nachdem Jui sich dann wieder angezogen hatte und sie - zwar immer noch lachend, aber immerhin - artig im Kreis saßen, konnte es weitergehen. In der Fortsetzung des Spiels floss schon etwas mehr Alkohol als vorher, die Aufgaben wurden immer hemmungsloser. Wunderbare Freizeitbeschäftigung. "Ryouga, du bist. Wahrheit oder Pflicht?" Kisaki hatte sein feinstes Pokerface aufgesetzt. "Pflicht." Ryouga bemerkte fast sofort an dem Blick, den sein Chef mit der ganz privaten Schlampe tauschte, dass das ein Fehler gewesen war. Ein böser Fehler. "Ich weiß, wie jeder hier stöhnt, nur bei dir nicht. Ich würde das gern ändern. Und kneifen gilt nicht." Ryouga schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Er wollte gar nicht so genau wissen, woher sein Boss wusste, wie die anderen stöhnten, auch wenn er es sich wirklich lebhaft vorstellen konnte. "Vergiss es. Einfach so mache ich das ganz bestimmt nicht, und ich werde auch ganz bestimmt nicht zulassen, dass du mich fickst." "Ryou." Kazuki ließ seine Hand über den dünnen schwarzen Hemdstoff wandern. "Lass mich nur machen", schnurrte der Kleinere und küsste seinen Hals. "Finger weg." Hart hielt er Kazukis Handgelenke fest. Der andere ließ sich das nicht bieten und bemühte sich, trotzdem an ihn heranzukommen. Ryouga wehrte sich eine Weile einfach so, nur schien der andere nicht aufgeben zu wollen. Bald hatte der Jüngere genug, brachte Kazuki einfach unter sich zum Liegen und setzte sich auf dessen Hüfte, hielt dessen Hände über dessen Kopf fest. "Was soll das denn jetzt?", fragte der Liegende sich umsehend. Keiner der anderen fünf schien ihm helfen zu wollen "Boss, ist es auch in Ordnung, wenn ich einen anderen zum Stöhnen bringe?" Fragend lächelte Ryouga den Rothaarigen an, der nur nickte. Könnte ja auch sehr viel Spaß machen, zu sehen, was das Küken vorhatte und vor allen Dingen, wie der erfahrene Barkeeper darauf reagierte. Provozierend begann Ryouga sich an dem Älteren zu reiben, aber so, dass er selbst dank des relativ festen Jeansstoffs nicht sehr gereizt wurde. Erschrocken aufkeuchend versuchte Kazuki, seine Hände zu befreien und sich so gegen den auf ihm Sitzenden zu wehren, nur spürte er zu genau, wie sein Widerstand bröckelte und die Kraft seine Arme verließ, das Blut in seine Körpermitte schoss. Warum verlangte sein Körper nur so sehr nach dieser Art Aufmerksamkeit? "Ryouga, verdammt", keuchte er zwischen zwei Atemzügen. "Hör auf." "Nein, werde ich nicht. Du magst es doch, gib's zu." Ergeben nickte Kazuki, schloss die Augen und leckte sich über die Lippen. Der Druck um seine Handgelenke wurde schwächer und verschwand letztendlich ganz. Leicht knöpften Hände sein Hemd auf und entblößten seinen Oberkörper, während er seine Arme neben seinen Körper legte. Fahrig strichen Hände über seine Brust, kniffen in die empfindliche Haut und entlockten ihm so ein verhaltenes Stöhnen. Instinktiv griff er nach dem Jüngeren, der seine Hände aber wieder auf den Boden drückte. Unterwürfig ließ er seine Hände dort ruhen und genoss die Berührungen des anderen in vollen Zügen. War doch völlig egal, dass andere zusahen und dass er sich fast schlimmer aufführte als Jui. Dann war er halt im Moment die Schlampe, wen kümmerte das schon? Ihn nicht wirklich, dieses Gefühl war es auf jeden Fall wert. Ryouga lächelte vor sich hin, während er den Liegenden verwöhnte und heftig zum Stöhnen brachte. Irgendwie sollte Kazuki ihm schon leidtun, immerhin hatte es nur einen Sinn, ihn so weit zu bringen, und eigentlich war der Plan nicht, den Älteren auch von dem Verlangen zu erlösen. Zögernd erhob er sich und hockte sich neben dem Liegenden auf den Boden, strich ihm über die Stirn. "Ist gut, Schätzchen, alles okay." "Ryouga, das kannst du doch nicht machen", protestierte Kazuki schwach mit vor Lust verschleiertem Blick. "Der Meinung bin ich aber auch", mischte sich Kisaki ein. Auffordernd verpasste er Jui einen Klaps auf den Hintern. "Hilf ihm." "Und danach?", fragte Ryouga mit einem Blick auf die Uhr. Er wollte langsam wirklich zurück nach Hause. "Könnt ihr gehen oder fahren. Hoffentlich ist Kazuki dann noch zum Autofahren in der Lage." Jui ließ sich ihm gegenüber nieder, so dass Kazuki zwischen ihnen lag. "Irgendeinen Wunsch, was du lieber machen möchtest? Sonst schlucke ich auch gern." Ryouga grinste ihn leicht an. "Ich nicht. Dann haben wir die Regelung doch." Leicht lehnte er sich über den Liegenden und küsste ihn verlangend, spürte nur zu deutlich, wie dieser erzitterte, als der zweite von ihnen seine Arbeit aufnahm. ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ "Ach so." Uruha lächelte seinen Freund verliebt an und wandte sich dann wieder an den Jüngsten. "Das ist manchmal so." "Kam das schon öfters vor?", fragte Ryouga verblüfft und trank einen Schluck Wasser. Kazuki nickte. "Ab und an hat Kisaki komische Anfälle. Die Überstunden bekommen wir aber noch zusätzlich bezahlt, wir haben dabei mehr Gewinn als auch normalerweise schon. Sag mal, wer war eigentlich dein Lieblingsgast gestern Abend? Ich habe den noch nie gesehen." Uruha und Kazuki sahen ihn fragend an, wobei er nur geheimnisvoll zurücklächelte. "Wieso fragst du? Gefällt er dir?" "Er sieht nicht schlecht aus, eigentlich ganz süß, aber vielleicht ein bisschen alt für dich." "Nur 13 Jahre älter, geht doch noch." "Schätzchen, jetzt spuck's schon aus. Wer ist er?" Seufzend ergab Ryouga sich. "Er heißt Nao." Sofort wurde Uruha hellhörig. "Doch nicht der Nao?" "Doch, genau der." Ryouga zuckte mit den Schultern und griff nach seinem Handy. Nao hatte sich noch immer nicht gemeldet. Ob er gut im Hotel angekommen war? Ob es ihm gut ging? Langsam begann Ryouga, sich ernsthafte Sorgen zu machen. "Oh Mann. Ryouga, du bist einfach einmalig." Uruha lachte ernsthaft. Nao streckte sich müde und kniff die Augen zusammen. Sein Kopf schien ihn umbringen zu wollen. Was war eigentlich gestern Abend passiert? Er war mit Jin, dessen Freund Manabu und Byou weggegangen. In der Bar hatte er Ryouga getroffen, der neuerdings dort arbeitete. Sie hatten sich unterhalten und er hatte ein paar Gläser Tequila getrunken. Er hatte mit Ryouga geflirtet. Oder umgekehrt? War ja auch egal. Auf jeden Fall war es gegen drei Uhr morgens gewesen, als sie gegangen waren. Jin und Manabu waren zusammen in einem Taxi nach Hause gefahren, Byou hatte er einem Taxifahrer übergeben und war mit Ryouga vor dem Club stehen geblieben. Ryouga hatte darauf bestanden, ihm ein Taxi zu rufen, dann hatte dieser ihn geküsst und danach war er mit dem Taxi zum Hotel… Moment. Pause und Zurückspulen. Ryouga hatte ihn geküsst? Was? Warum? Hektisch wollte er aufstehen, fiel aber eher aus dem Bett. "Au." Wirklich Fluchen war einfach nicht drin. Aber wo war sein Handy abgeblieben? Wo hatte er das zuletzt gehabt? Hosentasche. Also sollte er wohl zuerst da nachsehen. Welch Logik. Sofort fand er das gesuchte Ding und ließ sich damit auf das Bett fallen. So sehr sein Kopf auch schmerzte, er musste jetzt dringend mit jemandem reden, und mit wem, wusste er schon genau. "Was'n los?", nuschelte eine verschlafen klingende Person am anderen Ende der Leitung. "Jin, ich bin's, und es ist mir gerade ziemlich egal, ob ich dich geweckt habe, aber weißt du, was gestern Abend passiert ist?" Jin gähnte. "Manabu, bring mir mal ein Glas Wasser und eine Tablette. Oder besser gleich zwei. Tu's einfach. Und, äh, nein, weiß ich nicht. Hab ich nicht mehr getrunken als du?" "Doch, hast du, aber als das passiert ist, wart ihr schon nicht mehr da." Nao schüttelte leicht den Kopf "Weißt du, wie viel ich gestern getrunken habe? Und wie viele Chips habe ich gefuttert?" "Jin, die Situation ist ernst! Ich würde mal tippen zu viel. Und Chips… Zwei von diesen kleinen Schüsseln, glaube ich." "Gott, ich werde zu fett!", jammerte der Kleinere plötzlich drauflos. "Wirst du nicht. Und wenn du nicht zunehmen willst, Sex verbrennt Kalorien." "Echt jetzt? Stimmt, hätte ich auch drauf kommen können. Verflucht, Nao, jetzt erzähl mir schon, was passiert ist! Und wehe, es ist nicht wichtig!" "Ryouga hat mich geküsst." Einen Augenblick herrschte Stille am anderen Ende der Leitung. "Pooh-chan, ist das wahr?", brüllte der Jüngere dann in einer ziemlich unangenehmen Tonhöhe ins Telefon. Es war eigentlich eher ein verdammt lautes Quietschen, aber na ja. Pooh-chan. Sein alter Spitzname ließ ihn schmunzeln. Das letzte Mal war er so vor anderen Leuten vor fast zwanzig Jahren genannt worden, allgemein das letzte Mal vor vierzehn Jahren. Wie alt er sich doch vorkam. Und trotzdem war die Situation der damaligen sehr ähnlich. ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆Flashback★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ "Jin, er hat mich geküsst!" Innerlich jubelte Nao. Nach langem Hin und Her hatte er seinen Schwarm zu einem Date überreden können. Nach knappen fünf Monaten hatte er Hiroki so weit bekommen, mit ihm auszugehen. Auf den Jahrmarkt. Nicht der romantischste Ort, aber immerhin war es ein Date. Das erste Date mit einem Jungen, den er auch mochte. "Pooh-chan, ist das wahr?", quietschte sein bester Freund aufgeregt und trampelte selbst durch das Telefon hörbar durch sein Zimmer. Oder er hüpfte. "Ja! Denkst du, ich würde dich sonntags um sechs Uhr morgens anrufen, um dir so was vorzulügen?" "Nein. Erzähl mir alles!" Mit leuchtenden Augen tat Nao ihm den Gefallen. Sie hatten sich kurz nach 16 Uhr getroffen. Auf dem Jahrmarkt waren sie nur knapp eine Stunde herumgelaufen. Das Gedränge war einfach extrem gewesen, und auch, wenn sie Spaß gehabt hatten, war es nach einer gewissen Zeit ungemütlich geworden. Scherzend und lachend hatten sie sich in den Park verzogen. "Komm mit", hatte Hiroki ihn vor einem dicht aussehenden Wäldchen aufgefordert und nach seinem deutlichen Zögern seine Hand genommen. "Vertrau mir, Nao", hatte er ihn gebeten und vorsichtig an seinem Arm gezogen. Seufzend hatte Nao sich von dem Größeren mitziehen lassen. Er würde schon nicht von einem kleinen bisschen Vertrauen sterben. "Hiroki, wo gehst du mit mir hin?" "Warte noch einen Moment, du wirst es gleich sehen", hatte der andere ihm geantwortet und beruhigend seine Hand gedrückt. Ein wenig Unsicherheit hatte sich schon in ihm ausgebreitet, aber der kurze Druck der fremden Hand hatte ihn doch beruhigt. Schweigend war er dem Älteren weiter durch das dunkle Unterholz gefolgt. Nach einer Weile hatten sie auf einer kleinen Wiese direkt an dem kleinen See gestanden. Fasziniert hatte Nao sich umgesehen. Man hatte von hier aus eine gute Sicht auf den See gehabt, und von der anderen Seite war diese kleine Wiese nicht sichtbar gewesen. Es war ein wunderschöner Ort gewesen. Still hatten sie sich nebeneinander gesetzt und auf die friedliche Wasseroberfläche gesehen. Zögernd hatte Nao sich nach einer Weile an seinen Begleiter gelehnt. Er hatte Angst gehabt, zurückgewiesen zu werden, aber nichts dergleichen war passiert. Hiroki hatte sogar einen Arm um ihn gelegt. Genießend hatte Nao die Augen geschlossen und das warme, langsam schwindende Sonnenlicht genossen. "Nao", hatte der andere ihn nach einer Weile angesprochen. "Liebst du mich?" Die leise Frage hatte für Nao die Luft durchschnitten. Er hatte geseufzt. Was hätte er darauf antworten sollen? Die Wahrheit war die einzige Möglichkeit gewesen. "Ja", hatte er schwach geantwortet. Sanft hatte Hiroki ihn in das weiche Gras gedrückt und sich über ihn gelehnt. Die weichen, fremden Lippen hatten sich liebevoll auf seine gelegt, nur kurz und schwach, aber doch hatte dieses Gefühl ihn elektrisiert. Still hatte der Ältere ihm danach in die Augen gesehen und seine Wange gestreichelt. Natürlich hatte Nao sich eine klare Antwort erhofft, aber ihm war klar gewesen, dass er keine genauere Antwort bekommen würde, also hatte er sich mit dem, was er bekommen hatte, zufrieden gegeben. "Wow, wie süß", hauchte Jin leise, nachdem er die gesamte Geschichte kannte. "Ja, nicht? Vielleicht kann jetzt endlich alles gut werden." "Vielleicht. Was sagen deine Pflegeeltern eigentlich dazu?" Das 'Pflegeeltern' betonte er etwas. Nao bestand darauf. Sie waren zwar nett, aber nach wie vor konnten sie seine Eltern nicht ersetzen. "Hm. Gar nichts, es geht sie nichts an." Er zuckte mit den Schultern, auch wenn Jin es nicht sehen konnte. "Du hast es ihnen nicht erzählt?" "No." "Wissen sie überhaupt, dass du auf Jungs stehst?" "Keine Ahnung, ich hab's ihnen auf jeden Fall nicht gesagt." "Wirst du's ihnen sagen?" "Nein. Das Jugendamt hat meinen Antrag auf Auszug genehmigt, die suchen gerade eine kleine Wohnung für mich. Sobald ich hier raus bin, geht mein Leben meine Pflegeeltern eh nichts mehr an." "Aber du bist seit neun Jahren bei ihnen und sie behandeln dich gut. Besser als das Heim, in dem du warst, ist es auf jeden Fall. Oder nicht?" "Schon. Trotzdem sind sie nicht meine Eltern." ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ "Nao, hey, ich hab dich was gefragt!" "Was? Hm. Meinst du wirklich, ich denke mir so etwas aus?", lachte der Angesprochene. "Nein. Oh Gott, das ist so aufregend wie der Weg zu deiner ersten Beziehung." "Schon, aber hoffentlich ist das Ende besser." "Das wird schon. Und wenn nicht, kann Ryouga dir leidtun. Byou, Manabu und ich kümmern und dann darum." "Das würde ich lieber lassen", lachte Nao. "Erstens ist die Vorstellung, dass du auf Ryouga losgehst, lächerlich. Zweitens hat Ryouga mindestens drei seiner Kumpels bei sich und drittens hat er sicherlich keine Angst, zuzuschlagen, und an Kraft mangelt es ihm bestimmt auch nicht." "Hör auf zu lachen!", protestierte Jin. "Das war ernst gemeint!" "Mein Ratschlag auch", merkte Nao an. "Lasst ihn dann lieber in Ruhe, er ist gefährlich." Einen Moment herrschte Stille. "Hat er dich geschlagen?" "Nein", widersprach Nao entschieden. "Er hat mich verteidigt. Gut, er hat meinen Vorgänger ins Krankenhaus geprügelt, aber das gut begründet. Er hat so einen seiner besten Freunde vor einer Vergewaltigung bewahrt." "Nao, muss ich mir Sorgen um dich machen?" "Nein, Jin, keine Panik. Er wird mir nichts tun." "Und das weißt du woher?" "Ich weiß es einfach. Vertrau mir." Jin seufzte. "Ich versuch's." Nao nickte. "Fein. Und wie habt ihr die Nacht verbracht?" "Das übliche nach langen Partys. Kotzen, danach schlafen." _____________________________________________________________________ Tja ja ja… Ich mag es nicht, Kapitel mit so vielen Charakteren zu schreiben. Die kleine Anspielung auf Naos erste Beziehung wird noch aufgeklärt, keine Angst. Und von der Kapitelanzahl her ist gerade mal ein Drittel dieser Fanfic vorbei. O.o Mir kam das eigentlich gar nicht so viel vor, aber wenn ich so darüber nachdenke… Na ja, unwesentlich. Halt das übliche, Kommentare lassen das Autorenherz höher schlagen, Favos… bis dahin müsste erst einmal jemand bis hier kommen und ja… Ich habe verdammt lange Schule an Donnerstagen, weshalb ich die Kapitel hochschicke, bevor ich überhaupt das Haus verlasse. Und nur so unter Random Shit: Ich mag den 23.08. Weshalb? http://animexx.onlinewelten.com/weblog/557609/466830/ Ich musste das nur mal los werden. Bis zum nächsten Mal! Hikari Kapitel 13: Malachit -------------------- Es tut mir verdammt leid, dass das Kapitel erst kurz vor 18 Uhr zur Freischaltung kommt. Normalerweise hätte ich das schon vor der Schule losgeschickt, aber ich hab meinen Laptop (und somit die Datei) erst heute Nachmittag zurück bekommen. Dann noch langer Unterricht und argh! Steinigt mich auch nicht, weil Ryouga und Nao so verdammt lange brauchen. Das... hat sich bei mir auf dem Papier einfach so ergeben. Aber sie kommen sich näher, und das ist doch kein schlechtes Zeichen. Zu den Zahlenwerten in diesem Kapitel... Zu dem Zeitpunkt entsprachen 600.000 Yen ungefähr 5000 Euro. Und sonst... lest selbst. xD Das nächste Kapitel kommt in zwei Wochen, alles also wie immer. Viel Spaß beim Lesen! _________________________________________________________________________________ Nervös rannte Ryouga die Treppe im Hotel hinauf. Nao war in der Nacht hier angekommen und hatte das Zimmer noch nicht verlassen. Auch hatte er sich noch nicht von einem Angestellten sehen lassen. Ryouga betete, dass es ihm gut ging. Hart schlug er gegen die Tür. Ja, verdammt, er hatte Angst um den Älteren, ob er wollte oder nicht. Vorsichtig wurde die Tür geöffnet. "Verflucht, nicht so laut!" "Nao, Gott sei Dank." Erleichtert atmete Ryouga auf. "Ryouga, du kannst gern reinkommen, aber schrei mich nicht an." Ryouga nickte, trat ein und schloss die Tür, während Nao in Jogginghose und T-Shirt wieder auf das Bett krabbelte. "Gewaltig verkatert, was?" Ryouga setzte sich vorsichtig neben den Älteren und strich ihm durch die Haare. "Nicht mehr so schlimm wie direkt nach dem Aufstehen. Warum bist du hier?" Ryouga sah zur Wand, an der er seine Schuhe abgestellt und seine Jacke an einen Haken gehängt hatte. Wieso auch immer er die mitgenommen hatte. "Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Du hast dich nicht gemeldet." "So lange bin ich auch noch nicht wach. Ich habe mit Jin gesprochen und mich angezogen, eine Kopfschmerztablette genommen und dir dann schon die Tür aufgemacht. Du siehst übrigens müde aus." "Bin ich auch, aber Kazuki hat mich geweckt und ich musste aufstehen." Nao lächelte ihn sanft an. "Leg dich zu mir und schlaf. Oder ruh dich zumindest aus." "Ist schon gut, Nao. Ich muss nicht schlafen." "Halt die Klappe und mach gefälligst, was ich sage!" "Und wenn ich das nicht mache?" Im Gegensatz zu dem gewünschten Effekt blitzte der Größere ihn belustigt an. So viel zum Thema 'Respekt vor Lehrern' oder außerhalb der Schule 'Respekt vor Älteren'. Aber was sollte er denn jetzt darauf antworten? Ryouga zu drohen war keine gute Idee, vor allen Dinge hatte der wohl keine Angst vor ihm. So ein Mist. Da musste er wohl einfach bluffen, besonders, da er keine Ahnung hatte, wie er den Schüler erpressen sollte. "Das wirst du dann ja sehen." "Jetzt habe ich aber Angst." Ja, es lebe die Ironie. "Ryouga, jetzt mach's einfach. Ich will nicht mit dir streiten." Träge streckte Nao sich und schloss die Augen. Wahrscheinlich wäre das genauso wirksam wie irgendeine Drohung. Ryouga tat eh, was er selbst wollte. "Na gut." Verwirrt schlug Nao die Augen wieder auf. Ryouga hörte auf ihn? Das war ja mal etwas völlig Neues. Leicht ließ Ryouga sich auf die Matratze sinken und legte sich Nao zugewandt auf die Seite. Vielleicht konnte er ja wirklich noch etwas schlafen, am Abend musste er immerhin wieder zur Arbeit. Zumindest die erste Zeit mit Job und Schule würde alles andere als leicht werden, aber in der Schulwoche schloss der Club meistens schon kurz nach elf, die Kundschaft blieb aus. Das war seine einzige Rettung. Und seine beiden freien Tage, von denen in den Ferien eigentlich einer entfiel, nur für das erste Ferienwochenende hatte er definitiv frei bekommen. Endlich würde er seine alten Freunde wiedersehen. Endlich. Auch wenn ihm alles andere als wohl dabei war, Nao unbeaufsichtigt zurückzulassen. Im Zweifelsfall war Reno noch in der Stadt, aber der würde auch nur als absolute Notlösung dienen müssen, wenn irgendetwas passierte und Nao gar nicht mehr allein bleiben konnte oder wollte. "Ryouga, arbeiten wir dann morgen weiter?" Nao hielt sich die Hand vor seine Augen. Trotz der geschlossenen Vorhänge tat das Licht ihm in den Augen weh, oder verschlimmerte zumindest seine Kopfschmerzen. "Klar. Ich glaube, ich sollte bald bei Uruha und Kazuki ausziehen. Bestimmt geht es dir morgen auch wieder besser." Vorsichtig zog er den Älteren an sich, schützte so dessen Kopf vor dem bösen, bösen Licht. Nao war doch eigentlich noch relativ nüchtern gewesen, oder hatte zumindest so gewirkt, warum war er dann so extrem verkatert? Oder schauspielerte er etwa nur für ein wenig Aufmerksamkeit und Pflege? Wohl kaum, dafür wirkte sein Leid zu echt. Nao versteckte sein Gesicht an Ryougas Brust. "Klar bin ich morgen wieder fit, ich hatte nicht vor, mich heute Abend wieder zu betrinken." "Du warst gar nicht so voll, du konntest dich noch normal artikulieren. Weißt du noch, was gestern eigentlich alles passiert ist? An wie viel kannst du dich erinnern?" Nao seufzte. War ja klar. "An so ziemlich alles. Zwar nicht mehr an jedes einzelne Thema, über das wir gesprochen haben, aber sonst…" Er räusperte sich kurz. Da war noch eine verdammte Frage, die gestellt werden musste. Früher oder später. Eigentlich lieber später, er hatte Angst vor der Antwort. Ob er diese auch hören wollte. "Warum… hast du mich geküsst?", flüsterte er kaum hörbar. Auf Dauer ließ sich diese Frage nun einmal nicht vermeiden. Ryouga biss sich auf die Unterlippe. Natürlich hätte er mit dieser Frage rechnen sollen. So ein spontaner Kuss warf nun einmal außerhalb einer festgelegten Beziehung fragen auf, und das Verhältnis zwischen Nao und ihm war alles andere als klar. Leider. Spätestens, wenn sie zusammenzogen, sollten sie die Fronten klären, das war Ryouga definitiv bewusst, und - wie er hoffte - Nao sicherlich auch. Ein normales Lehrer-Schüler-Verhältnis war das ganz bestimmt nicht mehr. Aber was sollte er jetzt auf diese Frage antworten? "Weil ich es wollte, ganz einfach." Die absolute Wahrheit. "Und warum wolltest du das?" Nao seufzte. Warum antwortete der andere ihm nicht einfach auf seine Frage? Er wusste eh, dass die Antwort nicht die sein würde, die er sich so sehr wünschte, warum wurde er dann auch noch gequält? "Ich weiß es nicht", seufzte Ryouga. Er hatte es einfach gewollt, den besonderen Grund, wenn es einen gab, kannte er nicht. Mit so einer Antwort konnte er Nao nicht zufrieden stellen, dem war er sich bewusst, wie auch so vielen anderen Dingen, aber er wusste es nun mal wirklich nicht. Was sollte er schon dagegen tun? Nachdenken hatte keinen Sinn, das verwirrte ihn nur noch mehr und er kam zu keiner Antwort. "Würdest du mich wieder küssen?" Verwundert zog Ryouga eine Augenbraue hoch. Natürlich war er dem nicht gerade abgeneigt, aber worauf wollte Nao hinaus? Jemanden zu küssen, und das eventuell auch gern, bedeutete relativ wenig. Zumindest für Ryouga. Er küsste auch gern, für ihn selbst bedeutete das aber nicht, dass er denjenigen, den er küsste, auch liebte. Er küsste ja auch einfach seine Freunde. Für Ryouga bedeutete ein Kuss Vertrauen und Zuneigung, auch wenn diese nur aus etwas Freundschaftsähnlichem bestand. Und selbstverständlich mochte er Nao, das war ja nun mehr als klar. "Warum nicht?", antwortete er dem Älteren schließlich. Es war immerhin nichts, das er bereute oder wofür er sich schämte. Wobei man dann fragen könnte, ob er sich überhaupt für etwas schämte. Ganz dezent auf den vorigen Abend verweisend war das doch unwahrscheinlich. "Das war keine richtige Antwort. Ja oder nein?" "Ja." Leicht nickte Nao, um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Aber das sagte immer noch nichts darüber aus, wie der Jüngere zu ihm stand. In ihm keimte eine schwache Hoffnung auf, die er aber mit einem leichten Kopfschütteln sofort wieder zu ersticken versuchte. Er durfte keine Hoffnung aufkommen lassen. Es tat einfach weh, enttäuscht zu werden, und das wollte er nicht. Ryougas Freundschaft und Nähe waren das einzige, worauf er hoffen durfte, das würde er zumindest vorerst auch bekommen, und das musste genügen. Viel mehr durfte er sich weder wünschen noch es erwarten. "Würdest du mich jetzt küssen?" Ryouga lächelte leicht. Anders formuliert wollte Nao also von ihm geküsst werden. Behutsam schob er den anderen weit genug von sich, um ihn ansehen zu können. Er erwiderte den Blick völlig ruhig, wenn auch mit einem erwartungsvollen Glitzern in den Augen. Eine Weile sah Ryouga den Kleineren nur an. Es war ein seltsames Gefühl, neben seinem Lehrer auf dem Bett zu liegen und von diesem mehr oder weniger direkt gebeten zu werden, ihn zu küssen. Natürlich waren sie beide in erster Linie Menschen, aber trotzdem… Das war einfach keine Alltagssituation. Aber eigentlich war das ja auch unwichtig. Ob Lehrer oder nicht, in knapp neun Monaten würde er seinen Abschluss machen und spätestens danach hätte es niemanden zu interessieren, was er und Nao miteinander taten. Zart versiegelte er Naos Lippen mit seinen. Einen Augenblick verspannte sich der andere spürbar, entspannte sich dann aber auch sofort wieder und erwiderte den Druck leicht. Zögernd strich Ryouga über Naos Arm, ließ seine Hände über den dünnen Stoff des Shirts wandern. Deutlich spürte er die Wärme des schlanken Körpers. Warum musste Stoff nur immer so stören? Aber andererseits war es auch ganz gut so, wahrscheinlich zumindest. So kam er immerhin nicht auf allzu blöde Ideen. Sanft ließ er seine Zunge über Naos Lippen gleiten, bis dieser ihm den gewünschten Einlass gewährte. Er forderte den Älteren zu einem kleinen Spiel heraus, auf das dieser auch einging. Leise keuchte Nao in den Kuss, als eine warme Hand sein T-Shirt hochschob und über seine nackte Haut strich. Dieses Gefühl war mit keinem anderen zu vergleichen, es war einfach nur großartig. Zaghaft ließ er seine Hand unter Ryougas Shirt verschwinden. Der Jüngere seufzte genießend. Nao wusste definitiv und zu mindestens 100 Prozent, was er tat. Unsicher wurde sein Shirt ebenfalls etwas nach oben geschoben. Ja, es war verboten, was sie gerade taten, einige würden es auch als Sünde definieren, aber es war einfach zu gut, um jetzt aufzuhören. Es würde ja nur bei den Küssen und leichten Streicheleinheiten bleiben, mehr wollte er nicht. So, wie es gerade war, war es gut. Sehr gut sogar. Langsam löste er sich nach einer Weile von dem Kleineren und sah diesen an, während er sanft seine Hand nahm. Nao atmete schnell, er selbst aber auch. "Wow." Mit zitternder Hand fuhr Nao sich durch die Haare, blieb aber weiterhin in Ryougas Armen liegen. Wann war er das letzte Mal so geküsst worden? So hungrig, verlangend und doch so sanft und forschend. Wie sehr hatte er das vermisst. An den letzten Kuss dieser Art konnte er sich nur noch schwach erinnern, aber der war auf keinen Fall so aufwühlend gewesen. Ryouga lachte leise. Wie war das mit dem Ausruhen und Schlafen gewesen? Dazu würde er bestimmt nur noch kurz kommen. Aber trotzdem hatte Nao recht. 'Wow' traf es ziemlich gut, sonst fielen Ryouga zu dem Kuss noch die Begriffe 'unglaublich' und 'Wahnsinn' ein, aber 'wow' passte auch. "Musst du heute Abend wieder los?", fragte Nao nach einiger Zeit leise. "Ja. Dafür habe ich nächstes Wochenende komplett frei und kann wegfahren. Und danach werde ich wohl fest anfangen, wenn ich laut dem Boss die Probezeit gut genug gemeistert habe." Der Ältere nickte nachdenklich. "Bist du sicher, dass dir das nicht zu viel wird? Mit Schule und Job?" "Ich pack das schon." Ryouga zuckte kurz mit den Schultern und sah Nao ruhig an. "Du musst das nicht machen, um mich finanziell zu unterstützen." "Ich weiß, Nao. Und deswegen mache ich das auch nicht. Ich habe ein neues Konto eröffnet, da geht das Geld rauf. Ich will nicht mehr von meinem Vater abhängig sein. Jetzt gerade besteht die Gefahr, dass er mir mein anderes Konto sperren lässt. Das, was ich noch auf dem Konto hatte, habe ich auf mein neues überwiesen und das alte selbst geschlossen." "Und wie viel hattest du noch auf dem Konto?" "Fast 600.000* Yen." Nao klappte der Mund auf. "So viel? Warum gehst du denn jetzt schon arbeiten? Von dem Geld könntest du doch eine ganze Weile leben." "Will ich aber nicht. Das Geld dient mir als Notfallpolster. Ich will meinen Stolz oder mindestens das, was davon übrig ist, bewahren. Ich will nicht vom Geld meines Vaters leben." Der Ältere nickte verstehend. So betrachtet war es logisch und auch wirklich gut nachvollziehbar. Wie erwachsen Ryougas Haltung doch war. Viele Jugendliche würden erstmal ausgiebig shoppen gehen, das gesamte Geld an die Geschäfte verteilen. Ryouga bewahrte es lieber für Notfälle auf und ging arbeiten, um nicht davon leben zu müssen. "Und was würdest du mit dem Geld machen, wenn es nicht von deinem Vater wäre?" "Es trotzdem aufbewahren. Ich weiß nicht, wofür ich einmal dringend Geld brauchen könnte. Wenn ich es dann nicht mehr hätte, weil ich das für irgendwas völlig Unnötiges verprasst hätte, wäre es mehr als nur ärgerlich." "Und was würdest du als Notfall definieren?" Ryouga zuckte mit den Schultern. "Alles, was ich dringend brauche. Ziemlich wichtig ist zum Beispiel ein Handy für mich. Sonst als Notfälle Nahrungsmittel und Getränke, Miete, Strom und Heizung, Kleidung gerade auch für die Arbeit, Fahrtkosten." "Warum zum Kuckuck bist du schon so reif?" "Ich weiß nicht. Ich bin früh erwachsen geworden, das erste Mal hat mein Vater mich immerhin vor fünf Jahren über Nacht rausgeschmissen. Der ganze Stress mit ihm hat mich gezwungen, erwachsen zu werden." "Und das hat dich zu einem guten Menschen werden lassen? So, wie du bist, bist du nämlich verdammt gut." Nao lachte leise. "Kann sein. Ich will mich in so vielen Punkten wie möglich von meinem Vater unterscheiden. Wenn mich das zu einem guten Menschen macht, muss mein alter Herr ein ziemlich schlechter sein." "Logische Schlussfolgerung", bemerkte Nao und schloss die Augen. Verbot hin oder her, er dürfte doch wohl träumen, auch wenn er wusste, dass es niemals Realität werden würde. Ein Leben ohne Träume wäre aber sinnlos, also warum sollte er nicht einfach einen kleinen Tagtraum zulassen und genießen? "Manchmal denke ich sehr logisch, nur nicht in der Schule." "Aber gerade da ist es wichtig. Mathe und Naturwissenschaften bestehen überwiegend aus Logik und Schlussfolgerungen, auch Wirtschaft enthält Logik. Es könnte dich nur weiterbringen, sie in der Schule anzuwenden." "Das sagen mir fast alle. Nur interessiert mich Schule nicht, deshalb höre ich nicht zu und denke meistens auch nicht mit. Reno oder mein Tisch sind einfach viel interessanter." Nao schüttelte leicht den Kopf. "Das mag sein, aber damit kannst du weder deinen Abschluss noch deine Ausbildung oder dein Studium sichern. Was willst du später machen?" Ryouga seufzte. "Keine Ahnung. Vielleicht bleibe ich Barkeeper, aber Uruha meinte, dass dieser Job nur bis zu einem gewissen Alter machbar ist. Vielleicht lege ich mir ja eine eigene Bar zu und sichere so mein Einkommen." "Und studieren willst du nicht?" "Nein, danke. Noch länger Schule, am Besten, weil mein Vater es will, Betriebswirtschaftslogistik. Darauf habe ich wirklich keine Lust." "Du könntest auch irgendetwas studieren, was du gern machen würdest. Zum Beispiel Musik." "Musik macht Spaß, aber in der Praxis, nicht in der Theorie." "Dann… müssen wir überlegen, was du machen kannst. Auch als Ausbildung musst du irgendeinen Job finden, der dir Spaß macht." "Wenn mir etwas einfällt, sage ich dir Bescheid." Ruhig schloss Ryouga die Augen und döste vor sich hin. Er wusste genau, dass ihm erstmal nichts einfallen würde, aber trotzdem musste er Naos Hoffnung ja nicht komplett heruntermachen. Vielleicht änderte er seine Meinung ja doch noch, das Schuljahr ging noch eine Weile. Lange genug, um umzudenken. Niemand konnte die Zukunft vorhersagen, und wenn er nachher wirklich mit seinem Lehrer zusammenwohnte, würde dieser bestimmt versuchen, ihn zu beeinflussen. Vorsichtig schüttelte Nao den Jüngeren an den Schultern. Wann war der überhaupt eingeschlafen? Auf jeden Fall musste er jetzt wieder wach werden, sein Handy verlangte lautstark nach Aufmerksamkeit. "Nao, lass das", verlangte Ryouga verschlafen. Das konnte doch nicht wahr sein. Schon wieder wurde er geweckt, wenn auch nicht so unkonventionell oder nervtötend wie Kazuki ihn aus dem Schlaf holte. Sofort hörte das Schütteln auf, aber schlafen gelassen wurde er trotzdem nicht. "Dein Handy klingelt und es ist schon relativ spät." "Mir doch egal." "Wenn es um deinen Job geht, darf es dir nicht egal sein." Seufzend erhob Ryouga sich und ging zu seiner Jacke, wo sein Handy schon wieder verstummt war. Mit dem kleinen Gerät in der Hand legte er sich wieder neben Nao auf das Bett und nahm wieder die Hand des anderen, bevor er auf den Display sah. Kazuki. Warum rief Kazuki ihn an? So spät war es doch noch gar nicht? Leicht drückte er auf die Tasten und wählte 'Zurückrufen'. Es dauerte nicht lange, bis der Ältere abnahm. "Ryouga, wo steckst du?" Keine Begrüßung. Hektik. Polizei- und Feuerwehrsirenen im Hintergrund. Laute Stimmen. "Im Hotel. Wo du mich abgeholt hattest, weißt du?" "Wie lange bist du schon da?" "Seit ziemlich genau 13 Uhr." "Hast du einen oder mehrere Zeugen?" "Ja. Nao und der Typ von der Rezeption. Kazuki, ehrlich, was ist denn überhaupt los?" Der Ältere atmete beruhigt aus. "Der Club hat gebrannt. Zuerst sind die Angestellten verdächtig. Ich habe mir einfach nur Sorgen gemacht, wo du bist, ob du nicht vielleicht etwas gesehen haben könntest, dass dich in Gefahr gebracht haben könnte." Ryouga ignorierte Naos fragenden Blick. "Wie? Warum hat der Club gebrannt?" "Jemand hat die Tür aufgebrochen und drinnen Feuer gelegt." "Wie hoch ist der Schaden? War jemand zu dem Zeitpunkt im Club? Was bedeutet das erstmal für uns?", fragte Ryouga weiter. Hoffentlich war niemandem etwas passiert. "Es hat nicht lange und auch nicht stark gebrannt, bis die Feuerwehr hier war, nur zwei der Sitzecken sind beschädigt, Wand und Boden in den Bereichen auch, niemand wurde verletzt oder getötet. Und wir haben mindestens heute und morgen frei. Kommst du über Nacht zurück zu Ruha und mir?" "Weiß ich noch nicht." Ryouga sah zu Nao. Wenn er schon hier war, konnte er eigentlich auch gleich bleiben. "Wahrscheinlich eher nicht, aber spätestens morgen Abend komme ich dann zurück." "In Ordnung, ich gebe Uruha Bescheid. Es kann sein, dass die Polizei sich auch noch mit dir unterhalten möchte. Soll ich ihnen deine Nummer geben?" "Wenn du sie ihnen nicht gibst, haben die andere Möglichkeiten, also mach nur." "Dann bis morgen", verabschiedete Kazuki sich und unterbrach die Verbindung. Ryouga nickte nachdenklich und legte das Handy auf den Nachttisch. Wer hatte Interesse daran, Kisaki zu schaden? Und warum zündete jemand dann den Club tagsüber an und nicht nachts die Privatwohnung? Oder ging es gar nicht um Kisaki sondern um einen der Angestellten? Aber die hatten doch am wenigsten Probleme, wenn sie nicht arbeiten konnten, der Lohn wurde von der Versicherung ersetzt, so weit Ryouga informiert war. Das ergab doch alles keinen Sinn. "Der Club hat gebrannt?", fragte Nao leise. "Hm." "Und du wirst verdächtigt?" "Wie alle Angestellten. Ich habe aber ja nichts zu befürchten, ich war hier. Ich überlege nur gerade, warum." "Viel wichtiger ist, wer", meinte Nao leise. "Ich habe da so eine grobe Ahnung." Ein schwaches Zittern lief durch seinen Körper. Leicht nahm Ryouga ihn in den Arm, hielt ihn aber weit genug von sich, um ihn ansehen zu können. "Nao, was ist los?" "Ryan", flüsterte der Kleinere sichtlich beunruhigt. "Er hat mir gestern Nacht eine SMS geschickt. Woher er meine Nummer hat, weiß ich nicht." Beruhigend strich Ryouga ihm über den Rücken. "Es ist okay. Was genau hat er dir geschrieben?" "Er meinte, er hätte mich gesehen. Auf dem Weg zum Club und davor. Und er meinte, dass du es bereuen würdest, mich geküsst zu haben." "Und du denkst, deswegen hat er den Club angezündet?" Nao nickte schwach und schloss die Augen. Er wollte keine Angst haben, er wollte, dass er so etwas leichter wegsteckte und nicht immer sofort völlig runter mit den Nerven war. "Er wird mich finden. Ich weiß nicht, wann und wo, auch nicht, was er von mir will, aber er wird mich finden." "Das kann er auch. Nur wird er es dann mit mir zu tun bekommen", merkte Ryouga trocken an. "Und sollte er dir irgendetwas antun wollen, wird es ihm sehr leid tun." "Und wenn du nicht bei mir bist?" "Ich soll dich so oder so nicht aus den Augen lassen, glaubst du wirklich, ich lasse dich allein, so lange das nicht geklärt ist?" "Und was ist mit Taka?" Ryouga seufzte. "Der ist jetzt unser geringstes Problem. Außerdem hat Reno ihn im Auge." Der Ältere nickte. Beruhigt war er immer noch nicht wirklich, aber jetzt durchzudrehen, würde ihm auch nichts bringen. Ryouga war bei ihm und würde nicht zulassen, das jemand ihm etwas antat. Er selbst musste ruhig bleiben und seine Umgebung aufmerksam beobachten, um Ryouga sofort informieren zu können, wenn irgendetwas Verdächtiges passierte. Er musste unbedingt einen kühlen Kopf bewahren. Trotzdem wollte er nicht allein sein. "Du bleibst über Nacht bei mir?" "Ja. Ich habe keine Lust, über Nacht wieder zu Uruha und Kazuki zu laufen und dann morgen wieder herzukommen. Und ich will dich nur ungern allein lassen." Nao nickte nur. Es war wahrscheinlich wirklich besser, wenn er nicht allein war. Ryouga war eine Art Beruhigungsmittel für ihn, auch wenn er sich nicht erklären konnte, wie oder warum. Es funktionierte besser als irgendwelche Tabletten. Der andere tat ihm gut, und das wirklich sehr. Viel zu sehr. Kapitel 14: Bergkristall ------------------------ Ryouga streckte sich leicht und zog an seiner Zigarette. Nachdem der Sonntag fast schon langweilig arbeitsreich vorbeigezogen war, hatte er sich schon fast auf den Montagmorgen gefreut. Aber auch nur fast. Geschichte in der ersten Stunde war nach wie vor nicht das Optimale. Wenigstens war Reno anwesend. Und Unterricht bei Nao machte das Ganze noch erträglicher. Nao war einfach ein guter Lehrer und ein netter Mensch, bestimmt auch ein verdammt guter Freund. Nein, er war ein guter, zuverlässiger Freund. "Ryouga, wie war dein Wochenende?" Lächelnd ließ Ko-ki sich neben ihn fallen. "Anstrengend." "Was ist denn passiert? Details, wenn ich bitten darf!" Auffordernd piekste Ko-ki ihm in die Rippen. Wie nervtötend. Aber wie niedlich der Pinkhaarige aussah. "Gibt keine Details. Freitagabend gearbeitet, Samstag bei einem Freund verbracht, Sonntag mit dem seine neue Wohnung weiterbearbeitet. Morgen werden wir wohl so weit einziehen. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass du weißt, dass ich im Augenblick nicht mehr bei meinen Eltern wohne." "Klingt wirklich anstrengend. Stellst du ihn mir irgendwann vor?" Verwirrt sah Ryouga den Kleineren an. "Weshalb?" "Du hast dich ein bisschen verändert. Du gehst neuerdings arbeiten. Du bist ruhiger geworden. Und wenn du mit ihm zusammenziehst und meine Theorie stimmt, wird früher oder später irgendetwas… Spannendes zwischen euch passieren", erklärte der Jüngere, als wäre es das Logischste auf der Welt. "Deine Theorie lautet?", fragte der Brünette sofort nach. Das war doch auf eine Art und Weise seltsam. Ko-ki hatte eine Theorie. Das bedeutete, er hatte nachgedacht. Beunruhigend seltsam. "Ich denke, er ist auch schwul oder mindestens bi. Wenn ihr zusammenzieht, müsst ihr euch theoretisch auch mögen. Klar soweit?" "Du bist heute echt gruselig. Iv, was hast du ihm ins Frühstück getan?" Skeptisch sah Ryouga zum Kleinsten ihrer Runde. "Ich hab gar nichts gemacht!" Beleidigt verschränkte Angesprochener die Arme vor der Brust und schob schmollend die Unterlippe vor. "Na dann." Immer noch misstrauisch wandte Ryouga sich seinem Tisch zu. Gleich nach ihrer Ankunft hatte Uruha sich die Zeichnung angesehen und sein Einverständnis gegeben. Keine der Putzfrauen durfte dem zum Kunstwerk umdesignten Tisch mit irgendwelchen Reinigungsmitteln zu nahe kommen. Still nahm Ryouga seinen Bleistift zur Hand und zeichnete weiter. Seit er hier angekommen war und in die Clique aufgenommen worden war, hatte sich zwischen ihnen fast nichts verändert. Freundschaftlich waren sie enger zusammengerückt, aber sie hatten sich noch nie gestritten. Sie hielten fest zusammen und kümmerten sich innerhalb der Gruppe umeinander. Alles in allem war die Situation fast perfekt. Aber was wäre passiert, wenn Nao nicht ihr neuer Lehrer geworden wäre? Was, wenn er nie hier aufgetaucht wäre? Wenn Reno nie von Ryougas Affäre mit Uruha erfahren hätte? Wäre er einfach so Hals über Kopf abgehauen? Wäre es überhaupt notwendig geworden, schon von Zuhause abzuhauen? Aber wäre er auch ohne Naos Anwesenheit noch lange bei seinen Eltern geblieben? Wo wäre er, wenn er so oder so abgehauen wäre, untergekommen, wo sein Vater ihn nicht hätte finden können und er niemanden gestört hätte? Gab es überhaupt so einen Ort in seinem Leben? Warum dachte er eigentlich über so etwas nach? Es änderte doch eh nichts. Nao war da. Er selbst hatte Reno von seiner kleinen Affäre erzählt. Er war im Streit von Zuhause abgehauen. Und da Nao da war, konnte er bei ihm unterkommen. Seine Eltern würden ihn nicht aufspüren, zumindest nicht so schnell. Und selbst wenn sie es schaffen sollten, er war 17 Jahre alt, und somit alt genug, um selbst zu entscheiden, was er wollte. "Guten Morgen! Ihr drei, Shin, Ko-ki und Iv, raus mit euch." Lächelnd wies Nao mit einer Hand zur Tür. Mit einem Schulterzucken lief Shin los, die beiden Jüngeren folgten ihm. Das war doch mal ein nicht gerade häufiges Bild. Schweigend sah Reno Ryouga über die Schulter, wie dieser feine Linien mit dem Bleistift zog, sie bei Bedarf wegradierte und korrigierte, die Umgebung dabei völlig ausgeblendet zu haben schien. Seine Gedanken schienen ohnehin gerade irgendwie ganz weit weg zu sein, die Art, wie er zeichnete, wirkte mechanischer als sonst. Vorsichtig sprach Reno ihn an, aber der Kleinere zeigte keine großartige Reaktion. Auch als Reno ihn leicht berührte, reagierte er nicht. Besorgt musterte Reno ihn und sah sich dann im Raum um. Er bemerkte, wie Naos Blick, sobald dieser sich umdrehte, sich ebenfalls nur kurzzeitig auf Ryouga richtete. Kurz darauf sah der Lehrer ihn fragend an und er antwortete nur mit einem Schulterzucken. Was genau mit Ryouga los war, wusste er immerhin auch nicht. Weiter versuchte Reno den Jüngeren aus diesem Trancezustand aufzuwecken, kam aber nach wie vor nicht wirklich an ihn heran. Nur halb bekam er mit, dass die Klasse eine Aufgabe bekam. Kurz danach erschien Nao neben Ryouga und hockte sich dort hin. "Reno, was ist mit ihm los?" "Ich habe keine Ahnung." Reno war sich nicht ganz sicher, aber sah er da gerade etwas wie Sorge in Naos Blick aufleuchten? "Ryouga, komm zu dir." Zögernd berührte Nao Angesprochenen an der Schulter. Mit ganz viel Glück konnte er gemeinsam mit Reno Ryouga aus dieser Starre holen. Nach kurzem Zögern legte er dem anderen seine Hand auf die Stirn. Fieber hatte er schon einmal nicht. "Ryouga, bitte", versuchte Nao es wieder. Zart hielt er die Hand seines Schülers fest und nahm ihm den Bleistift ab. Vielleicht war ja gerade das die Chance, an ihn heranzukommen. Vorsichtig zog er ihre Hände unter den Tisch und fuhr mit seinen Fingerspitzen sanft über die Handinnenfläche des Jüngeren. Die Berührungen schienen zu Ryouga durchzudringen, wenn auch nur schwach. Leise begann er auf den Jüngeren einzureden. Nach und nach wachte dieser auf, bis er Nao schließlich fixieren konnte. "Schön, dich wieder unter den Lebenden zu haben", bemerkte Nao und lächelte ihn leicht an. "Was war los?" "Nichts Besonderes." Leicht blinzelte Ryouga. Er war noch nicht komplett geistig anwesend und brauchte einfach noch einen Moment. "Ich habe zuerst nachgedacht. Und dann war mein Kopf einfach leer." "Ist gut. Das passiert. Menschen können sich selbst in Trance versetzen, teilweise dauert es Stunden, bis sie wieder aufwachen und auch das dann nur mit Hilfe. Es ist in Ordnung. Wenn du an die frische Luft willst, kannst du ruhig gehen, aber nimm Reno mit." "Ich bleibe hier." Entschlossen sah Ryouga Nao an. "Trotzdem danke ich dir. Und dir auch, Reno." "Kein Problem." Leicht zog Nao seine Hand weg. Er hätte zwar gern weiterhin Ryougas Hand gehalten, aber das wäre wohl zu auffällig gewesen. "Wenn du meinst." Ruhig erhob er sich und ging zurück an die Tafel. Nach wie vor streifte sein Blick Ryouga, der aber konzentriert den Unterricht verfolgte und manchmal mit Reno redete. Alles schien wieder normal zu sein. Er machte sich gut und von der selbstverursachten Hypnose war nichts mehr zu bemerken. Trotzdem war das Thema für Nao noch lange nicht vergessen. Er nahm sich fest vor, den Jüngeren am Nachmittag noch darauf anzusprechen. Wenn ihn etwas so sehr beschäftigte, musste es wirklich bedeutend sein. Endlich war Mittagspause. Heimlich verzog Ryouga sich auf das Schuldach. Ganz eigentlich war es verboten, aber das interessierte ihn momentan nicht besonders. Er wollte einfach nur etwas Ruhe haben, allein sein. Die Pause genießen. Ruhig setzte er sich und lehnte sich an eine kleine Mauer. Es könnte zwar sein, dass Reno sich eventuell bei ihm melden würde, um zu erfahren, wo er abgeblieben war, aber das ließ sich ignorieren. Entspannt schloss Ryouga die Augen. Das Wetter war eigentlich ganz gut, vielleicht war es direkt in der Sonne ein bisschen zu warm, aber sonst wirklich gut. "Ryouga, du weißt, dass es verboten ist, das Dach zu betreten?" Lächelnd stellte Nao sich neben ihn. "Ich habe gesehen, wie du hochgegangen bist." Der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern. "Klar weiß ich das." "Und warum kommst du dann trotzdem her?" Nao setzte sich neben den Größeren und sah ihn fragend an. "Keiner kommt her. Wenn ich in der Schulzeit allein sein will, ist hier der beste und wahrscheinlich auch einzige Platz." "Was beschäftigt dich im Moment?" Ausweichend sah Ryouga auf seine Hände. "Nichts." Ohne wirklich darüber nachzudenken nahm Nao eine von Ryougas Händen und lächelte ihn sanft an. "Ich will dir helfen und dafür musst du mit mir reden." "Ich habe nicht um Hilfe gebeten." "Weißt du, Freunde erkennen auch ohne Bitte, wann du Hilfe brauchst. Also?" Leise seufzte Ryouga. Ein ziemlich sicheres Zeichen der Kapitulation. "Ich denke viel nach, über Dinge, die eigentlich nur mich betreffen. Diese typischen 'Was-wäre-wenn'-Fragen. Gerade alles, was seit deiner Ankunft hier passiert ist, beschäftigt mich. Vielleicht, oder eher höchstwahrscheinlich, wäre Vieles anders gelaufen, hättest du den Job nicht übernommen. Es ist nicht schlecht, wie es ist, aber ich frage mich eben, wie es anders wäre." Nao nickte. "Dabei kann ich dir auch nicht wirklich helfen. Ich selbst habe mir diese Fragen auch schon verdammt oft gestellt. Das einzige, was ich dir raten kann, ist, nicht weiter darüber nachzudenken. Akzeptiere alles so, wie es jetzt ist, du kannst es nicht ändern. Diese Fragen werden immer wieder aufkommen, aber du darfst nicht zu lange darüber nachdenken. Konzentriere dich auf die Zukunft, nicht auf das was war oder hätte sein können." Leicht lehnte Ryouga sich an Nao und legte seinen Kopf auf dessen Schulter. Es war ihm gerade auch egal, ob sie jemand sah. Sein Kopfkissen war überraschend bequem. "Ich kann's ja versuchen. Auch wenn ich nicht glaube, dass ich das schaffe." Unsicher sah Nao zu dem schlanken Körper neben sich. Das konnte der doch nicht…?! Was, wenn ein Lehrer oder Schüler sie so sah? Allerdings war das doch sehr unwahrscheinlich, normalerweise kamen auch die anderen Lehrer nicht hoch, da das Dach nicht umzäunt und das Risiko deshalb ziemlich hoch war. Und Schüler durften eigentlich nicht herkommen und kannten den Weg auch nicht. Zögernd legte er einen Arm um Ryougas Schultern. "Ich helfe dir. So gut ich kann. Ich schulde dir viel. Was kann ich eigentlich tun, um das auszugleichen?" Ryouga schüttelte leicht den Kopf. "Vergiss es. Ich mache das alles freiwillig, du musst dich dafür nicht bei mir revanchieren. Außerdem kann ich bei dir wohnen, das ist schon mehr als genug." Trotzdem wollte Nao sich gern etwas einfallen lassen, so viel hatte er beschlossen und dabei würde es bleiben. "Ich will aber etwas für dich tun." "Dann bleib einfach so sitzen und halte mich weiter so fest." Diese Aussage überraschte Nao dann doch etwas, aber er war auch sofort bereit, dem Jüngeren diesen Wunsch zu erfüllen. Leicht hielt er ihn im Arm und streichelte ihn etwas. Es war einfach ein gutes Gefühl, zu spüren, dass der andere ihm vertraute. Zufrieden dösten beide vor sich hin, der Schatten, in dem sie saßen, sorgte dafür, dass es nicht zu warm wurde. Die Zeit verging, ohne dass sie es bemerkten. Es war einfach mit nichts zu vergleichen. Ryouga seufzte entspannt. Er konnte Nao vertrauen, er konnte sich einfach in der Situation fallen lassen, wissend, dass er aufgefangen wurde. "Ryouga… Was genau sind wir eigentlich?", fragte Nao nach einer Weile. "Ich weiß es nicht. Freunde. Vielleicht auch ein wenig mehr?" "Aber eigentlich bin ich viel zu alt. Zwischen uns liegen 13 Jahre." Ruhig richtete Ryouga sich auf und sah Nao an. "Das Alter ist der unwichtigste Faktor, wenn man einen Menschen als Freund gewinnen möchte." "Das mag stimmen, aber trotzdem… Mit Gleichaltrigen kann man sich eher über die gleichen Interessen unterhalten." Nao schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Egal, wie sehr er es sich wünschte, Ryouga und er passten nicht zusammen, auch wenn sie super über alles reden konnten. Und es sich wahnsinnig gut anfühlte, ihn zu küssen. Ryouga seufzte genervt. "Als ob wir damit schon Schwierigkeiten gehabt hätten. Außerdem habe ich ja noch Freunde in meinem Alter." Nao wollte protestieren. Wie gesagt, wollte. Ryouga erstickte diesen Protest aber noch bevor er aufkommen konnte, indem er Nao kurz küsste. Erschrocken sah der Kleinere sich um. Zum Glück hatte niemand sie gesehen. Wäre auch unwahrscheinlich gewesen. Wer kam schon ausgerechnet in so einem Moment auf das Dach? "Spinnst du?", zischte er trotzdem danach. "Nein, ist doch halb so wild. Hat doch keiner gesehen." Ryouga zuckte mit den Schultern. "Aber es hätte jemand sehen können! Darum geht es!" "Schon gut." Besänftigend strich er über die Hand des anderen. "Hast du in der nächsten Stunde Unterricht?" "Nein, erst in der übernächsten", antwortete Nao misstrauisch. "Dann lass uns hierbleiben. Physik kann ich auch ausfallen lassen." "Du bist unmöglich", seufzte Nao und legte sich hin. "Ich weiß." Lächelnd rutschte Ryouga ebenfalls in eine liegende Position und griff nach Naos Hand. Sein Blick wanderte zufrieden in den Himmel. Es war einfach wundervoll so, wie es war. Konnte es überhaupt besser werden? Ja, könnte es, wenn sie sich noch näher sein würden. Sofort schüttelte Ryouga über sich selbst den Kopf. Von allem Unmöglichen, das er gern tun und das er gern für sich haben wollte, Nao durfte er nicht haben. Er war sich ja nicht einmal sicher, ob und wie sehr er Nao wollte. "Was ist?", fragte der Ältere ihn leise mit einem sanften Lächeln im Gesicht. "Unwichtig." "Ryouga", meinte der andere in bittendem Tonfall, "hör auf, immer alles abzustreiten. Ich will dir nicht schaden, wenn ich dich frage, was dich bewegt. Es interessiert mich einfach, was du denkst und fühlst." "So genau weiß ich das selbst nicht. Körperliches Verlangen, Verliebtheit oder Liebe? Nicht jetzt sondern allgemein." Nao nickte verständnisvoll. Er konnte sich nur zu gut erinnern, wie sehr diese Gefühle ineinander übergehen, die Grenzen verschwimmen und dadurch große Verwirrung entstehen konnten. "Du wirst es schon irgendwann wissen. Gefühle sind schwierig, aber du schaffst das." Nachdenklich zog Ryouga Nao näher an sich. Wenn Nao wüsste, dass er Schuld an dem ganzen Durcheinander war. Ryouga wollte es ihm aber nicht sagen. Warum sollte er die Pferde scheu machen? Noch hatte das rein gar keine Sicherheit. Zart legte der andere seinen Kopf auf seine Brust. Fast liebevoll strich Ryouga ihm über den Rücken. Gerade diese Momente waren es, die den Jüngeren an seiner gesamten Gefühlswelt zweifeln ließen. Aber weshalb sollte er versuchen, genau zu analysieren, was er fühlte? Nao hatte zwar Klarheit verdient, aber er wusste ja nicht, dass Ryouga anders für ihn fühlte, als Freunde es normalerweise taten. Aber so wichtig war das auch wieder nicht. Letztendlich war es nur er selbst, der unter dieser verfluchten Ungewissheit leiden musste. Kein anderer wusste von seinen Gefühlen, ganz einfach, weil er nicht wusste, wem er genug vertrauen konnte, der die Situation auch ernst genug nahm und keine Idee hatte, für wen er so fühlte. Bis zum Wochenende mindestens nicht. Freitagnachmittag würde er von seiner neuen Heimat Tokyo aus nach Akita fahren, in seine alte Heimat, um seine alten Freunde zu besuchen. Und diese alten Freunde zählten nach wie vor zu seinen engsten Vertrauten. Ikuma könnte und würde ihm helfen und zuhören. "Ryou… Wie sieht es eigentlich bei deinen Verflossenen aus?", fragte Nao leise und stützte sich vorsichtig neben ihm ab, richtete sich etwas auf. Ryouga zuckte nur mit den Schultern. "Einer gehört noch zu meinen guten Freunden, er hat die Trennung ganz gut verkraftet. Eigentlich heißt es ja, dass aus Freunden Liebende werden können, aus Liebenden aber niemals Freunde. Bei Ken und mir war das anders. Sonst habe ich zu keinem meiner Ex-Freunde Kontakt. Sie hassen mich. Jeder von ihnen wusste, dass ich im Bett gern Abwechslung habe, keinen hat es zuerst gestört. Nur wenn ich dann mit Peco, auch einem guten Freund von mir, etwas hatte, sind sie ausgerastet vor Eifersucht." "Vielleicht weil sie dich geliebt haben und du sie verletzt hast?" "Nao, geliebt habe ich keinen von ihnen und ich habe es auch keinem vorgelogen. Wenn ich jemanden wirklich liebe, bin ich treu." "Und was war mit diesem Ken?", fragte Nao neugierig. "Hast du ihn geliebt? Hast du ihn auch betrogen?" Ryouga seufzte. Natürlich ließ Nao nicht einfach so locker. Wäre ja auch zu einfach gewesen. "Ich denke schon, aber auf eine familiärere Art. Trotzdem habe ich jedes Mal genossen, ihm nahe zu sein und mit ihm zu schlafen. Es war einfach eine schöne Zeit mit ihm, wir waren fast zehn Monate zusammen. Und nein, ich habe ihn nie betrogen. Ich konnte ihn nicht so verletzen, ich kann mir aber nicht wirklich erklären, weshalb." "Und warum ist die Beziehung zerbrochen?" "Ich habe es beendet, bevor ich ihm zu sehr wehtun konnte. Die zwischenzeitlich starken Gefühle sind wieder zurückgegangen und es war Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen." Leicht nickte Nao und legte sich wieder hin. Ryouga war doch sehr gemütlich. Die Wärme, die von ihm ausging, war zwar im Moment etwas unangenehm, aber im Winter bestimmt sehr schön. Wer wollte schon eine Heizung, wenn man Wärme und Gesellschaft gleichzeitig von einem Menschen haben konnte? Wobei es eine komische Vorstellung war, hier im Winter auf dem Dach zu liegen. Nao seufzte leise. Sanft kraulte der andere ihn im Nacken. