Angel´s History von Nalahime (Lucifer´s Angel) ================================================================================ Kapitel 2: Verschmelzung zweier Leben ------------------------------------- Zader war nervös. Sehr nervös. Er hatte Lucifer seit über zwanzig Jahren nicht mehr gesehen und jetzt sollte er wieder vor ihn treten. Sie waren gute Freunde, jedoch konnte Lucifer auch seine Freunde gnadenlos töten, wenn ihm der Sinn danach stand. Obwohl er ihn bereits sehr lange kannte, konnte er ihn nicht einen Funken einschätzen. Mit schwitzenden Händen stand er vor den riesigen, schwarzen Toren des Thronsaals. Plötzlich öffneten sie sich einen Spalt breit und Belial trat heraus, ebenfalls ein ehemaliger Engel, nun jedoch einer der sieben Teufel, die Lucifer direkt unterstanden. Zader konnte ihn nicht ausstehen. „Wenn das nicht unser kleiner Zader ist. Der verlorene Sohn kehrt heim.“ „Hör auf so´n scheiß zu reden, Belial.“ „Meine Güte. Ist das das Einzige was du mir nach über zwanzig Jahren zu sagen hast?“ „Halt einfach den Mund und lass mich in Ruhe. Ich muss zu Lord Lucifer. Ich bringe gute Kunde für ihn.“ „Gute Kunde? Über was? Dich selbst?“ Er lachte laut auf. „Nein, Kunde über Lord Azrael.“ Belial verstummte sofort und seine Augen verzogen sich zu Schlitzen. „Oh? Hast du ihn etwa gefunden? Wahrscheinlich tot, was?“ Vielleicht konnte Belial ihn nicht ausstehen, aber Azrael hasste er bis aufs Blut. Er war eifersüchtig auf ihn, weil er schon immer hinter Lucifer her gewesen war, dieser ihn jedoch noch nicht einmal eines Blickes würdigte, sondern nur Augen für Azrael hatte und das von Anfang an. „Nein, er lebt. Ist doch einfach wunderbar, nicht wahr, Belial?“ Ein freches Grinsen zog über Zaders Gesicht und ein saurer Ausdruck durch Belials. „Ja, einfach... wunderbar, wirklich.“ „Ja. Lord Lucifer wird wahrscheinlich in nächster Zeit in bester Stimmung sein.“ „Wahrscheinlich...“ Belial knirschte mit den Zähnen. „Jetzt mach das du rein gehst, Zader.“ „Warum auf einmal so hastig? Wollen wir nicht noch ein bisschen tratschen?“ „Nein danke, verzichte...“ Wütend wie noch nie ging Belial von dannen und Zader grinste nur breit. Wie gut es sein wird, wenn Azrael wieder zurückkehrt. Mit der besten Laune, die er seit einer Ewigkeit nicht mehr gehabt hatte, betrat er den Thronsaal des schwarzen Engels. Lucifer saß mit übergeschlagenen Beinen in einem Thron aus Drachenknochen und hatte sich kein bischen verändert. Konnte es sein, dass er sogar die selben Kleidungsstücke wie damals trug? Nun ja, es waren eben solche Dinge, die er mochte. Ein rotes Shirt unter einer schwarzen Lederjacke mit Stehkragen und goldenen Nieten und Ketten. Auch seine Hose bestand aus Leder und war mit goldenen Ketten verziert. Dazu trug er schwarze Lederstiefel mit langem Schaft und goldenen Schnallen in denen die Hose steckte. Zader beugte sein Knie vor dem Thron und war merkwürdiger Weise voller Freude Lucifer zu sehen. Seine Nervosität war wie weggeblasen. „Mein Lord. Hiermit kehre ich zurück und bringe frohe Kunde für euch.“ Lucifer blickte ihn an und lächelte mysteriös. „Zader. Wie schön dich nach all der Zeit wieder zu sehen, mein Freund. Welche Kunde bringst du mir seit so langer Zeit?“ „Ich kann mit Freude verkünden, dass ich Lord Azrael wieder gefunden habe, mein Gebieter.“ Lucifers Bernstienaugen funkelten und man konnte seine Aufregung in der Stimme mit schwenken hören. „Wo ist er, Zader?“ „Ich fürchte noch nicht hier, Herr. Er ist noch verwirrt und kann sich nicht wirklich entscheiden, weswegen er noch immer auf Erden wandelt.