Seelenlos von abgemeldet (Konoha vs. Akatsuki) ================================================================================ Kapitel 6: Im Reich des Blitzes - Teil 2 ---------------------------------------- Schließlich schob er seine Lider langsam nach oben … Sein Blick wanderte von rechts nach links, von links nach rechts und immer so weiter. Er konnte es einfach nicht glauben. Eine erdrückende Angst schlang sich wie Efeu um sein Herz. Flüsternd stotterte er: „Ich … ich … kann nichts mehr … ich kann nichts mehr sehen.“ Neji lief unsicher umher, wie ein kleines Kind, das seine ersten Schritte macht. Was geschah gerade nur mit ihm? Obwohl es helllichter Tag war, war das Schwarz vor seinen Augen dunkler als Ebenholz. Er war tatsächlich blind, konnte nicht einmal Tag von Nacht unterscheiden. Es musste mit seinem Byakugan zusammenhängen. Ein mulmiges Gefühl verdrängte das sonst so kühle Gemüt des jungen Jounin, als er seine Augen schloss und dann sein Kekkei Genkai deaktivierte. Augenblicklich spürte er, wie der Schmerz schleppend aus seinem Kopf verschwand und nur ein verhältnismäßig ertragbares Pochen zurückließ. Er wagte es kaum, seine Augen zu öffnen, aus Angst, er wäre auf wundersame Weise tatsächlich erblindet. „Neji?“ Er ordnete diese Stimme eindeutig seinem ehemaligen Lehrer zu. Er öffnete seine Augen einen kleinen Spalt … Ihm fiel nicht ein Stein, sondern ein Felsbrocken vom Herzen, als er die Natur in ihrer vollsten Pracht mit sämtlichen Pflanzen und in den schönsten Farben sehen konnte. Hingegen rührte sich nichts in seiner Mimik und schloss seine Gedanken dadurch für Außenstehende in eine schlüssellose Truhe. In den drei Augenpaaren sah er Sorge, gleichzeitig aber auch Verwirrung. Er sah sich jedoch nicht imstande dazu, Erklärungen abzugeben. Er fühlte sich hundselend und es war nur eine Frage der Zeit, bis er vor Schmerz und Erschöpfung zusammenbrechen würde. Das betäubende Hämmern in seinem Kopf kroch durch die restlichen Körperteile und er verfiel kurz in eine gekrümmte Haltung, in die der Schmerz ihn zwang. Seine Beine begannen unkontrolliert zu zittern und einen Augenblick später fand er sich halbkniend auf dem Boden wider. Besorgte Hände legten sich auf seine Schulter und eine beklommene Stimme sprach ihm beruhigend zu. Er verharrte nicht lange in seiner Position, missfiel es ihm doch, Schwäche zu zeigen. Wortlos und fast so, als wäre nichts passiert, stand Neji auf und klopfte sich den Dreck mit ein paar wenigen Handbewegungen von der Kleidung. Sein Haar umrahmte sein Gesicht in schweißgetränkten Strähnen und sein schweres Atmen offenbarte seine Erschöpfung. Mit halb geöffneten Mündern sahen ihn die anderen an. Niemand im Team hatte ihn jemals in so einem Zustand erlebt. Völlig teilnahmslos ertrug Neji die mitleidigen Blicken der drei, nicht fähig, sich dagegen zu wehren. Er nahm ohnehin beinahe nichts mehr wahr und dennoch spürte er, dass er kurz davor war, der Bewusstlosigkeit zum Opfer zu fallen. Schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen und lockten ihn in die Dunkelheit, denen er nur zu gern folgte. Und ganz plötzlich erschlaffte sein Körper und kippte kraftlos nach vorne, als hätte man ihm sämtliche Energie entzogen. Blitzschnell sprang Gai nach vorne und verhinderte, dass Neji auf den Boden aufprallte. „Wir müssen ihn sofort in ein Krankenhaus bringen“, sagte Tenten, woraufhin Gai und Rock Lee nur zustimmend nickten. Fernab von Konoha, in einem kleinen Cafe in Kumogakure, saßen Kakashi und Tenzou. Das Cafe war trotz früher Stunde sehr gut besucht. Leise Musik spielte im Hintergrund und mischte sich unter das Gerede der Leute. Tenzou nippte an seinem heißen Kaffee und aß dazu ein paar Kekse. Kakashi hingegen schaute sich unauffällig um und nahm jeden einzelnen Gast unter die Lupe. Um seine Mission starten zu können brauchte er erst einmal Anhaltspunkte. Und um diese zu bekommen, war er auf die Hilfe der Bürger angewiesen. Er hatte es heute Morgen schon in ein paar Geschäften versucht, aber niemand konnte ihm helfen. Hinzu kam noch, dass er darauf achten musste, dass er nicht an die falschen Leute geriet. Stellte er der falschen Person eine falsche Frage könnte seine Tarnung sofort auffliegen. Ihm blieb also nicht anderes übrig als abzuwarten und zu gucken, welche unter ihnen so aussahen, als wenn sie nicht viele Fragen stellten. Ein gewöhnlicher Zivilist würde sich sicher über seine gewollte Auskunft nicht wundern. Nur Shinobi waren darauf getrimmt, immer die Augen und Ohren offen zu halten. Es gab wohl keinen anderen Beruf auf dieser Welt, in der Misstrauen eine so zentrale Rolle spielte. Sie saßen an einem Tisch ganz hinten und hatten einen guten Überblick über das gesamte Cafe. Direkt vor ihnen saß ein altes Ehepaar und frühstückte, während sie sich über das miserable Wetter beklagten. Gegenüber von ihnen unterhielten sich zwei Männer im mittleren Alter über die politische Lage des Dorfes. Sie trugen feine Anzüge und wirkten sehr seriös. Weiter vorne in der Nähe der Theke hielten sich vier junge Mädchen auf, die Zeitschriften lasen und deren Gekicher das öde Innenleben des Cafés belebte. Von denen hatte er wohl nicht viel zu erwarten. Es kamen stetig neue Kunden, doch blieben sie meist nicht lange, sondern machten sich sofort auf den Weg, nachdem sie etwas zum Mitnehmen bestellt hatten. Es gab aber noch den Mann an der Theke. Rein seinem Aussehen nach zu urteilen war es nicht ausgeschlossen, dass er ihnen weiterhelfen konnte. Sein Alter schätzte Kakashi auf 35 bis maximal 40. Er hatte kurzes blondes Haar und besaß ein gesundes Mittelmaß, was das Gewicht anging. Nicht, dass das eine Rolle hinsichtlich seiner möglichen Hilfe für Kakashis Anliegen spielte, aber es fiel ihm einfach auf. Man sah Menschen und wusste meist schon, ob sie möglicherweise einem weiterhelfen konnten oder nicht. Auch wenn man das zumeist unbewusst tat, man urteilte Fremde nach ihrem Aussehen. „Seid Ihr sicher, dass Ihr nichts essen wollt?