Kinder ihrer Zeit von Hekate4444 ================================================================================ Kapitel 8: Bittersüß und Heimatlos ---------------------------------- An den Freischalter: Ich weiß dass gerade noch ein Kapitel ohne Inhalt eingegangen ist. Das war meine Katze, die 3 Mal Enter gedrückt hat. Soo, ich weiß es hat wieder hundert Jahre gedauert. Ich bin selber genervt davon, aber die Uni ist ziemlich elend und ich sollte auch jetzt eigentlich lernen statt zu schreiben. Ich bin selbst nicht ganz sicher, wie ich dieses Kapitel finde. Es liegt mir sehr am Herzen und ich mag es unglaublich gerne, aber ich vermute dass Harry zwischendurch ziemlich wirr wirkt. Ich hoffe ihr kommt damit klar. Es wurde einfach Zeit, dass die Geschichte mal einen Sprung vorwärts macht. Bittersüß und Heimatlos "Ich denke wirklich wir sollten die beiden Jungs auf dieses Konzert fahren lassen.“ Harry und Ginny saßen abends im Wohnzimmer bei einer Tasse Tee und sahen sich eine seichte Abendsendung an. Nach ihrem spontanen Wochenendtrip hatte sie weiterhin viel arbeiten müssen und war nun froh ein wenig Freizeit zu haben. Harry war einfach nur froh mal wieder ein wenig Zeit mit ihr verbringen zu können. Erleichtert hatte er in den letzen Tagen festgestellt, dass er begann ihre Anwesenheit zu vermissen. Langsam schien es wieder bergauf mit ihm zu gehen – dass er Malfoy in dieser Zeit kaum gesehen hatte, da er Scorpius vorerst bei sich behalten wollte, ignorierte er dabei gekonnt. Denn, wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann war es nicht nur seine Frau, die er vermisste… Immerhin hatte er die Situation genutzt wieder mehr mit Ron zu unternehmen. Da sie unausgesprochen beschlossen hatten das Thema Draco Malfoy zu meiden waren es ein paar schöne Tage gewesen. Theoretisch hatte er wieder alles im Griff. Theoretisch hätte er dieses Konzert gar nicht erst ansprechen brauchen. Er hätte einfach darauf warten können, dass James wieder auf seine Mutter zugehen würde. Theoretisch. „Meinst du wirklich? Ich weiß nicht. Wales ist soweit weg…“ „Ich glaube Draco hat das schon im Griff. Sonst kann ich ja auch mitfahren.“ „Wann wäre es denn so weit?“ „Nächste Woche, wenn ich das ganze richtig in Erinnerung habe.“ „Ich fände es eigentlich auch schön, wenn wir mal wieder nur Zeit für uns hätten.“ „Ich auch.“ Er streichelte ihr sanft über das weiche Haar. „Man könnte James einen Handel vorschlagen: Wenn du mit ihm auf dieses blöde Konzert fährst sorgt er dafür, dass wir einen Tag plus Abend ganz für uns haben. Er passt hier auf alles auf und macht sauber.“ „Ob er sich darauf einlässt?“ „Daran werden wir dann ja sehen, wie wichtig ihm das Ganze ist.“ Sie lehnte sich zu ihm herüber und kuschelte sich in seine Arme. Er lehnte seinen Kopf gegen ihren. „Klingt nach einer guten Idee.“ Er sog ihren Duft ein und genoss ihre Zweisamkeit. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, dass sie so zusammen gewesen waren. „Harry?