Ikiteru ★ Breaking the rules von Black_Melody (Die Regeln brechen) ================================================================================ Kapitel 30: Pyrit ----------------- "Was?", fauchte Nao und wich fast automatisch einen Schritt zurück, als hätte sein Freund ihn geschlagen. "Aber ich dachte, der wäre hetero!" "Wie gesagt, er steht so unter Druck, dass es im egal ist. Er will, dass ich ihn an meinen Arsch lasse." "Scheiße!", fluchte Nao. "Wenn du es nicht machst, bleibt er länger Rektor und will so unsere Beziehung zerstören." Er wusste, dass es so nicht ganz richtig war, aber das war gerade seine geringste Sorge. "Ich habe mir auch überlegt, wenn du damit einverstanden bist, das zu machen", antwortete Ryouga trocken. "Bitte was?" Geschockt sah Nao ihn an. "Ich habe keine andere Wahl, auch wenn ich die Vorstellung, für ihn die Beine breit zu machen, widerlich finde! Was soll ich denn tun?!", fuhr er den Kleineren an und verschränkte die Arme vor der Brust. "Jetzt komm nicht damit, dass du das für uns tun willst und ich dir lieber dankbar sein sollte!", erwiderte Nao lautstark. "Nicht für uns, für die ganze Schule! Glaubst du, ich habe so viel Spaß daran, dich zu betrügen?! Ich liebe dich! Und nur dich!" "Spinnst du eigentlich?! Es…", Nao holte tief Luft und bemühte sich, sich wieder zu beruhigen. "Ich weiß, dass du mich liebst, und du weißt auch, was ich für dich fühle. Gerade deswegen finde ich es auch so beschissen", fuhr er ruhiger fort. "Aber jetzt bleiben wir mal ganz ruhig und denken nach. Welche Optionen haben wir?" "Ich mache es oder nicht. Ich habe ihn ja auch gefragt, ob er nicht lieber Shin oder Reno haben würde, aber er will unbedingt mich." Nao seufzte und schloss die Augen, rieb sich über die Schläfen. "Ein Mal. Montag. Dann tu's." "Wie bitte?" Verwirrt sah Ryouga seinen Freund an. "Bevor unsere Beziehung an dem Druck, den die Situation auf uns ausübt, zerbricht und ich dich endgültig verliere, gebe ich dich lieber so einmal her. Erzähl mir nur nichts davon." "Bist du stark genug, das zu ertragen?", fragte Ryouga und strich ihm sanft über die Wange. "Ich bin stark genug. Auch wenn es wehtun wird, ich habe schon viel durchgehalten, und ich werde es auch dieses Mal schaffen." Tapfer lächelte er den Größeren an. "Vielleicht liebe ich dich gerade deswegen. Danke." Liebevoll küsste Ryouga seinen Freund auf die Stirn und umarmte ihn fest. "Wir werden nie darüber reden, nicht ein einziges Wort", versprach der Jüngere und schloss die Augen. Er meinte es auch so. Er wollte Nao nicht verlieren, und es war wundervoll, wie viel Freiheit er noch bekam. Er wusste, was er an seinem Freund hatte. Kaum ein anderer würde ihm einfach so die Lizenz zum Fremdgehen geben. Er wusste, dass er Nao verletzen würde, und er nahm sich auch vor, das nicht öfter zu tun. Er wollte einfach mit Nao zusammenbleiben. "Ryou, weiß noch wer davon? Außer Kazuki?", nuschelte Nao und schmiegte sich enger an ihn. "Nicht einmal Reno. Und Kazuki weiß nichts Konkretes. Wenn der es aber Uruha erzählt hat und der eins und eins zusammenzählt, wird zumindest Ruha wissen, was los ist." "Oh Mann. Was wird Uruha dazu sagen?" "Keine Ahnung und ist mir egal. Ich habe auch öfter mit Uruha geschlafen. Und wenn er mich für eine Hure hält, dann ist es so. Er hat über vier Wochen für mich auf dem Schreibtisch gelegen, nicht umgekehrt. So lange du nicht mit einem Messer auf mich