Seelenlos von abgemeldet (Konoha vs. Akatsuki) ================================================================================ Kapitel 2: Die Legende lebt! ---------------------------- Zweifel plagten ihn dennoch. Er würde mit Kakashi sprechen müssen, auch wenn er dazu herzlich wenig Lust hatte. Aber was musste, das musste eben. Eine so wichtige Sache konnte er nicht einfach verschweigen, auch wenn er sich nicht sicher war, ob ihm seine Sinne keinen Streich gespielt hatten oder ob Kakashi nicht womöglich längst Bescheid wusste und es selbst veranlasst hatte. Das würde er in den nächsten Stunden schon noch in Erfahrung bringen. Die Siegerehrung kam Kakashi wie eine Ewigkeit vor. Der Grund dafür lag vor allem in seiner schlechten Verfassung. Er hatte kaum noch die Kraft, aufrecht zu stehen. Jeden Moment erwartete er, auf die Knie zu fallen und ohnmächtig zu werden. Doch nichts dergleichen geschah. Als ihm der Pokal feierlich von Tsunade überreicht wurde, erzitterte das Stadion nahezu vor klatschenden Händen. Für den Grauhaarigen waren solche Preise nicht von großer Bedeutung, denn sie hatten keinen emotionalen Wert für ihn. Es war eine Ehrung, nicht mehr und nicht weniger. Seine wichtigste Auszeichnung trug er senkrecht über seinem linken Auge. Diese Narbe war eine Erinnerung an jenen Tag, der sein ganzes Leben verändert hatte. Er hatte sie sich zugezogen, als er sich für seine Teamkollegen und gegen den Erfolg seiner Mission entschieden hatte. Für ihn war sie inzwischen, wie auch das Sharingan, ein Symbol. „Gratuliere, Kakashi“, beglückwünschte ihn die blondhaarige Hokage mit einem seichten Lächeln. Stolz sprach aus ihren haselbraunen Augen. „Danke, Tsunade-sama“, entgegnete er und das gewölbte Auge des Shinobi leitete zu der Annahme, dass er lächelte. Reflexartig zogen sich daraufhin auch die Mundwinkel der Godaime nach oben und verliehen ihrem Gesicht eine sehr freundliche und herzliche Ausstrahlung. Als sie jedoch spürte, dass Kakashi sich nur mit Mühe auf den Beinen hielt, verschwand das Lächeln auf ihren Lippen. „Yamato! Genma!“, rief sie, ohne sich den Angesprochenen, die sich einige Meter hinter ihr miteinander unterhielten, zuzuwenden. „Ja?“, sagten sie unisono und schlenderten auf die Blonde zu. „Bringt Kakashi ins Krankenhaus, damit er sich von den Strapazen erholen kann“, ordnete sie an und nahm dann kurz Augenkontakt mit den beiden auf. „Jawohl!“ Ohne zu zögern kamen Tenzou und Genma dem Befehl der Hokage nach und stellten sich beide an jeweils eine Seite des erschöpften Kopierninjas, um ihm im wortwörtlichen Sinne unter die Arme zu greifen. „Ach lasst nur, zum Krankenhaus werde ich es bestimmt auch alleine schaffen“, sagte der Grauhaarige lächelnd und machte den ersten Schritt, um das eben Gesagte umzusetzen. Er hatte die Rechnung nur ohne seinen demolierten Körper gemacht, der ihm seinen Dienst versagte. Ein Zittern befiel seine Knie, die dann auch prompt unter seinem Gewicht nachgaben. In aller letzter Sekunde konnten Genma und Tenzou verhindern, dass der Grauhaarige nähere Bekanntschaft mit dem Boden machte, indem sie ihm jeweils an einem Arm packten und ihn wieder hochzogen. „Tatsächlich, ja?“, bemerkte Tenzou amüsiert und konnte sich ein kurzes Grinsen nicht verkneifen. „Ich bin wohl doch nicht mehr ganz so fit“, meinte Kakashi nur und kratzte sich etwas verlegen am Kopf. „Sei gefälligst nicht so stur und lass dir von uns helfen, Kakashi-san“, mischte sich nun auch Genma ein, der etwas gelangweilt dreinblickte. „Seid ihr immer noch nicht weg? Jetzt schafft den mir tunlichst ins Krankenhaus!