“ Sie stellte beide Tasse weiter auf den Tisch, außerhalb ihrer Reichweite und lächelte ihn lasziv an. „Lass uns nach oben gehen…“ Oh ja, das war auch schon eine Weile her und er würde sich dieses Angebot mit Sicherheit nicht entgehen lassen. Harry hatte schon fast nicht mehr damit gerechnet, dass James sich auf den Handel einlassen würde, so sehr hatte er sich am Anfang gegen diese „Erpressung“ gewehrt. „Aus Prinzip“. Schlussendlich schien er aber begriffen zu haben, dass es im Leben selten etwas umsonst gab. Dabei ging es wohl weniger um das Babysitten seiner Geschwister als vielmehr um die Haushaltspflichten, die man ihm an einem der letzten Ferientage aufzubürden gedachte. Der Streit allerdings schien nun vergessen, denn er war bereits den ganzen Tag über aufgekratzt gewesen und wühlte gerade in seinem Kleiderschrank nach dem richtigen Outfit. Harry ging die Sache lockerer an. Er würde einfach mitfahren, sich das Konzert ansehen, bei Malfoy im Gästezimmer schlafen und wieder nach Hause fahren. Ganz einfach. Sie hatten nur noch sporadischen Kontakt gehabt seit er das letzte Mal dagewesen war. Harry hatte jedoch den Eindruck gehabt, dass der Blonde sich zumindest ein bisschen gefreut hatte, als Harry ihm wegen des Konzerts zugesagt hatte. Vielleicht freut er sich auch nur deswegen, weil er es so nicht alleine durchstehen muss, flüsterte ein kleines Stimmchen in seinem Hinterkopf. Oder er hatte sich in der Zwischenzeit nicht gemeldet, weil er genauso verunsichert gewesen war wie Harry und war jetzt froh wieder einen Anknüpfungspunkt zu haben. Was auch immer es war, Harry war sich sicher, dass diese…Verwirrungen nicht wieder auftauchen würden. Zwischen ihm und Ginny war wieder alles im Lot. Die Alpträume quälten ihn zwar noch immer, aber nicht mehr so häufig wie vor ein paar Wochen. Theoretisch sprach also einiges für Ginnys These, dass ihm der Kontakt zu Draco nicht gut tat. Dennoch freute er sich auf Wales. „Bist du fertig, James?“, fragte er und klopfte an die Tür seines Sohnes. „Ja, gleich.“ Tatsächlich kam er kurz danach bis zu den Zehen raus geputzt aus seinem Zimmer. „Da hat sich aber jemand Mühe gegeben…“, merkte Harry an. „Es besteht die geringe Chance dass Emily Banes anwesend ist. Ich dulde keine weiteren Fragen zu diesem Thema.“ Harry quittierte die Bemerkung mit einem Grinsen und ging zusammen mit seinem Sohn nach unten. Wie immer drehte sich alles um Mädchen. Wäre seine Kindheit doch auch nur so verlaufen. „Also Jungs, benehmt euch.“, ermahnte sie Ginny schalkhaft und gab Harry noch einen zärtlichen Abschiedskuss. „Muss das vor meinen Augen sein? Eltern haben keine Sexualität!“, empörte sich James und beeilte sich nach draußen zu kommen. „Er wird erwachsen…“, seufzte Ginny „Früher hat ihm das nichts gemacht.“ „Da müssen wir durch, fürchte ich.“ Er gab ihr noch einen Kuss und folgte dann seinem Sohn nach draußen. „Kann’s losgehen?“ James nickte und Harry apparierte sie und ihr Gepäck nach Wales, unwissend was das für ihn bedeuten würde. Draco erwartete sie bereits am verabredeten Punkt. Hinter ihm ragte die Silhouette eines beeindruckenden Hauses auf. Es war nicht so riesig wie Malfoy Manor, aber dennoch recht luxuriös. Soweit Harry das bei dem Licht ausmachen konnte handelte es sich um ein altes Gebäude, edel und nostalgisch. Also doch noch jede Menge Malfoy-Blut vorhanden. „Hallo ihr zwei. Dann mal hereinspaziert.“, begrüßte Draco sie mit einem Lächeln. Harry konnte nicht anders als zurückzustrahlen und bemerkte nicht ganz ohne Besorgnis, dass sein Herz einen Hüpfer machte. Seine Beschwerden waren in Dracos Abwesenheit besser geworden, aber trotzdem fühlte er sich in diesem Moment ganz. Bedeutete Ganz-sein Probleme zu haben? Wenn ja, was hatte es damit auf sich? Kaum sah er den Mann, fing das ganze Herumphilosophieren wieder an! „Ich hoffe ihr habt Hunger mitgebracht.“ „Auf jeden Fall.