“, fragte Tenzou Kakashi schon zum dritten Mal, seit sie das Cafe betreten hatten. „Ja. Ich habe keinen Hunger“, antwortete er trocken und schweifte mit seinen Augen noch immer vorsichtig durch den großen Raum. Tenzou hob amüsiert eine Augenbraue hoch und zog einen Mundwinkel zeitgleich nach oben. „Und Ihr seid Euch auch sicher, dass es nicht daran liegt, dass Ihr Euren Schal nicht abnehmen möchtet? Wenn Ihr wollt, drehe ich mich um und Ihr könnt in Ruhe essen. Wir haben schließlich heute noch viel vor und deswegen solltet Ihr Euch jetzt stärken.“ Kakashi schien ihm gar nicht zugehört zu haben, denn er wandte sich dem Jüngeren zu und sagte nur: „Hm? Hast du was gesagt?“ Das halbe Lächeln schwand geschwind aus Tenzous Gesicht und er blickte seinen unaufmerksamen Senpai nur verdutzt an, der sich schon längst wieder abgewandt hatte. Dieser Kerl war einfach unverbesserlich! „Wir werden am besten mal die beiden Männer dort hinten befragen. Vielleicht können die uns weiterhelfen“, sagte Kakashi und deutete mit seinen Augen auf die beiden in den Anzügen. Das Gespräch der zwei Männer war in vollem Gange, weswegen die beiden Shinobi sie vorerst nicht ansprachen, sondern daneben warteten. Einer von beiden würde sie schon bemerken. „Entschuldigen Sie, können wir Ihnen weiterhelfen?“, richtete sich nun einer von diesen an Kakashi und Tenzou. „Ich hoffe sehr, dass Sie das können“, sagte Kakashi und sandte ein Lächeln an die beiden. „Wir haben gehört, dass hier in Kumogakure der Nagoya Clan leben soll. Können Sie uns vielleicht sagen, wo wir diesen finden?“ Die Männer drehten sich gleichzeitig zueinander um und ihre Mimik zeigte sofort, dass sie noch nicht einmal wussten, von welchem Clan er sprach. „Tut mir leid, das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ich habe noch nie von diesem Clan gehört“, antwortete der eine. Und auch der andere konnte ihnen nicht weiterhelfen. Er zuckte ahnungslos mit den Schultern. „Tut mir leid, aber ich weiß es auch nicht. Als Journalisten kennen wir fast jeden Clan hier, aber von dem Nagoya Clan habe ich, ehrlich gesagt, noch nie etwas gehört.“ „Da kann man nichts machen. Trotzdem danke und noch einen schönen Tag“, sagte Kakashi freundlich und entfernte sich von dem Tisch der beiden Journalisten. „Wenn Ihr mich fragt wird es sehr schwierig werden, diesen Clan zu finden, wenn selbst die Journalisten noch nie von ihm gehört haben“, bemerkte Tenzou. „Das befürchte ich auch“, gab Kakashi zu, ließ sich dennoch nicht entmutigen. Irgendwer würde ihnen schon weiterhelfen können. „Versuchen es wir mal an der Theke. Der blonde Mann kann uns vielleicht weiterhelfen“, schlug Tenzou vor. Und so sprachen sie ihn an, doch sie erhielten dieselbe Antwort, wie von den Journalisten. Er hatte auch noch nie von dem Nagoya Clan gehört. „Fragen Sie doch mal Endo-sama. Er sitzt dort hinten mit seiner Frau“, riet der Mann ihnen aber noch. „Er könnte Ihnen vielleicht weiterhelfen. Er lebt hier schon sein Leben lang.“ Zeitgleich wandten sich die Shinobi in die gezeigte Richtung. Das alte Paar war noch immer am Frühstückstisch und unterhielt sich. Wortlos näherten sie sich ihrem Tisch und blieben dicht davor stehen. „Entschuldigt bitte, dürften wir Euch wohl kurz stören?“, fragte Kakashi höflich nach und sah, wie beide verwundert von ihren Broten aufblickten. „Gerne. Was hast du auf dem Herzen, mein Sohn?“, fragte der alte Mann den silberhaarigen Jounin. Die Wortwahl und die Wärme in der Stimme des Mannes gaben Kakashi ein seltsames Gefühl von Geborgenheit. Er sprach mit ihm, als wäre er sein Enkel. Die unendlich tiefen, dunklen Augen glichen einem unentdeckten Schatz, der reich an tausenden und mehr Geheimnissen war. Kakashi schilderte ihm in kurzen Sätzen sein Anliegen und hoffte inständig, dass er wenigstens einen kleinen Tipp bekommen würde. Das Grüblerische in den Zügen des Mannes versprach schon einiges. Zumindest ließ das darauf schließen, dass er schon mal von diesem Clan gehört hatte und das war schon mehr, als sie bisher erreicht hatten. Der alte Mann räusperte sich kurz, griff mit seiner zittrigen Hand nach seiner Tasse und nahm einen großen Schluck des lauwarmen Tees. Als er sie wieder abgelegt hatte, begann er zu sprechen. „Ich bin schon einmal gewissermaßen mit diesem Clan in Berührung gekommen, aber das liegt sehr viele Jahre zurück. Damals stand ich noch in der Blühte meines jungen Lebens“, erzählte er ihnen lächelnd. Er schüttelte kurz seinen Kopf, als wollte er die aufkommenden Erinnerungen vertreiben. Für Außenstehende war es nahezu unmöglich, festzustellen, ob das Zurückdenken an die Vergangenheit den Mann schmerzte oder ob er es als etwas, dass ohnehin vorbei war, abtat und daher seine Zeit nicht verplempern wollte. „Könntet Ihr vielleicht etwas konkreter werden?