“, kam es laut und ungeduldig von der Hokage, als sie bemerkte, dass die beiden Shinobi den erschöpften Jounin immer noch nicht weggebracht hatten. „Natürlich, Tsunade-sama, wir sind schon weg“, antwortete Tenzou. Gemeinsam mit Genma stützte er also den geschwächten Finalisten, bevor sie sich auf den Weg zum Krankenhaus machten. Derweil hatte sich die Godaime ihrem zweiten Finalisten zugewendet, der noch immer etwas desorientiert in der Mitte des Stadions stand und anscheinend in Gedanken versunken war. Zeitweilig wirbelte ein leichter Luftzug den Sand unter seinen Füßen auf und der Staub stieg dann in die Luft empor. Er störte sich jedoch nicht daran. Genauso wenig wie an der glühenden Sonne, die ihm direkt aufs Haupt schien. Er hatte verloren. Im Finale geschlagen. Von dem Kopierninja. Gegen das Sharingan. Sein Inneres war gespalten. Während der eine Teil mächtig stolz darauf war, dass er das Finale erreicht und sich gegen andere Jounin behauptet hatte, bezeichnete ihn der andere als einen Versager, der im alles entscheidenden Moment eingeknickt war. Für Neji war ein Beinahe-Sieg immer noch eine vollwertige Niederlage. Der Zweitplazierte ist kein Gewinner und an den Drittplazierten erinnerte sich bald sowieso keiner mehr. Nur der Sieger hat wirklich einen Sieg davongetragen. All diese negativen Gedanken trafen in seinem Kopf aufeinander und dennoch schaffte der Hyuuga es mühelos, sich davon nichts ansehen zu lassen. Er war sich sicher, dass er stolz und kühn wirkte … wie ein Sieger. Mit erhobenem Haupt bewegte er sich schließlich auf den Ausgang zu. Längst waren die meisten Zuschauer nach Hause gegangen und es herrschte eine gespenstische Stille im größten Stadion Konohas. Vereinzelt erblickte er Besucher des Wettkampfes, die sich auf die Tribüne gestützt hatten und hinunter auf das Kampffeld sahen, wo sich abgesehen von ihm noch die Hokage und einige Genin und Chuunin aufhielten, die versuchten, Ordnung zu schaffen. Der Boden war an vielen Stellen rissig, Baumstämme lagen verstreut herum und tiefe Löcher fanden sich hier und da. Eine Hand legte sich auf Nejis Schulter, was ihn dazu veranlasste, seinen Kopf etwas herumzudrehen. „Wie sieht‘s aus? Hast du noch genug Kraft, um alleine zum Krankenhaus zu gehen oder soll ich jemanden bitten, dich dort hinzubringen?“ Der Braunhaarige zögerte keine Sekunde und antwortete der Hokage: „Es geht mir gut und ich muss auch nicht behandelt werden.“ Dann setzte er einen Fuß vor den anderen, um weiterzugehen, als Tsunade wieder ihre Hand an dieselbe Stelle wie zuvor legte. Diesmal aber kräftiger. „Hör auf den Helden zu spielen. Geh ins Krankenhaus!“ Ein bedrohlicher Unterton begleitete ihre Worte, doch der junge Hyuuga schien unbeeindruckt. „Wie gesagt, es geht mir gut“, wiederholte er seine Antwort beherrscht und ohne jegliche Emotionen. Tsunades Augenbrauen zuckten gefährlich und ehe sich der junge Finalist versah, landete ein eisenharter Schlag in seinem Rücken, der ihn gegen den harten Beton der Tribüne warf. „Das war ein Befehl!“, zischte sie, die Faust noch immer ausgestreckt. Neji unterdrückte den Schmerz, als er selbstsicher „Verstanden!