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal so zufrieden gewesen war. Ruhig rutschte er näher an den Jüngeren und genoss den Augenblick. Es war einfach perfekt, nur das zählte. Still lagen sie eng beieinander auf dem Dach, wo keiner sie stören würde, außer vielleicht der nächste Unterricht. Aber den konnte man im Zweifel auch einfach wegfallen lassen. "Nao, hast du Höhenangst?", fragte der Größere plötzlich. "Eigentlich nicht. Warum?" Schnell stand Ryouga auf und zog Nao hoch. "Ich hoffe doch, dass du auch schwindelfrei bist. Du hast unseren Schulhof bestimmt noch nie von oben gesehen." "Ryouga, denkst du, dass ist eine gute Idee?" Widerwillig folgte Nao dem Größeren in die Richtung des Dachrands. "Es ist nicht gefährlich, wenn du nicht zu weit nach vorn gehst. Wenn du willst, halte ich dich fest, damit du nicht fällst." Vorsichtig sah Nao über den Rand. Sie waren wirklich weit oben. Weit genug, damit ein Sturz tödlich sein würde. Unsicher blieb er stehen. Ein paar Meter trennten ihn noch von dem Abgrund und der kleinen Erhöhung davor. Ryouga stellte sich hinter ihn und legte seine Arme fest um den kleineren Körper. "Keine Angst", flüsterte er dem anderen zu. "Ich sichere dich. Du kannst nicht fallen." Behutsam schob er den Älteren vorwärts, bis dieser direkt vor dem kleinen Vorsprung stand. Nao zitterte deutlich, als er gezwungenermaßen auf diesen treten mussten. Beruhigend streichelte Ryouga seinen Handrücken. "Es ist okay", hauchte er dem anderen zu. "Solange ich da bin, passiert dir nichts." _________________________________________________________________________________ Kapitel 14 - online. Das Kapitel beschäftigt sich viel mit Gedanken und Gefühlen, besonders aber auch dem Verhältnis zwischen Ryouga und Nao. Meine Frage an euch: Wie würdet ihr das einschätzen? Zusammen sind sie nicht, aber von Freundschaft zu reden, würde einiges außer Acht lassen. Wie dem auch sei, in zwei Wochen kommt wahrscheinlich das nächste Kapitel. Bis dahin! Hikari Kapitel 15: Sodalith -------------------- Leicht schloss Nao die Augen und bemühte sich, an etwas anderes als den bevorstehenden Dienstag zu denken. Er verbrachte die letzte Nacht im Hotel, am nächsten Tag würden sie anfangen, das Schlafzimmer aufzubauen und schon einmal einziehen. Und er musste an den Plan denken, den er gemacht hatte, um sich bei Ryouga zu bedanken. Nur war er sich nicht sicher, wie der Jüngere darauf reagieren würde. Jin fand den Plan gut, sie hatten darüber schon am Telefon gesprochen. Aber wenn Jin den Plan für gut hielt, hieß das nicht, dass er das auch wirklich war. Jin war bei so etwas seltsam. Seufzend rollte Nao sich auf die andere Seite. Selten hatte er solche Angst vor einem Sturz gehabt wie an diesem Tag. Und selten war er so beschützt und sicher gewesen. Bei Ryouga konnte ihm nichts passieren, der Größere hatte ihn wirklich festgehalten und ihn richtig gesichert. Es war einfach unglaublich gewesen. Er liebte Ryouga, so viel war sicher, obwohl er es einfach nicht durfte. Warum schaffte er es eigentlich immer, sich in die blödesten Situationen zu bugsieren? Aber war das 'Warum' wirklich so wichtig? Das Herz wollte, was es wollte, und daran konnte er nichts ändern. Und vielleicht wollte er das auch gar nicht. Es war zwar unpraktisch, in einen Schüler verliebt zu sein, aber es tat ihm eigentlich gut. Liebe heilte viele, fast alle, Wunden, auch die, die unheilbar erschienen. Das Vertrauen, das er geben konnte und auch zurückbekam, löschte seine schlechten Erinnerungen zwar nicht, aber dieses Gefühl der Geborgenheit vertrieb die Angst. Müde streckte er sich. Vor Ryan musste er keine Angst haben, so lange Ryouga bei ihm war. Ihm würde nichts passieren. Ryouga beschützte ihn vor allem, was ihm schaden könnte. Ryouga sorgte sich um ihn. Er war seinem Schüler nicht egal. Ein zartes Lächeln schlich sich bei diesem Gedanken auf sein Gesicht. Er wusste, dass falsche Hoffnungen nur wehtun würden, aber auch er konnte Glück haben. Diese Hoffnungen konnten ja auch richtig sein. Warum sollte er sie nicht einfach zulassen? Natürlich kannte er die Gründe dagegen. Er war nicht völlig blöd. Trotzdem wollte er auch nicht gegen kleine Hoffnungsschimmer ankämpfen. Zufrieden mit der Welt und auch sich selbst schlief er ein, das Bild des Menschen, den er liebte, vor Augen. Ryouga zeichnete vorsichtig die feinen Linien der Drachen nach, wie sie kämpften. Der eine von ihnen war bereits in Farbe festgehalten, die Schattierungen verliehen ihm etwas Magisches. "Morgen, Ryou." Gähnend setzte Reno sich neben ihn und sah zu dem schwarzen, geflügelten Wesen. "Hübsch geworden. Wie lange bist du schon hier?" "Zu lange. Heute ziehe ich mal wieder um." Er lächelte den Größeren ruhig an. "Mal wieder. Wer weiß, wie lange du bei ihm wohnen bleibst." "Hoffentlich erstmal etwas länger. Ich will nicht schon wieder so schnell umziehen und ich mag Nao wirklich. Ich denke, dass unsere Wohngemeinschaft zumindest so lange halten kann, bis ich die Schule fertig habe. Vielleicht könnten wir auch noch länger zusammen wohnen." "Warten wir's ab. Du weißt, dass du sonst auch bei mir unterkommen kannst, ich habe auch mit meiner Familie geredet. Wenn du bei niemandem mehr bleiben könntest, wäre bei uns ein Plätzchen für dich frei." Ryouga nickte. "Ich weiß. Und ich bin euch wirklich dankbar dafür." "Was hast du gestern eigentlich noch gemacht?" "Mit Nao Wohnzimmermöbel aufgebaut. Und abends dann geholfen, die beschädigten Sachen durch neue zu ersetzen, damit der Club heute wieder öffnen kann." "Und was genau ist jetzt zwischen Nao und dir?" Ryouga zuckte wieder mit den Schultern und widmete sich seinen Drachen. Immer noch die beste Taktik überhaupt. Reno einfach ignorieren. "Ryouga, lass den Mist und rede endlich mal mit mir! Ich will auch wissen, was los ist!", zickte Reno ihn an. Kaltherzig blendete Ryouga seinen besten Freund weiterhin aus. Er wollte nicht darüber reden, er wusste es ja selbst auch nicht. "Ryouga!" Wütend nahm Reno ihm die Stifte weg. Okay, das war auf jeden Fall alles andere als erwachsen, eher Kindergartenniveau. Stur sah der Angesprochene aus dem Fenster. War es denn so schwer zu verstehen, dass er nicht darüber reden wollte? "Ich frage dich jetzt noch einmal, und wehe du ignorierst mich weiter!", fauchte Reno mittlerweile wirklich genervt. "Was läuft zwischen euch?" Ergeben seufzte Ryouga. "Ist ja schon gut. Warte kurz." Einen Moment nahm er sich Zeit, um noch einmal diese… spezielle Beziehung zu überdenken. "Wir sind Lehrer und Schüler auf der einen Seite, auf der anderen Seite sind wir auf jeden Fall Freunde, aber wie nahe wir uns stehen, weiß ich auch nicht genau. Wir haben uns geküsst und gehalten, aber mehr auch nicht. Zumindest noch nicht. Und ich denke auch nicht, dass es weiter gehen wird." "Willst du, dass ihr weiter geht?" Forschend sah Reno ihn an, er konnte es fast spüren. Mit der Antwort ließ er sich Zeit. Wollte er, dass sie weiter gingen? "Warum eigentlich nicht? Er sieht gut aus und ist alt genug, ich bin ebenfalls alt genug, um zu wissen, was ich tue. Ist doch alles in Ordnung." "Du bist krank", erklärte Reno kopfschüttelnd. "Du kannst nicht einfach ohne Risiko leben, oder? Ich meine, manche Menschen würden alles für ein ruhiges und ausgeglichenes Leben geben, und du rennst von einer komplizierten Situation in die nächste. Du solltest wirklich einmal anfangen, dein Leben auf die Reihe zu bekommen." "Und das sagst du? Ausgerechnet du, der mindestens alle zwei Tage jemand anderen im Bett hat und nur zur Schule kommt, weil ich ihn dazu überrede?" Ryouga spuckte die Worte nahezu aus. Dass mittlerweile die ganze Klasse - samt vor ein paar Minuten eingetretenem Nao - ihre kleine Meinungsverschiedenheit mitverfolgte, war ihm ziemlich egal. "Im Gegensatz zu dir arbeite ich auch noch, und du meinst, ich kriege mein Leben nicht richtig hin?" "Im Gegensatz zu dir…" "Du setzt dich dank einem gewissen kleinen Blondchen der gleichen Gefahr aus, und du hattest Sex mit ihm, also hör auf, mir irgendetwas vorwerfen zu wollen!", fauchte Ryouga und brachte Reno damit endgültig zum Schweigen. So war es schon viel angenehmer. "Ryouga-san, Reno-san, ich will gar nicht wissen, worum es geht, aber haltet ihr es aus, eine Stunde ohne Streit nebeneinander zu sitzen?", fragte Nao vorsichtig. Er wollte nicht Ryougas Wut auf sich ziehen. Sein eigenes, körperliches Wohlbefinden könnte darunter leiden. "Das geht schon, Murai-sensei", bemerkte Ryouga immer noch sauer, aber er wirkte schon deutlich umgänglicher. Nao nickte nur und begann den Unterricht. Schnell packte Ryouga seine letzten Sachen ein und lief dann durch den Flur. Kazuki wartete an der Wohnungstür, um ihn zu verabschieden, Nao stand mit seinem Auto vor dem Haus. "Ryouga, mach's gut. Wir sehen uns ja immer noch im Club, aber sei nett zu deinem neuen Mitbewohner. Sollte er dich vor die Tür setzen, weißt du, wohin du kannst." Lächelnd umarmte der Kleinere ihn. "Danke. Ich hoffe mal nicht, dass er mich rausschmeißt. Bis dann, Kazu, ich muss los." Schnell lief er durch das Treppenhaus nach unten. Er wusste nicht so genau, weshalb, aber er freute sich darauf, mit Nao zusammen zu wohnen. Dem Kleineren so nah zu kommen, wie er es wollte und wie dieser es zuließ, war eine verlockende Vorstellung. Verdammt verlockend. Unruhig trat Nao von einem Bein auf das andere. Er war zwar erst in drei Minuten mit Ryouga verabredet, war aber schon jetzt verrückt vor Aufregung. Er musste über sich selbst lachen. Er benahm sich wirklich wie ein Teenager, aber er konnte einfach nicht anders. Er konnte es einfach nicht glauben. Er würde mit Ryouga zusammenleben. Seine Knie zitterten. Was alles zwischen ihnen passieren könnte, nachdem er Ryouga sein kleines 'Dankesgeschenk' gemacht hatte. Allein schon bei dem Gedanken daran, jagte ein Schauer durch seinen Körper und ließ ihn erzittern. Wie gut, dass er alles Notwendige schon in seine Tasche gepackt hatte. "Nao", wurde er stürmisch begrüßt und aus seinen Gedanken gerissen. "Hey, Ryouga." Schüchtern lächelte er den anderen an und hätte sich selbst für seine plötzliche Unsicherheit ohrfeigen können. Er war doch sonst nicht so extrem zurückhaltend, auch Ryouga gegenüber nicht. Und dann kam das ausgerechnet dann zum Vorschein, wenn er es nicht gebrauchen konnte. Er stand einfach nur da und beobachtete, wie der Jüngere seine Taschen im Kofferraum des Wagens verstaute, er war einfach nicht dazu in der Lage, den Blick abzuwenden. Warum musste der andere auch so attraktiv sein? "Nao, alles klar bei dir?" Sanft strich Ryouga ihm durch die Haare und weckte ihn so wieder aus seinen Gedanken. "Ja, alles bestens", meinte er leicht benebelt und versuchte, Ryougas Blick zu fangen. Ein Fehler. Ryouga hatte schöne Augen, in denen man sich nur zu schnell verlieren konnte. Erschrocken keuchte Nao auf, als er auf der Motorhaube seines Wagens von dem Jüngeren festgepinnt wurde und dieser ihn belustigt anblitzte. "Sicher?", hauchte der Größere mit samtweicher Stimme und strich dabei über seine Brust. "J… Ja…", stotterte er nur atemlos und stemmte sich gegen den anderen. "Wenn du meinst. Dann lass uns." Nao nickte nur und stieg in den Wagen, Ryouga setzte sich neben ihm auf den Beifahrersitz. Die Autofahrt würde für ihn nicht einfach werden, das wusste Nao. Er hatte große Schwierigkeiten, sich auf den Verkehr zu konzentrieren. Außerdem war es ungewohnt, mal wieder zu fahren. Er ging lieber zu Fuß oder nahm Bahn oder Bus, Autofahren in Tokyo war einfach purer Horror. Nach knapp zwei Stunden hatten sie es durch den dichten Stadtverkehr geschafft. Erschöpft legte Nao seine Stirn an das Lenkrad und atmete ein paar Mal tief durch. Er war auch überhaupt nicht gereizt oder genervt. Beruhigend strich ihm jemand über den Rücken. Noch etwas, dass er hasste: Ohne Klimaanlage bei Temperaturen um die 30 Grad Celsius im Stadtverkehr unterwegs sein. Dementsprechend durchgeschwitzt war er auch, sein Shirt klebte an seinem Körper. Der einzige Trost war, dass es Ryouga nicht anders ging. "Ist gut, Nao. So ist das in einer Großstadt." "Ich weiß." Seufzend lehnte Nao sich zurück und sah Ryouga an. "In London dürfen nur Bewohner der Stadt mit dem Auto rein und trotzdem herrschte Chaos ohne Ende. Nur war es da nie so lange so warm." "Ach, so ist das nun mal. Oben ist es kühler. Komm." "Ich will nicht. Ich will schlafen." Murrend schloss Nao die Augen und döste vor sich hin. Zart wurde seine Hand genommen. "Wenn du mir den Wohnungsschlüssel gibst, trage ich dich hoch." "Das schaffst du nicht", murmelte Nao leise. "Wollen wir wetten?" Ryouga sah den Kleineren an. Er sah wirklich fertig aus. "Nein, aber versuch doch, mich hochzutragen." Schwach hielt Nao ihm den Schlüssel hin. Im Halbschlaf spürte er noch, wie er hochgehoben wurde. Der Temperaturumschwung beim Betreten des Treppenhauses ließ ihn kurz frösteln, aber der fremde Körper fing es wieder auf und spendete ihm eine angenehme Wärme. Zufrieden kuschelte er sich an den anderen und schlief ein. Den Rest des Tages hatte Ryouga allein Möbel aufgebaut, Nao war am Abend mürrisch wieder aufgewacht. Mürrisch, weil Ryouga ihn zum Arbeiten nicht geweckt hatte. Danach waren sie noch nacheinander duschen gewesen und dann bald ins Bett verschwunden. Es war eigentlich nichts Ungewöhnliches passiert, zumindest nichts, was noch nie zwischen ihnen gewesen war. Nao hatte eng an seinen Schüler gekuschelt geschlafen. Es hatte ihn beruhigt. Ruhig saß er jetzt im Lehrerzimmer und dachte über seinen Plan nach. Vielleicht sollte er Ryouga dieses Geschenk doch nicht machen. Höchstwahrscheinlich sollte er das nicht tun, aber er wollte auch nicht kneifen. Nach der letzten Stunde war es so weit, das hatte er sich in den Kopf gesetzt und dabei würde es auf jeden Fall bleiben. Das Geschenk, oder eher Angebot, war unmoralisch, aber es war das einzige, was er verschenken konnte. Pünktlich zu Unterrichtsbeginn betrat er den Raum. Alles war wie immer. "Ryouga-san, du hilfst mir doch sicher heute Nachmittag noch, hier für Ordnung zu sorgen, oder?", fragte er direkt nach der alltäglichen Begrüßung. Angesprochener nickte nur knapp. Damit war die Grundlage schon geschaffen. Zufrieden mit sich selbst begann Nao den Unterricht. Schultage waren langweilig und absolut öde. Die Mittagspause war völlig ereignislos vorbeigezogen. Nur in der letzten Stunde war etwas anders. Ryouga kannte Nao inzwischen gut genug, und umso mehr wunderte er sich über dessen seltsames Verhalten. Dass da irgendetwas im Busch war, wovon er selbst nichts wusste, war offensichtlich. Misstrauisch beobachtete er den Kleineren die ganze Zeit über, wurde aber einfach nicht schlau aus ihm. Das erlösende Läuten der Schulglocke beendete seine Gedankengänge erst. Wenn er noch ein wenig abwartete, würde Nao sich ihm schon anvertrauen. Still wischte er die Tafel, während auch die letzten seiner Mitschüler den Raum verließen. Kurz darauf war er mit Nao allein. Verwundert sah er zur Tür, als diese mit einem Klacken verkündete, dass sie abgeschlossen war. Nao legte seinen Schlüssel zur Seite und lehnte sich an das Pult. Er wartete, bis Ryouga den Schwamm zur Seite legte, sich vor ihn stellte und ihn fragend ansah. "Nao, was ist hier los?", fragte der Schüler abwartend. "Ich habe überlegt, womit ich mich bei dir bedanken kann. Ich kann dir aber nicht viel geben, und eigentlich nichts, was du nicht schon hast." Fest sah Nao ihn an. Ryouga seufzte leise, erwiderte den Blick aber ruhig. "Ich habe dir doch gesagt, dass du dich nicht bei mir bedanken sollst." "Ich will aber", erwiderte Nao sicher. "Und es gibt nur eines, was ich dir geben kann", er legte eine Kunstpause ein, "und das bin ich." "Wie bitte?", fragte Ryouga perplex, um sicher zu gehen, dass er sich nicht verhört hatte. Langsam zog Nao sich sein Hemd aus, die Krawatte hatte er schon vorher über einen Stuhl gelegt, und in die Richtung flog jetzt auch sein Hemd. Gebannt verfolgte Ryouga die Bewegungen, während der Ältere ihn entschlossen ansah. "Ich gehöre dir. So lange wir diesen Raum nicht verlassen, muss ich dir jetzt gehorchen. Das ist mein Geschenk." Unbewusst leckte Ryouga sich über die Lippen. So unmoralisch dieses Angebot war, so verführerisch war es auch. "Das willst du nicht wirklich", bemerkte er und fing den Blick des anderen ein. "Und selbst wenn nicht. Ich habe dir ein Geschenk gemacht. Geschenke lehnt man nicht ab und man zieht sie nicht zurück. Oder genüge ich deinen Ansprüchen nicht?" Zögernd nahm Nao Ryougas Hand und legte sie auf seine nackte Brust. "Sag nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt", meinte der Jüngere nur. "Und beschwere dich nicht, wenn du nicht mehr laufen kannst." Hart zog er den Kleineren an sich und küsste ihn heftig, so dass dieser erschrocken aufkeuchte. Nao erschauderte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, so geküsst und gehalten zu werden, aber das, was noch kommen würde, würde diese Hitze bestimmt noch verstärken. Genießend schloss er die Augen und erwiderte den gierigen Kuss. Das würde sicher ein heißer Nachmittag werden… _________________________________________________________________________________ *hust* Ja, was wird dann wohl das nächste Kapitel, häääää?! *kröchel* Das 15. Kapitel. Noch drei und wir sind bei der Halbzeit, Ladies and... Gentlemen. Ob wir hier überhaupt Gentlemen haben, die das auch lesen? Und warum stelle ich mir eigentlich solche Fragen? Das ist dämlich... Muss daran liegen, dass ich gestern sehr lange Unterricht hatte, auch wenn zwei davon Koreanisch und eine Japanisch waren, aber ich habe im Bus fast geschlafen, also muss ich echt müde gewesen sein. Zum Kapitel: Nao und Ryouga. Es geht voran, nicht nur in der Wohnung auch zwischen den beiden, aber es wäre pure Träumerei, wenn alles so einfach wäre. Und wenn alles die gesamten 21 noch kommenden Kapitel so einfach bleiben würde. Katastrophen und Chaos sind meine Leidenschaft, also dürft ihr gespannt sein, in was ich die beiden so stürze. Naos Plan ist... zweifelhaft. Aber irgendwie lustig. xD Na ja, wir - oder eher ihr - werden sehen, wie es weitergeht. Das nächste Kapitel ist adult (nein, wer hätte das gedacht?) und kommt dementsprechend am Do., 13.10.2011. Das nächste nicht auf adult geschaltete Kapitel wird dann am 20.10.2011 hochgeladen, also wieder im eigentlichen Zwei-Wochen-Rhythmus. Bis dahin, Hikari P.S. Und ich möchte an dieser Stelle mein erstes FA bewerben. Es hat mit den Bands hier so gut wie nichts zu tun, aber trotzdem wäre ein wenig Feedback, auch von Leuten, die sich nicht so damit auskennen, nicht schlecht. ^.^ http://animexx.onlinewelten.com/fanart/zeichner/557609/1924717/ Kapitel 16: Aquamarin --------------------- Mit zitternden Händen lockerte er Ryougas Krawatte und knöpfte dessen Hemd auf. Forschend streichelte er danach die nackte Haut. Sie war weich, und die Muskeln daunter zeichneten sich deutlich spürbar ab. Er konnte einfach von diesem Schüler nicht genug bekommen. Leise keuchte er auf, als er eng an den fremden Körper gepresst wurde. Seine Beine zitterten wie verrückt. Er hatte schon lange nicht mehr so ein großes Verlangen empfunden. Es brannte in ihm, und er wusste, dass es eine Probe war, wie lange er es aushielt. Leicht hielt er sich an Ryouga fest, der ihn zum Pult drängte und darauf absetzte und dann in eine liegende Position drückte. Schnell griff Nao in seine Tasche und holte eine kleine Tube hervor. "Du bist gut vorbereitet", bemerkte Ryouga grinsend, nahm ihm die Tube aus der Hand und stellte sie zur Seite. Schnell legte er seine Krawatte neben Nao auf das Pult und warf sein Hemd zu den Sachen des anderen. Gierig küsste er den Kleineren wieder, eroberte dessen Mundhöhle binnen weniger Sekunden und genoss, wie der andere sich ihm hingab. Der fremde Körper drängte sich verlangend näher an ihn. Quälend langsam küsste er sich Naos Hals hinab und saugte an der dünnen Haut über der Lebensader. Das genüssliche Stöhnen, das ihm antwortete, brachte ihn zum Lächeln. Kurz löste er sich ein Stück von seinem Lehrer und lockerte dessen Griff. Naos Finger hatten sich in seine Oberarme gekrallt und drückten teilweise ziemlich fest zu. Schnell drückte er Naos Arme nach oben, so dass diese über seinem Kopf am Rand des Pults lagen. Zärtlich widmete er sich wieder der weichen Haut und fuhr mit seiner Zunge über diese, bevor er leicht zubiss und danach einen entschuldigenden Kuss auf die gerötete Stelle hauchte. Wieder spürte er Naos Hände auf seinen Armen und löste sich daraufhin wieder etwas von dem Älteren. Schnell band er dessen Hände mit der Krawatte zusammen und drückte sie wieder über dessen Kopf. Der Kleinere zog prüfend daran, nur um festzustellen, dass der Knoten hielt. Sanft verteilte Ryouga Küsse auf der Brust des Kleineren und zog mit seiner Zunge kleine, unsichtbare Muster nach, spürte, wie empfindlich der andere zusammenzuckte. Lächelnd widmete er sich den bereits etwas gehärteten Brustwarzen, biss, leckte und saugte daran, darauf horchend, wie der Ältere reagierte. Dessen lautes Stöhnen bestätigte ihn aber in seinem Tun. Langsam richtete er sich auf und sah zufrieden auf seinen Lehrer, der mit geschlossenen Augen, sinnlich geöffneten und rotgeküssten Lippen und willig gespreizten Beinen vor ihm lag. Der Anblick war schon einiges wert. Testend legte er seine flache Hand auf die Erhebung in der Hose des Kleineren, der überrascht aufstöhnte und sich ihm entgegen bog. Es wäre dumm von ihm gewesen, diese Einladung nicht anzunehmen. Geschickt öffnete er den Gürtel des Liegenden und zog ihm die dunkle Hose aus. Er wusste, dass sein Lehrer attraktiv war, aber noch nie hatte er ihn so heiß erlebt. Zart strichen seine Fingerspitzen über den gespannten letzten Stoff, das Naos Erregung verbarg. Aufmerksam beobachtete er dessen Reaktionen. Es war schön, den anderen so erregt zu sehen. Und so ausgeliefert. Behutsam entfernte er den letzten trennenden Stoff und betrachtete den anderen. So völlig nackt, schutzlos und vor Verlangen bebend, wie er dort lag, hätte man ihn gut für eine nette Zeitschrift fotografieren können. Mit diesem Gedanken widmete sich Ryouga wieder seinem Geschenk. Langsam küsste er sich an den Innenseiten der Schenkel entlang, näher an das empfindliche, halb aufgerichtete Glied. Vorsichtig leckte er über den Schaft und fuhr die Linien der Adern mit seiner Zunge nach. Nao keuchte heftig. Das Verlangen brannte in ihm, auch wenn es sich wahnsinnig gut anfühlte. Laut stöhnte er auf, als die flinke Zunge über seine Eichel tanzte und sich die weichen Lippen danach um seine Spitze schlossen. Fest saugte der andere an ihm, ließ seine Lippen über den Schaft abwärts wandern und schluckte leicht, um Nao zu provozieren, der kaum noch klar denken konnte. Hitzewellen fuhren durch seinen Körper und ließen seine Muskeln zucken, seine Hände hatte er bereits zu Fäusten geballt. "Ryou… Ah…" Stöhnend drückte er den Rücken durch. Er konnte nur hoffen, dass der Jüngere seine Aufforderung verstand. Er wollte nur noch ausgefüllt werden. Lächelnd ließ Ryouga von der harten Erregung ab und griff nach der Packung Gleitgel. Schnell verteilte er davon etwas auf seinen Fingern und um Naos zuckenden Muskel, bevor er behutsam einen Finger in den Kleineren schon. Er war ziemlich eng, so viel stellte Ryouga sofort fest und bewegte seine Hand langsam. Der Ältere passte sich ihm problemlos an, drückte sich noch zusätzlich gegen den Fremdkörper in sich. Bald nahm Ryouga einen weiteren Finger hinzu und entlockte seinem Lehrer wieder ein lautes Stöhnen. Es war mehr als offensichtlich, dass Nao schon Erfahrung hatte, und dass er diese Behandlung genoss. Heftig bäumte der schlanke Körper sich auf, als Ryouga einen kleinen, unscheinbaren Punkt traf. Zitternd sank der andere auf die Tischplatte zurück, nur damit Ryouga den Vorgang wieder holen konnte. "Mehr… Bitte…", stöhnte Nao verlangend und mit zitternder Stimme. Einen wirklich klaren Gedanken bekam er nicht mehr zustande, sein Körper reagierte ganz von allein und wusste, was gut für ihn war. "Noch mehr? Bist du aber gierig", tadelte der Größere ihn leise und schob einen dritten Finger in den Körper, der daraufhin von einer weiteren Welle geschüttelt wurde. Es machte ihm wirklich Spaß, dem Älteren zuzusehen und dessen Stöhnen zu hören, aber er selbst wollte sein Geschenk auch nutzen. Mit der freien Hand zog er sich ebenfalls Hose und Boxershorts aus. Natürlich hatte es ihn nicht kalt gelassen, zu sehen, wie der andere sich auf dem Pult räkelte, und zu hören, wie dieser nach immer mehr verlangte. Langsam zog er seine Finger aus dem Kleineren zurück, verteilte noch etwas kühles Gel auf seinem Glied und positionierte sich dann geschickt an Naos Öffnung. Verlangend küsste er den anderen, während er in diesen drang und dessen Körper so ganz für sich beanspruchte. Nao konnte ein leises, kurzes Keuchen nicht unterdrücken, schmerzte es doch etwas in seinem Unterleib. Er hatte einfach zu lange zwischendurch nichts mehr mit jemandem gehabt. Er brauchte auch einen Moment, bis er wieder normal Luft bekam und sich vollständig entspannen konnte, aber diese kurze Zeit bekam er auch gewährt. Behutsam zog Ryouga sich ein Stück zurück, um dann wieder in den schlanken Körper, der von einer dünnen, glänzenden Schicht überzogen war, zu stoßen. Ihm war klar, dass der andere es einfach nicht mehr gewohnt war, etwas oder jemanden in sich zu haben, aber zügeln wollte er sich nicht unnötig. Hart stieß er wieder in den Kleineren, tiefer und fester als vorher, was dieser aber nur mit einem ungehemmten Stöhnen beantwortete und seine Beine etwas weiter spreizte, um ihm den Zugang zu erleichtern. Auch, als er sein Tempo steigerte, passte der zitternde Leib sich ihm willig an. Er ging nicht besonders sanft mit Nao um, unvorsichtig und vielleicht sogar etwas brutal, aber der Ältere schien damit keine allzu großen Probleme zu haben. Keuchend griff Ryouga nach seinen Händen und löste mit zitternden Fingern den Knoten und damit die Krawatte, die die Hände des anderen zusammenhielt. Sofort griff Nao nach seinem Schüler, der sich weiterhin hart in ihn trieb. Er brauchte Halt, und das Pult brachte ihn nicht wirklich weiter. Ryouga stützte sich nah über seinem Lehrer ab. Es war ihm herzlichst egal, dass sein Rücken und seine Arme wohl einige Kratzspuren aufweisen würden. Er hörte Naos Stöhnen und spürte dessen Atem an seiner Schulter. Lange würde der Kleinere nicht mehr durchhalten, er selbst aber auch nicht. Nach einem harten Stoß gegen Naos Lustpunkt drückte dieser den Rücken durch und stöhnte laut auf. Keuchend hauchte Ryouga einen Kuss auf Naos Schulter, bevor er in die Haut dort biss und dafür einen leisen Aufschrei bekam. Er beschleunigte sein ohnehin schon schnelles Tempo und rammte sich immer unkontrollierte in den bebenden Körper. Die warme Enge trieb ihn nahezu in den Wahnsinn, aber es fühlte sich so verdammt gut an. Er spürte, wie sich der Ältere mit jedem weiteren Stoß immer mehr anspannte, was es ihm nicht unbedingt leichter machte, die Bewegungen beizubehalten, was eben diese aber noch viel besser machte. Auch als er Naos Erlösung spürte, entspannten sich die Muskeln nicht wirklich, zogen sich eher fest zusammen, was die Wirkung von Naos Stöhnen und Keuchen auf ihn noch verstärkte. Ein letztes Mal stieß Ryouga in die pulsierende Enge und kam dann tief in dem Kleineren, der nur kurz erschauderte, aber mit geschlossenen Augen sonst nur dort lag und nach Luft rang. Ryouga hatte den Kopf in den Nacken gelegt und sagte nichts dazu, als Nao seine Hand nahm und ihre Finger verschränkte. Er zog sich nur langsam aus dem Liegenden zurück und ließ sich dann auf den schlanken Körper sinken, legte seinen Kopf auf Naos Schulter. "Nao… Das… Du bist unglaublich", keuchte Ryouga und hauchte dem anderen einen Kuss auf das Schlüsselbein. "Du auch", murmelte Nao und legte seine Arme um den Größeren. "Anscheinend hat das Geschenk seinen Zweck nicht verfehlt." Ryouga lachte leise und drückte sich eng an den Älteren. "Nein, hat es nicht. Aber tu nicht so, als hättest du es nicht gebraucht, mal wieder gefickt zu werden." Nao lachte leise. "Du hast das gemerkt?" "Sicher. So willig wie du warst. Aber ich finde es nicht schlimm. Du bist übrigens verflucht eng." "Das passiert, wenn man zu lange nicht beansprucht wird. Zwei Jahre sind eine verdammt lange Zeit." "Wie kann man nur so lange ohne Sex aushalten?", murmelte Ryouga und blieb einfach auf dem anderen liegen. Sie hatten Zeit. Also konnte er auch noch ein bisschen den viel zu schnellen Atemzügen lauschen. _________________________________________________________________________________ Ja, ja, die beiden haben es tatsächlich geschafft, als Lehrer und Schüler miteinander zu schlafen, aber zusammen sind sie deswegen ja trotzdem noch nicht. Und wer sagt, dass jetzt alles einfacher wird? Nächstes Kapitel am 20. Oktober 2011 Hikari Kapitel 17: Granat ------------------ Zufrieden lag Nao auf dem Sofa und döste vor sich hin. Sein Hintern fühlte sich seltsam an, so nach Muskelkater. Unangenehm, aber unvermeidbar. Ryouga hatte striktes Arbeitsverbot bekommen. Sofa, Esstische und Stühle und auch das Bett waren aufgebaut. Das genügte vorerst. Wo der Jüngere jetzt genau war, wusste er nicht, aber das war ihm auch relativ egal. Er war einfach glücklich und entspannt. "Nao, kommst du mal ins Schlafzimmer?" "Nein." "Nao!" "Ist ja schon gut, ich komme ja schon." Unmotiviert erhob er sich vom Sofa. "Es genügt, wenn du erscheinst." Ryouga stand an der Wand und sah ihn abwartend an. Ruhig sah er sich um. "Bleiben deine Sachen da so liegen?", fragte er schließlich. Der Jüngere hatte seine Kleidung einfach in Stapeln auf den Boden gelegt. "Wo soll ich sonst damit hin?" "Vielleicht erstmal in der Tasche lassen?!" "Warum?" Stur verschränkte der Größere die Arme vor der Brust. "Weil Ordnung wichtig ist." "Mag sein, aber ein bisschen Unordnung macht es irgendwie bewohnter." "Räum das weg!", fauchte Nao ihn an. "Wohin denn?" "Das ist mir egal, aber das ist meine Wohnung und hier gelten meine Regeln!" "Auch das mag sein, aber du lässt mich hier wohnen. Leb damit, wie ich bin, oder lass es bleiben!" "Dann kannst du dir auch gern eine andere Bleibe suchen!", fuhr Nao ihn wütend an. Kurz darauf packte der Jüngere ihn an den Oberarmen und drückte ihn hart gegen die Wand. "Hör auf, mit mir streiten zu wollen!" Wütend funkelte Ryouga den Kleineren an. Verwirrt musterte er Nao, als dieser ihn plötzlich ängstlich ansah, heftig zu zittern begann und kaum noch atmen konnte. Erschrocken über die Reaktion des Älteren löste er den Griff. Zitternd rutschte Nao an der Wand hinab, bis er auf dem Boden saß. Ryouga hockte sich besorgt neben ihn und strich ihm durch die Haare. "Shht, ganz ruhig. Alles ist gut." Zögernd schloss er den Kleineren in die Arme. "Nichts ist gut", flüsterte Nao und drückte sich eng an ihn. "Mach das nie wieder." "Was?" Beruhigend strich Ryouga ihm über den Rücken. "Mich so an die Wand drücken." "Warum?" "Lange Geschichte. Schlag mich, wenn es sein muss, aber drück mich nie wieder so an eine Wand." Ryouga nickte leicht. "Ich schlage dich ganz sicher nicht. Aber jetzt erzähl mir die Geschichte." Nao schüttelte schwach den Kopf. Er wollte nicht darüber reden, es schmerzte einfach zu sehr. Der Schock von damals saß einfach noch in ihm, es war eher ein Trauma, dass ihn nur sehr selten einschränkte. Warum sollte er das alles wieder durchmachen? Warum sollte er zulassen, dass Schmerz und Verzweiflung ihn wieder, nach all den Jahren, von innen heraus zu vernichten drohten? "Nao, dieses Mal bin ich es, der dir helfen will. Rede mit mir", bat der Größere flüsternd. Angesprochener biss sich auf die Unterlippe. Er wusste, dass der andere recht hatte. Er wusste, dass er bei ihm im absoluten Notfall Schutz und Zuflucht finden würde. Und er wusste, dass Reden vielen Menschen wirklich half. Ihm hatte es noch nie viel gebracht, die Probleme lösten sich dadurch nicht in Luft auf. Leider. "Bitte, Nao." Sanft küsste Ryouga ihn auf die Stirn. Ergeben seufzte der Ältere. Er würde keine Ruhe bekommen, bevor der Jüngere sein komisches Verhalten zumindest theoretisch nachvollziehen konnte. "Lass mich nur nicht los", murmelte Nao und schloss die Augen. "Und lass mir Zeit, während ich erzähle." ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆Flashback★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ Leicht kuschelte Nao sich in seine Bettdecke. Warum hatte Hiroki mit auf Klassenfahrt müssen? Sie hatten sich seit Tagen nicht gesehen, sich nicht mehr berühren können. Nao fühlte sich furchtbar einsam. Ihm war kalt, wenn er so allein in seinem Bett lag, er wollte seinen Freund bei sich haben. Zwischen ihnen war in den letzten vier Monaten viel passiert, auch wenn Nao sich noch geweigert hatte, den letzten, schwierigsten Schritt zu gehen. Er hatte kein Problem damit, seinen Freund zu befriedigen, nackt neben ihm zu liegen und sich selbst auch verwöhnen zu lassen, aber er wollte einfach noch nicht mit dem anderen schlafen, Liebe hin oder her. Er war noch nicht so weit. Und gerade das hielt ihn nächtelang wach. Der Ältere wollte mit ihm schlafen, das wusste er, und er wollte ihm auch gern diesen Wunsch erfüllen, er wusste nur nicht, was er tun sollte, um seine Angst zu bekämpfen und endlich bereit zu sein. Unruhig wälzte er sich die Nacht über von einer Seite auf die andere. Er sollte aufhören, sich so unter Druck zu setzen, aber er konnte es nicht, irgendetwas blockierte ihn. Auch als die Sonne wieder aufging, lag er noch wach. Er wusste nicht, wie lange er nicht mehr geschlafen hatte, ohne Make-Up hätte man ihn auf jeden Fall nicht mehr das Schulgebäude betreten lassen. Heute war auf jeden Fall der Tag, an dem Hiroki von der Klassenfahrt zurückkam. Vielleicht war es gerade das, was ihn nervös machte. Die komplette letzte Woche hatte er auf diesen Tag gewartet, und jetzt wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass dieser Tag noch eine weitere Woche weg war. Gefühle konnten so widersprüchlich sein. "Nao?" "Hm?" Zufrieden kuschelte er sich an den Größeren. "Du weißt, dass ich dich liebe?" "Hiro, worauf willst du hinaus?" Er richtete sich etwas auf und sah seinen Freund fragend an. "Wir haben Zeit und Ruhe. Kannst du dir nicht denken, was ich will?" Sanft küsste der andere ihn. Natürlich konnte er es sich denken. Langsam krabbelte er aus dem Bett. "Ich bin noch nicht so weit. Ob du mich liebst oder nicht hat damit nichts zu tun." "Wie lange soll ich denn noch auf dich warten?" Unsicher und ohne eine Antwort zu geben ging Nao aus seinem Zimmer in die Küche. Er spürte, dass sein Freund ihm folgen würde. "Ich habe dich etwas gefragt", kam es aus der Richtung der Tür. Er seufzte. "Ich weiß es nicht, wirklich. Ich weiß, dass du mich liebst, und ich dich auch, aber ich brauche noch Zeit." "Du liebst mich? Manchmal ist das wirklich schwer zu glauben." Diese Bemerkung des anderen versetzte ihm einen Stich, dazu einen ziemlich heftigen. "Weil ich nicht bereit bin, mit dir oder irgendjemand anderem zu schlafen, zumindest noch nicht, zweifelst du daran, dass ich dich liebe? Das Gleiche könnte ich tun, mit der Begründung, dass du mir alle Zeit der Welt geben würdest, würdest du mich wirklich lieben. Ist das etwa fair?", fauchte er verletzt zurück. Es tat ihm selbst weh, diese Wort aussprechen zu müssen, aber anders wusste er sich nicht zu helfen. "Das vielleicht nicht, aber es ist angemessen begründet." Offen sah Hiroki ihn an. "Ich liebe dich, aber ich will nicht mehr warten. Ich habe lange genug auf dich Rücksicht genommen." Bei dem scharfen Tonfall wich Nao an die Wand zurück. Eigentlich hatte er keine Angst vor seinem Freund, aber gerade wirkte dieser doch gewaltbereit. "Nao, ich will dir nicht wehtun, aber ich will dich endlich." Hart packte der andere ihn an den Oberarmen und drückte ihn an die Wand, küsste ihn fordernd. Nao spannte seine Muskeln an und stemmte sich so gut wie möglich gegen seinen Freund, versuchte ihn so von sich zu schieben. Er wollte das nicht, aber er war definitiv schwächer. Und trotzdem wollte er nicht aufgeben. Verzweifelt wehrte er sich weiter, bis der andere sich von ihm löste und ihn verwundert ansah. "Du hast Angst vor mir? Denkst du wirklich, ich würde dich vergewaltigen?" Leicht stieß er sich von Nao und der Wand ab und ging ein paar Schritte zurück. "Denkst du, ich könnte dir so etwas antun?" Nao schluckte. "Ich weiß es nicht." Traurig sah er auf den Boden. Seine Stimme zitterte, wie sein ganzer Körper auch. "Meinst du, es macht dann noch Sinn, zusammen zu bleiben? Vertrauen ist immerhin wichtig…" Die Worte durchschnitten die Dunkelheit und Stille. "Ich will dich aber nicht verlieren." Wieder musste Nao schlucken. "Ich liebe dich einfach zu sehr." "Ich weiß." Hiroki seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Trotzdem muss einer von uns jetzt vernünftig sein. Es ist besser, wenn wir jetzt einen Schlussstrich ziehen. Wenn nicht, verletzen wir uns nur weiterhin. Ich werde gleich gehen und damit unsere Beziehung beenden. Und ich bitte dich, es uns nicht schwerer zu machen, als es ist. Für die nächsten Wochen sollten wir uns besser nichts sehen, allgemein den Kontakt vermeiden." Unfähig, sich zu bewegen, stand Nao in der Küche und hörte, wie der andere ihn allein ließ. Zitternd sank er auf den Boden und legte seinen Kopf an die Wand und seine Arme um seine Knie. Etwas Warmes floss über seine Wangen. ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ Behutsam streichelte Ryouga den Kleineren, der sich leicht an ihm festhielt. "Eigentlich ist gar nichts so Schlimmes passiert, aber sobald man mich an die Wand drückt, bekomme ich Angst." "Du musst mir nichts erklären", versuchte Ryouga ihn zu beruhigen. "Es ist viel passiert, und du warst jung. Dein Körper verbindet diesen Druck mit der Angst, die du damals hattest. Dafür musst du dich nicht rechtfertigen." Leicht lehnte Nao sich an ihn und genoss die Wärme. Der andere schien ihm diese kleine Phobie nicht übel zu nehmen, im Gegenteil, er schien ihn zu verstehen. Die Sicherheit in dieser Nähe schien seine Wunden, die frisch wieder aufgerissen worden waren, zu verschließen. Er wusste, dass sie vermutlich nie heilen würden, aber Ryougas Anwesenheit linderte den Schmerz ungemein. Nao wusste nicht, wie lange er sich einfach halten ließ und dem ruhigen Herzschlag des anderen lauschte, die Zeit verging eben ziemlich schnell, wenn man sie genoss. "Nao, ist es okay für dich, wenn ich morgen früh gleich zu Reno gehe?", hörte er die leise Stimme an seinem Ohr. "Im Prinzip schon. Seit wann fragst du bei so etwas nach?" "Weil ich dann von morgen auf übermorgen bei Reno schlafen und Freitagmorgen direkt nach Akita fahren würde. Das heißt, dass wir uns vor Montag nicht mehr sehen." Nao schluckte. Aber so oder so war es nur ein Tag mehr. "Mach nur, das ist kein Problem." "Sicher?", fragte Ryouga noch einmal nach. "Wenn du willst, kann ich über Nacht auch wieder herkommen." "Das ist für mich schon okay." Nao räusperte sich. "Wegen deinem Geschenk übrigens… Ich will nicht, dass das zwischen uns steht." Ryouga lachte leise. "Das wird es nicht. Wir hatten Sex und es war verdammt gut, wir können das auch gern noch mal woanders als im Klassenraum wiederholen, aber gehe ich jetzt gerade anders mit dir um als vorher?" Nao schüttelte den Kopf. Vor der Sache im Klassenzimmer vor ein paar Stunden hätte Ryouga ihn wahrscheinlich genauso getröstet und gehalten. Es war beruhigend, dass ihre Freundschaft offenbar nicht darunter litt. Es war nicht sein Ziel gewesen, irgendetwas zwischen sie zu stellen und ihr gutes Verhältnis zu zerstören, aber das Risiko war da gewesen. Vielleicht sollte er seine Pläne ab sofort genauer durchdenken, mitsamt aller Risiken. Ryouga legte seine Wange an Naos Kopf und lauschte der langsamer und ruhiger werdenden Atmung des Kleineren. Warum sollte er ihn auch vom wohlverdienten Schlaf abhalten? Es dämmerte draußen bereits und der Tag war anstrengend gewesen. Vorsichtig hob er seinen Lehrer hoch und legte ihn auf das Bett, in den lockeren Sachen, die er gerade trug. Behutsam deckte er den Älteren zu und sah ihn danach einfach nur an. Wie konnte jemand so überirdisch schön und niedlich sein, wenn er schlief? Zögernd streckte er die Hand aus und strich dem anderen über die Wange. Die Haut unter seinen Fingerspitzen fühlte sich so weich an. Wie Seide. Fasziniert legte er sich neben dem Schlafenden auf die freie Bettseite und beobachtete ihn. Es war wundervoll, ihm beim Schlafen zuzusehen. Kaum etwas anderes konnte Ryouga erreichen, ausgenommen der Uhr. Und die zeigte an, dass es Zeit war, sich für die Arbeit fertig zu machen. In knapp einer Stunde würde Ray vor der Tür stehen, um ihn zur Arbeit mitzunehmen. Viel lieber würde er Nao weiterhin beim Schlafen zusehen, aber es half nichts. Er hatte zwar mit Kisaki darüber gesprochen, dass sein Mitbewohner Schwierigkeiten mit einem Ex-Freund hatte, und er durfte auch, wenn er sich abmeldete, bei Nao bleiben, aber das war nur für absolute Notfälle gedacht. Und das heute Abend war kein Notfall. Leise stand er auf, suchte sich ein passendes Arbeitsoutfit zusammen und schlich aus dem Raum. Er wollte sich nicht dort umziehen, um den Kleineren nicht aufzuwecken. Der sollte ruhig weiterschlafen. ♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥ Einen Moment zitterte Nao vor Kälte in dem schwachen Wind. Es war dunkel, aber in der Nacht war es nun mal so. Und es war nicht schlimm. Hier zu sitzen, völlig allein auf dem Dach des Hochhauses, die Lichter der Stadt zu betrachten und die Ruhe zu genießen, war wundervoll. Er kannte einfach keinen besseren Ort, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. Nach anstrengenden Arbeitstagen brauchte er manchmal diese Ruhe, er musste manchmal einfach seine Gefühle und Gedanken einordnen oder Geschehenes verarbeiten. Und hier hatte er am Meisten Zeit, sich einfach nur zu sortieren. Leise setzte sich jemand neben ihn. "Darf ich dir Gesellschaft leisten?" Eine leichte Gänsehaut breitete sich über seinem Körper aus, als er diese warme Stimme neben sich hörte. Aber sonst hätte sich auch niemand so zu ihm gesetzt. "Von mir aus gern." Langsam ließ er sich in eine liegende Position sinken und sah in den Sternenhimmel. Es war schon fast kitschig. Oder einfach nur hochgradig romantisch. Und er hatte den einzigen Menschen, den er wirklich liebte, an seiner Seite, er musste nur seine Hand ausstrecken, um ihn zu berühren. "Ryou, leg dich hin", flüsterte er und schloss die Augen. Außer ihnen kannte eigentlich niemand den Weg hierher, und selbst wenn jemand hier hochkam, war es ihm gerade egal. Er hatte eine Idee. Er hörte leise, wie der andere seiner Aufforderung Folge leistete. Zart wurde seine Hand genommen und der warme Körper rutschte etwas näher zu ihm. "Nao, was hast du vor?", fragte der Größere leise. "Dir zeigen, wie sehr ich dich liebe." Lächelnd küsste er den Jüngeren und forderte ihn zu einem kleinen Zungenspiel heraus. Allein schon dieser Kuss löste in seiner Magengegend ein warmes Kribbeln aus. Zärtlich zog der andere ihn auf sich und streichelte die unter dem Shirt verborgene, weiche Haut. "Nao", hauchte er gegen die Lippen des Älteren und drückte ihn enger an sich. Sein Blut floss langsam aber sicher auf seine Körpermitte zu, der Druck in ihm wuchs. Mit einem frechen Grinsen stemmte Nao sich ein Stück von ihm weg. "Was denn?" "Wir können doch nicht hier…" "Doch", fiel der Ältere ihm ins Wort, "warum sollten wir auch nicht? Wir haben eine Wolldecke hier, auf der wir liegen können, oder zumindest einer von uns. Es ist warm genug, um ohne Kleidung nicht zu frieren, und selbst wenn wir frieren sollten, können wir uns gegenseitig wärmen. Und erwischt werden wir hier oben ganz bestimmt nicht." "Du bist verrückt", lachte Ryouga, zog den anderen dann aber wieder eng an sich und küsste ihn verlangend. Zart wanderten Hände unter sein Shirt und streichelten seine Haut sanft wie Federn. Sein Freund hatte ja recht, niemand würde von dem, was sie hier taten, etwas erfahren. Liebevoll strich Ryouga dem Kleineren durch die Haare und drückte den nackten Körper ein wenig enger an sich. "Ich liebe dich", flüsterte Nao ihm zu und strich vorsichtig über seine Brust und den flachen Bauch. "Du machst mich verrückt", gab Ryouga lächelnd zurück und hauchte ihm einen Kuss auf das Haar. "Das muss ich nicht, das bist du so schon. Sonst hättest du bei der Aktion gar nicht mitgemacht." Der Jüngere zuckte leicht mit den Schultern. "Sex auf dem Dach eines Hochhauses. Wer kann schon von sich behaupten, das einmal gemacht zu haben? Die Meisten sind eh zu langweilig und bleiben immer nur im Schlafzimmer." "Oh, dann sind wir aber gut dabei. Klassenraum, Geräteraum der Sporthalle, nachts auf einer Waldlichtung und jetzt ein Hochhausdach." Zufrieden schmiegte Nao sich an den anderen und sah in den Sternenhimmel, während die warmen Hände des anderen zart über seinen Rücken wanderten. "Sollten wir wieder in die Wohnung gehen?", fragte Ryouga nach einer Weile. Die Haut des Älteren fühlte sich immer kälter an. "Nein. Aber wenn wir noch ein bisschen enger zusammenrücken, können wir die Hälfte der Decke über uns legen. Flüchtig deckte Ryouga sie zu und wartete, bis Nao in seinem Arm eingeschlafen war. ♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥♣♥ Verschlafen blinzelte Nao und drehte seinen Kopf zum Wecker. 2:27 Uhr. Warum war Ryouga noch nicht wieder zurück? Diese Nacht wollte er doch eigentlich noch hier verbringen. Leicht schwankend stand Nao auf, ging in die Küche, holte sich ein Glas Wasser und setzte sich im Wohnzimmer auf das Sofa. Wie wundervoll er geträumt hatte… Und wie sehr er sich wünschte, dass es wahr werden würde. Aber wie wahrscheinlich war das schon? Es war schon mehr, als er sich ursprünglich erhofft hatte, als Ryouga mit ihm geschlafen hatte und das wohl auch noch öfter tun wollte. Und auf emotionaler Ebene… Sie standen sich nah, waren gute Freunde, und das musste ihm reichen. Es war zu viel, das er wollte, aber so war es immer. Menschen allgemein wollten immer das, was sie nicht haben konnten. Wie sehr wünschte er sich, er könnte die Wahl seines Herzens ändern und sich jemanden aussuchen, der für ihn erreichbar war. Leider war das aber nicht möglich. Leise knackte das Schloss der Wohnungstür. Nao blieb einfach mit angezogenen Beinen auf dem Sofa sitzen. Der Jüngere würde ihn schon aufspüren und sich zu ihm gesellen. Oder ihn zurück ins Bett bringen. "Nao, hey. Schon ausgeschlafen? Das ging aber schnell." Ruhig hockte der andere sich vor ihn. "Noch nicht wirklich, aber ich war halt wach und wollte auf dich warten." "Lieb von dir, aber komm jetzt. Du musst morgen früher aufstehen als ich." "Nein. Ich will noch ein bisschen hierbleiben." "Vergiss es." Nahezu mühelos hob Ryouga ihn hoch und brachte ihn ins Schlafzimmer, legte ihn dort auf dem Bett ab. "Warte kurz, ich geh noch schnell ins Bad, ziehe mich dann um und bin dann schon bei dir. Okay?" Nao nickte und kroch unter die Bettdecke. Es dauerte nicht lange, bis der Jüngere sich mit einem wohligen Seufzen neben ihn legte. "Endlich Feierabend." "War es im Club sehr anstrengend?" Interessiert sah Nao in Ryougas Richtung, auch wenn er wegen der Dunkelheit nicht viel erkennen konnte. "Nicht so sehr, aber wir haben im Moment noch extreme Sicherheitsmaßnahmen am Laufen, dann hat die Polizei uns alle noch befragt und dann war es auch schon ziemlich spät. Und dann war Schule heute auch nicht ganz… energiesparend, wenn auch schöner als sonst. Hatte ich mich eigentlich schon bei dir bedankt?" Ryouga strich ihm sanft über die Wange. "Dein Geschenk war großartig. Und kreativ." Nao lachte leise. "Kein Problem." Zaghaft rutschte er an den Jüngeren heran und kuschelte sich vorsichtig an ihn. Sanft nahm Ryouga ihn in den Arm und hielt ihn fest. "Schlaf jetzt. Du solltest dich gut ausruhen, morgen ist immerhin der letzte Schultag vor den Sommerferien." Nao nickte. "Eigentlich eine Schande, dass du nicht mitkommst." "Reno ist morgen auch nicht da. Seine Großmutter hat Geburtstag und kommt dann immer her. Ich habe sie bisher zwei Mal gesehen, als sie zu Besuch war, und sie scheint irgendwas an mir total toll zu finden." Wieder nickte der Ältere und schloss die Augen. Irgendetwas an Ryouga toll zu finden, war auch alles andere als schwer. Er war toll, daran ließ sich eben nichts ändern. Plötzlich fühlte Nao sich wieder schrecklich müde. "Weiß sie, dass ihr nicht wirklich hetero seid?" "Wie kann man unwirklich nicht hetero sein? Nein, also, sie weiß, dass Reno lieber Männer als Frauen im Bett hat, aber mit mir hat sie noch nie darüber gesprochen. Ich glaube, sie ahnt, dass Reno und ich uns da wieder ziemlich ähnlich sind." Der Kleinere gähnte und brummte nur noch irgendetwas Unverständliches, bevor sein Atem wieder ruhig und gleichmäßig wurde und er in seine Traumwelt abdriftete. Sanft sah Ryouga den Schlafenden an. Seine Haare standen etwas zerzaust ab, aber sein Gesicht war genauso friedlich wie Stunden zuvor. Das schwache Licht der Lampe, die er eingeschaltet hatte, nachdem sein Mitbewohner eingeschlafen war, machte den Moment etwas unrealistisch, viel zu traumhaft. Aber wie war es nur möglich, dass Nao so friedlich aussah? Wie konnte jemand mit einer so bewegten Vergangenheit so ruhig schlafen und dabei auch noch so niedlich aussehen? Das war doch auch nicht fair. Liebevoll strich er dem anderen durch das dunkle Haar. Es war immer noch ein seltsames Gefühl, zu einem Lehrer ein so enges Verhältnis zu haben, aber zu Nao hatte er eine Verbindung, die noch über Freundschaft hinausging. Er wusste nicht genau, wo er dieses Gefühl einordnen sollte, aber es kam ihm bekannt vor, nur halt in schwächerer Form. War es nicht genau dieses Gefühl, das er damals bei Ken gehabt hatte? Nur, dass es bei Nao stärker war? War das diese berüchtigte Liebe? Oh nein. Genau das musste es sein. Er liebte Nao. Und das war alles andere als gut. Er durfte seinen Lehrer, der dazu noch ganze 13 Jahre älter war als er selbst, nicht lieben. Nicht, dass ihn der Altersunterschied störte, aber sein Vater bereitete ihm Sorgen. Was würde der dazu sagen, dass sein Sohn es geschafft hatte, sich in einen Lehrer zu verlieben? Das war ganz allgemein eine ziemlich spannende Frage. Wie würden die anderen reagieren, wenn er es ihnen erzählte? Uruha würde wahrscheinlich wieder erst einmal lachen. Vielleicht hatte er ja schon an dem Tag gedacht, dass sich zwischen ihm und Nao mehr entwickelte als eine Freundschaft. Iv würde ihn wahrscheinlich mit diesem ungläubigen Zuckerblick ansehen und ihn fragen, wo sein Verstand geblieben sei. Weiter würde er dazu wahrscheinlich nichts sagen. Ko-ki würde eiskalt fragen, weshalb er sich in diesen Lehrer verliebt hatte. Das fragte er selbst sich ja auch. Und das würde er sich auch noch öfter fragen. Welch Wunder. Shin würde einfach nur mit den Schultern zucken, ganz nach dem Motto: So lange du glücklich bist, besteht doch überhaupt kein Problem. Zwar wäre er wahrscheinlich auch zuerst überrascht, immerhin war Nao ein Lehrer und somit eigentlich tabu, aber das würde sich schon legen. Und Reno… Reno hatte eine Affäre mit ihrem Physiklehrer, also konnte der eigentlich gar nichts dagegen haben. Seine Begründung wäre wahrscheinlich eh, dass das zwischen ihm und Hiroto eine völlig unverbindliche, rein körperliche Sache war, und so lange das so blieb, konnte er es ja auch jederzeit beenden. Ob das stimmte oder nicht war auch Ansichtssache. Sein Vater würde eh durchdrehen, so lange er kein junges, hübsches Mädchen anschleppte. Dass Nao ein Lehrer war, machte die Situation zwar nicht wirklich besser, aber es gab auch noch Schlimmeres. Seine Mutter würde wahrscheinlich erst mal gar nichts dazu sagen. Wobei, vermutlich würde sie nie etwas dazu sagen. Sie hatte wohl an sich mit dem Punkt, dass er sich in einen Mann verliebt hatte, als auch mit dem, dass dieser sein Lehrer war, kein Problem. Sie schien allgemein alles, was er tat, anzunehmen. Aber warum dachte er überhaupt schon über die Reaktionen der anderen nach? Er war nicht mit Nao zusammen und wusste auch nicht, ob dieser ihn liebte. Natürlich hatte er bemerkt, dass er Macht über seinen Lehrer hatte, nur wusste er nicht, woher diese kam und was das bedeutete. Und selbst wenn Nao ihn auch liebte und sie eine Beziehung führten, öffentlich machen konnten sie das dann trotzdem noch nicht. Ein leises, angestrengtes Seufzen kam über seine Lippen. Das ganze Nachdenken half ihm auch nicht wirklich weiter und er sollte sich lieber ausruhen. Der Tag war lang gewesen. Leise schaltete er das Licht aus, schloss die Augen und schlief ein, Nao immer noch im Arm haltend. _________________________________________________________________________________ Kapitel Nummer 17. In zwei Wochen haben wir die 18 und somit die Halbzeit erreicht. Wie dem auch sei... Eine Rückblende, eine Traumsequenz und zwei Hauptcharas, die sich immer näher kommen. Ist doch für ein Kapitel eine ganz schöne Entwicklung, auch wenn wir noch nicht mal die Hälfte haben. Und noch ist nicht absehbar, ob es ein Happy End geben wird oder nicht. xD Na ja, wie gesagt, nächster Upload in zwei Wochen, vielleicht wird es irgendwann ersichtlicher. ;D Hikari Kapitel 18: Smaragd ------------------- Weckerklingeln. Am frühen Morgen. Ryouga murrte widerwillig, öffnete aber die Augen. Nao streckte sich gerade und schaltete den Wecker aus. "Morgen", nuschelte Ryouga und blinzelte. Warum zum Teufel war es so hell? "Guten Morgen. Schlaf weiter." Der Ältere küsste ihn leicht auf die Stirn. "Gleich. Nao, halt mal still." Schnell griff der Größere nach seinem Handy. "Lächeln." "Warum?" "Weil ich ein Bild von dir zu meinen alten Freunden mitnehmen will." Zufrieden betrachtete er das Foto. "Darf ich jetzt aufstehen?" Immer noch lächelnd stemmte Nao sich ein Stück hoch und stand dann wirklich auf. "Schlaf noch ein wenig. Du siehst müde aus." Ryouga nickte und wickelte sich in die Decke. Er fror nicht, aber wenn man erst einmal neben einem Menschen aufgewacht war oder auch neben ihm geschlafen hatte, blieb man ungern allein im Bett liegen. Eine besondere Wärme verschwand einfach. Eigentlich wäre er auch aufgestanden, aber er war noch zu müde. Er hatte keine vier Stunden geschlafen und das Wochenende stand bevor. Nicht, dass seine Freunde ihn nicht ausschlafen lassen würden, aber sie würden ihn auch abends auf Partys schleppen. Mindestens Freitag und Samstag. Urlaub war ein bisschen etwas anderes. "Morgen, Ryou." Lächelnd ließ Reno ihn in das Haus treten. "Morgen. Deine Oma schon hier?" "Hm. Sie kann es gar nicht erwarten, dich zu sehen." Genervt verdrehte Reno die Augen. "Neuerdings versucht sie mir einzureden, wie gut wir doch zusammenpassen würden und dass ich mich etwas um dich bemühen soll." Ryouga musste lachen. "Deine Oma ist immer noch die Beste. Wir können ja eine kleine Kuschelstunde im Wohnzimmer einlegen, damit sie sich freut." "Wenn das für dich kein Problem ist, können wir das tun. Deine Tasche kannst du in mein Zimmer bringen." Ryouga nickte. Seine Tasche war so vollgestopft, dass sie kaum noch zuging, aber für ein Wochenende brauchte er eben etwas. "Wie läuft's eigentlich in deiner Wohngemeinschaft?", fragte der Größere plötzlich. "Gut, wieso?" "Er ist immer noch dein Lehrer, das könnte zu Konflikten führen und auf kurz oder lang wird das auch so sein." "Ach, Reno, wir verstehen uns ausgezeichnet und gestern hat er mir… ein sehr nettes Geschenk gemacht." Ryouga grinste bei dem Gedanken daran. Ein sehr nettes Geschenk, ja, das traf es sehr gut. Nicht jeder würde einfach seinen Körper verschenken. "Aha." Reno beobachtete, wie Ryouga seine Tasche abstellte. "Seid auf jeden Fall vorsichtig, nicht jeder würde es gut finden, dass Lehrer und Schüler zusammen wohnen, davon, dass der eine den anderen beschenkt, ganz zu schweigen." "Und nicht zu vergessen die Tatsache, dass einige Lehrer sich von ihren Schülern ficken lassen. Zum Beispiel Hiroto Ogata. Gerüchteweise, versteht sich." Ruhig strich der Jüngere sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er musst seinem besten Freund ja nicht auf die Nase binden, dass er seit Neuestem mit Nao schlief. "Ist schon gut, ich will nicht mit dir streiten." Der Ältere lächelte ihn beruhigend an. "Lass unss nach unten gehen." "Hallo." Freundlich lächelnd betrat Ryouga das Wohnzimmer und ging zielstrebig zum Sofa, auf dem Renos Oma saß. "Alles Gute." "Ryouga-kun, wie schön, dass du da bist." Entzückt lächelte die ältere Dame ihn an. "Reno, kümmere dich heute besonders gut um ihn, er ist unser, oder eher mein, Ehrengast." Ryouga musste sich zusammennehmen, um nicht zu lachen. Wenn das kein sehr schlecht verdeckter Verkupplungsversuch war, wusste er auch nicht mehr weiter. Reno schüttelte den Kopf. "Du kannst dich selbst gut um ihn kümmern. Er ist dein Ehrengast." "Du wirst das aber für mich tun. Außerdem bin ich mir sicher, dass er sich lieber von einem attraktiven, jungen Mann wie dir als von einer alten Schachtel wie mir umsorgen lässt." "Natürlich." Genervt ließ Reno sich hinter ihm auf der Lehne nieder und legte ihm einen Arm um die Schultern. Zufrieden seufzend lehnte Ryouga sich an ihn und sie tauschten einen verschwörerischen Blick. Wenn man einer alten Frau so einfach eine Freude machen konnte, sollte man das auch ruhig tun. Schaden konnte das ja nicht. Und es war nicht unangenehm, seinem besten Freund so nahe zu sein, immerhin waren sie auch schon über die Grenze hinausgegangen. Sie hatten Sex gehabt, zwei Mal. Davon wusste außer ihnen zwar so gut wie niemand etwas, aber trotzdem war es so. Endlich war der Tag vorbei. Zumindest fast. Zeitweise hätte Ryouga Renos Großmutter den Hals umdrehen können, einige ihrer Anspielungen waren weitaus mehr als eindeutig gewesen. Von einer so alten Frau so viel Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Beziehungen, damit rechnete doch niemand! Geschweige denn von so viel Vorstellungsvermögen, ohne dass sie gar nicht auf diese Dinge kommen würde! Wenigstens lagen sie jetzt im Bett und hatten ihre Ruhe vor der Frau, auch wenn Ryouga irgendwie das Gefühl hatte, das von ihnen erwartet wurde, dass sie in dieser Nacht miteinander schliefen. Selbstverständlich wäre es nur Sex, wie Ryouga ihn schon mit vielen anderen vorher gehabt hatte, und Reno auch, aber aus irgendeinem Grund blockierte irgendetwas sogar die Idee. Seine Gefühle für Nao machten ihm einen ganz gepflegten Strich durch die Rechnung. "Ryou, was ist los mit dir?" Zögernd nahm Reno seine Hand und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken. "Ich will nicht darüber reden. Deine Oma hat übrigens ziemlich genervt mit ihren Anspielungen." "Netter Versuch. Jetzt sag schon." "Nein." Ryouga war fest entschlossen, erst einmal nicht mit Reno über seine Gefühle für Nao zu reden. Es brachte ihm auch nichts und er wollte sich nicht schon wieder irgendetwas vorwerfen lassen, wofür er nichts konnte. "Schön. Wir beide wissen, dass meine gesamte Familie heute Nacht lauschen wird? Sie erwarten, dass zwischen uns etwas läuft. Lust auf Sex?" "Nicht wirklich. Du?" "Irgendwie schon, aber auch irgendwie nicht. Ich weiß es nicht so genau." Ryouga lachte leise. "Soll ich mich um dich kümmern? Sie werden enttäuscht sein, wenn wirklich keiner von uns stöhnt und unten zu hören ist." "Du willst es mir also besorgen? Kleiner Blowjob, oder wie?" Bestätigend nickte der Kleinere. Das war etwas, wogegen sein Gewissen nichts einzuwenden zu haben schien. "Warum nicht? Der Gedanke ist verlockend. Mach nur, ich werde dich nicht davon abhalten." Lächelnd küsste er den Älteren kurz und rutschte dann mitsamt Bettdecke abwärts. "Ryou, aufstehen, dein Zug fährt in zwei Stunden." Sanft spürte er Renos Atem an seinem Ohr. "Übrigens warst du gestern Abend unglaublich." "Und du laut. Man hat dich wahrscheinlich noch zwei Häuser weiter gehört." Frech grinste Ryouga den anderen an. "Ups." Ein zarter Rotschimmer legte sich auf die Wangen des Älteren. "Was soll's. Danke für den Weckdienst." Lustlos stand Ryouga auf und ging ins Bad, alles Notwendige aus der Tasche, die er mitgenommen hatte, mit sich nehmend. Er musste auf jeden Fall sein Alltagsstyling in etwas verbesserter Form durchziehen, er wollte einen guten Eindruck machen, wenn er zu seinen alten Freunden reiste. Wobei die ihn sowieso in bester Erinnerung behalten haben mussten. Und sie genau wussten, dass er immer noch der Alte war, dafür telefonierte er oft genug mit ihnen. Apropos telefonieren. Nao hatte sich gestern gar nicht gemeldet. Hoffentlich war ihm nichts passiert. Nachdenkend stellte Ryouga sich unter die Dusche und schaltete das Wasser ein. Spätestens am Abend würde er seinen Lehrer anrufen, wenn dieser sich nicht meldete. Der Zug nach Akita war nicht voll, es waren noch genug Plätze frei. Trotz Ferienanfang schienen die meisten Menschen nicht zu verreisen, aber diese Fernzüge waren meistens eh nicht so voll wie die Züge innerhalb der Region, die die Arbeitenden transportierten. Gedankenversunken sah Ryouga aus dem Fenster. Er war nervös. Warum wusste er selbst nicht, es waren doch nach wie vor seine Freunde. Aber hatte er sich verändert? Er hatte nichts davon wahrgenommen, aber vielleicht hatte er sich trotzdem verändert. Wegen seinen Freunden. Wegen Uruha. Auch wegen Kazuki und seinem neuen Job. Und vor allem wegen Nao. Bei dem Gedanken an seinen neuen Lieblingslehrer und Mitbewohner schlich sich ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht. Er liebte den Älteren wirklich, und dass wurde ihm von Tag zu Tag bewusster. Die Frage war nur, ob er mit Nao darüber reden sollte oder nicht. Wollte er das überhaupt? Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass Nao genauso für ihn fühlte? War er bereit, das Risiko, verletzt zu werden, einzugehen? Noch nie war er in so eine Situation geraten. Noch nie hatte er Liebeskummer gehabt, und er wollte es auch so gut wie möglich vermeiden. Leise seufzte Ryouga und schloss die Augen. Wahrscheinlich würde es eh nichts bringen, mit Nao zu reden. Da konnte er genauso gut schweigen, so lange er es aushielt. Warum konnten seine Gedanken nicht bei ihm bleiben? Es war schrecklich, immer an Nao denken zu müssen und sich auf nichts mehr konzentrieren zu können, aber bei jedem Gedanken an den Älteren, breitete sich ein Glücksgefühl in ihm aus. Wie widersprüchlich das doch wieder war. Es war wirklich furchtbar, wenn Gefühle sich so widersprachen. Was auch immer er dagegen tun konnte, er würde es tun, ohne Zögern, aber es brachte nichts. Eben weil es keine Möglichkeit gab. Es war zum Verzweifeln. Warum hatte er sich ausgerechnet in seinen Lehrer verlieben müssen? Warum hatte immer er das ganz große Glück? Und seit wann war er zu feige, das Maul aufzukriegen? Normalerweise redete er einfach drauf los, ohne Rücksicht auf Verluste oder Gefühle anderer. Und er kämpfte um das, was er wollte. Nur brachte er das irgendwie auch nicht fertig. Fazit: Seine Gefühle für Nao lähmten ihn. Sollte Liebe nicht eigentlich stärken? Warum geschah dann mit ihm das absolute Gegenteil? Er musste sich dringend etwas einfallen lassen. Er wollte nicht mit Nao reden, aber vielleicht konnte er es schaffen, diesen auch so komplett für sich zu beanspruchen. Gelangweilt sah Nao auf die vor ihm liegenden Teile des Kleiderschranks. Das Wohnzimmer war fertig. Eigentlich hatte er noch mehr als genug zu tun, aber allein zu arbeiten war so langweilig. Und ihm fehlte die Motivation. Er vermisste seinen neuen Mitbewohner viel zu sehr. Viel mehr, als es gut für ihn war. Aber wer konnte ihm helfen und ihn ablenken? Ihm fielen genau drei Personen ein. Und einen von denen rief er auch sofort an. "Meine Fresse, Nao, was ist denn jetzt schon wieder los? So viel Kontakt wie in der letzten Woche hatten wir in den ganzen vorigen Jahren nicht!" "Danke für die nette Begrüßung, Jin." Nao musste lachen. "Haben Manabu und du Zeit?" "Weshalb? Wie lief überhaupt dein Plan? Und wieso meldest du dich erst heute? Es ist schon Freitag!" "Das kann ich dir erklären, wenn ihr hier seid. Mir ist langweilig, ich bin einsam und ich habe hier noch Arbeit, die mit mehreren Personen einfach mehr Spaß macht." "Wir sollen dir beim Arbeiten helfen? Na danke, nett von dir. Manabu, hast du heute noch etwas vor?" Kurz war eine Diskussion am anderen Ende der Leitung zu hören. "Nao, zahlst du die Mahlzeiten? Lässt Manabu fragen." "Ehrensache." Wieder diskutierten die anderen beiden leise. "In Ordnung. Wir sind in einer halben Stunde bei dir. Ich hoffe, du hast genug Getränke und ein bequemes Sofa für ein Feierabendbier." "Mein Sofa ist sehr bequem, und sonst ist das Bett ein guter Sitzplatz." "Hm. Bis gleich." Nao lächelte zufrieden. Wenigstens war er für den Rest des Freitags nicht mehr allein, er würde angenehme, wenn auch neugierige Gesellschaft haben. Und vielleicht musste er dann nicht mehr ständig an Ryouga denken. Auch wenn das unwahrscheinlich war. Ein wenig Glück konnte er auch einmal haben. "So, Nao", seufzte Jin zufrieden und sah sich im komplett aufgebauten Schlafzimmer um. "Wir sind fertig hier. Jetzt auf ins Wohnzimmer und dann musst du mir noch alles erzählen, was Mittwoch nach dem Unterricht war. Und Details, wenn ich bitten darf!" Aufgrund der Neugier des anderen Brünetten musste Nao grinsen. "Alle Details? Lieber nicht, sonst verlangt dein kleiner, armer Körper noch nach sehr viel Aufmerksamkeit." "Manabu ist doch hier, der kann sich dann um mich kümmern, wenn du nicht willst." Jin zuckte mit den Schultern und lächelte Erwähnten liebevoll an. "Kleiner, wir sind hier nicht zuhause", ermahnte der Schwarzhaarige ihn ruhig. "Und? Nao hat bestimmt nichts dagegen." "Trotzdem. Ich weiß, dass dir der Ort egal ist, aber jetzt und hier Sex, und das zu einer Erzählung, die dich nichts angeht?" "Von Sex war in dem Sinne auch nie die Rede." Seufzend ließ Nao sich auf das Sofa fallen und beobachtete die kleine Diskussion der beiden anderen. "Nein, Jin. Warum sollte ich? Du hast zwei gesunde Hände, also mach's dir gefälligst selbst." "Nett von dir." Mürrisch sah der Ältere den anderen an. "Ich will aber, dass du das machst." "Ich habe doch schon nein gesagt! Spreche ich französisch?" "Nein, aber du liebst mich doch. Oder?" Schmollend schob der Brünette die Unterlippe vor. Das kannte Nao nur zu gut, auf diese Weise bekam der Kleinere immer, was er wollte. So schmollend sah er auch einfach zu süß aus. Zum Quietschen. "Natürlich liebe ich dich, und das weißt du genau! Trotzdem bleibt es bei nein!" "Bitte?" Jetzt setzte der Kleinste auch noch den weinerlichen Ton ein. "Nein." Man hörte dem Schwarzhaarigen an, dass sein Widerstand langsam dahinschmolz. "Bitte…" Immer noch mit dieser weinerlichen Stimme und jetzt auch noch einem total niedlichen Dackelblick trat Jin an seinen Freund heran und küsste ihn sanft. "Verdammt, Jin, nein. Das ist nicht unsere Wohnung, und das können wir nicht tun. Nicht hier." "Doch, können wir. Bitteee…" Leise seufzte der Jüngste. Totale Kapitulation. "Wenn das für den Wohnungsmieter, sprich Nao, kein Problem ist, kann ich dir diesen Gefallen tun." Bittend sah Jin Nao an, der dank dieser amüsanten Meinungsverschiedenheit ein belustigtes Lächeln im Gesicht hatte. "Von mir aus. Aber hinterlasst keine Flecken auf meinem geliebten Sofa, klar?" "Ach, Nao, ist doch super, dass alles so gut lief. Und wie geht's jetzt weiter?" Neugierig sah Jin ihn an, kuschelte sich dabei an Manabu, der etwas vor sich hindöste. "Kann ich das allein entscheiden? Ryouga und ich passen nicht zusammen, und ich wage anzuzweifeln, dass das jemals passiert." Finster musterte Nao den Boden. "Ihr kommt zusammen, ganz bestimmt. Er mag dich, und das ist schon mal eine gute Grundlage." "Und du denkst, dass er mich mag, weil…?" Skeptisch sah Nao den Kleineren an. "Das fragst du mich jetzt nicht wirklich, oder?" Nao zuckte nur mit den Schultern. Er wusste, dass es lächerlich war, diese Frage zu stellen, besonders, da er selbst die Antwort kannte "Junge, er ist zu dir gezogen, ihr schlaft in einem Bett, ihr hattet Sex im Klassenzimmer, was nicht gerade ein perfekter Ort ist, und du fragst mich, weshalb ich denke, dass er dich mag!?" Während seiner Rede war Jin immer lauter geworden, und er war noch lange nicht fertig. "Es klang für mich so, als hätte er dir auch noch angeboten, euer kleines Techtelmechtel zu wiederholen, im Club hatte er nur noch Blicke für dich übrig, und glaub mir, selbst wenn es dir nicht aufgefallen ist, es war so! Und danach hat er dafür gesorgt, dass du heil und sicher nach Hause gekommen bist und er hat dich geküsst! Meinst du nicht auch, dass er dich mag?" Beruhigend strich Manabu dem Kleinsten durch die Haare. "Jin, jetzt holst du einmal tief Luft und zählst bis zehn, um dich zu beruhigen. Von mir aus kannst du auch das Verb 'sich beruhigen' einmal im Präsens und Präteritum durchkonjugieren, aber du kommst jetzt wieder runter. Okay?" "Nein, verdammt! Sag doch auch mal etwas dazu, wie dämlich Nao sich anstellt!" "Du hast da auch recht, aber es hat keinen Sinn, hier jetzt auszurasten." Zitternd schloss Jin tatsächlich die Augen und atmete tief durch. Innerlich schien er wirklich zu zählen und das Zittern ließ nach. "So ist es gut", lobte Manabu seinen Freund lächelnd. "Nao, es ist aber tatsächlich so. Was Jin dir jetzt an den Kopf geworfen hat, sind Tatsachen, ob du es mitbekommen hast oder nicht." "Kann sein. Wie herrlich diplomatisch du sein kannst, Manabu. Wenn ich ehrlich bin, ist es aber egal, ich will nicht länger über meine eigenwillige Beziehung zu Ryouga reden." Abwesend zupfte Nao seine Haare etwas zurecht. "Nao, darum geht es aber nicht", mischte Jin sich wieder ein. "Wir werden weiter über dein Liebesleben reden, es ist wichtig, damit auch du selbst er schaffst, die Situation mal wieder zu ordnen und zu verstehen." "Das kann ja sein, aber ich weiß schon, was los ist. Ich verstehe nicht, weshalb ich mich ausgerechnet in ihn verliebt habe, aber das wird schon einen Grund haben, und wenn es Schicksal oder göttlicher Wille war." "Du bist nicht religiös, also vergiss den Quatsch mit der glücklichen, göttlichen Fügung. Ihr gehört zusammen, wie es zu eurem Treffen kam, spielt keine Rolle mehr." Nao seufzte genervt. "Wir gehören nicht zusammen. Du weißt genau, dass ich auch nicht wirklich an die große Liebe glaube. Und selbst wenn es so wäre, wie wahrscheinlich wäre es, unter den Milliarden Menschen auf der Erde ausgerechnet diese eine Person zu finden?" "Unwahrscheinlich, aber freu dich dann doch, dass du Ryouga bei dir hast!" "Jin, nein, verflucht! Natürlich bin ich froh, Ryouga bei mir zu haben, aber doch nicht wegen einer möglichen, göttlichen Fügung! Du hast doch nicht mehr alle Tassen im Schrank!" "Jetzt komm du mal wieder runter, Nao. Ich meine es ja nicht böse, ich würde dir nur gern helfen, und manche Menschen muss man zu ihrem Glück zwingen." "Und ich gehöre dazu, oder wie?" "Im Moment schon!" "Ich hab dich auch lieb, Jin-chan." Sarkasmus pur. Langsam hatte Nao die Schnauze voll, es wurde Zeit, dass Jin und Manabu gingen. Sonst würde es heute Abend noch Krieg geben. Und Manabu schien das zu ahnen. "Schätzchen, meinst du nicht, wir sollten langsam den Heimweg antreten? Es ist schon spät und der Tag war anstrengend." Widerwillig nickte Jin. "Stimmt, ich freu mich schon auf mein Bett. Nao, wir sehen uns in den nächsten Tagen bestimmt noch." Nervös stieg Ryouga aus dem Zug und sah sich um. Ja, seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. "Ryou!" Erschrocken fuhr er herum und sah auf einen kleinen Silberhaarigen. "Ikuma, erschreck mich nicht so." Grinsend umarmte der Kleinere ihn. "Bestimmt, Großer. Wie geht's dir?" "Alles super. Können wir alles andere auf dem Heimweg oder bei dir klären? Wir müssen nicht hier am Bahnhof stehen bleiben." "Klar. Soll ich deine Tasche nehmen?" "Nein, ist so schon ganz gut." Still ging er neben Ikuma her und betrachtete den anderen aus dem Augenwinkel. Seit wann hatte der Kleinere silberne Haare? Vorher war es ein helles Blond gewesen. "Jetzt sag mal, was gibt's hier Neues?", fragte Ryouga lächelnd und sah sich um. Die Straßen hier waren immer noch so vertraut. Ihm wurde bewusst, dass diese Stadt immer noch seine Heimat war. Sein Leben. Wie sehr hätte er sich gewundert, wenn das alles einfach so verschwunden wäre? Tokyo war sein Wohnort und natürlich bedeutete es ihm viel, besonders seine neuen Freunde, aber Akita war immer noch die Stadt, in der er geboren worden und aufgewachsen war. "Hm… Kiri hat eine neue Freundin, ein verteufeltes Miststück, wenn du meine Meinung hören willst. Kaji und Ken hatten Streit, weil Kaji angeblich was von unserem Mädchen will. Und Peco tanzt weiter durch sämtliche Clubs der Stadt und verbringt die Nächte an verschiedensten Orten." "Was hat Kiris neue Freundin dir denn getan?" Ikuma schnaubte abwertend. "Diese Schlampe behauptet, ich hätte sie angegrabscht. Und Kiri glaubt ihr natürlich." "Ihr habt also Stress wegen einem Mädchen. Hatten wir dazu nicht ganz früher mal einen Schwur abgelegt, dass niemals unserer Freundschaft von so etwas zerstört wird?" "Hatten wir, aber erinnere Kiri mal dran. Er ist wirklich eifersüchtig. Cho ist zwar hübsch, aber ich würde ihm doch niemals die Freundin ausspannen! Aber jetzt mal weg von uns. Wie lief es bei dir in Tokyo? Wie ist deine Schule? Wie wohnt ihr?" Ryouga zuckte mit den Schultern. "Die Schule ist okay, Tokyo an sich auch. Bei meinen Eltern wohne ich seit gut einer Woche nicht mehr." Ikuma zog ihn am Ärmel mit zum Hauseingang. "Das musst du mir gleich genauer erzählen. Hallo, Mama." Im Flur zogen sie ihre Schuhe aus. "Hallo, Ryouga, schön, dich mal wiederzusehen. Ikuma, holst du gleich die Getränke für euch aus dem Keller? Ich koche schon für das Abendessen." "Klar. Ryou, geh schon mal hoch in mein Zimmer und mach's dir bequem." Ryouga nickte und ging die Treppe hoch. Ikumas Zimmer sah immer noch so aus wie vor einem halben Jahr. Die Zeit schien hier nicht wirklich weitergelaufen zu sein. "So." Lächelnd schloss der andere die Tür, stellte die Gläser auf den Nachttisch und drückte Ryouga aufs Bett. "Erzähl mir erst mal von deinen neuen Freunden. Wie heißen sie? Wie sind sie so? "Hm. Du wirst es nicht glauben, aber ich bin mit meinem Schulrektor befreundet. Uruha ist wirklich nett. Meine eigentlichen Freunde Reno, Shin, Ko-ki und Iv gehen auf meine Schule, sie haben mich gleich in ihre Clique aufgenommen. Und seitdem sind wir die absolute Führung der Schule, so etwas wie die High Society. Ich arbeite jetzt seit letztem Wochenende als Barkeeper und meine Kollegen sind auch ganz cool. Kazuki ist mittlerweile ein guter Freund von mir und hat mir auch den Job besorgt. Und dann gibt es da noch Nao." Automatisch musste Ryouga lächeln. Ikuma grinste wissend. "Unser Eisprinz ist verliebt. Erzähl mir mehr über ihn." "Woher weißt du, dass ich verliebt bin?" "Merkt man einfach. Du wirkst glücklicher und auch noch ausgeglichener als früher." "Ach so." Ryouga lachte. "Warte." Schnell zog er sein Handy aus der Tasche und zeigte seinem Freund ein Foto von Nao. "Das ist er." "Hübsch. Du sollst mir aber mehr erzählen. Dass er älter ist als du, sehe ich." "Er ist 30 und… mein neuer Lehrer." Den letzten Teil fügte er leiser hinzu, und dass auch nur nach einem deutlichen Zögern. "Du hast was mit deinem Lehrer?" Ikuma sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. "Nicht wirklich. Wir hatten einmal Sex. Er lässt mich bei sich wohnen, nachdem ich von Zuhause abgehauen bin, aber wir sind nur gute Freunde." "Wenn du nicht in ihn verliebt wärst." Ryouga nickte und lehnte sich zurück an die Wand. "Bist du eigentlich noch immer ungeküsst?" Genervt seufzte der Angesprochene. "Wenn du damit meinst, dass ich noch keinen Mann geküsst habe, ja." "Warum nicht? Hast du Angst, doch zum Teil auf Männer zu stehen?" Seufzend strich Ikuma sich durch die Haare. "Das nicht. Und wenn ich bi wäre, was soll's? Ich vertraue einfach keinem genug." "Mir vertraust du", warf Ryouga ein und lächelte geheimnisvoll. "Schon, aber du warst dann plötzlich weg, als ich dich darum bitten wollte." Verlegen biss der Ältere sich auf die Unterlippe. "Wärst du jetzt noch interessiert?" "Nur ein Kuss, vielleicht. Eher ja. Aber wenn ich nur daran denke, weiter zu gehen, selbst die Vorstellung macht mir Angst." "Nur ein Kuss, weiter würde ich auch nicht gehen." Beruhigend legte Ryouga seine Hand auf Ikumas. Der Ältere sah ihn unsicher an, hielt ihn aber nicht davon ab. Vorsichtig verschloss Ryouga ihre Lippen miteinander, aber nur kurz und leicht. Trotzdem erschauderte der andere merklich. Abwartend sah Ryouga ihn an. Immerhin war er selbst noch in der Lage, andere Männer als Nao zu küssen. Und - dank Reno festgestellt - auch noch zu verwöhnen, ohne dass sein Gewissen im Dreieck sprang. "Okay…", der Kleinere räusperte sich verlegen. "Das ist gerade eine komische Situation." Ryouga wuschelte ihm durch die Haare. "Klar ist es das, aber ich glaube, es ist normal, nicht zu wissen, was man sagen soll." Einen Moment sahen sie sich an und fingen dann an zu lachen. "Oh Mann, wie bescheuert wir uns anstellen. Wie Zwölfjährige", japste Ikuma und drückte seine Hände auf seinen Bauch. "So alt sind wir doch noch gar nicht, als das wir das nicht mehr dürften." "Ist es für dich eigentlich kein Problem, andere als deinen Schwarm zu küssen?", fragte der Silberhaarige nach einer Weile leise. Ryouga zuckte mit den Schultern. "Weißt du, das ist für mich das kleinere Übel. Ich kann nur mit keinem anderen mehr Sex haben, im Moment zumindest nicht. Mein Gewissen und meine Gefühle blockieren mich, weshalb auch immer." "Würdest du gern mit anderen ins Bett? Ich weiß ja noch aus der Zeit, als du mit den anderen zusammen warst, dass du nicht gerade die treueste Seele bist." "Mit den anderen war das etwas anderes. Etwas, das mit dem, was jetzt für Nao in mir ist, gar nicht vergleichbar ist." "Ist es leicht, einen Mann zu lieben?" Nachdenklich sah der Silberhaarige auf seine Hände. "Ist es für dich leicht, eine Frau zu lieben? Wenn du dir diese Frage beantwortest, hast du auch die Antwort auf die, die du mir gestellt hast." "Weißt du, Ryou, das ist alles nicht so einfach. Frauen sind Biester. Nehmen wir Cho jetzt einfach mal als Beispiel. Sie will die Freundschaft zwischen Kiri und mir zerstören, und sie ist auf dem besten Weg, das auch zu schaffen. Kiri weiß wie alle anderen auch, dass ich hetero bin, und er glaubt ihr einfach so. Und ich kann nur zusehen, wie ich einen weiteren guten Freund verliere. Meinen besten habe ich zwar nicht ganz verloren, aber er ist weit weg. Und jetzt will diese Schlampe mir auch noch Kiri nehmen." Der Ältere seufzte traurig. Er klang ernsthaft verzweifelt. "So hast du vorher aber nicht über Frauen gedacht. Was ist denn zwischen Kimiko und dir vorgefallen?" "Das Miststück hat mich mit ihrem Cousin betrogen", schnaubte Ikuma hörbar aufgebracht. "Nach fast zwei Jahren! Und dann meinte sie auch noch, dass das meine Schuld wäre und dass er ja sowieso so toll ist! Da bleibe ich doch lieber allein." "Aber nicht alle Frauen sind so", gab Ryouga zu bedenken. "Wir könnten Cho aber eine Falle stellen und sie so ins offene Messer laufen lassen." "Ich hab nichts mehr zu verlieren. Also, wie lautet der Plan?" Plötzlich schien der Kleinere Feuer und Flamme zu sein. _________________________________________________________________________________ Halbzeit! xD Ernsthaft, die Hälfte ist geschafft. Und Ryouga ist wieder in seiner alten Heimat. Was da so Schönes passieren wird... Wer weiß. ;D Ich habe jetzt gar keine Lust, ein langes Nachwort zu tippen, genauso wenig wie ich die Rechtschreibung noch mal überflogen habe, aber es wird schon nicht so grausig sein. Hoffe ich. Bis in zwei Wochen.^^ Kapitel 19: Bernstein --------------------- "Ryou, alle kommen mit, auch Kiri und Cho." Ikuma lehnte im Türrahmen zum Bad und sah Ryouga zu, wie dieser eine Haarsträhne wieder glättete. Oder es zumindest versuchte. Seine Haare wollten mal wieder nicht so wie er. "Dann ist ja gut. Mal gucken, ob unsere Fall zuschnappt. Wann treffen wir uns wo?" "In zwei Stunden vor dem Paradise. Ich sollte dich vielleicht noch vor Ken warnen." Ruhig stellte Ikuma sich neben ihn und kramte sein Make-Up aus dem Schrank. "Wieso? So schlimm ist er doch gar nicht." Mit hochgezogener Augenbraue sah Ryouga zu dem Silberhaarigen hinab, nachdem er die letzte widerspenstige Haarsträhne doch noch gebändigt hatte. Gelobt sei das Haarspray! "Er vermisst dich unheimlich. Sagt er zumindest, und er will dich unbedingt zurück haben." "Und du glaubst, er wird rumzicken?" Der Größere griff nach seiner Tasche mit dem Make-Up und stellte sie auf den Rand des Waschbeckens. "Er wird sich auf jeden Fall anstrengen, um deine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Und er könnte eifersüchtig werden. Du weißt genau, wie er dann ist." "Vielleicht sollten wir ihn dann einweihen, dass er sich zumindest ruhig verhält, bis die Sache gelaufen ist." "Ich nehme ihn mir dann mal zur Seite. Wäre wohl wirklich besser, ihn einzuweihen." Ryouga nickte und beschäftigte sich sorgfältig mit seinem Aussehen. Er gab sich wirklich Mühe, es war wichtig, heute Abend perfekt auszusehen. "Peco!" Ryouga hatte den Blonden schon von Weitem erkannt. Dieses Wesen ließ sich einfach nicht übersehen, und er konnte dem Drang, nach diesem zu rufen, einfach nicht widerstehen. Verwundert drehte der Angesprochene sich zu ihnen um. Trotz der Distanz wusste Ryouga genau, wie freudig der andere grinste. Schnell lief dieser auf sie zu und sprang ihm auf den Arm, riss ihn dabei fast um. "Ryou, du bist wieder hier!", quietschte der Blonde in der höchstmöglichen für ihn erreichbaren Oktave. "Das hast du aber gut bemerkt." Ryouga lachte und stellte den anderen auf den Boden, drückte ihn aber fest an sich. "Ich freu mich auch, dich zu sehen." "Freuen ist gar kein Ausdruck! Das ist einfach wundervoll, seit Monaten habe ich auf diese Ferien gewartet!" Strahlend legte er seinen Kopf auf Ryougas Schulter. "Ich auch. Ich wollte euch zwischendurch teilweise so gern besuchen, aber ich musste zur Schule." "Ryou, könnten wir nicht auch einmal zu dir nach Tokyo kommen?", fragte Peco leise. "Schon, aber ich wohne nicht mehr bei meinen Eltern. Und die Wohnung, in der ich im Moment mit wohne, ist zwar für drei Personen in Ordnung, aber wir wohnen da schon zu zweit und teilen uns das Bett. Wenn ihr einen Platz findet, wo ihr übernachten könnt, könnt ihr gern vorbeikommen." "Ich lass mir was einfallen." Fröhlich löste Peco sich aus der Umarmung und stellte sich neben Ryouga, zog diesen dann die Meter bis zum Treffpunkt mit sich. "Ryou, was machen wir heute Abend so Schönes?", fragte der Blonde neugierig. "Was macht man in einem Club? Saufen und Feiern vielleicht?" "Tanzt du mit mir?" Der Kleinere setzte den unschuldigsten Engelsblick auf, der er im Repertoire hatte. "Störe ich?" Sanft lächelnd stellte sich eine schwarzhaarige Person zu ihnen. Hörte man diese Stimme nicht und kannte die Tatsache nicht, hätte man vermutlich von einem hübschen Mädchen gesprochen. Nur war er kein Mädchen. "Nein, warum solltest du, Ken?" Ryouga betrachtete ihn genau. Er war hübsch und genauso feminin wie früher auch. Hier schien sich wirklich nichts verändert zu haben. Es war erschreckend, wie gleich alles geblieben war. "Du siehst gut aus", begrüßte Ryouga seinen Ex-Freund. Und das war eine Tatsache. "Du auch, Ryou. Vielleicht sogar besser als früher." Flüchtig berührte der Schwarzhaarige ihn. Das würde in den nächsten Tagen noch kompliziert werden. Besonders, wenn er dem anderen signalisieren musste, dass er kein Interesse mehr an ihm hatte. "Sind wir die letzten?" Kiri trat mit einem wirklich hübschen Mädchen zwischen Ken und Peco. Ryouga musterte das Mädchen flüchtig. Das war also Cho, Kiris neue Eroberung. Sie hatte lange, dunkle Haare, die ihr in weichen Wellen über die Schultern fielen. Ihre Haut schimmerte hell in der herrschenden Nacht, ihre Augen bildeten trotz des zärtlichen Ausdrucks einen harten Kontrast. Ihr Gesicht war schön und zart, ihre ganze Figur eher weiblich. Irgendetwas stimmte mit diesem Mädchen aber nicht. Ryouga wusste nicht, was es war, aber sein Instinkt sagte ihm, dass er möglichst schnell möglichst weit weg musste. "Ryouga, alles klar bei dir? Ich freu mich, dass du wieder da bist." Kiri umarmte ihn kurz. "Das ist Cho, mein aktueller, ganzer Stolz. Und das hoffentlich noch lange." Kurz begrüßte das Mädchen ihn. Ryouga lächelte sie geheimnisvoll an. "Freut mich, Cho. Ich habe schon von dir gehört." "Hoffentlich nur Gutes." Offen lächelte das Mädchen zurück. Ihre Stimme war glockenhell. Trotzdem stimmte irgendetwas mit ihr überhaupt nicht, das hatte Ryouga im Gefühl. Aber er musste weiter auf unwissend tun. "Aber selbstverständlich. Und Kiri, wie du siehst, fehlt Kaji auch noch." "Stimmt gar nicht. Hier bin ich doch schon. Hey, Ryou." "Sind wir dann so weit?", fragte Ikuma mit einem leicht genervten Seufzen. "Ich geh mal vor die Tür", meinte Ryouga drei Stunden später. Die gesamte letzte Zeit hatte er möglichst unauffällig mit Cho geflirtet. Und sie hatte besser als erhofft darauf reagiert. Ruhig stand er auf und machte sich auf den Weg nach draußen. Wenn alles so lief, wie es sollte, würde Cho ihm folgen. Und dann würde Ikuma mit Kiri nachkommen. Die kühle Nachtluft begrüßte Ryouga. Vor dem Club war alles gut beleuchtet. Der perfekte Ort. "Darf ich dir Gesellschaft leisten?" Schüchtern legten sich zwei zarte Arme um seinen Körper. "Wenn du möchtest", erwiderte er ruhig, befreite sich und drehte sich um. "Ja, möchte ich. Weißt du", begann sie mit einem frechen Lächeln im Gesicht, "du bist ein attraktiver Mann und bestimmt ein guter Liebhaber." "Aha." Ryouga nickte leicht. Er hätte sich übergeben können, so widerlich war es, von der Freundin eines guten Freundes angegraben zu werden, aber da musste er durch. "Das würde ich gern ausprobieren." "Darf ich dich an Kiri erinnern? Dein Freund, schon vergessen?" Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie Ikuma und Kiri in einem Schatten in Hörweite standen und gespannt zu warten schienen. Das lief einfach großartig. "Kiri ist eine nette Freizeitbeschäftigung, aber sehe ich aus, als wäre ich auf Liebe aus?" "Was für ein Problem hast du mit Ikuma?" "Er ist der einzige, der mir noch gefährlich werden kann. Also muss er weg." "Cho, sag mal, spinnst du?" Kiris Stimme durchschnitt laut die Luft. Es war ihm offenbar zu viel geworden, und das Wichtigste hatte er gehört. Sichtlich erschrocken fuhr Cho herum und sah ihren Freund geschockt an. "Ich… Was… Nein! Es ist nicht so, wie es aussieht! Ryouga hat mich angemacht und…" "Darf ich dazu was sagen?", mischte Ryouga sich wieder ein. "Du bist für ein Mädchen zwar ziemlich hübsch, aber… allgemein finde ich Männer interessanter. Das ist ein offenes Geheimnis." "Eben!", fauchte Kiri. "Außerdem habe ich genug mitgehört! Was bist du für ein verlogenes Miststück?!" Cho starrte Ryouga wütend an, der aber blieb völlig ungerührt stehen. Vor einem kleineren und schwächeren Mädchen hatte er keine Angst. Wäre ja noch schöner. "Du bist so ein Arsch!", schrie sie ihn an. "Ich weiß." Gleichgültig verschränkte Ryouga die Arme vor der Brust. "Und so intrigante Schlampen wie du haben es einfach nicht besser verdient, als gehörig verarscht zu werden. Ist nichts Persönliches, aber kein Mädchen hat das Recht, diese Clique zu zerstören." "Cho, lass dich nie wieder bei mir blicken", steuerte Kiri gezielt das Ende des Gesprächs an. "Meine Freunde sind mir wichtiger als du. Und jetzt verpiss dich!" Cho warf Ryouga noch einen rachsüchtigen Blick zu und stolzierte davon. "Schön. Da wir das geklärt hätten, gehe ich wieder rein und ihr sprecht euch gefälligst aus!" In der Sitzecke empfingen ihn fragende Blicke, als er sich auf seinen Platz zwischen Peco und Ken fallen ließ. "Fragt Ikuma", erstickte er gleich alle Fragen und lächelte zufrieden. Erstmal konnte jetzt wieder Ruhe in der Clique einkehren. Vorausgesetzt, es tauchte nicht wieder so ein Mädchen auf und versuchte, alles kaputt zu machen. "Ryou, tanzen wir?", fragte Peco begeistert. Angesprochener nickte und ließ sich einfach mitziehen. Peco war ein sehr guter Tänzer, schon immer gewesen. Er wusste, wie er seinen Körper bewegen musste. Er wusste, wie er sich in Szene setzen musste. Und wie er wirklich alle Blicke auf sich zog. Was er auf der Tanzfläche macht, war einfach nur purer Sex, diese Anziehungskraft, die von ihm ausging, zog alle Umstehenden in seinen Bann. Und auch einen Tanzpartner, der eigentlich weder gern noch gut tanzte, konnte er geschickt einbinden und so ebenfalls in den Mittelpunkt ziehen. Ryouga ließ sich einfach leiten. Wenn es um das Tanzen ging, war er kein Weltmeister, aber auch kein Anfänger. Es fiel ihm leicht, sich vom Rhythmus der Musik leiten zu lassen, sich zu bewegen, und wenn Peco dabei war, war es einfach ein Spiel. Wie, wenn er einen Synchronpart mit Reno auf Gitarre spielte. Er musste sich einfach auf einen anderen Menschen einlassen, sich anpassen. Nah an seinem Körper spürte er die geschmeidigen Bewegungen des Blonden, wie dieser sich mal härter gegen ihn bewegte und danach wieder etwas mehr Distanz zwischen sie kommen ließ. Locker legte er einen Arm um den Kleineren und verhinderte so, dass dieser sich zu weit von ihm entfernte. Wenn das nicht ein gelungener Ausklang eines Abends war. Und so musste er noch nicht auf Konfrontation mit seinem hübschen Ex-Freund gehen. "Ikuma, bist du wach?" Die Geräusche im dunklen Zimmer ließen die Frage eigentlich unnötig werden. Woher sollten diese denn sonst kommen? Leise drehte Ryouga sich auf die Seite und sah zu dem Bett, in dem er seinen Freund vermutete. "Nein, lass mich", bat dieser mit leicht zitternder Stimme und strich sich durch die Haare. "Was ist los? Und jetzt fang nicht an, mich zu ignorieren!" "Sagen wir, ich habe schön geträumt, obwohl ich weder das träumen noch es schön finden wollte. Und jetzt habe ich ein Problem…" Ryouga musste grinsen, es ging nicht anders. "Mach schon, ich will nicht, dass du leiden musst, nur weil du dein Zimmer nicht für dich hast." Trotz der Dunkelheit sah er Ikumas geschockten Blick förmlich. Für den Kleineren war das trotz aller Perversität komplett neu. "Du willst, dass ich es mir selbst besorge, obwohl du da bist?" "Wenn es dir hilft, dann mach." Gleichgültig zuckte Ryouga mit den Schultern. "Nein!" Seufzend stand Ryouga auf und setzte sich auf Ikumas Bett. "Hinsetzen." Zögernd gehorchte der Silberhaarige. "Was hast du vor?" "Wirst du gleich sehen." Langsam zog er den Kleineren so hin, wie er es wollte. Ikuma saß zwischen seinen Beinen, mit dem Rücken an seine Brust gelehnt. Dass sie beide nur Boxershorts trugen und Ryouga genau zu wissen schien, was er wollte, beunruhigte Ikuma. "Entspann dich einfach, Kleiner. Du vertraust mir doch. Lass mich einfach machen. Denk an deinen Traum. Oder soll ich dir eine Geschichte erzählen?" "Ryou, das kannst du nicht bringen!", zischte Ikuma. Sein Herz schlug schmerzhaft schnell gegen seine Brust. "Und ob ich kann." Beruhigend streichelte der Angesprochene dem Kleineren über den Oberkörper. Er wusste nur zu genau, wie hochsensibel ein Körper in so einer Situation auf Berührungen reagierte, aber er wollte es lieber langsam anfangen, den Älteren an seine zarten Streicheleinheiten zu gewöhnen. "Ryou, lass das bitte." Trotz der Bitte konnte Ikuma ein leises, wohliges Seufzen nicht unterdrücken. "Nein, das werde ich nicht." Vorsichtig strich seine Hand über den flachen Bauch, seine Finger begannen, um den Bauchnabel zu spielen und hinein zu tauchen. Erschrocken keuchte der Silberhaarige auf und schloss die Augen, legte seinen Kopf auf Ryougas Schulter ab. Leise fing der andere an, eine Geschichte zu erzählen, ihn dabei weiterhin sanft streichelnd und sich in noch andere Gebiete vorwagend. Dass diese Geschichte gar nicht ausgedacht war, musste sein bester Freund ja nicht wissen. Schwer atmend lehnte Ikuma an ihm und hielt sich an seinen Armen fest. Ryouga ließ es einfach zu. Es war immerhin seine Schuld, dass der Ältere so hektisch atmete. "Ryou, verdammt, diese Geschichte war heiß", bemerkte der Silberhaarige nach einer Weile. "Auch wenn es zwei Männer waren. Oder vielleicht gerade deswegen." "Soll heißen?" "Ich weiß es nicht. Erst mein Traum und jetzt deine Geschichte… Ist es normal, dass mich die Vorstellung von Sex zwischen Männern so anmacht? Obwohl ich hetero bin?" Ryouga zuckte mit den Schultern. "Und wenn du bi sein solltest, dann ist es so." "Stimmt." Ikuma lachte leise. "Dann kann ich wenigstens auf Frauen verzichten." "Ein durchaus positiver Punkt." Sanft streichelte Ryouga den Silberhaarigen. Er wollte nicht an Nao denken, aber er fragte sich, was sein Mitbewohner gerade tat. Am vorigen Abend hatte er keine Zeit gefunden, diesen anzurufen. Warum dachte er überhaupt an Nao, während er Ikuma im Arm hielt? Das war doch nicht normal. "Wie ist er so? Dieser Nao." Ikuma klang ernsthaft interessiert. "Ich kann ihn nicht beschreiben. Genauso wenig kann ich erklären, weshalb ich mich in ihn verliebt habe. Gib mir mal bitte mein Handy." Ikuma tat ihm den Gefallen, wenn auch zögernd. "Was willst du?" "Das Beste, was man tun kann, ist vielleicht, ein Gespräch mit anzuhören." "Und deshalb rufst du ihn an?" Skeptisch zog Ikuma eine Augenbraue hoch. "Ich wollte mich eigentlich schon gestern Abend bei ihm melden, aber irgendwie habe ich das nicht mehr geschafft." Scheinbar ruhig wählte Ryouga die Nummer, ignorierte dabei sein wie wild schlagendes Herz, das einzige, das verriet, wie aufgeregt er wirklich war. Ikuma bemerkte es, lächelte aber nur verständnisvoll. Er wusste nur zu gut, wie es war, verliebt zu sein. Ryouga zögerte. Sollte er Ikuma wirklich mithören lassen? Er hatte Nao allgemein noch nie lange am Telefon gehabt, im Moment konnte er sich nicht daran erinnern, überhaupt öfter als einmal mit seinem Lehrer telefoniert zu haben. Und was, wenn Nao noch schlief oder Besuch hatte? Entschieden schüttelte Ryouga den Kopf und drückte die Taste mit dem abgenommenen Hörer. "Ryou? Schön, dass du dich meldest." Der Ältere schien eben auf diesen Anruf gewartet zu haben. Wer hatte schon nach zwei Sekunden sein Handy zur Hand und konnte einen Anruf entgegennehmen, wenn man nicht darauf gewartet hatte? "Nao, was gibt's Neues?" "Schlafzimmer und Wohnzimmer sind jetzt wirklich komplett fertig, ich bin gerade im Arbeitszimmer, aber auch hier werde ich spätestens morgen fertig. Gestern waren Jin und Manabu noch hier." "Deswegen bist du auch schon so weit, oder? Oder warst du einfach nur einsam und gelangweilt." Ryouga grinste bei dem Gedanken daran. "Sie haben mir geholfen, und ja, sie haben mir Gesellschaft geleistet. Bilde dir aber ja nichts darauf ein!" Trotz der Drohung lachte Nao. "Du vermisst mich. Das gefällt mir." Ryouga lachte hinterhältig. "Das tue ich nicht!" "Dann ist das sehr schade, ich hätte dich nämlich gern hier." Einen Moment schien Nao ziemlich sprachlos zu sein, zumindest herrschte Stille. Dann räusperte der Ältere sich. "Ich… wäre auch gern mitgekommen, aber das ging eben nicht. Außerdem ist es deine Zeit mit deinen alten Freunden. Genieß es so lange es dauert. Aber ja, ich vermisse dich auch. Wann kommst du Montag eigentlich wieder hier an?" "Weiß ich nicht genau, wohl am Nachmittag." "Soll ich irgendwas Besonderes kochen?" Nao schien irgendetwas zu durchsuchen. Vermutlich den Kühlschrank. "Nein. Wenn du kochen willst, dann entscheide selbst, was. Sonst können wir auch etwas bestellen." "Ryou, komm bitte bald zurück. Ich bin nicht gern allein. Nicht jetzt." Naos Stimme klang schon fast flehend, was bei Ryouga sofort sämtliche Alarmglocken schrillen ließ. "Nao, was ist passiert?" "Ryan weiß, wo ich arbeite. Uruha hat einen Brief an mich weitergeleitet." Ryouga stockte für einen Augenblick der Atem. Erst, als Ikuma ihm schmerzhaft einen Ellenbogen in die Rippen stieß, begann er wieder zu atmen. "Scheiße… Nao, du machst niemandem die Tür auf, wirklich niemandem. Ich sehe zu, dass ich Montag so früh wie möglich zurückkomme. Und du meldest dich sofort, wenn du wieder etwas von ihm hörst." "Ryouga, das geht schon. Eigentlich bin ich alt genug, auf mich selbst aufzupassen, meinst du nicht auch?" Ryouga musste lachen. "Vom Alter her schon, aber sonst? Nao, Angst kann lähmen, und du hast Angst vor Ryan." Schlagartig wurde er wieder ernst. "Du glaubst doch nicht wirklich, dass du es schaffst, dich dann selbst zu verteidigen." Nao seufzte. "Du hast recht. Aber mach dir keine Sorgen, ich komme klar. Hetzt erzähl, wie ist es bei dir? Und wie war der Geburtstag von Renos Oma?" "Hier hat sich fast nichts geändert, abgesehen davon, dass mein bester Freund ein paar persönliche Veränderungen durchmacht. Und wir einem Miststück, das unsere Clique auseinander bringen wollte, einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht haben." "Weiber", schnaubte Nao. "Aber du hast Punkt zwei ausgelassen." Ryouga schüttelte den Kopf, auch wenn er wusste, dass Nao das nicht sehen konnte. "Sie versucht, Reno und mich zusammen zu bringen. Für eine so alte Frau lässt die zweideutige Sprüche ab, das glaubst du gar nicht!" "Und? Ist sie erfolgreich?", fragte Nao zögernd. "Nein. Reno und ich hatten zwar ein paar Mal Sex, okay, tatsächlich genau zwei Mal, aber sonst sind wir nur gute Freunde." "Schläfst du immer mit deinen Freunden? Uruha, sein Lover, Reno… Und von Reno weiß ich, dass mit Shin auch was lief." "Bist du eifersüchtig?", fragte Ryouga grinsend. "Du hast die Liste nicht vollständig, hier hatte ich auch noch was mit Peco. Und ich war mit Ken zusammen, mit dem war ich vorher befreundet und bin es jetzt wieder. Zumindest noch." "Wieso 'noch'? Ryou, was ist los?" "Nichts." Ryouga bemühte sich, möglichst ruhig zu atmen. Warum fiel es ihm plötzlich so schwer zu lügen? "Die Diskussion hatten wir. Rede mit mir", bat Nao leise. Der traurige Unterton in der Stimme des Älteren versetzte ihm einen Stich. Er wollte nicht, dass Nao traurig war. Nicht wegen ihm. "Na ja… Ikuma meinte, dass Ken mich zurück will, und gestern kam das auch teilweise so rüber." Der Brünette in Tokyo schwieg einen Moment. "Gehst du zu ihm zurück?" Es klang so, als würde der Gedanke Nao ernsthaft wehtun. "Nein." Ryouga verlieh seiner Stimme einen möglichst entschlossenen Ton. So fest entschlossen wie er war, sollte Nao nicht an ihm zweifeln. Er wollte das nun mal gleich klären. "Nao, ich will nichts mehr von ihm. Er ist hübsch, aber das war er schon immer, und es hat früher auch nicht so lange gehalten." "Wie hübsch ist er denn?", fragte der andere hörbar verunsichert. "Kannst du mir ein Foto schicken?" "Klar kann ich das. Er wirkt sehr mädchenhaft, aber ich stehe momentan eher auf etwas männlichere Wesen." "Wie mich?" Der Ältere klang amüsiert. "Eventuell." Grinsend ging Ryouga auf das Spiel ein. Solche Neckereien machten eben Spaß, auch wenn es noch lustiger war, sich dabei gegenüber zu stehen. "Das gefällt mir. Dann komm bald wieder her." "Übermorgen, Nao. Vermiss mich nicht zu sehr." "Schon klar. Byou und sein neuer Freund haben mich für heute Nachmittag eingeladen, ich bin also beschäftigt. Und morgen finde ich schon eine Beschäftigung, im Zweifelsfalle Kartons aus dem Keller holen und auspacken." "Gut. Wir sehen uns, Kleiner. Und nicht vergessen, mich anzurufen, falls etwas sein sollte." "Ryou, ich bin nicht klein. Bis Montag dann." "Ja, bis dann." Lächelnd legte Ryouga auf. Dass er Ikuma die ganze Zeit über im Arm gehalten hatte, hatte er völlig verdrängt. Natürlich waren ihm das Gewicht und die Wärme an seinem Körper bewusst geblieben, aber er hatte nur noch an Nao denken können. Er war dem Kleineren wirklich verfallen, ob er wollte oder nicht. "Ihr seid dermaßen ineinander verschossen", lachte der Silberhaarige und holte ihn in die Gegenwart zurück, nach Akita. In Ikumas Zimmer auf dessen Bett. "Kann sein, aber wir sind nicht zusammen." "Das wäre auch zu einfach. Ryou, du machst alles immer komplizierter als es ist." Der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern. Dann war es eben so. Fakt war allerdings, dass seine Beziehung zu Nao alles andere als unkompliziert war. Genau genommen waren sie nicht zusammen, aber einseitige Liebe machte ihre Freundschaft und Wohngemeinschaft schwierig. Sollten sie zusammen kommen, wäre aber alles noch viel schlimmer. Sie durften nicht zusammen kommen, geschweige denn zusammen sein. Egal, wie er es drehte und wendete, es ging einfach nicht. Er durfte Nao nicht lieben, tat es aber trotzdem. Warum verbot das Gesetz oder das Amt oder sonstwer das überhaupt? Fiel das nicht rein theoretisch unter freie Entfaltung der Persönlichkeit? Konnte man dagegen dann nicht mit den Menschenrechten vorgehen? Seit wann kümmerten ihn eigentlich Regeln, Verbote und dergleichen? Er hatte auch so schon mit Nao Sex gehabt und ihr Verhältnis war enger als erlaubt. Und trotzdem war es so. "Ikuma, es ist kompliziert. Komplizierter als du denkst." Ryouga seufzte und verbarg sein Gesicht an der Schulter des anderen. "Dann erklär's mir", forderte der Silberhaarige. "Er ist mein Lehrer, ich hätte ihm nie so nah kommen dürfen. Reicht das nicht schon als Erklärung?" "Wenn ihr euch nicht erwischen lasst, wird niemand davon erfahren und keinem von euch wird etwas passieren. Du musst schon genauer erklären, wo das Problem liegt." Ryouga rollte genervt mit den Augen. "Für meinen Vater gäbe es wirklich mindestens drei Punkte gegen eine Beziehung mit Nao. Erstens ist Nao ein Mann, und das geht ja überhaupt nicht. Zweitens ist Nao gut 13 Jahre älter als ich. Gut, das stört mich weniger, aber für Nao ist das ein kleines Problem. Er meint, ich sollte mir jemanden in meinem Alter suchen. Und drittens ist er einfach ein Lehrer, er würde sich strafbar machen." "Streng genommen hat er das schon", bemerkte Ikuma trocken. "Ich weiß." "Ryouga, Ikuma, wenn ihr schon wach seid: Frühstück ist fertig!" Die Gerufenen lachten. "Okay, Frühstück zur Mittagszeit ist ein genialer Plan. Lass uns dann mal runtergehen", meinte Ikuma, als er sich wieder beruhigt hatte. _________________________________________________________________________________ Nr. 19: abgehakt. Ehrlich, ich bin hundemüde, aber ich versuche zumindest, mich an meine Termine zu halten. Klappt bisher doch auch ganz gut. Was soll ich zu diesem Kapitel sagen? Ehrlich? Keine Ahnung. Die Sache mit Ryan wird immer schwieriger, aber Nao und Ryouga sind ja bald wieder zusammen. Aber eben noch in keiner Beziehung. Mal schauen, ob sie es denn bald schaffen.^^' Das nächste Kapitel kommt in zwei Wochen. Bis dahin, Hikari Kapitel 20: Jade ---------------- "Ken kommt nachher vorbei", meinte Ikuma, als er wieder ins Zimmer kam und sein Handy in die Hosentasche steckte. Er ließ sich danach einfach neben Ryouga aufs Bett fallen und lehnte sich an die Wand. "Aha." "Er will mit dir reden." Ryouga seufzte. Ihm fiel auf, dass er das in letzter Zeit viel zu oft aus den falschen Gründen tat. Aber das Gespräch mit Ken ließ sich auf Dauer nicht vermeiden. Wäre ja auch zu wundervoll gewesen. "Ryou, ich bin ja auch dabei." "Darum geht es nicht." Der Angesprochene fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Ich will das einfach nicht. Ich will ihm nicht wehtun müssen, aber ich weiß, dass er mich zu einer klaren Ansage zwingen wird, und das wird ihm zwangsläufig wehtun." "Hast du schon mal was von einer netten Abfuhr gehört?" "Gehört schon. Ikuma, du weißt nicht zufällig, wie man so was macht?" Der Gefragte seufzte. "Du bringst mich echt noch zum Verzweifeln. Also, du musst ehrlich und direkt sein, aber achte auf deine Ausdrucksweise und auf deinen Tonfall." "Und wenn er das nicht versteht? Ich kann ihm schlecht gleich erzählen, dass ich in einen anderen verliebt bin." "Ryouga, ehrlich. Egal, was ich sage, du machst eh alles, wie du es für richtig hältst." "Warum muss Liebe so viel zerstören?" "Weil sie viel aufbaut und Ruinen zurücklässt, wenn sie weg ist. Werden diese Ruinen nicht von einer neuen Liebe repariert, wird alles zerstört, leider auch Freundschaft. Aber schön, dass du zeigst, dass dir die Gefühle anderer nicht völlig egal sind." Ermutigend klopfte Ikuma ihm auf die Schulter. "Du weißt genau, dass die Gefühle meiner Freunde mir nicht am Arsch vorbeigehen." "Schon gut, ganz ruhig, Brauner." Ryouga sah seinen Kumpel nur mit hochgezogener Augenbraue an. War er jetzt neuerdings ein Pferd? Wobei die Vorstellung mit dem richtigen Reiter schon etwas für sich hatte. Es gab ja immerhin Nao, der das tun könnte und auch mit Vergnügen tun würde. Ein perverses Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Das müsste er Nao unbedingt mal vorschlagen, das Bett musste auch noch dem Belastungstest ausgesetzt werden. "Ryou, nein, keine perversen Gedanken. Ich lass mich sicherlich nicht von dir ficken, nur weil du dich nicht im Griff hast." "Ikuma… Weißt du, wie man einen Lolli isst?" "Ja." Misstrauisch zog der Kleinere eine Augenbraue hoch. "Und du weißt auch, wie man Eis am Stiel isst?" "Ja, auch." "Damit wäre mir ja schon geholfen und du bekommst einen Lehrgang umsonst." Ikuma sah ihn aus großen Augen an. "Ach, darauf willst du hinaus. Aber… Ich hab das noch nie gemacht." "Und? Dann bin ich dein Lehrer. Du weißt doch wohl zumindest theoretisch, was zu tun ist. Oder hat deine Ex dir nie diesen Gefallen getan?" "Doch, hat sie. Und die Theorie weiß ich auch." Ikuma atmete tief durch. "Eigentlich kannst du das nicht verlangen." "Ich verlange nicht, ich bitte dich", stellte Ryouga klar und nahm eine von Ikumas Händen, legte sie erst mal auf seinen Bauch. "Wäre es denn wirklich so schlimm?" "Nein." Sanft küsste Ikuma den Größeren auf die Wange und ließ seine Hand über den schlanken Körper wandern. "Ich will dir dann mal diesen Gefallen tun, aber unterhalten musst du dich selbst." "Ich denke, dass schaffe ich." Grinsend stahl er dem Älteren einen Kuss und drückte ihn dann tiefer. Entspannt lag Ryouga auf dem Bett und genoss die Wärme des anderen Körpers neben sich. Natürlich wünschte er sich, dass es Nao wäre, aber man konnte nicht alles haben. Apropos Nao. War das, was er getan hatte, im Prinzip denn schon so was wie Fremdgehen? Eigentlich bezog sich Fremdgehen doch auf Sex im Allgemeinen. Wollte man Blowjobs dazuzählen, wäre es dem Fremdgehen gleichgestellt. Wenn man betrachtete, dass er nach wie vor nicht mit Nao zusammen war, war es aber doch nicht nur unwichtig sondern auch lächerlich, darüber nachzudenken. Und erst recht, ein schlechtes Gewissen zu bekommen. "Jungs, ihr habt Besuch!", rief Ikumas Mutter von unten. Richtig. Ken wollte ja noch vorbeikommen. Unpraktisch. Und gerade alles andere als erwünscht. Warum musste es unbedingt zu einer verfluchten Konfrontation kommen? Das könnte lustig werden… Sarkasmus traf auf Ironie. "Hallo, ihr beiden." Schwungvoll betrat Ken den Raum. "Gut geschlafen?" Lächelnd setzte er sich auf das Bett und strahlte Ryouga förmlich an. "Gut und lange", antwortete Ikuma und setzte sich auf, zog Ryouga ebenfalls in eine aufrechte Position. Während eines ernsten Gesprächs sollte man zumindest aufrecht sitzen. "Ryou… Wir müssen da mal was besprechen." Ken wirkte plötzlich relativ unsicher. Oh Mann. Er wusste auch genau, wie er es Ryouga nochmal extra schwer machen konnte. "Meinetwegen. Soll Ikuma raus oder kann er auch bleiben?" Ryouga wünschte sich sehr, dass sein persönlicher Berater bleiben durfte. Sonst würde er sterben. "Ikuma kann bleiben, wenn er unbedingt will, aber im Prinzip ist es mir egal." "Ich gehe vor die Tür", warf der Kleinste ein und stand auf. "Klärt das unter euch." Fassungslos starrte Ryouga auf die Tür, die sich gerade hinter seinem Rettungsring geschlossen hatte. Sollte er ernsthaft sterben? Leicht rutschte der Schwarzhaarige etwas näher an ihn heran. "Ken, du wolltest mit mir reden", begann Ryouga nach einer Weile, und bemühte sich, nicht zu unfreundlich oder genervt zu klingen. "Dann rede." Leise seufzte der Jüngere, lehnte sich an ihn und legte den Kopf auf seine Schulter. "Ich habe dich wirklich sehr vermisst." "Du weißt auch, dass ich lieber hier geblieben wäre, mir hat alles hier gefehlt. Aber so, wie es jetzt ist, ist es okay. Und vielleicht das Beste für alle." "Ryouga, ich… Ich habe gemerkt, wie viel du mir eigentlich bedeutest, als du weg warst", fuhr der andere unbeirrt fort. "Ich kann nicht ohne dich." Der Brünette schluckte. Jetzt schon klang der andere bittend und er wusste kaum, wie er ihm einen Wunsch abschlagen konnte. "Ryou, ich liebe dich wirklich." Ken griff nach seiner Hand und drückte diese. "Ich will dich zurückhaben. Und wenn wir eine Fernbeziehung führen müssen, dann ist das so." "Ken, stopp!" Ryouga zog seine Hand zurück und stand auf. Unruhig lief er im Zimmer hin und her. Wie sollte er das jetzt am Schlauesten angehen? "Die Situation ist nicht ganz einfach. Ken, ich finde es schön, dass du mich liebst, das ist irgendwie eine Ehre für mich. Ich weiß das auch zu schätzen, aber…", er holte tief Luft, "Ich mag dich, aber ich liebe dich nicht. Zwischen uns ist zumindest von meiner Seite aus nicht mehr als Freundschaft." Ken legte den Kopf schief und sah ihn unsicher an. "Das heißt, du…" "Ich will dich nicht zurück, ganz richtig." Erschöpft ließ Ryouga sich wieder neben den Jüngeren fallen. "Aber Ryou… Bitte gib mir eine Chance… Ich kann dich glücklich machen." Ken flehte ihn fast schon an, hatte dabei Tränen in den Augen. "Nein, Ken. Und jetzt wein nicht, das bringt nichts." Der Schwarzhaarige schluchzte leise und ließ den Kopf hängen. "Liegt es an mir? Warum willst du mich nicht?" Seine Stimme zitterte. "Es liegt nicht an dir. Ich liebe dich einfach nicht so, wie es sein sollte, das hängt aber nicht damit zusammen, dass du mir nicht reichst. Du bist wundervoll, sehr hübsch und unwahrscheinlich klug. Du findest bestimmt bald jemand anderen, der dich auch liebt." Eine Träne lief dem Jüngeren über die Wange. "Ich will aber dich an meiner Seite haben, keinen anderen. Du bist der einzige, der mich beschützen kann und der mich so lieben kann, wie ich es brauche." Ryouga holte tief Luft. Er wollte seinen Ex-Freund nicht so fertig sehen, aber ihn in den Arm nehmen und trösten ging nicht, das könnte wieder zu Missverständnissen führen. "Ken, die Sache ist, dass ich einen anderen Liebe. Vorher waren wir schon nicht mehr zusammen, und ich dachte, dass es für uns so das Beste wäre. Glaub mir, wir gehören nicht zusammen." Der Schwarzhaarige nickte nur. "Wenn du meinst…" Mit einem schwachen Lächeln wischte er sich die Tränen aus den Augen. "Auch andere Mütter haben schöne Söhne." "Schon viel besser." Lächelnd strich Ryouga dem Jüngeren durch die Haare. "Denkst du, wir können trotzdem befreundet bleiben?" Ken lachte leise. "So viel Kontakt haben wir ja nicht. Ich denke, das wird gehen." "Gut. Wäre auch schade gewesen, wenn deswegen unsere Freundschaft zerbrochen wäre." Kurz umarmte der Jüngere ihn. "Lust auf DVD-Nachmittag mit Ikuma bei mir? Ich habe gehört, Ablenkung und Süßkram sollen bei Liebeskummer helfen." "Ikuma!", rief Ryouga laut genug, um sicher zu gehen, dass der Geforderte ihn hörte. "Hm?" Der Silberhaarige erschien mit einer Schüssel Chips in der Tür. "DVD-Nachmittag bei Ken?" Mit hochgezogener Augenbraue sah Ikuma sie an. "Seid ihr jetzt doch zusammen, oder was?" "Nein", grinste Ryouga. "Just friends", ergänzte Ken. "Auch wenn es für mich erst mal schwierig wird, ich finde schon jemand anderen." "Na dann. Worauf warten wir? Auf geht's!" "Ikuma, wir sollten uns vielleicht erst mal anziehen", gab Ryouga zu bedenken. "Und dann noch für das Liebeskummer bekämpfen die großen Eisboxen aus dem Supermarkt holen." Müde blinzelte Ryouga. Sein Nacken war völlig verkrampft. Das hatte er jetzt davon, dass er mit Ken und Ikuma auf dem Sofa eingeschlafen war. Und jetzt klingelte irgendetwas. "Mein Handy ist es nicht", murmelte Ikuma und blinzelte. "Meins auch nicht", gähnte Ken und kuschelte sich an Ryouga. "Ich geh ja schon ran." Unmotiviert griff Ryouga nach seinem Handy und sah erst mal auf die Uhr. 14:01 Uhr. Und der Anrufer war Nao. Merkwürdig. "Nao, wo brennt's denn?", meinte er leise mit dem Handy am Ohr und gähnte herzhaft. "Hier!" Instinktiv hielt er das Handy weiter von seinem Ohr weg. Nao schrie ihn förmlich an, und er klang panisch. "Nicht so laut, ich bin gerade erst wach geworden", brummte er missmutig. "Ryou, entschuldige, aber kannst du nicht herkommen? Ich brauche dich jetzt hier." Verwirrt blinzelte Ryouga. Dank Naos panischem Schrei war er wenigstens wach, und auch Ken und Ikuma kamen langsam zu sich. "Ich komme doch morgen zurück, so lange musst du's noch ohne mich aushalten. Was ist denn überhaupt los?" Berechtigte Frage, Nao klang aufgelöst. "Ryan!" Schlagartig war Ryouga hellwach und in höchster Alarmbereitschaft. Das konnte nichts Gutes bedeuten, erst recht nicht, wenn Nao ihn völlig fertig mit den Nerven und schon fast hysterisch anrief. "Was soll das heißen?" "Er hat mich angerufen. Ryou, er beobachtet mich in meiner Wohnung. Ich habe Angst, ich brauche dich wirklich, allein schaffe ich das alles hier nicht, das wird mir viel zu viel!" "Bleib ruhig und lass mich kurz überlegen. Weg kann ich hier gerade nicht." Ryouga fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Zurück konnte er nicht, noch nicht. Es waren keine 24 Stunden mehr, bis er Naos Schutz wieder übernehmen konnte, nachdem er sich entschieden hatte, doch einen Zug früher zu fahren. Das hieß, dass ihm nur noch etwas mehr als 20 Stunden mit seinen Freunden blieben. Aber das war jetzt das falsche Thema. Bis dahin musste jemand anderes bei Nao sein. Jemand, den Nao kannte und dem Ryouga im Ernstfall sein Leben anvertrauen würde. Und der stark genug war, Nao zu schützen. Da gab es in Tokyo nur eine Person, die auch definitiv Zeit hatte. "Nao, du bleibst nicht allein bis morgen. Ich schicke Reno zu dir. Das ist zwar nicht dasselbe wie wenn ich bei dir bin, aber es wird reichen. In Ordnung?" Der Ältere seufzte. "Nicht das Ideale, aber gut. In der Hoffnung, dass er mich nicht aus dem Fenster schmeißt." "Was ist eigentlich mit Sakamoto-san? Er wohnt doch nur zwei Stockwerke unter dir." "Saga ist weggefahren, zu seiner Familie, glaube ich." "Pech, sonst hätte ich dich zu ihm geschickt. Zumindest bis Reno bei dir ist. Übrigens wird Reno dich nicht aus dem Fenster schmeißen, er weiß, dass er dann hinterher fliegt. Nao, das Wichtigste ist, dass du ruhig bleibst, wirklich. Zieh sämtliche Vorhänge zu, die schon an der Wand sind und bleib den Fenstern danach fern. Verstanden?" Entschlossen stand Ryouga am Fenster und sah hinaus, während er die Anweisungen gab. "Schon." Man hörte Nao an, wie unwohl er sich fühlte. "Du hast immer noch Angst." Eine seltsame Mischung aus Feststellung und Frage. "Hm. Und das nicht nur ein bisschen." "Verständlich. Ich rufe Reno gleich an, damit du bald Gesellschaft hast. Und einen Aufpasser. Mach dir keine Sorgen, alles kommt wieder in Ordnung." "Ich versuche jetzt einfach, dir zu vertrauen. Bis morgen dann." "Ja. Und denk nicht zu viel nach." "Dein Neuer?", fragte Ken grinsend, nachdem Ryouga aufgelegt hatte. "Wir sind nicht zusammen, aber er ist der, in den ich verliebt bin. Und er steckt in Schwierigkeiten." Ryouga biss sich fest auf die Unterlippe, während er Renos Nummer wählte. Reno würde ihm diesen Gefallen tun. Ganz bestimmt, dafür waren sie gute Freunde. Das Telefonat mit Reno war kurz, aber, wie erhofft, stimmte dieser zu, über Nacht bei Nao zu bleiben und mit diesem am nächsten Morgen zu warten, bis Ryouga wieder da war. Und er hatte versprochen, sich so schnell wie möglich auf den Weg zu machen, nachdem Ryouga ihm die Adresse gegeben hatte. Ryouga war irgendwie beruhigt. Nao war bald wieder sicher und Reno würde ganz bestimmt niemanden in die Wohnung lassen. Zumindest nicht, wenn ihm etwas an seinem Leben lag. "Ryou, setz dich. Du bist viel zu aufgewühlt", bemerkte Ikuma lächelnd. "Und erzähl mal genau, was es mit diesem Ryan auf sich hat." Seufzend ließ Ryouga sich wieder auf seinen Platz fallen und rieb über seinen Nacken. "Ich kenne Ryan nicht persönlich, nur aus Erzählungen, aber er muss ein ziemliches Arschloch sein." "Dein Liebster hat Angst vor ihm. Warum? Und keine Ausreden", fragte der Kleinste ihrer Runde weiter. "Ryan ist einer von Naos Ex-Freunden. Ich weiß, dass er Nao ziemlich verletzt hat, sowohl psychisch als auch physisch. Nao hat ihn in England kennengelernt. Ich weiß wirklich nicht viel über die Beziehung an sich, aber ich weiß, dass Nao Schutz braucht und ich ihm diesen auf jeden Fall geben werde, egal, was ich dafür opfern muss." "Ach nein, wie süß", seufzte Ken verträumt und sah an die Decke. "Du musst ihn wirklich sehr gern haben." Ryouga nickte lächelnd. "Das ist gar kein Ausdruck. Aber reden wir über etwas anderes, ich will mir jetzt erst mal keine Sorgen um Nao machen müssen. Bei Reno ist er sicher." Ryouga genoss den kühlen Windhauch, der das Gras im Garten von Ikumas Eltern bewegte. Es war warm, nur der Sonnenschirm verhinderte, dass die Sonne ungehindert auf sie strahlte. 'Sie' hieß sie alle. Ikuma, Ken, Kaji, Kiri, Peco und Ryouga. Den letzten Tag wollten und mussten sie gemeinsam verbringen, sie könnten sich frühestens in vier bis fünf Monaten wiedersehen, und ob sie es dann schaffen würden, war wieder eine andere Diskussion. "Ryou, ich will nicht, dass du schon wieder gehst", murmelte Kiri. "Du hast hier so viel Gutes getan. Und du weißt vermutlich gar nicht, wie sehr du hier manchmal fehlst." Ein warmes Lächeln legte sich auf Ryougas Gesicht. "Ich würde hier auch nicht wieder weggehen, wenn ich in Tokyo nicht gebraucht werden würde. Und zu dem Punkt, wie sehr ich hier manchmal fehle… Wahrscheinlich fehle ich hier genauso wie ihr mir in Tokyo fehlt." "Uns trennt zwar viel Entfernung in Kilometern, aber das heißt nicht, dass wir uns nicht näher stehen können als je zuvor", bemerkte Kaji und erntete damit nur Zustimmung. Vielleicht waren sie gerade durch diesen Umzug näher zusammengerückt. Einer wurde aus ihrer Mitte gerissen und ihre Freundschaft wurde auf eine harte Probe gestellt. Und diese Probe war noch nicht vorbei, sie hatten zwar das Gröbste hinter sich, aber halt noch lange nicht alles. "Ryou, sei froh, dass du gebraucht wirst. Und vermiss uns nicht zu sehr, Nao braucht dich, und das komplett." Ikuma drückte seine Hand. Wieder biss Angesprochener sich auf die Unterlippe. "Ich weiß. Am Liebsten würde ich Nao herbringen und dann mit ihm bleiben. Ich werde, sobald ich wieder in Tokyo bin, auch zu 100 Prozent bei Nao sein, aber jetzt… Jetzt ist einer meiner besten Freunde bei ihm und passt auf ihn auf. Und ich bin hier." "Ryouga, es ist nicht mal sechs Uhr morgens und wir haben Ferien, trotzdem bist du schon geduscht und hast dich gestylt." Ikuma streckte sich und rieb sich den Schlaf aus den Augen. "Weil mein Zug in einer Stunde fährt. Ikuma, ich muss so schnell wie möglich zurück. Ich habe es versprochen." Schnell zog er sich an und stopfte seine Sachen achtlos in die Reisetasche. Ächzend kroch Ikuma aus dem Bett. "Ich bin kurz im Bad. Ehrensache, dass ich dich zum Bahnhof bringe." Ryouga nickte knapp und sammelte weiter seine Sachen zusammen. Bei einem Foto in einem Bilderrahmen stockte er. Das Bild hatten sie gestern Nachmittag noch gemacht, ausgedruckt und eingerahmt. Ein wunderschönes Bild mit der Clique seiner alten Heimat. Wie schön es wäre, sie auch in Tokyo haben zu können. Sie würden sich auch mit seinen neuen Freunden gut verstehen. Dann hätte er wieder alles, was er wollte, an einem Ort. "Ryou, du kannst nicht alles haben." Ikuma drückte sich von hinten an den schlanken Körper seines besten Freundes. "Erst mal musst du jetzt zurück. Und nach dem Abschluss kannst du ja vielleicht mit deinem Liebling herziehen. Oder wir ziehen alle zusammen nach Tokyo. Wenn Ken auch seinen Abschluss hat." Ryouga nickte und drückte Ikumas Hand. "Ich weiß. Wir lassen uns etwas einfallen, aber erst mal können wir eh nichts ändern." Zögernd befreite er sich aus der Umarmung und räumte den Rest seiner Sachen zusammen. "Lass und gehen." Ikuma nickte und schrieb kurz eine Notiz, wo sie hin waren, machte sich dann auch schon mit Ryouga auf den Weg. Schweigend liefen sie nebeneinander her durch die angenehme Morgenluft. Am Bahnhof warteten sie ebenso still, dicht beieinander stehend. "Ryou", begann Ikuma zögernd," denkst du, dass Kiri wirklich so hetero ist wie er immer sagt?" Ryouga zog an seiner Zigarette. "Wer weiß? Ich denke, er ist hetero, ja, aber du faszinierst ihn. Wenn ein Mann ihn je interessieren sollte, dann du." Ikuma nickte und sah auf den Boden. "Ach Kleiner, ist doch nichts dabei, wenn du in ihn verliebt bist." Aufmunternd lächelte Ryouga ihn an. "Nein, ich…" "Ikuma, entspann dich. Er fasziniert dich und du bist in ihn verliebt. Und das mal eben so sehr, dass es dir egal ist, ob du hetero bist oder nicht." Der Silberhaarige nickte ergeben. Das entsprach der Wahrheit, auch wenn es ihn wunderte, dass Ryouga es einfach so erraten hatte. "Kämpf um ihn, dann wird das schon." Der Kleinere nickte. "Da ist dein Zug. Gib ja regelmäßig Statusberichte ab, wie es deinem Schatz und dir geht!" Gespielt drohend boxte er dem Braunhaarigen auf den Oberarm. "Ja, ja. Und du hältst mich gefälligst auch auf dem Laufenden!" Lachend umarmte er den anderen, winkte ihm noch kurz zu und stieg dann in einen Wagon. _________________________________________________________________________________ Ja. Gut. Ryan. =.= Ich habe das Gefühl, der macht sich bei Ryouga nicht allzu beliebt. Nao kann einem ja wirklich leid tun. Warum muss sein Ex-Freund ihn auch terrorisieren? Und Ryouga macht sich Sorgen um seinen Liebsten. Wer hätte das für möglich gehalten? Mal abwarten, was Reno dazu sagt, wenn Ryou am nächsten Morgen zurück ist. xD Das nächste Kapitel ist ein ganz Normales, kommt also in zwei Wochen.^^' Bis dahin, Hikari Kapitel 21: Türkis ------------------ Hektisch lief Ryouga von der Bahnstation in die Richtung seiner Wohngemeinschaft. Er musste wissen, dass es Nao gut ging. Noch nie war er so schnell auf dem Heimweg gewesen, aber es war eine Ausnahmesituation. Schon im Zug hatte er förmlich auf Kohlen gesessen und jetzt hetzte er die letzten Meter entlang. Er rannte die Stufen im Treppenhaus hinauf und blieb vor der Wohnungstür stehen, auf die er nahezu einschlug. "Reno, ich bin's." Kurz darauf wurde die Tür geöffnet und er rauschte an seinem besten Freund vorbei, die Tasche schmiss er kurzerhand in eine Ecke und atmete tief durch, bevor er seine Schuhe auszog. "Ja. Hallo, Ryouga. Ich freu mich auch, dich zu sehen. Mir geht's gut, und selbst?", bemerkte Reno schnippisch, wurde aber ignoriert. Nao stand in der Tür zum Wohnzimmer. Er war blass und sah müde aus. "Nao", seufzte Ryouga erleichtert und zog den Kleineren an sich, legte seine Wange an dessen Haar. "Ich bin froh, dass du wieder da bist, Ryou", murmelte Nao und drückte sich enger an ihn. "Ich auch." Beruhigend strichen seine Hände über Naos Rücken. "Bist du okay?" Nao nickte. "Nur ein bisschen müde." "Hat Reno gut auf dich aufgepasst?" Sanft hob er Naos Kinn an und sah ihm in die Augen. Der Kleinere nickte leicht, wich seinem Blick dabei aber nicht aus. "Aber anders als du." "Ihr wisst schon, dass ich auch noch da bin, ja?!" "Wie könnten wir dich vergessen?" Lächelnd drehte Ryouga sich mit Nao um und sah Reno an. "Aber du kannst gern gehen." "Nicht bevor ich nicht weiß, wovor ich unseren Lehrer beschützen sollte." Ryouga seufzte und sah zu Nao, der nur gleichgültig mit den Schultern zuckte. "In Ordnung, Reno. Nao, leg dich aufs Sofa und deck dich zu. Ich komm gleich nach." Still nickte der Älteste. Ryouga ging in die Küche und holte sich etwas zu trinken, bevor er sich zwischen Reno und Nao niederließ und Nao sanft an sich zog. Möglichst kurz und knapp erklärte er Reno die Situation, machte aber immer wieder Pausen, um Nao zur Ruhe kommen zu lassen, wenn er bemerkte, dass der schlanke Körper zu sehr zitterte. Als er geendet hat, nickte Reno verstehend. "Ich weiß zwar immer noch nicht, was du damit zu tun hast, aber ich finde es gut, dass du dich um Nao kümmerst. Aber jetzt wirklich mal ehrlich: Seid ihr zusammen?" Nao schüttelte den Kopf und unterdrückte ein 'leider'. Nicht, dass er die Hoffnung hätte, dass sich das irgendwann änderte. "Kann ich euch allein lassen oder fallt ihr dann übereinander her?" Ryouga lachte trocken. "Unpassende Situation, nicht?" "Gut. Ich habe nämlich noch ein Privatleben." Zügig verabschiedete er sich und ließ Nao und Ryouga allein zurück. "Ryou… Bleibst du jetzt bei mir?", fragte Nao flüsternd nach. "Ja, ganz sicher, Ich lasse dich nicht allein." Zärtlich küsste er den Kleineren auf die Stirn. "Das heißt, ich kann jetzt beruhigt schlafen?" "Ja. Schlaf." "Trägst du mich ins Bett und bleibst mit mir liegen?" Müde sah er den Größeren an. Ohne Antwort hob Ryouga ihn hoch, brachte ihn ins Schlafzimmer, holte dann noch sein Getränk und legte sich neben den anderen, der sich sofort an ihn kuschelte. Es dauerte nicht lange, bis der Kleinere einschlief. Ryouga lächelte und strich über die kühle, bleiche Haut. Nao sah zufrieden aus, er schlief ruhig und tief. Er war erschöpft, das war gar keine Frage, die Angst hatte ihm schwer zu schaffen gemacht. Aber jetzt war er in kompletter Sicherheit, oder zumindest fühlte er sich so. Der Jüngere sah an die Zimmerdecke. Er würde Ryan von seinem Lehrer fernhalten, er würde diesen Bastard für das, was er Nao angetan hatte, am Liebsten teeren und federn. Ging blöderweise nicht. Wild West-Foltermethoden waren schlecht ausführbar. Seufzend schloss Ryouga die Augen. Lustlos kaute Nao auf seiner Karotte herum und fixierte Ryouga, der nachdenklich auf und ab lief. "Wir können uns nicht ewig hier verschanzen." Verzweifelt fuhr der Größere sich mit der Hand durch die Haare. "Schon, aber die Konfrontation…", begann Nao, wurde jedoch unterbrochen. "Willst du nicht, ich weiß. Es wird sich aber nicht vermeiden lassen. Ich kann nur bei dir sein, wenn es so weit ist. Und ich kann die Kontrolle haben, wenn wir es selbst verursachen." "Nein!" Nao sprang auf und schüttelte heftig den Kopf. "Ich will das nicht! Ryou, ich kann das nicht!" Fest packte Ryouga die Handgelenke des anderen. "Du musst. Ob du willst oder nicht." Eindringlich sah er en Kleineren an. "Ich weiß, du kannst das." Langsam ließ er Nao wieder los und wandte sich dem Fenster zu. "Du bist stärker als du denkst." Nao schluckte. "Schlaf mit mir." Der Satz durchschnitt die sich ausbreitende Stille. Er wusste nicht, wie er mitten in so einer Diskussion darauf kam, aber - er meinte es ernst. Ryouga wandte sich ihm wieder zu und sah ihn fassungslos, aber nicht abgeneigt an. "Das meinst du nicht ernst." "Doch. Ryouga, schlaf mit mir. Jetzt." Schnell stand der Angesprochene direkt vor ihm und drückte ihn fest an seinen Körper. "Nao, du spinnst", flüsterte er. "Warum?" "Weil ich dich jetzt will. Gib mir Kraft und Trost." Ryouga lächelte sanft und strich dem anderen über die Wange, bevor er dessen Lippen mit seinen versiegelte. Leicht hob er den Kleineren hoch und brachte ihn ins Schlafzimmer, stieß ihn aufs Bett und genoss einen Moment den begehrenden Blick, den Nao über seinen Körper schweifen ließ, bevor er sein T-Shirt auszog und sich über den Älteren beugte. Verlangend küsste der sonst zurückhaltende Lehrer ihn, fahrig streichelten die zarten Hände seinen Oberkörper, verwöhnten die weiche Haut, bevor er sich von Nao löste und ihm das Shirt auszog. Der schlanke Körper drückte sich ihm entgegen. Heiß, befand er und küsste den anderen wieder… Entspannt sah er zu Nao und strich ihm sanft über die Wange. Der Kleinere schwieg, lächelte ihn aber an. "Danke", murmelte Nao und drückte seine Hand. "Wofür?" Verständnislos sah er den Älteren an und rollte sich halb über ihn, stützte sich knapp über ihm ab. "Dass du so für mich da bist. Dass du einfach du bist." Offen sah er Ryouga in die Augen. Am Liebsten wäre er jetzt einfach mit seinen Gefühlen herausgeplatzt, er wusste einfach nicht, ob und wann wieder so eine ehrliche Atmosphäre zwischen ihnen herrschen würde. Aber er konnte es nicht. "Dafür musst du mir nicht danken." Ryouga stahl Nao kurz einen Kuss und ließ sich vorsichtig auf den Kleineren sinken. Ruhig lauschte er dessen Herzschlag. Nao sog überrascht die Luft ein, als er das Gewicht und die Wärme des anderen Körpers auf seinem spürte. Er erwischte sich dabei, wie er diese Nähe viel zu sehr genoss. "Ich muss nicht", flüsterte er und strich Ryouga durch das Haar. "Ich mache es aber trotzdem. Aber zurück zu unserem kleinen Konflikt, wann und wo willst du die Konfrontation herbeiführen? Und wie?" Seufzend rollte Ryouga sich wieder neben den Kleineren und legte die Arme fest um ihn. "In ein paar Tagen im Park. Und das 'Wie' lass mal meine Sorge sein." Sanft küsste er den Älteren auf die Schulter. "Aber ich mache nichts, was du nicht willst. Es ist schließlich deine Sache." Nao seufzte gequält. "Kann mir etwas passieren? Hat Ryan irgendeine Chance, an mich heranzukommen?" "Dir passiert nichts, ich passe schon auf dich auf. Und den Park habe ich schon bewusst ausgewählt, da sind genug Büsche, in denen sich unsere Absicherung verstecken kann." "Dann… zieh es auf. Ich will, dass das endlich aufhört." Eine leise Verzweiflung schwang in Naos Stimme mit. "Das wird es." Beruhigend streichelte Ryouga seinen Mitbewohner. "Alles wird gut. Ich bin bei dir." "Ich weiß. Und das bedeutet mir wirklich viel." "Nao, kannst du die drei, mit denen du in der Bar warst, anrufen? Sie sollen, wenn möglich, gegen 15 Uhr herkommen." Ryouga lehnte mit seinem Handy in der Hand im Türrahmen. "Ja, kann ich. Was hast du vor?" Nao hielt kurz inne, schnitt dann aber weiter das Gemüse und warf es in die Pfanne. Sie konnte schließlich nicht nur von Fast Food leben. "Wirst du dann sehen. Stört es dich, wenn ich nach dem Essen für eine halbe Stunde weg muss?" Nao holte tief Luft. "Wenn du mich mitnimmst nicht. Ryou, du weißt, dass ich nicht allein hierbleiben will." "Natürlich. Du kannst gern mitkommen. Und wir gehen dann noch kurz einkaufen. Heute Nachmittag wird es hier voll." "Weil?" Der Ältere sah auf und legte fragend den Kopf schief. "Na ja, deine Freunde wären zu dritt. Kazuki wird auf jeden Fall dabei sein, Ray, Kifumi und K kommen definitiv zu dem Treffen heute. Damit sind es sieben. Tomo und Kisaki habe ich auch eingeladen, also neun. Und ich weiß, dass ich auf Reno, Shin, Iv und Ko-ki zählen kann, damit schon 13 Personen, uns dazugezählt 15." "Weil?", fragte Nao weiter und fluchte im nächsten Augenblick: "Au! Verdammte…!" Vorsichtig nahm Ryouga ihm das Messer aus der Hand und hielt seine Hand unter den Wasserstrahl. "Das nächste Mal guckst du hin, wenn du irgendwas schneidest." Schnell kramte er in einer Schublade, trocknete Naos Hand ab und klebte ein Pflaster auf den dünnen Schnitt. "Und warum ich die alle herbestellt habe, wirst du noch erfahren. Nachher." Nao verzog unzufrieden das Gesicht, widmete sich dann aber wieder dem Gemüse und ignorierte Ryouga beleidigt. "Hey, sei nicht sauer", bat der Größere leise und strich ihm hauchzart über den Rücken. "Ich meine das nicht böse, das weißt du doch." Fest umarmte er den Älteren von hinten. Nao seufzte theatralisch. "Ich weiß. Aber ich will es wissen." "Wie gesagt, nachher. Ich decke den Tisch." Neugierig sah Nao sich um. Nach dem Mittagessen hatten sie noch kurz abgewaschen und sich dann - Ryouga mit Zeichenblock - auf den Weg gemacht. Nur wusste Nao immer noch nicht, wohin. Ein paar Minuten später blieben sie im Park stehen. "Ryouga, was…?" "Ich will einen Plan zeichnen. Wir brauchen die örtlichen Gegebenheiten. Und wenn ich selber die Karte zeichne, weiß ich, dass es auch wirklich so aussieht." Nao nickte und drehte sich langsam im Kreis. So langsam verstand er, worauf das Zusammentreffen hinauslaufen würde. Ryouga setzte sich in das Gras und sah sich um. Es gab hier bei Weitem genug Busch- und Baumansammlungen. Langsam ließ Nao sich neben den Größeren sinken, lehnte sich vorsichtig an ihn und beobachtete, wie immer mehr dünne Bleistiftlinien auf dem Papier erschienen und ihre Umgebung skizzierten. Fasziniert schloss er die Augen, fühlte die Wärme der Sonnenstrahlen auf seiner Haut und hörte die Vögel und den schwachen Wind. Ein leichtes, zufriedenes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Es war wie ein Traum. Trotzdem entkam ihm ein leises, sehnsüchtiges Seufzen. Würde es doch für Ryouga dasselbe bedeuten wie für ihn. Wenn er doch nur seinen Mund aufkriegen und über seine Gefühle reden würde, aber er konnte es einfach nicht. Er wollte Ryouga nicht verlieren, auch nicht als guten Freund. Und er konnte ihn nicht als festen Freund haben. Es gab Dinge, die in der Realität einfach nicht möglich waren. Traurig, aber wahr. "Leute, Ruhe! Oder denkt ihr, ich lade euch am hellen Tag zu einer Party ein?" Ryouga verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich brauche eure Hilfe. Genauer gesagt braucht Nao eure Hilfe. Also, die Situation ist wie folgt…" Nao lehnte an der Wand und hörte ruhig zu. So, wie Ryouga seinen Plan erklärte, schien er sich wirklich damit beschäftigt zu haben. Es klang alles logisch, nachvollziehbar und auch sicher. "Ryouga, was habe ich damit zu tun?", fragte Kisaki, nachdem der Schüler den Plan erklärt hatte. "Eigentlich nichts. Wenn wir nicht vermuten würden, dass Ryan hinter dem Feuer im Club steckt", erklärte Ryouga trocken und spielte so seinen Trumpf aus. "Wegen Stalking kriegen wir ihn auf jeden Fall, und dann können wir der Polizei unseren Verdacht mitteilen und die Ermittlungen können weitergeführt werden." "Das hat er nicht umsonst gemacht, wenn er dahinter steckt!", knurrte Ryougas Chef. "Gut. Also, wer von euch hilft, ist morgen 13 Uhr im Park nach dieser Karte versteckt. Sobald Ryan auftaucht, ruft einer die Polizei." "Auf uns kannst du zählen", meldete Shin sich, meinte damit auch Iv, Ko-ki und Reno. Kisaki nickte ebenfalls. "Allein schon die Möglichkeit, dass er hinter dem Brand steckt, ist genug, um zu helfen. Tomo, K, Kifumi und Ray werden auch da sein", bemerkte er mit einem Seitenblick. "Zumindest, wenn sie ihre Jobs behalten wollen." "Ich bin dabei", meinte Kazuki. "Manabu garantiert auch." "Und wir lassen Nao nicht im Stich", warf Byou ein. "In Ordnung. Ihr könnt auch irgendwelche unauffälligen Waffen mitnehmen, aber… kleidet euch unauffällig. Bäume und Büsche sind braun oder grün, aber nicht komplett rot, pink, blau oder sonst was. Und sie haben keine Punkte, Herzchen, Zebra- oder Leomuster. In der Regel glitzern oder glänzen sie nicht, und Zigarettenqualm kommt auch nicht vor." "Ryou", unterbrach Reno ihn, "ich denke, jeder von uns war schon mindestens einmal in einem Park. Wir wissen, wie Bäume und Büsche aussehen." "Ich wollte es ja nur einmal erwähnt haben. Sicherheitshalber", antwortete Ryouga mit einem Blick zu Ko-ki. "Pinky, Kapuzenpulloverpflicht." "Bei der Mittagshitze?" "Es ist höchstens eine halbe Stunde, das wirst du schon überleben." Ryouga verlieh seiner Stimme einen ironischen Unterton. "Spendierst du mir danach zur Abkühlung ein Eis?" "Wenn du nicht gerade einen riesigen Luxus-Eisbecher haben willst, sollte das kein Problem darstellen." Nao seufzte leise. Er war wieder mit Ryouga allein. Und es fühlte sich so normal an, so selbstverständlich, auf dem Sofa zu liegen und den anderen zu hören, oder einfach nur zu wissen, dass er da war. Im Moment war es auch noch selbstverständlich, aber in neun Monaten hatten Ryouga seine Schule beendet. Und höchstwahrscheinlich würde er dann ausziehen. Und er, Nao, lebte wieder allein. Er wäre wieder allein. "Nao, lächeln. Steht dir besser." Müde setzte Ryouga sich zu ihm. "Mir egal." Deprimiert setzte Nao sich auf und zog die Beine an. "Hast du Angst vor morgen?", riet der Jüngere einfach. "Nein." "Dann bist du traurig." "Schon. Irgendwie." "Warum?", fragte Ryouga nach und legte einen Arm um Naos Schultern. "Frag nicht." "Ich habe dich aber eben schon gefragt." Sanft hauchte er seinem Lehrer einen Kuss auf die Wange. "Ich will aber nicht darüber reden." "Nao, bitte." Flehend sah er den Älteren an. "Nein. Es ist auch noch gar nicht relevant." Seufzend machte Nao sich los und stand auf. "Ich gehe schlafen", verkündete er. Ryouga seufzte leise. "Ich komme mit." _________________________________________________________________________________ Und wie genau Ryougas Plan gedacht ist gibt es dann in zwei Wochen zu wissen. Genauso wie sich die Tatsache klärt, ob dann auch alles nach Plan läuft. Nao ist... Nao eben. Wer kommt in so einer Situation auf eben so eine Idee? Aber hey, ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnlich Maßnahmen. Ich wünsche an dieser Stelle schon einmal frohe Weihnachten! Ich möchte dann auch noch ankündigen, dass ich einen Weihnachts-OS mit netter Unterstützung zur Band DaizyStripper geschrieben habe. Hört sie euch doch an, wenn ihr sie nicht kennt, meiner Meinung nach eine unheimlich gute Band. Über Kommentare würde ich mich auch nach dem Upload freuen, Vorkenntnisse sind nicht zwingend vorhanden, weil ich alles Weitere da erklären werde. ;D Bis zum nächsten Kapitel! Und ja, das kommt noch dieses Jahr. ^.