“ „Dann überzeuge ihn und bring ihn her!“ „Das habe ich ja versucht, aber es ist nicht so einfach. Er hat schließlich seit dreiundzwanzig Jahren ein anderes Leben geführt und besitzt nur seine Herzerinnerungen als Engel.“ „Du hast recht. Ich habe mich unnötig aufgeregt. Verzeih, Zader. Bitte tue weiterhin dein bestes.“ „Ja, mein Lord.“ Zader stand auf, verbeugte sich noch einmal und ging auf die Thronsaaltüren zu. „Zader!“ Er drehte sich um. „Ja, mein Lord?“ „Willkommen zu Hause, mein Freund.“ „Danke. Ich bin zurück, Lucifer.“ Diese Worte begleitete ein warmes Lächeln auf beiden Seiten. Plötzlich bemerkte Zader einen huschenden Schatten und schaute genauer hin. Der Schatten stellte sich als Diener heraus, der Lucifer den Kelch füllte. Er schien aller höchstens neunzehn Jahre alt zu sein, hatte haselnussbraunes, mittellanges Haar, welches etwas zerstreut war und sah recht süß aus, wie Zader fand. Nun ja. Er hatte keine Zeit für so etwas und verließ den Saal. *** Irgendwie wusste Zader, dass Athaz sehr lange brauchen würde um sich zu entscheiden und er hatte recht. Es war bereits tiefster Winter, als Zader ihn zum weiß Gott wie häufigsten Male nach einer Entscheidung fragte und er erhielt wie immer die selbe Antwort. „Ich kann einfach nicht gehen, Zader. Nicht einfach so, jedenfalls. Tut mir Leid. Ich brauche noch Zeit.“ Und jedes Mal regte es ihn mehr auf diese Worte zu hören. Es ging ja nicht nur um Lucifer, dessen Stimmung immer lebensgefährlicher wurde, sondern auch um die Engel die ihn mittlerweile auch entdeckt hatten und nur gütig genug waren noch nicht zu handeln. Wenn Azrael etwas passieren sollte würde Lucifer ihn hundert prozentig, und da konnten sie noch tausend Jahre mit einander befreundet sein, umbringen und zwar ohne mit der Wimper zu zucken. Es würde nicht einmal eine Minute dauern und er hätte das Zeitliche gesegnet. Zader seufzte tief und eine weiße Wolke stieg in den Himmel. Überall lag bereits Schnee und fließendes Wasser war auch schon zu gefroren. Nicht mehr lange und der Weihnachtswahn würde wieder los gehen. Wieso war es so schwierig für Athaz dieses verdammte Menschenleben auf zu geben? Er war schließlich ein Engel verdammt noch mal, auch wenn seine Flügel zur Zeit versiegelt waren und zwei Narben auf seinem Rücken das Einzige waren, was von ihnen übrig war. Aber verdammt noch mal! Er war kein Mensch! Aber was Zader noch mehr aufregte war, dass er bemerkt hatte wie er selbst Athaz durch Augen betrachtete, die nicht einfach nur beobachteten. Es waren Augen die jede Bewegung dieses Mannes mit Faszination verfolgten und er ertappte sich manchmal dabei wie er gefährlich nahe an seinem Hals oder seinem Gesicht war, ohne bemerkt zu haben, dass er sich überhaupt bewegt hatte. Er war definitiv an ihm interessiert, so viel stand fest. Nur hatte er keine Ahnung wann das begonnen hatte und er fühlte sich ein wenig unbehaglich wenn er daran dachte, dass Lucifer das raus bekommen könnte. Er würde ihn wahrscheinlich kopfüber aufhängen, auspeitschen und ihn erwürgen oder sonst was tun um ihm diese Dinge wieder aus zu treiben. Lucifer gab es zwar im Leben nicht zu, aber er war unglaublich schnell eifersüchtig und besitzergreifend. „Zader? Was machst du da?“ Erschrocken fuhr er zusammen und blickte in diese wunderschönen purpurnen Augen. „Nichts.“ „Hm. Bist du wieder gekommen um mich zu fragen, ob ich endlich mit komme?“ „Naja, ich weiß die Antwort ja schon, aber es ist meine Pflicht.