Sasori Holmes und Dr. Deidara von Galenhilwen (wenn klassische Literatur auf Anime trifft) ================================================================================ Kapitel 5: Manchmal ist da mehr, als man sieht... ------------------------------------------------- Drei weitere Tage zogen ins Land, in denen Sasori sich alleine und verstimmt in sein Arbeitszimmer zurückgezogen hatte und Deidara vor Sorge beinahe umkam. Er verstand den niederschmetternden Zustand seines Freundes einfach nicht. Und allmählich wurde dem Blonden bewusst, dass es deutlich mehr hinter der Fassade des genialen Ermittlers geben musste, als ihm, oder irgendwem sonst, bisher immer bewusst zu sein pflegte. Und doch war der Doktor nicht gewillt zu glauben, dass sein Freund in irgendeiner Weise an Zweifeln zu nagen hatte. Es erschien ihm schlicht zu abwegig. Sein Kollege war hochgradig intelligent, genial geradezu, als sei er kein gewöhnlicher Sterblicher. Nahezu unerreichbar thronte er über allem, war über alles und jeden erhaben und doch bescheiden in seiner Art. Steckte hinter dieser Bescheidenheit etwa mehr, als sich Deidara vorzustellen fähig war? Der Blonde seufzte, während er in seinem Zimmer seinem Frühstück zugewandt war und doch keinerlei Appetit verspürte. Gäbe es ein solch immenses Geheimnis um den Rothaarigen, so konnte dies für ihn selbst nur eines bedeuten: Sasori vertraute ihm nicht. Sonst wäre er ganz sicher im Bilde darüber, was den Ermittler so zugrunde zu richten schien. Und diese Erkenntnis war bitter. Er blickte verstohlen aus dem Fenster. Seit Tagen hatte die Qual aus Regen und grauem Firmament endlich ein wenig nachgelassen. Es war kühl und windig, doch gelegentlich machte sich das Meer aus Wolken auf und ließ einen flüchtigen Blick auf das fast vergessene azurblau des Himmels zu. Der Anblick beruhigte den Blonden wieder ein wenig. Er hatte noch nie seine Hoffnung aufgegeben, geschweige denn sie zu vergessen drohen, so würde es auch in diesem Falle nicht sein. Er hatte schließlich seine Theorie und möglicherweise war seine Annahme über seinen Freund durchaus einfach nur umfangreicher, als er zu Beginn ihrer Freundschaft gedacht hatte. Kein Mensch hatte bloß eine Facette, es waren derlei sogar unzählige. Und gerade ein Mann wie Sasori, der stets nur eine zu zeigen versuchte, würde alles erdenkliche tun, um schwach wirkende Teile seiner Persönlichkeit zu untergraben, zu verstecken. Während Deidara das Ermitteln dieser Facetten zu seiner persönlichen Mission erkor, hörte er die Schelle des Hauses und begab sich von Neugier geplagt aus seinem Zimmer. Da es das der Treppe am Nächstgelegene war, bedurfte es keines großen Weges, um einen Blick auf die Haustür zu erhaschen, an der Inspektor Kisame freundlich distanziert von Itachi empfangen wurde. Da sein Freund noch immer nicht gewillt war, sein Arbeitszimmer zu verlassen oder Besuch Einlass zu gewähren, entschied der Doktor sich kurzerhand zu einem persönlichen Gespräch mit dem Ermittler des Scotland Yard. Leichtfüßig stieg er die Treppe hinab und begrüßte den markanten Polizisten hoffnungsvoll: „Inspektor Kisame, es freut mich Sie zu sehen.“ Itachi trat wortlos zur Seite, während Kisame einen Hoffnung weckenden Blick auflegte, als habe er etwas Bedeutsames mitzuteilen: „Doktor, die Freude liegt ganz meinerseits. Spricht etwas dagegen, wenn ich eintrete, ich habe etwas für Sie und Mr. Sasori.“ - „Aber bitte, kommen Sie. Nehmen wir im Salon Platz. Kann ich Ihnen etwas anbieten?“ - „Danke, sehr freundlich, aber so viel Zeit habe ich zu meinem Bedauern nicht mitgebracht.“ Die beiden schritten in den Salon, Itachi schloss die Haustür und stieg, von ihnen nicht weiter beachtet, nach oben zu Sasori. Der Blonde und der Inspektor nahmen auf dem Sofa Platz. Ohne Umschweife legte Kisame ein paar Zettel auf dem Tisch ab und lächelte besonnen: „Ich habe hier nun endlich die Unterlagen, die Sie und ihr Kollege angefordert haben. Das sind mehr als 20 Fälle, die ich bis an die Grenzen Britanniens verfolgen konnte.“ - „Verblüffend! Hoffen wir, dass sie den entscheidenden Hinweis enthalten.“ Der Inspektor nickte: „Ich bin zuversichtlich. In Glasgow, dort hat sich der erste in Britannien bekannte Mord zugetragen, hatte man ähnliche Untersuchungen angestellt, wie bei uns. Und sie glauben nicht, was die Herrschaften dort herausfinden konnten...