~ Hikari Kapitel 22: Achat ----------------- Schön, dass die zwei Wochen schon wieder rum sind. Ach ja... Ich hoffe, ihr alle hattet schöne Weihnachten und seid nicht so kugelrund gefuttert wie ich. Ich konnte tagelang nichts mehr essen. =_= Als kleine Weihnachtsgeschichte hatte ich ja schon angekündigt, dass ich etwas über DaizyStripper geschrieben habe. Wenn ihr die Band nicht kennt, kleiner Tipp, hört sie euch an! *o* Ich liebe sie einfach. Wer Songempfehlungen möchte, bitte nur her damit! Sonst ist die kleine Weihnachtsgeschichte auch ohne besondere Kenntnisse zu verstehen. Zu diesem netten Kapitel: Ryougas Plan wird ausgeführt, aber ob der auch klappt? Und wie geht es denn zwischen Ryou und Nao weiter? OH, und was mir aufgefallen ist... nach diesem Kapitel kommt ja schon das letzte adult. O_O Also müssen die Ü-18 von euch nicht mehr besonders lange warten, bis es weitergeht. Ich wünsche euch noch einen guten Rutsch in das neue Jahr 2012 und sage dann: Viel Spaß mit Kapitel 22! _________________________________________________________________________________ Nao war schon früh wach. Er war nicht einmal sicher, ob er überhaupt geschlafen hatte. Er wollte nicht allein sein. Noch war er es auch nicht, aber er wusste, dass es in der Zukunft wieder so weit kommen würde. Und er war nicht gern allein, zumindest nicht länger als ein paar Stunden. Das war die gesamte Erklärung, versuchte er sich zumindest einzureden. Aber er kannte die Wahrheit, und die war viel schwieriger zu akzeptieren. Eigentlich wollte er schlichtweg Ryouga nicht verlieren. Er genoss es, den Jüngeren um sich herum zu haben. Herumzualbern oder ernste Gespräche zu führen. Nur mit ihm zu kuscheln, ihn zu küssen oder mit ihm zu schlafen. Jede Sekunde war nahezu unbezahlbar, jede Berührung war für ihn pures Gold wert. Er hasste diese Momente, die ihn daran erinnerten, dass das alles nicht normal war und nicht bis an sein Lebensende andauern würde. Er wollte es ganz simpel verdrängen, das alles einfach genießen, so lange es dauerte, und das Wissen, dass es nicht ewig anhielt, machte es ihm unmöglich, sich einfach zu entspannen. "Nao, was ist los?" Sanft strich Ryouga über Naos nackten Bauch. "Lass mich." "Ich weiß, dass du nicht mehr schläfst." Nao murrte nur leise vor sich hin. "Jetzt rede mit mir, verflucht!" Hart drehte er Nao zu sich herum und zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen. Bedrohlich funkelte er den Kleineren an. "Worüber? Dass ich mittlerweile fast Angst davor habe, ohne dich hier zu leben, wenn du deinen Abschluss hast? Dass ich den Gedanken, dich danach nie wieder zu sehen, unerträglich finde?" Heftig wehrte er sich gegen den Griff um seine Handgelenke, mit dem Ryouga ihn auf die Matratze gedrückt hielt und halb über ihm lag, aber er schaffte es einfach nicht, sich zu befreien. Ryouga war zu stark. Oder er war zu schwach. "Daher weht der Wind. Weißt du, ob ich nach dem Abschluss ausziehe, steht noch gar nicht fest. Ich finde es eigentlich ganz schön, hier mit dir zu wohnen, und wenn du mich nicht rausschmeißt, würde ich auch nach dem Abschluss bei dir wohnen bleiben, dann aber wirklich die Hälfte der Miete zahlen. Und sollte ich ausziehen, heißt das nicht, dass wir uns nie wiedersehen." "Pff." Trotzig drehte Nao den Kopf zur Seite und sah zur Wand. "Sieh mich an", bat Ryouga in sanftem Tonfall. Fast automatisch gehorchte Nao, auch wenn er wusste, dass es nicht gut für ihn war. Leicht lockerte Ryouga den Griff um Naos Handgelenke, löste ihn schließlich ganz und verschränkte ihre Finger. Er wusste nicht genau, warum, aber im nächsten Augenblick hatte er seine Lippen auf Naos gelegt. Nao keuchte erschrocken auf. Was passierte denn jetzt? Verwirrt schloss er die Augen und wartete ab. Als sich der Druck auf seine Lippen noch etwas verstärkte, erwiderte er nur noch. Nachdenken half nicht, und er liebte diese Küsse, auch wenn sie nicht oft vorkamen. Schüchtern teilte er seine Lippen und bevor er es wirklich merkte, hatte er Ryouga die Führung überlassen und genoss den sinnlichen Kampf. Der andere Körper drängte sich immer näher an ihn und über ihn, lag letztendlich nur noch abgestützt auf ihm. Keuchend löste Ryouga den Kuss und sah Nao an. Er atmete genauso schnell und flach. "Wir sollten aufstehen", flüsterte Nao nach einer Weile und stahl dem Jüngeren einen kurzen, zärtlichen Kuss. "Nao, es ist sicher, dir kann nichts passieren. Und ich komme hinterher, sobald Ryan dir folgt." Beruhigend umarmte Ryouga den anderen und rieb ihm über den Rücken. "Ich weiß. Das ist auch nur die Anspannung. Wenn er mich schon anspricht, bevor ich im Park bin? Dann sind wir nicht abgesichert und nichts." "Du glaubst doch nicht, dass ich ohne Waffe nachkomme. Und selbst wenn, ich denke, ich werde gegen ihn ankommen." Nao seufzte. "Geh kein unnötiges Risiko ein. Ich will nicht, dass dir etwas passiert." "Du hast Nerven." Ryouga lachte leise. "Dein psychopathischer Ex jagt dich, aber du machst dir um mich Sorgen." "Ich… hab dich eben gern", nuschelte Nao und lehnte seinen Kopf an Ryougas Schulter. Eine sehr elegante Umschreibung. "Ich dich auch. Sonst würde ich wohl kaum mit dir in einen Krieg ziehen, der mich eigentlich gar nicht betrifft. Geh jetzt." Still sah er Nao nach und wartete. Trotz der äußerlichen Ruhe, die er dem Kleineren gegenüber hatte zeigen müssen, war ihm die Anspannung jetzt anzumerken. Beruhigend spürte er das kühle Metall des Taschenmessers in seiner Hosentasche. Es war nicht die beste Waffe, aber immer noch besser als nichts. Seine Aufmerksamkeit wurde auf eine dunkelhaarige Person gezogen, die aus dem gegenüberliegenden Café kam und die gleiche Richtung wie Nao einschlug. Eigentlich war das nichts Ungewöhnliches, aber dieser Mann war kein Japaner. Lautlos verließ Ryouga das Haus und machte sich ebenfalls auf den Weg. Er konnte das aufgeregte Zittern seiner Hände kaum verbergen, aber er gab sich alle Mühe. Als er sah, wie Nao in den Park einbog, atmete er erleichtert auf. Soweit klappte alles nach Plan, zumindest war ihre Absicherung definitiv anwesend und die Polizei würde verständigt werden. Und mit Kifumi und K waren immerhin zwei professionelle Sicherheitskräfte anwesend. Der fremde Dunkelhaarige aus dem Café folgte Nao. Ryouga atmete tief durch. Das musste Ryan sein. Immerhin gut, weil sein Plan funktioniert hatte, aber schlecht, weil Nao da jetzt durchmusste. Und das zumindest anfangs allein. Nao holte tief Luft, bevor er sein Tempo verringerte und stehen blieb. Unsicher sah er sich um, konnte aber niemanden entdecken. Wie auch, alle waren getarnt und versteckt. So, wie es für Menschen, die den Plan nicht kannten, aussehen musste, war er allein. "Schön, dass du dich auch ohne Leibwächter aus dem Haus traust." Nao zuckte leicht zusammen beim Klang dieser Stimme. Eine Gänsehaut breitete sich über seinen Körper aus. Wie oft hatte diese Stimme ihn beschimpft und gedemütigt? Wie oft hatte er den Befehlen gehorcht? Wie oft hatte diese Stimme ihm befohlen, ruhig zu sein, keine Schmerzenslaute mehr von sich zu geben? Wie oft hatte diese Stimme über ihn gelacht oder lustgetränkt gestöhnt, wenn sein Körper sich vor Qualen gewunden hatte? Langsam drehte Nao sich um und schlang seine Arme um seinen Körper. Er kannte die genauen Antworten auf die Fragen nicht, aber er wusste, dass es zu oft gewesen war. "Ryan, du weißt, warum ich nicht ohne Schutz irgendwo hingegangen bin." "Und warum jetzt?" Langsam kam der Engländer näher. "Ich habe die Spielchen satt." "Aber du hast immer noch Angst." Nao sagte nichts dazu, blieb einfach stehen und wartete. "Schatz, du willst doch auch mit mir zurückkommen. Nach London, wo du hingehörst." Ryans Stimme klang verlockend sanft. Entschieden schüttelte Nao den Kopf. "Was soll ich in London? Und was soll ich mit dir?" "Du sollst für mich da sein. Nur für mich und meine Bedürfnisse." "Nein." Entschlossen sah der Kleinere zu dem anderen auf. "Was?", fragte dieser, als hätte er es nicht gehört. "Nein", wiederholte Nao fester. "Du wirst mitkommen", knurrte Ryan und trat einen Schritt näher an Nao heran, wollte nach dessen Arm greifen, wurde aber am Handgelenk gepackt und festgehalten, während Nao wieder ein paar Schritte zurückwich. "An deiner Stelle, Ryan, würde ich ihn nicht anfassen", zischte Ryouga und ließ Ryans Handgelenk los, stellte sich seitlich neben die beiden, so dass er jederzeit eingreifen konnte. "Und mich auch nicht, das könnte gefährlich werden." Unruhig sah Ryan sich um, sah dann zwischen Nao und Ryouga hin und her. Ein siegessicheres Lächeln schlich sich dann auf sein Gesicht. "Nao kann sich nicht gegen mich wehren und vor dir habe ich keine Angst." "Hm. Solltest du aber vielleicht." Ryougas Augen funkelten belustigt. "Weißt du, schwach bin ich nicht. Und eventuell sind wir nicht so allein, wie du denkst." Gemütlich schlenderte er ein paar Schritte zurück. "So, sind wir das?" Beunruhigt griff der Engländer in seine Jackentasche. Innerhalb von Augenblicken hatte er Nao vor sich gezogen und ihm ein Messer an die Kehle gehalten. Nao zitterte sichtbar und schloss die Augen, während Ryan weitersprach. "Dann hol deine Freunde her." "Sonst?" "Stirbt er." Ryouga schüttelte den Kopf. "Ich dachte, du willst ihn?!" "Vielleicht doch nicht so sehr, dass ich meinen Kopf dafür verliere." "Tja. Die Polizei ist bereits auf dem Weg hierher, aber… gut." Per Handzeichen ließ er ihre Sicherheitsleute aus ihren Verstecken treten. Ryan sah an Ryouga vorbei, dachte, dass wohl alle sich gerade neben Ryouga aufstellten. "Ryan, nur noch eine Frage", meinte Ryouga völlig ruhig. "Warum der Club?" "Du hast ihn geküsst", antwortete Ryan und nickte in Naos Richtung. "Er gehört aber mir, und ich dachte, mit einem Feuer im Club könnte ich dich treffen." Kisaki knurrte leise vor sich hin. "Gentlemen, ich werde mit Nao gehen. Jetzt." "Das glaube ich nicht. Nao, Vorsicht!" In dem Moment ging eine Flasche auf Ryans Kopf zu Bruch, während Nao das Messer von seinem Hals wegdrückte und sich losmachte, als Ryan zu Boden ging. Zitternd drückte Nao sich an Ryouga, der ihn sanft in den Arm nahm. "Gute Idee, Kifumi", grinste dieser und sah auf den Flaschenhals, den der Schwarzhaarige geschickt über die Schulter warf. Sanft strich Ryouga Nao durch die Haare. "Geht's dir gut?", flüsterte er dem Kleineren zu und zog ihn einige Meter weg. Nao musste definitiv erst mal wieder zur Ruhe kommen. "Geht schon", murmelte Nao und drückte sich enger an den Jüngeren. Körperlich war er auch nicht verletzt, aber er zitterte heftig. Vorsichtig setzte Ryouga Nao auf den Rasen und machte sich daran, die Glassplitter von dem Älteren zu entfernen. Er spürte, wie dessen Zittern weniger wurde und schließlich ganz nachließ. Zart strich er Nao über den Rücken und zog ihn an sich. "Wir müssen noch zur Polizei, unsere Aussagen machen, aber danach können wir nach Hause." "Lass mich nicht allein", hauchte der andere und griff nach seiner Hand. "Wenn ich bei der Polizei bei dir bleiben darf, ist das kein Problem. Soweit es möglich ist, bleibe ich in deiner Nähe." "Versprochen?" "Hoch und heilig." Beruhigend streichelte Ryouga den Kleineren und ließ ihn ein wenig entspannen. Er wusste, dass der andere noch etwas Zeit brauchte, um sich zu ordnen, aber es war für ihn kein Problem. Er wollte für Nao da sein und er wollte ihm Zeit lassen. "Magst du chinesisches Essen?" Ryouga lehnte im Türrahmen und sah den Angesprochenen an, der eine dünne Decke um die Schultern gelegt hatte und an seiner Teetasse nippte. "Ja, aber nicht alles." "Frühlingsrollen? Als Abendessen gedacht." Der Ältere nickte mit einem schwachen Lächeln. Ryouga rief kurz den Lieferservice an, setzte sich danach zu seinem Mitbewohner und legte einen Arm um den schlanken Körper. "Ist wirklich alles in Ordnung?" Nao nickte leicht. "Mir geht es gut. Vertrau mir." "Ich vertraue dir, aber etwas bedrückt dich." "Es ist viel passiert. Ich hoffe nur, dass die Polizei auch reagiert und wirklich alles vorbei ist." Ryouga lächelte sanft und zog Nao an sich. "So, wie es jetzt aussieht, darf er dir nie wieder näher als 50 Meter kommen und für die nächsten fünf Jahre nicht mehr ins Land einreisen. Es ist vorbei." "Trotzdem war der Tag nicht einfach zu ertragen. Ich hatte Todesangst, als er mich mit dem Messer bedroht hat." "Aber du lebst. Und denkst du, ich wäre so unachtsam gewesen? Einen kleinen Erfolg musste ich ihm gönnen. Natürlich tut es mir leid, dass du darunter gelitten hast, aber ich hoffe, du verzeihst mir." "Du Arsch", bemerkte Nao trocken, klang aber nicht wirklich wütend. "Aber wie könnte ich dir nicht verzeihen? Du hast mich da auch wieder rausgeholt." Ryouga nickte. "Wir sollten aber noch etwas klären." "Und das wäre?"" "Das mit uns… Zwischen uns. Was ist da? Welcher Natur ist unsere Beziehung?" Der Ältere schnappte hörbar nach Luft, lachte dann aber auf. "Das fragst du mich? Ich weiß es doch auch nicht! Ich weiß nur, dass es kein normales Lehrer-Schüler-Verhältnis ist." "Das weiß ich auch, aber ist es Freundschaft, eine rein körperliche Beziehung oder doch vielleicht eine familiäre Liebe? Oder mehr?" "Es ist…", Nao dachte kurz nach, "eine freundschaftliche Beziehung mit körperlichen Extras und viel Nähe." Ryouga lachte leise. "Stimmt. So kann man es nennen." Nao legte den Kopf auf Ryougas Schulter und schloss die Augen. Ja, so konnte man es bezeichnen. Aber er wollte mehr. Er liebte seinen Schüler. Leider. Ein leises, gequältes Seufzen kam über seine Lippen und sorgte dafür, dass Ryouga ihn noch enger an sich drückte. "Was ist los?" "Nichts." "Nao." Angesprochener schüttelte den Kopf. Dieses Mal würde er bestimmt nicht reden. Nao seufzte leise, während er langsam aufwachte und verschlafen blinzelte. Zufrieden bemerkte er den warmen Körper hinter sich und die Arme, die ihn hielten. Vorsichtig drehte er sich und sah in Ryougas friedliches Gesicht. Wie schön er war. Wenn er so schlief, wirkte er nur halb so erwachsen, wie er sich immer benahm. Wie sehr wünschte Nao sich, dass ihre Bindung noch enger wurde, aber er konnte nichts tun und er konnte nicht alles haben. Leise stand er auf und ging duschen, räumte danach das Wohnzimmer auf. Er hörte die Dusche leise, aber es war keine bedeutende Sache. Bis ihm keine zwanzig Minuten später die Luft wegblieb. Ryouga stand, nur mit einem Handtuch um die Hüften im Türrahmen, er war noch nass vom Duschen, Wassertropfen glitzerten auf seinem nackten Oberkörper. Nao schluckte. Er wusste nicht, wann er schon mal so etwas Schönes gesehen hatte, so etwas Anziehendes. So etwas Erotisches. "Nao, was ist? Heiß auf mich?", grinste Ryouga und nahm Nao den Besen aus der Hand. "Hm. Dann muss ich doch etwas für dich tun." Kapitel 23: Verdit ------------------ Nao keuchte auf, als sich die fremden Lippen gierig auf seine pressten und er härter an die kalte Wand gedrückt wurde. Ryougas Knie drängte sich zwischen seine Beine und rieb seinen Schritt, was ihn leise in den Kuss stöhnen ließ. Ja, verdammt, er war heiß, und dass schien Ryouga auch zu merken. Grinsend löste dieser den Kuss, drückte seine Hüfte gegen Naos und rieb sich an ihm, was ihnen beiden ein lautes Stöhnen entlockte, wobei Nao deutlich lauter war. "Ryou", keuchte er, "mach!" Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen ließ Angesprochener von ihm ab, drehte sie herum und lehnte sich an die Wand. "Dann zeig mir mal, was du kannst, mein Hübscher. Ich will dich auf Knien vor mir sehen!" Keuchend ließ Nao sich auf die Knie fallen und sah zu seinem Schüler auf, der ihm sanft über die Wange strich. "So unterwürfig bist du fast noch hübscher als sonst. So zart, so zerbrechlich. Aber jetzt mach dich nützlich." Gehorsam nickte Nao und löste das Handtuch, strich fast schon andächtig über die Erregung, die sich ihm präsentierte. Zart ließ er seine Fingerspitzen den Schaft auf und ab fahren, bevor Ryouga sich leise beschwerte. Behutsam zog er die Vorhaut zurück und strich mit dem Daumen über die Spitze. Er spürte, wie der andere erzitterte und das Stöhnen, das ihm antwortete, brachte ihn zum Lächeln, bevor er das harte Glied in seinen Mund aufnahm und mit der Zunge umspielte. Halb schloss er die Augen, sah so zu Ryouga auf. Der Jüngere beobachtete ihn ebenfalls, konnte aber die Laute der Lust nicht unterdrücken und versenkte seine Hand in Naos Haar. Genießend widmete Nao sich weiterhin seiner Aufgabe und verwöhnte die erregte Länge. Es war ganz automatisch und es fühlte sich richtig an, dem anderen diesen Gefallen zu tun. Und den Befehlen zu gehorchen. Er wusste, dass er nicht zu kurz kommen würde, und dass er nicht gequält werden würde. "Nao, halt still", befahl Ryouga und stabilisierte seinen Kopf, begann, langsam in seinen Mund zu stoßen und das Tempo nach und nach zu beschleunigen. Nao ignorierte den Brechreiz, der nach kurzer Eingewöhnungszeit auch verschwand und verwöhnte den Größeren weiter. "Es reicht", keuchte der andere nach einer Weile. Nao nickte und ließ das harte Glied zwischen seinen Lippen hervorgleiten. Er sah, wie er den anderen damit kurz aus der Fassung brachte und lächelte zufrieden. Auch wenn er der Meinung war, dass seine eigene, wachsende Erregung langsam Zuwendung brauchte. Langsam erhob er sich und ließ sich von dem Jüngeren wieder an die Wand pinnen. Schnell ließ er sich ausziehen und erzitterte unter dem Gefühl der eisigen Wand an seinem erhitzten Körper. Spielerisch gruben sich die Zähne des anderen in seine Haut, ließen ihn laut aufstöhnen und sich an den Schüler drücken. Sanft glitten die fremden Lippen zu seinen Brustwarzen und reizten diese. Nao stöhnte ungehalten und wandte sich unter den Berührungen. Wieder wanderten die Lippen abwärts und kosteten die gespannte Haut über seinen Hüftknochen, zart drückten die fremden Hände seine Beine auseinander, strichen über die zarten Innenseiten der Oberschenkel. Überrascht keuchte er auf, als sich die vollen Lippen um seine Länge schlossen. Der Jüngere hob den Blick und hielt ihm eine Hand hin. Auf seinen fragenden Blick ließ dieser von dem harten Glied ab und erklärte sein Vorhaben kurz: "Das Gleitgel ist im Schlafzimmer. Ich kann auch mit viel Widerstand leben, aber ich dachte, schmerzfreier ist dir lieber." Er lächelte und nickte verstehend, woraufhin Ryouga sich wieder seiner Erregung widmete. Der Kleinere begann, die hingehaltenen Finger gewissenhaft zu befeuchten und mit seiner Zunge zu umspielen. Ihm wurde schrecklich heiß, er hatte das Gefühl zu verglühen. Langsam zog der Größere seine Hand zurück und schob sie zwischen seinen Beinen zu seinem Hintern, rieb über den Eingang, bevor er behutsam einen Finger in den Älteren drängte. Nao schnappte nach Luft. Er wusste nicht, auf welchen Reiz er sich konzentrieren sollte, das zurückhaltende Dehnen oder die weiche Zunge, die seine Erregung reizte. Stöhnend versenkte er seine Hand in Ryougas Haaren und zog ihn leicht zurück, so dass Ryouga sich von der vollen Härte löste und ihn fragend ansah. "Ryou, bitte", wimmerte er und legte den Kopf an die Wand. "Ich brauche dich woanders." "Ich weiß." Lächelnd hauchte Angesprochener einen Kuss auf Naos Hüftknochen und trieb einen zweiten Finger in den zitternden Körper, entlockte seinem Lehrer so die süßesten Laute. Verlangend bewegte der Ältere sich gegen seine Finger. Vorsichtig strich er über die gerade gefundene Wölbung und ließ den Kleineren heiser aufschreien. "Ryou", bettelte dieser und wimmerte leise. Das Verlangen in seinem Körper schien zu groß zu werden. "Schätzchen, wie hastig du bist." Lächelnd zog Ryouga seine Hand zurück und hielt seinen Mitbewohner an der Hüfte fest. Abwartend sah er den Älteren an und wartete gespannt auf dessen Reaktion. Nao winselte leise und sah mit verschleiertem Blick auf den Jüngeren hinab, der ihn sanft anlächelte. Dieser legte eine Hand um sein Glied und massierte ihn langsam. "Es ist gut, Nao." "Was soll das?", keuchte er und drückte sich dem Größeren entgegen. "Wart's ab. Keine Angst, ich fick dich schon noch." Nao nickte schwach und legte den Kopf an die Wand. Es hatte keinen Sinn, den vor ihm Hockenden weiter ausfragen zu wollen, auch wenn es ihm schwer fiel, sich zurückzuhalten. Es dauerte auch nicht lange, bis der Jüngere von ihm abließ und sich hinstellte. Lüstern raubte er Nao einen Kuss und drehte ihn um, stützte dessen Hände an die Wand und zog seinen Hintern zurück. Nao spürte, wie der Jüngere Speichel um seinen Muskel verteilte, ihm einen leichten Klaps auf den Hintern gab und sich hinter ihm positionierte. Erwartungsvoll legte Nao den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Fest legte sich eine Hand an seine Hüfte, während die andere über seinen Rücken strich, seine Wirbelsäule nachfuhr. Zart hauchte der andere ihm einzelne Küsse in den Nacken, streichelte ihn beruhigend, bevor er sich in ihn drängte. Nao biss sich auf die Unterlippe, um den Schmerzenslaut zu unterdrücken. Es brannte heftiger als erwartet, aber er selbst hatte danach verlangt, nicht weiter vorbereitet zu werden. Und das hatte er jetzt davon. Zögernd legte er seine Hand an seine Seite. Der Größere nahm diese und streichelte sie beruhigend. Nao verlagerte sein Gewicht etwas und drückte sich an den anderen, um ihm zu signalisieren, dass es okay war. Es zog immer noch, aber er hatte sich daran gewöhnt. Kurz setzte er seinen Unterarm an die Wand, um stabilen Halt zu haben und trotzdem Ryougas Hand halten zu können. Vorsichtig zog der andere sich etwas aus ihm zurück und versenkte sich kurz darauf wieder in ihm, nur tiefer als vorher. Er stöhnte laut auf und kam dem Jüngeren so gut wie möglich entgegen. Ryouga unterdrückte ein heiseres Stöhnen und zog sich wieder zurück, dieses Mal fast vollständig, bevor er sich wieder in den willigen Körper trieb. "Mhm… Ryou", stöhnte der Ältere genüsslich auf und ging weiter ins Hohlkreuz, drückte seine Hand. Er stöhnte leise und küsste den anderen auf die Schulter. "Das ist… Gott, Nao, du bist so verdammt eng", keuchte er und kratzte dem anderen über den Rücken, bis rote Striemen erkennbar wurden. "Ryou, lass das… Das brennt", brachte Nao zwischen zwei Atemzügen hervor, während der andere sich wieder in ihn trieb. Stöhnend legte der Kleinere den Kopf in den Nacken, als der Jüngere diesen empfindlichen Punkt in ihm streifte und ihn so erzittern lief. Mit dem nächsten Stoß traf er diesen Punkt direkter und härter, entlockte Nao so einen Aufschrei, den dieser versuchte mit seinem Arm unhörbar zu machen. "Nao, nicht", raunte Ryouga ihm verführerisch zu. "Ich will dich hören." Er nickte und schrie beim nächsten, zielsicheren Stoß auf. Wieder kratzte der andere über seinen Rücken. Der Kleinere sog zischend die Luft ein. Und wie das brannte. Und die dünne Schweißschicht auf seinem Körper machte es nicht besser, aber es heizte ihn an. Er selbst war überrascht, dass dieser leichte Schmerz ihn reizte, ihn nur noch mehr erregte. "Ryou", keuchte er nahezu verzweifelt und legte seine Stirn an die Wand Der Jüngere verstand, ließ seine Hand los und schloss die freigewordene Hand um seine volle Härte, um diese zu massieren. Nao spürte, wie der Druck in ihm wuchs, bis es fast schmerzte. Unkontrolliert zuckte er den Berührungen entgegen, bis sich der Druck endlich entlud, der Höhepunkt ihm mit einem erstickten Schrei und einem heftigen Stöhnen die Ruhe zurückbrachte. "Nao, kann ich…" "Mach!", keuchte Angesprochener atemlos, aber im Befehlston. Hart leistete Ryouga der Aufforderung Folge und fluchte leise, als Nao sich um ihn verengte und ihn so auf die Klippe zutrieb. Fest spannte der Kleinere seine Muskeln an und brachte ihn so dazu, tief in dem schlanken Körper ebenfalls die Erlösung zu finden. Einen Moment sank er auf den Älteren und legte seine Arme um den schlanken Körper. Er spürte Naos Herzschlag durch dessen Rücken an seiner Brust. Langsam stellte er sich aufrecht hin und zog sich aus dem anderen zurück. Als der keine Anstalten machte, sich zu bewegen, hob er diesen hoch und setzte sich mit dem Kleineren auf dem Arm auf das Sofa, deckte sie beide mit der Wolldecke zu. "Nao, geht's dir gut?", fragte er und strich dem anderen über die Wange. Benommen schlug Gefragter die Augen auf. "Ja. Denke ich." _________________________________________________________________________________ Okay. Von mir: kein Kommentar. Was soll man auch großartig zu Sex sagen? Damit ist das letzte adult-Kapitel vorbei, was ich sehr schön finde, weil es jetzt mit der Hauptstory an sich ohne sexuelle Unterbrechungen weitergeht. Dann wünsche ich euch jetzt noch eine schöne Woche und mach mich an die Arbeit.^^ Kapitel 24: Rosenquarz ---------------------- Rosenquarz, der; Bereits seit der Antike wird der Rosenquarz als "Liebesstein" verehrt, da er - so glaubten Griechen und Römer - von Amor und Eros auf die Erde gebracht wurde, um den Menschen Liebe zu schenken.[…] Dem Rosenquarz werden heilende Kräfte nachgesagt, die sich besonders auf das Herz und den Kreislauf auswirken. Er soll zudem die Sexualität und die Fruchtbarkeit steigern, sowie das partnerschaftliche Empfinden und die Liebesfähigkeit unterstützen. Von der Liebe enttäuschte Menschen sollen durch seine sanften Schwingungen wieder Mut finden, sich auf eine neue Beziehung einzulassen.[…] http://www.heilsteinberatung.de/Heilstein_Rosenquarz_Wirkung.html Obwohl das vielen sicherlich nicht neu sein wird, einmal so viel zum Kapitelnamen. Nachdem Ryouga und Nao ja ewig brauchen und die vorher längste FF nach 24 Kapitel abgeschlossen war, feiern wir einen neuen Rekord. Mit der Wortanzahl war das ja bereits gelungen. Ich weiß, dass sich einige meiner treuen Leser lange auf dieses Kapitel gewartet haben und sich darüber freuen, genauso wie ich mich immer über Kommentare freue. Einmal hier großen Dank an deswegen. ^.^ Und an dieser Stelle bleibt mir erstmal nur noch zu sagen: Fiction ab! _________________________________________________________________________________ Die Ferien waren wie im Flug vergangen, und auch die erste Schulwoche war um. In ihrer Wohngemeinschaft war etwas Normalitätsähnliches eingekehrt. Ryouga hatte nicht mitgezählt, wie oft er mit Nao geschlafen hatte, aber es war nicht selten gewesen. Abends arbeitete er im Club, kam nachts nachhause und wurde mit einer Tasse Kaffee von Nao erwartet, der extra immer noch einmal aufstand, um mit ihm zu reden, bevor sie sich gemeinsam wieder hinlegten. Nur sollte Nao das eigentlich nicht mehr tun, sie beide mussten morgens früh aufstehen, und es genügte, dass Ryouga völlig übermüdet war. Und seit drei Tagen war ihr Verhältnis ohnehin ziemlich angespannt, und der Jüngere wusste einfach nicht, warum. Es war Freitag und vielleicht würde sich alles übers Wochenende entspannen. Nachmittags saßen sie wie immer zusammen im Wohnzimmer, der Fernseher lief, aber die Stille war quälend. Ryouga fragte sich das zehnte Mal in den letzten zwei Stunden, was er falsch gemacht hatte. Er versuchte, sich zu erinnern, was eigentlich passiert war, aber es fiel ihm nichts ein. Was war denn los? "Ich gehe mich umziehen und treffe mich dann mit Kazuki", verkündete er plötzlich und stand auf. "Mach nur. Viel Spaß." Ryouga zog verwundert eine Augenbraue hoch aufgrund des Desinteresses, das ihm entgegenkam. Für gewöhnlich hätte Nao mehr Interesse gezeigt, für gewöhnlich hätte er aber auch nicht spontan beschlossen, mit Kazuki zu sprechen. Aber er musste dringend mit jemandem reden, der Nao auch nicht nur als Lehrer kannte. Seufzend ging er ins Bad und machte sich fertig. Schwer seufzend ließ Ryouga sich auf einen Barhocker fallen. "Danke, Kazu." "Ist doch klar. Willst du was trinken?" "Cola." Abwesend sah der Größere auf den Tresen und wartete, bis der ältere Barkeeper sich ihm gegenüber gesetzt hatte. "Also, wo liegt das Problem?"" "Zuhause auf dem Sofa." "Ehekrach", stellte Kazuki trocken fest. "Nein." Ryouga seufzte wieder und legte den Kopf in den Nacken, sah einen Augenblick später seinen Kollegen wieder an. "Oder doch. Wir haben uns nicht gestritten, aber irgendwas stimmt nicht. Außerdem sind wir nicht zusammen." "Hast du seinen Geburtstag vergessen?", riet der Kleinere einfach drauf los. "Nein, wir haben sogar sehr schön privat gefeiert." "Im Bett, schon klar, Details will ich später. Hast du mit irgendjemandem geflirtet?" "Nein, nicht außerhalb des Rahmens, den ich hier einhalten muss. Und ich hatte, seit das mit Nao läuft, mit keinem anderen Sex." "Und du bist sicher, dass ihr nicht zusammen seid?", fragte Kazuki skeptisch. "Ja." "Hast du denn schon so weit gedacht, dass andere Gefühle im Spiel sein könnten und du ihn verletzt, weil er für dich nur ein hübsches Spielzeug ist?" "Nein." "Würdest du dann bitte so weit überlegen?" Ryouga nickte und sah auf seine Cola. "Das könnte eine Erklärung sein, aber warum spricht er nicht mit mir?", setzte er nach einer Weile an. "Warum benimmt er sich dann so komisch? Und wieso geht jeder davon aus, dass er für mich nur ein hübsches Bettspielzeug ist?" "Der Reihenfolge nach. Erstens, Angst vor Zurückweisung oder allgemein vor deiner Reaktion. Zweitens, manche Menschen ziehen sich zurück, keine Ahnung, wieso. Drittens, Großer, du bist kein Kind von Traurigkeit. Aber ist er das denn nicht?" Der Jüngere zuckte mit den Schultern. "Ich habe ihn verdammt gern", nuschelte er für den anderen kaum hörbar, aber trotzdem verstand der ihn. "Liebst du ihn oder nicht?", fragte Kazuki konkreter nach und beobachtete, was er von seinem jungen Kollegen sah. Ryouga seufzte tief. "Ja." "Ist doch wunderbar. Du solltest auf jeden Fall mit ihm reden, so könntest du alles wieder einrenken." "Oder auch verschlimmern", merkte Ryouga an. "Klar, aber du musst irgendwas tun." Der Jüngere zündete sich eine Zigarette an. "Stimmt schon. Ich werde mal gucken, was sich an diesem Wochenende ergibt." Müde betrat Ryouga die Wohnung und zog sich Schuhe und Jacke aus. Es wunderte ihn nur zum Teil, dass alles dunkel war. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es so kam. Er ließ sich Zeit, während er sich abschminkte, schnell wusch und bis auf die Boxershorts auszog. Lautlos ging er ins Schlafzimmer, hockte sich neben Nao und schaltete dessen Nachttischlampe ein. Er musste einfach herausfinden, was zwischen ihnen passiert war. Vorsichtig fuhr er mit seinen Fingerspitzen eine schmale, schwach glitzernde Spur nach. Nao hatte geweint. Und es zerriss ihn förmlich, nicht zu wissen, warum. Ihm war klar, dass er mit Nao reden musste, besonders, wenn das die einzige Chance auf Klärung der Situation war, aber er wollte auf einen passenden Augenblick warten. Selbst wenn er wusste, dass es für solche Krisengespräche keinen richtigen, passenden Augenblick gab. Still hauchte er dem Kleineren einen Kuss auf die Stirn und schaltete das Licht wieder aus. Langsam und vorsichtig, um kein unnötiges Geräusch zu verursachen, tastete er sich um das Bett herum und legte sich unter die Decke. Es war seltsam, nicht mehr mit Nao im Arm zu schlafen, aber er konnte die Situation noch nicht ändern. Und er wollte sich auch gar keine Gedanken mehr machen, er war müde nach einer Woche, in der er täglich zur Schule und zur Arbeit gewesen war. Als er am nächsten Morgen aufwachte, war sein Lehrer schon aufgestanden. Gequält seufzte er und rollte sich auf Naos Seite. Umgeben von dem Geruch des anderen zog er sich die Decke über den Kopf und blieb noch ein wenig liegen, bevor er es dann doch für nötig hielt, aufzustehen. Nach dem Duschen zog er sich an und frühstückte allein in der Küche. Er musste unbedingt einen Plan haben, wie er das Thema am Besten anging. Denn sicher war, dass es so nicht weitergehen konnte. Still ging er in das Wohnzimmer. Nao trug nur eine Jogginghose und stand vor dem Fenster. "Hast du kurz Zeit für mich?", fragte Ryouga ruhig, blieb aber am anderen Ende des Raumes stehen. "Wofür?", lachte Nao bitter. "Damit du deine Triebe wieder ruhigstellen kannst, weil ich es ja mit mir machen lasse?" "Nein. Ich will mit dir reden." Ryouga sah zu Boden. So fühlte Nao also. Wenn er die ganze Wahrheit wüsste, wäre alles vielleicht ganz anders. "Ich aber nicht mit dir", antwortete der Ältere und kam ein paar Schritte auf ihn zu. Trotzdem lag noch mindestens ein Meter zwischen ihnen. "Nao, ich…" "Ich will, dass du ausziehst", unterbrach der andere ihn. Fassungslos sah Ryouga seinen Lehrer an. "Bitte? Nao, egal, was es ist, wir…" "Geh!", schrie der Kleinere plötzlich. "Ich will nicht hören, was du mir zu sagen hast!" "Nao, beruhige dich!", bat Ryouga laut und fest, aber in gefasstem Ton. "Nein! Hau ab!", brauste der andere wieder auf. Wenn das die einzige Möglichkeit war, mit Nao zu kommunizieren, musste er auch mitmachen. "Und was, wenn nicht?!", fuhr er den anderen provozierend an. "Das ist immer noch meine Wohnung!", fauchte Nao zurück. Dass man sie im ganzen Haus hörte, war ihm egal. "Ja? Schön, mag sein, aber trotzdem ziehe ich nicht aus! Nicht, wenn du mir nicht sagst, was in letzter Zeit eigentlich los ist!" "Du ziehst aus, sofort!" "Nein!" "Verschwinde aus meinem Leben!", schrie Nao mit einem Hauch von Verzweiflung in der Stimme. Ryouga schüttelte den Kopf und ging in den Flur, zog sich seine Schuhe an, stellte sich dann aber noch einmal in den Türrahmen. "Ich bin weg, aber das klären wir noch!", fauchte er, riss dann die Wohnungstür auf und ignorierte das wasserstoffblonde Ding und seinen Begleiter. Mehr als nur aufgebracht raste er die Treppe hinab und stürzte aus dem Haus. Erst dann wurde er ruhiger und verlangsamte sein Tempo, bis er letztendlich nur noch gemütlich ging. Saga betrat gefolgt von Iv Naos Wohnung und sah, wie sein Kollege und Freund schwach auf dem Boden saß, den Rücken der Tür zugewandt. "Warte hier", meinte er zu Iv, der ein wenig verwirrt und hilflos im Flur stand, rannte dann die Treppen hinab und stürmte aus dem Haus. Schnell sah er sich um, entschied sich aber dafür, nach links zu laufen, als er den Gesuchten nirgendwo entdeckte. Nach ein paar gejoggten Metern entdeckte er diesen in einer Seitengasse und lief ihm nach. "Ryouga, warte mal", sagte er gut hörbar und schloss zu dem Schüler auf, ging dann neben diesem her. "Was ist los, Sakamoto-san?", knurrte Ryouga leise und beschleunigte etwas. "Saga bitte. Jetzt bleib stehen!" Unbeirrt lief Ryouga weiter, bis er heftig am Arm gepackt und gegen die Hauswand gedrückt wurde. "Jetzt hörst du mir mal ganz genau zu!", zischte Saga mit einem wilden Funkeln in den Augen. "Wir werden jetzt zurück zu Nao gehen und du wirst das mit ihm klären! Ich weiß zwar nicht, worum es geht und was zwischen euch ist, aber ich lasse nicht zu, dass du ihm wehtust!" "Er hat gesagt, ich soll aus seinem Leben verschwinden!", konterte Ryouga, befreite sich aus Sagas Griff und stieß sich von der Wand ab, wanderte dann in ruhigem Tempo weiter. "Er weigert sich, mit mir zu reden. Er zieht sich seit Tagen zurück." "Aber gerade jetzt geht es ihm dreckig. Du kannst mir nicht erzählen, dass er dir egal ist." Ryouga lachte leise auf. "Er ist mir alles andere als egal, und genau deshalb werde ich gehen, wenn er es will." Saga griff nach seinem Arm und zog ihn mit sich. "Dann komm." "Warum, Sakam… Saga?" "Du wirst sehen." Nachdenklich lief Ryouga neben dem Kleineren her. Jetzt nannte er also schon den dritten seiner Lehrer beim Spitznamen. Eigentlich eine beunruhigende Entwicklung. Still trat er in die Wohnung und sah in das Wohnzimmer. Nao hockte noch immer zusammengekauert am Boden, sein Körper wurde von stummen Schluchzern geschüttelt. Wie ferngesteuert setzte Ryouga sich neben ihn und zog ihn in seine Arme. "Nao, es ist in Ordnung, ich bin da", murmelte er und strich dem anderen über den Rücken, hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. "Und so lange du mich nicht wegschickst, bleibe ich bei dir. Hoch und heilig versprochen." Nao nickte schwach, drückte sich dann enger an den Schüler, der ihn daraufhin auch fester in den Arm nahm. "Nao, rede mit mir", bat Ryouga leise. "Was ist los?" "Was los ist?" Wieder wurde Nao heftig geschüttelt und sah zu dem anderen auf. "Ich kann nicht mehr! Wir wohnen zusammen, wir schlafen miteinander, wir küssen uns, wir kuscheln, aber du liebst mich nicht! Ich dachte, ich könnte damit klar kommen, aber es geht nicht. Ich dachte, es reicht mir, von dir begehrt zu werden und dich als Freund zu haben, aber ich bin an meine Grenzen gekommen! Ich gehe daran kaputt, ich gehe an dir kaputt, weil ich dich liebe!" "Und was machst du, wenn ich dir sage, dass ich dich auch liebe? Dass du für mich viel mehr als ein hübsches, kleines Bettspielzeug bist?" Vorsichtig stellte Ryouga den Kleineren auf und stützte ihn. Nao schüttelte den Kopf. "Hör auf zu lügen! Ich will doch nur glücklich sein! Hör auf, mit mir zu spielen!" Ryouga seufzte. Mit Worten konnte er Nao wohl nicht überzeugen. Also musste eine andere Möglichkeit her. Zart hielt er den Kleineren fest und legte seine Lippen auf dessen. Ihm fiel keine bessere Möglichkeit ein, den anderen von seiner Ehrlichkeit zu überzeugen. Die schwache Gegenwehr erstickte relativ schnell. Zögernd verstärkte er den Druck auf Naos Lippen und bewegte seine gegen diese. Es dauerte auch nicht lange, bis der Ältere sich darauf einließ und seine Lippen auch ohne Aufforderung teilte. Ryouga hörte, wie Nao leise seufzte. Sie hatten sich schon oft geküsst, aber dieser Kuss war anders, forschender. Es ging nicht nur um körperliches Verlangen. Trotzdem fuhren seine Hände unter Naos Shirt, strichen sanft über die nackte Haut. Er wollte diesen Körper komplett neu erkunden, nicht als den eines guten Freundes, mit dem er manchmal schlief, sondern als den seines Freundes. Aber sie hatten Zeit. Langsam löste Ryouga den Kuss, sah den Älteren an und strich ihm über die Wange. "Ich liebe dich", hauchte er und küsste Nao auf die Stirn. "Ich dich auch", kam die leise Antwort und Nao lächelte ihn unsicher an. "Seit wann?" Ryouga atmete laut aus. "Nicht erst seit gestern. Als wir die Nacht nach meinem spontanen Auszug im Hotel verbracht haben, habe ich das wirklich anzeichenweise gemerkt. Du?" Nao lachte leise. "Wirklich bemerkt auch in der Nacht. Schicksalhafte Fügung." Saga räusperte sich. "Ihr wisst, dass wir auch noch da sind, ja?" "Klar", grinste Ryouga und drückte Nao an sich. "Was tust du eigentlich hier, Iv?" Unsicher sah Angesprochener zu dem anderen Lehrer, der ihm sanft einen Arm um die Schultern legte. "Na ja", begann der Kleinste zögernd, sah zu Boden und holte einmal tief Luft, bevor er Ryouga frech angrinste, "du bist nicht der einzige, der einem unserer Lehrer näher gekommen ist als normal." "Dann Schuhe aus und aufs Sofa! Ich will alles wissen!" Ungeduldig zog Nao Ryouga zu erwähntem Möbelstück, schubste diesen darauf und machte es sich an seinen neuen Freund gekuschelt gemütlich. Es dauerte nicht lange, bis Saga sich zu ihnen gesellte und Iv auf seinen Schoß zog. ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆Flashback★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ Gelangweilt sah Iv in sein Glas. Reno hatte sich schon mit irgendjemandem verzogen, Shin tanzte mit einem Mädchen, das nicht älter als 15 sein konnte und Ko-ki lag zuhause im Bett. Nur er, Iv, saß jetzt einsam an der Bar und wartete auf eine angemessene Zeit, um sich zu verabschieden, nur war es noch zu früh. "Iv, du hier?" Lächelnd lehnte Saga sich neben ihm an die Theke. "Bist du allein?" "Sakamoto-san? Ich bin auch überrascht, Sie hier zu sehen. Eigentlich bin ich mit Reno und Shin hier, aber wo die sind… Ach, keine Ahnung!" "Hm. Wie können die nur? Aber du kannst mich ruhig duzen und mit 'Saga' ansprechen." "Kein Problem." Iv musste leicht lächeln. "Wie sie können, weiß ich nicht, aber sie haben mich allein hier gelassen." "Jetzt bist du ja nicht mehr allein." Saga strich ihm leicht über den Rücken und verursachte so eine Gänsehaut. "Bist du denn allein hier?" Abwartend legte Iv den Kopf schief. "Nein, Tora und Reita sind auch hier, dir eher als Amano-san und Suzuki-san bekannt." "Ah." "Na komm." Grinsend zog der Ältere ihn vom Barhocker und hinter sich her zu einem Tisch. Ein paar Stunden später war die Stimmung wirklich locker geworden, nachdem Iv sich an den Gedanken, mit drei Lehrern zu feiern, gewöhnt hatte. Und nach zwei, drei Cocktails war es ihm eh egal, der Alkohol zeigte erste Wirkung. Er selbst durfte zwar keinen Alkohol bestellen, aber das hatte Saga übernommen, auch wenn der genau darauf geachtet hatte, dass er nicht zu viel trank. Es musste schon gegen drei Uhr morgens sein, als Saga ihn aus der Sitzecke und schließlich aus dem Club zog. "Iv, soll ich dich nach Hause bringen?" Fast schon panisch schüttelte der Blonde den Kopf. "Zu spät… Und zu angetrunken", murmelte er und lehnte sich an den Lehrer. "Würde Ärger geben, okay. Soll ich dich woanders hinbringen? Zu Reno?" Wieder schüttelte der Kleinere den Kopf. "Ich kann nirgendwo hin." Vorsichtig strich Saga ihm über die Wange. "Du kannst mit zu mir. Komm, Kleiner." Am nächsten Morgen wachte Iv mit schrecklichen Kopfschmerzen auf und stöhnte leise. "Mist!", fluchte er, bevor er die Augen aufschlug und sich umsah. Die andere Bettseite war zerwühlt und auf dem Nachttisch stand ein Glas Wasser mit zwei Kopfschmerztabletten. Vorsichtig stand er auf und nahm diese, bevor er sich auf Erkundungstour begab. Die Tür zum Balkon stand offen und neugierig sah Iv um die Ecke, begegnete sofort Sagas Blick. "Morgen, Iv. Gut geschlafen?", begrüßte der andere ihn lächelnd, drückte die Zigarette aus und drängte ihn zurück ins Wohnzimmer. "Hm." Unsicher sah Iv an sich herab und rieb über seine Unterarme. Vielleicht hätte er sich doch etwas überziehen sollen. Nur mit Unterwäsche bekleidet vor einem Lehrer zu stehen war doch unangenehm. "Kopfschmerzen?" Iv nickte nur und sah Saga an, der zögernd eine Hand nach ihm ausgestreckt hatte. Langsam nahm er diese und fand sich kurz darauf eng an dem anderen Körper wieder, ein Arm um seine Hüfte liegend. Erschrocken sah er zu Saga auf, der ihn ruhig anlächelte und über seine nackte Haut strich. "Du bist süß, wenn du so rot wirst. Du bist allgemein süß." Iv lächelte schüchtern. "Danke", nuschelte er und spürte, wie seine Wangen sich noch einen Rotton dunkler verfärbten. "Hast du Lust, mal was mit mir zu unternehmen?" Überrumpelt schnappte der Kleinere nach Luft, nickte aber. "Wenn du deshalb keine Probleme bekommst, klar." Sanft hauchte der Ältere ihm einen Kuss auf die Wange. "Werde ich schon nicht. Komm jetzt frühstücken." ★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆★☆ "Ah", grinste Nao. "Und wie weit seid ihr mittlerweile? Freunde ja wohl kaum noch." Saga lachte. "Nein, wir sind seit einer Woche zusammen. Nur schade, dass mein Kleiner nicht öfter bei mir schlafen darf, aber die Zeit, die wir im Bett haben, ist umso schöner." "Und jetzt?" Fragend legte Nao den Kopf schief. "Wir können die Beziehungen wohl kaum öffentlich machen." Ryouga seufzte leise. "Ich rede Montag mit Uruha, mal schauen, was er dazu sagt. Aber ist doch egal. Viel spannender ist die Frage, was wir heute machen. Das Wetter ist zu schön, um nur hier zu sitzen." "Lasst uns doch in den Park gehen", schlug Nao vor und sprang nahezu auf. Iv nickte begeistert, und weder Ryouga noch Saga hatten etwas dagegen einzuwenden. Ryouga saß entspannt auf der Wolldecke, die er mitgenommen hatte, und hielt Nao im Arm, da dieser sich einfach zwischen seine Beine gesetzt und sich an ihn gelehnt hatte. Zart hielt Ryouga seine Hand und strich über die warme Haut. Es war ein schöner Tag, die Sonne schien, aber es war nicht zu warm. Viele Menschen waren unterwegs und der Schüler spürte die Blicke förmlich auf ihnen, aber es war ihm egal. Er war einfach glücklich, jetzt endlich mit sich und seinen Gefühlen im Reinen zu sein und Nao seinen festen Freund nennen zu können. "Ryou, was machen wir heute Abend so Schönes?", fragte Nao leise und kuschelte sich enger an den Größeren. "Uns fällt schon was ein, wobei von heute Abend nicht die Rede sein kann. Heute Nacht muss ich erst mal gucken, wann ich nach Hause komme." "Ja, stimmt, du musst arbeiten." Nao seufzte. "Wann hast du mal wieder frei?" "Montag und Mittwoch auf jeden Fall, ich denke, ich mache Donnerstag noch frei." "Schön. Je mehr Zeit wir miteinander verbringen können, desto besser." "Definitiv." Zärtlich küsste Ryouga sich von Naos Schulter über dessen Hals zur Wange. Der andere drehte seinen Kopf, so dass ihre Lippen sich fanden und sich sofort spielerisch gegeneinander bewegten, ihm einen Schauer über den Rücken jagten. Keiner von ihnen bemerkte das Mädchen, das sie beobachtete und ihr Handy zückte… Kapitel 25: Jaspis ------------------ Oh kacke. Ja, ich weiß ich bin spät dran mit dem Upload, aber wir haben noch über fünf Stunden den 26.01.. Und das heißt...? Morgen Zeugnisse, richtig. =.= Ich könnte mal ganz dezent kotzen. Es gibt Tage, die einfach nur kacke sind. Aber wenigstens habe ich dann noch mindestens Montag und Dienstag nächster Woche frei. Obwohl... Unterricht hatte ich diese Woche auch nicht wirklich. Dienstag nur eine Stunde, Mittwoch ausgefallen. Damn. Letzte Woche. Die Sache mit Megaupload war schon hart, dann wurden SOPA und PIPA zurückgewiesen, und jetzt haben wir mit ACTA die gleiche Diskussion hier. Ich möchte euch bitten, euch das einmal anzugucken und gaaaaanz eventuell sogar zu unterschreiben. http://www.stopp-acta.info/deutsch/fakten/fakten/fakten.html Wir brauchen Freiheiten usw. im Internet. Das Thema ist wirklich wichtig und ich würde gern eure Meinung dazu hören. Aber jetzt genug davon. Auf zum neuen Kapitel. Das wird schon alles irgendwie, wenn wir die Politik aufhalten können. Das nächste Kapitel kommt in zwei Wochen wie üblich. Bis dahin, Hikari _________________________________________________________________________________ "Ryou, du strahlst schon den ganzen Abend so", bemerkte Kazuki nach Dienstschluss. Sie räumten noch hinter dem Tresen auf, wie es sich gehörte. "Mir geht's auch super." Grinsend räumte Angesprochener die Gläser weg. "Ehekrach beendet?" Ryouga lachte leise und sah seinen neugierigen Kumpel an. "Mensch, Ryouga, jetzt erzähl schon! Ich will alles wissen!" "Schon gut, Kazu, nicht vor Neugier platzen. Und kein Wort zu Uruha, ich will ihm das Montag selbst erzählen." "Ja, jetzt sag schon!" Ungeduldig sah Kazuki ihn an. "Heute Morgen ist der Streit eskaliert, Nao hat mich fast rausgeschmissen, ich bin abgehauen, Saga kam hinterher, hat mich zurückgeschliffen und gezwungen, mich mit Nao auszusprechen. Und jetzt bin ich mit Nao zusammen und wir haben den Rest des Tages mit Saga und Iv im Park verbracht." "Wer sind Saga und Iv?", fragte Kazuki weiter, widmete sich aber auch wieder seiner Arbeit. "Saga heißt eigentlich Takashi Sakamoto, ist Lehrer an unserer Schule und wohnt zwei Stockwerke von Nao und mir entfernt. Und Iv ist einer meiner besten Freunde." "Und die beiden sind auch zusammen?" "Hm. Vor zwei Wochen haben sie sich in einem Club getroffen, danach weiter kennengelernt und sind jetzt seit einer Woche zusammen." "Oh Mann. Darf ich auch nochmal zur Schule?" Ryouga lachte. "Du hast Uruha doch auch so schon." "Stimmt, und zu dem will ich auch gleich." "Und ich will zurück zu Nao." Leise schlich Ryouga in die Wohnung und zog seine Schuhe und Jacke aus. Erschrocken zuckte er zusammen, als sich zwei Arme sanft um seinen Oberkörper legten und ihn an den warmen Körper hinter sich drückten. Langsam löste er sich etwas und drehte sich in der Umarmung. Nao sah noch etwas verschlafen aus, aber allgemein glücklich. Vorsichtig strich Ryouga dem Älteren über die Wange und küsste ihn sanft. "Ich habe dich vermisst", murmelte der Kleinere. "Aber ich war doch nur ein paar Stunden weg." Lächelnd zog er den anderen in die Küche, wo die Becher schon standen und nur darauf warteten, mit Kaffee gefüllt zu werden. Nachdem Nao dies getan und sie sich gesetzt hatten, fragte er: "Also, wie war's im Club?" "So lálá. Ein paar Weiber, die mich angegraben haben, ein paar Typen auch, Chef und Jui saßen eine Weile bei uns und Kazuki hat mich ausgefragt, weil ich so zufrieden gewirkt habe." "Also alles so wie immer. Was wolltest du eigentlich gestern von ihm?" Ryouga sah nachdenklich in seinen Kaffee. "Ich wollte mit ihm reden, eventuell einen Tipp von ihm. Ich wusste nicht, was ich getan hatte oder allgemein, was los war. In den nächsten Tagen sollte ich ihm noch eröffnen, dass er mit seiner Vermutung genau ins Schwarze getroffen hat." "Es tut mir leid, dass du nicht mit mir reden konntest." Beschämt sah Nao zur Seite. "Vielleicht hätte ich auch früher mit dir reden sollen, aber…" "Halt die Klappe", unterbrach der Größere ihn lächelnd. "Ich hätte genauso reagieren können, aber jetzt ist es doch okay. Und ich nehme es dir nicht übel." Nao nickte und lächelte schwach. "Außerdem", meinte Ryouga weiter, "habe ich gestern gesehen, dass du noch kurz vor dem Einschlafen geweint haben musst." Wieder senkte Nao den Blick. "Das solltest du nicht sehen. Ich konnte nicht mehr, ich war einfach so fertig. Und ich hätte mir das alles ersparen können." Der Ältere seufzte. "Das alles wirkt so unrealistisch. Ich weiß immer noch nicht, ob ich dir glauben soll oder nicht. Mein Herz sagt ja, aber mein Verstand reagiert anders. Ich will nicht verletzt werden und auch nicht mit mir spielen lassen." "Nao, lass dir Zeit. Ich kann warten, bis du mir vollständig glauben kannst. Auch wenn ich gern wüsste, ob und was ich tun kann." "Lange wird es wohl eh nicht mehr dauern", meinte Nao lächelnd und stellte die Becher in den Abwasch. "Ich bin müde, lass uns schlafen gehen." Ryouga stand auf und hauchte dem Kleineren einen Kuss in den Nacken. "Gern. Ich bin auch erledigt, der Tag war anstrengend. Dann komm jetzt." Nao wachte spät, aber ausgeschlafen und friedlich auf. Trotzdem schlief Ryouga noch. Ein sanftes Lächeln schlich sich auf Naos Gesicht, während er seine Hand nach dem Jüngeren ausstreckte, ihm vorsichtig über die Wange strich. Langsam regte der andere sich und blinzelte verschlafen. "Morgen", nuschelte er und streckte sich. "Guten Morgen. Ich wollte dich nicht wecken, tut mir leid." "Hör auf, dich ständig zu entschuldigen", murrte Ryouga und drehte sich auf die Seite, sah ihn an, bevor er den Kleineren sanft küsste und über den nackten Oberkörper strich. Nao seufzte wohlig und drückte sich der Berührung entgegen. Zart glitten die Fingerspitzen über seine Innenschenkel, entlockten ihm ein leises Keuchen. "Nao", flüsterte der Jüngere ihm ins Ohr, "ich will der einzige sein, der dich so berühren darf." Liebevoll stahl er dem Älteren einen Kuss. "Ich will der einzige sein, der dich so küssen darf." Bewundernd betrachtete er den schlanken Körper, bevor er dem Kleineren wieder in die Augen sah. "Ich will der einzige sein, der dich so ansehen darf." Sanft strich er Nao über die Wange, der leicht nickte, aber ein schwaches, ironisches Lächeln im Gesicht hatte. "Welch Ironie, das von dir zu hören. Wo du doch ständig wechselnde Spielgefährten hast. Aber du glaubst doch auch nicht wirklich, dass ich einen anderen an mich heranlasse?" Ryouga seufzte und legte seinen Kopf auf die Schulter des anderen. "Seit das zwischen uns lief, hatte ich mit keinem anderen Sex. Das einzige, das gelaufen ist, war mit Ikuma, und du weißt, in welchem Rahmen das geblieben ist." "Und du hattest mit keinem anderen Sex oder irgendwas Ähnliches?" Nao klang verwundert. "Warum?", fragte er nach einem bestätigenden Nicken. "Irgendwas in mir hat sich dagegen gesträubt. Ich konnte nicht, weil ich dich liebe." Der Jüngere zuckte mit den Schultern, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Nao lächelte glücklich und strich dem anderen durch die Haare, streichelte jeden Zentimeter Haut, den er erreichen konnte. Es war zu schade, dass der Moment irgendwann enden würde, aber so war es eben. Also musste er den Augenblick genießen. "Steht heute irgendwas Besonderes an?" Eigentlich wollte er die Antwort gar nicht wissen, aber doch wäre es von Vorteil. "Ich muss heute Abend arbeiten, aber sonst nicht, nein." "Das heißt, wir können es uns den ganzen Tag gemütlich machen?" "Ja, können wir. Es sei denn, wir bekommen unerwarteten Besuch." "Denkst du an jemand Bestimmten?" "Saga und Iv vielleicht. Aber wir müssen die Tür ja nicht aufmachen." Frech grinsend stahl Ryouga dem Älteren einen Kuss, begann dann, kleine Küsse auf dessen Hals und Brust zu verteilen. Nao seufzte leise und schloss entspannt die Augen. Er wollte sich jede Berührung genauestens einprägen, um sich mit der Erinnerung durch die Schultage retten zu können, oder die einsamen Abendstunden. Ohne dass er es seinem Freund gesagt hatte, vermisste er ihn immer schrecklich und konnte das Weckerklingeln unterbewusst schon gar nicht mehr abwarten. "Nao, soll ich dir Frühstück ans Bett bringen?", flüsterte Ryouga und streichelte ihn sanft. "Kannst du gern machen, aber ich stehe auch gern mit dir auf. Du sollst mich auch nicht zu sehr verwöhnen." "Soll ich vielleicht nicht, aber es gefällt dir bestimmt." Nao lachte leise. "Ich glaube, das würde jedem gefallen." Lächelnd stand Ryouga auf und hob den Älteren hoch, trug ihn in die Küche und setzte ihn auf einem Stuhl ab. "Ich mache Frühstück und du bleibst, wo du bist", meinte der Jüngere lächelnd. "Vergiss den Kaffee nicht", neckte Nao ihn grinsend. "Ohne Kaffee klappt morgens nichts." "Ach, doch. Man kann schon ganz gut Kontakt mit dir aufnehmen, zumindest ich kann das." "Wir können ja nächstes Wochenende austesten, zu was ich vor dem ersten Kaffee im Stande bin." Ein eindeutiges Funkeln erschien in Naos Augen, brachte Ryouga so zum Lachen. "Ja, können wir", raunte der Größere. "Aber auf deine Verantwortung." "Natürlich." Nao stand auf und schmiegte sich an den anderen, stahl ihm dann einen Kuss. "Ich kann auch schon auf mich aufpassen. Zumindest manchmal." "Ryouga, aber ich will nicht zwei Stunden allein in der Wanne sitzen und…" "Wer hat gesagt, dass du allein baden gehen sollst?", erstickte Ryouga jeden weiteren Protest. "Außerdem tut ein bisschen Entspannung dir sicherlich gut." Unentschlossen legte Nao den Kopf schief. Noch bevor er etwas antworten konnte, fand er sich auf Ryougas Arm wieder und wurde in das Bad transportiert. "Ausziehen!", befahl der Jüngere lächelnd und ließ das Wasser in die Badewanne laufen, zog sich selbst nebenbei aus. Nao verschränkte die Arme vor der Brust und sah dem Jüngeren zu, machte aber keine Anstalten, den Befehl zu befolgen. Er wollte wissen, was Ryouga tun würde, wenn er nicht gehorchte. "Nao, zieh dich aus", forderte Ryouga noch einmal sanfter, bekam aber als Antwort einen trotzigen Blick und ein entschlossenes Kopfschütteln. "Nao, bitte", versuchte er es wieder, stellte sich aufrecht vor seinen Freund und strich ihm sanft über die Wange, bekam aber nur die gleiche Reaktion. Dann musste eben Plan B herhalten. Liebevoll küsste er den Kleineren, der zuerst nur überrascht war, dann aber neugierig erwiderte. Zart strichen Ryougas Hände unter Naos Shirt und schoben es Stück für Stück nach oben, bis er den Kuss löste und dem anderen den Stoff über den Kopf zog. "Na gut", hauchte Nao und stützte sich an der Wand ab, "du hast gewonnen." "Schön zu hören. Aber wenn ich schon dabei bin, kann ich dich auch weiter ausziehen." Nao nickte und zog den Größeren wieder in einen Kuss, während seine Hose und Boxershorts langsam zu Boden glitten. Kurz darauf wurde er in das warme Nass gesetzt, in das Ryouga auch stieg. Nao seufzte und lehnte sich zurück. Das Wasser war angenehm warm, und er spürte den Blick seines Freundes förmlich auf sich. Es war immer noch ein Konflikt in ihm, aber er schob diesen so gut wie möglich zur Seite. Es fühlte sich zu gut und zu richtig an, Ryouga bei sich zu haben und mit ihm zusammen zu sein. Und so lange Uruha Rektor blieb, konnte ihnen nichts passieren, auch wenn sie sicher keine Durchsage machen würden, dass sie jetzt zusammen waren. Es ging niemanden etwas an, was zwischen ihnen war. "Worüber denkst du nach?", fragte Ryouga und streichelte seine Hand. "Wenn ich ehrlich bin… Über die Schule", lachte Nao und ließ sich näher ziehen, kuschelte sich dann eng an den Jüngeren. "Ich freue mich wirklich auf die nächste Woche." "Ich mich auch." Zart legte Ryouga seine Arme um den schlanken Körper. "Ich bin nur gespannt, was Uruha sagen wird." "Denkst du, er wird sauer sein?" Ryouga schüttelte den Kopf. "Im Endeffekt wird es ihm egal sein, auch wenn ich glaube, dass er schon eine Weile etwas ahnt. Bezogen darauf, dass sich etwas zwischen uns entwickelt." "Glaubst du? Woher sollte er das wissen? Oder wie sollte er darauf kommen?" "Was so was betrifft, ist er ziemlich sensibel. Aber ist ja auch egal. Genauso wie egal ist, was andere über unsere Beziehung sagen." Nao nickte leicht und schwieg. Die Stille war nicht bedrückend, sie hatte etwas Entspannendes. Noch war der nächste Schultag weit weg und berührte sie nicht einmal. Vorher kam noch die Nacht, in der er wieder eine Weile allein war, weil Ryouga arbeiten musste. Aber wenigstens hatten sie in der Woche mindestens zwei Abende für sich, was ja schon mal ein Anfang war. Mit ein bisschen Planung könnte man diese freie Zeit vielleicht noch besser nutzen als normal. "Nao, geh ins Bett und schlaf, während ich weg bin. Du musst schlafen." "Du auch, und du arbeitest auch in der Schulwoche abends." Abblockend verschränkte der Ältere die Arme vor der Brust. "Ja, weil ich zur Schule gehe und nebenbei arbeiten muss. Du kannst früher ins Bett gehen. Und es reicht, dass du noch einmal aufstehst, wenn ich Feierabend habe." "Wenn ich dich jetzt gewinnen lasse, was bekomme ich dann?" Abwartend legte Nao den Kopf schräg. "Ich lasse mir etwas einfallen, versprochen", meinte Ryouga und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. "Du kannst dir ja auch etwas wünschen." Einen Moment sah Nao ihn noch trotzig an, seufzte dann aber ergeben und umarmte seinen Freund. "Ich überlege mir was", flüsterte er dem anderen zu und genoss noch einen Augenblick die Nähe, bevor er sich von diesem löste