“ „Ich weiß es aber immer noch nicht.“ Zader seufzte resigniert. „Ich wusste es.“ „Will er mich wirklich so dringend wieder haben?“ „Hä?“ Athaz errötete ein wenig. „Naja, ...Lucifer, meine ich...“ Zader musste über diese Verlegenheit lachen. Das war zu süß! „Lach nicht, Zader!“ „Entschuldige! … Jedenfalls hast du wirklich keine Ahnung wie sehr Lucifer sich nach dir sehnt, ehrlich nicht.“ „Etwas, denke ich.“ „Ach?“ „Weißt du... Ich kann mich an mehr erinnern. Ich meine in meinen Träumen. Ich träume jetzt nicht immer nur diesen einen Traum sondern auch anderes in denen er auftaucht. Ich denke ich habe eine ganz gute Vorstellung von ihm und seinen Gefühlen, aber umso mehr wundert es mich, dass er nicht selbst kommt um mich zu holen.“ Die letzten Worte begleitete eine leichte Traurigkeit oder war es eher Enttäuschung? „Naja, Lord Lucifer hat viel zu tun, Athaz. Ich meine er hält die ganze Hölle zusammen. Es wäre furchtbar wenn er nicht da wäre. Du glaubst gar nicht was das für ein Chaos war als Lucifer zum ersten Mal in die Hölle kam. Ich schwöre dir, das Wort Katastrophe ist nicht genug das zu beschreiben.“ „War es wirklich so schlimm?“ „Oh ja. Jetzt gibt es Regeln und Gesetze und man könnte fast sagen, dass es „brave Bürger“ gibt. Lucifer macht da unten echt einen gigantischen Job, ich sag´s dir.“ „Kann ich mir vorstellen. Naja, ich muss los. Wir sehen uns später, Zader.“ „Ist gut.“ Und genau in dem Moment als Athaz die Straße überquerte traten die Engel in Aktion. Sie preschten in unglaublicher Geschwindigkeit auf ihn zu. Zader wusste genau, dass sie ihn töten wollten. Alles an ihrem Verhalten verriet es. Er musste schnell handeln und das tat er auch. Er ließ die Straße in Sekundenschnelle gefrieren und das anhaltende Auto, welches noch genug Geschwindigkeit hatte, rutschte einfach weiter und verursachte einen kleinen Autounfall, der genug Verwirrung stiftete um ihm die Zeit zu lassen, sich Athaz zu schnappen und mit ihm zusammen durch ein Höllenportal zu fliehen. Athaz war bewusstlos. Er war von einem der Autos angefahren und mit dem Kopf aufgeschlagen, was sich aber als nicht besonders schlimm herausstellte. Trotzdem würde es Lucifer aber nachher noch genug Anlass geben ihm ordentlich eine zu verpassen. Ob Athaz wohl wütend sein wird wenn er aufwacht? Gut möglich war es jedenfalls. Zader musste sich noch um Athaz Job kümmern. Wenn er weiß, dass er noch eine Pflicht zu erfüllen hat, würde er wahrscheinlich mit Fahnen und Trompeten zurück gehen und wenn er die ganze Hölle auf blanken Sohlen durchwandern müsste. Aber er konnte ihn nicht einfach alleine hier liegen lassen. Die Dämonen hier würden ihn schneller verschleppen als er gucken könnte. Er war einfach zu attraktiv. Er stand auf um einmal kurz die Umgebung zu überprüfen und wurde prompt von jemandem überrannt. Sie stürzten beide zu Boden und Zader fluchte kurz. „Verdammt! Hast du keine Augen im Kopf, Kleiner?!“ „Musst du gerade sagen, du Riese! Und nenn mich nicht Kleiner! Ich bin Kiris!“ „Ja, ja, was auch immer! Hey, kenne ich dich nicht von irgendwo her?“ Und er kannte ihn tatsächlich. Er erkannte ihn an den nussbraunen Haaren, die etwas zerzaust waren und an der bronzenen Haut. Es war der Diener den er bei Lucifer gesehen hatte. Der, der ihn etwas interessiert hatte. „Was soll das jetzt heißen?! Versuchst du jetzt mich an zu machen, oder was?!“ „Wie bitte?! Wer würde sich an so jemanden wie dich ran machen?! Ich kenne dich bloß, weil du bei Lucifer angestellt bist!