losgehst, ist alles super." "Du bist keine Hure." Lächelnd strich Nao ihm über die Wange. "Solange du dich nicht bezahlen lässt, bist du keine Hure, Schlampe und auch kein Stricher. Klar?" Ryouga nickte. Wobei das eigentlich gar keine schlechte Idee war. Nao hatte ihm Finanzprobleme gebeichtet. Wenn er eine genaue Summe auftreiben könnte, könnte er so lange nebenbei anschaffen gehen, bis er diese Summe raus hatte. Auf der Clubtoilette könnte er das nebenbei machen. Zwar war es von Kisaki aus verboten, aber der brauchte davon nichts zu erfahren. Und das Geld könnte er Nao als Trinkgeld ausgeben. Oder als Extrazahlungen von seinem Boss. Aber er wollte seinem Freund nicht fremdgehen. Natürlich könnte er das auch einfach als Job durchgehen lassen, aber Nao würde ihm den Kopf abreißen. So lange der aber nichts davon erfuhr… Ja, wenn er Nao davon erst gar nichts erzählen würde… Aber nein, er wollte das nicht. Er wollte Nao nicht betrügen und er wollte seinen Arsch nicht verkaufen. Allgemein wollte er für Geld nicht so weit gehen, wobei es immer noch besser wäre, als seinen Vater um Hilfe zu bitten. "Ryou, rede das nächste Mal gleich mit mit", bat Nao leise und sah ihn an. "Was Ehrlichkeit betrifft, müssen wir eh noch üben." "Ich weiß." Ryouga lächelte seinen Freund sanft an. "Und wir sollten uns nicht so oft anschreien." "Wir führen so eine unharmonische Beziehung", lachte der Kleinere und schüttelte den Kopf. "Ein Wunder, dass wir noch zusammen sind." "Das wird schon noch. Wir sind nur mit Problemen gestartet und das alles ist so neu. Mal abwarten, was wird, wenn Nakamura weg ist." "Shin, dein Bier. Geht auf mich." Lächelnd stellte Ryouga seinem Kumpel die Flasche hin und stützte sich auf den Tresen. "Also, was wünschst du dir zum Geburtstag?" "Nichts. Ich habe meine Freunde hier und wir haben einen tollen Club entdeckt, das reicht." "Du bist gemein. Ich will dir etwas schenken, aber ich weiß nicht, was du willst." Nachdenklich legte Ryouga den Kopf schief. Er hatte mit den anderen abgesprochen, dass sie Shin etwas Persönliches schenken wollten, aber er wusste nicht, was er dem Geburtstagskind geben sollte. "Was ich will? Einen netten Freund, der mich beschützt und mir die Welt zu Füßen legt", lachte der Kleinere. "Nein, ehrlich, es ist gut, wie es ist." Ryouga sah sich um. Sein Blick fiel auf das dünne Kettchen, dass um sein Handgelenk geschlungen war, und auf den Anhänger. Ein Herz und ein Kreuz. Liebe und Tod. Er wusste, wie sehr Shin dieses Armband bewunderte, und es war auf jeden Fall etwas Persönliches. "Shin, gib mir deine Hand", forderte Ryouga. Kurz entschlossen löste er das Band von seinem Arm und legte es Shin um. "Dein Geschenk", erklärte er lächelnd. "Aber… Das ist doch deins", bemerkte der Kleinere zögernd. "Du mochtest es schon immer. Ich schenke es dir." Strahlend lächelte der Ältere ihn an. "Danke. Ich passe gut drauf auf." "Das freut mich, aber es ist deine Sache, wie du mit deinem Besitz umgehst." "Ryou, du musst auch immer alle in den Schatten stellen", beschwerte Reno sich plötzlich lachend. Ryouga zuckte mit den Schultern und machte sich an den Abwasch. Einer musste ja dafür sorgen, dass die Gläser nicht ausgingen, und wenn weder Kazuki noch Ray sich dazu bereit erklärten, musste er das eben selbst übernehmen. "Ryou, gib mal die Flasche Tequilla." "Kazuki, hör auf, so sauer auf mich zu sein", stellte Angesprochener die Gegenforderung. "Ich