“, bat ihn Kakashi. „Sehr gerne. Setzt euch doch bitte hin.“ „Gerne“, entgegnete der Jounin und nahm mit seinem Partner neben der Frau des Mannes Platz. Konzentriert lag der Blick Kakashis auf dem vom Alter gezeichneten Gesicht seines Gegenübers. „Ich habe mal einen Jungen aus diesem Clan gekannt“, begann er seine Erzählung. „Mir fiel damals auf, dass er kaum etwas von seiner Familie erzählte. Er tauchte eines Tages plötzlich hier in diesem Teil des Landes auf und keiner wusste, woher er kam. Wenn wir ihn das fragten, dann wich er immer geschickt aus, indem er sagte: „Ich komme mal von hier und mal von da“ oder „Ich bin wie ein Blatt im Wind und gehe, wohin es mich verschlägt“. Wir wussten im Grunde also nichts mehr als seinen Namen: Nagoya Masao. Das alles geschah vor mehr als 70 Jahren. Ich kann mich aber noch sehr gut an ihn erinnern. Seine Geheimnistuerei weckte mein Interesse. Von Neugier getrieben folgte ich ihm eines Tages. Ich wollte wissen, wer er war und wo er lebte. Er führte mich ungewollt durch einen sehr versteckt gelegenen Weg. Wir passierten einen kleinen Friedhof, der sich an der Grenze des Dorfes befand und gingen dann durch einen dicht bewaldeten Gang. Er kam mir endlos lang vor. Als wir das Ende schließlich erreichten, verschwand Masao in ein hölzernes Haus, welches, von einigen kleinen Hütten umgeben, mitten in einem kleinen Wäldchen lag. Etwas Unheimliches lag in der Luft, das ich nicht so recht deuten konnte. Ich weiß noch, dass mich ein ungutes Gefühl beim Herz packte. Mein Verstand drängte mich unaufhörlich dazu, das Weite zu suchen und doch bewegten sich meine Beine nicht von der Stelle. Mein Instinkt roch die Gefahr durch diesen Clan, aber ich wehrte das vehement ab. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich hinter diesem Busch saß und meinen Blick wie hypnotisiert an das Haus geheftet hatte. Es brannte zwar noch Licht dort und doch drang kein Laut heraus. Ich weiß bis heute nicht, was mich so gefesselt hat. Es wirkte alles so … so gespenstisch.“ „Was passierte dann?“, wollte Kakashi wissen, der hellhörig an den Lippen des Erzählers hing, auch wenn er gelangweilt dreinschaute. Der Angesprochene seufzte bitteren Herzens und fuhr sich mit der Hand kurz übers Gesicht. „Masao habe ich an jenem Abend zum letzten Mal gesehen. Er war urplötzlich verschwunden, als hätte der Erdboden ihn verschluckt. Bis heute weiß keiner, wer er wirklich war.“ Es wurde sehr leise um sie herum, bis Kakashi ruhig das Wort erhob. „Endo-sama, könnt Ihr Euch vielleicht noch erinnern, wo dieses Waldstück war? Vielleicht leben dort noch ein paar Nachkommen.“ „Ich war zwar nie wieder da, aber ich glaube noch zu wissen, wie man dorthin kommt. Wenn ihr den Friedhof zehn km südlich von hier erreicht habt, lauft ihr den danebenstehenden Gehweg ganz hinunter, bis ihr einen sehr schmalen, sandigen Weg erreicht. Und diesen müsst ihr die ganze Zeit herunterlaufen und irgendwo dort war das. So genau weiß ich das leider nicht mehr. Ich erinnere mich nur noch ganz dunkel daran.“ „Habt vielen Dank, Endo-sama. Ihr habt uns sehr weiter geholfen.“ Und damit erhoben sich Kakashi und Tenzou, um sich auf den Weg dorthin zu machen. „Ich wünsche euch viel Glück. Seid vorsichtig“, gab er ihnen noch mit auf dem Weg und widmete sich wieder seiner Frau. Die Tür des Cafés fiel mit einem begleitenden Glockengeräusch ins Schloss. Ein starker, kalter Wind fegte mit immenser Geschwindigkeit durch die Gegend und trieb den Geruch salzigen Wassers zu ihnen herüber, der auf ein nahegelegenes Meer schließen ließ. „Wir sollten uns sofort auf den Weg machen. Bis wir diesen Platz gefunden haben, könnte einige Zeit vergehen.“ „Wie Ihr wollt, Kakashi-senpai.“ „Vermeide es bitte, meinen Namen zu sagen. Wir waren die ganze Zeit schon viel zu nachsichtig. Bei der Anreise war es aber auch noch nicht so riskant, dass jemand uns hört, weil kaum Menschen durch den dichten Wald gehen und wir Ninja vermutlich rechtzeitig gespürt hätten. Aber jetzt, wo wir uns unter der Bevölkerung befinden, müssen wir vorsichtiger sein. Sollte eine falsche Person unseren Namen hören, könnte das zu ungeahnten Schwierigkeiten führen“, sprach Kakashi gegen den Wind, der die Lautstärke seiner Stimme verschluckte, sodass gerade mal der neben ihm stehende Tenzou seine Worte akustisch verstehen konnte. „Natürlich. Verzeiht.“ Sie brachen in südliche Richtung auf und achteten streng darauf, dass sie sich unauffällig verhielten. Das hieß auch, dass sie eher gemütlich durch die Straßen schlenderten, als den kurzen Weg über die Dächer zu nehmen. Das Wetter bot sich für einen gemütlichen Spaziergang zwar nicht gerade an, aber es war auch nicht so schlecht, dass sie ein eiliges Rennen hätten rechtfertigen können. Graue Wolken hingen am Himmel und ein leises Grollen, das dann und wann ertönte, kündete einen Sturm an. Auf den Straßen traf man kaum noch eine Menschenseele an. „Was hat er, Tsunade-sama?