“ Sein Kopf schnellte hoch und Zader blickte in große, himmelblaue Augen. „Das heißt für dich immer noch Lord Lucifer oder seine Majestät Lucifer, verstanden?!! … Äh?“ „Was? Hab ich dir jetzt die Sprache verschlagen, oder wie? Steh auf du Klette!“ Kiris nickte eifrig und stand auf. „Mann! Hat dich Lucifer geschickt?“ „Lord...! Lucifer...“ „Ja, ja, Lord Lucifer. Ja oder Nein?“ Er nickte. „Gutes Timing. Ich muss noch mal zurück zur Erde um was wegen ihm hier,“ er deutete auf Athaz, „zu erledigen. Ansonsten würde er sofort wieder schreiend und geifernd in Rekordzeit aus der Hölle rennen. Pass also bitte solange auf ihn auf, ok?“ „Ok...“ „Gut. Dann geh ich jetzt seinen Job kündigen. Bis nachher.“ Er strubbelte Kiris durch das ohnehin schon verwuschelte Haar und flog davon. *** Zader brauchte ziemlich lange bis er wieder am Internat ankam. Ohne das es jemand bemerkte schlüpfte er in Athaz Zimmer und hinterließ ein Kündigungsschreiben. An einem Tag erledigte er alles was nötig war um jegliche Verbindung, die Athaz dazu bewegen könnte zurück zu gehen, ab zu brechen. Schule, Job, Praktikas, einfach alles. Wahrscheinlich würde er gerade zu an die Decke gehen, wenn er das wüsste. Gut das er es nicht einfach rückgängig machen konnte. Zufrieden flog Zader wieder zurück und hoffte, dass Athaz immer noch bewusstlos war. *** „Wo ist er?!“ „Ich weiß es doch nicht! Er hat nur gesagt, dass er noch etwas zu erledigen hat!“ „Dann gehe ich eben einfach so hier raus! Ich habe nämlich wirklich genug davon!“ „Wartet! Ich habe doch gesagt, dass ihr nicht einfach gehen könnt! Außerdem seid ihr jetzt endlich hier! Wollt ihr Lord Lucifer nicht wenigstens ein Mal besuchen gehen?!“ „ ...“ Athaz seufzte tief und strich sich durch sein kurzes Silberhaar. Natürlich wollte er Lucifer sehen, schließlich war er der Grund des ganzen Chaos, aber er hatte auch ein wenig angst davor. Er hatte angst davor, in dem Moment zu verschwinden, in dem er ihn sah. Das er, Athaz, ersetzt werden würde durch Azrael. „Also gut, ich bleibe. Ich warte aber noch auf Zader, schließlich habe ich noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen!“ „Damit kann ich leben.“ „Schön das zu hören, Kiris. Ach ja. Welche Verbindung hast du eigentlich zu den Beiden?“ „...?“ „Naja, Zader und Lucifer. Ich weiß, dass Zader nicht nur ein Untergebener ist sondern auch ein guter Freund von Lucifer. Wie steht es mit dir?“ „Oh! Ich bin bloß ein Diener, nicht mehr und nicht weniger.“ „Wirklich? Ich glaube du bist ein bisschen mehr für Lucifer, auch wenn du es noch nicht bemerkt hast. Hm... Was ist mit Zader? Kennt ihr euch?“ Kiris schüttelte den Kopf. „Nein, das ist das erste Mal, dass ich ihn getroffen habe. Obwohl... Er meinte er hätte mich schon vorher gesehen. Ich weiß nur nicht wann das gewesen sein soll. Erinnern kann ich mich nämlich nicht.“ „Du hast auch ein Gedächtnis wie ein Sieb, Kleiner.“ „Äh?!“ „Zader! Na endlich! Du verdammter, Mistkerl! Was hast du dir dabei gedacht?! Und dann noch Unschuldige mit hinein ziehen! Du bist das Letzte!!!“ „Woah! Jetzt mach mal halblang, Athaz! Die Engel hatten dich schließlich angegriffen! Anstatt mich an zu schreien, solltest du mir lieber dankbar sein!“ „Wirklich?! Danke, dass du mich in die Hölle verfrachtet hast, du Hornochse! Ich kann mich nicht daran erinnern meine Erlaubnis für einen kurzen Trip in den wohl meist verabscheuten Urlaubsort der gesamten nicht irdischen Existenz zu geben!!!