weiß, dass es scheiße von mir war, mich so abzuschießen, aber ich habe von Nao dafür schon eine reingekriegt, das reicht schon. Und ich werde mich nicht wieder so besaufen." "Schön. Ich habe an sich kein Problem damit, dass du trinkst, aber du selbst sagst, du kennst deine Grenzen. Du hättest nicht alles auf einmal trinken sollen. Das ist dumm, kindisch und sinnlos. Oder ist dein Problem weg?" "Das nicht, aber es ist gelöst. Ich habe mit Nao darüber gesprochen." Kazuki schüttelte den Kopf. "Dann kannst du das nächste Mal auch gleich so zur Lösung kommen. Dann ist es erst recht dämlich, sich fast tot zu saufen." "Meine Fresse, Kazu, jetzt bleib mal ruhig. Ich lebe noch, ich bin nicht im Koma und die Kopfschmerzen sind mein Problem. Jetzt reg dich nicht so auf. Außerdem wusstest du, dass ich mich besaufen wollte, du hast mir ja sogar noch das Zeug gekauft." "Ja, stimmt schon. Vielleicht bin ich gerade deswegen so sauer, dass du so verantwortungslos damit umgegangen bist. Hast du eigentlich auch nur eine Sekunde an Nao gedacht?!", zischte der Ältere und funkelte ihn wütend an. "Ich habe nur an Nao gedacht!", fauchte Ryouga zurück. "Deswegen habe ich so viel getrunken! Ich wollte vergessen, wie sehr ich ihm wehtun muss!" "Kazuki, Ryouga, raus!", fuhr Kisaki dazwischen. "Ihr klärt das. Ich glaube, ein bisschen frische Luft wird euch nicht schaden. In zehn Minuten seid ihr wieder hier, ruhig und allerbeste Freunde!" Ryouga knurrte aggressiv, schnappte sich aber seine Zigaretten und ging tatsächlich vor die Tür. Eigentlich hatte er überhaupt keine Lust, mit seinem älteren Kollegen zu streiten, aber so viel Heuchelei war einfach unglaublich. Er mochte Kazuki zwar, auch jetzt noch, aber was zu weit ging, ging eben zu weit. "Ryou, warte. Wir sollten das wirklich klären", meinte der Kleinere. "Erklär mir die genaue Situation, und ich versuche, dich zu verstehen." "Ich habe es dir gestern erklärt. Der, der mir alles nehmen kann, ist dieser Typ vom Ministerium, Nakamura. Verstehst du?" "Und der will mit dir schlafen?" Bestätigend nickte Ryouga. "Scheiße. Machst du es?" "Mit Naos Einverständnis. Ja, übermorgen. Egal, wie abartig schon der Gedanke ist, ich ziehe das durch." Entschlossen sah Ryouga seinen Kollegen an. "Mit oder ohne?" Fragend zog Ryouga die Stirn kraus. "Kondom", erklärte der Kleinere lächelnd. "Keine Ahnung. Ich denke ohne, obwohl ich mich mit wahrscheinlich wohler fühlen würde." "Und warum dann ohne?" Ruhig zog der Ältere an seiner Zigarette. "Weil ich keine Kondome zuhause habe, und weil ich denke, dass er sowieso nicht mitspielen wird." "Kondom ist doch nichts Schlimmes. Wie sieht's mit der Vorbereitung aus? Machst du selber?" "Ich frage Reno. Hast du sonst noch Kondome und kannst mir eines mitbringen?" "Klar." Kazuki sah in den Himmel. "Kommt Nao denn mit der Situation klar?" Ryouga zuckte mit den Schultern. "Er sagt es, aber ich glaube es nicht. Warum fragt jeder nach Nao, aber keiner nach mir?" Seufzend sah Ryouga auf den Boden. "Wie sieht es denn bei dir aus?" Zart legte Kazuki ihm eine Hand auf die Schulter. "Ich will das nicht. Ich will Nao nicht betrügen und ich könnte kotzen, weil ich es tun muss, und dann nicht mal ein sehr gut aussehender Typ. Ich meine, so schlimm ist Nakamura nicht, aber halt nur Durchschnitt. Ich hoffe, dass es kurz und schmerzlos wird und ich nie wieder darüber reden muss. Und dass ich nicht allzu viel