“ sagte und sich benommen erhob, darauf bedacht, keine Anzeichen von Schwäche zu zeigen. Mit bedächtigen Schritten setzte er seinen Weg zur Tür fort und verschwand kurz darauf aus Tsunades Sichtfeld, die ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. Inzwischen waren vier Tage ins Land gezogen und Neji hatte noch immer nicht mit Kakashi gesprochen. Der Hyuuga hatte es für klüger gehalten, sich mit dem Gespräch über seine Beobachtung solange zurückzuhalten, bis der Kopierninja sich vollständig auskuriert hatte. Er selbst hatte das Krankenhaus noch am selben Tag verlassen können, aber der Grauschopf hatte wohl viel zu viel Chakra verbraucht und wahrscheinlich benötigte er eine längere Zeit, um sich wieder zu regenerieren. Heute aber hatte er von einen der Krankenschwestern gehört, dass es ihm wohl wieder sehr gut ginge und er in einem Tag das Krankenhaus verlassen dürfe. Da Neji kein großes Verlangen verspürte, Kakashi privat in seiner Wohnung - wo er sicherlich die nächsten Tage verbringen würde - aufzusuchen, musste er das unbedingt heute erledigen. Daher lief er gemächlich die Treppen des Spitals hoch. An der Rezeption hatte er erfahren, dass der grauhaarige Shinobi sich im dritten Stock befand. Während er dahin trottete, überlegte er sich, wie er diesen widerlichen Gestank des Krankenhauses definieren würde, der ihm in die Nase stieg. Er versuchte zwar, das Atmen durch sein Riechorgan einzustellen, doch wegen der Hitze wurde das fast zu einem Kraftakt, weswegen er resignierend aufgab und den Geruch - den er für sich selbst letztendlich „medizinisch“ nannte - über sich ergehen ließ. Die Nummer 312 auf der weißen Holztür fand sich genau in der Mitte und stach einem sofort ins Auge. Da ihm die ganze Angelegenheit lästig war, zögerte Neji keine Sekunde und klopfte zweimal an. Kaum dass er das getan hatte, hörte er einige Leute im Raum sprechen. Noch ehe er weiter darüber nachdenken konnte, bat ihn Kakashis Stimme herein. Während er die Klinke herunterdrückte, hoffte er, dass der Grauschopf nicht allzu viele Besucher hatte. Seine Hoffnung löste sich jäh in Luft auf, als er die Tür soweit nach innen geschwungen hatte, dass das Zimmer in ihrer vollständigen Größe für ihn sichtbar war. Neben Kakashi befanden sich noch Tenzou, Asuma, Kurenai und zu allem Übel Tsunade dort. Überraschung las er aus ihren Augen, wenn er von Kakashi absah, der lässig wie eh und je wirkte. „Entschuldigt bitte, ich komme ein anderes Mal wieder.“ Er plante, sofort kehrt zu machen, doch Tsunade hielt ihn davon ab. „Worum geht es?“ Die Hokage war verwundert darüber, dass Neji Kakashi sehen wollte. Sie ahnte bereits, dass er wohl was Wichtiges mit dem Grauhaarigen zu besprechen hatte und ihre Mutmaßung wurde durch seine Antwort bestätigt. „Ich habe etwas mit Kakashi-san zu bereden, aber ich komme besser später nochmal vorbei.“ Wieder machte er Anstalten, das Zimmer zu verlassen, als er abermals daran gehindert wurde. „Wir wollten jetzt sowieso los“, meinte Asuma und schloss seine Freundin mit ein, die ihm sogleich folgte, als er aufstand und Kakashi zum Abschied „Wir sehen uns dann“ zurief. Der Sohn des dritten Hokage und die schwarzhaarige Kunoichi verließen dicht hintereinander das große Krankenzimmer. Beim Vorbeigehen hinterließ Kurenai einen süßlichen Duft, der von Neji unauffällig eingezogen wurde. Ihr Parfüm roch allemal besser als das Aroma, das so typisch für Kliniken war. „Ich bin dann auch mal weg“, sagte Tenzou in Richtung von Kakashi, der ihm freundlich zunickte. Der Anbu favorisierte den Weg aus dem Fenster und so war er schnell verschwunden. Tsunade stellte sich vor dem Fenster, aus dem Yamato eben gesprungen war und lehnte sich daran. „Komm rein, Neji! Kakashi und ich habe auch nichts mehr zu bereden.“ Der Hyuuga würde nicht denselben Fehler begehen, Widerworte an sie zu richten, und so schloss er die Tür hinter sich und näherte sich dem Bett des Kopierninjas. Kakashi hatte wie immer seine Maske auf und Neji fragte sich, wie er das bei der Hitze ertrug. Die Sonne schien durch die vielen Fenster direkt in das Zimmer und erwärmte es bis zur Grenze des Erträglichen. Wahrscheinlich entfernte sich Tsunade deshalb schnell von ihrer Position, dachte sich Neji und sein Verdacht wurde bestätigt, als die Blonde soweit in den Raum hineinlief, bis sie im Schatten stand. „Wir hätten dann soweit alles geklärt, Kakashi. Morgen kannst du nach Hause gehen.