“ „Hey, hey! So schlimm ist es ja nun auch wieder nicht. Außerdem wärst du wahrscheinlich eh hier bald eingetrudelt. Naja, nicht genau hier, aber du weißt was ich meine. Ich meine, denk doch darüber nach! Der sicherste Ort für jemanden der von Engeln verfolgt wird ist die Hölle, wo es von abscheulichen Dämonen nur so wimmelt. Und! Du stehst schließlich unter dem Schutz von Lucifer. Kein normaler Engel kann ihn auch nur ankratzen. Dafür müsste schon ein Erzengel hier einmarschieren mit einer Armee von voll ausgebildeten Kriegsengeln.“ „Ja, schon aber...“ „Kein aber. Trau dich endlich ihm gegenüber zu treten, Athaz. Er hungert gerade zu nach deiner Präsenz und er hat schließlich niemals aufgegeben nach dir zu suchen. Selbst wenn ich zu ihm gekommen wäre mit der Nachricht, dass es unmöglich ist dich zu finden hätte er noch tausendmal die Erde abgesucht, inklusive Himmel. Glaub mir, er braucht dich mehr als jedes andere Wesen auf dieser verdammten Welt.“ „Du meinst Azrael.“ „Ja, den meine ich. Den Engel des Todes. Der Führer des Schwertes, welches die Seele eines jeden lebenden Wesens richtet. Ich meine dich, Athaz, denn du bist niemand anderes als dieser Engel.“ „Woher willst du das wissen?! Ich bin jemand anderes!“ „Nein, das bist du nicht. Du bist noch genauso wie vor deiner Reinkarnation und ich wette, selbst wenn du dich niemals wieder an dein Dasein als Engel erinnern wirst, wirst du dich wieder in Lucifer verlieben. Und wenn du noch hundert Mal dein Gedächtnis verlierst, wirst du jedes Mal aufs neue dem Lord verfallen. Das weiß ich einfach.“ Athaz blickte zu Boden und schloß die Augen. Zader schlug sich in Gedanken. Er war doch selbst an Athaz/Azrael interessiert und nun sagte er etwas, das es ihm wohl für immer verwehren wird auch nur annähernd in eine tiefere Beziehung mit ihm zu gelangen. Aber er musste es einfach sagen! Schließlich war es genauso wie er gesagt hatte. „Also?“ „In Ordnung. Ich gehe zu Lucifer. Du hast recht, Zader. Mit allem. Es tut mir leid dir solchen Ärger bereitet zu haben.“ „Ach was! Überhaupt nicht! Vorher waren wir ja auch schon Bekannte und jetzt sind wir Freunde. Ich glaube so etwas kannst du als selbstverständlich ansehen.“ Er grinste breit und legte die Arme hinter den Kopf. Athaz lächelte sanft und nickte. „Dann lasst uns gehen.“ Sie brauchten zirka eine Woche um in den Mittelpunkt der Hölle zu gelangen, wo der Palast des Dämonenlords stand und Athaz wurde mit jedem Schritt nervöser, obgleich er häufiger in Erinnerungen verfiel je näher sie Lucifer kamen. Erinnerungen die ihm den Atem nahmen und er mittlerweile eine Sehnsucht verspürte die er nicht mehr zu kontrollieren noch zu begreifen verstand. *** Lucifer seufzte tief. Arbeit. Nichts als Arbeit. Manchmal war es wirklich nicht aus zu halten. Er wäre am liebsten aus dem Palast gestürmt und selbst zu Azrael gegangen. Er wollte ihn sehen. Er wollte ihn endlich wieder in seinen Armen halten und diese Stimme hören, die für ihn so klar wie reines Wasser war. Aber er wusste nur zu gut, dass selbst wenn er wieder bei ihm war, er ihm Zeit lassen musste. Azrael hatte schließlich keine Erinnerungen mehr. Vielleicht musste er auch Jahre warten oder würde vergeblich warten. Wer wusste das schon? Am liebsten würde er ihn in einen Käfig sperren und nie mehr gehen lassen. Aber das würde ihn zerstören, dass wusste er. Lucifer stand auf. Er musste sich ein wenig ablenken. „Mein Gebieter?“ „Es ist nichts. Ich gehe mir nur die Beine vertreten. Sie fühlen sich etwas taub an.“ „Ich verstehe. Dann werde ich etwas später wieder kommen.