mitbekomme." "Willst du dich vorher besaufen oder Drogen nehmen?" Skeptisch sah der andere ihn an. "Nein, aber ich kann Dinge, die nur mit meinem Körper passieren, gut ausblenden." "Ach so. Aber im Nachhinein weißt du, was passiert ist." "Ganz genau." Ruhig zog Ryouga noch einmal an seiner Zigarette und trat diese dann auf dem Weg aus. "Komm wieder mit rein, Kisaki feuert uns sonst." Montagmorgen ließ Ryouga sich zitternd neben Reno sinken und legte den Kopf in den Nacken, sah an die Decke. Er zitterte, weil er sich einfach nicht wohl fühlte, sein Körper reagierte so. Die erste Stunde war überstanden, es waren noch fünf weitere, bis zur Mittagspause. Und er hatte es noch nicht fertig gebracht, seinen besten Freund um Hilfe zu bitten. Geschweige denn ihm die Situation zu erklären. "Reno?", fragte er leise. Das Zittern in seiner Stimme überraschte ihn doch irgendwie. "Ja, was ist?" "Würdest du mir helfen?" "Wobei?" Seufzend erzählte Ryouga seinem besten Freund die Geschichte. "Und da er keine Erfahrung mit Männern hat und ich mich nicht selbst vorbereiten will…" "…soll ich das machen", beendete Reno den Satz. "Kein Problem. Anfang der Mittagspause?" "Hm.", murmelte Ryouga und legte den Kopf auf den Tisch. Die Situation war ihm irgendwo peinlich. Ganz unerklärlich. Er konnte nur hoffen, dass es ihm im Nachhinein nicht zu sehr zu schaffen machte, Nao doch fremdgegangen zu sein. Ein schlechtes Gewissen war schlimmer als körperliche Schmerzen. "Willst du eigentlich mit ihm schlafen oder musst du?", fragte Reno leise und sah auf seinen Block. "Ich habe keine andere Wahl, weißt du doch", erwiderte Ryouga ruhig. "So meinte ich das nicht. Wenn das alles nicht wäre und er dir sonst was geben würde, würdest du es tun?", erklärte der Ältere seine Frage. "Du meinst so was wie Geld? Glaubst du, ich mache es jetzt umsonst?" Ryouga sah traurig auf den Tisch. "Nao ist hoch verschuldet. Von einem Fünftel hat er mir erzählt, aber insgesamt hat er 1.075.000 Yen* Schulden in Europa. Wir brauchen das Geld dringend." "Oh Shit", entkam es dem Größeren. "Und jetzt?" "Ich weiß nicht. Mal gucken, wie viel ich für meinen Körper bekommen kann. Wahrscheinlich heißt es dann für mich, dass ich mich nebenbei verkaufen muss. Ohne Naos Wissen." "Und das willst du durchziehen, obwohl du ihn liebst?" Reno zog zweifelnd eine Augenbraue hoch. "Wie willst du ihm das Geld erklären?" "Trinkgeld und Zusatzzahlungen. Es ist ein Job, Reno, das hat nichts mit Nao und meinen Gefühlen für ihn zu tun. Das ist die schnellste Möglichkeit, an Geld zu kommen." "Aber wenn das so ist, kannst du auch einfach mit Nao reden. Es ist ja nur ein Job." "Nao sieht das anders. Er wird mich dann auf jeden Fall rausschmeißen. Ich will ihn nicht verlieren", gab Ryouga zu bedenken. "Und was, wenn er von deinem Nebenjob erfährt?" Ryouga zuckte mit den Schultern. "Das kannst du dir denken. Aber hoffen wir, dass es nicht so weit kommt." Selbstsicher betrat Ryouga das Direktorenbüro und schloss die Tür hinter sich. "Ryouga, schön, dass du da bist", begrüßte der Beamte ihn lächelnd. "Wie fühlst du dich heute?" "Gut, danke." "Du bist heute aber ziemlich ernst. Aber hast du dich entschieden?" Ryouga nickte und holte Kondom und Gleitgel aus der Tasche. "Meine Bedingungen", erklärte er, "und umsonst geht da nichts." "Kleine Hure, was? An wie viel dachtest du?" Wie machten das Händler immer? Preis höher ansetzen, weil der Gegenüber wahrscheinlich runterhandeln möchte. "So 17250 Yen**? Ungefähr", bot er kühl an, ignorierte sein wild schlagendes Herz. "Du bist für einen Schüler teuer. Ich dachte vielleicht an… 5750 Yen***." "Dazwischen liegt eine schöne Summe", meinte der Jüngere ruhig. "So billig bin ich nicht. Aber was machen wir jetzt?" "Treffen in der Mitte", erwiderte Nakamura ruhig. "11500 Yen.