“ „Ja, danke, Tsunade-sama“, gab er lächelnd zurück. Die Godaime hatte schon ihre Hand auf den Türgriff gelegt, als Neji das Wort erhob. „Tsunade-sama?“ „Ja, was gibt es?“, fragte sie und schaute nur über ihre Schulter hinweg zu dem Hyuuga. „Könntet Ihr bitte hier bleiben, weil wir vielleicht Eure Hilfe brauchen könnten.“ Die Worte waren etwas schwerfällig über seine Lippen gekommen, denn er gehörte zu der Sorte Mensch, der durch die Aussprache einer Bitte das Gefühl hatte, sein Haupt gebeugt zu haben. Es kratzte an der Oberfläche seines Stolzes und hinterließ eine hässliche Spur der Erinnerung. Eine Bitte zu äußern zeugte von Schwäche, denn eine Bitte setzte immer voraus, dass man auf fremde Hilfe angewiesen war. Dass es sich gelegentlich nicht vermeiden ließ, machte die Sache nicht besser. Zumindest nicht für Hyuuga Neji. Anstatt eine verbale Antwort zu geben, schloss die blonde Hokage die Tür des Krankenzimmers und stellte sich ans Bettende und signalisierte auf diese Weise, dass sie seiner Bitte nachkommen würde. Stummheit entfaltete sich in dem kahlen Raum und verlieh der Atmosphäre eine Prise Angespanntheit. Diese wurde jedoch nur kurz aufrechterhalten, da mindestens zwei der drei Personen diese Angelegenheit schnell über die Bühne bringen wollten. Dass letztendlich die geduldigste Person die unangenehme Stimmung und elektrisierende Spannung mit seiner monotonen und fast kalt klingenden Stimme wie ein scharfes Schwert durchschnitt, wirkte wie Ironie. „Ich habe deinen seltsamen Blick schon im Finale gespürt und habe mich gefragt, was dich so aus dem Konzept bringen konnte, dass du deswegen sogar für den Bruchteil einer Sekunde deine Verteidigung vernachlässigst hast.“ Trotz der Tatsache, dass es sich hierbei um ihn selbst handelte, erweckte Kakashi den Anschein, es würde ihn nicht im Geringsten interessieren. Dass es nicht so war, bewies lediglich sein konzentriertes geöffnetes Auge, welches sich schon fast lauernd auf den jungen Hyuuga gelegt hatte und das mit einer konsequenten Beharrlichkeit. Nejis Antwort folgte nicht unmittelbar, denn der Braunhaarige formte sich in Gedanken einen Satz zurecht. Wie sollte er erklären, was er gesehen hatte, wenn er selbst nicht genau wusste, was es war? Seine Impressionen sowie seine Vermutung diesbezüglich wollte er vorerst für sich behalten, um Kakashi und Tsunade die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. „Komm bitte endlich zur Sache, Neji. Ich habe noch viel zu tun.“ Ich kann mir schon denken, warum Ihr es eilig habt, dachte der Angesprochene und massierte sich gedanklich die Schläfen. Der tippende Fuß der Hokage unterstrich ihre wachsende Ungeduld und damit die langsam ansteigende Wut, die sich in ihrer gesamten Stärke mit Sicherheit gegen ihn richten würde. Sein Blick glitt von dem Gesicht der Blondine zu dem großen Fenster hinter ihr und traf direkt in das strahlende Antlitz der Sonne, weswegen er reflexartig seine Augen einengte und sich dann hastig abwandte. Die deutlich sichtbare Ader an Tsunades Stirn verleitete ihn dazu, sich lieber dem gelangweilten Ausdruck des Kopierninjas zu stellen, als das Risiko einzugehen, die Faust der Sannin in irgendeiner Partie seines Körpers zu spüren. Obgleich der grauhaarige Shinobi eine Maske trug, verbarg es doch nicht seinen Gemütszustand. Neugier konnte Neji zwar nicht feststellen, Interesse hingegen schon. Sein Mund hatte sich schon halb geöffnet und der erste Ton erklang, als er abrupt aufgrund eines ihm bekannten Lautes stoppte, den er wohl mit einem Puff bezeichnen würde. Das lange grau-weiße Haar war wie immer zu einem Zopf zusammengebunden, ein fröhliches Grinsen zierte das Gesicht und die hockende Haltung bezeugte die noch immer vorhandene Biegsamkeit. „Hallo, Leute!