“ Lucifer wanderte durch die Gänge. Er beobachtete Diener und kleine Kinder und musste anfangen zu lächeln. Wer hätte gedacht, dass die Hölle einmal so friedlich sein könnte? Sie war jetzt schon so lange seine Heimat, doch ab und an fühlte er sich verlassen und bereute ein wenig gegen seinen Vater vorgegangen zu sein. Es musste aber sein, dass wusste er. Er wollte den Herrn ja auch nicht töten, er wollte ihn nur überzeugen. Überzeugen, dass es falsch war Engeln zu verbieten einander zu lieben. Das es verboten war sich in einen Menschen zu verlieben, verstand er. Das war nur billig und recht. Menschen waren andere Geschöpfe als sie und es würde nur Leid bringen sich darauf ein zu lassen. Ihm wäre es in der Vergangenheit beinahe so ergangen. Zu dem Zeitpunkt war er ein Schutzengel gewesen. Er hätte beinahe alles von sich geworfen nur um diesen Menschen zu retten, auch wenn es sein Schicksal war an diesem Tag zu sterben. Wäre sein Bruder Michael nicht gewesen, hätte er alles verloren. Zwei Monate später traf er zum ersten Mal Azrael. Es war nicht so, dass er sich sofort in ihn verliebte, aber er war von Anfang an fasziniert von ihm. Er selbst wurde zwar der schönste Engel Gottes genannt, aber in seinen Augen war Azrael hundert Mal schöner. Seine Augen, die sonst nirgendwo zu finden waren und ebenso sein Haar und sein Körper. Alles schien wahrlich überirdisch an ihm. Wenn er in seiner Nähe war hatte er das Gefühl ein Gänseblümchen zu sein, das neben eine Rose gepflanzt worden war. Erst nach und nach wurde aus dieser Faszination Liebe. Je näher er ihm kam, je mehr er über ihn erfuhr, desto mehr wollte er für immer bei ihm sein. Lucifer seufzte und es klang so traurig als würde er wissen, dass die Welt unterging. Er sehnte sich nach ihm... *** Athaz stand mit Zader und Kiris vor den Türen des Thronsaals und wusste nicht was er empfinden sollte. „Hey, Athaz. Kiris und ich gehen mal nachsehen was Lucifer so macht. Kann doch nicht angehen, dass er jetzt ´ne Ewigkeit weg bleibt, wo du wieder da bist, meine ich.“ Athaz nickte stumm. Wenige Sekunden später waren die beiden hinter einer Ecke verschwunden. Da er es nicht aushielt nur herum zu stehen ging er den Korridor auf und ab. Plötzlich nahm er einen lieblichen Duft wahr und folgte ihm einfach. Der Duft führte ihn in einen riesigen inneren Garten. Er ging ein paar Schritte hinein und bewunderte die üppige Pracht der Natur. Merkwürdigerweise kam ihm das alles recht vertraut vor, obgleich er das Gefühl hatte, dass es anders war als sonst. Es war mehr als wüsste er, dass er einmal hier gewesen war. Oder waren es hunderte von Malen? Plötzlich blieb er stehen, denn er hatte etwas entdeckt was weit aus schöner schien als der Garten. Neben einem großen Baum, im Zentrum des Gartens, stand er mit einer Hand am Stamm, den Kopf zurückgeworfen und lauschend. Seine Augen waren geschlossen und Athaz bewunderte die langen Wimpern und seine funkelnde, goldene Haut und diesen wunderschönen schlanken und dennoch so starken Körper. Lucifer schien sich dem Licht entgegen zu strecken und plötzlich hatte er seltsame Angst davor, dass er einfach seine dunklen Schwingen ausstrecken und davon fliegen würde. Ohne es zu bemerken ging er langsam auf ihn zu. Er hörte einen Zweig unter seinen Füßen knacken und erschrak. Lucifer drehte den Kopf zu ihm und seine Augen weiteten sich. „Azrael...“ Athaz konnte sich nicht einen Millimeter rühren. Er sollte nicht oder... wollte nicht? Lucifer schritt auf ihn zu und Athaz senkte schnell den Blick. Er stand nun direkt vor ihm. Er konnte seine Stiefel sehen und spürte die Wärme die von ihm ausging. „Warum weinst du,... Azrael?