****" "Never", entschied Ryouga. "Auch ich als 'kleine Hure' habe meinen Preis. Mein Mitbewohner und ich brauchen Kohle." "Was wäre denn dein Mindestpreis?", fragte der Ältere vorsichtig. "Ich denke, mit 13800 Yen***** könnte ich leben." "In Ordnung. Erst Dienstleistung, dann Bezahlung." Ryouga nickte und legte seine Tasche auf dem Besucherstuhl ab. Unschlüssig stand er vor dem Schreibtisch und wartete auf eine Aktion des anderen. Er musste sich erst mal passiv halten und sich langsam vortasten. Ruhig sah er auf die Hände, die seine Krawatte lösten und sein Hemd aufknöpften. Spätestens jetzt gab es kein Zurück mehr. Suchend lief Reno im Schulgebäude hin und her. Die nächste Stunde hatte schon begonnen und er machte sich Sorgen um seinen besten Freund, und Hiroto hatte ihm erlaubt, diesen zu suchen. Ryouga war seit der Sache mit ihrem Rektor verschwunden. Schnell öffnete er die Tür zu den Schultoiletten. Jackpot. Blass und scheinbar zitternd stützte Ryouga sich auf dem Waschbecken ab. "Ryou, endlich. Ich habe mir Sorgen gemacht." Der Kleinere antwortete nicht und sah ihn auch nicht an. "Warte hier, ich hole Hilfe." "Ich hatte nicht vor, wegzugehen", murmelte Ryouga. Reno lief schnell zum Lehrerzimmer. Einen Moment zögerte er, spazierte dann aber einfach hinein und sah auf den Plan. Er musste Nao holen, der war wohl der einzige, den Ryouga an sich heranlassen würde. Er rannte förmlich zu dem Raum, in dem der Lehrer jetzt unterrichtete und klopfte an und riss die Tür auf. "Murai-sensei, wir haben ein Problem. Könnten Sie mir helfen? Es könnte etwas dauern." Nao nickte verwirrt, gab der Klasse einige Aufgaben und verließ dann mit Reno den Raum. "Was ist?", fragte er den Jüngeren und lief neben diesem her, als dieser ihm ein Zeichen dazu gab. "Ryouga geht es dreckig." "Warum?" "Ich weiß es nicht genau, aber ich kann es mir denken. Nur meine ich, dass du ihm besser helfen kannst als ich." Reno öffnete leise die Tür zu den Sanitäranlagen und deutete auf eine Ecke, in der Ryouga an der Wand lehnte und die Stirn gegen diese gelegt hatte. Während sein Lehrer sich schweigend zu dem Jüngsten begab, blieb er in der Tür stehen. Vorsichtig legte Nao seinem Freund eine Hand auf den Rücken und stellte sich neben ihn. "Ist dir schlecht? Musst du dich übergeben?", fragte er leise und versuchte, einen Blick auf das Gesicht des Schülers zu erhaschen. "Schlecht ist mir, ja, aber kotzen muss ich nicht", murmelte Ryouga zurück. "Alles, was ich auskotzen konnte, ist draußen." "Wieso? Ich ahne, weshalb es dir nicht gut geht, aber warum hast du gespuckt?" Ryouga schnaubte leise. "Ich habe dir versprochen, dass wir nicht darüber reden." "Jetzt habe ich aber gefragt", erwiderte Nao und legte seinen Kopf an die Schulter des anderen. "Erst Sex, Standard eben, aber danach wollte er, dass ich ihm einen blase." "Und du hast es getan", schlussfolgerte Nao und schloss die Augen, bemühte sich, den dumpfen Schmerz in seiner Brust zu ignorieren. "Und Sex? War er…" "Nein, er war nicht gut, und nein, da können auch keine Reste