“, ertönte Jiraiyas gutgelaunte Stimme, die sofort die angespannte Atmosphäre aus dem warmen Raum vertrieb und Platz für Wohlbefinden machte. Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn, was ihn überhaupt nicht zu stören schien. „Du hast mir gerade noch gefehlt!“, warf ihm Tsunade ungehalten an den Kopf, die Hände vor dem großen Busen verschränkt. Langsam aber sicher stieg heißer Dampf in ihrem Innern empor und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er aus ihr heraus drang und jemanden mit voller Wucht erwischte. Jiraiya schien sich dessen nicht bewusst zu sein oder aber es interessierte ihn nicht, denn er brachte ihr seine volle Ignoranz entgegen, indem er sich ihrem Patienten widmete, anstatt auf ihre ‚freundliche‘ Begrüßung einzugehen. Das Klacken seiner Geta* erfüllte kurz den Raum, als er sich Kakashi näherte und dicht neben ihm zum Stehen kam. „Ich habe gehört, du hast den Jounin-Wettbewerb gewonnen, Jungchen. Gratuliere!“ Jiraiyas Gesichtsausdruck nach zu urteilen freute er sich über den Erfolg des Grauhaarigen. „Danke“, erwiderte Kakashi, der sich etwas verlegen am wirren Haar kratzte. Der Sannin warf einen prüfenden Blick auf den kleinen Nachttisch neben Kakashis Bett. Wie er erwartet hatte, lag auf diesem ein Band seiner IchaIcha-Reihe. „Wie ich sehe, hast du dich gut versorgt.“ Als Jiraiya Kakashis Verwirrung bemerkte, deutete er mit einer Kopfbewegung auf das Buch und sofort stahl sich ein Lächeln auf die maskierten Züge des Kopierninjas. „Ja. Ohne meine Bücher wäre der Aufenthalt im Spital einfach unerträglich.“ „Das glaube ich dir“, entgegnete Jiraiya und lachte amüsiert auf, wobei ihm der strenge Seitenblick seiner alten Teamkollegin nicht entging. „Haben die Herren ihren Kaffeeklatsch beendet? Hört auf meine Zeit zu verplempern und kommen wir endlich zu dem, was Neji zu sagen hat.“ „Oh“, verließ es den legendären, weißhaarigen Sannin, der scheinbar erst jetzt bemerkte, dass der junge Hyuuga auch im Raum war. Drei Augenpaare waren auf den Braunhaarigen gerichtet, der sich schnell für den Augenkontakt mit Kakashi entschied. Um nicht länger seine Zeit zu vergeuden, verzichtete Neji auf ein langes Drumherum-Gerede und kam gleich auf seine Beobachtung zu sprechen. „Als ich mir im Finale Ihren Körper mit meinem Byakugan angesehen habe, da fiel mir auf, dass Ihr Chakra sich nicht frei entfalten kann.“ Kakashis gerunzelte Stirn verleitete Neji dazu, inne zu halten, damit der Grauschopf seine Gedanken ordnen konnte. Ein Blick zu den anderen zweien bewies Neji, dass er jetzt auch deren vollste Aufmerksamkeit hatte. Das Interesse von allen war nun geweckt und da die Ungeduld von Tsunade ihn anzuspringen drohte, setzte er seine Erzählung fort. „Jedes Mal, wenn Sie ihr Chakra konzentriert haben, bildeten sich kleine Chakra- Kugeln. Irgendwie schien sich nur ein kleiner Teil durch Ihre Bahnen zu leiten.“ Abermals unternahm Neji eine Unterbrechung und ließ den anderen damit Zeit, auf das eben Gesagte zu reagieren. „Hast du erkennen können, woran das genau lag?