und ihn an der Tür verabschiedete. Danach stand er unschlüssig im Flur. Er war noch nicht müde, und Ryouga würde frühestens in drei Stunden zurückkommen. Aber da gab es noch jemanden, der ihm während seiner Rückzugsphase mächtig Feuer unterm Arsch gemacht hatte, weil er ja endlich mit Ryouga hatte reden sollen, und der es ihm nie verzeihen würde, wenn er nicht bald von der positiven Entwicklung erfahren würde. Lächelnd ging Nao ins Wohnzimmer, nahm sein Handy von der Kommode und ließ sich auf das Sofa fallen. "Nao! Hast du endlich mit Ryouga gesprochen?!" Kaum hatte der andere abgehoben, wurde Nao gleich angeschrien. "Jin, komm runter", lachte dieser und schüttelte den Kopf. "Jetzt. Sag. Schon. Oder, Moment, warte kurz. Manabu, halt die Klappe, ich versuche zu telefonieren. Und jetzt rede, Nao!" "Ich habe ihn fast vor die Tür gesetzt und…" "Was?!", brüllte Jin ihn sofort an. "Hast du noch alle Tassen im Schrank?!" "… und dann hat Saga uns mehr oder weniger zur Aussprache gezwungen und wir sind zusammen gekommen." Einen Moment herrschte Stille. Er hatte es tatsächlich geschafft, Jin sprachlos zu machen. Ein Weltwunder. "Nao!", quietschte der Jüngere plötzlich drauf los. "Ist das wahr? Zu schade, dass ich nicht derjenige war, der euch in den Arsch getreten hat!" "Danke", meinte Nao sarkastisch, "ich hab dich auch lieb, Jin-chan." "Ihr habt es also endlich geschafft. Und wie geht's jetzt weiter, Pooh-chan?", neckte der andere ihn immerhin schon wieder vollkommen zurechnungsfähig. "Mal schauen. Morgen will er mit dem Schuldirektor reden, der Rest bleibt noch abzuwarten." "Und wie fühlst du dich? Ganz allgemein?" "Hm. Wolke sieben trifft es ziemlich genau", lachte Nao und streckte sich auf dem Sofa aus. "Es ist überwältigend, wieder verliebt zu sein, auch wenn ich auf eine Weise auch Angst habe." "Angst, ihn zu verlieren oder Angst, dass dein Vertrauen missbraucht und mit dir gespielt wird?" "Beides. Und Angst, dass man unsere Beziehung nicht akzeptieren und versuchen zu zerstören wird." Jin seufzte und räusperte sich. "Die Wenigsten werden es akzeptieren, solange er dein Schüler ist, daran kannst du nichts ändern. Aber wie ich schon einmal sagte, bin ich davon überzeugt, dass ihr zusammen gehört. Ihr schafft das. Und nach seinem Abschluss wird alles einfacher." "Meinst du?" "Sicher. Manabu und ich hatten es zwar immer etwas einfacher als ihr, aber ich glaube, dass ihr alles schaffen werdet, egal, wie groß die Steine sind, die man euch in den Weg legt." "Aha. Und zu meinen anderen beiden Ängsten hast du nichts zu sagen?" "Hm… Ich denke nicht, dass er dich anlügt oder mit dir spielt und dein Vertrauen so missbraucht. Und wenn du dich zusammenreißt, wirst du ihn nicht verlieren. Sonst noch Fragen?" "Findest du es komisch, dass Iv mit Saga zusammen ist? Einer von Ryougas Freunden und einer meiner Kollegen?" "Ja, ich erinnere mich an Iv. Warum sollte ich es komisch finden? Weil gleichzeitig zwei Lehrer-Schüler-Kombinationen entstanden sind? Vielleicht der ähnliche Zeitpunkt ein bisschen, aber sonst nicht." "Danke für deine hemmungslose Ehrlichkeit", lachte Nao. "Aber ehrlich, die Sache mit dem Zeitpunkt ist seltsam. Meiner Meinung nach." "Wer weiß, vielleicht will eine höhere Macht die Menschheit umdenken lassen, dass Lehrer und Schüler auch nur Menschen sind und Bedürfnisse haben wie jeder andere auch." "Das ist nicht die richtige Situation für Scherze, Jin." "Das war auch ernst gemeint. Ich meine, woher willst du wissen, dass es nicht so ist? Und dabei ist die Rede von einer höheren Macht. Ob Gott, die Sterne oder sonst was ist also nicht festgelegt." "Jin, was hast du heute geraucht? Du sollst nicht immer Drogen nehmen." "Mach ich doch gar nicht und gar nichts. Ich hab noch nie Drogen genommen, außer Alkohol und Zigaretten, aber sonst…" "Und was war mit diesen komischen Kautabletten, die so metallisch geschmeckt haben und die du uns besorgt hattest? Wir waren damals irgendwas zwischen umgehauen und high, und ich weiß noch, dass Byou fast über dich hergefallen wäre. Ich weiß nur bis heute nicht, was das war, und ich will es auch gar nicht wissen." "Die zählen nicht. Außerdem hast du mitgemacht. Und es war zum Probieren, wir waren jung und dumm und teuflisch neugierig. Klar?" "Aber sicher. Weiß dein Liebster eigentlich davon?" "Wieso sollte ich es ihm erzählen? Es ist lange her und seitdem habe ich auch nichts anderes mehr genommen." "Mal schauen, wie Manabu darauf reagiert, wenn er das erfährt." Ein hinterhältiger Unterton schlich sich in Naos Stimme, während sein Blick durch den Raum glitt. Erschrocken bemerkte er die Uhrzeit. "Wir müssen wann anders weitersprechen, in eineinhalb Stunden muss ich aussehen, wie frisch aus dem Bett. Wo ich eigentlich schon lange sein sollte." "Könnte sonst Ärger mit deinem Schatz geben, was?", scherzte Jin. "Wie auch immer, schlaf gut." Und damit war die Verbindung unterbrochen. Einen Augenblick blieb Nao noch auf dem Sofa liegen, bevor er sich erhob, sein Handy wieder auf die Kommode legte und dann erst mal in die Küche ging, um Kaffee zu kochen und das Telefonat zu überdenken. Jin hatte definitiv recht, was die Akzeptanz der Menschen einer Lehrer-Schüler-Beziehung betraf, und für viele wäre es sicher auch ein Problem, dass sie beide Männer waren. Von diesen verfluchten 13 Jahren mal zu schweigen. Im Gegensatz zu Jin war er sich aber nicht so sicher, dass sie das schafften. Oder dass sie zusammen gehörten. Seufzend ging er ins Bad und machte sich bettfertig, bevor er ins Schlafzimmer ging und sich hinlegte. Eine Weile hielten die Gedanken ihn noch wach. Gedanken an die Vergangenheit und an die Zukunft, an das, was vielleicht passieren könnte, wovon aber niemand wusste, ob es so geschehen würde. Gedanken über Verluste, die Löcher hinterlassen hatten, die niemand hatte füllen können. Niemand. Zumindest bisher. Jetzt hatte Ryouga es tatsächlich geschafft, die Wunden zu verschließen. Kapitel 26: Amazonit -------------------- Früher als ich für möglich gehalten hätte kommt jetzt doch definitiv nach am angekündigten Tag das 26. Kapitel. Ehrlich? Irgendwann hat man auch als Autorin einmal genug, und die letzten 10 Kapitel sind in verdammt kurzer Zeit entstanden. Vielleicht weil ich zwischendurch vor neuen Ideen fast geplatzt bin. :/ Am Ende werdet ihr ja auf jeden Fall noch eine Menge über die Entstehung dieser Geschichte und meine Probleme dabei erfahren, wer mich kennt, weiß, dass ich immer noch einmal zusammenfasse und bla. Einige müssten die Prozedur schon ganz gut kennen. :D Und ja, Ryouga und Nao haben es endlich geschafft und haben einen schönen Tag daheim verbracht. Was jetzt die Schule mit sich bringt, ist eine ganz andere Sache, aber es wird auf jeden Fall interessant und die Sache mit dem Mädchen und ihrem Handy wird -leider- auch aufgelöst. ;D Ich wünsche euch viel Spaß an dem Kapitel und freue mich wie immer über Kommentare egal welcher Art. Hikari _________________________________________________________________________________ "Ryou, komm jetzt, wir wollten doch früher in der Schule sein!" "Ich bin doch schon da." Entschuldigend küsste er den Kleineren und zog sich schnell seine Schuhe an. "Dann komm." Eilig zog Nao den Schüler mit sich die Treppe hinab, blieb erst vor der Tür stehen und ließ Ryouga wieder los, bevor sie in schnellem Gang ihren Weg fortsetzten. "Nao, beruhige dich, wir sind immer noch mindestens eine dreiviertel Stunde zu früh", bemerkte Ryouga, hielt aber trotzdem das Tempo. "Ich bin ruhig", erwiderte der Ältere. "Die Regeln für die Schule hast du noch im Kopf, ja?" "Nachdem du sie mir heute Morgen zwanzig Mal vorgebetet hast, habe ich die drauf. Jetzt entspann dich, wir machen alles so wie immer und dann wird das schon laufen." "Ich glaube, ich mache drei große Kreuze im Terminkalender, wenn die Schule vorbei ist", seufzte Nao und blieb kurz stehen, legte den Kopf in den Nacken und sah in den blauen Himmel, bevor er weiterlief, Ryouga immer neben sich. "Das wäre nicht notwendig, wenn du endlich mal runterkommen würdest. Wirklich, Nao, so anders ist die Situation jetzt auch wieder nicht." "Ich weiß, aber ich kann das nicht lockerer sehen. Keine Ahnung, warum." "Du kannst und du wirst. Wenn du weiterhin so unter Strom stehst, werden alle merken, dass etwas anders ist." Gequält seufzte der Kleinere. Blöderweise stimmte das. Nicht, dass Saga die Erklärung nicht ohnehin kannte, aber es war auffällig, wie er sich verhielt. Leider. Ein paar Mal atmete er tief durch und verlangsamte seine Schritte. Er wurde tatsächlich etwas ruhiger. "So ist es gut", lobte Ryouga und strich ihm durch die Haare. Fühlst du dich jetzt auch etwas besser?" "Ausgeglichener, ja. Bis zur Schule ist es nicht mehr weit." "Leider. Kann ich nicht bald mal wieder schwänzen?" "Und mich ganz allein lassen? Danke, nett von dir." "Nao, du weißt, dass es nicht um dich geht. Du kannst mich gern zuhause unterrichten, gar kein Problem, aber ich habe keine Lust auf Schule. Oder Shou und Saga. Obwohl Saga in letzter Zeit ungewöhnlich nett zu Reno und mir war." "Ivs Einfluss", lachte Nao. "Ihr wart aber auch nett zu ihm, oder?" "Klar, wir hatten keinen Grund, mit ihm zu streiten. Iv ist aber auch super, wenn er wirklich dahintersteckt, wovon ich mal ausgehe." Lächelnd betrat er neben Nao das Schulgebäude und schlug den gleichen Weg ein wie dieser. "Hattest du eigentlich jemals eine Beziehung mit einem aus deiner Clique in Erwägung gezogen?" "Kurzzeitig. Ein paar Minuten, um genau zu sein, aber nie ernsthaft." "Wie's dazu kam, musst du mir nochmal erzählen." "Aber nicht jetzt. Bis nachher." Nao lächelte ihn noch sanft an und verschwand dann Richtung Lehrerzimmer, während er vor der Tür von Uruhas Büro stehenblieb und anklopfte. "Herein!", hörte er die aufgebrachte Stimme des Rektors und betrat das Büro, sah verwundert zu dem schwarzhaarigen Mann mittleren Alters. "Ryouga-san, was gibt es?" "Takashima-sensei, wenn es gerade nicht passt, kann ich auch warten." "Nein. Das ist Nakamura-san, er arbeitet für das Schulministerium." "Das stimmt. Ich werde mir die Schule ansehen gehen, in der Zwischenzeit können Sie sich um ihren Schüler kümmern." Ryouga warf Uruha einen fragenden Blick zu, während der andere den Raum verließ und die Tür sorgfältig verschloss. "Uruha, was geht hier vor sich?" Unruhig ließ er sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch sinken, auf den der Blonde sich setzte und sich mit der Hand durch die Haare fuhr. "Dieser Nakamura ist der neue Übergangsrektor." "Was? Warum?" "Irgendwer hat gequatscht, dass ich etwas mit einem Schüler gehabt haben soll. Und jetzt wird Nakamura meinen Rektorenposten übernehmen, bis wir einen anderen Lehrer als Rektor vorschlagen. Ich bleibe aber als Lehrer an dieser Schule." "Oh Gott." Ryouga legte den Kopf in den Nacken. "Wir sind so am Arsch." "Was wolltest du denn von mir?" "Geht um Nao und mich." "Ist wieder was passiert?" Besorgt zog Uruha die Augenbrauen zusammen. "Nein. Wir sind zusammen, das wollte ich dir erzählen." "Scheiße." Der Ältere schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. "Das heißt eigentlich Glückwunsch, aber der Zeitpunkt… Hättet ihr euch nicht noch ein paar Wochen Zeit lassen können?" "Uruha, viel wichtiger: Was machen wir jetzt?" "Strengste Geheimhaltungsstufe erstmal. Und dann müssen wir einen anderen Vorschlag für den neuen Rektor machen, am Besten mit allen Schülern abgesprochen." "Ich kann in zwei oder drei Tagen eine Versammlung nachmittags einberufen", schlug Ryouga vor. "Am Besten hier in der Sporthalle. Wenn du die Lehrer so weit informierst, können wir das Mittwoch machen." "Gut, ich organisiere alles so weit. Und du informierst die Schüler." Uruha seufzte gestresst. "Wir brauchen ja auch nur jemanden, der den Job offiziell macht, inoffiziell würde ich weitermachen, aber erstmal müssen wir jetzt mit diesem Nakamura auskommen." "Ab wann?" "Morgen." Ryouga ließ sich weiter in den Stuhl rutschen. "Ich muss mit Nao reden, und ich muss Reno und Iv informieren." "Tu das. Ich will gar nicht wissen, warum." Nao lächelte Saga an, als dieser das Lehrerzimmer betrat und sich neben ihn setzte. "Wie war dein Sonntag?" Saga grinste ihn an. "Schön. Iv und ich lagen den ganzen Tag im Bett. Wundert mich eigentlich, dass ihr ihn nicht gehört habt, er war nicht gerade leise." "Kann sein, dass ich ihn einmal gehört habe, aber ich habe nicht so darauf geachtet", lachte Nao. "Ich dachte, eine Katze wurde geschlachtet." "Sei nicht so gemein zu meinem Kleinen." Saga verdrehte die Augen. "Was habt ihr denn so Schönes gemacht?" "Ryou hat mich verwöhnt, so gut es ging. Kuschelstunde, Frühstück, Kuschelzeit, ein entspanntes Bad, eine kleine Diskussion. Dann war Ryouga arbeiten und ich habe mit Jin telefoniert." Verträumt lächelnd lehnte Nao sich zurück und nahm den ihm angebotenen Schokoriegel. Es war doch ein ziemlich schöner Tag. Und verdammt, Schokolade war so lecker. "Nao." Ruhig sah er zur Tür, in der Ryouga stand, etwas unschlüssig wirkend. "Komm rein." "Das ist das Lehrerzimmer." Skeptisch sah der Jüngere ihn an. "Und ich habe dir gesagt, dass du reinkommen darfst." Schulterzuckend kam Ryouga zu ihm und sah sich etwas unsicher um. "Setz dich", meinte Nao lächelnd. "Muss Shou eben damit leben, dass er stehen muss." "Wir haben ein Problem", kam Ryouga ohne Umschweife zum Thema und nahm Naos Hand. "Uruha ist ab morgen nicht mehr Rektor, weil irgendjemand getratscht hat. Der Typ vom Ministerium sieht sich hier schon um." "Was?!" Geschockt sah Nao ihn an. "Das kann doch nicht sein! Aber was machen wir denn jetzt?!" Die Panik in seiner Stimme war kaum zu überhören. "Ganz ruhig, Nao." Besänftigend strich Ryouga über die Hand seines Freundes. "Wir müssen jetzt die Nerven behalten." "Ryouga hat recht", mischte Saga sich ein. "Informierst du Iv?" "Selbstverständlich. Warnt ihr Hiroto?" "Warum?" Fragend legte Nao den Kopf schief. "Macht es einfach, okay?" Zart strich Ryouga seinem Freund über die Wange. "Ich muss los. Wir sehen uns nachher." Reno lehnte völlig verschlafen an der Wand, als Ryouga den Schulhof betrat. Auch die anderen waren da, Ko-ki und Shin waren völlig aufgedreht. Iv stand leicht hilflos daneben. "Morgen", grüßte Ryouga und boxte Reno in die Schulter. "Aufwachen, Großer." "Ich bin wach", murrte Angesprochener, öffnete aber die Augen. "Ryou, wir müssen reden", meinte Shin streng und stemmte die Hände in die Hüften. Hätte er nicht so ernst geguckt, hätte Ryouga lachen müssen. "Weshalb?" Ko-ki hielt ihm ein Handy unter die Nase. Offenbar sollte er sich das Bild angucken. Fassungslos nahm Ryouga das Handy und sah sich das Foto genauer an. Nao und er am Samstag im Park. Und natürlich war die Aufnahme so gemacht, dass man deutlich sah, dass sie nicht nur Freunde waren. Jetzt musste er nur die Nerven behalten. "Das ist gefälscht." Trotzdem zitterten seine Hände, als er dem Pinkhaarigen das Handy zurückgab. "Ist es nicht", fauchte Shin. "Warum lügst du uns an? Wir sind deine Freunde!" "Gut, okay, das Bild ist echt. Wie hätte ich euch sagen sollen, dass ich etwas mit einem Lehrer habe? Außerdem wussten Reno und Iv Bescheid." Abwehrend verschränkte Ryouga die Arme vor der Brust. "Iv wusste auch davon?" Skeptisch zog Reno eine Augenbraue hoch. "Nein, nicht wirklich davon, dass ich seit zwei Monaten regelmäßig mit Nao Sex habe, aber er wusste als einer der ersten, dass wir fest zusammen sind. Er war da, als wir zusammengekommen sind." "Ryou!", fuhr Ko-ki ihn an. "Du hättest auch mit uns reden können! Was verbindet Reno und Iv enger mit dir, zumindest in diesem Punkt?!" "Vielleicht dass Reno mit Hiroto Ogata schläft und Iv mit Takashi Sakamoto zusammen ist?!", zischte Ryouga angriffslustig. "Was?" Überrascht sah Shin zwischen den beiden Erwähnten hin und her. Reno zuckte mit den Schultern. "Das kleine Blondchen kann noch mehr als unterrichten. Er ist ein wirklich ausgezeichneter Lover." "Und dass ich mit Saga zusammen bin…", Iv kaute auf seiner Unterlippe herum, "hat sich einfach so ergeben." "Und genau deshalb wollte ich mit euch reden", wandte Ryouga sich an Reno und Iv. "Wir haben einen neuen Übergangsrektor vom Schulministerium, der das nicht so locker sieht wie Uruha. Mittwoch gibt es eine Versammlung, bei der wir entscheiden, wen wir als neuen Rektor vorschlagen. 17 Uhr in der Sporthalle. Die Nachricht muss an alle Schüler geschickt werden. Es wäre gut, wenn ihr mir helfen würdet. Genauso wie ich wissen will, wer das Bild gemacht hat." Der letzte Satz wurde zu einem bedrohlichen Knurren. "Ryou, jeder hat das Bild", meinte Reno trocken. "Selbst wenn du den Verursacher findest, kannst du das nicht aus der Welt schaffen." "Ich weiß", erwiderte Ryouga bissig. "Wichtig ist aber zu verhindern, dass das Foto an diesen Nakamura kommt, den das Ministerium als Übergangsrektor einsetzt. Und der Verursacher wird leiden, so viel steht fest." "Charmant, wie du bist, ganz sicher. Wir müssen los, komm." Reno zog ihn am Arm mit. "Wir sitzen richtig in der Scheiße, oder?", fragte der Größere leise und zog ihn einfach weiter. "Aber richtig. Uruha meinte irgendwas von strengster Geheimhaltung, und das ist das einzige, was wir erstmal tun können." "Denkst du, Nao weiß von dem Foto?" Ryouga schüttelte den Kopf. "Ich wusste es ja auch nicht, bis Ko-ki es mir gezeigt hat. Ich würde es auch gern vor ihm geheim halten, aber früher oder später wird er davon erfahren." "Stimmt, spätestens durch Taka, und ich kann mir vorstellen, dass Nao sauer sein wird, wenn du ihm sowas verheimlichst." "Sicher. Er wird es mir mehr als nur übel nehmen, und genau deshalb muss ich bei der nächsten Gelegenheit, wenn wir allein sind, mit ihm reden. Auch wenn ich meinen Arsch darauf verwetten könnte, dass er es von anderen Schülern schon vorher zu hören bekommt." Gequält seufzend ließ Ryouga sich auf seinen Stuhl fallen und packte seine Sachen aus. "Wenn du nicht schon zwischen den ersten beiden Stunden mit ihm redest ganz bestimmt. Aber dann kann er eigentlich nicht sauer sein." Ryouga legte seinen Kopf auf den Tisch und seufzte. Das war einfach ungerecht. Warum gönnte man ihm nicht einfach sein Glück, so lange es anhielt? Warum musste immer alles, was ihn glücklich machte, schon nach so kurzer Zeit auf die Probe gestellt werden? Er liebte Nao. Es war ihm von Anfang an klar gewesen, dass ihre Beziehung nicht einfach werden würde und dass das eine oder andere Hindernis auf sie wartete, aber dass es schon so schnell so weit kam, überraschte ihn doch. Er konnte nur hoffen, dass Nao stark genug war und kämpfte. Wobei er eigentlich davon überzeugt war, dass Nao seine Unterstützung brauchen würde, um den Kampf durchzustehen. Nao war kein Kämpfer. Und wenn man seine angreifbaren Punkte kannte, war er leicht zu besiegen. Genauso in einer Schlägerei. Wusste man, dass es ihn in Panik versetzte, wenn man ihn an den Oberarmen packte und an die Wand drückte, konnte man ihn innerhalb von Minuten außer Gefecht setzen. Ryouga war aber anders. Er hatte keine allgemein bekannten Schwachpunkte, weder körperlich noch psychisch. Und er war bereit zu kämpfen, wenn es notwendig wurde. Er war sogar bereit, die Schule kurz vor dem Abschluss einfach hinzuschmeißen. "Guten Morgen." Nao wirkte selbstsicherer als sonst, als er den Klassenraum betrat. Ryouga hustete leise, aber trotzdem laut genug, dass alle ihn hören konnten, in der Hoffnung, dass alle schlau genug waren, Nao zu verschonen, sonst könnte es heute noch Tote und Verletzte geben, und dass wollte er nach Möglichkeit vermeiden. Obwohl es sowieso schon einen toten Fotografen geben würde. Die Stunde verlief auch überraschend ruhig. Ryouga ließ sich nur von Reno noch das Bild schicken. Er wollte selbst mit Nao reden und ihn im Zweifelsfalle wieder beruhigen. Sofort beim Klingeln sprang er auf, warf Nao einen kurzen, auffordernden Blick zu und lehnte sich im Flur an die Wand. Es dauerte auch nicht lange, bis Nao hinterherkam und ihn fragend ansah. "Was ist passiert?" Ryouga seufzte und gab seinem Lehrer einfach sein Handy, wartete und beobachtete, wie Naos Augen immer größer wurden. "Oh scheiße", murmelte der Kleinere und sah ihn ratlos an. "Wir sind schon dabei, herauszukriegen, wer dafür verantwortlich ist." "Ja, aber das bringt auch nichts." Seufzend strich Nao sich mit der Hand durch die Haare. "Wer weiß überhaupt davon?" "Fast alle. Jeder hat das an alle seine Freunde weitergeleitet." "Scheiße!", fluchte Nao und lehnte sich an die Wand, legte seine Stirn an diese. "Und jetzt?" "Schadensbegrenzung. Und das einzige, was wir tun können, ist zu unserer Beziehung zu stehen, aber trotzdem alles vor dem Typen vom Ministerium geheim zu halten." "Und wie?" Sanft strich Ryouga dem Kleineren über den Rücken. "Die Versammlung. Wir machen es da öffentlich." "Warum? Wir können doch auch versuchen, alles einfach unter den Tisch fallen zu lassen und trotzdem zusammen zu bleiben." "Sinnlos. Nao, alle wissen Bescheid, und das werden sie auch so schnell nicht vergessen. Jetzt noch an Geheimhaltung zu denken bringt auch nichts mehr. Also, anstatt Rückzug weiter auf den Vormarsch. Wir haben keine andere Wahl mehr." "Warum immer ich?" Verzweifelt schlug Nao mit der Faust gegen die Wand. "Nicht du, wir", korrigierte Ryouga und hielt Naos Hand fest, bevor dieser weiter auf die unschuldige Wand einprügeln konnte. "Warum weiß ich auch nicht, aber wir müssen da jetzt durch. Es kann uns nur stärker machen, wenn wir das durchstehen." "Klar, aber wie sollen wir das schaffen?" "Mit der besten Taktik überhaupt: Wir haben keinen Plan." "Na super." Nao schüttelte den Kopf und ließ sich von Ryouga in den Arm nehmen. Jetzt machte es auch keinen Unterschied mehr. Höchstens noch wegen dem neuen Rektor, aber das war ihm momentan ziemlich gleichgültig. Es war doch beruhigend, nicht allein an die Front geschickt zu werden, auch wenn sie keinen Plan hatten. "Das wird schon, vertrau mir", meinte Ryouga leise und strich ihm über die Wange. "Ich vertraue dir, aber nicht den anderen Schülern." Seufzend löste er sich von seinem Freund. "Wir sehen uns ja in der nächsten Stunde wieder. Treffen wir uns in der Mittagspause eigentlich auf dem Dach?" "Das ist eigentlich verboten, ja?" Skeptisch sah Ryouga ihn an. "Als ob du noch nie gegen dieses Verbot verstoßen hättest. Außerdem ist das der einzige Ort, an dem wir allein sein können und wo uns dieser Nakamura nicht findet." Schnell sah er sich um und küsste Ryouga kurz, als er sich versichert hatte, dass niemand da war, und verschwand dann grinsend zum nächsten Unterricht. "War er sauer?", fragte Reno sofort, als Ryouga sich gesetzt hatte. "Nein, eher verzweifelt und jetzt ignorant. Es stört ihn einfach nicht. Bist du weiter gekommen?" "Ja, aber es wird dir nicht gefallen." Reno sah ihn abwägend an. "Kennst du Takas große Schwester? Sie heißt Hana und geht in Shins Klasse." "Ja, vom Sehen. Sie steckt dahinter? Die kann was erleben", zischte der Jüngere und ballte die Hände zu Fäusten. "Nicht wirklich, sie hat es nur an ein paar Klatschweiber geschickt. Aber Shin hat herausbekommen, von wem sie das Bild bekommen hat. Dabei war nämlich eine SMS, in der sich die Fotografin selbst mit Lob überhäuft." "Wer hat dieses beschissene Foto jetzt gemacht?!", knurrte Ryouga. "Sayo", meinte Reno leise. Sofort wanderte Ryougas Blick zu dem Mädchen. Eigentlich war sie immer ziemlich nett und zuvorkommend gewesen, zwar auch etwas anhänglich und nervig, aber nicht so, dass sie ihm hatte schaden wollen. Nur hatte sie jetzt ein Problem. "Das wird ihr noch leid tun. In der Pause ist sie dran." "Mach keinen Mist, Ryou", bat Reno nachdrücklich. "Noch ist Uruha Rektor. Es ist mir aber auch egal. Vielleicht schmeiße ich die Schule jetzt auch einfach hin." Ryouga zuckte mit den Schultern. "Und dann?", fragte Reno mit hochgezogener Augenbraue. "Mal ganz davon abgesehen, dass Nao das wahrscheinlich nicht wollen würde." "Bei Kisaki verdiene ich gut, und ich kann als Barkeeper arbeiten. Und später kann ich ins Hotelgewerbe gehen, wenn Kisaki mich ausgebildet hat, die nehmen auch älteres Personal." "Aber warum willst du ein halbes Jahr vor dem Ziel aufgeben? Ehrlich, das ist absolut unlogisch." "Reno, meine Beziehung ist mir wichtiger als so ein dämlicher Schulabschluss." "Das kann ich auch verstehen, aber weißt du, wie lange ihr zusammen bleibt? Wenn ihr euch trennt, wirst du es bereuen, deinen Oberschulabschluss nicht gemacht zu haben." Genervt verdrehte Ryouga die Augen. "Halt die Klappe. Du weißt gar nicht, wie wichtig er mir ist. Klar kann das passieren, aber es muss nicht so kommen. Woher willst du wissen, ob es nicht vielleicht die beste Entscheidung für mich ist?" "Ich kann das gar nicht wissen, genauso wenig wie du wissen kannst, wie weit sich das auf deine Zukunft auswirkt. Ryou, mach das Schuljahr noch zu Ende." "Bist du mein Vater?" Stur verschränkte Angesprochener die Arme vor der Brust. "Nein, aber einer deiner besten Freunde und ich will dir helfen. Du kannst das auch gern mit Nao ausdiskutieren." "Willst du mir jetzt drohen, oder was?" "Wenn du es so verstehst, gern. Denkst du, ich habe ein Problem damit, Nao von deinen Plänen und Überlegungen zu erzählen?", zickte Reno und verschränkte die Arme ebenfalls vor der Brust. Dass der Unterricht schon lange begonnen hatte, blendete er einfach aus. "Ich weiß, dass du damit kein Problem hast. Und ich weiß auch, dass ich enormen Ärger mit Nao bekommen werde, aber das werde ich schon überleben." Ryouga widmete sich wieder seinem Tisch. Er hatte keine Lust, weiter mit Reno zu streiten. Es war wie immer, sie beide hatten ihre Meinung und würden stur darauf bestehen, also konnte er sich das Theater auch sparen. Er hätte Ärger mit Nao, wenn er einfach so die Schule abbrechen würde, aber wenn er Nao begreiflich machen würde, weshalb er das tun würde, wäre alles vergeben und vergessen. Nao würde ihm verzeihen. Ganz sicher. Es war nur eine Frage der Zeit und der Erklärungen. Zitternd vor Wut wartete Ryouga auf dem Flur. Reno war weg, vermutlich zum Lehrerzimmer verschwunden. "Sayo, warte mal", rief er das Mädchen mehr oder weniger zu sich. Er hatte nicht vor, sie zusammenzuschlagen. Das gehörte sich nicht, aber er musste trotzdem mit ihr reden. "Ja? Ryouga, was gibt es?" "Das weißt du ganz genau", zischte er und platzierte das Mädchen zwischen der Wand und sich. "Warum hast du dieses Foto gemacht?" "Ihr seid süß zusammen und ich wollte ein Bild haben", erklärte sie ohne Umschweife. "Und warum hast du das Bild an Hana geschickt?" "Wir sind gute Freundinnen und sie steht auf dich. Ich wollte ihr zeigen, dass sie keine Chance bei dir hat. Und sie meinte, ihr Bruder hätte noch irgendwas mit dir zu klären." "Spinnst du eigentlich?!", fuhr Ryouga sie plötzlich an. "Du hast das Bild mit Hanas Hilfe in der ganzen Schule verbreitet! Weißt du, was für Schwierigkeiten Nao bekommt, wenn das an diesen Typen vom Ministerium kommt?! Kannst du dir auch nur annähernd vorstellen, was du da losgetreten hast?!" "Ryouga, so war das nicht geplant, aber…" "Das ist mir scheißegal! Deine Dummheit kann Nao alles kosten!", fauchte Ryouga, stützte sich seitlich neben dem Mädchen ab und funkelte sie bedrohlich an. "Interessierst du dich denn gar nicht für dich selbst?" "Nein, verdammt! Es geht hier darum, dass du Nao in Schwierigkeiten bringst! Du mischst dich in Sachen ein, die dich gar nichts angehen! Du denkst auch nicht nach, du bist einfach zu dämlich dafür! Du…" "Ryou, beruhige dich!" Mit aller Kraft stemmte Nao sich gegen seinen Freund, der offenbar wirklich sauer war. Er schaffte es nur mit Mühe, den Jüngeren in die Richtung der anderen Wand zu bugsieren. Plötzlich fand er selbst sich aber an der Wand wieder, an den Oberarmen fest gegen diese gedrückt. Nahezu panisch stemmte er sich gegen den Größeren und schnappte nach Luft, wehrte sich weiterhin gegen den Griff und sah den anderen aus weit aufgerissenen Augen an. Ryouga sah die Angst in Naos Blick und brauchte einen Moment, um wieder klar denken zu können, bevor seine Wut verrauchte und er den Griff lockerte, Nao dann aber sofort an sich zog. Der Kleinere zitterte am ganzen Körper und klammerte sich an ihn wie ein Ertrinkender. Beruhigend streichelte Ryouga den Älteren. "Es tut mir leid", murmelte er und legte seine Wange auf Naos Haar. "Ich habe die Nerven verloren, das hätte mir nicht passieren dürfen. Und ich hätte meine Wut erst recht nicht gegen dich richten dürfen." Nao nickte und hob den Blick. "Es ist gut. Denke ich." "Alle Beteiligten augenblicklich in mein Büro!", forderte Uruha. Der Rektor war also durchaus in der Lage durchzugreifen. "Kannst du gehen?", fragte Ryouga Nao leise, der daraufhin nickte. "Ich bin noch etwas durcheinander und meine Beine fühlen sich an wie Pudding, aber das geht." Vorsichtig löste er sich aus der stützenden Umarmung, atmete einmal tief durch und machte sich neben Ryouga auf den Weg zu Uruhas Büro. Er zitterte immer noch, aber es wurde besser, besonders als Ryouga einen Arm um seinen Körper legte. Fakt war, dass viel Schlimmeres hätte passieren können, wenn Reno sie nicht informiert hätte. Kapitel 27: Karneol ------------------- "Ich weiß, ihr seid alle angespannt, besonders Ryouga und Nao, aber ihr bleibt jetzt ruhig. Sayo, das Foto bringt Nao in große Schwierigkeiten und Ryouga kann von der Schule fliegen. Ich denke nicht, dass dir das bewusst war, aber du musst dich entschuldigen, ich hoffe, das ist dir klar. Und du wirst helfen, den Schaden in Grenzen zu halten, das ist das Mindeste, das du tun kannst." "Ganz genau", brauste Ryouga auf. "Ryou, bitte." Beruhigend legte Nao seinem Freund eine Hand auf die Brust. Auf das undefinierbare Grummeln hin küsste er den Jüngeren kurz. "Beruhige dich. Du weißt genauso gut wie ich, dass sie uns nicht in solche Schwierigkeiten bringen wollte." "Es tut mir wirklich leid", entschuldigte Sayo sich. "Ich wusste, dass es Ärger für Murai-sensei bedeuten würde, aber nicht, wie viel wirklich auf dem Spiel steht. Und Ryouga, du hast recht, aber ändern kann ich es nicht mehr." Nao seufzte und legte den Kopf in den Nacken. "Leider nicht. Es ist okay. Wichtig ist jetzt, zu verhindern, dass Nakamura davon erfährt." "Da hat Nao recht. Wir müssen zusehen, dass das allgemein nicht an das Ministerium kommt." Ryouga legte seine Arme um den schlanken Körper seines Freundes. "Von euch beiden erwarte ich eine Stellungnahme", wandte Uruha sich an sie. "Ihr werdet vor der ganzen Schule zu eurer Beziehung stehen, wenn das komplette Theater vorbei ist. Nao wird erklären müssen, dass er Ryouga in keiner Weise bevorzugt behandelt oder sonstwas. Und ihr werdet alle nicht zu privaten Fragen beantworten." "Uruha, das…", setzte Ryouga an, wurde jedoch gleich von dem Direktor unterbrochen. "…kann ich sehr wohl verlangen." Nao nickte, während Ryouga Uruha immer noch fassungslos ansah. Das konnte Uruha nicht ernst meinen, aber er schien auch keinen Scherz zu machen. Vorsichtig nickte er aber trotzdem, es hatte keinen Sinn, Uruha widersprechen zu wollen, erst recht nicht, wenn der sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. "Schön. Erstmal ist ja jetzt Mittwoch um 17 Uhr die Versammlung, danach werden wir weiterplanen. Bis dahin verhaltet ihr alle euch so normal wie möglich." Per Handzeichen scheuchte Uruha alle Besucher aus seinem Büro. Kaum hatte es zur Mittagspause geklingelt, machte Ryouga sich auf den Weg auf das Schuldach. Er freute sich auf die Ruhe, die ihn erwartete. Er hatte Zeit, ein bisschen mit Nao allein zu sein und sich von den Aufregungen des Tages zu erholen. Für die letzten beiden Stunden wollte beziehungsweise sollte er voll konzentriert sein. Unbemerkt verschwand er die Stufen hinauf und setzte sich an eine Lüftung gelehnt hin. Es dauerte nicht lange, bis er hörte, wie Nao sich zu ihm setzte und er die Wärme des kleineren Körpers an seinem spürte. Zögernd nahm der andere seine Hand. "Wie fühlst du dich nach dem ganzen Drama?" "Besser." Ryouga atmete tief durch. "Trotzdem weißt du, dass ich nicht allein für uns kämpfen kann." "Ich hatte auch nicht vor, dich allein zu lassen", erwiderte der Ältere ruhig. "Würdest du dich heute Abend um mich kümmern? Mich beruhigen, mich trösten? Nur für mich da sein?" Nao nickte. "Natürlich." Er wusste nur zu genau, was er tun musste, um Ryouga diese Wünsche zu erfüllen. Und er wusste, dass er selbst auf jeden Fall seinen Spaß haben würde. "Ich nehme an, du willst ungern unten liegen." "Mir egal", murmelte Ryouga und seufzte leise. "Ich habe bisher zwei Mal meinen Arsch hingehalten, und dass für Menschen, mit denen ich zwar gut befreundet bin, aber die ich nicht liebe. Ich vertraue dir, wenn du willst, überlasse ich dir heute Abend die Führung." "Du musst wirklich wieder etwas entspannen, oder?" Sanft streichelte Nao ihn weiter. Er spürte, wie sehr sein Freund ihn brauchte. "Ich bin im Moment ziemlich fertig. Machen wir uns nach dem Unterricht einen entspannten Nachmittag. Wir können in die Stadt gehen, da in ein hübsches, kleines Café. Oder wir können zum See gehen. Und den Abend verbringen wir im Bett." "Ryou, wir können den Nachmittag auch zuhause auf dem Sofa verbringen, etwas kuscheln und fernsehen und dann ins Bett verschwinden." Ryouga nickte. "Können wir natürlich. Wäre sicher auch schön." Ruhig rutschte er in eine liegende Position und zog Nao mehr oder weniger mit sich. Aber anstatt liegen zu bleiben, setzte der Ältere sich einfach auf seine Hüfte und lehnte sich zu ihm hinunter. "Behandle mich gut und ich kann dir den einen oder anderen Gefallen tun." Sanft küsste er den Jüngeren, genoss die Hände, die ihn streichelten und enger an den warmen Körper drückten, und allgemein den Kuss, der immer inniger wurde. Er konnte ein leises Keuchen nicht unterdrücken, zu viel Wärme war in seinem Körper gefangen. Nicht, dass die Außentemperaturen so niedrig waren, dass ihm nicht sowieso schon warm war, aber jetzt wurde ihm regelrecht heiß. Schnell atmend löste er den Kuss und strich Ryouga über die Wange. Gott, wie seine Haut unter den Berührungen brannte und wie seine Hände zitterten. Zart fing der andere seine Lippen wieder ein und küsste ihn kurz. "Oh, Mann. Nao, was machst du mit mir?", flüsterte Ryouga und streichelte die unter dem Shirt versteckte Haut. "Ich will dich für mich. Daran arbeite ich." Frech grinsend legte Nao den Kopf schief. "Musst du nicht mehr, ich bin schon süchtig nach dir." Leise lachend schloss Ryouga die Augen und seufzte zufrieden. "Süchte sind gefährlich", erwiderte Nao lächelnd. "Aber ich denke, du wirst auch ohne Entzug überleben." "Ganz sicher, mein Kleiner." Langsam zog Ryouga seinen Freund tiefer, bis dieser halb auf ihm lag. Es war zwar etwas seltsam, in der Schule so mit Nao umzugehen, aber es machte gar keinen so großen Unterschied. Wenn sie dann wieder einen Rektor hatten, der kein Problem mit ihrer Beziehung hatte, würde es eh häufiger zu solchen Situationen kommen. Die anderen Schüler würden sich schon daran gewöhnen. Sie hatten auch keine andere Wahl. "Stören wir?", fragte eine vertraute Stimme. Das klang sehr nach Saga. Entspannt öffnete Ryouga die Augen. "Wenn ihr ruhig seid nicht", nuschelte Nao und hob den Blick, um seinen Kollegen und dessen Freund anzusehen. Es war schon seltsam, wie unsicher Iv zu Saga aufsah, und automatisch fragte Nao sich, wie lange die Beziehung halten würde. Saga und Iv waren von Grund auf verschieden, und Iv konnte, so, wie es jetzt aussah, nicht vergessen, dass Saga sein Lehrer war. Er sah fast ehrfürchtig zu seinem Freund auf, und das würde Saga auf kurz oder lang nerven. Es sei denn, sie führten eine Beziehung bestimmt von Dominanz und Unterwerfung. Der Meister und sein Sklave. "Wir sind still, versprochen. Wir wollten eigentlich auch nur etwas Zeit für uns haben, und das Dach ist der einzige Ort dafür." Saga lachte leise und zog Iv hinter sich her. "Leider schon", seufzte Ryouga und kraulte Nao den Nacken. "Sonst wären wir wohl kaum hier." "Ach, was soll's", mischte Iv sich lächelnd ein. "Noch ist das Wetter gut, so dass man schön hier bleiben kann, aber wenn der Winter kommt, müssen wir uns eine Alternative suchen." Ryouga nickte. "Mal kurz anderes Thema. Iv, Shin hat Samstag Geburtstag und ich muss arbeiten. Hat er sich schon was einfallen lassen?" "Er will wahrscheinlich in dem Club, in dem du arbeitest, feiern." Wieder nickte Ryouga und widmete sich danach Nao, der ihn aus halb geschlossenen Augen ansah. So wirkte Nao wirklich verschlafen. Ziemlich süß. Ryougas Nerven hatten sich wieder erholt, und in manchen Situationen, so wie dieser, war es leicht, nur noch zu genießen. Er hatte alles, was er wollte, und die letzten beiden Stunden würde er auch noch überleben. "Ryou, wo warst du?", fragte Reno sofort, als Angesprochener sich im Physikraum neben ihn fallen ließ. "Zusammen mit Nao auf dem Dach", antwortete Ryouga ruhig. Er war wieder zum Unterricht gegangen, obwohl er keine Lust mehr hatte und viel lieber mit Nao auf dem Dach geblieben wäre, aber der hatte ihn mehr oder weniger gezwungen, die letzten beiden Schulstunden nicht zu schwänzen. Reno lächelte ruhig. "Du liebst ihn wirklich, oder?" "Über alles", war Ryougas entschlossene Antwort, die auch keine Sekunde zu früh oder zu spät kam. Definitiv Wahrheit. "Weißt du, wir müssen zwar noch einiges mitmachen, aber wir werden das schon schaffen." "Wenn irgendwer Probleme macht, sag mir Bescheid. Ich habe gehört, dass Taka irgendwas vorhaben soll." Ryouga seufzte genervt und legte den Kopf in den Nacken. Immer dann, wenn er es nicht gebrauchen konnte. Als ob Nao und er nicht schon genug Probleme hätten. "Kannst du dich darum kümmern, ihn unter Kontrolle zu halten, so lange er Nao nicht direkt angreift?" "Klar, ich kann es zumindest versuchen, aber Hiroto und ich müssen im Moment auch verdammt aufpassen, um nicht aufzufliegen." "Stimmt, Saga und Iv auch. So lange, bis das geklärt ist, zumindest." Nachdenklich kritzelte Ryouga auf seinem Collegeblock herum. Möglichst schnell mussten sie die Frage nach dem neuen Rektor klären und das Ministerium von ihrem Vorschlag überzeugen. "Wir brauchen einen Schlachtplan." Verschwörerisch sah er seinen besten Freund an. "Und was schwebt dir vor?", fragte Reno skeptisch. "Ich denke, dass wir Nakamuras Vertrauen gewinnen müssen. 'Wir' heißt in diesem Fall Shin, Ko-ki, Iv, du und ich." "Und wie?", hinterfragte Reno den Plan weiter. "Folgendermaßen…" "Murai-sensei, warten Sie mal." Genervt rollte Nao mit den Augen, blieb aber stehen und drehte sich um. Es hatte keinen Sinn, abhauen zu wollen, und er hatte auch keine Lust, sich zu verstecken oder sich wieder von Ryouga beschützen zu lassen. "Taka, was willst du? Klartext bitte." "Immer noch Sex. Ich wüsste gern, wie es ist, einen Lehrer zu nehmen." "Es gibt hier genug Lehrer. Du kannst ja dein Glück bei einem anderen versuchen, aber ich bezweifle, dass dich einer ranlässt." Abwehrend verschränkte Nao die Arme vor der Brust. "Nein, deshalb spreche ich auch mit Ihnen. Sie sind attraktiv, und so gut wie Ryouga bin ich allemal." "Wirklich?" Skeptisch zog Nao eine Augenbraue hoch. "Das glaube ich nicht, aber das könnt ihr unter euch ausmachen." "Ach, Murai-sensei, jetzt zieren Sie sich nicht so", versuchte der Schüler ihn zu locken, "wir brauchen einen Juror, und Sie haben doch wohl regelmäßig Sex mit ihm." "Sicher", antwortete Nao ruhig, auch wenn auf seinen Wangen ein zarter Rotschimmer lag. "Aber ich wäre voreingenommen. Egal, wie gut du wirklich sein würdest, Ryouga würde gewinnen." "Trotzdem. Ich bitte Sie, mir eine Chance zu lassen." "Hörst du dann auf zu nerven?" Ein genervtes Seufzen entkam Nao. "Dann ganz sicher." Das siegessichere Blitzen in den Augen des anderen entging ihm nicht. "Nein", antwortete Nao fest, "glaubst du wirklich, ich würde Ryouga betrügen? Wobei ich wohl eher überleben würde als du." "Jetzt kommen Sie schon!" Im nächsten Moment hatte Nao eine Hauswand im Rücken, schüttelte aber stur den Kopf. Normalerweise wäre er wahrscheinlich panisch geworden, aber es war praktisch, Taka über die Schulter sehen zu können. "Taka, ich werde nicht mit dir schlafen. Ich liebe Ryouga. Ich weiß nicht, ob du das begreifst oder ob du es auch nur in irgendeiner Weise nachvollziehen kannst, aber ich werde den Teufel tun und meine Beziehung wegen einem deiner Experimente aufs Spiel setzen. Ist das angekommen?" "Ja, aber ich will Sie trotzdem." Zart strich der Schüler ihm über den Arm abwärts, nahm seine Hand und zog ihn ruckartig an sich. "Außerdem muss Ryouga ja nicht davon erfahren." "Taka, Finger weg!", zischte Ryouga bedrohlich und stellte sich halb vor Nao, als der Jüngere erschrocken zurückgewichen war. "Ich habe dir gesagt, dass du ihm nicht zu nahe kommen sollst, also lass es lieber, wenn dir dein Leben etwas wert ist." "Bist du eifersüchtig? Klar, dein Freund ist ja auch das einzige Schlaue an dir." Herausfordernd funkelte Taka ihn an, entlockte ihm aber nur ein schwaches Lächeln. "Ich würde mich ja gern geistig mit dir duellieren, aber ich sehe, du bist unbewaffnet", erklärte Ryouga ruhig. "Was hat er gesagt?", fragte Taka an Nao gewandt. "Er hat gesagt, dass du dumm bist", antwortete Nao, wobei er sich zusammenreißen musste, um nicht laut loszulachen. "Ich bin immer noch intelligenter als du!", fuhr der Jüngste Ryouga wieder an. "Anscheinend ja nicht. Wie auch immer. Nao, gehen wir? Für heute ist Schluss und wir wollten entspannen." Der Ältere nickte, nahm seine Hand und zog ihn mit zum Tor des Schulhofs. Er spürte die Blicke, aber es wusste eh jeder von ihrer Beziehung, und es war vorerst der erste und letzte Tag, an dem sie es offen zeigen konnten. "Ryou, würdest du mich jetzt und hier küssen?", fragte Nao leise und blieb stehen. Noch waren sie auf dem Schulhof und es war eigentlich eine spannende Idee. "Jetzt und hier? Vor allen?", fragte Ryouga skeptisch nach und legte seine Hände auf Naos Hüfte, zog ihn an sich. "Ja. Sie sollen sehen, dass wir zusammen sind, und dass wir glücklich sind." Ryouga lachte leise. "Du bist verrückt." "Wieso? Schlimmer kann die Situation mit Fotos oder so nicht werden, und noch können wir zu dem Ganzen stehen, ab morgen dann wieder nicht mehr. Also?" "Manchmal bist du auch noch wie ein Schüler und ich habe das Gefühl, der Ältere zu sein." Lächelnd strich Ryouga über seinen Rücken und drückte ihn fester an sich. "Aber gut, wenn du das möchtest." Sanft legte er seine Lippen auf die des Kleineren, der daraufhin die Arme um seinen Nacken legte. Nao ignorierte alles um sie herum, und seltsamerweise war das gar nicht so schwer. Die Gefühle, die seinen Körper einnahmen, lenkten ihn ganz gut ab. Leise seufzte er und schmiegte sich enger an seinen Freund. Er murrte leise, als dieser den Kuss löste. "Zuhause mehr", flüsterte der Größere ihm zu. "Wenn ich bis Zuhause warten muss… Dann komm jetzt." Ryouga nickte lächelnd, hauchte dem Kleineren noch einen kleinen Kuss auf die Lippen, entließ ihn aus der Umarmung und nahm dann seine Hand. Still gingen sie nebeneinander her. Nao schluckte, als er einige Blicke der anderen Passanten bemerkte. Er hatte völlig verdrängt, wie sehr Japan sich in dem Punkt der Akzeptanz von Homosexualität von Europa unterschied. "Ganz ruhig", meinte Ryouga leise zu ihm, als er seine Unsicherheit bemerkte. "Es ist egal, wie die anderen über uns denken, so lange wir glücklich sind." "Ich weiß, aber es ist… ungewohnt. In Europa ist es schon sehr anders. Ich würde dir London wirklich gern zeigen." Nao lächelte verträumt. "Wir können ja irgendwann Urlaub in London machen. Mit dem Geld, das ich von meinem Vater noch habe, lässt sich das bestimmt finanzieren. Und das Geld, das ich verdiene, lege ich sowieso zurück." "Das heißt, du würdest mit mir nach London kommen?" Naos Augen leuchteten freudig auf. "Habe ich doch gerade gesagt, oder?" Lächelnd drückte Ryouga die Hand seines Freundes. Wie leicht der Ältere doch glücklich zu machen war, wenn man nur wusste, wie. "Manchmal liebe ich dich einfach noch mehr als normalerweise", lachte der Kleinere. "Ich weiß. Ich mich auch." Grinsend zog Ryouga ihn weiter. Nao ließ sich auf das Sofa fallen und legte die Füße hoch. Der wirklich anstrengende Teil des Tages war geschafft, zwar musste am Abend noch irgendwie etwas Essbares her, aber sonst war pure Entspannung angesagt. Und es lagen, bezüglich des Abendessens, genug Preislisten auf dem Esstisch. Abgesehen von kleinen Snacks, Kaffee und Getränken waren die Schränke eh leer, sie lebten seit Wochen fast nur von dem, was die verschiedenen Lieferservices im Angebot hatten. Irgendwie hatte Nao nicht mehr regelmäßig Lust zu kochen. Er lag meistens eher im Bett oder auf dem Sofa und entspannte sich. "Schon so ausgelaugt?", fragte Ryouga lächelnd und strich ihm über die Wange. "Du wolltest dich doch um mich kümmern." "Alles zu seiner Zeit. Wir wollten erst noch kuscheln und fernsehen, dabei kann ich mich noch etwas ausruhen." "Ich hol noch das Knabberzeug aus der Küche. Du kannst ja den Fernseher schon einschalten und irgendwas Gutes raussuchen." Nao nickte und griff nach der Fernbedienung. Zügig ging er alle Kanäle durch, aber es lief nichts Spannendes. Außer Nachrichten, Talkshows und dämlichen Serien liefen zwei Klassiker und ein Vampirfilm. Gleichgültig gab er seinem Freund die Auswahl bekannt. "Läuft nichts Besseres?" Ruhig setzte Ryouga sich neben ihn und zog ihn an sich. "Wenn du lieber Wirtschaftsnews sehen möchtest oder sonst irgendwelche Nachrichten, ja, sonst nicht." "Hm… Egal. Lass den Fernseher einfach nebenher laufen. Wenn der Film zu schrecklich wird, können wir uns immer noch mit uns beschäftigen." Nao zuckte mit den Schultern und legte die Fernbedienung zur Seite, kuschelte sich dann an den Jüngeren und sah desinteressiert auf den Bildschirm. Auch die Berührungen machten es ihm schwer, sich zu konzentrieren. Die Hand des anderen lag auf seinem Rücken, rutschte aber immer weiter abwärts. Wahrscheinlich würde es nicht mehr lange dauern, bis diese freche Hand in seiner Hose verschwand, aber dieses Mal würde er das nicht einfach so zulassen. Dieses Mal hatte er die Macht und das würde er auch ausnutzen. Zart zog er die Hand auf seine Seite und hielt sie dort fest. "Heute nicht", flüsterte er seinem Freund zu. "Du hast mir das Bestimmungsrecht überlassen." Ryouga murrte leise. "Kann ich dich irgendwie davon abhalten, meinen Arsch für deine Zwecke zu verwenden?" "Wieso? Hast du Angst?" Verwundert sah Nao den Größeren an. "Nein. Oder doch. Ich weiß nicht. Ich weiß auch nicht, ob das eine gute Idee ist. Ich vertraue dir, aber…" Seufzend brach Ryouga ab und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Ich will und werde dir schon nicht wehtun." Beruhigend küsste und streichelte Nao ihn. "Du kannst dich auf mich verlassen." Ergeben nickte Ryouga und schloss die Augen. Dass Nao ihm nicht wehtun wollte, war klar, aber er hatte das blöde Gefühl, dass sich das nicht vermeiden ließ. Andererseits hatte Nao sich besser im Griff als Reno oder Kazuki, er war älter und erfahrener. Und schließlich waren sie zusammen, da war dann eben doch noch mehr auf der emotionalen Ebene im Spiel als bei den anderen beiden. Reno hatte sich nach einer Weile nicht mehr unter Kontrolle gehabt, auch wenn sie gute bis sogar beste Freunde waren. Und Kazuki war zu dem Zeitpunkt ein nahezu völlig Fremder gewesen, der zwar gewusst hatte, wie unerfahren er war, dem es aber eigentlich nur um Spaß gegangen war. Nao aber war sein Freund, Geliebter oder wie auch immer. Logischerweise wäre er also auch vorsichtiger und sorgfältiger in der Vorbereitung. "Sei nur vorsichtig", bat Ryouga leise, öffnete die Augen und küsste seinen Freund sanft. "Versprochen. Du vertraust mir, und ich werde alles daran setzen, zu beweisen, dass du damit keinen Fehler machst." Ryouga streckte sich leicht, murrte aber leise auf. Und wieder dieses blöde Ziehen. Und irgendwie fehlte ihm die Motivation zum Aufstehen. "Guten Morgen", flüsterte Nao ihm zu und nahm seine Hand. "Morgen." Müde ließ Ryouga sich gegen seinen Freund fallen. "Nao, ich komm heute nicht mit zur Schule", verkündete er leise. "Wieso?" "Ich bin müde und krank und habe keine Lust." Nao lachte leise. "Müde und lustlos sind keine Begründungen. Was hast du denn?" "Mein Arsch tut weh, ich kann nicht sitzen." "Deswegen?" Wieder lachte Nao leise, wurde aber kurz darauf ernst. "Du kommst schön mit", forderte er streng. "Du wolltest doch den neuen Rektor auf deine Seite ziehen." "Das kann ich auch morgen noch." "Nicht, wenn du suspendiert wirst, weil ich dich beim Schwänzen erwischt habe." "Du bist manchmal so ein Arsch", knurrte Ryouga leise. "Ich weiß. Du auch." "Ryouga, was ist denn mit dir los?" Fragend musterte Reno ihn. "Reden wir nicht darüber. Nur so viel: Ich wurde gezwungen, zur Schule zu kommen." Grummelnd setzte Ryouga sich auf seinen Stuhl. Es war ihm, kurz gesagt, völlig egal, ob man seine schlechte Laune bemerkte oder nicht. Noch konnte er so angepisst reagieren, wie er wollte, erst wenn er mit dem Übergangsrektor verhandeln würde, musste er seine schlechte Laune verstecken. "Das ist der Nachteil, wenn man mit einem Lehrer zusammenwohnt, was? Wie hat er dich denn aus dem Bett bekommen?" "Er hat mich hinter sich hergezerrt, unter die Dusche gestellt und kaltes Wasser angemacht." "Wie nett." Reno schüttelte den Kopf. "Und trotzdem seid ihr noch zusammen." "Deswegen trenne ich mich jetzt nicht von ihm. Das ist kein Grund, und eigentlich hat er ja recht." "Eigentlich schon, aber du hattest schon immer deinen eigenen Kopf. Wie hat er dich denn dazu gezwungen, herzukommen?" Ryouga knurrte leise vor sich hin. "Er hat mit Sexverweigerung gedroht." Reno lachte. "Oh Gott, das ist ja typisch!" "Ich finde das nicht lustig", bemerkte Ryouga trocken. Für ihn war es wirklich nicht witzig, wenn man ihm so etwas androhte. Außerdem traute Ryouga Nao zu, tatsächlich so einen Entzug durchzuziehen. Sex war zwar nicht das Wichtigste für ihn, aber er wollte auch davon etwas, und er wusste nicht, wie lange Nao sich ihm verweigert hätte. Aber wer zwei Jahre ohne Sex auskam, könnte ihn locker ein paar Wochen auf Entzug stellen, und riskieren wollte er es wirklich nicht. "Eigentlich ist es auch nicht lustig, aber dass du ihm das glaubst", bemerkte Reno. "Er liebt dich und ich nehme an, dass ihr ein gesundes Sexleben habt. Glaubst du, er wird nicht nach ein paar Tagen aufgeben, weil er dich will und sein Körper nach dir verlangt? Länger als maximal eine Woche würde er es nicht aushalten." "Unterschätze ihn nicht. Er ist vorher zwei Jahre ohne Sex ausgekommen, da wird er auch wieder ohne auskommen, und das lange." "Ich nehme an, er ist immer noch ausgehungert, und wenn du ihn verführen willst, wird er dir nicht viel entgegensetzen." Nachdenklich nickte Ryouga und schlug sich dann mit der flachen Hand gegen die Stirn. "Ich bin so doof. Vielleicht hat Taka ja doch recht." "Nein, eigentlich bist du nicht dumm, du widmest dich nur lieber Dingen, die du für wichtig hältst. Und du unterschätzt Naos Gerissenheit." Aufmunternd klopfte Reno ihm auf den Rücken. Änderte aber nichts daran, dass er auf seinen Freund hereingefallen war, und das war ja ganz toll. "Ich glaube, ich sollte noch einmal mit ihm darüber reden", sagte Ryouga lustlos. "Mal schauen, vielleicht nehme ich mir nach dem ganzen Theater mit dem Übergangsrektor auch ein oder zwei Wochen ganz frei. Wir werden sehen, wer in meiner Beziehung die Herrschaft hat." _________________________________________________________________________________ *noch ohne sorgfältige Rechtschreibprüfung *hust* *Schule drängt* Kapitel 28: Nadelquarz ---------------------- "Nakamura-san, können wir etwas für Sie tun?", fragte Ryouga höflich lächelnd, als Reno und er ihrem neuen Übergangsrektor gegenüber standen. Nur hätte er diesen Typen gern zusammengeschlagen. "Ihr könnt mir einige Fragen beantworten", erwiderte der Beamte ruhig. "Bitte setzt euch doch." Ryouga warf Reno einen siegessicheren Blick zu und kam der Aufforderung nach. Es war zwar definitiv noch zu früh, um einen Sieg zu feiern, aber es war ein optimaler Start. Lange würde dieser Mann nicht ihr Schuldirektor bleiben. "Was möchten Sie denn wissen?", fragte Reno ruhig. Man merkte, wie sehr er es hasste, so mit einem Lehrer reden zu müssen, der eigentlich gar kein richtiger Lehrer war und den er auch aus Prinzip schon nicht ausstehen konnte. "Takashima-sensei soll eine Affäre mit einem Schüler gehabt haben. Wisst ihr etwas darüber?" "Nein, aber ich habe gehört, dass er etwas mit einer Sekretärin haben soll", log Ryouga munter drauf los. Den Teufel würde er tun und Uruha und sich verpfeifen, geschweige denn würde er zugeben, dass er mehr als gut über Uruhas Privatleben informiert war. "Einige haben mir erzählt, dass er mit einem anderen Lehrer schlafen soll", ging Reno auf das Spiel ein. "Ein sexuell sehr aktiver Rektor", bemerkte Nakamura lächelnd. "Wusstet ihr, dass er auch auf Männer steht?" "Gerüchteweise", antwortete Ryouga, "aber auf Gerüchte gebe ich nichts und es interessiert mich auch nicht." "Außerdem gibt es massenhaft Gerüchte, auch über uns", mischte Reno sich schulterzuckend ein. "Wir beide sind, was das Geschlecht der Partner betrifft, auch relativ flexibel." "Gibt es hier konkrete Probleme mit einem Lehrer?", fragte der Schwarzhaarige weiter. Ryouga schüttelte den Kopf. "Eigentlich nicht. Natürlich gibt es ab und an kleine Unstimmigkeiten, aber das ist normal und nichts Ernstes." Nachdenklich nickte der Beamte. "Und mit Schülern?" Reno antwortete zögernd: "Einige Jungen im ersten Jahrgang fühlen sich toll, wenn sie sich prügeln, aber das wird sich wieder legen. Wir bemühen uns auf jeden Fall, die Gesamtsituation unter Kontrolle zu halten, um die Lehrer und die Schulverwaltung zu entlasten." "Das ist sehr aufmerksam von euch. Seid ihr beide allein oder habt ihr noch weitere Freunde, die euch helfen?" Ryouga konnte ein genervtes Seufzen nur schwer unterdrücken, aber irgendwie schaffte er es doch. "Wir haben noch drei weitere Freunde, die uns helfen. Shin ist in unserer Parallelklasse, Ko-ki und Iv sind im ersten Jahrgang", erwiderte er trotzdem freundlich. "Gott", schnaubte Ryouga, "was war das für eine Tortur! Und jetzt haben wir noch Musik." Er war auch irgendwie überhaupt nicht genervt. Und irgendwie freute er sich jetzt noch mehr auf seinen Nachmittag mit Nao als zuvor. "Ach, komm, Sakamoto ist eigentlich gar nicht so übel", grinste Reno. "Saga ist erst nett zu uns, seit er mit Iv zusammen ist. Was passiert wohl, wenn die beiden sich trennen?" "Dann macht Saga uns das Leben zur Hölle", schlussfolgerte Reno. "Stimmt schon. Aber ich hoffe gerade für Iv, dass sie sich nicht so schnell trennen. Der Kleine ist total glücklich, und das wünsche ich mir für alle meine Freunde." Ryouga schüttelte langsam den Kopf. "Iv liebt ihn, ja, aber er sieht zu ihm auf, und dass viel zu sehr. In einer Beziehung kann nicht einer widerspruchslos gehorchen und der andere den Ton permanent angeben, aber genau das ist bei ihnen das Problem. Iv sieht in Saga noch viel zu sehr seinen Lehrer, und das muss er abstellen, wenn aus dieser kleinen Liebschaft eine ernste, gesunde Beziehung werden soll", erklärte er ruhig. "Und bei Nao und dir? Wie klappt das?", fragte Reno langsam. Ryouga lachte leise. "Das interessiert dich, was? Ich sehe Nao immer als einen Menschen, er ist mir nicht unterstellt und nicht überstellt. Ich weiß, dass er zwar manchmal noch darüber nachdenkt, dass ich sein Schüler bin, aber er hat sich damit abgefunden. Es funktioniert ganz gut, auch wenn wir uns manchmal nicht einig sind." "Selten, dass Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern so gut anfangen." "Reno, wärst du gern mit Hiroto zusammen?", fragte Ryouga direkt. Angesprochener zuckte zusammen. "Wie kommst du darauf?" "Instinkt. Zwischen euch geht es mittlerweile um mehr als nur Sex, oder?" Reno seufzte leise. "Vielleicht. Mal sehen. Hiroto hat mich heute das erste Mal zu sich eingeladen. Ich bin mir nicht sicher, was das zu bedeuten hat." Ryouga lächelte und schlug seinem besten Freund aufmunternd auf die Schulter. "Das bedeutet, dass er dir vertraut und dich wirklich gern hat. Ich würde daraus schließen, dass er etwas Dauerhaftem nicht abgeneigt ist." Der Rest des Tages war ruhig verlaufen, und auch der nächste Schultag war fast gleich vergangen, nur mit anderen Fächern. Und nach dem endgültigen Unterrichtsschluss saß Ryouga neben Nao im Gras an eine Mauer gelehnt. Wegen der Versammlung waren viele geblieben, für die es sich nicht lohnte, zwischendurch nach Hause zu fahren. Stattdessen waren zwei Lieferservices mit dem Mittagessen unterwegs. Ihr Übergangsrektor war schon vor der letzten Stunde gefahren, nachdem Shin und Ryouga ihm geholfen hatten, einige Ordner in sein Auto zu verfrachten. "Ryou, hast du irgendeine Idee, wen du vorschlagen würdest?", fragte Reno ruhig und lächelte leicht. Angesprochener sah zu dem kleineren Brünetten, der sich an ihn lehnte. "Nao, hast du Lust auf den Job?" "Nein", widersprach der entschieden. "Tja, Reno, dann nicht. Ich werde mich dann definitiv dafür einsetzen, dass Nao nicht gewählt wird." Der Kleinere seufzte wohlig und kuschelte sich an seinen Freund. Manchmal war es einfach nur schön. Im Augenblick war Nao mehr als nur zufrieden mit der Situation, auch wenn er hungrig war. Er hörte gar nicht mehr so genau auf das Gespräch der beiden besten Freunde, er bemerkte nur, dass es darum ging, wer wohl Uruhas Posten rein offiziell am Besten übernehmen könnte. Er selbst wollte einfach nicht. Zu groß war die Angst, keine Zeit mehr für andere Dinge zu haben, wie zum Beispiel seine Beziehung. Irgendwie war die ihm im Moment am Wichtigsten, erst recht wichtiger als so ein blöder Rektorenposten. Und wenn es deswegen finanziell etwas kriselte, war es so, aber er würde auf gar keinen Fall mit Ryouga darüber reden. Nachher machte der Jüngere sich noch Sorgen, wenn er die Berechnungen sah, wie wenig Geld von seinen Ersparnissen aus Europa übrig war und dass dieses Geld in ein paar Monaten aufgebraucht sein würde. Und das Ende wäre, dass Ryouga irgendwelchen Mist machte, um an Geld zu kommen, ein Banküberfall wäre ihm zuzutrauen, oder Erpressung, oder - im schlimmsten, vorstellbaren Falle - Prostitution. Also war der Plan schweigen und geheim halten, soweit es möglich war, damit Ryouga nicht auf irgendwelche beschissenen Ideen kam. "Nao, schläfst du?" Sanft strich Ryouga ihm über die Wange. "Nein", murmelte er und blinzelte gegen das Sonnenlicht an, um seinen Freund anzusehen. "Hast du Sorgen oder Probleme?" Dass Ryouga genau richtig lag, wollte Nao ihm nicht sagen. "Es ist nichts", murmelte er leise und ignorierte den besorgten Ausdruck in Ryougas Blick. "Hör auf, mich anzulügen", bat der Schüler leise. "Das verletzt mehr, als jede Wahrheit es könnte." Nao zwang sich zu einem Lächeln und legte seine Hand an die Wange seines Freundes. "Es ist alles gut", meinte er. "Mir geht's gut und ich habe weder Probleme noch Sorgen." "Nao, ich weiß, dass etwas nicht stimmt. Ich kenne dich mittlerweile wirklich gut und ich spüre doch, dass etwas anders ist." Nao schluckte, als er den leichten Anflug von Schmerz in Ryougas Augen sah. Er wollte nicht darüber reden, aber er wollte auch nicht, dass Ryouga litt. "Nicht hier", hauchte er. "Später. Das geht niemanden etwas an." "Also gibt es ein Problem", stellte der Größere trocken fest. "Ja, aber später können wir immer noch darüber reden." Vorsichtig küsste Nao den anderen kurz und kuschelte sich danach wieder an ihn. "Gut, dann später", willigte Ryouga ein. "Ruh dich bis zur Versammlung noch etwas aus." Angespannt saß Nao zwischen Saga und Tora und wartete darauf, dass Uruha, Reno und Ryouga endlich begangen. Es war kaum auszuhalten, dort zu sitzen und nichts tun zu können. Er konnte nur warten und hoffen, dass alles gut ging. Unruhig sah er zu Ryouga, der ihm ein beruhigendes Lächeln schenkte. Es hatte nur einen etwas anderen Effekt, sein Herzschlag beschleunigte sich. "Nao, entspann dich", meinte Saga leise. "Ryouga ist doch auch ruhig, ebenso Reno und Uruha. Das wird schon." Nao nickte, begann aber, nervös auf seinen Knien zu trommeln. Das war doch so nicht mehr zu ertragen. Er zitterte vor Anspannung und konnte seine Beine nicht mehr still halten. Egal, was andere taten oder sagten, er hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Es ging nicht nur um einen neuen Rektor, es ging auch um seine Beziehung und somit sein Privatleben. Alles könnte kaputtgehen, und dass, obwohl er es noch nicht einmal lange hatte. Warum gönnte irgendeine höhere Macht ihm denn nicht auch einmal Glück? "Nao, es ist gut." Ryouga hockte vor ihm, die Hände auf seine Knie gelegt, um ihn zu beruhigen. "Entspann dich einfach." "Leicht gesagt", seufzte Nao. Lächelnd richtete Ryouga sich etwas auf und küsste ihn. Nao wollte zurückzucken, aber er hatte keine großartige Wahl, und die Berührung ließ seine Aufregung wirklich verfliegen. Zögernd erwiderte er den Kuss, forderte so seine Belohnung ein und bekam diese auch. Es fühlte sich so verdammt gut an, auch wenn die komplette Schülerschaft zusah. Ryouga löste den Kuss nach einer Weile, sein Atem ging deutlich schneller und flacher als vorher, aber immer noch geräuschlos. Sanft strich er dem Kleineren über die Wange. "Besser?", fragte er flüsternd. Nao nickte und nahm seine Hand. "Danke. Ich hoffe nur, dass alles gut geht. Hier geht es um viel." "Ich weiß. Vertrau mir, wir haben die Situation unter Kontrolle. Und du kannst dich frei bewegen, und auch zu mir kommen, wenn du nicht mehr sitzen kannst. Ich behalte dich auch im Auge. Wenn ich sehe, dass du fast hyperventilierst, hole ich dich zu mir, ob du willst oder nicht." Wieder nickte Nao, sah dann aber an Ryouga vorbei. "Geh zu den anderen beiden zurück. Sie warten nur noch auf dich." Ryouga lächelte ihn noch einmal sanft an, bevor er sich umdrehte. Nao seufzte verträumt. Wie konnte ein so junger Mann ihn so sehr um den Finger wickeln? Egal, wie sehr er es leugnete, er war Ryouga vollständig verfallen und es störte ihn sowas von überhaupt nicht, dass es ihn selbst wunderte. Er hatte sich selbst mehr oder weniger an einen 17 Jahre alten Schüler verschenkt, und er liebte die Gefühle, die dafür verantwortlich waren. "Ich nehme an", begann Uruha, das provisorische Mikrofon in der Hand, "dass ihr wisst, weshalb wir diese kurzfristige