“ Da James großer Fan von Dracos Küche war hatten sie beschlossen sich früher zum Essen zu treffen. Draco bedeutete ihnen mit einem Kopfnicken ihm zu folgen. Harry beobachtete ihn während er vor ihnen herlief. Er hatte eine gewisse Eleganz an sich und es nervte Harry das zugeben zu müssen. Man musste dem Malfoy-Clan wohl lassen, dass sie Klasse hatten. „Stellt eure Sachen einfach ab. Bonny trägt sie später hoch.“ „Bonny?“ „Eine Hauselfe. Und jetzt komm mir nicht mit diesem Belfer-Mist. Das Haus würde ohne sie wie der letzte Saustall aussehen.“ „Das war Hermine. Solange du Bonny besser behandelst als Dobby…“ An den kleinen Hauself zu denken versetzte Harry immer noch einen Stich. Er hatte so viel erleiden müssen und konnte nicht einmal einen friedvollen Tod sterben. „Zerbrich dir darüber mal nicht deinen Kopf. Du kannst sie gerne fragen.“ „Ich vertrau dir da mal.“ „Scorpius kommt gleich runter. Er steht seit drei Jahren im Badezimmer rum.“ „Malfoysche Eitelkeit?“ „Das hat er von seiner Mutter. Ich bin naturschön und brauche mich nicht aufhübschen.“ „Wie konnte ich diesen Fakt nur in Frage stellen.“ „Neid kann verblenden. Das ist in Ordnung.“ Er zwinkerte ihm schalkhaft zu und wies ihnen überflüssigerweise den Weg zur Küche – der Geruch hätte Harry ohnehin zielsicher dorthin geführt. Das Menu, das er erblickte wäre tatsächlich einem Hogwarts-Bankett würdig gewesen. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen und ein Seitenblick auf James geweitete Augen sagte ihm, dass es nicht nur ihm so ging. Kurze Zeit später gab sich auch Malfoy Junior die Ehre. Auch er schien sich sichtlich Mühe gegeben zu haben das Beste aus sich rauszuholen. Amüsiert betrachtete Draco sowohl James als auch Scorpius. „Ich hoffe inständig es geht nicht wieder um das gleiche Mädchen…“ „Dad!“ „Setz dich hin und pass auf, dass du dich nicht vollkleckerst. Nicht dass du nochmal drei Stunden das Badezimmer belegen musst.“ „Was ist los mit dir, alter Mann? Wärst du auch gerne wieder jung?“, konterte Scorpius und begrüßte James mit einem Handschlag. „Es gibt so viel, was ich darauf antworten könnte, aber ich belasse es dabei.“ Und wieder saßen sie in der seltsamen Konstellation am Tisch wie auch schon vor ein paar Wochen in Harrys Küche. Eigentlich war nichts Besonderes daran, wenn zwei befreundete Männer mit ihren Söhnen zu Abend aßen, aber für Harry fühlte es sich seltsam an. Letzten Endes war ihm klar, dass es vermutlich daran lag, dass er es war, der diesem Moment so viel Bedeutung zumaß. Harry musste aufpassen nicht immer wieder mit seinen Gedanken in Richtungen abzuschweifen, die ihm nicht geheuer waren. Stattdessen versuchte er sich auf das köstliche Essen zu konzentrieren. Scorpius und James konnten kaum über etwas anderes reden als das bevorstehende Konzert. Harry und Draco hielten sich derweil zurück, um dem Enthusiasmus der Jungs keinen Dämpfer zu verpassen, indem sie sich über vollkommen irrelevante Dinge wie etwa die Arbeit unterhielten. Immer wieder kreuzten sich dabei ihre Blicke. Jedes Mal wenn Harry in diese silbernen Augen sah durchfuhr ihn ein leichter Schauer und er musste sich bemühen nicht abrupt wegzuschauen oder rot zu werden. Am besten wäre es, er würde sich einfach nur auf seinen Teller konzentrieren. Aber wie würde das denn aussehen? Warum nochmal hatte er sich dazu entschlossen hier her zu kommen? Weil er Sehnsucht gehabt hatte. Er hatte es sich nicht eingestehen wollen aber es war so. Auch wenn es ihm in den letzten Wochen gut gegangen war hatte er etwas vermisst. Jemanden. Das wurde ihm