“ Jetzt erkannte Neji die Neugier in Kakashis sonst so ausdruckslosem Gesicht, was ihn keineswegs wunderte, wenn man bedachte, dass dessen einzige Schwachstelle das niedrige Chakralevel war. „Ich bin mir nicht ganz sicher …“ Nachdenklich ließ der Gefragte seinen Kopf etwas nach vorne kippen, nur um ihn dann wieder schnell hochzuziehen. „Ich meine, sowas wie Ringe gesehen zu haben, die die Farbe von herkömmlichem Chakra hatten. Aber da Ihres weiß ist, waren sie für mich dennoch erkennbar. Worum es sich dabei genau handelt, kann ich Ihnen nicht sagen.“ Nun erhob der Älteste im Raum das Wort. „Als du die Ringe erwähnt hast, kam mir ein Gedanke. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich damit richtig liege. Was genau haben diese Ringe gemacht? Also, worin lag ihre Funktion?“ Noch ehe Neji antworten konnte, murmelte Tsunade, die ihre Hand um das Bettgestell von Kakashi gelegt und die Augenbrauen grübelnd heruntergezogen hatte: „Das ist wirklich seltsam.“ Was sie damit genau meinte, war für die Anwesenden nicht ersichtlich und da sie nicht weitersprach, hielt es Neji für angebracht, seinerseits weiter zu reden und auf die Frage von Jiraiya einzugehen. „Das weiß ich nicht. Ich habe nur für etwa zwei bis drei Sekunden in seinen Körper geschaut und da wir mitten in einem Kampf waren, konnte ich mich schlecht weiter damit beschäftigen“, erklärte er dem Sannin in gefasster und ruhiger Tonlage. „Ich verstehe“, gab der Weißhaarige von sich und nahm sich eine kurze Bedenkzeit. Worüber er nachdachte war nicht ersichtlich, wobei Neji annahm, dass es mit seinem kürzlich unausgesprochenen Gedanken zu tun hatte. Wahrscheinlich überlegte der Sannin, wie er diesem Einfall auf den Grund gehen konnte. Kakashi schob seine Bettdecke, die er sich trotz der Hitze auf die Beine gelegt hatte, beiseite und erhob sich sachte aus seinem Bett. Obgleich Neji nicht den Hauch einer Ahnung hatte, warum der Grauhaarige ihn mit einem herausfordernden Blick ansah - sowie er es nur tat, wenn er sich einem Feind gegenübersah - blieb seine Miene ungerührt und verriet nichts über das, was seinen Verstand kreuzte. Der Kopierninja stellte sich Neji gegenüber. Wegen des Größenunterschieds war der Braunhaarige gezwungen, hoch zu sehen. Er hasste das. In solchen Moment kam ihm immer die Redewendung „zu jemanden aufsehen“ in den Sinn und das widersprach gänzlich seinem Charakter. Er verspürte dabei sogar ein gewisses Grad an Demütigung, was seiner stolzen Seele einen Riss verpasste. Folglich empfand er Dankbarkeit, als Kakashi nicht lange um den heißen Brei herum redete und sofort auf sein Anliegen zu sprechen kam. „Wenn du dich nicht erinnern kannst, dann könnten wir einfach nach draußen gehen, wo ich mein Chakra konzentriere und du mit deinem Byakugan einen Blick darauf wirfst.“ Kakashi hatte den Satz als Vorschlag formuliert, doch die Tonlage ließ keinen Widerspruch zu, obgleich er weder hart noch streng klang. Ein leiser Befehlston hatte seine Stimme begleitet. Und auch wenn es kein Befehl gewesen wäre, so hätte Neji sich dennoch bereit erklärt, dem Kopierninja diesen Gefallen zu tun. „Okay“, war das einzige, was er darauf sagte. Ohne zu zögern drehte er sich um und lief aus der Tür. „Gehen wir!“, befahl Tsunade und ging in ihrem normalen Lauftempo voran, auch wenn Jiraiya glaubte, dass ihr Wissensdrang sie innerlich zur Eile trieb. Ab und zu kann sie sich gut beherrschen, dachte der weißhaarige Mann schmunzelnd und folgte ihr sogleich zusammen mit dem Kopierninja nach draußen auf den Trainingsplatz. Dort angekommen, stellte sich Kakashi, der sich nicht die Mühe gemacht hatte, sich ordnungsgemäß anzuziehen, vor Neji. Die beiden Sannin hatten sich auch zu ihnen gesellt, wenn auch mit einem kleinen Abstand. „Na, dann wollen wir mal!