“, fragte Gai die Hokage in sorgenvollem Tonfall. Sie standen im Flur des zweiten Obergeschosses des Krankenhauses in Konoha. Die Godaime hatte Neji soeben höchstpersönlich untersucht. Die Teamkollegen des Behandelten sahen sich nicht imstande dazu, ein weiteres Mal nachzufragen, denn das nervenzerfetzende Zögern der Hokage zwang sie förmlich zum Schweigen. Das Entseelte ihrer Augen sandte einen Kälteschauer über den Rückgrat sämtlicher Anwesender. „Folgt mir in Nejis Krankenzimmer. Dort werde ich euch alles erzählen.“ Mit gebührender Ruhe öffnete sie die Zimmertür und sah sich sofort mit dem glasigen Blick des Hyuugas konfrontiert. Die Lider hielten sich nur in Anbetracht der bald verkündeten Diagnose oben. Kaum dass die Tür zugefallen war, fragte Neji die Hokage: „Warum konnte ich nichts sehen, als ich mein Byakugan eingesetzt habe?“ Dem Hyuuga war ganz mulmig zumute; ein Gefühl, welches er mit seinen ehemaligen Teamkameraden teilte. „Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber du besitzt das Byakugan nicht mehr. Folglich kannst du es nicht einsetzen und siehst nur schwarz, wenn du es doch versuchst.“ Hätte Neji ein Glas in den Händen gehalten, dann wäre es sicher zu Boden gefallen und in tausend Teile zersprungen. Aus seinem geöffneten Mund kam nicht ein einziger Laut, obwohl er sich augenscheinlich darum bemühte. Diese niederschmetternde Nachricht erzeugte ein elendes Gefühl, das sich wie ein Lauffeuer in ihm verbreitete und ihn in diesem Augenblick zu einem Schatten seiner selbst machte. Das konnte einfach nicht wahr sein! Das war unmöglich! „Aber Tsunade-sama, wie kann das sein? Er kann es doch nicht einfach verloren haben wie eine Armbanduhr!“ Gai war die ganze Angelegenheit unbegreiflich. Den anderen im Raum ging es nicht besser. Wie hatte es denn nur dazu kommen können? Sowas passierte doch nicht eben mal so und das, ohne dass Neji etwas davon mitbekam. „Nun“, verließ es Tsunade zögerlich und das obwohl alle sie ungeduldig ansahen. Sie schaute über ihre Schulter hinweg nach links und sah, dass Neji sich einigermaßen wieder gefasst hatte. Nur das helle Grau seiner Augen spiegelte etwas von der Sorge wider, die er wahrscheinlich tief in sich fühlte. „Du hast das Byakugan nicht in dem Sinne verloren.“ Sie unterbrach sich selber mit einem kurzen Räuspern, bevor sie die Karten offenlegte. „Es wurde dir entnommen.“ Sie sah es mit einem Gefühl von Bedauern, als sich Nejis Augen in aus Schock auf eine beträchtliche Größe weiteten. Sie glaubte, ein leichtes Beben seiner Lippen erkennen zu können und zerriss ihr fast das Herz, ihn so zu sehen; den starken Neji, der niemals erlaubte, dass man ihm seine Gefühle ansah. Wie sie nicht anders erwartet hatte, kehrte er schnell zu seiner alten Selbstsicherheit zurück und seine müden Lider senkten sich wieder. Tsunade entging es aber nicht, dass er seine Hände fest in die Decke gekrallt hatte. „Wie kann man jemandem sein Kekkei Genkai entfernen und noch dazu, ohne dass derjenige das mitbekommt? Das ist unmöglich.“ Er klang kühl und beherrscht, geradezu so, als wäre ihm die Antwort gleichgültig. „Ich versichere dir, es ist möglich. Für die Entwendung wurde ein medizinisches Jutsu eingesetzt. Die Frage jedoch, warum du nichts mitbekommen hast, kann ich dir nicht beantworten. Ich weiß nicht, ob man dabei Schmerzen empfindet oder nicht. Sollte das nicht der Fall sein, so hätte es dir jemand rein theoretisch entnehmen können, während du schliefst“, erklärte sie ihm. Die Worte lagen angespannt in der Luft. Tsunade hat ihnen vorerst nichts mehr zu sagen und so machte sie sich daran, zu gehen, doch Tenten stellte sich ihr in den Weg. „Ist sein Byakugan für immer verloren?“ Dass sie besorgt war, war kaum zu überhören. Wen wunderte das? Sie waren schließlich ein Team, das bereits viel zusammen durchgestanden hatte. „Leider ja, Tenten.“ Tsunade bedauerte es wirklich sehr, dass es soweit gekommen war. Sie wusste genau, wem Neji das zu verdanken hatte und doch entschloss sie sich dazu, dies erst einmal für sich zu behalten. Bevor sie aus dem Raum ging, drehte sie sich ein letztes Mal zu dem Hyuuga um, der tief versunken auf seine Decke starrte. Wahrscheinlich dachte er darüber nach, wer ihm das angetan hatte. Früher oder später würde er das herausfinden, soviel war sicher. „Der Friedhof sieht ziemlich heruntergekommen aus“, fand Tenzou, als er einen Seitenblick nach rechts wagte, wo die vernachlässigte Ruhestätte Verstorbener lag. Der Rasen zwischen den Gräbern sah so aus, als wäre er seit Jahren nicht gemäht worden. Einige Grabsteine wiesen Risse auf und anderen waren teilweise sogar zerstört. Es war traurig, wie wenig Respekt den Toten manchmal entgegengebracht wurde. „Endo-sama sprach bestimmt von dem kleinen Gang dort hinten“, meinte Kakashi und deutete auf einen schmalen Weg, auf den sie geradewegs zugingen. Dort angekommen bemerkten sie, dass dessen Boden mit quadratförmigen Steinen bepflastert war. „Nach dem Anblick des Friedhofs überrascht es mich etwas, dass der Boden allem Anschein nach saniert wurde“, warf Tenzou nebenbei ein. Ein Blick gegen den Himmel verriet ihnen, dass ein Sturm gleich losbrechen würde, was sich kaum eine Minute später bewahrheitete. Ein gewaltiges Donnergrollen ließ Kumogakure im Inneren erzittern. Das Rascheln der Blätter in den hin und her wiegenden Bäumen gesellte sich zu dem Pfeifen des Windes. Der Sturm legte einen angsteinflößenden, dunklen