jetzt schlagartig klar auch wenn es ihm nicht gefiel. Auch wusste er, was das zu bedeuten hatte. Wahrscheinlich hatte er es seit dem Abend in der Kneipe gewusst. Was ihn aber an seiner plötzlichen Erkenntnis am meisten erstaunte war, dass sie nichts änderte. Die ganze Sache war vollkommen aussichtslos. Es würde zu nichts zwischen ihnen kommen. Da konnte er auch weiter seine Gesellschaft genießen, den Nervenkitzel auskosten auch wenn es dumm war. Es war so unglaublich waghalsig und bescheuert, was er hier trieb. Er setzte so viel aufs Spiel. Aber er hatte das Gefühl zu leben. Ihm war es so schlecht ergangen, weil er sich das nicht eingestehen wollte und auch weil er Schmerz empfand. Schmerz darüber, dass es überhaupt zu dieser Misere gekommen war. Aber auch dieses Gefühl war besser als die lauwarme Mittelmäßigkeit in der er sich so oft bewegte. Auch seine Zeit mit Ginny verbrachte er jetzt intensiver, als würde er erst jetzt begreifen wie wunderbar sie eigentlich war. So hatte wohl alles seine guten und seine schlechten Seiten. Auf der einen Seite wollte er sich selbst für die Arroganz und Absurdität seiner Gedanken auslachen auf der anderen Seite erschien ihm in diesem Moment alles logisch und auf eine verdrehte Art richtig. Als müsse er das hier tun. Als hätte er keine andere Möglichkeit. Irgendetwas zog ihn unaufhaltsam immer wieder zu Draco und er konnte nichts dagegen tun, wollte es auch nicht. Das schlechte Gewissen nagte durchaus an ihm, aber es reichte nicht. Der Gedanke an Ginny reichte nicht. Genau da lag das Problem. Nichts reichte. Der Musikgeschmack der Jungs deckte sich definitiv nicht mit seinem. Die wummernden Bässe und schrillenden Klänge hallten ihm unangenehm im Schädel wieder, weswegen er sich zusammen mit Draco in den hinteren Teil der Konzerthalle verzogen hatte. Scorpius und James hatten ohnehin eine Gruppe von Gleichaltrigen getroffen, die mit ihnen Hogwarts besuchten. Ob James Schwarm auch dabei war? „Warum sind wir eigentlich hier?“, hörte er Draco nah an seinem Ohr. Es war so unendlich laut, dass man sich, um den anderen zu verstehen, nah an ihn heran lehnen und dann noch schreien musste. Harry zuckte nur die Achseln. Eigentlich waren sie hier wirklich überflüssig. „Wenigstens bist du noch hier und ich muss das nicht alleine durchstehen.“ „Ich leiste dir liebend gerne Gesellschaft in diesem Höllenloch.“, antwortete Harry und Draco zwinkerte ihm zu bevor er sich wieder neben ihn an die Wand lehnte. Reden war zu anstrengend, genauso wie zuhören. Sie standen so nah beieinander, dass ihre Schultern sich zaghaft berührten. Eigentlich wäre das nicht nötig, da es dort, wo sie sich befanden genug Platz gab. Aber weder Harry noch Draco schienen das Bedürfnis zu haben auseinanderzurücken. Obwohl es kaum möglich war bildete Harry sich ein, selbst hier, in diesem verqualmten nach Schweiß riechenden Loch, noch Dracos angenehmen Kräuterduft wahrnehmen zu können. Er wandte den Blick ein wenig nach links und betrachtete das Profil des Blonden. Ein gerades, schönes Profil. Ein bisschen wie eine Statue, ein wenig zu makellos um real sein zu können. Wie schaffte er es so stur geradeaus zu sehen ohne dabei zu blinzeln? Harry fühlte sich seltsam zittrig und aufgekratzt. Was sollte er jetzt machen? Er hatte den Fehler gemacht zu begreifen, was er vorher gekonnt ignoriert hatte. Er hatte den Fehler gemacht dieses Begreifen nicht zum Anlass zu nehmen die Notbremse zu ziehen. Wie würde es jetzt