Versammlung einberufen haben. Es ist eine schwierige Gesamtsituation, so lange wir einen Rektor haben, der vom Ministerium gestellt wurde. Zuerst wird es für mich Zeit, ehrlich zu sein. Ich habe eine Affäre mit einem Schüler gehabt, über knapp vier Wochen, aber es war schon vor den Ferien beendet. Ich habe einen festen Freund, und nur für die, die es interessiert, er ist Barkeeper. Das war, was ich vorher noch klarstellen wollte. Jetzt heißt es aber, gemeinsam zu entscheiden, wer offiziell Direktor dieser Schule werden soll, denn inoffiziell, so haben wir Lehrer entschieden, werde ich den Job eh weiter machen." "Wer unser neuer Rektor wird, ist also eigentlich egal", übernahm Reno. "Ryouga und ich versuchen schon, uns bei dem Übergangsrektor beliebt zu machen, ebenso Shin, Ko-ki und Iv. Wir könnten einfach irgendwen vorschlagen, aber wir wollen das vorher mit euch absprechen. Und die Lehrer werden gefragt, ob sie überhaupt bereit wären, das zu übernehmen. Ihr könnt Vorschläge machen, am Ende wird es auf eine Abstimmung herauslaufen." Ryouga nickte. Was sollte er noch dazu sagen? Jetzt hieß es aber erst mal warten. Aufmerksam wanderte sein Blick zu Nao, der wieder nervös auf seinen Knien trommelte und unruhig hin und her rutschte. Nao war angespannter als er selbst, und er stand vor der versammelten Schülerschaft. "Uruha, ich muss mich kurz um Nao kümmern", benachrichtigte er seinen Rektor knapp und gesellte sich dann zu seinem aufgewühlten Freund. "Es ist doch alles gut, Nao. Was ist los?" Still hockte er sich vor den Kleineren und nahm beruhigend seine Hand. "Ich weiß es nicht. Ich bin so aufgeregt, aber dafür gibt es eigentlich gar keinen Grund." Nao seufzte gestresst und bemühte sich, das Zittern zu unterdrücken. "Na komm." Vorsichtig stand Ryouga auf und zog den Älteren vom Stuhl, nahm ihn einfach mit. Reno zog verwundert eine Augenbraue hoch, als Ryouga Nao vor sich stellte und die Arme um den Kleineren legte, aber es zeigte offenbar die gewünschte Wirkung. Nao schien ruhiger zu werden. "Murai-sensei wäre bestimmt ein guter Rektor", warf irgendjemand in den Raum und erntete Zustimmung, soweit das möglich war. Entschieden schüttelte Ryouga den Kopf und ließ sich das Mikrofon geben. "Das wird nicht passieren, weil er nicht will. Wer etwas dagegen einzuwenden hat, weiß, wo ich zu finden bin." "Und Uke-sensei?" Fragend sahen Uruha und Ryouga zu Kai, der leicht hilflos versuchte, sich auf seinem Stuhl in eine Art Igel zu verwandeln und zusammenzurollen, aber mit den Schultern zuckte. Wenn alle so reagierten, könnte das eine verdammt lange Liste möglicher neuer Rektoren werden. Nach drei Stunden war diese blöde Versammlung beendet. Ryouga seufzte genervt und legte seine Stirn auf Naos Schulter. Er hatte Kopfschmerzen und er war müde, er wollte nur noch nach Hause, ins Bett und schlafen. Aber immerhin waren sie zu einem halbwegs annehmbaren Ergebnis gekommen. Das Feld der Teilnehmer war immerhin schon auf drei eingeschränkt. Aoi, Reita und Kai waren die drei letzten und bis zum nächsten Montag sollten die Wahlzettel abgegeben werden, und dann in ein bis zwei Tagen ausgezählt werden. Wenn alles so lief, wie sie es sich erhofften, mussten sie noch bis Ende der nächsten Woche durchhalten. "Wollen wir los?", fragte Nao ihn leise. "Du siehst müde aus." "Bin ich auch. Dann lass uns gehen. Heute Abend solltest du aber nichts Großartiges mehr von mir erwarten." "Ein bisschen Kuscheln wird wohl noch drin sein, oder?" Zart legte Nao einen Arm um den Größeren, der diese Geste auch erwiderte, und zog ihn einfach mit zum Ausgang der Sporthalle. Zwei Straßen weiter aber klingelte Ryougas Handy. Wenig begeistert runzelte er die Stirn, als er Kisakis Nummer auf dem Display erkannte. Einen Moment dachte er wirklich daran, einfach nicht ranzugehen, tat es unter Naos fragendem Blick aber doch. "Was ist los?", fragte er seinen Chef direkt. "Ich brauche dich im Club. Jetzt." "Wieso? Ray hat Dienst und Kazuki ist doch auch noch da." "Ray geht es beschissen, er hängt nur noch über dem Klo und kotzt, und Kazuki ist bis morgen bei seinen Eltern. Es ist mir egal, wie du gerade aussiehst, aber du bist in spätestens 20 Minuten hier, klar?" Ryouga seufzte. "Klar. Bis gleich." Müde fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht, steckte das Handy in die Tasche und wandte sich dann an seinen Freund, der ihn verständnislos ansah. "Das war mein Boss. Ray ist krank, Kazuki nicht da und jetzt muss ich übernehmen. Fährst du mich?" Nao nickte und zog ihn dann weiter. "Kein Problem, und ich hole dich auch wieder ab, aber überschätz dich nicht. Dir geht es so schon nicht mehr allzu gut, weil du müde bist." "Mach dir keine Sorgen um mich, ich schaffe das schon." Sanft strich er über Naos Seite und lief neben ihm her. Auch wenn er das Gefühl hatte, bald einzuschlafen oder zusammenzubrechen, aber mit ein wenig Espresso konnte er sich bestimmt noch so lange auf den Beinen halten, wie es nötig war. Am nächsten Morgen klingelte der Wecker wieder viel zu früh. Wie durch Watte spürte Ryouga, wie jemand ihn küsste, allein sein Instinkt verriet ihm, dass es Nao war. Trotzdem fühlte er sich wie gerädert. "Lass mich", nuschelte er. "Ryou, hey, du musst aufstehen." Sanft strich Nao ihm über die Wange. "Mir geht's dreckig. Ich kann nicht mehr…" Schwach blinzelte Ryouga und sah seinen Lehrer an. "Du bist jetzt wirklich am Ende, oder?" Besorgt sah der andere ihn an und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. "Dann bleib liegen. Kann ich dich denn überhaupt allein hier bleiben lassen?" "Ich sterbe so oder so", murrte Ryouga weiter. "Du musst arbeiten. Geh nur." Nao schüttelte den Kopf. "Ich rede mit Nakamura. Mein Mitbewohner ist krank und braucht einen Pfleger. Du musst dich aber selbst krankmelden." Und schon war er verschwunden. Ryouga lag kraftlos im Bett. Er war müde, hatte Kopfschmerzen und allgemein tat ihm alles weh. Er brauchte definitiv etwas Ruhe. Langsam schloss er die Augen wieder und ließ sich vom Schlaf einhüllen. Als er das nächste Mal aufwachte, fühlte er sich schon etwas besser. Sein Kopf schmerzte immer noch und die Erschöpfung war auch noch nicht vorbei, aber er wurde besser. Auf dem Nachttisch stand eine Tasse Tee, neben der ein Zettel lag, auf den Nao die verschiedenen Frühstücksoptionen geschrieben hatte. Schwach lächelte Ryouga. Es war zu süß von seinem Liebsten, ihn so zu pflegen. Sogar ein kleines Glöckchen stand auf dem Nachttisch, damit er nicht aufstehen oder nach Nao rufen musste. Da hatte jemand wirklich an alles gedacht, damit es ihm besser ging. Zumindest an fast alles, denn wenn er auf die leere Bettseite neben sich sah, wurde ihm bewusst, was ihm fehlte. Leicht griff er nach dem Glöckchen und machte Gebrauch davon. Es dauerte auch nicht lange, bis Nao mit dem Telefon in der Tür erschien, in den Raum schlüpfte und sich neben ihm auf die Bettkante setzte. "Fühlst du dich besser?" Zärtlich strich Nao ihm über die Wange. "Etwas. Nao, ich finde es wirklich süß, wie du dich um mich kümmerst, aber etwas Wichtiges fehlt." Fragend legte Nao den Kopf schief. "Erzähl mir gleich, was es ist, aber ruf vorher in der Schule an. Reno hat dich schon auf dem Handy angerufen und ich bin rangegangen. Ich hoffe, dass das okay war. Und ich habe deinen Chef angerufen und ihn informiert, dass du für niemanden einspringen kannst." "Du bist wundervoll", flüsterte Ryouga und nahm das Telefon. "Ich weiß." Schweigend hielt Nao Ryougas Hand, während dieser sich abmeldete und das Telefon dann auf den Nachttisch legte. "Was mir fehlt, bist du." Verwirrt legte Nao den Kopf schief. "Ich bin doch bei dir." "Ich will, dass du neben mir liegst. Dass du mich streichelst und küsst." Nao lachte leise. "Ach, darum geht es. Gleich. Hast du Hunger? Du musst etwas essen." "Du hast doch Croissants auf deiner Liste stehen. Davon kannst du mir eines bringen, wenn du dann Ruhe gibst." Lächelnd küsste Nao den Jüngeren auf die Stirn und stand auf. Ryouga seufzte leise und kuschelte sich in die Decke. Er wusste, dass er nicht mehr lange liegen bleiben konnte, mit dem einfachen Grund, dass er wirklich dringend einmal das Bad aufsuchen musste, und solange Nao in der Küche war, musste er auch nicht erklären, wo er hinwollte. Still stand er auf und machte sich unsicher auf den Weg in das Badezimmer. Es war irgendwie ein komisches, unsicheres Gefühl zu gehen, aber er hatte keine großartige Wahl. Als er sich wieder ins Bett legte, kam Nao in den Raum und deckte ihn zu. "Ruh dich heute noch gut aus, morgen müssen wir sehen, wie es dir geht. Iss." Ryouga nickte, auch wenn er keinen wirklichen Hunger hatte. Die Vernunft zwang ihn aber, etwas zu essen, damit er wieder fit wurde. "So ist es gut", lobte Nao und kroch zu ihm unter die Decke, schmiegte sich an ihn und begann, seinen Oberkörper zu streicheln. Brav aß Ryouga sein Frühstück auf und stellte den Teller dann zur Seite. "Gut. Wie es jetzt weitergeht, warten wir mal ab", flüsterte der Ältere ihm zu und küsste ihn kurz auf die Lippen. Ryouga nickte und kuschelte sich an den Kleineren, genoss die sanften Berührungen und Küsse. Es war doch gar nicht so schlimm, krank zu sein, wenn man den richtigen Pfleger hatte. Nao gab sich wirklich Mühe, das merkte er, und er genoss auch das einfach. Bis der Schlaf ihn wieder einholte. Verschlafen blinzelte Ryouga und griff nach seinem Handy, das auf dem Nachttisch klingelte. Reno. Was wollte der denn jetzt? "Was los?", murmelte Ryouga nur in den Hörer. "Du lebst ja noch", stellte Reno lachend fest. "Sonst könnte ich schlecht ans Telefon gehen", kommentierte Ryouga trocken und sah zu seinem Lehrer, der auch geschlafen zu haben schien. "Mensch, Ryou, jetzt mal ehrlich. Wie geht's dir?" "Hm. Besser, aber immer noch nicht wirklich gut." "Nakamura hat sich nach dir erkundigt und lässt dir beste Genesungswünsche ausrichten." Ryouga zog skeptisch eine Augenbraue hoch. "Wollten wir uns nicht eigentlich bei ihm einschleimen? Warum dann umgekehrt?" "Ja, wollten wir. Er meinte übrigens, er hätte eine Idee, was du für ihn tun könntest, aber mehr wollte er mir nicht sagen. Ist Nao eigentlich bei dir?" "Klar. Er hat sich geweigert, zur Arbeit zu gehen. Um mich zu pflegen." "Das ist wirklich nett von ihm. Grüß ihn von mir." Ryouga zuckte mit den Schultern und wandte sich an Nao. "Grüße von Reno." Nao nickte und strich ihm über die Wange. "Wie war Schule sonst so heute?", fragte er Reno wieder. "Öde. Shou ist irgendwie seltsam drauf gewesen, so… nett. Ich frage mich, was mit dem schon wieder los ist. Erst Saga, jetzt Shou. Und Hiroto ist sowieso total süß zu mir." "Hm… Vielleicht ist Shou ja in Shin verliebt", scherzte Ryouga. "Nein, Spaß bei Seite. Wie war dein Date eigentlich?" Reno seufzte. "Wirklich schön. Hirotos Wohnung ist zwar klein und ziemlich weit oben, aber gemütlich. Die Nachbarn haben sich am Morgen beschwert, dass wir zu laut waren. Aber trotzdem hatten wir Spaß. Am Wochenende werde ich wahrscheinlich komplett bei ihm bleiben. Abgesehen von Shins Geburtstag." "Und dann werdet ihr, oder eher Hiroto, aus der Wohnung fliegen, weil ihr öfter mal zu laut seid. Und dann?" "Mein Gott, Ryou, stell dich nicht so an. Du bist zu Nao gezogen, man hätte es umdrehen können. Hiroto könnte, wenn es so weit kommt, zeitweise zu mir ziehen. Meine Eltern haben nichts dagegen, wenn es nachts mal lauter wird, und auch, wenn ich längeren Besuch habe, stört es sie nicht. Nur meine Oma wäre enttäuscht, weil sie ja meint, dass wir ach so toll zusammenpassen würden, aber ich kann sie bestimmt auch von Hiroto überzeugen." Ryouga lachte leise. "Oh nein, tu ihm das nicht an. Deine Oma ist echt anstrengend, und du weißt, wie sehr sie mich mag." "Klar, aber Hiroto ist toll", begann Reno in schwärmendem Tonfall. "Er ist süß, verdammt hübsch, intelligent, nett, höflich, reif und ehrlich. Es gibt keinen Grund, weshalb sie ihn nicht mögen sollte." "Schon, aber was machst du, wenn er mit ihren Kommentaren oder ihrer Art nicht klar kommt? Schmeißt du sie dann raus?" "Dann drehen meine Eltern durch. Aber damit es so weit kommt, müsste Hiroto erst aus seiner Wohnung fliegen, und dass wollen wir nicht hoffen." "War noch etwas Wichtiges, das wir nicht morgen besprechen könnten? Ich bin immer noch müde und ich muss zusehen, dass ich wieder fit werde." "Dann schlaf gut", lachte Reno. "Bis dann." Seufzend unterbrach Ryouga die Verbindung und legte sein Handy auf den Nachttisch. Erschöpft kuschelte er sich wieder an seinen Freund und schloss die Augen. Es war ihm ein Rätsel, wie er so müde sein konnte, obwohl er den halben Tag geschlafen hatte. Liebevoll streichelte Nao ihn. "Erzählst du mir später, worum es ging?" "Wenn du mir erzählst, welches Problem wir haben, sicher", murmelte der Jüngere erschöpft und schlief kurz darauf ein. Nao sah sanft auf seinen Freund und streichelte diesen. Ryouga kam langsam wieder zu Kräften, und das war definitiv gut. Sein Körper hatte einfach die Notbremse gezogen, bevor er sich völlig überanstrengt hatte und Nao war schrecklich dankbar dafür. Er hatte ja versucht, einzuschreiten, aber das hatte Ryouga ja abgewehrt. Allein hätte er es nicht geschafft, seinen Freund zur Vernunft zu bringen, auch wenn er froh war, dass es Ryouga immer besser ging. Seufzend schloss er die Augen. Es war schön, dem warmen Körper nah sein zu dürfen. Näher, als jeder andere es durfte. Er war Ryouga verfallen, aber es war gut. Er gehört zu Ryouga, er gehörte Ryouga. Und Ryouga gehörte ihm. Weil sie beide es so wollten. Und so war es gut. _________________________________________________________________________________ Wuhu. Kapitel 28. Ehrlich? Ich bin irgendwie müde. PLUNKLOCK waren toll, aber drei Stunden Schlaf an einem ganzen Wochenende ist doch zu wenig. Scheiße, dass ich Sonntag nicht mehr müde war. Und Montag Matheklausur geschrieben. D: Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Hi, an die, die mich getroffen haben. XD Ist schon lustig, Leser der FFs auf Konzerten zu treffen. Und vor allen Dingen, erkannt zu werden, aber eher, weil man sich schon öfter zufällig über den Weg gelaufen ist. :‘D Also, für alle, die die seltsame Jungautorin mal treffen wollen: Nächstes Konzert ist Megaromania in Bochum, da bin ich wahrscheinlich zu erkennen, weil ich mit einer Deutschlandflagge, auf der die Fans unterschreiben sollen, durch die Gegend renne. Wenn ihr mich ansprecht, könnt ihr Hikari oder Hiki nehmen. Nach Megaro sind dann erstmal noch D und SCREW in Hamburg geplant, und da A [ACE] vielleicht im Juli noch kommen wollen, könnte das auch klappen. Und ja, ich bin meistens in Hamburg. Ich komme aus Schleswig-Holstein und kann nicht immer so weit fahren. Okay, Kapitel. Ryougas kleiner Schwächeanfall, Versammlung, Kandidaten der Abstimmung und Hinweise auf zwei kleine Probleme. Wer weiß, ob ihr sie findet, aber sie sind da. Es ist ja fast schon zu niedlich, wie Nao sich um Ryouga kümmert. xD Und was ist nur mit unserer Schuldiva Shou los? *hust* Plötzlich ist die Zicke nett. Obwohl er wirklich gar nicht so zickig ist, aber das löst sich noch auf. ^.^ Ich muss dann auch schon wieder los zur Schule - yay, 8. + 9. Stunde Bio =__= - und wollte das Kapitel nur vorher hochschicken. Sollte sich tatsächlich jemand mit mir treffen wollen oder Fragen zu unbekannten Bands haben, nur zu, ihr wisst, wo der ENS-Knopf ist. Und zum Ende noch einmal: „Oh yeah!“ – „Oh yeah!“ Und wer das jetzt versteht… verreckt entweder wie ich vor lachen oder findet es nicht halb so lustig. Bis in zwei Wochen! Hikari Kapitel 29: Iolith ------------------ Ryouga seufzte unzufrieden, als der Wecker ihn wieder aus dem Schlaf riss. Er war nicht mehr müde, aber Lust aufzustehen, hatte er trotzdem nicht. Es konnte doch nicht schon wieder Zeit für die Schule sein. "Guten Morgen, Großer", flüsterte Nao ihm zu und küsste ihn auf die Wange. "Geht's dir besser?" "Alles super. Ich habe keinen Bock, aber sonst kann ich heute wieder los." Sanft strich der Jüngere seinem Freund über die Wange. "Danke, dass du dich so gut um mich gekümmert hast." "Ehrensache. Komm jetzt, duschen, stylen, und während du dich fertig machst, mache ich Frühstück." Ryouga nickte, küsste den Kleineren kurz und stand dann auf. Wirklich sicher fühlte er sich noch nicht auf den Beinen, aber das schob er einfach mal darauf, dass er am vorigen Tag etwas wenig gegessen und getrunken hatte. Wie auch, wenn er fast permanent geschlafen hatte. Und mittlerweile hatte er wirklich Hunger. Ryouga freute sich wirklich auf das Gespräch mit Reno. Vielleicht konnte er ja auch etwas über Shous plötzliche Freundlichkeit herausbekommen. Nicht, dass es ihn etwas anginge, aber interessant war sowas doch schon. Und wenn er selbst nicht an Informationen kam, würde Nao doch bestimmt recherchieren können. "Ryou, wie kommst du eigentlich darauf, dass Shou in Shin verliebt sein könnte?", fragte Nao plötzlich. "Reno meinte, Shou wäre seltsam nett. Na ja, Iv hat Saga ziemlich verändert, warum sollte das Prinzip bei anderen nicht auch aufgehen?", erklärte Angesprochener. "Aber das war nicht ernst gemeint. Wieso fragst du?" Nao schüttelte den Kopf. "Mir ist nur gerade etwas eingefallen, aber das ist eh bedeutungslos." "Spuck schon aus. Was ist es?" Der Ältere seufzte. "Montag war Shin am Lehrerzimmer und hat sich von Shou irgendwas erklären lassen, aber sie kamen sich ziemlich nahe. Es hat so gewirkt, als würden sie miteinander flirten, auch diese mehr oder weniger zufälligen Berührungen. Das kommt mir gerade jetzt so seltsam vor. Ich meine, wir beide, Saga und Iv, Reno und Hiroto. Das sind doch keine Zufälle mehr." Ryouga zuckte mit den Schultern. "Ich werde mal sehen, was ich aus Shin herausbekomme und wie komisch Shou sich wirklich benimmt. Wahrscheinlich übertreibt Reno oder Shou hat sich nur gefreut, dass ich nicht da war." "Letztes nicht. Er mag dich, wenn du dich benimmst. Sagt er." "Süßer, du bist manchmal einfach zu naiv", grinste Ryouga. "Bist du schon darauf gekommen, dass er das nur sagt, um dich nicht aufzuregen? Er hasst mich." "Das hast du von Saga auch behauptet, und ihr kommt gut miteinander aus. Das wird zwar auch noch von Iv beeinflusst, aber das geht auch so. Shou lügt nicht, ich kenne ihn." "Ist doch auch egal." Bestimmt zog Ryouga den Kleineren unter die Dusche und stellte das Wasser an. Sanft drängte er den anderen an die Wand, was diesen erschrocken die Luft einziehen ließ. Die Wandfliesen waren kalt. Zögernd küsste Ryouga ihn, als hätte der Größere Angst, ihn zu zerbrechen. Es war nur ein Kuss. Weiter würde Ryouga nicht gehen, auch wenn er schon gern mehr Nähe zu Nao genießen würde, aber sie hatten keine Zeit. Nach dem Anziehen gesellte Ryouga sich zu Nao in die Küche und sah den Älteren an, bevor er sich schweigend an den Tisch setzte und seinen Kaffee anstarrte. "Nao, was ist jetzt eigentlich los?" "Was meinst du?" Angesprochener stellte die Brotplatte in die Mitte des Tisches, ließ sich auf seinen Stuhl sinken und sah ihn fragend an. "Wir haben ein Problem und du wolltest mir noch erzählen, worum genau es geht", erinnerte Ryouga ruhig und nahm sich eine Scheibe Brot. "Ich habe ein Problem", bemerkte Nao leise und sah auf die Tischplatte. "Wir sind zusammen, wohnen zusammen und arbeiten zusammen, oder zumindest so etwas Ähnliches. Deine Probleme sind auch meine." "Süß von dir, aber ändern kannst du es nicht. Das Problem ist, dass ich noch an meinen Vermieter in London umgerechnet 115.000 Yen* zahlen muss, und die Firma, die meine Sachen hierher verschifft hat, will auch noch knapp 100.000 Yen** haben, in spätestens drei Monaten. Dann kommt aber die monatliche Miete und die Verpflegungskosten, und ich weiß nicht, wie ich das bezahlen soll. Ein paar Ersparnisse habe ich noch, und die werden dafür wohl weggehen, aber mach dir keine Sorgen. Ich kriege das hin." Aufmunternd lächelte er den Jüngeren an. "Wir kriegen das hin", korrigierte Ryouga und nahm seine Hand. "Wir können zum Beispiel günstiger leben, wenn wir nicht immer nur Essen bestellen." "Weil wir auch abends, während der einzigen Zeit, die wir für uns haben, Lust haben zu kochen", spottete Nao und schloss die Augen. "Wenn wir zusammen kochen, wird das bestimmt auch toll." "Kannst du kochen?", fragte Nao skeptisch. "Keine Fünf-Sterne-Menüs, aber für Spaghetti reicht es. Und alles Weitere kann ich lernen, Herr Lehrer." "Das allein wird aber nicht reichen. Lass mich nur machen, Ryou, ich schaffe das, auch wenn ich deine Unterstützung brauchen werde." Zart drückte Nao die Hand seines Freundes und sah dann wieder in seinen Becher. Schön wäre es, wenn er wirklich so leicht wieder aus der verdammten finanziellen Krisensituation herauskommen könnte, aber es musste gehen, ohne dass Ryouga etwas davon erfuhr, und genau dafür würde er alles tun, was nötig war. Zufrieden betrat Ryouga den Klassenraum und schlenderte zu seinem Platz neben Reno, der überraschenderweise auch schon anwesend war. Dabei hatten sie 'nur' Wirtschaft, also eigentlich nichts Spannendes. Seltsam, ließ Reno doch sowas eigentlich gern ausfallen. "Morgen", begrüßte Ryouga seinen besten Freund lächelnd. "Morgen. Hast du gestern gearbeitet?" "Nope. Wie kommt es zu deiner Anwesenheit?" Reno grinste. "Ich habe bei Hiroto geschlafen. Ich hatte die Wahl zwischen früh aufstehen, so dass er mich mitnimmt, oder ausschlafen und öffentliche Verkehrsmittel nehmen oder eineinhalb Stunden laufen." Skeptisch zog Ryouga eine Augenbraue hoch. "Und da erscheinst du pünktlich und streichst nicht lieber den ganzen Tag weg?" "Warum nicht? Na ja, egal. Kommst du in der Mittagspause mit zum Direktor?" "Muss ich?", seufzte Ryouga genervt und legte den Kopf in den Nacken. "Ja. Er hat sich nach dir erkundigt, ja? So schlecht ist er eigentlich nicht. Und er will mit dir reden." "Dann werde ich mich wohl der Höflichkeit halber bei ihm sehen lassen müssen." "Seit wann bist du höflich?", fragte Reno grinsend. "Seit keine Ahnung." "Tolle Antwort, Ryou. Wirklich." Lachend verschränkte der Größere die Arme vor der Brust. "Du meinst wohl seit Nao." Genervt verdrehte Ryouga die Augen und kramte seinen Block aus der Tasche. Nein, er hatte nicht vor großartig zu reagieren. Diesen Erfolg verdiente Reno nicht. Streng genommen hatte er nämlich recht. Seit Nao da war, hatte Ryouga sich sehr verändert, das war ihm auch aufgefallen. Aber es war nicht schlecht, es ging ihm gut damit. Er fühlte sich wohl damit, und so war doch alles in bester Ordnung. So lange Nao es auch so sah. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Himmel, war er verknallt. Wobei dieses Wort den Ernst seiner Gefühle nicht unterstrich. Wie sehr er Nao liebte. Zuhause ließ Ryouga sich sofort auf das Sofa fallen und legte den Kopf in den Nacken. Was für ein Tag. Ja, er war bei ihrem derzeitigen Rektor gewesen, allein, weil dieser es so gewollt hatte. Sie hatten sich unterhalten. Über auch private Dinge. Dinge, über die ein Rektor eigentlich nicht mit einem Schüler sprach. Uruha war die Ausnahme gewesen. Und der neue Rektor hatte eine Forderung an ihn gestellt. Unmoralisch, widerlich, einfach nicht zu rechtfertigen. Aber erfüllte er die Forderung nicht, gefährdete er ihren Plan. Trotzdem hatte er um Bedenkzeit gebeten. Das Argument, dass er in einer festen Beziehung war, hatte ihm nichts gebracht. Mit der Begründung, dass sein Freund ja nie etwas davon zu erfahren brauchte. Ganz toll. Also musste er nicht mit Nao reden, aber er würde es trotzdem tun. Es wäre verdammt unfair, es nicht zu tun. Eigentlich wollte er sowieso die Meinung seines Freundes dazu hören, aber vorher musste er selbst erst mal entscheiden, ob er bereit war, so weit zu gehen. Es war nicht so, dass er Angst oder so etwas hatte, aber allein bei der Vorstellung musste er an Nao denken und daran, wie sehr er diesen verletzen würde. Die Situation war einfach scheiße. Entweder gefährdete er den Plan oder seine Beziehung. Tolle Auswahlmöglichkeiten. Aber würde Nakamura länger Rektor bleiben, stand die Beziehung weiter unter großer Belastung, was sicher nicht gut wäre. Er stritt auch so schon genug mit seinem Mitbewohner, Lehrer und Freund, er musste die Situation nicht noch verschlimmern. Aber genau das tat er, wenn er auf die Forderung einging. Vielleicht gab es danach dann keine Beziehung mehr. Klar würde er dann um Nao kämpfen, aber ob es dann auch noch einen Sinn hatte, war fraglich. Gott, verdammt, wie kompliziert das Leben war, wenn man in einer festen Beziehung war. Da könnte man ja fast das Singledasein vermissen. Aber nur fast. Es war einfach zu schön, jemanden für sich zu haben. Auch wenn es ihn einschränkte, es war nichts Schlechtes. Ein leises Seufzen entkam ihm. Das Leben war immer schon schwierig gewesen, und er hatte gelernt, damit zurechtzukommen, nur war alles, seit er mit Nao zusammen war, nur noch komplizierter geworden. Er fragte sich, ob Beziehungen immer so schwierig waren. Wohl kaum. Das, was zwischen ihm und Nao war, war verboten. Sie versteckten sich zwar nicht, aber sie konnten auch noch nicht vor allen zu ihrer Beziehung stehen. Die 13 Jahre Altersunterschied waren zwar nicht schlimm, aber führten manchmal zu Missverständnissen. Nicht, dass es die nicht sowieso gab, aber trotzdem… So wurden sie noch gefördert. Warum bitte hatte er sich in einen so viel älteren Lehrer verliebt? Aber warum eigentlich nicht? "Ryou, was ist? Fühlst du dich nicht gut?" Nao sah seinen Freund schon eine Weile an. Er sah nachdenklich aus, was eigentlich nicht schlimm war, aber nach dem vorigen Tag wollte er kein Risiko eingehen. Er wollte allgemein nicht das Risiko eingehen, dass Ryouga etwas passierte. "Doch. Darf ich nicht auch einmal nachdenken?" Lächelnd schlug Ryouga die Augen auf und zog Nao zu sich, legte seinen Kopf auf dessen Schulter. "Klar. Aber trotzdem… Worüber denkst du nach?" Sanft strich Nao dem anderen über den Kopf. "Erzähl ich dir später, Samstag oder Sonntag. Ich muss das erst mit mir selbst ausmachen, aber dann rede ich mit dir darüber. Lass uns einfach nur den Nachmittag hier auf dem Sofa bleiben. In Ordnung?" Leicht nickte der Ältere und ließ sich auf Ryougas Schoß ziehen, der die Arme fest um seine Taille legte und den Kopf an seine Brust lehnte. Verwundert legte er die Arme um den Größeren und hielt ihn einfach nur fest. Wenn es das war, was er brauchte, konnte er es auch bekommen. Nao pustete ihm sanft über das Haar und schloss ebenfalls die Augen. Es tat ihm weh, dass der Jüngere nicht mit ihm reden wollte, zumindest noch nicht. Aber andererseits gab es auch Dinge, die er als älterer und vernünftiger Teil für sich behielt. In einer Beziehung sollte man offen und ehrlich sein. Wenn sie das jemals erreichen wollten, mussten sie noch viel lernen, was die Ehrlichkeit dem jeweils anderen gegenüber betraf. Irgendwann würden sie das vielleicht auch schaffen. Ryouga sah zur Uhr. Nur noch eine Viertelstunde, bis er Feierabend hatte und zurück zu Nao durfte, nur würde er diesen nicht mehr wach antreffen. Er hatte seinem Freund Aufstehverbot erteilt, mit der Begründung, dass er nicht wusste, wann er nach Hause kam. Lüge. Er hatte Nao damit angelogen, aber er wollte nur etwas Ruhe und Zeit zum Nachdenken haben. "Ryouga, was ist los? Vor ein paar Tagen konntest du gar nicht aufhören zu strahlen, und jetzt bist du so ruhig, dass es schon fast gruselig ist." Kazuki sah ihn fragend an. "Ist kompliziert", wich er der Frage aus. Lächelnd widmete er sich der Kundschaft. Ein Mädchen, das seltsamerweise nur bei ihm bestellte. Also hatte er mal wieder ein ganz persönliches Fangirl. "Schon wieder Krach mit Nao?", riet Kazuki, ohne das Mädchen zu beachten. "Nicht direkt." Ruhig stellte er der Kundin das Glas hin und wandte sich Kazuki wieder zu. "Soll heißen?", fragte der Kleinere weiter. "Mal angenommen, du würdest noch zur Schule gehen und wärst in einer festen Beziehung und jemand, der dir alles nehmen kann, würde verlangen, dass du mit ihm schläfst, obwohl du das gar nicht wollen würdest. Was würdest du tun?" Kazuki atmete lautstark aus. "Top oder Bottom, welchen Part würde ich übernehmen?" "Bottom." "Keine Ahnung. Scheiß Situation. Wenn ich mit demjenigen schlafen würde, würde ich meine Beziehung gefährden. Und würde ich es nicht tun, könnte derjenige auch für das Ende meiner Beziehung sorgen. Noch Randumstände?" "Du und dein Freund braucht Geld." Nachdenklich stützte Kazuki sich auf die Theke und sah auf das dunkle Material. "Ich würde mit meinem Freund reden, ob es für ihn okay wäre, wenn ich mit dem anderen schlafen würde. Und dann würde ich mich von dem Typen bezahlen lassen." "Wir sind uns zu ähnlich", stellte Ryouga trocken fest und schenkte sich ein Glas Whiskey ein. "Du auch?", fragte er seinen Kollegen, der ihn tadelnd ansah und den Kopf schüttelte. "Alkohol ist keine Lösung." "Ich weiß, aber vielleicht fällt mir im betrunkenen Zustand etwas ein. Cheers." Schnell kippte er den Inhalt des Glases hinunter. "Du weißt, dass du im Dienst noch zurechnungsfähig sein musst?" "Kazu, die meisten Gäste verschwinden eh schon und wir haben noch eine Viertelstunde. So schnell schaffe ich es nicht, mich zu betrinken." "Wer weiß. Ich fahre dich trotzdem nach Hause", entschied der Ältere. "Wenn du noch an einer Tankstelle vorbeifährst und für mich eine Flasche Vodka oder Whiskey oder was auch immer kaufst, gern. Ich gebe dir auch das Geld." "Du willst dich wirklich noch volllaufen lassen?!" Ryouga zuckte mit den Schultern und schloss die Augen. Der hohe Alkoholanteil des Getränks begann langsam, seine Wärme in ihm auszubreiten. Bis er wirklich genug intus hatte, um nichts mehr zu merken, würde es wohl noch eine Weile dauern, aber es war ein Anfang. "Wenn, dann richtig. Ich spendiere dir noch eines von den Päckchen mit fünf Kurzen und eine Flasche Vodka. Das Problemlösungspaket von Freund zu Freund, in der Hoffnung, dass du später im Notfall auch so was für mich tust." "Danke." Ehrlich lächelte Ryouga den älteren Barkeeper an. "Es ist schön, wenn man Leute hat, auf die man zählen kann. Wahre Freunde." "Du solltest hier lieber nichts mehr trinken, du wirst schon seltsam." Kazuki schüttelte grinsend den Kopf und nahm seinem jungen Kollegen das Glas weg. Deutlich benommen setzte Ryouga die Flasche an die Lippen und sah diese verwirrt an, als kein Tropfen mehr herauskam. Missmutig stellte er sie zu den kleinen Schnapsfläschchen, bevor er die nächste öffnete und einen kräftigen Schluck nahm. Trotzdem linderte es den Schmerz nicht. Schon seit einer Weile flossen Tränen über seine Wangen, er zitterte. Er hatte Angst, Nao zu verlieren, und normalerweise hätte der Alkohol ihn vergessen lassen, weshalb er sich betrank, aber sein Freund geisterte durch seine Gedanken. Aber er trank genau aus dem Grund immer mehr, hoffte zu vergessen. Noch nie in seinem Leben hatte er so viel Alkohol zu sich genommen, aber er dachte auch nicht darüber nach. Er wusste, dass schon Menschen an einer Alkoholvergiftung gestorben waren, aber daran wollte er nicht denken. Auch nicht, was mit Nao werden würde, wenn ihm etwas passierte. Nao rieb sich verwirrt über die Augen. Er lag allein im Bett. Wo war Ryouga? Fast ängstlich stand er auf und ging in den Flur. Die Schuhe des anderen standen da, aber trotzdem fühlte Nao sich unwohl. Zögernd ging er in das Wohnzimmer, blieb wie angewurzelt in der Tür stehen und sah zum Sofa. Auf dem Tisch standen eine leere Vodkaflasche und fünf kleine Schnapsflaschen, auf dem Boden lag eine zerbrochene Flasche, auch Vodka, oder vielleicht Whiskey. Schnell hockte er sich neben den Jüngeren und zog vorsichtig eine kleine Scherbe aus dessen Hand. Sein Herz schlug panisch. Er legte seine Hand an den Hals seines Freundes und seufzte erleichtert, als er spürte, wie das Blut durch die Adern des anderen gepumpt wurde. Behutsam rollte er diesen ganz auf das Sofa und begann, das Chaos zu beseitigen. Leise fluchte er, als er sich noch an einer Scherbe schnitt, nahm es aber in Kauf. Er wusste nur nicht, wie er mit Ryouga darüber reden sollte. Oder ob er seinen Freund überhaupt darauf ansprechen sollte. Schnell ging er nach dem Aufräumen in die Küche und schnappte sich Ryougas Handy. Reno oder einen anderen seiner Freunde anzurufen, hatte keinen Sinn. Wenn jemand wusste, was los war, dann einer seiner Kollegen. Kazuki oder Ray. Wobei Kazuki wohl doch mehr wusste, mit ihm war Ryouga enger befreundet. "Ryou, was ist? Ist ja noch mitten in der Nacht", nuschelte der Barkeeper am anderen Ende der Leitung. "Hier ist Nao. Was war gestern los? Kazuki, wach auf!", fauchte Nao und sah aus dem Fenster, kaute unruhig auf seiner Unterlippe. "Nao… Moment. Ruha, bringst du mir mal einen Kaffee? Danke, ich liebe dich auch. So… Was soll gestern losgewesen sein, Nao?" "Ryouga liegt völlig breit auf dem Sofa, und dabei entstehen zwei Fragen. Erstens: Warum hat er sich so abgeschossen? Zweitens: Wer bitte hat ihm Whiskey, Vodka und Kurze gekauft? Mit 17 kommt er da noch nicht ran." Kazuki räusperte sich. "Wie kommst du darauf, dass ich es dir sagen kann? Er ist dein Freund, wenn ich mich richtig erinnere." "Jetzt rede schon", knurrte Nao angriffslustig. "Also schön. Erstens: Er hat ein Problem, wenn ich alles richtig verstanden habe. Zweitens: Also…", der andere hustete leise, "das war ich. So machen Freunde das." "Spinnst du?", fauchte Nao in das Telefon. "Ich… Verdammt, er hat sich fast ins Koma gesoffen! Er lebt zwar, aber ich überlege immer noch, ob ich ihm keinen Krankenwagen rufen soll!" "Nao, das tut mir leid, aber woher hätte ich das wissen soll? Egal… Soll ich vorbeikommen und dir helfen? Vielleicht redet Ryouga über gewisse Dinge lieber mit mir als mit dir." "Nein, ich schaffe das schon und ich muss ihn sowieso dazu bringen, mit mir zu reden." "Wenn du meinst… Aber es könnte sein, dass das, was du hörst, dich ziemlich aus der Bahn wirft." Nao seufzte und legte den Kopf in den Nacken. "Das ist mir egal. Er muss nur endlich mit mir reden." "Dann macht das unter euch aus. Ich muss auflegen, ich habe auch noch meinen Freund, der meine Aufmerksamkeit will. Du kannst Ryouga von mir auch eine Schicht verpassen. Man sieht sich." Genervt legte Nao das Handy auf die Arbeitsplatte und stützte sich dann auf diese, ließ den Kopf hängen und schloss die Augen. Er zitterte vor Verzweiflung. Was bitte sollte er tun? "Morgen, Nao." Ryouga sah völlig fertig aus, als er sich auf einen Küchenstuhl fallen ließ. "Haben wir Kopfschmerztabletten?" "Badezimmer, Waschbeckenschränkchen, unterste Schublade." "Holst du mir die?" Flehend sah Ryouga ihn an. "Wenn du mir danach sagst, was los ist." Schweigend sah der Jüngere auf den Tisch. "Verflucht, Ryou, du besäufst dich doch nicht grundlos nach der Arbeit im Wohnzimmer! Was ist dein Problem?" "In Ordnung", seufzte Ryouga. "Erst etwas gegen Kopfschmerzen, dann die Erklärung." Unentschlossen sah Ryouga aus dem Fenster. Es war weitaus angenehmer, im Wohnzimmer zu reden als in der Küche. Gut, jetzt musste er nur noch den richtigen Anfang finden. Wenn das so leicht wäre. Nicht mal Reno wusste, was Nakamura von ihm verlangte, wie sollte er dann mit Nao reden? "Ryou, was ist jetzt?", bat der Ältere und legte ihm eine Hand auf den Arm. "Ich habe gestern mit Nakamura-san gesprochen, über Beziehungen und… Sex. Er hat mir erzählt, dass er gern mal wieder eine Frau im Bett hätte, aber im Zweifel auch einen Mann nehmen würde. Er wollte, dass ich ihm Tipps gebe…" "Und?" Ryouga schüttelte den Kopf. "Das willst du nicht hören." "Du machst mir Angst, wenn du daraus so ein Geheimnis machst", bemerkte der Kleinere und sah ihn an. "So schlimm kann es doch eigentlich nicht sein. Oder", plötzlich wurde er unsicher, "hat er etwas über unsere Beziehung herausgefunden?" "Nein." Gequält seufzte Ryouga und lächelte seinen Freund traurig an. "Er weiß, dass ich in einer festen Beziehung bin, aber nicht mit wem." "Dann sag schon." Ermutigend nahm der andere seine Hand und drückte sie. "Er will, dass", Ryouga holte noch einmal tief Luft, "dass ich mit ihm schlafe." _________________________________________________________________________________ *ca. 1050€ ** ca. 910€ Ja, ja, ich bin gemein zu euch. Ein Cliffhanger vom Feinsten. Aber ich muss ja Spannung erzeugen. xD Na, wer von euch hat geahnt, worauf der liebe Herr Übergangsrektor hinaus wollte? Gut, es war nicht schwer zu erraten. Aber doch sieht man nicht wirklich, wie Ryouga sich denn jetzt entschieden hat. Die Entscheidung ist auch nicht unbedingt leicht. Ich meine, wenn man zwei Möglichkeiten hat und beides nicht sonderlich verlockend ist, ist das ganze irrsinnig kompliziert. Viel spannender ist aber jetzt doch die Frage, was Nao dazu zu sagen hat. Ich bin sicher, dass einige sich denken können, wie seine Reaktion ausfällt. Aber das kommt alles in zwei Wochen und ich muss mal wieder zur Schule. Yay. =.= Wieso ich eigentlich noch hingehe, weiß ich selber nicht, aber ist ja auch egal. Hikari Kapitel 30: Pyrit ----------------- "Was?", fauchte Nao und wich fast automatisch einen Schritt zurück, als hätte sein Freund ihn geschlagen. "Aber ich dachte, der wäre hetero!" "Wie gesagt, er steht so unter Druck, dass es im egal ist. Er will, dass ich ihn an meinen Arsch lasse." "Scheiße!", fluchte Nao. "Wenn du es nicht machst, bleibt er länger Rektor und will so unsere Beziehung zerstören." Er wusste, dass es so nicht ganz richtig war, aber das war gerade seine geringste Sorge. "Ich habe mir auch überlegt, wenn du damit einverstanden bist, das zu machen", antwortete Ryouga trocken. "Bitte was?" Geschockt sah Nao ihn an. "Ich habe keine andere Wahl, auch wenn ich die Vorstellung, für ihn die Beine breit zu machen, widerlich finde! Was soll ich denn tun?!", fuhr er den Kleineren an und verschränkte die Arme vor der Brust. "Jetzt komm nicht damit, dass du das für uns tun willst und ich dir lieber dankbar sein sollte!", erwiderte Nao lautstark. "Nicht für uns, für die ganze Schule! Glaubst du, ich habe so viel Spaß daran, dich zu betrügen?! Ich liebe dich! Und nur dich!" "Spinnst du eigentlich?! Es…", Nao holte tief Luft und bemühte sich, sich wieder zu beruhigen. "Ich weiß, dass du mich liebst, und du weißt auch, was ich für dich fühle. Gerade deswegen finde ich es auch so beschissen", fuhr er ruhiger fort. "Aber jetzt bleiben wir mal ganz ruhig und denken nach. Welche Optionen haben wir?" "Ich mache es oder nicht. Ich habe ihn ja auch gefragt, ob er nicht lieber Shin oder Reno haben würde, aber er will unbedingt mich." Nao seufzte und schloss die Augen, rieb sich über die Schläfen. "Ein Mal. Montag. Dann tu's." "Wie bitte?" Verwirrt sah Ryouga seinen Freund an. "Bevor unsere Beziehung an dem Druck, den die Situation auf uns ausübt, zerbricht und ich dich endgültig verliere, gebe ich dich lieber so einmal her. Erzähl mir nur nichts davon." "Bist du stark genug, das zu ertragen?", fragte Ryouga und strich ihm sanft über die Wange. "Ich bin stark genug. Auch wenn es wehtun wird, ich habe schon viel durchgehalten, und ich werde es auch dieses Mal schaffen." Tapfer lächelte er den Größeren an. "Vielleicht liebe ich dich gerade deswegen. Danke." Liebevoll küsste Ryouga seinen Freund auf die Stirn und umarmte ihn fest. "Wir werden nie darüber reden, nicht ein einziges Wort", versprach der Jüngere und schloss die Augen. Er meinte es auch so. Er wollte Nao nicht verlieren, und es war wundervoll, wie viel Freiheit er noch bekam. Er wusste, was er an seinem Freund hatte. Kaum ein anderer würde ihm einfach so die Lizenz zum Fremdgehen geben. Er wusste, dass er Nao verletzen würde, und er nahm sich auch vor, das nicht öfter zu tun. Er wollte einfach mit Nao zusammenbleiben. "Ryou, weiß noch wer davon? Außer Kazuki?", nuschelte Nao und schmiegte sich enger an ihn. "Nicht einmal Reno. Und Kazuki weiß nichts Konkretes. Wenn der es aber Uruha erzählt hat und der eins und eins zusammenzählt, wird zumindest Ruha wissen, was los ist." "Oh Mann. Was wird Uruha dazu sagen?" "Keine Ahnung und ist mir egal. Ich habe auch öfter mit Uruha geschlafen. Und wenn er mich für eine Hure hält, dann ist es so. Er hat über vier Wochen für mich auf dem Schreibtisch gelegen, nicht umgekehrt. So lange du nicht mit einem Messer auf mich losgehst, ist alles super." "Du bist keine Hure." Lächelnd strich Nao ihm über die Wange. "Solange du dich nicht bezahlen lässt, bist du keine Hure, Schlampe und auch kein Stricher. Klar?" Ryouga nickte. Wobei das eigentlich gar keine schlechte Idee war. Nao hatte ihm Finanzprobleme gebeichtet. Wenn er eine genaue Summe auftreiben könnte, könnte er so lange nebenbei anschaffen gehen, bis er diese Summe raus hatte. Auf der Clubtoilette könnte er das nebenbei machen. Zwar war es von Kisaki aus verboten, aber der brauchte davon nichts zu erfahren. Und das Geld könnte er Nao als Trinkgeld ausgeben. Oder als Extrazahlungen von seinem Boss. Aber er wollte seinem Freund nicht fremdgehen. Natürlich könnte er das auch einfach als Job durchgehen lassen, aber Nao würde ihm den Kopf abreißen. So lange der aber nichts davon erfuhr… Ja, wenn er Nao davon erst gar nichts erzählen würde… Aber nein, er wollte das nicht. Er wollte Nao nicht betrügen und er wollte seinen Arsch nicht verkaufen. Allgemein wollte er für Geld nicht so weit gehen, wobei es immer noch besser wäre, als seinen Vater um Hilfe zu bitten. "Ryou, rede das nächste Mal gleich mit mit", bat Nao leise und sah ihn an. "Was Ehrlichkeit betrifft, müssen wir eh noch üben." "Ich weiß." Ryouga lächelte seinen Freund sanft an. "Und wir sollten uns nicht so oft anschreien." "Wir führen so eine unharmonische Beziehung", lachte der Kleinere und schüttelte den Kopf. "Ein Wunder, dass wir noch zusammen sind." "Das wird schon noch. Wir sind nur mit Problemen gestartet und das alles ist so neu. Mal abwarten, was wird, wenn Nakamura weg ist." "Shin, dein Bier. Geht auf mich." Lächelnd stellte Ryouga seinem Kumpel die Flasche hin und stützte sich auf den Tresen. "Also, was wünschst du dir zum Geburtstag?" "Nichts. Ich habe meine Freunde hier und wir haben einen tollen Club entdeckt, das reicht." "Du bist gemein. Ich will dir etwas schenken, aber ich weiß nicht, was du willst." Nachdenklich legte Ryouga den Kopf schief. Er hatte mit den anderen abgesprochen, dass sie Shin etwas Persönliches schenken wollten, aber er wusste nicht, was er dem Geburtstagskind geben sollte. "Was ich will? Einen netten Freund, der mich beschützt und mir die Welt zu Füßen legt", lachte der Kleinere. "Nein, ehrlich, es ist gut, wie es ist." Ryouga sah sich um. Sein Blick fiel auf das dünne Kettchen, dass um sein Handgelenk geschlungen war, und auf den Anhänger. Ein Herz und ein Kreuz. Liebe und Tod. Er wusste, wie sehr Shin dieses Armband bewunderte, und es war auf jeden Fall etwas Persönliches. "Shin, gib mir deine Hand", forderte Ryouga. Kurz entschlossen löste er das Band von seinem Arm und legte es Shin um. "Dein Geschenk", erklärte er lächelnd. "Aber… Das ist doch deins", bemerkte der Kleinere zögernd. "Du mochtest es schon immer. Ich schenke es dir." Strahlend lächelte der Ältere ihn an. "Danke. Ich passe gut drauf auf." "Das freut mich, aber es ist deine Sache, wie du mit deinem Besitz umgehst." "Ryou, du musst auch immer alle in den Schatten stellen", beschwerte Reno sich plötzlich lachend. Ryouga zuckte mit den Schultern und machte sich an den Abwasch. Einer musste ja dafür sorgen, dass die Gläser nicht ausgingen, und wenn weder Kazuki noch Ray sich dazu bereit erklärten, musste er das eben selbst übernehmen. "Ryou, gib mal die Flasche Tequilla." "Kazuki, hör auf, so sauer auf mich zu sein", stellte Angesprochener die Gegenforderung. "Ich weiß, dass es scheiße von mir war, mich so abzuschießen, aber ich habe von Nao dafür schon eine reingekriegt, das reicht schon. Und ich werde mich nicht wieder so besaufen." "Schön. Ich habe an sich kein Problem damit, dass du trinkst, aber du selbst sagst, du kennst deine Grenzen. Du hättest nicht alles auf einmal trinken sollen. Das ist dumm, kindisch und sinnlos. Oder ist dein Problem weg?" "Das nicht, aber es ist gelöst. Ich habe mit Nao darüber gesprochen." Kazuki schüttelte den Kopf. "Dann kannst du das nächste Mal auch gleich so zur Lösung kommen. Dann ist es erst recht dämlich, sich fast tot zu saufen." "Meine Fresse, Kazu, jetzt bleib mal ruhig. Ich lebe noch, ich bin nicht im Koma und die Kopfschmerzen sind mein Problem. Jetzt reg dich nicht so auf. Außerdem wusstest du, dass ich mich besaufen wollte, du hast mir ja sogar noch das Zeug gekauft." "Ja, stimmt schon. Vielleicht bin ich gerade deswegen so sauer, dass du so verantwortungslos damit umgegangen bist. Hast du eigentlich auch nur eine Sekunde an Nao gedacht?!", zischte der Ältere und funkelte ihn wütend an. "Ich habe nur an Nao gedacht!", fauchte Ryouga zurück. "Deswegen habe ich so viel getrunken! Ich wollte vergessen, wie sehr ich ihm wehtun muss!" "Kazuki, Ryouga, raus!", fuhr Kisaki dazwischen. "Ihr klärt das. Ich glaube, ein bisschen frische Luft wird euch nicht schaden. In zehn Minuten seid ihr wieder hier, ruhig und allerbeste Freunde!" Ryouga knurrte aggressiv, schnappte sich aber seine Zigaretten und ging tatsächlich vor die Tür. Eigentlich hatte er überhaupt keine Lust, mit seinem älteren Kollegen zu streiten, aber so viel Heuchelei war einfach unglaublich. Er mochte Kazuki zwar, auch jetzt noch, aber was zu weit ging, ging eben zu weit. "Ryou, warte. Wir sollten das wirklich klären", meinte der Kleinere. "Erklär mir die genaue Situation, und ich versuche, dich zu verstehen." "Ich habe es dir gestern erklärt. Der, der mir alles nehmen kann, ist dieser Typ vom Ministerium, Nakamura. Verstehst du?" "Und der will mit dir schlafen?" Bestätigend nickte Ryouga. "Scheiße. Machst du es?" "Mit Naos Einverständnis. Ja, übermorgen. Egal, wie abartig schon der Gedanke ist, ich ziehe das durch." Entschlossen sah Ryouga seinen Kollegen an. "Mit oder ohne?" Fragend zog Ryouga die Stirn kraus. "Kondom", erklärte der Kleinere lächelnd. "Keine Ahnung. Ich denke ohne, obwohl ich mich mit wahrscheinlich wohler fühlen würde." "Und warum dann ohne?" Ruhig zog der Ältere an seiner Zigarette. "Weil ich keine Kondome zuhause habe, und weil ich denke, dass er sowieso nicht mitspielen wird." "Kondom ist doch nichts Schlimmes. Wie sieht's mit der Vorbereitung aus? Machst du selber?" "Ich frage Reno. Hast du sonst noch Kondome und kannst mir eines mitbringen?" "Klar." Kazuki sah in den Himmel. "Kommt Nao denn mit der Situation klar?" Ryouga zuckte mit den Schultern. "Er sagt es, aber ich glaube es nicht. Warum fragt jeder nach Nao, aber keiner nach mir?" Seufzend sah Ryouga auf den Boden. "Wie sieht es denn bei dir aus?" Zart legte Kazuki ihm eine Hand auf die Schulter. "Ich will das nicht. Ich will Nao nicht betrügen und ich könnte kotzen, weil ich es tun muss, und dann nicht mal ein sehr gut aussehender Typ. Ich meine, so schlimm ist Nakamura nicht, aber halt nur Durchschnitt. Ich hoffe, dass es kurz und schmerzlos wird und ich nie wieder darüber reden muss. Und dass ich nicht allzu viel mitbekomme." "Willst du dich vorher besaufen oder Drogen nehmen?" Skeptisch sah der andere ihn an. "Nein, aber ich kann Dinge, die nur mit meinem Körper passieren, gut ausblenden." "Ach so. Aber im Nachhinein weißt du, was passiert ist." "Ganz genau." Ruhig zog Ryouga noch einmal an seiner Zigarette und trat diese dann auf dem Weg aus. "Komm wieder mit rein, Kisaki feuert uns sonst." Montagmorgen ließ Ryouga sich zitternd neben Reno sinken und legte den Kopf in den Nacken, sah an die Decke. Er zitterte, weil er sich einfach nicht wohl fühlte, sein Körper reagierte so. Die erste Stunde war überstanden, es waren noch fünf weitere, bis zur Mittagspause. Und er hatte es noch nicht fertig gebracht, seinen besten Freund um Hilfe zu bitten. Geschweige denn ihm die Situation zu erklären. "Reno?", fragte er leise. Das Zittern in seiner Stimme überraschte ihn doch irgendwie. "Ja, was ist?" "Würdest du mir helfen?" "Wobei?" Seufzend erzählte Ryouga seinem besten Freund die Geschichte. "Und da er keine Erfahrung mit Männern hat und ich mich nicht selbst vorbereiten will…" "…soll ich das machen", beendete Reno den Satz. "Kein Problem. Anfang der Mittagspause?" "Hm.", murmelte Ryouga und legte den Kopf auf den Tisch. Die Situation war ihm irgendwo peinlich. Ganz unerklärlich. Er konnte nur hoffen, dass es ihm im Nachhinein nicht zu sehr zu schaffen machte, Nao doch fremdgegangen zu sein. Ein schlechtes Gewissen war schlimmer als körperliche Schmerzen. "Willst du eigentlich mit ihm schlafen oder musst du?", fragte Reno leise und sah auf seinen Block. "Ich habe keine andere Wahl, weißt du doch", erwiderte Ryouga ruhig. "So meinte ich das nicht. Wenn das alles nicht wäre und er dir sonst was geben würde, würdest du es tun?", erklärte der Ältere seine Frage. "Du meinst so was wie Geld? Glaubst du, ich mache es jetzt umsonst?" Ryouga sah traurig auf den Tisch. "Nao ist hoch verschuldet. Von einem Fünftel hat er mir erzählt, aber insgesamt hat er 1.075.000 Yen* Schulden in Europa. Wir brauchen das Geld dringend." "Oh Shit", entkam es dem Größeren. "Und jetzt?" "Ich weiß nicht. Mal gucken, wie viel ich für meinen Körper bekommen kann. Wahrscheinlich heißt es dann für mich, dass ich mich nebenbei verkaufen muss. Ohne Naos Wissen." "Und das willst du durchziehen, obwohl du ihn liebst?" Reno zog zweifelnd eine Augenbraue hoch. "Wie willst du ihm das Geld erklären?" "Trinkgeld und Zusatzzahlungen. Es ist ein Job, Reno, das hat nichts mit Nao und meinen Gefühlen für ihn zu tun. Das ist die schnellste Möglichkeit, an Geld zu kommen." "Aber wenn das so ist, kannst du auch einfach mit Nao reden. Es ist ja nur ein Job." "Nao sieht das anders. Er wird mich dann auf jeden Fall rausschmeißen. Ich will ihn nicht verlieren", gab Ryouga zu bedenken. "Und was, wenn er von deinem Nebenjob erfährt?" Ryouga zuckte mit den Schultern. "Das kannst du dir denken. Aber hoffen wir, dass es nicht so weit kommt." Selbstsicher betrat Ryouga das Direktorenbüro und schloss die Tür hinter sich. "Ryouga, schön, dass du da bist", begrüßte der Beamte ihn lächelnd. "Wie fühlst du dich heute?" "Gut, danke." "Du bist heute aber ziemlich ernst. Aber hast du dich entschieden?" Ryouga nickte und holte Kondom und Gleitgel aus der Tasche. "Meine Bedingungen", erklärte er, "und umsonst geht da nichts." "Kleine Hure, was? An wie viel dachtest du?" Wie machten das Händler immer? Preis höher ansetzen, weil der Gegenüber wahrscheinlich runterhandeln möchte. "So 17250 Yen**? Ungefähr", bot er kühl an, ignorierte sein wild schlagendes Herz. "Du bist für einen Schüler teuer. Ich dachte vielleicht an… 5750 Yen***." "Dazwischen liegt eine schöne Summe", meinte der Jüngere ruhig. "So billig bin ich nicht. Aber was machen wir jetzt?" "Treffen in der Mitte", erwiderte Nakamura ruhig. "11500 Yen.****" "Never", entschied Ryouga. "Auch ich als 'kleine Hure' habe meinen Preis. Mein Mitbewohner und ich brauchen Kohle." "Was wäre denn dein Mindestpreis?", fragte der Ältere vorsichtig. "Ich denke, mit 13800 Yen***** könnte ich leben." "In Ordnung. Erst Dienstleistung, dann Bezahlung." Ryouga nickte und legte seine Tasche auf dem Besucherstuhl ab. Unschlüssig stand er vor dem Schreibtisch und wartete auf eine Aktion des anderen. Er musste sich erst mal passiv halten und sich langsam vortasten. Ruhig sah er auf die Hände, die seine Krawatte lösten und sein Hemd aufknöpften. Spätestens jetzt gab es kein Zurück mehr. Suchend lief Reno im Schulgebäude hin und her. Die nächste Stunde hatte schon begonnen und er machte sich Sorgen um seinen besten Freund, und Hiroto hatte ihm erlaubt, diesen zu suchen. Ryouga war seit der Sache mit ihrem Rektor verschwunden. Schnell öffnete er die Tür zu den Schultoiletten. Jackpot. Blass und scheinbar zitternd stützte Ryouga sich auf dem Waschbecken ab. "Ryou, endlich. Ich habe mir Sorgen gemacht." Der Kleinere antwortete nicht und sah ihn auch nicht an. "Warte hier, ich hole Hilfe." "Ich hatte nicht vor, wegzugehen", murmelte Ryouga. Reno lief schnell zum Lehrerzimmer. Einen Moment zögerte er, spazierte dann aber einfach hinein und sah auf den Plan. Er musste Nao holen, der war wohl der einzige, den Ryouga an sich heranlassen würde. Er rannte förmlich zu dem Raum, in dem der Lehrer jetzt unterrichtete und klopfte an und riss die Tür auf. "Murai-sensei, wir haben ein Problem. Könnten Sie mir helfen? Es könnte etwas dauern." Nao nickte verwirrt, gab der Klasse einige Aufgaben und verließ dann mit Reno den Raum. "Was ist?", fragte er den Jüngeren und lief neben diesem her, als dieser ihm ein Zeichen dazu gab. "Ryouga geht es dreckig." "Warum?" "Ich weiß es nicht genau, aber ich kann es mir denken. Nur meine ich, dass du ihm besser helfen kannst als ich." Reno öffnete leise die Tür zu den Sanitäranlagen und deutete auf eine Ecke, in der Ryouga an der Wand lehnte und die Stirn gegen diese gelegt hatte. Während sein Lehrer sich schweigend zu dem Jüngsten begab, blieb er in der Tür stehen. Vorsichtig legte Nao seinem Freund eine Hand auf den Rücken und stellte sich neben ihn. "Ist dir schlecht? Musst du dich übergeben?", fragte er leise und versuchte, einen Blick auf das Gesicht des Schülers zu erhaschen. "Schlecht ist mir, ja, aber kotzen muss ich nicht", murmelte Ryouga zurück. "Alles, was ich auskotzen konnte, ist draußen." "Wieso? Ich ahne, weshalb es dir nicht gut geht, aber warum hast du gespuckt?" Ryouga schnaubte leise. "Ich habe dir versprochen, dass wir nicht darüber reden." "Jetzt habe ich aber gefragt", erwiderte Nao und legte seinen Kopf an die Schulter des anderen. "Erst Sex, Standard eben, aber danach wollte er, dass ich ihm einen blase." "Und du hast es getan", schlussfolgerte Nao und schloss die Augen, bemühte sich, den dumpfen Schmerz in seiner Brust zu ignorieren. "Und Sex? War er…" "Nein, er war nicht gut, und nein, da können auch keine Reste sein. Kondome sind doch etwas Tolles." Nao nickte langsam. Das waren Sachen, die er ursprünglich wirklich nicht hatte wissen wollen, aber wenn es Ryouga half, darüber zu reden, musste er die Zähne zusammenbeißen und sich alles anhören. "Hör auf, dich so um mich zu sorgen!", zischte Ryouga plötzlich. "Ich habe dir wehgetan, aber du denkst nur an mich. Das ertrage ich einfach nicht!" "Und ich ertrage nicht, dass es dir schlecht geht. Wir gehen jetzt zum Lehrerzimmer und einer der anderen fährt dich nach Hause. Ist das klar?!", fauchte Nao leise. Er wollte nicht aggressiv klingen, aber er musste sich auch einmal durchsetzen, und jetzt war definitiv ein guter Zeitpunkt gekommen. Auch wenn er eher Lust hatte, diesem Nakamura die Augen auszukratzen, der war immerhin an dem Ganzen Schuld. Reizvolle Vorstellung, aber das musste warten. "Klar", knirschte Ryouga ergeben und ließ sich von Nao mitziehen. Unachtsam zerrte der ihn immer weiter. Es war ihm auch nicht unrecht, nicht mehr bleiben zu müssen. Er wollte nur noch duschen, diesen ganzen Schmutz abwaschen, der von jeder noch so kleinen Berührung auf seiner Haut geblieben war. Aber er sollte versuchen, es einfach von der positiven Seite zu sehen. Er hatte das Geld und er konnte bald duschen gehen. Zwei wundervolle Punkte. Und es würde auch gar nicht lange dauern, bis dieser Scheißtyp endlich aus seinem Leben verschwand. Aber trotzdem war da noch der Plan seines neuen Nebenjobs. Wie sollte er das bitte überstehen, wenn er schon nach einem Mal so neben der Spur war? Half es eventuell, vorher irgendwelche Drogen zu nehmen? Sicher würde es helfen, aber Kisaki würde ihn hochkant rauswerfen. Was er aber auch tun würde, würde er erfahren, was Ryouga vorhatte, auf der Toilette seines geliebten Clubs zu veranstalten. Ganz wundervoll. "Ryou!", fuhr Nao ihn an und holte ihn so aus seinen Gedanken. "Ich habe dich gefragt, ob du einverstanden bist, wenn Uruha dich zu uns fährt", sprach er in sanfterem Ton weiter, als er die Verwirrung des Größeren bemerkte. "Ja, kein Problem." Nao schüttelte lächelnd den Kopf und streifte mit seinen Lippen flüchtig die Wange seines Freundes. "Tu, was immer notwendig ist, damit es dir besser geht." Ryouga nickte und lächelte den Älteren schwach an. "Danke", flüsterte er. Er wusste nicht, wie lange er schon unter der Dusche stand und sich selbst bemitleidete. Zu lange. Aber er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Wie sollte er die Stärke aufbringen, Nao fast täglich fremdzugehen, mit Typen, die ihn bezahlten und die er nicht einmal kannte, wenn sein Gewissen jetzt schon im Dreieck sprang? Konnte er überhaupt so weit gehen und das Risiko eingehen, Nao zu verletzen? Was würde er tun, wenn Nao es herausbekam? Aber wie sollte der Kleinere das erfahren? Allgemein, wie lange sollte er diesen verdammten Job machen? Wie lange musste er anschaffen gehen, um Naos Schulden zu tilgen? Wie schlecht musste er sich behandeln lassen? Fragen. Viele Fragen ohne Antworten. Er konnte die Antworten nicht finden, und auf die Fragen, auf die er die eigentlichen Antworten kannte, wollte er sie nicht einmal in Erwägung ziehen. Er hörte, wie eine andere Person das Bad betrat. Das konnte nur Nao sein, dafür musste er seine Augen auch nicht öffnen. Er spürte die Anwesenheit seines Freundes instinktiv. Leise trat Nao zu ihm und umarmte ihn fest. Er fühlte den Trost, den der Ältere ihm spenden wollte, aber es tat ihm weh zu wissen, dass der Schmerz, den der andere stillschweigend ertrug, seine Schuld war. Und dass der andere seinetwegen noch viel mehr erleiden sollte. Gute Absichten hin oder her. "Ich bin nicht sauer auf dich", flüsterte Nao ihm zu und strich ihm sanft über den Rücken. "Und ich bewundere deine Stärke. Ich weiß, weshalb du das getan hast." "Ich weiß." Traurig seufzte der Größere. Es ging ihm nicht darum, ob Nao sauer auf ihn war oder nicht. Es ging darum, dass es ihm einen Stich versetzte zu wissen, dass es Nao trotzdem verletzte und er nichts dagegen tun konnte. Er hatte es verdient, genauso zu leiden, aber Nao würde nicht… Und wenn er ihn darum bat? "Nao, wenn ich dich bitten würde, mit Kisaki zu schlafen, würdest du es tun?", fragte er den Kleineren flüsternd. "Nein", antwortete dieser ruhig. "Warum?" "Weil ich will, dass du dich auf ihn einlässt. Ein Mal. Er ist ein attraktiver Mann." "Warum?" Fragend sah der Ältere ihn an. "Weil ich weiß, dass ich dich verletzt habe und du mir genauso wehtun sollst." "Das ist krank", murmelte Nao und strich ihm über die Wange. "Es macht keinen Sinn für mich zu sagen, dass du mich nicht verletzt hast, aber ich liebe dich und ich werde dir das deshalb nicht antun. Außerdem lässt dein Gewissen dich genug leiden." "Wenn du mich liebst, schlaf einmal mit meinem Chef. Lass mich wissen, wie groß der Schmerz ist", bat Ryouga leise. "Nein. Komm jetzt mit aus der Dusche, du stehst doch schon lang genug hier herum." Nao stahl seinem Freund einen Kuss, stellte das Wasser aus und trat mit dem Jüngeren aus der Dusche. Später räumte Nao die Waschmaschine ein und holte Ryougas getragene Sachen, die er nach dem Duschen einfach im Bad liegen gelassen hatte. Plötzlich stutzte er und griff in eine der Hosentaschen. Nach und nach förderte er immer mehr Geld zu Tage. Jedes bisschen legte er auf die Waschmaschine. Als er alles herausgeholt hatte, stopfte er die Hose in die Waschmaschine und machte sich dann daran, das Geld zu zählen. 13800 Yen. ______________________________________________________________ Schlagt mich bitte nicht für dieses Ende des Kapitels und für Ryougas kleine Pläne. Ja, es ist idiotisch, aber Verzweiflung treibt Menschen dazu, Dinge zu tun, die für sie sonst nie in erreichbare Nähe rücken würden. Und wahrscheinlich sollte ich euch dafür die Zahlensummen umrechnen, was ich auch ungefähr getan habe. Das ist allerdings einmal kurz: *ca. 10.000€ **ca. 160€ ***ca. 55€ ****ca. 105€ ***** ca. 130€ Ja, ziemlich beschissene Lage mit Naos Schulden. Und ob Ryouga es tatsächlich fertig bringt, Nao zu betrügen und dafür auch noch Geld zu nehmen, ist ja die eine Sache. Aber was Nao jetzt zu seinem Fund sagen wird, überlasse ich bis in zwei Wochen eurer Fantasie. WICHTIG! Das nächste Kapitel kommt an einem Dienstag, am 17.04. Wem das Besondere auffällt, weshalb ich das vorverlegt habe, der kann sich gern etwas einfallen lassen, dass ich auf Mexx verschenken kann. Eine FF oder Zeichnung mit Widmung oder so etwas. Nur keine KT. Bei meiner OS-Reihe könnt ihr euch sowieso Pairs wünschen, aber das könnte dann eventuell auch ein wenig länger werden.^^‘ Und Zeichnungen… sehen zwar gut aus, aber ich bin laaaaangsam. Noch langsamer als beim Schreiben. Ich wünsche euch eine erholsame Zeit bis zum nächsten Kapitel, oder auch Erfolg in Schule/Ausbildung/bla. ^.^ Hikari Kapitel 31: Ekonit ------------------ @ Kritik. *-* Zur Kenntnis genommen. Das Problem ist, dass ich an dieser FF nichts komplett umschreiben kann, weil ich eben schon lange fertig bin, aber ich werde versuchen, es zukünftig zu berücksichtigen. Und die Schulden... 10.000€ umgerechnet? Mit 30? Es gibt Leute, die sind mit 21 so hoch verschuldet, eventuell, weil sie jung und naiv einen Vertrag unterzeichnet haben (Handy, etc. pp.). Und wenn es Mietschulden sind, weil einfach das Geld im Monat nicht gereicht hat, sammelt sich auch eine Menge an. (Ich meine mich zu erinnern, irgendwo etwas wegen Mietschulden geschrieben zu haben.) Und an alle: Ja, Ryouga ist ein Idiot. Ein verzweifelter, verliebter Idiot, der keinen großartigen Ausweg sieht. Und wie das Ganze weitergeht, werdet ihr ja sehen. Es sind ja nur noch ein paar Kapitel. Und . Du hattest mir ja die ENS geschrieben. Und du hast Recht. Möp. Sorry, war gestern nicht mehr so fit. Natürlich war es . Der kleine Fehler tut mir leid, aber sowas passiert. ^.