Vorhang um das Ninja-Dorf und schuf eine beklommene Atmosphäre. Leuchtende Blitze zuckten aufgeregt am Himmel und vertrieben für einen kurzen Moment den riesigen, schwarzen Schatten. Tobender Regen begleitete das hässliche Schreien des Donners und wütete unkontrolliert durch die verlassene Gegend. „Das kommt uns doch ganz gelegen“, sagte Tenzou und beide sprinteten wie auf Kommando durch den schmalen Gang. Er war wirklich sehr lang, genauso wie der alte Mann es ihnen gesagt hatte, und als sie das Ende endlich erreicht hatten, waren sie nass bis auf die Knochen. „Ich glaube, dort hinten ist es“, sagte Kakashi und zeigte mit dem Finger gerade aus auf ein kleines Wäldchen. Sie liefen direkt darauf zu und sahen sich nebenbei etwas um. Der Ort war verlassen. Um sie herum gab es nichts weiter als große Wiesen und Bäume. Alles erstrahlte in unterschiedlichen Grüntönen. Es vergingen Minuten, ehe sie auf das von Endo beschriebene Haus stießen. Es lag mitten in einem Gehölz – wie beschrieben - doch waren sämtliche Bäume um das Haus herum abgesägt worden, sodass dort einige Meter drum herum nur ebenmäßige schwarze Erde lag. Unentschlossen hielten sich die Shinobi vorerst hinter einem Baum versteckt. Als erfahrene Ninja wusste sie, dass Gefahren überall lauerten, selbst dort, wo man sie am Wenigsten erwartete. Ihre nasse Kleidung machte ihnen zu schaffen, denn es war ohnehin schon bitterkalt. Sie ertrugen die Kälte noch eine kurze Zeit länger, bis sie letztendlich zu der Erkenntnis kamen, dass sie nichts zu befürchten hatten. Nichtsdestotrotz hielten sie Augen und Ohren offen. Man konnte schließlich nie wissen, was passieren würde. Sie liefen die fünf Treppenstufen, die sie zur Terrasse führten, hinauf. Dreimal hintereinander klopfte Kakashi an die Tür, während er innerlich hoffte, dass jemand daheim war. Es dauerte eine kurze Weile, bis sie langsame Schritte im Haus wahrnehmen konnten. Sie konnten hören, dass diese sehr langsam getan wurden, woraus sie schlossen, dass die Person entweder alt oder krank war. Ein Quietschen begleitete das Öffnen der Tür. Zwei Glasaugen sahen den beiden Shinobi entgegen. „Guten Tag. Ich hoffe, wir stören Euch nicht“, sagte Kakashi relativ laut, da man wegen dem Sturm kaum sein eigenes Wort verstand. Der gebrechliche alte Mann atmete so laut und schnell, dass man meinen konnte, er wäre gerade einen Marathon gelaufen. Sein Haar war strahlendweiß und in seinem Gesicht fanden sich viele tiefe Falten, die sein hohes Alter verrieten. Er war vermutlich schon über hundert. „Das tun Sie nicht. Sind Sie auf der Durchreise und möchten nach dem Weg zum Markt fragen?“ „Es stimmt, dass wir auf der Durchreise sind, allerdings sind wir aus einem anderen Grund hier. Dürften wir vielleicht kurz eintreten und uns mit Ihnen unterhalten?“ Innerlich hoffte Kakashi sehr, dass er seine Bitte erfüllen würde, auch wenn er es verstanden hätte, wenn er ablehnte. Wer würde schon zwei völlig Fremde in sein Haus lassen! Der blinde Mann zögerte, hob seine Hände und legte eine auf Kakashis Brust und eine auf Tenzous. Er schloss seine Augen und schien sich auf irgendetwas zu konzentrieren. Hin und wieder zuckten seine Augenbrauen ein wenig und er verzog seinen Mund parallel dazu. Es machte auf Kakashi den Eindruck, er würde einen Blick auf seine Seele werfen, auch wenn er den bloßen Gedanken daran lächerlich fand. Doch als der Blinde seine Augen öffnete, seine Hände zurückzog und lächelnd „Sie sind mir herzlich willkommen. Treten Sie bitte ein“ sagte, war er sich nicht mehr ganz so sicher, ob seine Vermutung wirklich so absurd war. Wie dem auch war, er tat jedenfalls wie geheißen und trat gemeinsam mit Tenzou ins Warme. Feuer brannte in einem alten Kamin und hüllte das beschauliche Wohnzimmer in ein flackerndes, oranges Licht. „Bitte, setzen Sie sich doch“, sagte der Blinde zu seinen Gästen und nahm seinerseits auf einem Sessel in der Nähe des Kamins Platz. Gegenüber von diesem hatten es sich die zwei Shinobi gemütlich gemacht. „Warum sind Sie zwei hier?“, fragte der Mann ohne großes drum-herum-Gerede. „Leben Sie ganz alleine in diesem großen Haus?“, wich Kakashi der Frage aus, einfach weil er wissen wollte, ob es keine weiteren Nachfahren gab. „Ja, ich bin der letzte Verbliebene des Nagoya Clans und lebe hier seit mehr als 50 Jahren alleine.“ „Der Letzte also“, murmelte Kakashi nachdenklich vor sich hin und senkte seinen Blick. „Ja. Vor ungefähr sechzig Jahren kam eine Gruppe Ninja in unser Dorf und hat alle getötet. Ich war als einziger an jenem Tag nicht zu Hause und habe das Massaker überlebt. Aber jetzt zu Ihnen: Sie haben meine Frage nicht beantwortet.“ „Ja, richtig“, entgegnete Kakashi lächelnd. „Es ist so, dass ich etwas über den Nagoya Clan wissen möchte. Ich weiß nicht, inwieweit Sie mir da weiterhelfen können, aber ich wüsste gerne, ob die Legenden, die sich um Ihren Clan drehen, der Wahrheit entsprechen.“ „Sind Sie Journalisten?“, fragte er geradewegs heraus. „Nein, das sind wir nicht. Es ist eher … persönliches Interesse“, antwortete Kakashi wahrheitsgemäß. „Persönlich also. Gut, dann will ich Ihnen diese Frage gerne beantworten. Doch dafür müsste ich wissen, was genau für eine Legende sich um uns rankt.“ Kakashi zögerte kurz und sagte dann: „Es heißt, dass Ihr Clan vor vielen hunderten von Jahren Menschen verflucht hat.