sein. Kondome sind doch etwas Tolles." Nao nickte langsam. Das waren Sachen, die er ursprünglich wirklich nicht hatte wissen wollen, aber wenn es Ryouga half, darüber zu reden, musste er die Zähne zusammenbeißen und sich alles anhören. "Hör auf, dich so um mich zu sorgen!", zischte Ryouga plötzlich. "Ich habe dir wehgetan, aber du denkst nur an mich. Das ertrage ich einfach nicht!" "Und ich ertrage nicht, dass es dir schlecht geht. Wir gehen jetzt zum Lehrerzimmer und einer der anderen fährt dich nach Hause. Ist das klar?!", fauchte Nao leise. Er wollte nicht aggressiv klingen, aber er musste sich auch einmal durchsetzen, und jetzt war definitiv ein guter Zeitpunkt gekommen. Auch wenn er eher Lust hatte, diesem Nakamura die Augen auszukratzen, der war immerhin an dem Ganzen Schuld. Reizvolle Vorstellung, aber das musste warten. "Klar", knirschte Ryouga ergeben und ließ sich von Nao mitziehen. Unachtsam zerrte der ihn immer weiter. Es war ihm auch nicht unrecht, nicht mehr bleiben zu müssen. Er wollte nur noch duschen, diesen ganzen Schmutz abwaschen, der von jeder noch so kleinen Berührung auf seiner Haut geblieben war. Aber er sollte versuchen, es einfach von der positiven Seite zu sehen. Er hatte das Geld und er konnte bald duschen gehen. Zwei wundervolle Punkte. Und es würde auch gar nicht lange dauern, bis dieser Scheißtyp endlich aus seinem Leben verschwand. Aber trotzdem war da noch der Plan seines neuen Nebenjobs. Wie sollte er das bitte überstehen, wenn er schon nach einem Mal so neben der Spur war? Half es eventuell, vorher irgendwelche Drogen zu nehmen? Sicher würde es helfen, aber Kisaki würde ihn hochkant rauswerfen. Was er aber auch tun würde, würde er erfahren, was Ryouga vorhatte, auf der Toilette seines geliebten Clubs zu veranstalten. Ganz wundervoll. "Ryou!", fuhr Nao ihn an und holte ihn so aus seinen Gedanken. "Ich habe dich gefragt, ob du einverstanden bist, wenn Uruha dich zu uns fährt", sprach er in sanfterem Ton weiter, als er die Verwirrung des Größeren bemerkte. "Ja, kein Problem." Nao schüttelte lächelnd den Kopf und streifte mit seinen Lippen flüchtig die Wange seines Freundes. "Tu, was immer notwendig ist, damit es dir besser geht." Ryouga nickte und lächelte den Älteren schwach an. "Danke", flüsterte er. Er wusste nicht, wie lange er schon unter der Dusche stand und sich selbst bemitleidete. Zu lange. Aber er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Wie sollte er die Stärke aufbringen, Nao fast täglich fremdzugehen, mit Typen, die ihn bezahlten und die er nicht einmal kannte, wenn sein Gewissen jetzt schon im Dreieck sprang? Konnte er überhaupt so weit gehen und das Risiko eingehen, Nao zu verletzen? Was würde er tun, wenn Nao es herausbekam? Aber wie sollte der Kleinere das erfahren? Allgemein, wie lange sollte er diesen verdammten Job machen? Wie lange musste er anschaffen gehen, um Naos Schulden zu tilgen? Wie schlecht musste er sich behandeln lassen? Fragen. Viele Fragen ohne Antworten. Er konnte die Antworten nicht finden, und auf die Fragen, auf die er die eigentlichen Antworten kannte, wollte er sie nicht einmal in Erwägung ziehen. Er hörte, wie eine andere Person das Bad betrat. Das konnte nur Nao sein, dafür musste er seine Augen auch nicht öffnen. Er spürte die Anwesenheit seines Freundes instinktiv. Leise trat Nao zu ihm und umarmte ihn fest. Er fühlte den Trost, den der Ältere ihm spenden wollte, aber