~ Damit an alle ein schönes, einjähriges! Heute vor genau einem Jahr wurde das erste Kapitel zu dieser FF freigegeben. :3 Und Furiku darf sich jetzt etwas wünschen. Das nächste Kapitel kommt in zwei Wochen wieder an einem Donnerstag! Bis dahin, Hikari _________________________________________________________________________________ Aufgeregt hielt Nao Ryouga das Geld unter die Nase. "Was ist das?" "Sieht aus wie Geld." Seufzend zog Ryouga die Wolldecke, unter der er auf dem Sofa lag, höher. "Das sehe ich auch", zischte der Ältere. "Und es war in deiner Hosentasche. Woher hast du das und wofür?" Nicht, dass er die Antwort nicht kannte, aber er wollte es nicht glauben. "Denk nach." Ryouga zuckte mit den Schultern, wandte den Blick aber ab und sah auf seine Hände. "Das kann doch nicht wahr sein!", brauste Nao auf, knallte das Geld auf den Tisch und lief dann unruhig im Wohnzimmer hin und her. "Hast du den Schuss noch gehört?! Du kannst doch kein Geld für Sex nehmen! Bist du neuerdings unter die Nutten gegangen?!" "Nao, komm runter. Ich hätte so oder so mit ihm schlafen müssen, und das Geld können wir brauchen", erwiderte Ryouga ruhig. "So dringend brauchen wir das jetzt auch nicht!", fuhr der Ältere ihn wieder an. "Doch. Schätzchen, ich habe deine Berechnungen gesehen. Wann hattest du vor, mir von den anderen 860.000 Yen Schulden zu erzählen?" "Gar nicht! Weil ich wusste, dass du Scheiße bauen würdest! Als was hattest du vor, mir das Geld zu verkaufen?!" "Trinkgeld", antwortete Ryouga und sah seinen Freund wieder an. "Ich sehe, dass ich dir damit wehgetan habe, aber ist es so schlimm, eine Situation, die sich eh nicht ändern lässt, zu seinem Vorteil zu nutzen?" "Nein, aber dass du dich verkaufst, das ist schlimm!" "Erstens war das nur einmal und zweitens ist es wirklich so, dass es doch so besser ist als wenn ich einfach so mit ihm geschlafen hätte." "Nein! Wo ist dein Stolz?! Ein Mensch, der so was hat, macht das nämlich nicht!" Langsam stand Ryouga auf und näherte sich Nao, der ihn mit einer seltsamen Gefühlsmischung im Blick ansah. Vorsichtig nahm er dessen Hände und sah ihm ruhig in die Augen. "Es tut mir leid. Ich weiß nicht, ob es für dich schlimmer ist, aber du musst auch zugeben, dass das Geld uns nicht schadet." "Mach das nie wieder", flüsterte Nao und drückte sich leicht gegen den anderen, der ihn daraufhin in den Arm nahm. "Ich will dich nicht wegen so etwas verlieren." Ryouga antwortete nicht, presste stattdessen die Lippen zusammen. Er musste, sollte er seinen neuen Nebenjob antreten, verdammt vorsichtig sein. Nao durfte davon auf keinen Fall irgendwas erfahren. Er wollte seinen Freund immerhin auch nicht verlieren. Schade, dass er das Risiko eingehen musste. Deswegen würde er auch nicht versprechen, sich nie wieder kaufen zu lassen. Wenn er schon so weit gehen musste, musste er den Kleineren nicht auch noch anlügen. "Was machen wir, um das Geld zurückzuzahlen?", fragte er nach einer Weile leise. "Es sind meine Schulden und ich kümmere mich darum. Halt du dich da mal schön raus", erwiderte der Ältere ruhig, sah zu ihm auf und küsste ihn kurz. "Wir leben zusammen und wir sind zusammen, also sind es auch meine Schulden." "Als die entstanden sind, waren wir aber noch nicht zusammen", konterte Nao, "wir kannten uns ja noch nicht mal." "Aber jetzt geht es mich etwas an." "Gut, wenn du meinst. Was machen wir eigentlich heute Abend?" Verträumt lächelnd sah er seinen jüngeren Freund an. Ein Themenwechsel war immer eine gute Idee. "Ich weiß nicht, kuscheln vielleicht. Und davor kochen. Egal, was wir machen, es wird bestimmt lustig." Frech grinste er den Kleineren an und zog ihn mit auf das Sofa. Ryouga ließ sich zufrieden neben Reno fallen. Ein wundervoller, vergangener Abend. Auch wenn es gemein gewesen war, dass Nao ihn etwas hingehalten hatte, aber allein die Zeit, die sie nur nebeneinander gelegen und sich berührt und geküsst hatten, war schon unglaublich gewesen. Es wunderte ihn zwar, dass Nao ihm so schnell verziehen hatte, aber er freute sich darüber. Er hatte es wirklich genossen, Nao so nah bei sich zu haben, vielleicht gerade, weil so viel passiert war. "Ryou, du wirkst so glücklich. Gestern noch Nao rumgekriegt?" Reno grinste ihn an. "Nein, aber wir hatten einen sehr schönen Abend. Und ich musste nicht arbeiten." "Wieso hast du dich nicht bei mir gemeldet?", fragte der Ältere mit einem leichten, vorwurfsvollen Unterton. "Tut mir leid. Nao hat mich erst aus der Dusche holen müssen, danach lag ich erst mal auf dem Sofa und dann hat er das Geld gefunden und wir haben uns gestritten." "Verständlich. An seiner Stelle wäre ich auch sauer." "Fall mir nicht so in den Rücken", knurrte der Kleinere. "Du hast mir einmal erzählt, dass du dich auch bezahlen lassen hast." "Da war ich aber in keiner Beziehung. Hältst du es wirklich für eine gute Idee, anschaffen zu gehen?" "Ich halte es für keine gute Idee, aber es ist das einzige, das ich tun kann. Viel mehr Sorgen macht mir das, was Nao erleiden wird, wenn er das mitbekommt." "Lass es doch einfach und warte ab. Zusammen schafft ihr das." "Aber nicht über eine Million Yen in drei Monaten", zischte Ryouga und sah Reno herausfordernd an. "Oh scheiße. Selbst wenn ihr euer gesamtes Geld nehmt, wird das nichts." "Stell dir vor, das weiß ich. Und deshalb werde ich heute Abend meinen neuen Nebenjob im Club antreten." "Oh Mann, du spinnst. Aber du musst heute noch zu Nakamura, das Wahlergebnis steht. Suzuki-sensei wird unser neuer Rektor." "Wenn's weiter nichts ist." Ryouga lief ein kalter Schauer über den Rücken. "Hauptsache, ich muss mich nicht wieder von ihm nehmen lassen." "Ryou, du musst los", rief Nao durch die Wohnung und lehnte neben der Tür. Er wusste nicht, was sein Freund noch in seine Tasche packen musste, aber er musste es auch nicht wissen. Er vertraute Ryouga doch irgendwie, immerhin hatte er von der Sache mit dem Beamten vorher gewusst. Klar war die Idee mit der Kohle dumm gewesen, aber es war gut gemeint, und er konnte seinem Liebsten nicht wirklich böse sein. "Ich bin doch schon da." Eilig schlüpfte Ryouga in seine Schuhe, nahm seine Tasche und umarmte Nao fest, küsste ihn sanft und strich ihm über die Wange. "Geh schlafen und bleib im Bett. Heute kann es ziemlich anstrengend und spät werden." "In Ordnung." Lächelnd scheuchte Nao den Größeren aus der Tür, schloss diese und lehnte sich dann dagegen. Er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Allein spazieren gehen war witzlos, vor dem Fernseher sitzen auch, und kochen… Vielleicht eine Kleinigkeit, aber allein kochen machte keinen Spaß und beschäftigte ihn nicht lange genug. Er war einfach zu lang allein gewesen, er wollte gern Menschen um sich haben. Kurz entschlossen schnappte er sich sein Telefon und ließ sich auf das Sofa fallen, nahm sich Ryougas Lieblingskissen und wählte die erste Nummer, die ihm einfiel. "Ja?" "Jin… Hast du Zeit, ein bisschen zu quatschen?" "Pooh-chan, wäre ich sonst ans Telefon gegangen? Was gibt's?" "Mir ist langweilig." "Mir auch. Manabu arbeitet. Normalerweise haben wir immer zusammen Dienst gehabt, aber jetzt hat dieser Idiot von Chef uns so seltsam eingeteilt. Homophober Mistkerl!", schnaubte der Jüngere. "Wieso? Was hat das mit eurem Dienstplan zu tun?" "Irgendwer hat die Nachricht, dass wir zusammen sind, verbreitet. Unser Boss ist sowas von schwulenfeindlich, der will so erreichen, dass wir keine Zeit mehr für uns haben und uns trennen." "Das tut mir wirklich leid für euch", seufzte Nao und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Und was hast du jetzt vor?" "Keine Ahnung. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Vielleicht wegen Diskriminierung zum Anwalt, aber ich habe keine Beweise, dass er das nur deswegen macht." "Du könntest den Arbeitsplatz wechseln", schlug Nao vor. "Könnte ich, aber es wird nichts bringen, weil unsere Arbeitszeiten dann auch nicht aufeinander abgestimmt wären." Nao nickte langsam, auch wenn Jin das nicht sehen konnte. Wie gut war es doch, dass Ryouga und er zumindest zum Teil die gleichen Arbeitszeiten hatten. "Vielleicht könnte einer von euch sich einen Job mit fester Zeit suchen, dann könntet ihr etwas mehr Zeit zusammen haben." "Stimmt schon. Ich mache mich mal auf die Suche. Aber wie läuft es bei euch so?" "Ach, ganz gut", antwortete Nao ausweichend. "Was hat er angestellt?", fragte der Jüngere sofort mit einem scharfen Unterton. "Nichts. Ihm geht's gut, mir auch, und wir haben im Moment nur noch ein paar Probleme, die wir auch gelöst kriegen." "Nao, jetzt rede!" "Meine Fresse, Jin, bleib ruhig! Ryouga wurde dazu gezwungen, mit dem Übergangsrektor zu schlafen, aber er…" "Bitte was?! Du lässt dich einfach von ihm betrügen?!", brauste Jin auf. "Ich weiß, dass du ihn liebst und dass ihr noch keine zwei Wochen zusammen seid, aber er muss begreifen, dass er das nicht einfach machen kann! Du musst dich von ihm trennen, sofort!" "Jin, er hat vorher mit mir darüber gesprochen und ich habe ihm gesagt, dass er es tun soll, damit er nicht noch mehr Probleme provoziert. Und deswegen werde ich ihn ganz bestimmt nicht verlassen. Wie du bemerkt hast, ich liebe ihn, und das wirklich so sehr, dass es für mich fast schon ungesund ist. Du weißt, wie sehr ich ihn nicht nur will sondern auch brauche. Außer auf ihn kann ich auf alles verzichten." "Pooh-chan, das klingt schon fast, als wärst du von ihm besessen. Ich freue mich, dass du ihn liebst, und er dich scheinbar auch, aber du solltest vorsichtig sein. Er hat so viel Macht über dich. Ich glaube, wäre er in finanziellen Schwierigkeiten und würde dich bitten, für ihn auf den Strich zu gehen, würdest du das ohne Zögern tun." "Und er würde das Gleiche tun, auch ohne Bitte meinerseits." "So? Was tut er denn, um dir bei deinen Schulden zu helfen? Weiß er überhaupt davon?" Jin stockte. "Er hat sich doch nicht bezahlen lassen, oder?" "Doch, hat er, aber…" "Oh mein Gott!", fuhr Jin ihn an. "Jetzt wird dein Freund auch noch zum Stricher! Ich kann nicht glauben, dass du dir das bieten lässt! Ihr seid zusammen, setz dich doch einmal durch!" Nao seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Das war Jin, wie er leibte und lebte, aufbrausend wie sonst nichts. "Jin, es war nur ein Mal und er hat ja recht, wenn er sagt, dass wir das Geld brauchen können. Wir haben uns deswegen auch gestritten, und ich finde es nicht gut, aber ich habe ihm die Aktion verziehen. Und zu deiner Frage beziehungsweise Behauptung betreffend Prostitution… Ich denke nicht, dass ich das einfach so machen würde. Dann wäre die Frage, in wie großen Schwierigkeiten er steckt und wie viel Zeit wir haben und…" "Halt die Klappe, Nao! Das heißt, du würdest es tun, wenn es deiner Ansicht nach unbedingt notwendig wäre. Schätzchen, das ist krank! Du bist vollkommen abhängig von ihm!" "Falsch, Jin. Ich bin ein selbstständig handelnder und denkender Mensch, ich kann für mich selbst entscheiden, und wenn ich für ihn auf den Strich gehen würde, wäre es allein meine Entscheidung. Natürlich würde die Tatsache, dass ich ihn liebe, eine wichtige Rolle spielen, aber das wäre nicht ausschlaggebend sondern halt nur ein Nebenfaktor." "Du hast einen an der Klatsche", meinte Jin trocken. "Das heißt, nicht nur einen. Du bist doch total bescheuert. Seit du festgestellt hast, dass du in Ryouga verliebt bist, erkenne ich dich nicht wieder. Ich verstehe, dass du ihn liebst, aber ich liebe Manabu auch, und ich würde niemals meinen Stolz für ihn aufgeben, geschweige denn mich verkaufen!" "Wir sind unterschiedliche Menschen, das solltest du nicht vergessen. Du hattest mehr Glück mit Beziehungen, und ich werde den Teufel tun und meine aktuelle Beziehung gefährden." Jin seufzte. "Pooh-chan, das sehe ich ein, aber du kannst dir wirklich nicht alles von ihm gefallen lassen. Ihr seid gleichberechtigte Partner, aber du unterwirfst dich ihm mehr oder weniger. Er würde wahrscheinlich sofort Schluss machen, wenn du ihn betrügen würdest." "Dann hätte er mich wohl kaum gebeten, mit seinem Chef zu schlafen." Im nächsten Augenblick hätte Nao sich für diese Aussage ohrfeigen können. Das hätte er Jin nun wirklich nicht erzählen dürfen. "Er hat was?", meinte der Jüngere nur verblüfft. "Aber du hast das nicht gemacht, oder? Warum wollte er das eigentlich?" "Nein, ich will nicht mit seinem Boss ins Bett, und ich weigere mich, das zu tun. Und er wollte das, weil er wissen will, wie sehr er mir wehgetan hat, er will den gleichen Schmerz spüren." "Oh Mann. Nicht nur du bist durchgeknallt, er auch. Ihr seid süchtig nacheinander. Aber trotzdem vertraue ich dem Ganzen nicht. Sei vorsichtig, ich will nicht, dass er dich am Ende sitzen lässt und du daran zerbrichst. Wie du schon bemerkt hast, hattest du nie lange Glück in Beziehungen. Ich will nicht, dass du wieder so verletzt wirst, weil du dich gleich mit vollem Vertrauen auf Ryouga einlässt." "Jin, das ist aber mein Problem, und halb vertrauen kann ich nicht, genauso wenig wie nur halbherzig lieben. Ich lasse mir aber trotzdem nicht alles von ihm gefallen." "Ich mache mir einfach Sorgen, Großer", seufzte Jin am anderen Ende der Leitung. "Ich kenne dich schon ewig, du bist wie mein Bruder, und auch, wenn du fast ein Jahr älter bist, will ich dich nur beschützen und dich glücklich sehen. So ist das unter Brüdern und Freunden." "Ich weiß doch, dass du nur das Beste für mich willst, umgekehrt ist es doch das Gleiche. Ich bringe Manabu um, wenn er dich einfach verlässt und so zerstört." "Dann kannst du dir auch denken, was Ryouga blüht", konterte Jin lachend. "Das will ich sehen. Ich glaube nicht, dass er Angst vor dir hat, was Schlägereien betrifft, hat er nämlich viel Erfahrung, und er ist stark." "Na und? Dann hol ich mir Hilfe, ich denke nicht, dass er gegen vier Gegner ankommt." "Wenn er Reno dabei hat schon. Aber ich will auch nicht, dass ihm etwas passiert. Ich habe noch nie jemanden so sehr geliebt, Jin. Ich kann nur hoffen, dass es lange so bleibt, wie es jetzt zwischen uns ist. Er ist mir einfach so wichtig." "Ach, Großer, ich weiß, aber du solltest ihm trotzdem nicht blind vertrauen. Ein bisschen Misstrauen hätte dich vor so Vielem beschützen können. Und solange das Misstrauen nicht da ist, muss ich eben auf dich aufpassen." "Du bist ein Schatz", lachte der Ältere und drückte das Kissen an sich. "Wir sind wohl wirklich sowas wie beste Freunde, was?" "Sind wir", bestätigte Jin lachend. "Schade eigentlich, dass wir die meiste Zeit nur telefonieren, obwohl wir mittlerweile wieder in der gleichen Stadt wohnen." "Wir müssen uns unbedingt öfter treffen." "Definitiv. Bevor du dich wieder nach Europa verziehst." "Nicht länger als für einen Urlaub. Ryouga will mit mir einmal nach London fliegen. Wenn wir Geld haben." "Wenn ihr Geld habt, was im Moment und wohl auch in naher Zukunft nicht der Fall sein wird." "Leider. Ich würde ihm London gern zur Weihnachtszeit zeigen", seufzte der Ältere. "Weihnachten kommt jedes Jahr wieder, du Spinner!" "Ich weiß, aber trotzdem… Ich will wieder hin, bevor sich zu viel verändert." "Das wird schon." Jin gähnte. "Wir hören voneinander, aber ich gehöre ins Bett. War ein anstrengender Tag." "Warum? Was ist passiert, Jin?" Besorgt zog Nao die Augenbrauen zusammen. "Wegen dem Mist auf der Arbeit habe ich mich mit Manabu gefetzt, aber das renkt sich wieder ein. Kümmere du dich lieber um deine eigene Beziehung!" "Du weiß, du kannst mich zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen, kleiner Bruder. Die Probleme anderer zu lösen ist einfacher als die eigenen." "Mach dir keine Sorgen, ich komme klar. Und morgen mache ich mich auf die Suche nach einem neuen Job." "Ich mache mir aber Sorgen. Wenn etwas ist, du hast meine Nummer und du weißt, wo du mich findest." "Klar. Bis dann." Bevor Nao etwas erwidern konnte, hatte Jin aufgelegt. Vielleicht hatte der Kleinere mit seinen Bedenken recht, aber es änderte nichts. Nao seufzte leise. Er würde wirklich viel für seinen Freund tun und ziemlich weit gehen, aber würde er sich wirklich für diesen prostituieren? Warum weigerte er sich dann überhaupt, mit dessen Chef zu schlafen? Warum dachte er jetzt überhaupt darüber nach? Es brachte ihn auch nicht weiter, also konnte er es sich auch ersparen, aber das war leichter gesagt als getan. Er wollte Ryouga nicht wehtun, aber dieser hatte ihn darum gebeten. Was sprach dagegen, wenn sein Freund ihn doch bat, mit dessen Chef einmal Sex zu haben? Und für Ryouga würde er so weit gehen. Vielleicht sollten sie am nächsten Morgen oder Nachmittag noch einmal darüber sprechen. Es war wirklich eine halbe Stunde später als normalerweise, als Ryouga nachhause kam. Er hatte lieber laufen wollen, um den Kopf freizubekommen. Ihm war klar, dass das Geschäft erst anlaufen musste, und eigentlich waren fast 8000 Yen für einen Abend, dazu den ersten, gar kein schlechter Verdienst. Fakt war aber, dass es ihm nicht wirklich gut damit ging. Er hatte zwar eine Taktik gefunden, dank der er nicht alles auskotzen musste, aber er fühlte sich mehr als nur billig. Aber es war ja nur so lange, bis die Schulden ausgeglichen waren. Und er tat es nicht, weil er Nao unbedingt leiden sehen wollte, im Gegenteil, er wollte seinem Freund nur helfen. Und wenn er sich dreckig fühlte, er wusste, wofür er so weit sank. Er wusste, wofür er seinen Stolz zeitweise aufgab. Er wusste aber auch, weshalb er Nao davon abhielt, nachts auf ihn zu warten. Vor dem Aufeinandertreffen wollte er auf jeden Fall noch ausgiebig duschen und Zähne putzen, damit auch alle Spuren fremder Männer beseitigt waren. Leise schloss er die Tür auf und horchte erst einmal. Es war alles still. Nao schlief also wirklich schon. Erst, als er sicher war, dass sich nichts mehr rührte, trat er ein und schloss die Wohnungstür hinter sich. Seine Tasche schmiss er, wie sie war, in eine Ecke, schlich sich ins Schlafzimmer und holte sich frische Unterwäsche. Danach ging er ins Bad und sah in den Spiegel. Gesund sah er jedenfalls nicht mehr aus. Er war blass, und zu seiner Überraschung liefen Tränen über seine Wangen. Das war ihm vorher gar nicht aufgefallen. Wie lange es wohl schon so war? Er atmete tief durch, bevor er sich selbst zur Ordnung rief. "Hör auf zu heulen!", befahl er seinem Spiegelbild und wischte die feuchten Spuren von den Wangen. Danach zog er sich aus, warf seine Sachen in den Wäschekorb und stellte sich in die Duschkabine. Eine Weile stand er wie eine Statue unter dem Wasserstrahl. Er war nicht im Stande zu reagieren, sein Verstand arbeitete momentan etwas zu langsam. Er war sich nur nicht sicher, ob das an der Müdigkeit oder seinem schlechten Gewissen lag. Seufzend rieb er sich mit dem Duschgel ein und ließ so die letzten Spuren der Berührungen verschwinden, löste so auch den Geruch von Sex von seiner Haut. Er wollte nicht, dass Nao auch nur annähernd Verdacht schöpfte. Zumindest nicht, weil er diesen eigenwilligen Geruch an sich hatte. Rasch stieg er aus der Dusche, trocknete sich ab und schlüpfte in die sauberen Boxershorts. Danach putzte er sich noch die Zähne und spülte seinen Mund sorgfältig aus. Wenigstens waren alle körperlichen Spuren beseitigt. Wenn er weiterhin so vorsichtig blieb, konnte sein Freund zumindest keine äußerlichen Zeichen für seinen Nebenjob finden. Veränderungen im Verhalten könnte er einfach mit Stress auf der Arbeit begründen. Oder Streit mit Ikuma. Solange Nao nicht auf die Idee kam, diesen anzurufen, war alles okay. Zumindest halbwegs. Viel schwieriger war die Sache mit dem Geld. Jeden Tag fast 8000 Yen Trinkgeld, nachdem er Nao gegenüber schon zugegeben hatte, dass er eben Trinkgelder und Zusatzzahlungen als Begründungen nehmen wollte, waren mehr als nur unglaubwürdig. Vielleicht sollte er das Geld auf sein Konto einzahlen und an Nao monatlich überweisen, so dass es offiziell von seiner Mutter, mehr oder weniger als Unterhalt kam. Das war eigentlich gar keine schlechte Idee. Eine bessere Tarnung konnte er eigentlich nicht finden. Ruhig ging er in das Schlafzimmer und setzte sich neben seinem schlafenden Freund auf die Bettkante. Bei dem Anblick legte sich ein sanftes Lächeln auf sein Gesicht, in dessen Gegensatz sich ein schmerzhaftes Stechen in ihm ausbreitete. Egal, wie sehr er versuchte, es vor sich selbst zu rechtfertigen, er hatte seinen Freund betrogen und dafür Geld genommen. Er war nichts anderes als eine Hure. Und er musste es vorerst weiterhin tun und dadurch alles aufs Spiel setzen. Egal, wie sehr er Nao liebte, er konnte es, gerade weil er es auch für diesen tat, nicht lassen. Er kroch auf seiner Betthälfte unter die Decke, schmiegte sich an seinen Freund und schloss diesen fest in die Arme. Er brauchte die Nähe des anderen gerade jetzt sehr, auch wenn er nicht wusste, warum. Eventuell aber auch nur, weil die Zeit nachts die einzige war, in der er ganz und gar Nao gehörte und dieser ihm keine Fragen stellte. Ryouga wachte auf, weil ihn irgendjemand leicht schüttelte, ihm eine Strähne aus der Stirn strich und ihm einen Kuss auf die Stirn hauchte. "Ich weiß, dass du wach bist", flüsterte Nao ihm zu und nahm seine Hand. "Wach ist Interpretationssache", murmelte er zurück, blinzelte ein paar Mal verschlafen und sah seinen Freund aus halbgeöffneten Augen an. "Würdest du noch schlafen, könntest du nicht mit mir reden", erwiderte der Ältere lächelnd. "Komm jetzt aus dem Bett. So süß und friedlich du auch schläfst, Schule ist angesagt." "Würdest du uns fahren, könnten wir länger im Bett bleiben und schöne Dinge machen." Grinsend zupfte Ryouga am Bund der Boxershorts seines Freundes. "Vielleicht können wir ja heute eine Ausnahme machen." Lächelnd drückte Nao seinen Freund auf die Matratze und küsste ihn fordernd. Zwar verschob sich so die Zeitplanung des kompletten Morgens, aber wenn sie ein kleines bisschen zu spät kamen, war das auch kein Weltuntergang. Zart strich er über Brust und Bauch des Jüngeren und intensivierte den Kuss. So startete man gut in den Tag. "Ich habe nochmal nachgedacht. Ich mach's", begann Nao am Frühstückstisch und schob sich einen Löffel Obstsalat in den Mund. Ryouga hielt in seiner Bewegung inne, kaute auf den Pfirsichstücken herum. "Du machst was?" "Mit deinem Chef schlafen. Wenn du es noch willst." Überrascht verschluckte der Größere sich und bemühte sich, nicht los zu husten. "Du erklärst dich gerade bereit, für mich mit Kisaki zu schlafen?", fragte er noch einmal nach. Irgendwie ergab das keinen Sinn. "Wenn du das möchtest, klar." Ungerührt aß der Ältere sein Frühstück weiter. "Okay… Ich weiß nämlich, dass Kisaki Interesse hat. Er hat ein Bild von dir auf meinem Handy gesehen, und dich ja auch schon so. Wenn du willst, kannst du heute gleich mitkommen." Nao nickte entspannt, zumindest äußerlich. Wirklich überzeugt war er von seinem Plan nicht, aber er würde jetzt nicht mehr versuchen, die Entscheidung rückgängig zu machen. Und nervös werden konnte er am Abend auch noch. Nur wehrte sich etwas in ihm dagegen, einfach so mit jemandem zu schlafen. Ob Kisaki oder sonstwer, aber es war das Gefühl, etwas Falsches zu tun. Diese körperliche Nähe war etwas, das man eigentlich nur mit dem Menschen teilte, den man liebte, zumindest war es für ihn immer so gewesen. "Bist du fertig?", fragte Ryouga nach einer Weile. "Wir müssen los." Nervös folgte Nao seinem Freund zum Eingang des Clubs. Es war definitiv eine blöde Idee gewesen, und dessen war er sich mittlerweile zu 100 Prozent sicher. Auch wenn Ryouga beruhigend seine Hand hielt, zumindest noch, sein Herz schlug viel zu schnell. Er hatte Kisaki am Anfang der Ferien einmal gesehen, und mit diesem Mann sollte er… Verdammt, war er nervös! "Ryouga hat Besuch mitgebracht", lenkte Jui, der mit elegant übereinander geschlagenen Beinen auf einem Hocker vor der Theke saß, die Aufmerksamkeit auf die Ankömmlinge. "Ja, habe ich. Aber streng genommen für Kisaki. Chef, mein Freund, aber nur ausgeliehen." Ruhig musterte der Rothaarige Nao. "Wirklich sehr hübsch", war sein fachliches Urteil, "aber erst mal soll er sich beruhigen. Im Augenblick erinnert er eher an ein scheues Reh." "Boss, das ist ja auch keine alltägliche Situation", mischte Kazuki sich ein, stellte aber ein Glas Whiskey vor Nao. "Trink. Hilft beim Entspannen, und dann kannst du es schnell hinter dich bringen." "Du tust so, als wäre es abartig, mit Kisaki Sex zu haben", meinte Jui trocken. "Kein Wunder, dass du gleich dagegen hältst. Bist ja auch seine Privatschlampe." "Spinnst du?", zischte der Blonde. "Nö", erwiderte Kazuki ruhig. "Nein, es ist nicht abartig, mit Kisaki rumzumachen. Aber ich denke trotzdem, dass Nao bald wieder nach Hause möchte." Lächelnd legte Ryouga seinem Freund, der den Whiskey bereits heruntergekippt hatte, einen Arm um die Taille, während Jui und Kazuki weiterdiskutierten. "Bleib ruhig. Ich weiß, dass der Boss schon mit fast jedem hier Sex hatte. Ich wollte nicht, deswegen lief da auch nichts, aber ich glaube trotzdem, dass er gut zu dir sein wird. Und ich werde ganz bestimmt nicht sauer sein. Okay?" Sanft drückte er seinen Freund ein wenig an sich. "Ich liebe dich", flüsterte er diesem dann noch beruhigend zu. "Ich dich auch", erwiderte Nao ruhiger als vorher und stahl seinem Freund einen Kuss. "Das weiß ich, und trotzdem höre ich es immer wieder gern." Lächelnd strich er dem Älteren über die Wange. "Könnt ihr mal aufhören, hier so herumzuturteln?", fuhr Jui genervt dazwischen. "Nein, warum auch?", erwiderte Ryouga grinsend und küsste seinen Freund demonstrativ. "Oder bist du etwa eifersüchtig, weil du 'nur' Privatschlampe bist?!" "Und wenn schon", fauchte der Blonde. "Kisaki, ich bin oben, wenn du mich suchst." "Oh Mann", seufzte der Rothaarige, nachdem Jui davon stolziert war. "Ryouga, musst du ihn unbedingt provozieren? Du weißt, wie ungern er sich als meine Schlampe bezeichnen lässt." "Mir doch egal. Ich habe keine Angst vor ihm oder seinen Zickereien, wobei der heute schon empfindlicher ist als sonst. Hat wohl seine Tage." "Ich habe auch keine Angst, aber ich will mich auch nicht mit ihm streiten. Wie dem auch sei." Schulterzuckend griff Kisaki nach Naos Hand und zog ihn mit. Kapitel 32: Fowlerit -------------------- Also... Ich mag das Kapitel ja nun nicht so. *hust* Es sind verdammt viele Zeitsprünge drin, weil ich irgendwie nur Alltag langweilig finde und wichtige Ereignisse in einem längeren Zeitraum zusammengesucht habe. Deswegen passiert auch sehr viel in sehr kurzer Zeit. *seufz* Aber na ja. Wie lange Ryougas 'Nebenjob' allerdings noch unentdeckt bleibt, oder wie es weitergeht, werdet ihr ja gleich sehen. Ich wünsche euch trotzdem viel Spaß beim Lesen! ^.^ lG Hikari ~~~~~~~~ Drei Wochen später war wieder Ruhe in die ganze Situation eingekehrt. Tatsächlich war Reita jetzt offizieller Rektor. Inoffiziell kümmerte Uruha sich immer noch um alles, aber das war von Anfang an so geplant gewesen. Ryouga arbeitete weiterhin, in beiden Jobs. Kisaki hatte seinen Lohn etwas erhöht, damit er Nao auch etwas bieten konnte, und sein Nebenverdienst lag zwischen 34000 und 45000 Yen. Nicht wenig Geld, aber auch noch nicht alles. Noch einmal drei Wochen und er hatte noch Geld über, nachdem Naos Schulden abbezahlt waren. An den Verlauf der Abende hatte er sich gewöhnt, ebenso wie an das schlechte Gewissen, das er erfolgreich verdrängte, wenn auch mit ein bisschen Unterstützung. Eigentlich grenzte es an ein Wunder, dass Nao die feinen Schnitte an seiner Hüfte entweder noch nicht bemerkt oder einfach noch nicht kommentiert hatte. Wobei Ersteres bei ihren Aktivitäten eher unwahrscheinlich war. Es war eigentlich auch verwunderlich, dass Reno noch gar nichts dazu gesagt hatte. Beim gemeinsamen Umziehen und Duschen nach dem Sportunterricht musste es ihm aufgefallen sein, aber er hatte nicht einmal nachgefragt, woher die Schnitte kamen. Für Ryouga war es ein ganz normaler Freitagabend, zumindest bis er den Club betrat. Um die Schule musste er sich keine Sorgen mehr machen, selbst in seinen schwächsten Fächern stand er auf drei. Nur musste er sich in Acht nehmen, um seinen Job nicht zu verlieren, und Kisaki wirkte an diesem Abend wirklich sauer. Still trat Ryouga hinter die Bar und legte seine Tasche darunter. "Hey", begrüßte er die anderen ruhig. "Bist du eigentlich des Wahnsinns?!", fuhr sein Chef ihn sofort an. "Du kannst meinen Club doch nicht zum Puff machen!" Ertappt biss Ryouga sich auf die Unterlippe und wich dem Blick des Rothaarigen aus. "Du streitest es nicht ab?", fragte der andere ihn immer noch deutlich angepisst. "Was bitte hätte das für einen Sinn?", antwortete Ryouga ruhig und sah seinen Boss an. Kazuki schnappte nach Luft. "Ryou, das ist nicht dein Ernst, oder?" Gleichgültig zuckte Angesprochener mit den Schultern. "Wenn du nicht so ein verflucht guter Barkeeper wärst, würde ich dich jetzt einfach rausschmeißen, aber ich glaube auch, dass du das nicht aus Spaß machst. Also warum?" "Wegen Schulden in Höhe von über einer Million Yen, die in noch zwei Monaten abbezahlt werden müssen. Knapp zwei Drittel habe ich zusammen." Kisaki seufzte. "Du hättest mich fragen können. Ich hätte dir das Geld leihen können. Aber gut. Drei Wochen hast du die Lizenz von mir. Keinen Tag länger. Klar?" "Ich bin nicht taub und auch nicht blöd." "Wer weiß?", erwiderte der Rothaarige ruhig. "Wer ist denn jetzt von uns die Schlampe?", meinte Jui überlegen lächelnd. "Halt die Klappe", knurrte Ryouga. "Ich setze alles aufs Spiel, um Naos Schulden ausgleichen zu können. Meinst du, ich würde das machen, wenn ich eine andere Möglichkeit hätte? Ich mache es nicht aus persönlichem Vergnügen." "Und ich lasse mich nicht bezahlen", konterte der Blonde und verschränkte die Arme vor der Brust. Genervt verdrehte Ryouga die Augen und machte sich daran, einige Gläser abzuwaschen, die er in die Regale sortierte. Dem Himmel sei Dank ließen Ray und Kazuki ihn halbwegs in Ruhe, wobei er die Blicke des letztgenannten förmlich auf sich spüren konnte. Was für ein toller Tag. Es hatte so gut angefangen, immerhin war er wieder mit seinem Freund aufgewacht. Am nächsten Tag waren sie genau sechs Wochen zusammen. Vorausgesetzt, alle Eingeweihten hielten brav die Klappe. "Ryou… Nao weiß von nichts, oder?", fragte Kazuki ihn nach einer Weile leise. "Natürlich nicht. Er würde sofort Schluss machen und mich vor die Tür setzen." "Ich werde es ihm auch nicht sagen, aber was machst du, wenn er es herausfindet?" "Wenn er mir verzeiht, bei ihm bleiben. Und wenn er Schluss macht, von einer Brücke springen." Ernst sah er seinen älteren Kollegen an. "Das ist kindisch", bemerkte dieser trocken. "Mag sein. Ich werde nächsten Monat erst 18, ich darf kindisch sein. Ich liebe Nao mehr als alles andere. Wenn er nicht mehr da ist, gibt es nichts mehr für mich, wofür es sich zu leben lohnt." "Und ob. Du bist jung und wirst dich wieder verlieben. Und was ist mit deinen Freunden?" "Bitte, Kazuki, bleib mal ganz ruhig, ja? Noch ist alles in bester Ordnung." "Stimmt." Der Kleinere seufzte. "Bau keine Scheiße, ja?" "Das Schlimmste, was ich machen kann, mache ich bereits." Ryouga schüttelte den Kopf und stützte sich auf die Arbeitsfläche. "Warum hast du Uruha und mich denn nicht um Hilfe gebeten? Uruha hat gut verdient und wir hätten euch aushelfen können." "Kazuki, dann hätten die Schulden sich nur verlagert. Wir hätten zwar Aufschub, aber sie wären immer noch da." Erschöpft betrat Ryouga die Wohnung und ging sofort ins Bad. Er war es eigentlich leid, aber die Gewohnheit zog ihn fast wie von selbst unter die Dusche. Das warme Wasser entspannte ihn. Die nächtliche Dusche war mehr und mehr zu einer täglichen Befreiung geworden. Er konnte in aller Ruhe im Selbstmitleid versinken. Er zerstörte Stück für Stück seine Beziehung. Er zog sich mehr und mehr von seinem Freund zurück, und wenn dieser ihn darauf ansprach, blockte er ab. Entweder war er müde oder gestresst. Er wusste, dass Nao ihm mittlerweile nicht mehr glaubte. Sie hatten nicht darüber gesprochen, aber er konnte die Hilflosigkeit und Verzweiflung des Älteren jedes Mal wieder in dessen Blick sehen. Still trat er aus der Dusche, zog sich die frische Unterwäsche über und ging in die Küche. Seine Hand zitterte, als er das Messer aus dem Block zog und ein Küchentuch auf die Anrichte legte. Ein schmerzerfülltes, aber erleichtertes Zischen entkam ihm, als die Schneide seine Haut trennte. Vorsichtig drückte er das Küchentuch auf den Schnitt. Er wollte keine Spuren hinterlassen. Er wartete, bis das Blut nicht mehr aus der Wunde floss, wickelte das verfärbte Tuch in ein sauberes ein und schmiss das Bündel in den Müll. Mit gekonnten Handgriffen säuberte er das Messer und steckte es weg, bevor er in das Schlafzimmer schlich und sich neben seinem Freund auf das Bett setzte. In ihm schien eine Wunde wieder aufgerissen zu werden. Es brannte so sehr, dass das Atmen zu einer echten Herausforderung wurde. Er strich seinem Freund sanft durch die Haare. Es war immer noch ein sehr seltsames Gefühl, Nao so zu sehen und gleichzeitig diesen Schmerz zu spüren. Stirnrunzelnd hielt er inne und schaltete die Lampe auf dem Nachttisch ein. Auf den Wangen des Kleineren waren schwach glänzende Spuren. Tränenspuren. Ryouga spürte einen stechenden Schmerz durch seinen Körper zucken. Es war seine Schuld, dass sein Freund litt. Aber es waren nur noch drei Wochen. Er musste sich nur etwas zusammenreißen. Vielleicht schaffte er es, seinem Liebsten wieder etwas mehr Wärme und Nähe zu gewähren. Aber dieses Geheimnis… Würde es nicht immer irgendwo zwischen ihnen stehen? Mit Nao darüber zu reden war unmöglich, und ganz normal weitermachen, konnte er nicht. Sein ganzes Leben war so furchtbar kompliziert. Hätte er sich nicht für ausgerechnet diesen Nebenjob entschieden, könnte er mit Nao glücklich sein, aber nein… Irgendeine höhere Macht hasste ihn offenbar. Erschöpft kroch er neben Nao ins Bett und schloss die Augen. Schon lange hielt er den Kleineren nachts nicht mehr im Arm, auch wenn er wusste, wie sehr dieser sich diese Nähe wünschte. Zwei Tage später arbeitete Ryouga wie immer im Club. Nur ein wenig gereizter als normalerweise. Er hatte sich mit Nao gestritten. Eigentlich ohne wirklichen Grund. Und es tat ihm leid. Er wollte mit seinem Freund reden, am nächsten Tag. Sie mussten reden, die Gesamtsituation musste sich entspannen. Aber sie würden es schaffen. Und wenn nicht… "Bist du der Barkeeper, der kleine Extradienste anbietet?" Vor ihm stand ein vielleicht 30jähriger Mann, der mit seinen blond gefärbten Haaren seltsam jung wirkte. "Das kommt ganz auf die Art der Extradienste an", erwiderte er ruhig. "Ich denke, wir meinen dasselbe. Erst Bezahlung, dann Dienstleistung oder umgekehrt?" "Für gewöhnlich arbeite ich, bevor ich mich bezahlen lasse. In zwei Minuten, Herrentoilette." Der Blonde nickte und ging in die angewiesene Richtung. Kurz darauf folgte Ryouga ihm, zog ihn in eine der Kabinen und erklärte die Regeln. "Erstens, keine Namen. Zweitens, nur Bezahlung sofort. Drittens, ohne Kondom geht nichts. Soweit alles klar?" "Eine Hure mit Geschäftsbedingungen. Alles verstanden und kein Problem. Dann mach dich mal nützlich, mein Hübscher." Ryouga zuckte mit den Schultern und widmete sich dann seinem Kunden. "Das heißt, du bekommst 7900 Yen. Machen wir 8000 draus." Lächelnd reichte der Blonde ihm das Geld. "Ich hoffe nur, dass so ein hübscher Junge wie du nicht für den Rest seines Lebens so Geld verdient. Wenn du einen Job brauchst, kannst du auch für jemanden Privathure werden, wird für dich besser." "Hm… Ich weiß nicht, mal abwarten." Ryouga nahm das Geldbündel und steckte es in seine Tasche, verabschiedete sich von dem Fremden und spülte sich dann am Waschbecken den Mund aus. "Ryouga, du kommst jetzt sofort mit!", wurde er plötzlich angefahren. Verwundert drehte er sich um. "Jin?! Was…" Hart wurde er am Handgelenk gepackt und aus dem Toilettenraum gezerrt. Er hätte sich gegen den Kleineren wehren können - welch Wunder, er war ja auch der Stärkere - aber er wusste, dass es keinen Sinn hatte. Die Frage war, wie viel Jin gehört hatte. Erst vor dem Club ließ der Ältere ihn los. "Was soll das denn?", schrie der ihn an. "Was hast du gehört? Erst dann kann ich die Frage komplett beantworten." "Du gehst auf den Strich?", knurrte Jin. "Streng genommen nicht, sinngemäß schon." "Weiß Nao davon?", fragte der Ältere schon etwas ruhiger, zumindest äußerlich, aber trotzdem merkte man ihm an, wie wütend er war. Unruhig sah Ryouga auf den Fußboden und schüttelte den Kopf. Der Boden konnte wenigstens nicht sehen, dass er sich schämte. "Ryouga, lass den Mist! Ich werde dich überwachen, und wenn ich mitbekomme, dass du dich nur noch ein Mal verkaufst, werde ich es Nao sagen. Hast du bei dem ganzen Scheiß überhaupt an ihn gedacht?" "Ich habe nur an ihn gedacht!", fuhr Ryouga den anderen an. "Ich mache das doch auch nur für ihn! Wegen seinen Schulden mache ich das alles!" "Liebst du ihn?", fragte der Kleinere ruhig. "Ja, verflucht! Würde ich sonst so weit gehen, meinen Job zu riskieren, meinen Körper zu verkaufen und meinen Stolz aufzugeben?! Ich will das Beste für ihn, deshalb gehe ich anschaffen, deshalb gebe ich mich auf!" "Und du verletzt ihn!" "Ich weiß das! Und zum Ausgleich verletze ich mich selbst! Je mehr er leidet, desto tiefer und häufiger werden die Schnitte, die ich mir selbst zufüge!" "Du machst was?" Schockiert sah der Ältere ihn an. "Ich bestrafe mich für das, was ich Nao antue", erklärte Ryouga und zog sein Hemd hoch und schob die Jeans etwas hinunter, so dass die Schnitte auf einer Seite sichtbar wurden. "Du… Weiß Nao denn das?" Wie hypnotisiert starrte Jin auf die Linien, streckte vorsichtig die Hand aus und strich darüber. "Ich denke." Ryouga zuckte mit den Schultern. "Soll heißen?" "Wir schlafen nach wie vor miteinander, wir duschen manchmal zusammen und er sieht mich auch so manchmal völlig nackt. Es würde mich wundern, wenn er es nicht gesehen hätte." "Hat er irgendeine Idee, warum?", fragte der Kleinere leise. "Er hat mich nie danach gefragt. Ich weiß, wie sehr es ihn verletzt, dass ich ihn in letzter Zeit so zurückweise, aber er soll nicht mitbekommen, wie sehr ich zu kämpfen habe, um nicht zusammen zu brechen!" "Dann hör auf und nähere dich ihm wieder an! Ich weiß, wie dreckig es ihm geht, also kümmere dich gefälligst um ihn! Du machst ihn mit deinem Verhalten kaputt!" "Jin, das geht noch nicht. Ich habe 869.000 Yen zusammen, aber es fehlen immer noch 206.000 Yen. Wo bitte soll ich so viel Geld hernehmen? Zwei Wochen bräuchte ich noch, dann hätte ich das gesamte Geld zusammen, um Naos Schulden auszugleichen." "Nein, Ryouga, lass den Scheiß! Er kann eher mit den Schulden leben als mit dem Wissen, dass du für ihn anschaffen gegangen bist oder als ohne dich. Er braucht dich, du bist alles für ihn und er liebt dich. Tu ihm das nicht an!" "Ich muss noch etwas durchhalten, dann kann alles gut werden…" Jin lachte ironisch auf. "Das glaubst du nicht wirklich, oder? Er wird viel Zeit brauchen, um dir wieder vertrauen zu können, und er wird sich ewig die Schuld für das, was du durchmachen musstest, geben. Egal, was du sagst, er wird sich selbst nie verzeihen. Wie soll da alles gut werden?!" "Lass die Schwarzmalerei, Jin. Das ist die letzte Hoffnung, die ich habe. Ich vertraue darauf, dass er mich liebt. Er wird mir verzeihen, und ich werde um ihn kämpfen. Ich glaube daran, dass ich ihn auch davon überzeugen kann, dass ihn keinerlei Schuld trifft." "Du kennst ihn nicht so lange wie ich", bemerkte Jin trocken und verschränkte die Arme vor der Brust. "Er hat die Angewohnheit, sich so was immer zu Herzen zu nehmen." "Aber es heißt doch, Liebe heilt alles. Und die Zeit." "Wie süß naiv du bist. Zeit heilt gar nichts, man gewöhnt sich nur an den Schmerz und dadurch hat es den Anschein, er würde schwächer. Liebe kann viel heilen, aber nicht alles. Und wenn du dir Vorwürfe machen musst, wenn du deinen Geliebten ansiehst, wird nichts passieren." "Dann wird Nao eben nie von meinem Zweitjob erfahren", beschloss Ryouga und sah Jin an. "Ich hoffe, wir sind uns da einig." Am nächsten Freitag saß Ryouga kurz vor Dienstschluss an einem Tisch und zog genüsslich an seiner Zigarette. Nach der Diskussion mit Jin hatte er tatsächlich aufgehört, sich zu verkaufen, und er fühlte sich wohler. Langsam ließ er seinen Freund auch wieder in seine Nähe, auch wenn sie nie darüber sprachen, weshalb er sich so zurückgezogen hatte. Die letzten Schnitte über seinem Hüftknochen verheilten, und in ein paar Tagen würde nichts mehr zu sehen sein. Nao wirkte auch wieder glücklicher. Vielleicht war das wirklich ein guter Weg, auf dem sie waren. "Ryou, wir kriegen Besuch", bemerkte Kazuki, der neben ihm saß. Verwundert sah Ryouga zu dem schwarzhaarigen Jungen auf. Er schien sich ziemlich unwohl zu fühlen. Wie putzig. "Können wir dir helfen?", fragte Kazuki gleichgültig und spielte mit seinem Feuerzeug. "Wenn 'Ryou' die Abkürzung für Ryouga ist, ja." Unruhig biss der Kleine sich auf die Unterlippe. "Setz dich", forderte Ryouga ihn auf. "Worum geht es?", fragte er, als der Junge der Aufforderung Folge geleistet hatte. "Ich habe gehört, dass du für Geld… gewisse Dinge tust." "Sag's ruhig. Dass ich mich für Geld ficken lasse. Aber aus dem Geschäft bin ich raus. Außerdem schlafe ich nicht mit Kindern." "Nein, nein, das will ich auch nicht", winkte der Kleine sofort ab. "Es geht darum, dass meine Freunde mich immer damit aufgezogen haben, dass ich keinen Freund habe, und irgendwann habe ich ihnen erzählt, ich hätte einen. Auf jeden Fall ist jetzt morgen Abend eine Party bei einem Kumpel und ich soll meinen Freund mitbringen…" "Und da hast du ein Problem, weil du keinen Freund hast, und willst mich anheuern", vollendete Ryouga. "Dein Name und Alter." "Haru. Ich bin 17." "Nehmen wir an, ich mache das. Was habe ich davon?" "Eine Nacht im Fünf-Sterne-Hotel und 570.000 Yen." "Für einen Abend Party und…" Abwartend sah Ryouga ihn an. "Vielleicht einen Kuss und etwas kuscheln, weil es ja so aussehen soll, als wären wir zusammen, aber du sollst nicht mit mir… schlafen." Ein zarter Rotschimmer legte sich auf Harus Wangen. "Eine Jungfrau, wie süß", flüsterte Ryouga und sorgte so dafür, dass die Wangen des Jüngeren noch mehr glühten. "In Ordnung. Ich nehme mir für morgen frei. Wann holst du mich vor dem Club ab?" "Gegen 19 Uhr?" Ryouga zuckte mit den Schultern und nickte dann. "Klar. Wir sehen uns dann." Kurz verabschiedeten sie sich, und sofort ging das Küken. "Der Kleine hat einen reichen Daddy", grinste Kazuki, wurde aber kurz darauf ernst. "Wie willst du das Nao gegenüber erklären?" "Ich schlafe bei Reno." "Du lügst deinen Freund eiskalt an?" "Wäre nicht das erste Mal", erwiderte Ryouga ruhig. "Ich habe ihn so oft anlügen müssen, da macht dieses eine Mal auch nichts mehr. Und dieses Mal ist es ja wirklich nichts Schlimmes." "Warum redest du dann nicht direkt mit ihm?" "Weil er sich darüber auch schon tierisch aufregen würde." "Wieso?" "Weil ich mich bezahlen lasse. Würde ich mit einem Freund ausgehen, um dem einen Gefallen zu tun, wäre das eine ganz andere Sache." "Und dann wundere ich mich, dass du Nao nicht verstehst." "Nao, mach dir einen schönen Abend." Lächelnd küsste Ryouga seinen Freund auf die Stirn und umarmte ihn fest. "Ich versuch's. Jin und ich wollen DVDs gucken und ausnahmsweise mal wieder vom Restaurant bestellen." Grinsend stahl der Kleinere ihm einen Kuss. "Viel Spaß mit Reno und deinen ganzen Verehrern." "Bis morgen." Zufrieden verließ Ryouga das Haus und machte sich auf den Weg zum Club. Er hasste es immer noch, Nao anzulügen, aber es fiel ihm immer leichter. Die Macht der Gewohnheit. Und dieses Mal war es ja wirklich nicht schlimm. Viel mehr Sorgen machte er sich um seine berufliche Zukunft. In vier Monaten hatte er endlich seinen Abschluss, aber was sollte er dann tun? Ausbildung oder Studium? Wobei Studium wieder mehr kosten würde, aber so lange keine neuen Schulden entstanden, könnte er die Gebühren mit seinem Lohn abdecken. Nur hatte er dann noch länger zur Schule zu gehen, und darauf hatte er beim besten Willen keine Lust. Aber mit Studium hatte er mehr Möglichkeiten. Und er hatte eine Idee, welchen Job er später machen wollte, für den er aber leider studieren musste. Gut war die Bezahlung auch nicht wirklich, aber er hatte dann viel Zeit mit Nao. Und er musste sich keine Sorgen um seinen Ruf machen, genauso wenig wie um seinen jährlichen Urlaub. Er würde dann auch mit Nao nach Europa können. Nicht nur nach London. Eine doch schöne Idee. "Ryouga!", riss Haru ihn lächelnd aus seinen Gedanken. Auf der anderen Straßenseite stand ein schwarzer Sportwagen, gefahren von einem Chauffeur. Langsam schlenderte er über die Straße und stieg in den Wagen, bemerkte dabei aber seinen Beobachter nicht. Kapitel 33: Achroit ------------------- Huhu ^.^ Ein explosives Kapitel? Na ja. So ganz unrecht habt ihr nicht. Aber auch nicht so ganz recht, es ist immerhin kein allzu langes Kapitel. Wie es danach weitergeht, ist immer so eine Sache, aber dafür gibt es ja noch weitere Kapitel. Ihr werdet nunmal sehen, wie es weitergeht. Ein kleines Nachwort gibt es auch noch, aber erstmal: Viel Spaß beim Lesen ~~~~~~~~~~ "Haru, du hast da aber wirklich einen heißen Freund an deiner Seite." Besitzergreifend zog Ryouga den Jungen an sich und lächelte dessen Freunde an. Die Party war eher ein gemütliches Beisammensitzen mit etwas Bier und Sekt und ganz netter Musik im Hintergrund. Seit circa zehn Minuten spielten sie jetzt Flaschendrehen. "Küsst euch doch mal. Nicht nur kuscheln. Wir können das schon ab", meinte ein Freund des Kleineren lachend und lehnte sich an einen der anderen Gäste. "So… richtig?", fragte Haru schüchtern. "Klar. Ihr seid doch zusammen. Macht doch nichts, oder?" Ryouga lächelte den Kleineren leicht an und drückte beruhigend dessen Hand. "Lass mich nur machen", flüsterte er dem anderen zu und küsste ihn vorsichtig, ohne eine Antwort abzuwarten. Es war schon ganz niedlich, wie schüchtern Haru war und wie leicht er sich führen ließ. Ryouga ließ seine Hand los, strich stattdessen beruhigend über seine Seite und bat den Jüngeren zart um Einlass, der ihm nach kurzem Zögern auch gewährt wurde. Spielerisch stupste er die Zunge des anderen an, forderte ihn so heraus, worauf dieser auch einging und langsam selbstsicherer wurde. Er hörte das leise, erstickte Keuchen und zog den Jüngeren grinsend fester an sich, streichelte den vibrierenden Körper besänftigend. "Ihr solltet euch küssen, nicht auffressen", lachte jemand, was Ryouga dazu brachte, den Kuss zu lösen und den Kleineren nur sanft im Arm zu halten. "Ach, von mir aus können sie hier auch Sex haben und wir filmen. Oder das Haru-chan kann zeigen, wie geschickt er mit seinen Händen oder seiner Zunge an anderen Stellen ist." Der letzte Sprecher schwankte leicht, obwohl er saß. Diese Möchtegern-Aufreißer vertrugen einfach nichts. "Also bitte, Kinder, es gibt Dinge, die nicht in die Öffentlichkeit gehören", bemerkte Ryouga lächelnd. "Aber glaubt mir, er weiß, was er tut." "Du auch?", fragte ein Rothaariger grinsend "Sicher. Unterschätze den Wert der Erfahrung nie." Geheimnisvoll lächelnd strich Ryouga seinem 'Freund' über den Rücken. "So? Willst du mir dann demonstrieren, wie gut du bist?" "Nein. Erstens bin ich in einer Beziehung und zweitens ist mein Freund anwesend und ich will ihn nicht noch mehr in Verlegenheit bringen." "Ryou, wollen wir bald los?", fragte Haru ihn leise. "Wenn du gehen willst, komme ich mit." "Dann lass uns. Wir haben immer noch das Hotelzimmer die ganze Nacht für uns." "Haru-chan, ist dein Arsch eigentlich immer nur ungefickt?" Errötend nickte Angesprochener und sah hilfesuchend zu Ryouga, der seine Hand nahm und ihn langsam zur Tür zog. "Die Frage ist nur, wie lange noch", antwortete dieser lächelnd und legte seine Hand auf den Hintern des Kleineren. Ein wenig Heuchelei hatte noch niemanden umgebracht. Außerdem war die Aussage nicht ganz falsch. Still zogen sie im Flur ihre Schuhe und Jacken an, bevor sie das Haus verließen, das Lachen der anderen noch in den Ohren. "Ryou, mit wie vielen Männern hattest du eigentlich Sex?", fragte Haru auf dem Weg zum Hotel. "Für Geld… Vielleicht 100 oder 120. Aber irgendwann zählt man nicht mehr." "Wie bist du überhaupt da reingeraten? Ich will dir nicht zu nahe treten, aber ich bin neugierig." "Mein Übergangsschuldirektor hat mich mehr oder weniger gezwungen, mit ihm Sex zu haben, und weil mein Freund verschuldet war und immer noch ist, bis du mir das Geld gegeben hast, habe ich mich von ihm bezahlen lassen. Und so habe ich festgestellt, wie viel Geld ich mit meinem Körper machen kann." "Und wie lange hast du das gemacht?" Ryouga zuckte mit dem Schultern. "Keine Ahnung. Ungefähr drei bis vier Wochen." "Und dein Freund?" "Was? Ob ich es ihm erzählt habe? Nein, ganz sicher nicht. Er wird ziemlich sauer sein, wenn er das erfährt." "Das heißt, er weiß auch nicht, wo du jetzt bist?" "Ich habe ihm erzählt, dass ich bei meinem besten Freund bin." Haru sah ihn unsicher an. "Hast du nie Angst gehabt, aufzufliegen?" "Täglich. Ich weiß, dass ich meinen Freund verliere, wenn er davon erfährt." "Und was, wenn einer deiner Kunden bei dir auftaucht?" "Passiert nicht. Sie wissen fast nichts von mir, und ich weiß auch so gut wie nichts über sie. Diese Anonymität war mir wichtig, aber jetzt bin ich ja eh aus dem Geschäft raus." Haru nickte nachdenklich, als sie das Hotel betraten. "Ich werde meinen Kumpels in ein paar Tagen von der Trennung erzählen. Solltest du mal finanzielle Hilfe brauchen, kann ich dir helfen." "Musst du nicht", winkte Ryouga lächelnd ab. "Würde ich wirklich Hilfe wollen, könnte ich auch zu meinen Eltern gehen." "Warum hast du das dann nicht gemacht?" "Ich habe keine Lust auf Ärger mit meinem Vater. Und mein Notfallgeld hätte ich erst angerührt, wenn es gar keinen anderen Ausweg mehr gegeben hätte." Leise schloss der Kleinere die Zimmertür auf und ließ ihn eintreten. "Es stört dich doch nicht, mit mir in einem Bett zu schlafen, oder?" "Nein", antwortete Ryouga lächelnd. "Aber du weißt, kein Sex." "Klar. Ich bin duschen." Grinsend hüpfte Haru ins Bad. Müde blinzelte Ryouga und sah auf den Schwarzhaarigen, der auf der Bettkante saß und sich leise anzog. "Morgen", nuschelte er und strich sich über das Gesicht. "Morgen. Ich muss los, aber du kannst dir Zeit lassen. Ein Angestellter meines Vaters sitzt unten im Auto und fährt dich, wohin du willst. Vorher kannst du noch in aller Ruhe hier oder unten frühstücken." "Geht klar. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder." "Vielleicht. Die Welt ist klein", lachte der Junge, winkte ihm zu und verließ das Zimmer. Ryouga lief die Treppen hinauf und schloss die Wohnungstür auf. Schnell schlüpfte er aus den Schuhen und hängte die Jacke an einen Haken, bevor er in das Wohnzimmer trat. Schweigend sah er zu Nao und Jin, die auf dem Sofa saßen. Nao weinte und ließ sich von Jin trösten, und Jin sah vorwurfsvoll zu Ryouga. "Morgen. Jin, was ist los?" Fragend sah Ryouga den Kleinsten an. "Ich habe dich gestern Abend gesehen. Du wusstest, was passiert, wenn ich dich noch einmal erwische." Nao stand auf und sah ihn mit einer seltsamen Mischung aus Wut und Schmerz an. "Ich weiß alles. Und du fragst, was los ist?!" Ryouga seufzte und legte sich eine Hand über die Augen. Das alles war so doch gar nicht beabsichtigt gewesen. "Ich gehe dann mal", verkündete Jin und drückte tröstend Naos Hand. "Das ist euer Kampf." "Danke", zischte Ryouga ihm angriffslustig zu. "Besonders, da das gestern Abend etwas ganz anderes war. Er hat mich nur bezahlt, damit ich für einen Abend seinen Kumpels gegenüber seinen Freund spiele. Da lief nichts weiter." "Und?", erwiderte Jin nach einem kurzen Überraschungsmoment. "Irgendwann hättest du es ihm sagen müssen." "Ryouga, das… Ich fasse es nicht!" Nao zog seine Aufmerksamkeit wieder auf sich. "Du hast mich nicht nur betrogen, du hast dich auch noch bezahlen lassen! Du dreckige, kleine Schlampe!", fuhr der Kleinere fort. "Nao, hör mir zu, bitte!", flehte Ryouga und griff nach seiner Hand. "Lass uns einfach darüber reden, ich will dir erklären…" "Reden?! Erklären?!", fuhr der Ältere ihm ins Wort und riss sich los. "Damit du mir noch mehr Lügen auftischen kannst?! Ich verzichte!" Aufgebracht stürmte der Kleinere an ihm vorbei ins Bad und schloss die Tür von innen ab. Verzweifelt lehnte Ryouga sich dagegen. "Nao, bitte mach die Tür auf!" Ein leises Schluchzen war die einzige Antwort, gefolgt von einem schmerzerfüllten Wimmern. "Ich bleibe so lange hier, bis du diese Tür aufmachst! Nao, diese Typen hatten nichts zu bedeuten. Ich liebe dich, keinen anderen! Es war ein Job, und wir haben das Geld gebraucht. Bitte, Nao, verzeih mir!" Still setzte er sich vor die Tür und lehnte sich mit dem Rücken gegen diese. "Ich liebe dich wirklich", sagte er weiter, wohl wissend, dass Nao ihn hörte. "Ich habe das für dich getan, für uns. Das Geld von meinen Eltern war eigentlich das, das ich verdient habe. Ich habe jetzt für gestern 570.000 Yen bekommen, deine Schulden sind ausgeglichen und es sind sogar noch über 300.000 Yen über. Es tut mir leid, dass ich dir so wehgetan habe, aber das lag nie in meiner Absicht. Bitte, versuch, mich zu verstehen." Schmerzerfüllt kniff er die Augen zusammen, versuchte, die sich anbahnenden Tränen aufzuhalten. Er hatte verloren. Nao wollte nicht mit ihm reden, ihn nicht sehen. Es war vorbei, hatte keinen Sinn mehr. Es war die ganze Zeit, über ein risikoreiches Spiel gewesen, sofern man es als Spiel definierte. Was ihn irgendwo auch gereizt hatte. Aber er hatte Nao verloren und konnte ihn auch nicht mehr zurückbekommen. Schlapp stand er auf, holte sich eine Wolldecke und ein Kissen aus dem Wohnzimmer und legte die Sachen vor die Badezimmertür. Danach ging er in die Küche, griff wie ferngesteuert nach Messer und Küchenrolle, bevor er sich wieder vor die geschlossene Tür sinken ließ. Einen Moment zögerte er, setzte dann aber die Schneide an seinen Arm und zog eine schmale, blutige Linie von einer Seite zur anderen. Es war egal, wer jetzt die Schnitte sah. Wieder setzte er die Klinge an. Leise stöhnte er vor Schmerz auf und ließ den Kopf in den Nacken kippen. Er wusste, dass die Schnitte nicht tief genug waren, um bleibende Schäden zu hinterlassen oder ihn sogar zu töten, aber es erleichterte ihn zumindest etwas. "Nao, bitte", brachte er mit zitternder Stimme hervor. "Ich will dich nicht verlieren. Und wenn ich das schon habe… Ich kann nicht ohne dich." Zitternd zog Nao die Beine an und legte die Stirn auf die Knie. Er konnte die Tränen nicht aufhalten. Warum nur tat Liebe ihm immer wieder so weh? Warum nur hatte Jin recht gehabt? Warum hatte Jin nur immer wieder recht? Er fuhr sich verzweifelt mit der Hand durch die Haare und bemühte sich, seinen Freund zu ignorieren. Ihm war klar, dass er die Konfrontation nur verzögern konnte, aber er brauchte etwas Zeit, um sich wieder zu ordnen. Er liebte Ryouga, daran änderte sich so schnell nichts, egal, wie verletzt er war. Und er fühlte sich schwer verletzt, sein ganzer Körper schien zu schmerzen. Er zitterte heftig. Warum schon wieder er? Er war einfach nicht für die Liebe geschaffen. Er sah natürlich auch Ryougas Beweggründe, aber der Jüngere hätte sich denken können, dass diese Handlungsweise gar nicht in seinem Interesse lag. Zusammen hätten sie doch sicher eine Lösung finden können. Das Geld war ihm egal, aber jetzt… Er wusste nicht, ob er Ryouga je wieder vertrauen konnte, ob irgendwann wieder alles so wie vorher werden konnte. Ob er die Kraft fand, ihm zu verzeihen. Er wünschte es sich so sehr. Er glaubte immer noch daran, dass alles gut werden könnte, so naiv das auch wirkte. Die Gefühle verschwanden nicht einfach so. Verzweifelt schloss er die Augen und legte seinen Kopf an die Tür. Er wurde ruhiger. Er wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Selten war er so ratlos gewesen, aber die nächsten Tage oder eher Stunden würden den Weg anzeigen. Aber wenn er nicht mit Ryouga sprach, würde nichts so werden, wie er es sich wünschte. Ryouga schrak aus dem unruhigen Schlaf, während Nao erschrocken aufschrie und auf dem Boden landete. Der Jüngere brauchte einen Moment, um zu verstehen, was gerade passiert war, bevor er aufstand und seinem Freund lächelnd hoch half. "Können wir jetzt bitte reden?", fragte er leise und hielt Naos Hand fest. "Nein", zischte dieser und riss sich los, ging in die Küche und stellte die Kaffeemaschine an. "Verdammt, Nao", fauchte Ryouga ihn gereizt an, "wir sind erwachsen! Du schließt dich im Bad ein, okay, aber du wirst mich nicht ewig ignorieren können!" "Wieso sollte ich nicht?!", schrie Nao ihn plötzlich an. "Und was soll das?!", fuhr er mit einem Blick auf die Schnitte auf Ryougas Arm fort. "Weil wir verdammt nochmal reden müssen! Und das?! Selbstbestrafung wird reichen!" "Waren deshalb auch die anderen Schnitte?! Weil du anschaffen gegangen bist und dich bestrafen wolltest?! Wofür?! Weil du zu schlecht für deine Freier warst?!" "Jetzt halt die Luft an! Selbstbestrafung für das, was ich dir damit antue! Ich liebe dich, verstehst du das nicht?!" "Für das, was du mir antust, reichen diese Schnitte nicht! Ramm dir ein Messer in die Brust und dreh es herum, dann weißt du, wie ich leide!" "Würde ich tun, wenn es dir hilft, mich tot zu sehen!" Es klingelte an der Wohnungstür. "Nein, verdammt, das hilft mir nicht, das will ich auch gar nicht! Glaubst du, ich hätte dich nicht schon rausgeschmissen, wenn ich dich nicht lieben würde?!" "Dann lass uns endlich reden! Nur streiten bringt nichts!" Anstatt zu klingeln schlug jetzt jemand auf die Tür ein. Wütend riss Ryouga diese auf, wandte sich dann aber gleich wieder seinem Partner zu. "Reden?! Hast du eine Ahnung, wie sehr es mich zerreißt, dich nur zu sehen?!" "Nein, aber sag's mir doch einfach! Sag mir, was du fühlst!" "Hallo", mischte Saga sich ein, "es ist drei Uhr morgens an einem Samstag und ihr weckt das ganze Haus auf. Könntet ihr euren Streit auf ungefähr elf Uhr verschieben?" "Nein!", kam es ihm synchron entgegen. "Was ich fühle?! Würde dich das interessieren, hättest du nie als Hure gearbeitet!" "Es interessiert mich mehr als alles andere! Für dich bin ich doch anschaffen gegangen!" "Für mich?! Du willst wissen, was ich fühle?! Ich hasse dich! Und gleichzeitig liebe ich dich! Ich verachte dich! Ich bin wütend! Du hast mich so sehr verletzt!" "Ich weiß! Ich verstehe, dass du mich hasst, ich selbst hasse mich auch! Weil ich weiß, wie sehr ich dich verletzt habe! Du hast auch jedes Recht, wütend auf mich zu sein! Aber ich habe das alles nur getan, weil ich dich liebe! Denkst du, es hat mir Spaß gemacht, mich von so vielen verschiedenen Typen ficken zu lassen?!" Im nächsten Moment hatte Ryouga eine schallende Ohrfeige verpasst bekommen. "Willst du mir jetzt vorwerfen, dass ich dich beim besten Willen nicht verstehen kann?!" Saga schüttelte genervt den Kopf und legte sich Nao über die Schulter, brachte ihn ins Bad, nahm den Schlüssel an sich und schloss die Tür von außen ab. "Jetzt reicht's", knurrte er und steckte den Schlüssel in seine Hosentasche. "Ihr haltet jetzt die Klappe. Morgen nach dem Aufstehen lasse ich Nao wieder raus, aber jetzt ist Ruhe!" Das Klopfen an der Wohnungstür lockte Ryouga aus der Küche. Kurz öffnete er und sah Saga an, der ihm den Schlüssel zum Bad in die Hand drückte. "Lass ihn raus. Ich will mich ungern seiner Wut aussetzen und ihr habt sowieso Streit." Ryouga nickte und atmete tief durch bevor er an die Tür trat und anklopfte. "Nao, Saga hat mir den Schlüssel gegeben. Ich lasse dich jetzt raus." "Endlich", knurrte Nao, nachdem die Tür offen war. "Wo waren wir stehen geblieben?" "Nao, bitte, ich würde dir nie vorwerfen, dass du mich nicht verstehst." "Selbst wenn ich wollte, ich kann dich nicht verstehen!", fuhr der Ältere ihn sofort an. "Ich weiß nicht, wie du sagen kannst, du liebst mich und dann betrügst du mich?! Du verkaufst deinen Stolz?! Wie viele Männer waren es denn?!" "Ich habe dich nicht aus Spaß betrogen!", brüllte Ryouga zurück. So langsam wurde er wirklich sauer auf Nao. "Mein Stolz ist meine Sache, genau wie mein Körper! Ich habe mich verkauft, um Geld für dich zu bekommen! Mal ehrlich, wäre ich so weit gegangen, würde ich dich nicht lieben?!" "Ach, was weiß ich! Du hast mich schon viel zu oft leiden lassen! Es reicht, du machst mich kaputt!" "Nein, so war das von mir nie beabsichtigt! Gib mir eine Chance, den Schaden wieder auszugleichen!" "Wie willst du das schaffen?!" "Ich weiß es nicht, Nao, aber du musst mir verzeihen!" "Ryou, ich habe es so satt! Wie viel musste ich dir schon verzeihen?! Egal, was es bis jetzt war, ich habe darüber hinweg gesehen! Aber ich weiß nicht, ob ich das jetzt kann!" "Bitte, Nao! Versuch es!" Flehend sah Ryouga den Älteren an. "Ryou, lass mich einfach in Ruhe! Ich will, dass du zumindest zeitweise ausziehst! Ich muss zur Ruhe kommen!" In einer plötzlichen Welle von Wut und Verzweiflung drängte Ryouga den Kleineren an die Wand, hob seine Beine hoch und küsste ihn hart, den Widerstand ignorierend. Weiter würde er auch nicht gehen, aber er musste sich etwas einfallen lassen. Und es funktionierte. Naos Widerstand schmolz förmlich dahin, bis er den Kuss letztendlich erwiderte und sich enger an den Körper seines Freundes drückte. Vorsichtig ließ Ryouga die Beine des anderen los, legte stattdessen die Arme um den schlanken Körper und zog ihn enger an sich. Der Kuss war auch nicht mehr ganz so hart, immerhin musste er Nao nicht mehr zur Kooperation zwingen. Nach einer Weile lösten sie sich voneinander. "Verzeih mir. Bitte", flüsterte Ryouga und strich dem Älteren über die Wange. Erschrocken fuhren beide zusammen, als das Handy des Schülers klingelte. "Willst du nicht rangehen?", fragte Nao leise, als der Größere keine Anstalten machte, den Anruf entgegen zu nehmen. Ryouga nickte, als sein Handy keine Ruhe gab. Langsam ließ er Nao los und griff nach seinem Handy. Sein Blick verfinsterte sich, als er sah, wer ihn da anrief. "Mama, was gibt's?", fragte er genervt und zog Nao in die Küche und ließ sich auf einen Stuhl sinken. "Was? Ja, Mama, ist okay. Ich komme vorbei." Kurz warf er Nao einen Blick zu, der ihn fragend und besorgt ansah. "Ist es okay, wenn ich jemanden mitbringe?" Schweigend hörte er seiner Mutter zu, nickte dann nachdenklich. "Klar. Wir sind unterwegs." Seufzend legte er auf und sah Nao an. "Mein Vater hatte einen Herzinfarkt. Meine Mutter braucht jetzt etwas Trost." ~~~~~~~~~~ Naos kleine Aktion wegen im Bad einschließen ist eine Kurzschlussreaktion. Nicht unbedingt so erwachsen wie man es erwarten würde, aber eben sehr spontan. Und ist Saga nicht gut? Ryou und Nao hätten durch die Tür weiterstreiten können, haben es aber gelassen. Wieso? Vielleicht weil logisches Denken um drei Uhr morgens nicht so angebracht ist. Und am Ende ein bisschen Drama. Immerhin weiß keiner, ob zwischen Nao und Ryou alles wieder gut wird. Und was genau jetzt mit Ryougas Vater ist. Eigentlich dürfte Ryou sich gar nicht davon beeindrucken lassen, aber ob der wirklich so ist, werdet ihr in zwei Wochen sehen. Bis dahin, Hikari