“ Die Antwort des alten Mannes ließ eine kurze Weile auf sich warten. „Ja“, sagte er leise, als würde er sich dafür schämen. „Darf ich fragen, ob Sie diese Kraft auch haben?“ Wieder ließ er kurz auf seine Antwort warten. „Ja. Sie wurde Jahrhunderte lang von Generation zu Generation weitergegeben. Auch wenn irgendwann vor ungefähr 250 Jahren ein Gesetz von unseren Ältesten aufgestellt wurde, wonach wir unsere gottgegebene Gabe nur im Notfall einsetzen durften, so wurden sämtliche Kinder doch darin unterrichtet. Wir lernten alles, denn unser Clan legte viel Wert darauf, dass jedes Mitglied unsere Geschichte und unsere Tradition genau kannte und sie auf diese Weise niemals in Vergessenheit geraten konnten. Können Sie mir jetzt eine Frage beantworten?“ „Gerne.“ „Was ist das für ein ‚persönliches Interesse‘ ?“, wollte er wissen. Er bemühte sich nicht darum, seine Neugier im Verborgenen zu halten. Kakashi sagte nichts, wusste er doch nicht, ob jetzt der richtige Zeitpunkt war, um die vollständige Wahrheit zu sagen. Andererseits aber war er sich sicher, dass er absolut nichts von dem Blinden zu befürchten hatte. Und er hatte sich bisher immer auf seine Menschenkenntnis verlassen können. „Es ist so“, begann Kakashi, „dass mein Clan möglicherweise auch mal Opfer eines dieser Flüche geworden ist. Deswegen habe ich den langen Weg auf mich genommen und nach Nachfahren des Nagoya Clans gesucht.“ „Tatsächlich?“, verließ es den Mann, wobei er seine Glasaugen im Erstaunen aufriss. „Wie kommen Sie zu dieser Annahme?“, wollte er nun wissen. Seine blinden Augen ruhten auf dem Kopierninja. Kakashi erzählte ihm in Ruhe, was geschehen war. Er erwähnte die Ringe mit dem Wappen in seinem Körper und sprach von seinem blockierten Chakra, achtete aber darauf, keine zu persönlichen Angaben zu machen. Und während er sprach, rührte sich der Mann keinen Millimeter. Er hörte ganz aufmerksam zu und runzelte hin und wieder nur die Stirn, als würde etwas ein Rätsel für ihn darstellen. Kaum, dass Kakashi zu Ende gesprochen hatte, fragte der Mann ihn nach seinem Namen. Kakashi schwieg und schwieg und schwieg. Wenn er jetzt seinen Namen preisgab und die Situation doch falsch eingeschätzt hatte, so hätte dies vielleicht fatale Folgen für sie und Konoha haben können. Doch was hatte er für eine Wahl? Sein Ziel war es schließlich, hinter die Sache um den angeblichen Fluch zu kommen. Und wenn er das erreichen wollte, so war es unabwendbar, dass er seinen Namen nannte. Und außerdem glaubte er immer noch nicht, dass er etwas zu befürchten hatte. „Hatake Kakashi.“ Der Mann verstummte. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und dachte nach. Immer wieder murmelte er Kakashis Familiennamen und kramte in seinem Gedächtnis nach irgendeiner Information, doch vergeblich. „Diesen Name habe ich einige Male gehört, da bin ich mir sicher. Aber trotzdem kann ich nichts damit anfangen. Das beste wird sein, wenn ich eben mal unser Familienbuch hole. Warten Sie bitte kurz hier.“ Er verließ augenblicklich den Raum und ließ die Shinobi alleine. „Wenn Ihr Glück habt, findet sich zu den Hatakes etwas in diesem Buch“, sagte Tenzou leise zu Kakashi. Der Jounin wartete ruhig und gelassen auf die Rückkehr des Blinden. Jeder andere in seiner Situation wäre wohl ungeduldig im Zimmer rauf und runter gelaufen. Nach einer ganzen Weile kam der Mann zurück. „So, da bin ich wieder“, sagte er. Er trug mühevoll ein sehr großes, dickes Buch und schritt damit langsam auf Team Kakashi zu. „Wartet, ich helfe Euch“, sagte Tenzou und eilte zu ihm, um das Buch aus seiner Hand zu entnehmen. „Vielen Dank“, keuchte er und setzte sich dann wieder auf seinen Sessel. Tenzou reichte das Familienbuch direkt an Kakashi weiter, der es dankend annahm und sogleich damit begann, es zu begutachten. Eine dicke Staubschicht hatte sich darauf gelegt und es hatte eine beige-bräunliche Farbe. Die Seiten waren stark vergilbt und hatten einen intensiven modrigen Geruch. „Sehen Sie bitte hinein und falls Sie etwas Interessantes finden, lesen Sie bitte vor“, bat der alte Mann, da er dies selbst aufgrund seiner Blindheit nicht tun konnte. Nur zu gern kam Kakashi seiner Bitte nach. Er kämpfte sich durch die vielen Seiten, da die Struktur des Buches etwas unübersichtlich war. Ein Inhaltsverzeichnis oder dergleichen gab es nicht. Alles war mit Hand geschrieben worden, wobei dafür wahrscheinlich eine ganz spezielle Substanz benutzt wurde. Hätten sie Tinte verwendet, dann wäre es irgendwann verbleicht und man hätte nichts mehr lesen können. Kakashi blätterte das Buch durch, beschränkte sich dabei aufs Überfliegen, weil das Buch viel zu dick war, als dass er die Zeit dazu gehabt hätte, sich alles in Ruhe anzusehen. Relativ schnell stieß er auf das, was er suchte. Die Überschrift stand in großen Buchstaben ganz oben auf der Seite: Nagoya Fluch. Darunter fanden sich in alphabetischer Reihenfolge Namen. Zu jedem einzelnen stand noch etwas darunter geschrieben. Manchmal zogen sich die Erklärungen zu einem Namen über mehrere Seiten. Kakashi blätterte und blätterte. „ …Fukusama … Inagawa …“, formten seine Lippen fast lautlos. Und dann fand er das Gesuchte. „Hatake“, flüsterte er. Es war nur ein kleiner Absatz dazu und doch war ihm etwas bange zumute. Was würde er jetzt erfahren? Er räusperte sich kurz, bevor er begann, vorzulesen. „Seit Jahren befürchtet man, dass der in diesem Landsteil ansässige Clan Hatake irgendwann durch Angst und Schrecken die Herrschaft an sich reißt.