weitergehen? Hätte ihm damals jemand vorausgesagt, er würde ein, nun ja, sexuelles Interesse an einem Mann, an diesem Mann, entwickeln, er hätte einfach nur den Kopf geschüttelt. Noch immer kam er sich vor wie auf irgendeinem abgefahrenen Trip. Er begann wieder die Menge zu beobachten. Lauter junge Leute ohne Familie, wie es aussah. Wahrscheinlich waren viele darunter, die sich für alternative Kunst und so etwas interessierten. Ob James sich auch so entwickeln würde? Harry hoffte nicht. Es gab wenig, das er mehr hasste als zwanghaft politische Menschen und Leute, die über abstruse Kunst redeten als würde sie Sinn ergeben. Plötzlich meinte er einen Blick auf sich zu spüren, den von Draco. Es war wie ein kleines kitzeln im Nacken, das sich zu einem Schauer ausbreitete. Eine kalte Gänsehaut kroch seine Haut entlang und er konnte nicht verhindern, dass sein Körper sich kurz schüttelte. Als er den Kopf wandte trafen sich ihre Blicke. Nur kurz. Draco schien ein wenig verwirrt und konzentrierte sich wieder auf die Menschen vor ihm. Was wohl in seinem Kopf vorging? An was für Dinge dachte ein Draco Malfoy? Einerseits war Harry nicht unbedingt begeistert davon, dass seine Gedanken ständig um dieses Thema kreisten. Andererseits lenkte es ihn von diesem Ort ab. Je hämmernder die Musik wurde, je schneller das Stroboskoplicht flackerte, desto häufiger schoben sich Bilder von Ginny und Draco in seine Gedanken, vermischten sich, brachen auseinander, fügten sich in anderer Konstellation wieder zusammen. Zum Ende des Konzertes fühlte er sie wie gerädert, schmutzig und doch irgendwie verwegen und aufgeweckt. Er wusste beim besten Willen nicht, was mit ihm los war. Er wusste nur eins: Er hatte Angst davor in Dracos Haus zu schlafen und vielleicht mit ihm alleine zu sein. Er hatte Angst vor sich selbst. Draußen vor der Konzerthalle unterhielten sich die beiden Jungs noch mit ihren Freunden, während Harry und Draco in einiger Entfernung auf sie warteten. Harrys Kopf fühlte sich an, als sei er mit Watte gefüllt worden. In seinen Ohren herrschte ein fiepender, klirrender Ton vor, der ihm mächtig auf die Nerven ging. Ohrstöpsel wären klug gewesen. „Das war definitiv die schlechteste Band, die ich je erleben durfte.“, sagte Draco, der ebenso wie Harry ziemlich erledigt wirkte. Sie wurden definitiv alt. Wie deprimierend. „Oh ja. Ich hoffe nur, dass die Beiden nicht so werden, wie der Großteil des Publikums.“ „Künstler. Meine Fresse.“ Draco schnaubte. „Ganz ehrlich, ich bin voll für Kreativität. Aber nur wenn Leute auch was können. Eine Leinwand kann ich auch grün anmalen.“ „Oder einen Stein in eine Ecke stellen und einen Punkt drauf malen.“ „Oder ein Loch in die Erde graben.“ Eine Weile philosophierten sie über das, was sich Kunst schimpfen durfte und was nicht, bis sie sich vor lauter intellektuellem Geplapper selbst nicht mehr leiden konnten und sich gegenseitig dafür auslachten, dass ihr bohemienhaftes Umfeld auf sie übersprang. „Nee, aber mal ganz ehrlich: Zwischendurch schlaue Dinge zu sagen und zu tun ist ja schön und gut. Ich geb mir auch gerne mal eine Dosis Kultur. Bin ich meinem exklusiven Familienstammbaum schuldig. Aber irgendwann reicht es.“ „Also ich bin Waise und von lieblosen Verwandten großgezogen worden, ich kann so ungebildet und scheiße sein, wie es mir beliebt.“ „Dein Leben ist ja so beneidenswert.“ „Ich weiß.“ „Wollen die beiden da eigentlich Wurzeln schlagen?“ „Das sind die Hormone.“ „Die Mädchen sind zu hässlich für meinen Sohn…“ „Draco!