“, sagte der grauhaarige Shinobi und legte als erstes sein Sharingan frei, mit dem er die Person vor sich fixierte. „Es wäre am besten, wenn Sie ein Jutsu anwenden, wofür Sie eine große Menge Chakra konzentrieren müssen“, bemerkte der Braunhaarige, woraufhin Kakashi verstehend nickte und einige Fingerzeichen tätigte. Blitze tanzten in seiner bloßen Hand und das weiße Chakra versprühte eine unverwechselbare Aura. Das Geknister dieses Jutsus erinnerte Neji an tausend ausschwärmende Vögel. Faszinierend, dachte er bei sich, doch seine Mimik repräsentierte gar nichts von diesem Eindruck. Das Chidori war weit über die Grenzen Konohas bekannt, da es das einzige Jutsu war, das der berühmte Kopierninja nicht kopiert hatte. Und obwohl er das ein oder andere Mal mit Kakashi auf Mission gegangen war, hatte er diese Technik noch nie gesehen. Kakashi hielt seine Hand etwas von sich entfernt, um sich nicht selbst mit dem Chidori zu verletzen. Er bemerkte, wie Neji ganz kurz gedankenverloren darauf schaute, den Gesichtsausdruck dabei absolut regungslos. Er hat sich völlig unter Kontrolle, dachte der Kopierninja schweigsam über den jungen Jounin. Er war beeindruckt von Nejis beherrschtem Mienenspiel. „Worauf wartest du?“, fragte Tsunade in die Richtung von Neji. Diesmal klang sie weniger genervt. Über alle Maßen neugierig traf es eher. Je schneller ich hier wegkomme, desto besser, erinnerte sich der junge Hyuuga und aktivierte schnell sein Byakugan. Jiraiya trat einige Schritte näher an den jüngeren Jounin heran. „Du musst uns ganz genau sagen, was du siehst“, meinte er dann zu dem jungen Mann, der konzentriert in den Körper seines Gegenübers sah. Je dichter er das weiße Chakra theoretisch an sein Auge zog, desto deutlicher stachen die Adern in seinem Gesicht hervor. Auf diese Weise konnte er alles viel besser erkennen. Jetzt konnte er die kleinen Ringe in Kakashis Chakrabahnen zweifellos als Fremdkörper identifizieren. „Und? Wie sieht es aus?“, erkundigte sich die einzige Frau in der Runde, die sich nun ebenfalls dem Hyuuga näherte. Nachdem er glaubte, genug gesehen zu haben, deaktivierte Neji sein Byakugan und drehte sich dann zu den beiden Ältesten herum. Das Chidori klang ab und Kakashi wedelte einmal kurz mit seiner Hand hin und her. Alsdann stellte er sich zu den anderen und füllte die Lücke zwischen Neji und Jiraiya, womit er die Gesprächsrunde komplementierte. „Was genau hast du gesehen?“, eröffnete Jiraiya das Gespräch, während er sich immer wieder mal den Schweiß von der Stirn wischte. „Ich habe diesmal ganz genau erkannt, dass sich hunderte von winzig kleinen ringförmigen Fremdkörpern in seinem Körper befinden.“ Da er direkt Jiraiyas Frage beantwortete, tat er so, als wäre der betroffene Shinobi nicht anwesend. „Und weiter?“, fragte Tsunade nach und ihre gerunzelte Stirn zeugte von Neugier. „Diese Ringe haben - wie ich bereits erwähnt hatte - einen hellblauen Ton und legen sich wie Ketten um das Chakra. Während Kakashi es konzentriert hat, hat es deutlich gepocht, wie ein stark schlagendes Herz, doch diese kleinen Ringe gaben nicht nach und es schien so, als würden sie ihren Griff verhärten, je mehr Chakra gebraucht wurde. Sie reagierten also direkt darauf und verhinderten, dass Kakashi-san sein Chakra vollständig verwenden konnte.“ Die Zuhörer versuchten, aus den Beobachtungen von Neji schlau zu werden; Jiraiyas Blick war starr geradeaus gerichtet, Tsunade hatte ihre Augenbrauen leicht heruntergedrückt und Kakashis geöffnetes Lid sank etwas hinab und bedeckte nun etwas mehr von seinem schwarzen Auge. Das ermöglichte Neji, gewisse Schlüsse zu ziehen. Ein sommerliches Lüftchen zog an den vier Ninjas vorüber und nahm deren Schweigsamkeit mit sich. „Kannst du einschätzen, wie viel sie von meinem Chakra in ihrem Griff haben?