“ Kakashi hielt abrupt inne. Sollte das heißen, dass seine Familie ursprünglich aus dieser Gegend stammt? Er hatte immer geglaubt, die Hatakes würden schon seit jeher dort leben, wo heute Konohagakure lag. Vielleicht hatte man sie irgendwann dazu gebracht, diese Gegend zu verlassen. Möglicherweise ließ sich damit auch erklären, warum seine eigene Familie die letzten Hatakes waren. Auch Tenzou war sehr erstaunt darüber, sagte dennoch nichts dazu. „Warum lesen Sie nicht weiter?“, fragte der Mann, worauf Kakashi sich abermals räusperte und dann fortfuhr. „Sie stellen mit ihrem … Kekkei Genkai … eine ernst zunehmende Bedrohung für das gesamte Land dar und nicht zuletzt für unseren Clan.“ Die Worte waren etwas zögerlich aus seinem Mund gekommen und zeigten seine Verblüffung über den Inhalt. Seit wann hatten die Hatakes ein Bluterbe? Neugierig las er weiter. „Ihr weißes Chakra hat die Macht, die Bijus um sich herum zu versammeln und sie zu kontrollieren. Vor allem deswegen hat der Nagoya Clan den Fluch der Versieglung auf die Hatakes gelegt. Von nun an werden sie ihr Bluterbe in keinster Weise einsetzen können.“ Mehr stand nicht dazu, aber es war mehr, als Kakashi sich je erträumt hatte zu erfahren. Seine Gedanken überschlugen sich. Tausend und mehr Fragen wollten beantwortet werden. „Interessant“, kommentierte Tenzou das Ganze trocken. „Ja“, gab Kakashi fast apathisch von sich. „Sind Sie nun schlauer als zuvor?“, wollte der Mann wissen. Er hatte in ein paar Zeilen so viel über sich und seine Ahnen erfahren, dass er gar nicht wusste, worüber er zuerst nachdenken sollte. Starke Kopfschmerzen befielen ihn urplötzlich. „Ja, aber ich bin nun auch um einiges verwirrter“, gab der Jounin zu. „Ich wusste doch, dass ich Ihren Namen schon einmal gehört habe. Ich bin mit den Flüchen unseres Clans immer wieder in Berührung gekommen. Das Alter hat sich aber leider auch stark auf mein Gedächtnis ausgewirkt.“ Eine ganze Weile sagte niemand ein Wort. Draußen tobte immer noch ein Sturm und es sah nicht so aus, als wenn das bald aufhören würde. Das Prasseln des Regens wurde lauter und lauter. „Ich hätte noch eine Frage“, sagte Kakashi vorsichtig. „Sie wollen wissen, ob ich Sie von dem Fluch befreien kann?“ „Ja“, gestand er. „Sind Sie der letzte Ihres Clans?“ „Ja“ Der Blinde legte seine Hand auf den Mund und überlegte, was er tun sollte. Es war ein gefährliches Unterfangen, den Fluch aufzulösen, denn er konnte schließlich nicht wissen, wozu Kakashi fähig war. Gesetzt den Fall, dass er lernte, mit seinem Bluterbe umzugehen, so könnte er damit unter bestimmten Umständen den Frieden bedrohen. Andererseits erlaubte es ihm seine Gabe, die Menschen zu durchschauen und er konnte ganz deutlich spüren, dass von seinen beiden Besuchern nicht ein Funken Bosheit ausging. „Gut. Ich erkläre mich bereit dazu, Sie von dem Fluch zu befreien. Ich werde bald sterben und mit mir soll der letzte Fluch meines Clans gehen.“ „Habt vielen Dank.“ „Machen Sie bitte Ihren Oberkörper frei und folgen Sie mir“, fackelte der Mann nicht lange und lief voran. Der Blinde führte sie nach draußen und entfernte sich mit ihnen einige Schritte vom Haus. Der Regen hatte an Stärke zugenommen und der Boden war bereits erheblich aufgeweicht. Das Spiel der Natur war ohrenbetäubend laut, sodass die drei kaum ihr eigenes Wort verstehen konnten. Kakashi legte sich mit dem Rücken auf den matschigen Grund und wartete das Vorgehen des alten Mannes geduldig ab, auch wenn sein Körper vor Kälte zitterte. Tenzou stand dich neben dem liegenden Jounin und verfolgte mit Interesse das Geschehen, das sich direkt vor seinen Augen abspielte. Er sah, wie der alte Mann sich mühevoll neben seinen Vorgesetzten kniete und ihm anschließend beide Hände auf die nackte Brust legte. Es passierte erst einmal gar nichts, bis der Alte sich zu dem stillen Beobachter umdrehte. „Könnten Sie mir wohl bei der Durchführung behilflich sein?“ „Natürlich“, erwiderte Tenzou. „Halten Sie ihn bitte fest und lassen Sie nicht los, ganz gleich, was passiert! Kann ich mich darauf verlassen?“ Er sah Tenzou direkt in die Augen, weswegen er in diesem Moment fast hätte schwören können, dass der Alte nicht blind war. „Ja“, entgegnete er mit Nachdruck. Und so ging Tenzou ebenfalls auf die Knie und legte Kakashi die Hände auf den Bauch. Der Blinde schloss seine Augen und bat Kakashi, dies ebenfalls zu tun. Eine ganze Zeit lang geschah nichts. Es war nicht ersichtlich, was der alte Mann da eigentlich tat. Seine Züge waren wie in Stein gemeißelt, kein Ausdruck ging davon aus; kalt und unnahbar, wie eine seelenlose Hülle. Dann schob er seine Lider so abrupt nach oben, dass Tenzou fast erschrak, weil er regelrecht an dessen ungerührten Mimik gehangen hatte. Der Alte begann auf einer fremden Sprache irgendetwas aufzusagen, was sich reimte. Immer und immer wieder dieselben zehn Sätze. Laut und lauter, schneller und schneller, bis selbst das Grollen des Donners übertönt wurde. Ein Blitz nach dem anderen tauchte geräuschvoll am grauen Himmel auf, als