“ „Was? Ich will irgendwann mal schöne Enkelkinder haben.“ „Als wenn Scorpius seine erste Freundin direkt heiraten würde.“ „Das wäre definitiv nicht die erste. Hoffe ich zumindest inständig. Ich kann ihm sonst nicht mehr in die Augen sehen.“ „Es freut mich wie moralisch und gesittet du deinen Sohn erziehst.“ „Kann nicht jeder seine zweite Freundin heiraten. Vermisst du nicht manchmal was? Also, ich will jetzt keine Details über euer Liebesleben… aber ich an deiner Stelle würde mich fragen, was so in den Betten anderer Frauen abläuft…“ Er hatte Recht. Harry hatte sich das oft gefragt. Aber es hatte ihn nie genug gereizt. Kein Mensch hatte bisher das Bedürfnis in ihm ausgelöst, Ginny untreu zu werden. Bis auf einer und der stand gerade vor ihm und fragte ihn Dinge über Sex. Klasse. „Ein wenig schon. Aber es nimmt keine belastenden Ausmaße an.“ „Freut mich für dich. Wie heißt es noch gleich: Je rostiger das Dach-“ „Sprich diesen Satz zu Ende und ich muss dich schlagen.“ „Das kann ich nachvollziehen also schweige ich.“ Sie blödelten noch eine Weile herum, bevor sich die Beiden Jungs wieder zu ihnen gesellten. Harry war gar nicht aufgefallen, dass sie schon eine Stunde hier draußen standen. „Sorry hat ein bisschen gedauert…“, sagte James und drehte sich noch einmal um. „Alter, jetzt ist aber mal gut.“, versetzte Scorpius „Wenn du ihr noch offensichtlicher hinterherrennst kannst du die Nummer vergessen. Verlass dich auf deinen Copiloten, das bin ich, und bleib cool.“ „Das ist mein Junge.“, lachte Draco. Bevor dieser auf die Idee kommen konnte James für seine offensichtliche Leidenschaft eines der Mädchen aufs Korn zu nehmen wies Harry darauf hin, dass es Zeit würde aufzubrechen und wurde mit einem mehr als dankbaren Blick seines Sohnes belohnt. Als sie angekommen waren hatten sie die Scorpius und James ziemlich direkt ins Bett verbannt. Beide würden vermutlich noch die ganze Nacht über wachbleiben und reden, aber immerhin war das dann nicht mehr Sache von Harry und Draco, die beide nichts mehr wollten als ein bisschen Ruhe. „Selber zu feiern ist irgendwie weniger anstrengend als dabei zuzugucken…“ „Rede dir nur ein, dass es daran liegt, Draco. Wir werden einfach nur alt.“ „Bin nicht bereit das zu akzeptieren.“ „Dachte ich mir. Ich glaube ich gehe jetzt aber trotzdem hoch. Ich bin total geschafft.“ „Mach das. Du findest alles?“ „Ja.“ Einen kurzen, endlosen, Moment lang herrschte Schweigen zwischen ihnen. Als wollten sie noch etwas sagen oder tun, die Nacht durchmachen oder noch etwas essen, nur eben nicht getrennte Wege gehen. Harry hörte jedoch ausnahmsweise auf seine Vernunft und ging nach oben. Als er jedoch über eine Stunde lang wach lag und partout nicht schlafen konnte, beschloss er noch einmal nach draußen zu gehen und etwas frische Luft zu schnappen. Wenn Draco noch wach war könnte er ihn vielleicht nach einem Schlaftrank fragen. Er zog sich einen warmen Pullover über und ging die Treppe nach unten auf die Veranda. Vielleicht würden sich seine Ohren dort auch erholen. Immer noch dröhnte sein Kopf. Dass Draco noch wach war überraschte ihn nicht allzu sehr, aber er hätte trotzdem nicht gedacht ihn auf der Veranda vorzufinden. Scheinbar konnte er genauso wenig Ruhe finden. Warum sollte man sonst nachts auf einem Verandageländer sitzen und in Gedanken versunken Richtung Mond starren? Oder er war einfach nur hier, weil diese Nacht so perfekt war. Der Himmel hatte die Farbe dunkelsten