es tat ihm weh zu wissen, dass der Schmerz, den der andere stillschweigend ertrug, seine Schuld war. Und dass der andere seinetwegen noch viel mehr erleiden sollte. Gute Absichten hin oder her. "Ich bin nicht sauer auf dich", flüsterte Nao ihm zu und strich ihm sanft über den Rücken. "Und ich bewundere deine Stärke. Ich weiß, weshalb du das getan hast." "Ich weiß." Traurig seufzte der Größere. Es ging ihm nicht darum, ob Nao sauer auf ihn war oder nicht. Es ging darum, dass es ihm einen Stich versetzte zu wissen, dass es Nao trotzdem verletzte und er nichts dagegen tun konnte. Er hatte es verdient, genauso zu leiden, aber Nao würde nicht… Und wenn er ihn darum bat? "Nao, wenn ich dich bitten würde, mit Kisaki zu schlafen, würdest du es tun?", fragte er den Kleineren flüsternd. "Nein", antwortete dieser ruhig. "Warum?" "Weil ich will, dass du dich auf ihn einlässt. Ein Mal. Er ist ein attraktiver Mann." "Warum?" Fragend sah der Ältere ihn an. "Weil ich weiß, dass ich dich verletzt habe und du mir genauso wehtun sollst." "Das ist krank", murmelte Nao und strich ihm über die Wange. "Es macht keinen Sinn für mich zu sagen, dass du mich nicht verletzt hast, aber ich liebe dich und ich werde dir das deshalb nicht antun. Außerdem lässt dein Gewissen dich genug leiden." "Wenn du mich liebst, schlaf einmal mit meinem Chef. Lass mich wissen, wie groß der Schmerz ist", bat Ryouga leise. "Nein. Komm jetzt mit aus der Dusche, du stehst doch schon lang genug hier herum." Nao stahl seinem Freund einen Kuss, stellte das Wasser aus und trat mit dem Jüngeren aus der Dusche. Später räumte Nao die Waschmaschine ein und holte Ryougas getragene Sachen, die er nach dem Duschen einfach im Bad liegen gelassen hatte. Plötzlich stutzte er und griff in eine der Hosentaschen. Nach und nach förderte er immer mehr Geld zu Tage. Jedes bisschen legte er auf die Waschmaschine. Als er alles herausgeholt hatte, stopfte er die Hose in die Waschmaschine und machte sich dann daran, das Geld zu zählen. 13800 Yen. ______________________________________________________________ Schlagt mich bitte nicht für dieses Ende des Kapitels und für Ryougas kleine Pläne. Ja, es ist idiotisch, aber Verzweiflung treibt Menschen dazu, Dinge zu tun, die für sie sonst nie in erreichbare Nähe rücken würden. Und wahrscheinlich sollte ich euch dafür die Zahlensummen umrechnen, was ich auch ungefähr getan habe. Das ist allerdings einmal kurz: *ca. 10.000€ **ca. 160€ ***ca. 55€ ****ca. 105€ ***** ca. 130€ Ja, ziemlich beschissene Lage mit Naos Schulden. Und ob Ryouga es tatsächlich fertig bringt, Nao zu betrügen und dafür auch noch Geld zu nehmen, ist ja die eine Sache. Aber was Nao jetzt zu seinem Fund sagen wird, überlasse ich bis in zwei Wochen eurer Fantasie. WICHTIG! Das nächste Kapitel kommt an einem Dienstag, am 17.04. Wem das Besondere auffällt, weshalb ich das vorverlegt habe, der kann sich gern etwas einfallen lassen, dass ich auf Mexx verschenken kann. Eine FF oder Zeichnung mit Widmung oder so etwas. Nur keine KT. Bei meiner OS-Reihe könnt ihr euch sowieso Pairs wünschen, aber das könnte dann eventuell auch ein wenig länger werden.^^‘ Und Zeichnungen… sehen zwar gut aus, aber ich bin laaaaangsam. Noch langsamer als beim Schreiben. Ich wünsche euch eine erholsame Zeit bis zum nächsten Kapitel, oder auch Erfolg in Schule/Ausbildung/bla. ^.^ Hikari Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)