würde er wütend gegen diesen Vorgang wettern. In den glasklaren Seelenspiegel des Blinden war schemenhaft die Gestalt des Verfluchten zu sehen. Ohne dass Tenzou es kommen sah, fing der Körper unter seinen Händen plötzlich an zu zappeln. Schreie, die von unerträglichem Schmerz erzählten, begleiteten das immer stärker werdende Zucken. Er trat und schlug um sich, schrie wie am Spieß, während Tenzou ihn unter Einsatz all seiner Kraft auf den Boden festhielt und der alte Mann ununterbrochen seine Sätze aufsagte. Der pfeifende Wind brauste ihnen um die Ohren, der Regen prasselte in dicken Tropfen auf sie nieder, die Blitze demonstrierten ihre unsagbare Kraft. Die Qualen, die Kakashi in diesem Moment zu erleiden hatte, waren mit nichts Erfahrenem zu vergleichen. Es fühlte sich so an, als würde ihn jemand von innen auseinanderreißen. Je lauter die Stimme des Blinden wurde, desto stärker waren die Schmerzen. Er windete sich wie eine Eidechse unter den Händen, trat und schlug um sich in seinem Leiden. Er spürte kraftvolles Holz, welches sich um seinen Körper schlang und ihn auf dem Boden festnagelte. Tenzou hatte dem Widerstand des Körpers unter seinen Händen nicht mehr standhalten können. Aus lauter Schmerzen warf Kakashi seinen Kopf von der einen Seite zur anderen, unaufhörlich. Er schrie und schrie, bis er heiser war und kaum noch ein Ton laut genug war, um durch den Schal hindurch zu dringen. Doch sein Körper war unermüdlich und hörte nicht auf, sich gegen die Höllenqualen zu wehren. Sie trieben ihn an und er ließ sich treiben. Und dann ganz plötzlich … verschwand jeglicher Schmerz und sein Körper entspannte sich augenblicklich. Er keuchte vor Erschöpfung und sein Herz pochte in immer noch vorhandener Aufregung stark gegen seine Brust. Er blieb ermattet liegen und atme schnell ein und aus. Langsam öffnete er die Augen und traf direkt auf den besorgten Blick seines Kohais und den Glasaugen des Blinden. „Wie geht es Euch?“, hörte er Tenzou durch den Regen hindurch beklommen fragen. „Alles in Ordnung“, brachte er mühsam hervor, die Stimmbänder von Heiserkeit befallen. „Können Sie aufstehen? Wir gehen am besten ins Haus“, richtete sich nun der Alte an ihn. „Ja.“ Tenzou schob einen Arm unter den Rücken des Jounin und half ihm beim Aufstehen. Kakashi stöhnte, als ein Blitz des Schmerzes seinen Körper durchzuckte. Er kniff kurz die Augen zusammen, machte sie dann aber wieder auf, weil er Tenzou nicht beunruhigen wollte. Alle ließen sich wieder auf ihre alten Plätze nieder. Der Blinde hatte seinen zwei Gästen zwei Handtücher gereicht, damit sie sich abtrocknen konnten. Sie hatten sich samt ihrem Zweisitzer dem Kamin zugewandt und wärmten sich auf. „Wie fühlen Sie sich?“, sagte der Blinde an Kakashi gewandt. „Bestens.“ „Hat sich irgendwas verändert?“ „Ja … Ich fühle die große Menge Chakra, die durch meinen Körper fließt. Es ist … es ist fast beängstigend“, verließ es ihn zögerlich und leise. „Falls irgendwelche Probleme damit auftauchen sollten, dann zögern Sie nicht, mich aufzusuchen.“ „Danke, das werde ich. Könntet Ihr mir vielleicht noch eine Frage beantworten? In dem Familienbuch hieß es, dass unser Kekkei Genkai vor allem wegen ihrer Fähigkeit, die Bijus zu kontrollieren, gefürchtet ist. Was für eine Fähigkeit hat es sonst noch?“ „Tut mir leid, aber darauf weiß ich leider keine Antwort. Sie werden verschiedene Dinge ausprobieren müssen, um es herauszubekommen.“ „Ich verstehe“, seufzte er. „Wir sollten uns jetzt auf den Weg zurück in unser Dorf machen“, sagte er nach kurzem Überlegen. „Wie Ihr befiehlt“, entgegnete Tenzou. Nur einige Minuten später traten sie aus dem Haus des letzten Nachfahren des Nagoya Clans. Bevor sie allerdings losgingen, sagte der alte Mann zu Kakashi: „Nutzen Sie diese Kraft weise und vorausschauend. Ziehen Sie nicht den Ärger der Götter auf sich, denn das würden Sie mit Sicherheit bereuen.“ Eine dunkle Note hatte sich in seinen Tonfall geschlichen und untermauerte seine Worte. Es jagte Kakashi einen Schauer über den Rücken. „Das werde ich“, versicherte er ihm, ehe er sich bei dem Alten für alles bedankte und sich dann gemeinsam mit Tenzou auf nach Konoha machte. Madara spürte es ganz deutlich und er wollte es. Etwas Undefinierbares mischte sich unter das Rot seines Sharingans und ließ ihn eine ganze Spur furchteinflößender wirken als sonst. „Sasuke“, tönte es aus der dunklen Ecke. Der Angesprochene erwiderte nichts. Er machte sich noch nicht einmal die Mühe, den Maskierten anzusehen. Madara bewegte sich aus dem Schatten und trat dem jüngeren Bruder Itachis entgegen. „Sasuke“, sprach er den Jüngeren erneut an. „Was wollen Sie?“, reagierte dieser in seiner typischen ungerührten, ablehnenden Art und Weise. „Erzähl mir alles, was du über Hatake Kakashi weißt“, sagte er ruhig und hielt den Blickkontakt mit dem jungen Uchiha aufrecht. „Was haben Sie vor?“, entgegnete Sasuke kühl. Er klang dabei gleichgültig, auch wenn seine Worte alleine schon ein Beleg für sein Interesse waren. „Das wirst du schon noch erfahren“, verkündete er geheimnisvoll und ein ungesehenes Lächeln trat in sein Gesicht. ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^ Hey^^ schaut doch bitte wegen dem Stand der FF auf mein Profil ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)