Blaus angenommen ohne sich in trostloses schwarz zu verfärben. Keine Wolke hing am Himmel um den Ausblick auf das Sternenmeer zu versperren. Aufgrund der Abgeschiedenheit in der Draco lebte gab es hier draußen kein künstliches Licht. Hatte Harry jemals so viele Sterne auf einmal gesehen? Der Mond kam ihm riesig vor, vollkommen und uralt. Als wäre die Zeit stehen geblieben. Er wusste nicht, ob der Blonde ihn bemerkt hatte oder nicht. Trotz, oder gerade weil, dieser Moment so heilig wirkte fühlte sich Harry plötzlich wie ein Eindringling und Voyeur. Er räusperte sich. „Hey.“ „Hey.“, antwortete Draco ohne ihn anzusehen. Wahrscheinlich hatte er seine Anwesenheit doch schon bemerkt. „Kannst du auch nicht schlafen?“, fragte Harry. „Nicht wirklich…“ Er sah noch immer nicht ihn, sondern nur den Himmel an. Das letzte Mal waren sie in Harrys Garten alleine gewesen. Er musste daran denken wie sie auf dem Konzert nebeneinander gestanden hatten. Näher als nötig. Trotz des Rauchs hatte er Draco riechen können. Oder hatte es zumindest geglaubt. „Die Aussicht von hier ist wirklich traumhaft.“, sagte Harry und stellte sich direkt neben Draco. Er fühlte sich schwerelos, als würden ihn die Sterne aufsaugen und nach oben tragen, frei von allem, was ihn an die Erde band. „Ja, ich bin nachts oft hier unten.“ Harry mochte den Klang seiner Stimme in der Stille. Sie floss einfach in die Dunkelheit ohne den Frieden zu stören. „Warum sind Menschen so, Harry?“ „Was meinst du?“ „Warum will jeder immer das am meisten, was er nicht haben kann?“ Zunächst schwieg Harry. Zum einen wusste er nicht recht worauf der Blonde mit dieser Frage hinaus wollte, zum anderen war er sich nicht sicher, was er antworten sollte. Das Mysterium des absurden menschlichen Verhaltens beschäftigte ihn seit er in der Lage war sich solche komplexen Gedanken machen zu können. Bisher war er nie zu einem befriedigenden Schluss gekommen. „Die Frage stelle ich mir auch oft. Und warum man nie zufrieden ist. Auch wenn man eigentlich ein Leben hat, um das andere einen beneiden, kommt man immer wieder zu diesem einen Punkt, wo man das Gefühl hat, das etwas Essentielles fehlt.“ „Vielleicht, weil sich kaum noch jemand selbst kennt. Jeder versucht etwas anderes zu sein, als er eigentlich ist. Jeder baut sich sein Image auf, dem er dann entsprechen will auch wenn es vielleicht nicht das ist, was sein Herz will… wir sind so besessen davon glücklich zu sein, dass uns das Glück durch die Finger rinnt… Bist du glücklich Harry?“ Er dachte darüber nach. War er glücklich? Eigentlich ja. Er wusste, dass er Ginny liebte. Er liebte seine Kinder und den Frieden. Er mochte seinen Job. Er hatte Freunde und genug Geld um sich keine Sorgen machen zu müssen. Und trotzdem war er manchmal nicht glücklich, fühlte sich eingesperrt und in die Ecke gedrängt, wollte einfach nur ausbrechen und wegrennen. Wohin auch immer. Aber konnte er deswegen sagen, dass er nicht glücklich war? Es war wie Draco es beschrieben hatte: Als gäbe es zwei Harry Potters. „Ein Teil von mir ja. Ein großer sogar, denke ich. Aber da ist dieses Stimmchen im Hinterkopf, das einem ganz schön den Tag vermiesen kann. Ich meine, ich sollte glücklich sein, oder nicht?“ „Ja, warum nicht? Du hättest es dir verdient.“ „Was ist mit dir?