“, wollte Kakashi wissen und ignorierte dabei die unerträgliche Hitze, die ihm die ganze Zeit schon zu schaffen machte. „Hm“, tönte es von Neji, der allem Anschein nach überlegte. Geduldig wartete Kakashi ab, während tausend Gedanken seinen Verstand belagerten. „Ich schätze, dass Sie etwa nur 1/6 oder 1/7 von Ihrem Chakra zur Verfügung haben.“ „Was?“, kam es gleichzeitig von allen dreien, wobei sich die Lautstärke und die Mimik von ihnen deutlich unterschieden. Nur eine Emotion konnte man in aller Gesicht sehen: Verblüffung. „Es hat mich ja schon immer gewundert, dass du trotz deiner bemerkenswerten Fähigkeiten ein so verdammt niedriges Chakralevel hast. Das hat einfach nicht zusammen gepasst, vor allem, weil sich jenes eben mit dem Körper entwickelt. Aber dass es das ist, darauf wäre ich nicht mal im Traum gekommen.“ Jiraiya hatte mehr vor sich hin geredet als zu dem Grauhaarigen, da er zeitgleich darüber nachdachte. „Du hast schon längst eine Vermutung, womit wir es hier zu tun haben, nicht wahr, Jiraiya?“ Die Godaime kannte den weißhaarigen Sannin schon seit ihrer Kindheit und deswegen konnte sie meistens schon allein anhand kleinster Gesten oder Blicken erkennen, was in ihm vorging. „Ja, ich hatte schon vom ersten Augenblick diese Vermutung, aber bevor ich euch davon erzähle, muss ich sichergehen, dass ich mich nicht täusche. Deswegen beantworte mir noch eine Frage…“ Jiraiyas dunkle Iris drehten sich in Nejis Richtung. Nickend gab ihm der Angesprochene zu verstehen, dass er ihm diese Frage beantworten würde. „Ist dir noch irgendwas an diesen Ringen aufgefallen? War irgendetwas darauf zu sehen?“ Neji wusste sofort, was er meinte. Er hatte vorhin nur vergessen, es zu erwähnen. „Ja“, sagte er daher erst einmal und ergänzte dann: „Auf jedem einzelnen der Ringe befand sich ein Zeichen, das so aussah, als hätte man den Buchstaben „C“ Rücken an Rücken gezeichnet, sodass es die Form von einem gebogenen „X“ annimmt.“ „Wie ein gebogenes X?“, gab Tsunade deutlich überrascht von sich. „Hab' ich es mir doch gedacht“, entgegnete Jiraiya darauf mit einem ernsten Blick. „Jiraiya-sama, könntet Ihr mich bitte aufklären?“, fragte Kakashi, der mit dem Zeichen nicht das Geringste anfangen konnte. Er hoffte, dass ihm die Antwort nicht den Boden unter den Füßen wegreißen würde. Die Godaime antwortete anstelle des weißhaarigen Mannes: „Das gebogene X ist das Wappen eines Clans aus dem Reich der Blitze. Vor vielen Jahren hat dieser Clan das Dorf beherrscht.“ Als Tsunade eine kurze Redepause einlegte, nutzte Kakashi die Möglichkeit, um seinen Gedanken auszusprechen. „Wie hängt das alles zusammen?“ Jiraiya nahm Blickkontakt mit dem Grauhaarigen auf und sagte dann: „Bis heute hielt ich es für nichts mehr als eine Legende, aber jetzt bin ich mir sicher, dass etwas Wahres an der Geschichte dran ist.“ „Eine Legende?“ „Ja, eine Legende. Es heißt, diese Familie war eines der gefürchtetsten Clans, die es je gab.“ Jiraiya wandte sein Gesicht von dem grauhaarigen Shinobi ab, um es der strahlenden Sonne zuzuwenden. „Weswegen war dieser Clan so gefürchtet?“, hakte Kakashi abermals nach, weil es offensichtlich war, dass Jiraiya ihm das Wichtigste noch nicht erzählt hatte. Wie in Zeitlupe senkte der Sannin seinen Kopf, … drehte diesen zu dem Kopierninja herum, … verengte ernst seine Augen … und sagte schließlich: „Wegen ihres berühmt-berüchtigten Fluchs.“ ________________________________________________ * japanische Holzsandalen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)