“ Athaz blinzelte. Er weinte? Und tatsächlich spürte er Tränen seine Wangen entlang laufen. Er blickte schockiert auf und sah direkt in sein Gesicht. Er errötete und war plötzlich atemlos. Wieso konnte dieser Mann ihm so leicht den Atem nehmen? Sein Herz schmerzte mit jedem Atemzug. Sanft nahm Lucifer sein Gesicht in seine Hand und wischte die Tränen ab. Langsam hob er seinen Kopf an und näherte sich ihm. Kurz bevor ihre Lippen sich berührten hörte er wie er leise Worte hauchte und ihn dann küsste. Küsste, als wäre es das letzte Mal. So viel Leidenschaft und Hitze floß in Athaz und mit einem warmen Licht, welches ihn plötzlich umhüllte, sproßen schattenhafte Flügel aus seinem Rücken und ihn verhüllten lange, silberne Haare. Erinnerungen und Gefühle schoßen durch ihn durch und er erinnerte sich. Erinnerte sich an sich selbst und an sein Leben als Engel und beide Leben verschmolzen miteinander und bildeten nun ihn: Den Engel des Todes Azrael. Langsam lösten sie sich voneinander und blickten sich an. Azrael lächelte sanft. „Ich bin zurück, Lucifer-sama.“ „Willkommen zu Hause, Azrael.“ Er war endlich dort wo er hin gehörte. Bei Lucifer und nirgendwo sonst. *** Zader und Kiris standen jetzt geschlagene zwei Stunden vor dem Thronsaal und während Kiris geduldig auf die Rückkehr seines Herrn wartete riß Zader der Geduldsfaden. Sie wussten weder wo Lucifer war, noch wo Athaz hin verschwunden war und das war für ihn einfach zu viel. Man hatte ihnen nur gesagt, dass Lucifer angeordnet hatte sie sollten auf ihn warten, aber was genug war, war genug. Lucifer war ja schön und gut, aber was war mit Athaz passiert? „Verdammt! Ich werde sie jetzt beide suchen gehen und wenn ich den ganzen Palast abgrasen muss!“ „Aber, Zader-san! Lucifer-sama hat uns doch befohlen zu warten!“ „Ist mir doch egal! Er kann von uns nicht erwarten, dass wir stundenlang untätig herum sitzen!“ „Wie schön zu wissen, dass du Befehlen nicht einfach blind folgst, Zader. Das mochte ich schon immer an dir.“ „Ja, damn right! Ich wäre doch... Lucifer-sama?!“ Zader wirbelte herum und sah seinem Meister ins Gesicht. Hinter ihm bemerkte er noch eine Person und staunte nicht schlecht, als er Athaz mit langen Haaren sah. So sah er ja genauso aus wie früher, als Azrael. Wie war das so schnell geschehen? „Ähm, Athaz?“ „Hallo, Zader. Entschuldige, dass ihr euch sorgen gemacht habt. Ich war mit Lucifer-sama zusammen.“ „Ach so. Na dann... Warte! Du sprichst ihn wieder mit Titel an! Und wenn ich dich so betrachte... Sind das nicht die Kleider die du früher immer getragen hast?“ Athaz war in eine schneeweiße Robe gehüllt, die mit silbernen Accessoires versehen war. Dazu trug er ein graues Tuch und hatte mit der selben Farbe seine Haare mit einem Band zurück gebunden. Athaz lächelte ihn an. „Ich kann mich an alles wieder erinnern, Zader. Danke, dass du nach mir so lange gesucht hast.“ „Ü...Überhaupt kein Problem, Azrael-sama! Wirklich!“ Azrael kicherte vergnügt. „Nenn mich einfach Azrael, Zader. Ich glaube wir kennen uns mittlerweile lange genug, meinst du nicht?“ „Wahrscheinlich hast du recht. Freut mich, dass du wieder zurück bist, Azrael!“ „Danke. Ach, was ich dich noch fragen wollte. Wegen meiner Arbeit...“ „Gekündigt und alles andere habe ich auch schon erledigt. Du musst dich um gar nichts mehr kümmern und kannst getrost hier bleiben.“ „Wann hast du...?“ „Als du bewusstlos warst und Kiris auf dich aufgepasst hat. Ging alles wesentlich einfacher als ich dachte. Innerhalb eines Tages hatte ich alles geregelt. Easy job.