“, fragte Harry und endlich sah Draco ihn an. Er sah ein wenig melancholisch aus. Seine helle Haut leuchtete im Mondlicht auf und seine Haare schienen sogar einen Teil davon zu reflektieren. „Ich bin zufrieden mit meinem Job und damit dass Scorpius hier ist. Geld ist kein Thema, der Stress mit Viktoria Nebensache. Aber ich habe oft das Gefühl, dass im Krieg ein Teil von mir unwiederbringlich verloren gegangen ist. Manchmal habe ich das Gefühl abgestorben zu sein. Da muss ich sagen, dass ich dich beneide Harry: Du bist so lebendig, man muss einfach aufblühen, wenn man in deiner Nähe ist. Du bist wirklich der Junge, der lebt.“ Harry wusste nicht, was er sagen sollte. Er kam ihm nicht abgestorben vor. Für ihn war er elektrisierend. Aber warum war das so? Wenn er näher darüber nachdachte war Draco in vielen Punkten sein Gegenteil. Forscher, aggressiver… kompromissloser, direkter. Ja, vielleicht, war dieses Verhalten ein Zeichen dafür, das irgendwas in Malfoy tot war. Vielleicht war das der Grund dafür, dass er sein Leben so skrupellos hatte leben können. Und dennoch war es auch genau das, was Harry so magisch anzog. Es überforderte ihn manchmal sich über so viele Dinge Gedanken machen zu müssen. Wie oft hätte er den Leuten lieber den Mittelfinger gezeigt statt seinem Helferkomplex nachzugehen? Manchmal würde er gerne woanders als jemand anders anfangen. Manchmal wusste er nicht wer er war und wo er hingehörte. Heimatlos. „Ich… finde das beruht auf Gegenseitigkeit. Wir bedingen uns gegenseitig. Ich glaube nicht, dass andere mich als so lebendig wahrnehmen. Und ich wäre nicht im Traum darauf gekommen, dich als tot zu bezeichnen.“ Harry wusste nicht, ob es an ihrem Gespräch lang, an dieser Nacht oder an Dracos hypnotisierenden Augen, aber plötzlich waren sie sich wieder so nah wie damals vor der Kneipe. Und dieses Mal war jedem von ihnen klar, was diese Spannung zu bedeuten hatte. Alles in Harry schrie danach sich noch ein kleines Stückchen vorzulehnen. Nur sein Verstand drängte ihn sich zurückzuziehen und so schnell wie möglich das Weite zu suchen. Draco nahm ihm die Qual der Entscheidung ab, indem er sich ein kleines Stück nach vorn bewegte und somit die Distanz zwischen ihnen endgültig überbrückte. Seine Lippen fühlten sich anders an als die von Ginny oder Cho. Fester aber nicht minder schön. In Harrys Körper schienen die Endorphine zu explodieren und wie kleine Raketen durch seine Adern zu rasen. Sein Herz schien aus seiner Brust springen zu wollen und sein Verstand zog sich zurück. Langsam bewegten sich ihre Lippen gegeneinander, zärtlich, fast schüchtern. Nicht so wie man es von einem Draco Malfoy erwarten würde. Harry ertappte sich dabei wie seine Hand in Malfoys Nacken wanderte um ihn näher zu ziehen und endlich zu spüren wie sich seine Haare anfühlten. Weich. Wie Haare sich eben anfühlten. Und trotzdem war es etwas ganz besonderes. Draco intensivierte ihren Kuss und Harry ließ sich fallen, blendete alles aus, was diesen Moment hätte zerstören können. Zum ersten Mal seit langem hatte er das Gefühl dass seine Welt im Gleichgewicht war – dabei war eben jenes Gleichgewicht in der Realität gerade dabei sich fröhlich winkend ins Nichts zu verabschieden. Und dennoch hätte er nirgendwo anders sein wollen. Er spürte Malfoys festen Torso nah an seinem, spürte dessen Herz schlagen. Oben lag sein Sohn, zuhause seine Frau. An keinen von beiden konnte er denken, als sich sein Herzschlag, dem von Draco anzugleichen schien. Es pochte so heftig, dass es fast weh tat. Bittersüß und heimatlos. Nichts zählte. Soo, das war es erst mal wieder. Ich hoffe bis bald. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)