Kapitel 34: Zirkon ------------------ "Und ich sage dir, dass es doch gut war, deinen Arm zu verbinden", meinte Nao ruhig, als er an einer Ampel hielt. "Aber warum jetzt zu deiner Mutter? Ich dachte, du hast Ärger mit deinen Eltern?" "Mit meinem Vater. Und ich sage dir, dass es sehr unauffällig ist, wenn mein gesamter Unterarm verbunden ist." "Ich verstehe dich einfach nicht." "Noch nicht", erwiderte Ryouga entspannt und sah aus dem Fenster. "Denkst du wirklich, dass ich dich irgendwann verstehen werde? Ich glaube, dafür sind wir altersbetreffend zu weit auseinander." "Mag sein, aber mit der Zeit lernt man, andere Menschen zu verstehen." Schweigend setzten sie die Fahrt fort. Ryouga war sich nicht sicher, was es zu bedeuten hatte, dass sie wieder normal miteinander sprechen konnten, aber es war ein Anfang. Auch wenn er immer noch nicht wusste, ob Nao ihm verzieh. Er wusste, dass er großen Mist gebaut hatte, und dass Nao auch jedes Recht hatte, ihn rauszuschmeißen, aber er hoffte einfach. Es gab Zeiten, in denen Hoffnung das einzig Bleibende war. Was er tun würde, würde die Hoffnung nichts bringen, hatte er sich noch nicht überlegt. Vielleicht einfach in eine fremde Stadt, jeglichen Kontakt zu allen Menschen abbrechen, die er jetzt kannte, und einen vollständigen Neuanfang wagen. Oder sich auf alles, was hier wartete, einlassen, und warten, auf seine Freunde vertrauen. Oder, noch eine dritte Möglichkeit, das Ende annehmen. Aber wollte er das? Wollte er sterben, einfach alles aufgeben, was ihm dann blieb? Wollte er seinen Freunden seinen Tod zumuten? Wollte er Nao leiden lassen? Denn nur, weil dieser ihm dann nicht verzieh und die Beziehung beendete, bedeutete das nicht, dass die Gefühle nicht mehr da waren. "Hier wohnst du?", fragte Nao leise und stoppte den Wagen. "Hier habe ich gewohnt", berichtigte Ryouga und legte den Kopf an die Nackenlehne. "Ich wohne bei dir. Noch. Es sei denn, du schmeißt mich wirklich raus." Nao seufzte und sah ihn traurig an. "Es tut mir leid. Ich habe gestern oder auch heute Dinge gesagt, die so nicht gemeint waren. Ich war einfach so… verletzt und wütend." "Schon okay." Beruhigend lächelte Ryouga den Kleineren an. "Wer von uns hat wohl größeren Mist gemacht?" "Wie du meinst", antwortete Nao und stieg aus, wartete aber auf Ryouga. "Du gehst vor", beschloss er ruhig und folgte dem Größeren. Er war auch ziemlich verunsichert, bemühte sich aber, das zu verstecken. Ryouga schloss die Haustür auf, gab sich trotz allem keine Mühe, leise zu sein, und ließ den anderen eintreten. "Mama? Wo bist du?" "Im Wohnzimmer." Leicht zog er Nao zur Wohnzimmertür, ließ diesen dann los und ging zum Sofa, auf dem seine Mutter zusammengekauert saß. Zögernd ließ er sich neben sie sinken und nahm eine ihrer Hände. "Wie geht's dir?", fragte er leise. "Nicht gut." Zitternd drückte sie seine Hand. "Ich weiß, du hasst deinen Vater, aber die Ärzte wissen nicht, ob er durchkommt." "Erwarte nicht, dass ich zu ihm fahre und ihm verzeihe. Ihn will ich vorerst nicht wiedersehen", knurrte Ryouga und strich seiner Mutter über den Rücken. Sie nickte, tupfte sich aber wieder mit einem Taschentuch die Tränen aus dem Gesicht. "Ich weiß. Aber du musst ihm irgendwann vergeben. Im Gegensatz zu vielen anderen Kindern hast du noch einen Vater. Und Verzeihung erleichtert." Ryouga schnaubte verächtlich. "Das mag sein, aber du weißt genau, was passiert, wenn ich zu ihm gehe." Wieder nickte seine Mutter. Ihr Blick wanderte durch den Raum und blieb an Nao, der immer noch unschlüssig im Türrahmen stand, hängen. "Wen hast du denn mitgebracht?", fragte sie ihren Sohn, der Nao kurz unsicher ansah, bevor er antwortete: "Das ist Nao. Er ist mein Lehrer, mein Mitbewohner und… Sagen wir, er ist mir sehr wichtig, aber es gibt da etwas, das wir noch klären müssen." "Es gibt nichts mehr zu klären, Ryou", mischte Nao sich lächelnd ein und ging auf das Sofa zu, ließ sich hinter den Jüngeren sinken. "Was gesagt werden musste, wurde gesagt. Wir sind auch jetzt noch zusammen." "Ja?", wandte Ryouga sich leise an den Älteren, der nickte und seine Arme um ihn legte. "Es wird zwar erstmal nicht unkompliziert, aber wir können es versuchen. Wir müssen es versuchen." Lächelnd küsste Ryouga den Kleineren kurz, genoss die Wärme der Umarmung und sah Nao danach nur an. "Ich liebe dich", flüsterte er und lehnte sich an seinen Freund, wandte den Blick aber wieder seiner Mutter zu. "Ihr wisst, dass Lehrer-Schüler-Beziehungen verboten sind?", sagte sie gespielt tadelnd und hielt immer noch Ryougas Hand. "Sicher", lachte dieser, "nur weiß die ganze Schule von uns. Und keiner sagt etwas dazu." "Mir soll es recht sein, so lange ihr glücklich seid." Ryouga biss sich auf die Unterlippe. "Bis eben wusste ich nicht, ob ich nicht vielleicht zu großen Scheiß gemacht habe." "Was hast du angestellt?", fragte seine Mutter mit einem scharfen Unterton. Ryouga schloss die Augen, drehte seinen Kopf dann zur Seite. Er wollte nicht darüber reden. "Wir brauchten Geld", antwortete der Ältere stattdessen und streichelte ihm sanft über den Bauch. "Ich hatte Schulden aus meiner Zeit in Europa. Ryouga hat die volle Summe herausgefunden und selbst Maßnahmen ergriffen, ohne mit mir zu reden. Und ich war nicht begeistert, als ein guter Freund mich darüber aufgeklärt hat." "Aber Ryou, du hättest mich fragen können. Außerdem hätte ich nachher gern eine Kontonummer. Es wird Zeit, für dich auch Unterhalt zu zahlen." "Mama, das ist nicht nötig. Ich arbeite mittlerweile auch, und wir kommen klar." "Es ist aber meine Pflicht, für dich aufzukommen, solange du selbst dich nicht komplett versorgen kannst." Grinsend ließ Ryouga sich auf sein Bett fallen und zog Nao mit sich, der erschrocken auf ihm landete, aber nicht versuchte, sich wieder aufzurichten. Vorsichtig rollte der Ältere sich neben ihn, kuschelte sich aber trotzdem an ihn. "Danke", hauchte er dem Kleineren zu und nahm dessen Hand. Es war zwar ungewohnt, mit seinem Freund in seinem Zimmer in seinem Elternhaus zu liegen, aber es hatte etwas Vertrautes. "Wofür?", fragte der andere und sah ihn ruhig an. "Dass du mir verzeihst. Ich weiß, dass das nicht leicht ist." Nao schüttelte den Kopf. "Dir zu verzeihen ist leicht. Dir wieder vollständig zu vertrauen ist die Herausforderung." Langsam nickte Ryouga. "Lass dir Zeit. Und sag's mir, wenn ich etwas für dich tun kann. Oder um dein Vertrauen zurückzubekommen." Zufrieden seufzte Nao. Verzeihen war immer leicht, besonders, wenn man den Menschen, dem man verzeihen musste, über alles liebte. Allgemein war Verzeihung eher Willenssache als Könnenssache. Die meisten Menschen, die behaupteten, sie könnten nicht verzeihen, wollten es einfach aus irgendwelchen Gründen nicht. Vertrauen war viel schwieriger. Natürlich könnte man jedem vollständig vertrauen, aber da gab es dann auch noch so etwas wie einen Selbsterhaltungstrieb, der etwas Misstrauen verursachte und schützte. War Vertrauen erstmal verspielt, war es auch schwierig wieder zurück zu gewinnen. "Weißt du, was du tun kannst?", fragte Nao nach einer Weile und rollte sich Ryouga zugewandt auf die Seite. "Nicht, wenn du es mir nicht sagst", antwortete der Größere leise und sah ihn fragend an. "Halt mich einfach fest. Küss mich manchmal, aber belass es dabei." Lächelnd drehte Ryouga sich auf die Seite und rutschte näher an seinen Freund, schloss diesen in die Arme und genoss einfach jeden Augenblick. Er wollte Nao am Liebsten gar nicht mehr loslassen, und war bereit, ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Er sah Naos Anwesenheit nicht mehr als selbstverständlich an. Zu schmerzhaft war es gewesen, ihn fast zu verlieren. "Ich weiß, es klingt kitschig", flüsterte er dem Älteren zu, "aber ich liebe dich. Über alles. Und ich kann es dir nur immer wieder sagen." Liebevoll kraulte er dem Kleineren den Nacken. "Das Bedürfnis kannst du gern herauslassen", meinte dieser lächelnd. "Ich höre diese Worte gern von dir. Und weißt du, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, mich zu küssen." Zart legte Ryouga seine Lippen auf Naos, genoss die zarte Berührung und ließ seine Hände auf dem Rücken des Kleineren ruhen. Er wollte kein Risiko eingehen, den anderen zu überfordern. Langsam löste Nao den Kuss und lächelte ihn sanft an. "Schön, dass du dich an meine Regeln hältst. Ich hoffe, dir ist bewusst, dass ich dich erstmal auf Entzug setze. Ich brauche Zeit, bis ich dich wieder so nah an mich heranlassen kann." "Kein Problem", erwiderte der Schüler und strich seinem Freund über die Wange. "Ich hab's verbockt. Auch wenn ich bestimmt während der Entzugszeit auch Lust auf dich haben werde." Nao lachte leise. "Da finden wir dann schon eine Möglichkeit. Du darfst ja nur nicht an meinen Arsch. Wusstest du, dass die höchste sexuelle Leistungsfähigkeit bei Männern zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr besteht?" Ryouga schüttelte grinsend den Kopf. "Wusste ich nicht. Das heißt, du setzt mich in der Blüte meiner Jahre auf Entzug?" "Jetzt übertreib nicht. Du wirst in einem Monat erst 18. Dann hast du immer noch sieben bis acht Jahre über." Neckend boxte Nao dem Jüngeren in die Schulter und legte seinen Kopf an dessen Brust. "Und wie lange willst du mich auf Entzug setzen?", fragte Ryouga nach und pustete Nao über die Haare. "Ich weiß nicht. So lange ich brauche." Nao sah zu ihm hoch und strich ihm über den Arm. "Übrigens liebe ich dich auch. Sonst wäre ich nicht trotz allem bei dir geblieben." "Wollen wir morgen schwänzen?", fragte Ryouga leise. "Denkst du, die anderen hätten damit ein Problem?" "Mir egal. Wir sind wichtiger. Und wir sollten eine Nacht schlafen, nachdem die letzte so chaotisch war." Nao nickte nur, schmiegte sich dann enger an Ryouga und genoss einfach die Nähe und Wärme, die ihn umgaben. Überall in diesem Raum waren Teile aus Ryougas Leben aufgehoben, über die er so viel wie nur möglich wissen wollte. Er wollte den Menschen, den er so sehr liebte und der ihm so viel angetan hatte, besser kennen als jeder andere. Er wollte Ryougas Gedanken und Handlungen verstehen, und eben die Handlungen vorhersehen und im Zweifel verhindern. Er wollte, genau genommen, dass Ryouga völlig ihm gehörte. Auch wenn es irgendwie verrückt klang, er wollte, dass Ryouga sich keinem anderen hingab, weder körperlich noch emotional. Und so schwierig es auch war, er würde seine Wünsche erfüllt bekommen, solange er nicht wieder in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Sein Freund hatte ihn immerhin nur betrogen, weil es sein musste. Und so weh ihm allein das tat, dahinter war keine böse Absicht verborgen gewesen. Ryouga hätte ihn immerhin schon öfter verletzen können. Nicht, dass das nicht schon passiert war, aber es war nie etwas so Schlimmes gewesen, dass es wirklich unverzeihlich gewesen war. Wobei eigentlich doch alles irgendwie zu verzeihen war, wenn man es nur wirklich wollte und die Gefühle dahinter aufrichtig waren. Liebe war schon ein komisches Gefühl. Sie machte Vieles möglich, das sonst unvorstellbar war, sie vergab alles. Sie suchte sich ihren Weg, ohne Rücksicht auf Verbote und ungeschriebene Regeln zu nehmen, ohne die verschiedenen Geschichten und Gesellschaften zu beachten. Sie verband Menschen, die von Grund auf verschieden waren. Und trotzdem war sie vergänglich. Zufrieden seufzend schloss Nao die Augen und ließ sich in einen Dämmerzustand gleiten. Es war eigentlich perfekt zum Schlafen und Träumen, auch wenn er immer noch irgendwo verletzt war. Aber Wunden konnten heilen, und seine ursprüngliche Wut war verraucht. Sanft strich Ryouga dem Kleineren über den Rücken. Er wusste, dass das Schlimmste überstanden war, auch wenn die nächste Zeit sicherlich nicht leicht werden würde. "Nao, komm jetzt. Du hast deinen Kaffee und wir müssen weiter." Ungeduldig lehnte Ryouga Dienstagmorgen an einer Mauer während Nao die Schaufenster betrachtete, als hätte er so etwas noch nie gesehen. "Hetz mich doch nicht so. Und wenn wir zu spät kommen, ist doch egal. Nachdem wir gestern gar nicht da waren, können die froh sein, wenn wir überhaupt erscheinen. Reita wird eh nichts machen." Ryouga seufzte. Wahrscheinlich hatte Nao sogar recht. Reita kümmerte sich eh so gut wie gar nicht um die Anwesenheit der Lehrer und Schüler. Wobei der letzte Tag wirklich notwendig gewesen war. Ruhig und wunderschön, aber wichtig für ihre Beziehung, die mehr als nur angeschlagen war. Kaputt noch nicht richtig, aber auf jeden Fall reparaturbedürftig. "Trotzdem. Du weißt, dass wir pünktlich sein sollten. Übrigens habe ich mir für Samstag frei genommen." "Quengel nicht rum und komm mit. Meinst du nicht, dass ich den Abend auch ohne dich überleben würde?" "Schon", meinte Ryouga lächelnd, "aber wir sind dann genau zwei Monate zusammen. Ich finde, dass ich an dem Tag nur für deine Wünsche zur Verfügung stehen sollte." "Wenn du meinst. Möchtest du auch kochen?", fragte Nao amüsiert. "Willst du uns vergiften?", konterte Ryouga sofort. "Ich kann nicht kochen, weißt du doch." "Jeder kann kochen, zumindest mit Anleitung. Ich helfe dir auch." "So, wie in Mathe?" "Warten wir's ab." Kopfschüttelnd folgte Ryouga dem Älteren ins Gebäude und durch die Flure. Wie konnte ein so erwachsener Mensch so aufgedreht sein? Aufgeregt lief Ryouga durch die Tür des Schulgebäudes und schlug den Weg zum Lehrerzimmer ein, dass er auch einfach betrat. Er wusste genau, dass niemand mehr etwas dazu sagte, wenn er oder einer seiner Freunde einfach ins Lehrerzimmer stürmte. Wobei um Saga und Iv die Gerüchteküche brodelte. Offiziell waren sie nicht zusammen, aber irgendjemand hatte behauptet, die beiden knutschend in der Stadt gesehen zu haben. Was eigentlich gar nicht so abwegig war. Nao verfolgte nur halb interessiert ein Schachspiel zwischen Reita und Kai. "Nao, du hast Besuch", bemerkte Tora und nickte in die Richtung, aus der Ryouga kam. Noch bevor er großartig reagieren konnte, spürte er die Lippen seines Liebsten flüchtig auf seinen, wollte Ryouga näher zu sich ziehen, kam aber nicht dazu, da der leichte Kontakt schon wieder unterbrochen wurde. "Ich war Zuhause am Briefkasten. Lies!", forderte Ryouga ihn auf und hielt ihm einen Zettel vor die Nase. Neugierig, aufgrund der Aufregung seines Freundes, nahm Nao ihm den Zettel aus der Hand und begann zu lesen, wohl wissend, dass Ryouga ihn beobachtete. Überrascht starrte er danach auf den Zettel, bevor er sich dem Jüngeren zuwandte. "Du willst studieren?", fragte er begeistert. "Mathe und Musik?" "Und Englisch." Lachend legte er den Kopf in den Nacken, als Nao ihm um den Hals fiel. "Ich fasse es nicht", lachte der Kleinere. "Du willst wirklich Lehrer werden?" "So sieht's aus. Aber so ein Lehrer, den die Schüler lieben und die Schulleitung hasst. Oder zumindest würde eine normale Schulleitung es tun." "Aber warum?", fragte der Ältere nachdenklich. "Ich habe schon eine Weile darüber nachgedacht. Und schlecht erschien es mir nicht, noch lange auf diese Schule zu gehen, auch wenn ich dann als Lehrer hier bin. Außerdem sind die Arbeitszeiten geregelt und wir haben mehr Urlaub als die Menschen in anderen Berufen." Er zuckte mit den Schultern und sah den anderen an. "Und wir haben, so lange wir zusammen sind, wegen der ähnlichen Arbeitszeiten auch viel Zeit füreinander." "Du spinnst", bemerkte Nao lächelnd. "Aber ich liebe dich trotzdem." "Oder vielleicht gerade deswegen. Einer von uns muss völlig abgedreht sein." "Und damit möchtest du mir sagen?" "Dass ich dich auch liebe. Und dass meine alte Clique in den Neujahrsferien zu Besuch kommt und wir uns etwas einfallen lassen müssen, wo wir die unterbringen. Mit sieben Personen in der Wohnung könnte es etwas eng werden." "Oh je", seufzte Nao. "Und das sagst du mir erst jetzt?" "Wieso erst? Wir haben Mitte Oktober, also bleibt noch über zwei Monate Zeit. Uns fällt schon etwas ein." "Wie ich schon sagte, du spinnst", erwiderte Nao einfach und legte seinen Kopf auf Ryougas Schulter. "Wären wir sonst zusammen? Hätte ich sonst so viel für dich getan? Es mag sein, dass ich verrückt bin, aber hey, was soll's? Ist verrückt und verliebt nicht irgendwo dasselbe?" "Vielleicht. Sonst hätte ich dir wohl kaum einfach so verziehen, oder ich hätte mich gar nicht erst auf dich eingelassen und einfach alle Regeln gebrochen." Sanft kraulte Ryouga dem Kleineren den Nacken, legte seine Wange auf dessen Haar, und zog es vor zu schweigen. Kapitel 35: Utahlit ------------------- Ein paar Tage später saßen Ryouga und Nao mit Saga, Iv, Reno und Hiroto nachmittags in einer Eisdiele. Die Gespräche plätscherten mehr oder weniger dahin, es war einer der letzten, wirklich warmen Tage des Jahres und Ryouga fühlte sich einfach gut. Seit der ganze Scheiß mit seinem Nebenjob vorbei war, ging es ihm besser, vielleicht, weil er Nao nichts mehr verheimlichen musste. Es war befreiend. Von seinem Vater gab es allerdings nichts Neues, was ihn aber auch nicht sonderlich störte. "Ryou, aber jetzt mal Hand aufs Herz", meinte Reno und sah ihn amüsiert an, "wenn man in einer Beziehung ist und anschaffen geht, lässt man sich doch nicht erwischen." "Wusste ich, dass Jin da war? Außerdem ist es halb so schlimm. Wobei es mich wurmt, dass der Giftzwerg mich nur wegen einem Missverständnis verpfiffen hat." Zähneknirschend sah Ryouga auf den Tisch. "Aber es ist besser so", entschied Nao und sah ihn fest an. "Was wäre sonst? Du würdest dich zwar nicht mehr verkaufen und wir hätten uns nicht so gestritten, aber du hättest weiterhin ein schlechtes Gewissen, weil du es vor mir verheimlichen würdest. Du würdest dich weiter selbst bestrafen, und wir hätten immer noch das Problem mit der mangelnden Kommunikation. Verstehst du, was ich meine?" "Sicher." Besitzergreifend legte Ryouga seinem Freund einen Arm um die Schultern und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. "Da hat jemand aber schnell Trost gefunden." Verwundert sah Ryouga auf den Rothaarigen. Oh verdammt. Wie hieß der Typ nochmal? "So lange ist das mit Haru und dir doch noch gar nicht vorbei." "Lass mich das klären", flüsterte er Nao zu, der ihn fragend ansah, aber nickte. "Ich bin kein Kind von Traurigkeit", wandte er sich danach an den Rothaarigen. Warum fiel ihm dessen Name nur nicht ein? Das war doch wohl zum Verrücktwerden! "Merkt man. Lief das mit ihm eventuell auch, während du mit Haru zusammen warst? Weil der Kleine sich nicht ficken lassen wollte?" "Schon möglich", antwortete Ryouga mit einem herausfordernden Blitzen in den Augen. Und plötzlich wusste er auch wieder, wie der Kleine hieß. "Masa, lassen wir die Spielchen. Haru war nebenbei ein netter Zeitvertreib. Wegen ihm habe ich zwar eine Wette verloren, aber ich stehe nicht auf Kinder." "Welche Wette?", fragte Masa scharf. "Ob ich es schaffe, Haru flachzulegen, wenn ich ihm die große Liebe vorspiele." "Du Arsch!", knurrte der Jüngere und baute sich bedrohlich vor ihm auf. Ryouga ließ Nao los und stellte sich dem Rothaarigen gegenüber. "Weißt du, Kleiner, ich würde mich an deiner Stelle mal entspannen. Geh lieber zu Haru und kümmere dich um ihn. Ein gebrochenes Herz ist leichter zu gewinnen, wenn man es heilt." "Was soll das jetzt heißen?!", fauchte der Kleinere gereizt. "Es ist mehr als offensichtlich, dass du in ihn verschossen bist. Dann zeig ihm das. Verhindere, dass noch einmal jemand nah genug an ihn herankommt, um ihm wehzutun. Beschütze ihn vor allem, das kommen kann. Halte ihn fest und gib ihm, was er braucht." Ryouga zuckte mit den Schultern. "So geht man mit einem Menschen um, den man über alles liebt. Wenn du Mist baust, sag es ihm, das ist besser, als wenn er es über Dritte erfährt. Bitte ihn so lange um Verzeihung, bis er begreift, dass du es wirklich ernst mit ihm meinst. Alles verstanden?" "Als ob du Ahnung von Liebe hättest!“, zischte der Kleinere, entlockte Ryouga nur ein müdes Lächeln und ein desinteressiertes Schulterzucken. "Wahrscheinlich mehr als du. Das sind Erfahrungen, die ich selbst gemacht habe. Und das sind Tipps, die ich dir geben kann, aber was du daraus machst, ist deine Sache. Aber glaube mir, nichts schmerzt so sehr, wie das Gefühl, den Menschen, den du über alles liebst, zu verletzen oder zu verlieren." Fest sah er den Jüngeren an. "Wenn du mich schlagen willst, tu es. Aber bitte nur, wenn du die Antwort abkannst." Masa zuckte mit den Schultern. "Und wenn du recht hast", giftete er. "Du hättest Haru sowas nie antun dürfen!" "Ich hätte einiges nicht tun dürfen und habe es trotzdem getan. Menschen machen Fehler, aber so, wie es jetzt ist, ist es für alle das Beste. Auch für dich, immerhin hast du deine Chance." "Arschloch!", knurrte der Rothaarige, machte aber keine Anstalten, den Größeren wirklich anzugreifen. Wahrscheinlich wusste er, dass die Antwort ihm mehr wehtun würde als Ryouga. Still drehte er sich einfach um, während die Muskeln des anderen sich entspannten. Langsam ließ Ryouga sich neben Nao fallen, sich des fragenden Blicks seines Freundes genau bewusst. "Ryou… Wer ist Haru?", fragte Nao unsicher und legte seine Hand auf Ryougas Schulter. Er spürte förmlich, wie sein Herz sich ängstlich zusammenzog. Ryouga wandte ihm seine Aufmerksamkeit zu und lächelte ihn sanft an. "Du weißt doch von dem Kleinen, der mir das Geld gegeben hat, damit ich einen Abend seinen Freund spiele. Dieser Kleine war beziehungsweise ist Haru, und Masa ist einer seiner Freunde und war auf der Party." Aufatmend legte Nao seinen Kopf an Ryougas Schulter. Ob er seinem Freund vertraute oder nicht, die Erklärung klang ehrlich. "Keine Angst", hauchte der Schüler ihm zu und strich ihm durch die Haare, "ich habe dich nicht mit anderen betrogen, von denen du nicht weißt." "Die eigenen Erfahrungen mit der Liebe… sind noch gar nicht so alt, oder?", fragte der Ältere leise und sah zu Ryouga auf, der ihn warm anlächelte. "Nein, sind sie nicht. Wie du siehst, habe ich gelernt." "Fleißig, fleißig. Ryou wird zum Streber", erklärte Iv lachend und kuschelte sich an Saga. "Aber er konnte ja auch nicht ewig ein gefühlskalter Aufreißer sein", erklärte Reno und legte Hiroto einen Arm um die Schultern. "Wobei es auch eigentlich ganz witzig war, wie die Mädchen um ihn gekämpft haben." "Ja, ja, genug gelästert", winkte Ryouga ab. "Ich hab's kapiert." "Hat ja auch lange genug gedauert", konterte Saga. "Danke, Saga, hilfreicher Kommentar", meinte Ryouga gespielt beleidigt, lachte dann aber wie die anderen. "Was läuft da jetzt eigentlich bei unserem Shin-chan im Liebesleben?", fragte Reno, nachdem sie sich wieder beruhigt hatten. "Keine Ahnung", antwortete Ryouga, "aber er schwärmt in letzter Zeit gefährlich oft von Shou. Spontan würde ich sagen, unseren Kleinen hat es schwer erwischt." "Dann aber nicht nur euren Kleinen", mischte Hiroto sich ein. "Shou ist auch nicht viel besser. Wie intelligent und engagiert Shin ist. Und einmal ist ihm das Wort 'süß' herausgerutscht." Iv legte den Kopf schief. "Ich frage mich, wer bei den beiden oben liegen würde." "Gute Frage", bemerkte Nao. "Ich tippe auf Shou." "Warum?", fragte Saga nach und trank einen Schluck Kaffee. "Er ist älter und größer", antwortete Nao schulterzuckend, erntete dafür nur Gelächter. "Darf ich dich daran erinnern, dass du auch älter bist als ich und ich trotzdem meistens das sagen habe?" Lächelnd strich Ryouga dem anderen ein paar Haare aus dem Gesicht. "Und manchmal hast du auch das Bestimmungsrecht, obwohl du kleiner bist als ich." "Dann mach du einen begründeten Vorschlag", maulte Nao beleidigt und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich denke, dass Shou öfter aktiv sein würde, wobei ich auf regelmäßiges Tauschen tippen würde. Shin ist einfach verdammt niedlich, und er lässt sich gern verwöhnen. Shou wirkt auf mich eher, als wäre er dazu in der Lage, den Ton anzugeben. Und da Shin sich widerspruchslos unterordnet…" Er ließ den Satz einfach unvollendet im Raum stehen. Am nächsten Montag klingelte Ryougas Handy wieder. Dass er mittlerweile meistens ziemlich angepisst reagierte, wenn jemand außer Nao ihn ansprach, war von Kazuki einfach mit 'Sexmangel' diagnostiziert worden. Nicht, dass es nicht stimmen würde, aber damit mussten seine Mitmenschen leben. Immerhin brachte er niemanden um. "Ja?", fauchte er genervt in sein Handy, das sich weigerte, zu klingeln aufzuhören. "Ryouga, kann… kann ich zu euch kommen?" Seine Mutter schluchzte leise. "Warte kurz." Er drückte das Handy mit der Vorderseite ins Kissen des Sofas und sah Nao an. "Hattest du heute noch vor, mich zu verführen?" "Eigentlich nicht", antwortete dieser verwundert. "Sonst irgendwelche Pläne?" Nao schüttelte den Kopf. Ryouga hielt sein Handy wieder an sein Ohr, nannte seiner Mutter die Adresse und legte auf. "Ryou, wieso bist du so scheiße drauf?", fragte Nao und musterte ihn skeptisch. "Sagen wir, mir macht der Sexentzug mehr zu schaffen als erwartet. Aber ich werde es überleben." "Ich mache mir auch weniger Sorgen um dich als um deine Mitmenschen", erwiderte der Ältere schnippisch. "Wer war das?" "Der heilige Geist", beantwortete Ryouga die Frage ironisch. "Ehrlich, wer hat meine Handynummer, kann einfach so spontan herkommen und hat die Adresse nicht? Denk mal darüber nach." "Mein Gott, bist du scheiße drauf", stellte der Kleinere trocken fest. "Pass auf, dass ich deinen Entzug als Bestrafung nicht noch ein paar Tage verlängere. Also?" "Meine Mutter", seufzte Ryouga und legte den Kopf in den Nacken. "Bitte, Nao, das kannst du nicht bringen. Wo bleibt deine Menschlichkeit? Du siehst doch, wie ich leide." "Nach etwas mehr als einer Woche bettelst du mich schon fast an, weil du Sex willst. So wenig Selbstbeherrschung hätte ich dir gar nicht zugetraut." Grummelnd schloss der Jüngere die Augen. Reno hatte ja schon angeboten, ihn zu erleichtern, aber er hatte ja wegen Nao abgelehnt. Wie lange er den Erlösungsangeboten noch widerstehen konnte, wusste er nicht, aber er würde alles tun, um nicht doch noch mit einem anderen im Bett - wahlweise auch auf dem Schulklo - zu landen. "Ich glaube an dich", meinte Nao motivierend und strich ihm über die Wange. "Vielleicht hast du ja in ein paar Tagen schon Glück." "Das hat mit Glück nichts zu tun, sondern nur mit deinem guten Willen." "Ach, Schatz, nimm's nicht so schwer", startete der Ältere einen erfolglosen Versuch, Ryouga aufzuheitern. "Spätestens an deinem Geburtstag darfst du mich nehmen, wie du möchtest." "Aber das sind noch drei Wochen!", protestierte der Größere verzweifelt. "Das halte ich niemals durch!" Nao lachte über Ryougas entsetzten Gesichtsausdruck, woraufhin ein Kissen nach ihm flog, ihn aber verfehlte. "Da will wohl jemand vor Weihnachten keinen Sex mehr haben", drohte er mit erhobenem Zeigefinger. "So kann man seine Haustiere auch erziehen, was?", murrte Ryouga so leise, dass Nao ihn kaum verstand. "Du bist mein Haustier? Dann bist du aber sehr ungezogen. Vielleicht sollte ich dich in eine andere Familie geben." Still verschränkte der Jüngere die Arme vor der Brust. Wenn ihm aus allem, was er sagte, ein Strick gedreht wurde, würde er dazu einfach gar nichts mehr sagen. "Du weißt, dass das nicht so gemeint war", meinte Nao entschuldigend und kuschelte sich an ihn. Ryouga seufzte und legte einen Arm um den schlanken Körper neben sich. "Ich weiß. Aber ich leide, das siehst du doch. Man macht über das Leid anderer keine Witze. Ich habe schon genug damit zu tun, nicht bei der nächsten Gelegenheit über dich herzufallen oder eines dieser blöden Angebote anzunehmen." Noch bevor Nao etwas erwidern konnte, klingelte es an der Tür. Seufzend erhob der andere sich und ging zu dieser, um sie zu öffnen. Beim Anblick seiner Mutter durchfuhr ihn eine ungute Vorahnung. Schweigend ließ er sie eintreten, schloss die Tür und lehnte sich gegen diese. "Ryouga, ich… Danke, dass ich herkommen durfte", sagte sie leise mit Tränen in den Augen, als sie sich ihrer Schuhe entledigt hatte. Angesprochener wurde merklich sanfter und nahm sie in den Arm. "Das ist doch kein Problem. Du bist immer noch meine Mutter. Du kannst dich hier auch gern umsehen." Schwach schüttelte sie den Kopf und ließ sich ganz gegen ihren Sohn fallen. "Heute nicht. Können… wir uns irgendwo setzen?" "Sicher." Vorsichtig zog Ryouga sie ins Wohnzimmer und setzte sie auf das Sofa, ließ sich selber zwischen Nao und ihr nieder. "Was ist denn los?" Als ob er es sich nicht schon denken könnte. Aber die reine Vorstellung löste in ihm ein unbehagliches Gefühl aus, obwohl es genau das war, was er immer gewollt hatte, um selbst zur Ruhe zu kommen. Das menschliche Empfinden war auch ein Rätsel für sich. "Dein Vater… ist heute Morgen verstorben." Vorsichtig zog Ryouga seine weinende Mutter an sich. "Das tut mir wirklich leid", flüsterte er ihr zu. "Wir schaffen es aber, darüber hinwegzukommen. Ganz sicher." Zart spürte er Naos Hand auf seinem Rücken, danach den warmen Körper, der sich an ihn schmiegte. Er wusste nicht, wieso, aber er hatte das Gefühl, dass sein Freund ihm Trost spenden wollte. Trotz der Tatsache, dass er seine Gefühle so gut wie möglich verbarg und das Verhältnis zu seinem Vater so kaputt gewesen war. "Ryouga, ich kann das nicht schaffen. Ich kannte ihn mein ganzes Leben über. Alles, was ich besitze, was ich bin, erinnert mich an ihn. Du schaffst es, ohne ihn zu leben, aber ich nicht." "Wehe, du machst etwas Dummes", ermahnte er sie fest. "Was ist mit dir? Mit deinem Leben?" Die Gedanken, dass er ohne Nao nicht hatte weiterleben wollen, schob er beiseite. Darüber wollte er nicht nachdenken, nicht reden und erst recht nicht Nao etwas davon wissen lassen. "Ich habe all die Jahre nur für deinen Vater gelebt. Ich habe kein eigenes Leben mehr." "Oh doch. Und wenn wir es verlegen und erweitern müssen, du bist nicht allein. Versorgt bist du finanziell auf jeden Fall. Noch ist es nicht zu spät für dich." Still stand Ryouga im Wohnzimmer, nachdem seine Mutter gegangen war. Er wusste nicht, was er denken oder sagen sollte. Sein Verstand funktionierte in Zeitlupe. "Ryou, es ist gut. Du musst nicht mehr den Starken spielen." Sanft umarmte Nao den Jüngeren und drückte ihm einen Kuss in den Nacken. Vorsichtig drehte der sich um und sah seinen Freund an. "Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich hasse ihn, aber er ist immer noch mein Vater." "Ich weiß. Willst du morgen lieber hierbleiben?" "Wenn du auch bleibst. Ich will dich bei mir haben. Du kannst mich trösten, aber nur du." Leicht legte Ryouga seinen Kopf auf Naos Schulter, krallte sich in das Shirt des Älteren, gab aber keinen Laut von sich. Er weinte auch nicht, zu seltsam war die Gefühlsmischung. Wie sollte man auch um einen Menschen weinen, den man abgrundtief hasste? "Ich bleibe bei dir", versprach Nao und strich ihm über den Rücken, hielt ihn einfach nur fest. Er hatte eine Idee, wie er seinem Freund etwas Gutes tun konnte, aber er wusste nicht, ob es der richtige Zeitpunkt war. Erstmal musste Ryouga sich auf jeden Fall wieder fangen, danach konnte er immer noch weitersehen. Nach einer Weile löste Ryouga sich so weit von ihm, dass sie sich direkt ansehen konnten. "Danke", murmelte er und strich dem Älteren über die Wange. "Kein Problem", antwortete dieser leise und lächelte ihn zärtlich an. "Also, Nao… Denkst du, wir können morgen einfach hierbleiben? Einfach so?" "Nicht einfach so. Dein Vater ist tot, das ist eine Ausnahmesituation. Aber lass uns jetzt schlafen gehen. Ruhe hat noch niemandem wirklich geschadet." "Und was, wenn du mich trösten sollst? Wenn ich mich mit dir trösten will?" Zögernd schob Ryouga das Shirt seines Freundes etwas hoch. "Nicht mehr heute. Beruhige dich erst, morgen ist auch noch ein Tag. Es ist übrigens nett von deiner Mutter, deine Freunde mit in dem Haus wohnen zu lassen." "Sie ist ein guter Mensch. Fast so gut wie du." Lächelnd küsste er den Kleineren. "Dann gehen wir jetzt schlafen." "Ryou, beruhige dich." Lachend legte Nao den Kopf in den Nacken und sah in den von grauen Wolken verschleierten Himmel. Es war Ende Dezember und sie waren auf dem Weg zum Bahnhof. Der Größere war merklich nervös, auch wenn er sich auf das Wiedersehen freute. "Ich bin völlig ruhig", erwiderte dieser und zog den Kleineren einfach weiter mit sich. Es schneite. Zu dieser Jahreszeit war es eigentlich nicht allzu ungewöhnlich, aber die Welt wirkte zauberhafter als in den vergangenen Jahren. Ryouga war bereits zu dem Schluss gekommen, dass es an Nao liegen musste. Er wusste, dass er sich verändert hatte. Oder eher, dass sein Freund ihn verändert hatte. "Merkt man." Vorsichtig schüttelte Nao sich den Schnee so gut wie möglich aus den Haaren, als sie die Bahnhofshalle betraten. "Steh doch einfach zu deiner Aufregung und sorg dann gefälligst dafür, dass ich mir nicht mehr den Arsch abfriere!" Schweigend führte Ryouga ihn zu dem Gleis, auf dem der Zug einfahren sollte. Fest schloss er den Kleineren dort in die Arme, spürte dadurch nur zu sehr, wie der schlanke Körper zitterte. "Eventuell bin ich ein minimales bisschen überdreht", gab er zu, "aber auch nicht mehr. Das sind nach wie vor meine Freunde." "Ich bin wahnsinnig gespannt auf Ken", erwiderte Nao und drückte sich wärmesuchend enger an den Jüngeren. "Ich bin sicher, wir haben uns viel zu erzählen." "Warum habe ich das Gefühl, dass eure Gespräche mich als Thema haben werden?" Zart hauchte er seinem Freund einen Kuss auf die Stirn, die Blicke der Passanten ignorierend. Wen interessierten schon Menschen, die man nicht einmal kannte und die einen verurteilten, weil man eine Person des gleichen Geschlechts liebte? Oder, wie in diesem Fall, wenn man eine Person wärmte? Wären sie Brüder, hätte es niemanden weiter gestört. "Ryou!", quietschte eine vertraute Stimme, als der Zug eingefahren war und die Türen sich geöffnet hatten. Schnell ließ er Nao los und schob ihn neben sich, und noch im nächsten Moment sprang ihn etwas - beziehungsweise jemand - frontal an und riss ihn dabei fast um. Lachend klopfte er Peco auf den Rücken und setzte ihn ab. "Ich freu mich auch, dich zu sehen", bemerkte er grinsend und sah Nao an, der das Ganze belustigt verfolgt hatte. "Nao, Peco, und umgekehrt. Vorsicht, Schatz, Peco springt gern Menschen an. Hast du deine Mission eigentlich schon beendet, Peco?" Neckend piekste Ryouga dem Blonden in die Rippen. "Nein, leider noch nicht, aber ich schaffe das noch." Wie zum Schwur hob der Angesprochene die Hand. Fast automatisch wanderte Naos Blick zu den anderen Vieren. Ein kleiner Silberhaariger wirkte zwischen den anderen recht großen Gestalten nahezu zart. Still trat ein großer, dunkelhaariger Typ zu Ryouga. Allein von der Erscheinung her konnte Nao sagen, dass es Ken war, und es versetzte ihm einen Stich, wie hübsch er wirklich war. Abwartend sah er bei der Begrüßung zu. Der Silberhaarige war also Ikuma, die anderen beiden hießen Kiri und Kaji. So weit war Nao mitgekommen, als Ryouga ihn wieder zu sich zog und allen als seinen Freund vorstellte. Ein leichtes Siegesgefühl breitete sich in ihm aus, auch wenn es gar keinen Grund mehr gab, Ken zu besiegen, denn der war laut aktuellstem Stand mit Kaji zusammen. Fragend sah Ryouga zu Ikuma, der, wie es aussah, versuchte, sich hinter Kiri zu verstecken. "Kuma, jetzt sag schon", bettelte Ryouga und griff nach dem Arm des Silberhaarigen, zog ihn zu sich. "Nicht hier!", meinte der Kleinere und schnappte sich seine Tasche. Schulterzuckend nickte Ryouga. "Dann eben in unserer Wohnung. Ist hier eh zu kalt, mein Kleiner friert." Neckend drückte er Nao etwas an sich, der beleidigt die Arme vor der Brust verschränkte. "Wenn du mich nicht wärmst, ist das nicht meine Schuld." "Ja, ich weiß. Tut mir leid, Schatz", flüsterte Ryouga ihm zu und küsste ihn leicht auf die Wange. "Schön habt ihr es hier auf jeden Fall", bemerkte Peco und trank einen Schluck Tee. "Und warm." "Als ob die beiden die Wärme bräuchten", meinte Ken anzüglich lächelnd. "Ich kann mir gut vorstellen, wie es hier nachts zugeht." Nao verschluckte sich fast an seinem Kaffee und hustete etwas hilflos, sah den Jüngeren danach aber nur fassungslos an. Ryouga grinste vielsagend und legte einen Arm um Naos Schultern. "Wer, wenn nicht du? Aber Nao ist nicht so laut wie du. Und er klingt nicht wie ein Kaninchen auf Ecstasy", konterte er. "Woher weißt du, wie ein Kaninchen auf Ecstasy klingt?" "Weil du wie eines klingst und Punkt." Ryouga zuckte mit den Schultern. "Also, Ikuma. Rede. Was ist aus deinem Liebesleben geworden?" Ein schwaches, verschmitztes Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Kleinsten, der sich einfach zu Kiri beugte und ihm einen sanften Kuss stahl. "Tja", begann er zu erklären und leckte sich kurz über die Lippen, "ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich doch nicht so hetero bin, wie ich gedacht habe. Oder doch, ich bin hetero, mit einer einzigen Ausnahme." "Und es ist wirklich nur eine Ausnahme", beschwerte sich Peco. "Er hat mich einfach so abgelehnt." "Oh, armes Peco. Bilde dir ein, dass ich dir den Kopf tätschle. Aber wie ich dich kenne, wird dein Selbstbewusstsein es verkraften", sagte Ryouga lachend. "Aber ich fühle mich ungeliebt!" Mit traurigem Hundeblick sah der Blonde zu ihm auf. "Willst du nicht…?" Ryouga schüttelte den Kopf. "Ich würde wollen, wäre ich nicht vergeben. Keine Komplexe kriegen, Schätzchen, du bist hübsch." "Ryou, könntest du eigentlich…" Ikuma sah hilfesuchend zu Kiri, der mit den Schultern zuckte. "Ikuma will nach Tipps bezüglich Sex fragen, weil wir beide mit dem eigenen Geschlecht noch nicht allzu viele Erfahrungen haben und die drei anderen Vollpfosten uns keine Antworten auf Fragen geben wollten, von wegen, das sollten wir selbst herausfinden." Kurz sah Ryouga zu Nao, stand dann auf, verließ kurz den Raum und kehrte dann mit zwei Gegenständen zurück, die er auf den Tisch legte. "Ihr wisst, was das ist und was man damit macht?" Ikuma seufzte und pustete sich eine Haarsträhne aus der Stirn. "Das ist eine Tube Gleitgel und eine Packung Kondome. Ich weiß, was man damit macht, aber ich möchte nicht weiter darauf eingehen." Kiri begnügte sich mit einem schlichten Nicken. "Damit habt ihr das Grundwissen. Am Anfang kann Gleitgel sehr gut helfen, ohne tut mehr weh. Kondome sind einfach sicherer, aber das ist immer noch eine Sache des Vertrauens. Und sobald ihr Zuhause seid, könnt ihr euer neuerlangtes Wissen ausprobieren." "Du hast den Teil mit der Vorbereitung nicht erklärt", erinnerte Kaji ihn belustigt. "Darauf wären sie auch von allein gekommen. Oder Peco hätte es ihnen erzählen können." "Wieso ich?", fragte der Blonde skeptisch. "Du bist die Freizeitschlampe", erwiderte Ryouga grinsend. "Stimmt, du hast es professionell gemacht", mischte Nao sich ein und sah ihn tadelnd an. "Habe ich nicht, ich…" "Ryou, dir ist klar, dass es dir jeder zutraut?", fragte Ken mit hochgezogener Augenbraue. "Oh." Unsicher wandte der Angesprochene den Blick ab. War er wirklich so sexbesessen wie alle ihm vorwarfen? Die anderen fingen an zu lachen. Ihm war klar, dass er ziemlich dumm aussehen musste, und so stimmte er einfach ein. Unruhig trommelte Nao mit seinen Fingern auf dem Tisch im Lehrerzimmer. Abschlusstag. Er konnte sich selbst nicht erklären, woher seine Aufregung kam, aber sie war da. "Schatz, entspann dich. Ich mache meinen Abschluss, nicht du." Beruhigend küsste Ryouga ihn auf die Stirn. "Du bist nervöser als ich." "Ich weiß." Der Ältere biss sich auf die Unterlippe. "Irgendwie habe ich mir diesen Tag die letzten sieben Monate mehr als alles andere herbeigewünscht, aber jetzt… weiß ich, dass es vorbei ist." "Was ist vorbei?" Liebevoll strich Ryouga ihm über die Wange. "So viel. Das Versteckspiel, die Unruhe, das Abenteuer. Das Schöne an meinem Arbeitstag." "Dann denk darüber nach, wie es mir geht. Für mich beginnt eine Zukunft, die ich nicht einschätzen kann. Ich weiß nur, dass ich jetzt zwei Wochen mit dir ganz allein habe, aber danach? Bis gestern wusste ich immer, was am nächsten Tag auf mich zukommt." Nao nickte. "Ich weiß. Und ich würde dir auch gern etwas Ruhe vermitteln, aber ich bin einfach nervös." "Ich bin ruhig", lachte Ryouga und nahm Naos Hände in seine. "Und wenn ich es nicht wäre, wärst du immer noch das beste Beruhigungsmittel für mich, indem du einfach da bist." Der Kleinere atmete tief durch und stand auf. "Dann lass uns zur Feier gehen. Ob irgendjemand was dagegen hat, wenn ich lieber bei dir bleibe?" Die Feierlichkeiten waren fast so langweilig gewesen, wie Ryouga befürchtet hatte, besonders, da Nao nicht bei ihm gewesen war. Trotzdem war ihm die Unruhe seines Freundes nicht entgangen. Nachdem sie gerade auf dem Schulhof noch als Abschlussklassen fotografiert worden waren, hatten sich die Gruppen zerstreut. Ryouga stand mit seinen Freunden zusammen und wartete mit diesen, als Nao sich zu ihnen gesellte und sich an ihn schmiegte. "Wusstet ihr, dass zwischen Reita und Kai was läuft?", fragte er sichtlich verwirrt. "Ich habe die beiden fummelnd in einer Ecke dahinten gesehen." "Und wenn." Zart legte Saga seine Arme um Iv, der sich glücklich gegen ihn fallen ließ. "Lass die beiden. Wenn es sie glücklich macht." "Stimmt." Besitzergreifend legte Reno einen Arm um Hiroto, der gerade mit Shou zu ihnen gekommen war. "Wollen wir Samstag feiern gehen? Alle zusammen." "Wenn du zahlst", erwiderte Ryouga grinsend. "Klar." Iv räusperte sich leise. "Shin, bist du eigentlich mit Shou zusammen?" Überrascht legte Angesprochener den Kopf schief. "Hä?" "Shin-chan, also wirklich. Du weißt, was er meint." "Ich… Nein… Ja… Äh… Ich…" Lächelnd küsste Shou den Jüngeren einfach und beendete so dessen hilfloses Gestammel. "Reicht das?", fragte er und hielt Shin locker fest. "Das reicht", antwortete Reno lachend, wurde dann aber ernst und sah über Ryougas Schulter. "Ryou, deine Mutter." Der Angesprochene drehte sich um und sah sie auf die Gruppe zukommen. Sanft zog er Nao mit und ging ihr entgegen. "Ryouga, ich bin stolz auf dich", begrüßte sie ihn lächelnd und umarmte ihn. "Ich habe leider nicht viel Zeit, aber ich wollte dir noch etwas bringen. Zum Abschluss." "Danke", antwortete er überrascht und nahm den Umschlag entgegen. "Wir sehen uns in nächster Zeit bestimmt ja noch." "Sicher." Sanft lächelte sie Nao und ihn kurz an. "Viel Glück euch beiden. Und ich hoffe, die Überraschung gefällt euch." Kurz winkte sie ihnen noch zu und verschwand dann wieder. "Okay", sagte Ryouga langsam. "Das war seltsam." "Vielleicht hat sie ein Date. Mach den Umschlag auf", befahl der Ältere neugierig. Seufzend gehorchte Ryouga, nahm erst das Geld heraus und gab es seinem Freund. Wenig war es bei Weitem nicht, aber viel mehr interessierte ihn die Karte. Ein Gutschein. Überrascht starrte er auf den Zettel. "Oh mein Gott", flüsterte er. "Sie schenkt uns eine zweiwöchige Reise nach London, Übernachtung in einem Fünf-Sterne-Hotel im Stadtzentrum." "Was?" Schnell nahm Nao die Karte an sich. "In einem Zeitraum unserer Wahl. Was zur…?" "Ich habe ihr einmal erzählt, wie gern wir nach London in den Urlaub würden", gestand Ryouga, "aber damit habe ich beim besten Willen nicht gerechnet. Wann wollen wir denn? Im Sommer oder im Winter?" "Hm." Nachdenklich legte Nao den Kopf schief. "Ich möchte dir London gern einmal zu Weihnachten zeigen, aber lass uns erstmal in den Sommerferien fliegen. Das Geld reicht noch locker für einen Weihnachtsurlaub, da reichen ja auch ein paar Tage." "Wie du meinst." Lächelnd steckte Ryouga Geld und Gutschein wieder in den Umschlag, verstaute ihn sicher und zog Nao dann an sich, küsste ihn einfach. "Komm mit zurück zu den anderen", meinte er dann. "Also wirklich, das kann doch nicht wahr sein!", zischte Ko-ki. "Bin ich der einzige von uns, der nichts mit einem Lehrer hat?!" "Der Kandidat hat 100 Punkte", antwortete Reno trocken. "Was soll das?", brauste der Pinkhaarige wieder auf und sah die Umstehenden einen nach dem anderen an. "Wo die Liebe hinfällt", antwortete Shin einfach. "Und warum ich nicht?", fuhr der Kleinere fort. "Das könnte man ändern", meinte Nao lächelnd. "Tora, schwing deinen Arsch hierher! Aber dalli!" "Was denn?", fragte Geforderter, musste aber im nächsten Augenblick Ko-ki auffangen, da der von Saga einen kräftigen Schubs bekommen hatte und ohne Tora wohl auf dem Boden gelandet wäre. "Also optisch passen sie zusammen, so unterschiedlich sie auch sind", meinte Hiroto. "Hä?" Toras intelligente Bemerkung löste allseitiges Gelächter aus. "Tiger, du bist Sonntag doch auch mit dabei, oder? Wir brauchen noch jemanden, um auf eine gerade Zahl zu kommen. Und vielleicht findest du ja jemanden für eine neue Liebschaft", neckte Saga den Älteren. "Vielleicht. Du solltest aber nicht übermütig werden, weil du jetzt etwas Kleines, Niedliches bei dir hast." "Also", mischte Ko-ki sich ein, immer noch von Tora gehalten, "wenn das ein Verkupplungsversuch sein soll, ist es kein guter." "Egal", lachte Ryouga, "vielleicht klappt's ja trotzdem. Aber egal, was passiert, es ist die Zukunft. Warum jetzt darüber nachdenken?" _________________________________________________________________________________ Verzeiht mir die vielen Szenenwechsel, es ging nicht anders. ûu Ich hoffe, ich habe so ziemlich alles Fehler rausbekommen, aber ganz wach bin ich immer noch nicht. SCREW haben Schuld. *seufz* Wie scheiße das kam, als wir in der Passage auf der Wolldecke gehockt haben und Rui da mit einem Staffmember mit Kamera langgelaufen ist. :'D Und wie sinnlose Fotos wir mit dem Tourbus gemacht haben, als die Gefahr, entdeckt zu werden, so schön gering war. XD Best Before-Concert aller Zeiten. Und das mit Leuten, die ich bis dahin fast gar nicht kannte. XDD Wie auch immer, wer mich gesehen hat und den ich nicht erkannt habe oder mit dem ich nicht gesprochen habe, fühlt euch gegrüßt/gedrückt oder was auch immer ihr wollte. Und damn, ich liebe Fanservice. *O* Also, das letzte Kapitel. Ich weiß nicht, ob ich es nächste Woche hochlade oder doch lieber nach dem Urlaub und nach dem ACE-Konzert. (Btw, ACE, wir wollen vielleicht einen kleinen Memeshikute-Flashmob aufbauen vor dem Konzert. Vier sind wir jetzt schon, je mehr wir sind, desto besser. XD Aber ich schweife schon wieder ab.) Demnach bin ich mir da jetzt nicht so sicher, aber, wenn man bedenkt, dass das letzte Kapitel eher ein Epilog ist, der deutlich nach der Hauptstory spielt, könnte ich damit auch warten. Ich muss eh gucken, ob ich das nächste Woche schaffen würde. Projektwoche in der Schule und ich arbeite an einem Japan-Projekt mit. *hach* Wie auch immer, ich laber zu viel, ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen. xD Bis zum nächsten. Kapitel 36: Wulfenit -------------------- Ach maaaan~~ Und jetzt ist es vorbei. Nach über einem Jahr. Irgendwie ist es immer ein seltsames Gefühl, ein längeres Projekt zu beenden. Besonders, da es hiermit ja nicht nur für mich, sondern auch für euch zu Ende ist. Und lang war dieses Projekt auf jeden Fall. Ich muss gestehen, dass ich jetzt einfach keine Lust habe, hier alle Kommentarschreiber aufzulisten, auch erst recht nicht alle Favonehmer, aber ihr seid einfach großartig. Q_Q Ich wüsste manchmal echt nicht, was ich ohne euch machen würde. Besonders, wenn eine Autorin mitten in einer Schreibblockade steckt. Fuuuu~~ Und gleich entlasse ich auch ins letzte Kapitel. Ich muss vorher wohl erwähnen, dass es fünf Jahre nach der Hauptstory spielt. Ich wollte auf jeden Fall vermeiden, dass ich auf die Idee komme, eine Fortsetzung zu schreiben, weil ich da noch ziemlich viel vor mir habe. Wenn ich aus dieser Blockade raus bin. Zu meinen nächsten Fanfiction-Plänen? Im Moment kämpfe ich mit meinen OS-Sammlungen, die wohl das sein werden, was ich als nächstes abschließen will. Nach dem zweiten Teil von Pirate's Dream, bei dem ich aber nur noch das handgeschrieben auf den PC kriegen muss. Wie dem auch sei, ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen des letzten Kapitels, das zwar eher ein Epilog ist, aber egal. ;D Hikari - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - "Nao!" Keuchend stolperte Ryouga ins Lehrerzimmer und sah seinen Freund vorwurfsvoll an. "Warum bist du einfach abgehauen?" Lachend legte der Ältere den Kopf in den Nacken. "Ich habe dir gesagt, dass ich nicht warte, bis du deine Haare in Form hast, wie du willst. Du sollst hier unterrichten, keinen Schönheitswettbewerb gewinnen." "Du hast gut reden. Kann ja nicht jeder immer so gut aussehen wie du." Immer noch schwer atmend ließ Ryouga sich neben seinem Freund auf seinen Platz fallen und griff nach der Wasserflasche des Älteren. Abgesehen von der Tatsache, dass er hatte laufen müssen, war es ein ganz normaler Morgen an einem ganz normalen Mittwoch. "Ich sehe gut aus? Schätzchen, ich werde alt. Oder ich bin alt." Murrend zog Nao die Stirn in Falten und lehnte sich dann an seinen Freund. "Mit 36 bist du nicht alt. Und wir alle werden irgendwann alt. Beschwer dich, wenn du 80 wirst." Lächelnd legte Ryouga seinem Freund einen Arm um die Schultern. "Das Mittel gegen Midlifecrisis hast du ja schon." "Du meinst einen deutlich jüngeren Freund? Ja, aber ob das so gut ist? Im Vergleich zu dir bin ich alt!" "Die Dískussion hatten wir schon", bemerkte Ryouga und strich dem Kleineren über den Arm. "Und auch, dass du nicht verstehst, weshalb ich bei dir bleibe, obwohl ich jüngere und hübschere Männer haben könnte." "Ja." Nao seufzte und schloss die Augen. "Selbst als ich mich von dir getrennt hatte, mit der Begründung, dass ich dich nicht mehr lieben würde, hast du um mich gekämpft und wolltest keinen anderen." "Und du weißt warum. Ich liebe dich. Außerdem, was soll ich mit einem Kind, nachdem ich den Wert der Erfahrung kennengelernt habe?" "Im Bett oder im Leben?" Frech grinste Nao den Größeren an. "Beides." Lächelnd stahl Ryouga ihm einen Kuss. Wenn er über die vergangenen 23 Jahre nachdachte, war es eigentlich über 17 Jahre stetig bergab gegangen, auch wenn er sich dessen nie so bewusst gewesen war. Er war immer ganz zufrieden mit seiner Situation gewesen und hatte rebelliert, wo er konnte. Er hatte seine Freunde gehabt, und die 'alte' Clique aus Akita sah er auch jetzt noch regelmäßig. Und auf dem Tiefpunkt, wo es gar nicht mehr weiter hätte bergab gehen können, war plötzlich Nao aufgetaucht und hatte alles verändert. Oder, nein, er hatte Ryougas Sicht geändert. Auch wenn der Anfang holprig gewesen war, seit dem war es eigentlich stetig bergauf gegangen. Und jetzt? Reno und Shin sah er täglich auf der Arbeit, Reno als Lehrer für Musik und Biologie, und Shin als Verwaltungsassistenten oder etwas in der Art. Zu deren Beziehungen… Shou und Shin waren noch zusammen, mehr oder weniger glücklich. Die meisten Meinungsverschiedenheiten schob Shin auf die Tatsache, dass an dem Älteren eine richtige Diva verloren gegangen sei. Und das konnte Ryouga nur bestätigen. Sobald Shou schlechte Laune hatte, machte man besser einen großen Bogen um ihn. Die Sache mit Reno und Hiroto war nicht ganz so leicht. Ryouga hätte schwören können, dass sie sich wirklich liebten, aber die Beziehung verstand er einfach nicht. Die beiden wohnten zusammen und hatten nach wie vor Sex, aber sie stritten täglich. Also musste etwas Besonderes zwischen ihnen sein, sonst wären sie wohl kaum dazu fähig, zusammen zu leben. Eigentlich machte Ryouga sich auch keine Gedanken darüber, dafür war es ihm viel zu schwierig. Nur manchmal machte er sich Sorgen, wenn Hiroto deutlich Würgemale oder Ähnliches zu verbergen versuchte, aber dazu hatte er seine eigene, schmutzige Theorie. Iv war in seinem letzten Ausbildungsjahr zum fachpsychologischen Assistenten, oder irgendwas in der Richtung, dessen genaue Bezeichnung Ryouga immer vergaß oder verdrängte. Auf jeden Fall waren Iv und Saga momentan in einer 'Beziehungspause' - und das war in fünf Jahren die achte. Wieso die beiden sich trotzdem immer wieder zusammenrauften, wussten sie selbst wahrscheinlich nicht. Und dann waren da noch Ko-ki und Tora. Über die ersten zwei Jahre waren sie nur Freunde gewesen, und dann hatte es plötzlich gefunkt. Und drei Jahre Beziehung waren schon keine schlechte Leistung. Beruflich hatte Ko-ki zwar eine Ausbildung gemacht, arbeitete aber nicht. Er meinte, es wäre ihm zu unpraktisch, abends im Restaurant zu arbeiten und dann gar keine Zeit mehr für seine Beziehung zu haben, wenn seine Eltern ihm doch genug zahlten, um zu überleben. Und seitdem er zu Tora gezogen war, sah er erst recht keinen Grund, sich einen Job zu suchen. Viel lieber spielte er Putz- oder Küchenfee, wusste er doch, dass er seinem Freund so einen Gefallen tun konnte. Oder er saß, wenn Pause war oder Tora eine Freistunde hatte, im Lehrerzimmer. "Ryou, was machen wir heute nach der Arbeit?", riss Nao ihn neugierig aus seinen Gedanken. "Ich weiß nicht." Nachdenklich musterte Ryouga den Kleineren, bis sich ein eindeutiges Lächelnd auf sein Gesicht schlich. "Wie wäre es, wenn wir uns im Bettchen vergnügen?" "Den ganzen Nachmittag?" Skeptisch zog Nao eine Augenbraue hoch. "Und den ganzen Abend bis spät in die Nacht. Bis wir nicht mehr können, weil wir zu müde sind. Und da wir morgen frei haben, können wir in aller Ruhe ausschlafen." "Klingt vielversprechend. Müssen wir dann noch ein paar wesentliche Kleinigkeiten kaufen?" "Ich denke, was wir zuhause haben reicht", schnurrte der Größere und kratzte über Naos nackten Arm. "Gut. Sag mal, du hast doch in der dritten Stunde heute frei. Hast du Lust, mich zu begleiten?" "Klar. Aber warum? Du beschwerst dich doch immer, dass ich dich ablenke." Lächelnd kraulte Ryouga dem Älteren den Nacken. "Die Klasse hat mich gefragt, ob ich ihnen etwas über unsere Beziehung verraten würde, und ich habe damit kein Problem. Nur geht es dich auch etwas an." "Wir sollen also ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern. Ich bin dabei. Mal abwarten, was die Schüler so zu erzählen haben. Für perverse Geschichten habe ich immer etwas über." Nao schüttelte den Kopf. Das war sowas von typisch Ryouga, aber es war eigentlich auch immer sehr spannend. Besonders, da er es auch nach dieser langen Zeit nicht schaffte, seinen jüngeren Freund zu durchschauen. Weder in Sachen Sex noch in irgendeinem anderen Bereich. Hart pinnte Ryouga Nao ihm Flur an die Wand, fing dessen Lippen ein und beanspruchte dessen ganze Aufmerksamkeit für sich. Schnell verschwanden seine Hände unter dem Shirt des Älteren und streichelten zärtlich die weiche Haut. Die Tatsache, dass Pause von immerhin 15 Minuten war, hatte sie auch vorher noch nie gestört. Und für die Schüler war es keine Seltenheit. Sie hatten sich daran gewöhnt. Und spätestens, seit Reita und Kai auf der Toilette bei… fragwürdigen Aktivitäten erwischt worden waren, störte es niemanden mehr, wenn die anderen Lehrer - meistens so offensichtlich nur Ryouga und Nao - auf dem Flur gesehen wurden. So lange sie vollständig bekleidet waren. "Ryou, hör auf, bevor dein Geliebter erstickt", lachte jemand, und sorgte so dafür, dass Ryouga sich etwas von seinem Freund löste und den Blonden ansah. "Ich pass schon auf, Ruha. Und so weit ich weiß, wird man erst bewusstlos. Denkst du nicht, das würde mir auffallen?" Liebevoll strich er seinem keuchenden Freund über die Wange, der die Augen schloss und sich an ihn lehnte. "Wahrscheinlich schon." Grinsend lehnte Uruha sich an die Wand. "Ich freue mich wirklich für euch. Fünf Jahre… So lange hat noch keine meiner Beziehungen gehalten." "Stimmt, mit Kazuki ist ja seit über einem Jahr Schluss." Überrascht sah Uruha ihn an. "Woher weißt du das?" Ryouga lächelte leicht. "Mindestens alle zwei Wochen bin ich im Club. Das sind irgendwo nicht nur meine Kollegen gewesen, sie sind auch jetzt noch meine Freunde. Kazuki hat es mir erzählt. Und er fragt oft nach dir. Du fehlst ihm." "Hat er dir auch erzählt, warum?", fragte Uruha schnippisch. "Ist es so schwer nachzuvollziehen, wenn man weiß, dass er mich zeitgleich mit zwei anderen Typen betrogen hat?" "Nein." Ryouga schüttelte den Kopf, sah kurz zu Nao und dann zu Uruha zurück. "Nur zu deiner Info, ich habe die Erfahrung gemacht, als ich mich verkauft habe. Ich habe bei Weitem mehr Männer gehabt in der Zeit, obwohl ich mit Nao zusammen war. Trotzdem hat er mir verziehen. Denk ruhig mal darüber nach." Entspannt saß Ryouga auf dem Pult und beobachtete Nao. Es war schon seltsam, wie viel die Schüler über ihre Beziehung wissen wollten, aber es machte ihm zum Beispiel nichts aus, wenn sie wissen wollten, wer dominanter war. Und wirklich zu private Fragen waren noch nicht gestellt worden. "Wer von Ihnen kocht?" "Ich meistens", antwortete Nao lachend. "Oder wir kochen zusammen." "Gibt es manchmal sowas wie Generationskonflikte?" "Manchmal, aber nie wirklich etwas Ernstes." "Murai-sensei, haben Sie schon einmal überlegt, ihre Beziehung zu beenden?" "Zweimal darüber nachgedacht, einmal habe ich es dann wirklich wegen etwas Harmlosem getan." "Was waren die Gründe?" "Er hat einmal ziemlichen Mist gebaut. Das, wo ich mich dann wirklich von Ryouga getrennt habe, war, weil ich mich für zu alt gehalten habe." "Ryouga-san, was für Mist haben sie gebaut?" "Ziemlich großen", gab Gefragter einfach zurück. Er bestand darauf, dass seine Schüler ihn nicht zu formal ansprachen. Nao sah ihn mit einem frechen Blitzen in den Augen an. "Ist es dir etwa peinlich?" "Nein, aber das geht außer dich und mich niemanden etwas an." "Ach so?! Schatz, sieh es als verspätete Rache. Er ist anschaffen gegangen." "Das wirst du mir noch in zwanzig Jahren vorhalten, oder? Es waren etwas mehr als drei Wochen und das Geld war für deine Schulden. Das ist außerdem schon über fünf Jahre her." "Murai-sensei, das verstehe ich nicht. Sie haben ihn wegen Komplexen verlassen, aber sind nach der Aktion bei ihm geblieben?" "Ich habe ihn schon damals sehr geliebt", antwortete Nao gelassen, "deshalb konnte ich nicht anders, als ihm zu verzeihen, besonders, da es ihm wirklich leid getan hat. Und später habe ich Schluss gemacht, weil ich ihn geliebt habe und wollte, dass er sich jemanden sucht, der besser zu ihm passt." "Und warum sind Sie wieder mit ihm zusammen?" "Dieser Sturkopf hat nicht locker gelassen. Meine Begründung damals war, dass ich ihn nicht mehr lieben würde, und er hat sich verdammt viel Mühe gegeben, um mich zurückzubekommen. Und da ich ihn ja immer noch geliebt habe, habe ich ihn zurückgenommen und wir haben das ausdiskutiert." Stur verschränkte Ryouga die Arme vor der Brust und drehte sich zu Nao um, nachdem er seine Tasche auf seinen Stuhl fallen gelassen hatte. Mittlerweile war Mittagspause, und sie hatten das erste Mal seit der Frage-Antwort-Stunde die Gelegenheit zu reden. "Tickst du noch ganz richtig?!", fuhr er den Älteren an. "Danke, ja. Wieso bist du denn jetzt sauer auf mich?!" "Bitte?! Du erzählst den Schülern, dass ich für ein paar Wochen als Hure gearbeitet habe und wunderst dich, dass ich sauer bin?!" "Ryou, das ist eine Tatsache, wieso hätte ich es ihnen nicht sagen sollen?" Unschuldig sah Nao ihn an. "Wieso?! Weil es sie nichts angeht?! Übrigens ist sauer gar kein Ausdruck!" "Stell dich nicht so an, habe ich früher auch nicht gemacht." "Nein, du hast dich über zwölf Stunden im Bad eingesperrt und gar nicht mit mir gesprochen! Und dann haben wir uns mitten in der Nacht angeschrien, bis Saga dich ins Bad gesperrt hat! Und am nächsten Tag haben wir weiter gestritten!" Nao seufzte. "Du hast ja recht. Zwar ist das, was du damals abgezogen hast, wesentlich schlimmer, aber es tut mir leid." Reumütig sah er den Größeren an, der sich sofort etwas entspannte. "Schon gut. Ändern kannst du es auch nicht mehr." In einem kleinen Schwall von Mut trat Nao näher zu seinem Freund und umarmte ihn sanft. Überrascht erwiderte dieser die kleine Geste. Offenbar war es wirklich wieder gut. "Warte, bis ich dich bestrafe", raunte Ryouga dem Kleineren zu und kratzte über den Stoff des Shirts. "Du wirst mich um Gnade anbetteln. Aber du wirst es auch so sehr genießen, wenn deine Gefühle dich überwältigen, bis dein Körper vor unerfülltem Verlangen fast nachgibt und du beinahe das Bewusstsein verlierst, weil ich dir einfach die Erlösung verweigere." Nao spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten, und schluckte. Er wusste, dass Ryouga nicht scherzte und wirklich so lange mit ihm spielen würde, bis er fast zusammenbrach. Ein Mal hatte er diese Strafe schon erdulden dürfen, er wusste, wie es sich anfühlte. Aber er wusste auch, dass Ryouga das Spiel aufgab, sobald er merkte, dass es zu weit ging und Nao an seine Grenzen kam. "Zuhause", flüsterte er und drückte sich leicht an den Größeren. "Noch will ich nur von dir gehalten werden." Unruhig ließ Nao sich auf das Sofa fallen. Er zitterte, sein Körper fürchtete die Folter, die sicher auf ihn wartete. Schweigend setzte Ryouga sich mit etwas Abstand neben ihn und schaltete den Fernseher ein, strafte ihn mit purer Ignoranz. Traurig seufzte er aufgrund dieser Machtdemonstration. Er wusste, dass der andere sein Verhalten aus dem Augenwinkel beobachtete und dass er diesem nicht egal war. Trotzdem traf es ihn irgendwo. Fassungslos sah er zwischen dem Fernseher und seinem Freund hin und her, als dieser allen Ernstes einen Pornosender einschaltete und sich gemütlich ausstreckte, die Füße auf den Tisch legte, ihn aber weiterhin ausblendete. War es wirklich so schlimm, dass er den Schülern von der kurzzeitigen Stricherkarriere erzählt hatte? "Ryou, bitte. Ich habe dir doch gesagt, dass es mir leid tut." Weiterhin wurde er nicht beachtet, schnappte sich frustriert ein Kissen und rollte sich mit dem im Arm zusammen. Vielleicht war das ja das, was von ihm erwartet wurde. Und wenn nicht, war es so doch immer noch besser als nur dazusitzen und zu hoffen, dass sein Freund ihn doch wieder ansah und mit ihm sprach. "Nao, komm her!", forderte Ryouga nach einiger Zeit. Erleichtert gehorchte Angesprochener und krabbelte zu seinem Freund, der den Fernseher ausgeschaltet hatte, sah diesen genau an und lächelte über die gespannte Jeans. "Du siehst, was du zu tun hast. Glaub mir, du wirst heute auch noch auf deine Kosten kommen, aber jetzt machst du dich erstmal nützlich." Still nickte Nao und ein zaghaftes Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Wenn da jemand den Befehlshaber heraushängen lassen wollte, würde er sich jedenfalls erstmal nicht zur Wehr setzen. Er wollte seine 'Bestrafung' nicht unbedingt verschlimmern, indem er Ryouga provozierte. Und doch wusste er, dass der Jüngere ihn wirklich liebte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)