“ Zader grinste ihn breit an und er seufzte tief. „Du bist wirklich unmöglich, du Feuerteufel.“ „Yup! Und das streite ich nicht ab!“ „Wo wart ihr denn so lange, Lucifer-sama?“ Azrael errötete leicht, sagte aber nichts. „Das geht dich nichts an, Kiris.“ „Ja, Herr...“ „Manchen Dingen bist du noch nicht gewachsen, Kleiner.“ „Halt den...! Lass mich einfach, Zader-san...“ Verwundert zog Lucifer die Brauen hoch und runzelte die Stirn. Noch verwunderter sah er Zader an und wieder Kiris. „Was is?“ „Nichts... Gar nichts Zader. Gehen wir rein und setzten uns.“ „Gute Idee.“ Als sie sich gesetzt hatten fing Azrael an Lucifer alles zu erzählen was mit ihm geschehen war auf der Erde, wie er als Athaz gelebt hatte. Schweigend ohne ihn einmal zu unterbrechen, hörte er zu und betrachtete ihn nur. So, als könnte er vielleicht doch jeden Augenblick wieder verschwinden. „Du hattest ein ruhiges und friedliches Leben...“ „Ja...“ „... wäre es dir lieber gewesen, wenn du...“ „Nein“ unterbrach er ihn. „Es ist gut so wie es jetzt ist. Ich war stets unruhig und wusste, dass ich nicht wirklich dort hin gehörte. Mein Platz ist hier.“ Sanft legte er seine Hand auf die seine und beteuerte es damit noch einmal. Seine Bernsteinaugen leuchteten und er schloß sie – erleichtert. Plötzlich wurden die Saaltüren aufgeschlagen. „Lucifer-sama! Ein Notfall!“ Ein Dämonensoldat kam herein gestürzt und stockte bei dem Anblick Azraels. Sofort warf er sich auf den Boden. „Bitte verzeiht mir Gebieter und Azrael-sama!“ Azrael erhob sich, schob seine Hände in die Ärmel der Robe und lächelte. „Schon gut. Berichte.“ „Sofort!“ Der Soldat erhob sich etwas. „Es nähern sich göttliche Heerscharen mit einer beachtlichen Anzahl und Geschwindigkeit und ihr Anführer...“ er schluckte schwer. „Ist der Erzengel Michael, Gebieter.“ Lucifers Augen verengten sich zu Schlitzen. Also kamen sie bereits um Azrael ihm wieder zu entreißen und dafür kam sein kleiner Bruder höchst persönlich. Er stand auf und sofort entfalteten sich seine schwarzen Schwingen. Eine enorme Macht ging von ihm aus. „Schön. Sollen sie kommen. Ich werde ihnen die Hölle persönlich zeigen.“ „Da mach ich doch gleich mit!“ „Zader-san!“ „Was?!“ „Ihr wollt wirklich...? Aber das ist gefährlich.“ „Also wirklich Mal Kiris. Und sowas kommt von einem Dämon!“ Kiris senkte den Blick. „Na gut! Dann komm ich eben mit. Irgendeiner muss ja auf euch aufpassen!“ „Auf...! Kannst du überhaupt kämpfen, du Wicht?“ Kiris blaue Augen funkelten ihn an. „Natürlich! Ich beherrsche den Wind. Ihr werdet schon sehen. Nichts und Niemand wird an euch herankommen!“ Verwundert blickte Zader ihn an. Er hatte erwartet, dass er so etwas zu Lucifer sagen würde, aber nicht unbedingt zu ihm. Er fing an zu lächeln und fuhr dem Kleineren durchs Haar. „Wird auf Gegenseitigkeit beruhen, Kurzer!“ Kiris errötete nur, sagte aber nichts und nickte. Lucifer grinste als er Kiris sah und meinte zu Zader gewandt: „Meinst du, du schaffst das ein Leben lang?“ „Hä?“ Verwirrt blickte er seinen Herrn an. Lucifer lachte auf. Normalerweise war sein feuriger Freund nicht so schwer von Begriff in solchen Dingen. Aber nun gut. Bis jetzt hatte ihn das nie persönlich anbelangt. „Wir sollten alles vorbereiten.“ „Du hast recht, Azrael. Benachrichtige alle Hauptmänner und Generäle. Sie sollen sich bereit machen.“ „Jawohl, Lucifer-sama!“ Mit einer letzten Verbeugung in den Raum lief der Soldat so schnell er konnte davon. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)