“ Das Knarzen der Treppe unterbrach jäh ihr Gespräch und Sasori kam in einem furchtbaren Zustand in den Salon gestürmt. Nicht einmal seinen Morgenrock hatte er zurechtrücken können, die Ringe unterhalb seiner Augen waren noch bedeutend dunkler und tiefer geworden, seine Haare weder gekämmt noch anderweitig beachtet. Doch endlich erkannte Deidara in den Augen seines Freundes wieder einen Funken Lebensfreude, die dem Rothaarigen im Laufe der letzten Woche so schmerzlich abhanden gekommen zu sein schien. Der Inspektor hob zwar skeptisch eine Augenbraue, blieb aber gewohnt höflich: „Mr. Sasori, es ist mir...“ - „Sagen Sie Inspektor, was haben die Herrschaften aus Glasgow herausfinden können?“ unterbrach der Ermittler forsch und setzte sich abgehetzt zu ihnen. Kisame räusperte sich, ehe er missmutig aber konzentriert fortsetzte: „Nun, wie ich Ihrem Kollegen gerade zu erklären versuchte, haben die Herrschaften dort herausfinden können, dass diese Serie an Mordfällen mit einem Güterschiff aus dem Kaiserreich Japan gekommen war, das nicht nur materielle Fracht an Bord gehabt hatte. Eine Reihe illegaler Passagiere konnte dort damals in Gewahrsam genommen werden, doch einigen war es möglich gewesen sich dem Arm des Gesetzes zu entziehen. Es gibt zwar keine Namen, aber ich bin der Hoffnung, dass Ihnen diese Information weiterhelfen kann.“ Er lächelte wieder besonnen. „Ich habe Ihnen eine Abschrift sämtlicher Fälle mitgebracht, über 20 sind es.“ Sasori nickte erfreut: „Ich bin mir sicher, dass es uns eine große Hilfe sein wird, Inspektor. Ich danke Ihnen für ihre Mühe.“ - „So lange wir dieses Scheusal zu fassen kriegen, bin ich zufrieden. Und nun entschuldigen Sie mich bitte, die Pflicht ruft.“ Er erhob sich und die beiden Ermittler begleiteten ihn zur Tür, verabschiedeten sich höflich von ihm und kehrten anschließend in den Salon zurück. Von einer unsagbaren Ungeduld gepackt griff Sasori nach den Unterlagen einerseits und andererseits nach der Hand seines Freundes, um eilig die Treppe zu stürmen: „Kommen Sie, Deidara, es gibt viel zu tun!“ Der Blonde hielt nur mit Mühe sein Gleichgewicht und war froh, als sie es sich im Zimmer des Rothaarigen am Schreibtisch bequem machten und ihre Arbeit begannen. Sasori räumte die Arbeitsfläche des sperrigen Möbelstückes frei, warf achtlos die Unterlagen drauf und sah den Blonden herausfordernd an: „So, mein Freund. Ich bitte Sie, diese Papiere zunächst chronologisch zu sortieren und auszubreiten.“ Da Inspektor Kisame dies bereits für ihn erledigt hatte, lagen bereits nach wenigen Handgriffen die Papiere, einschließlich derer des Gerichtsmediziners Hidan, auf dem Schreibtisch und der Rothaarige las über sie gebeugt jedes noch so kleine Detail durch. Auch Deidara selbst verinnerlichte möglichst jeden Fall und jede Kleinigkeit. Während sein Freund noch immer verbissen nach Gemeinsamkeiten Ausschau hielt, war Deidara es eine Aufgabe, nach Unterschieden zu suchen. Nach etwa 30 Minuten absoluter Konzentration und eisernen Schweigens riss der Blonde seine Augen weit auf und prustete: „Sasori, ich glaube ich habe etwas entdeckt...“ Der Rotschopf sah ihn auffordernd an und Deidara sprach weiter: „Ich bin nicht in der Lage zu sagen, ob es von Bedeutung ist, aber... erinnern Sie sich noch, als wir vor ein paar Tagen bei dem ominösen Herrn Hidan aus der Gerichtsmedizin waren und er uns sagte, die junge Dame habe eine Locke ihres Haares gelassen?“ Sasori nickte: „In der Tat, das ist mir noch geläufig.“ - „Auch Mr. Davis wurde etwas seines Haupthaares entwendet, wie für Serientäter üblich, wenn sie Trophäen sammeln, gehe ich Recht in dieser Annahme?“ - „Exakt, aber bitte, Doktor, kommen Sie auf den Punkt!“ - „Es sind die einzigen Opfer, bei denen eine nachweisliche Aufzeichnung darüber vermerkt ist.“ Etwas unsanft stieß Sasori seinen Freund zur Seite und überflog die Unterlagen, um diese Beobachtung zu überprüfen, doch der Blonde hatte sich nicht getäuscht. Er knurrte: „Entweder, mein Freund, haben wir es hier mit hochgradig miserabler Ermittlungsarbeit der Kollegen oder einem geradezu spöttischen Täter zu tun.“ Dann seufzte er. „Notieren Sie diese Beobachtung bitte umgehend auf dem Notizblock, Deidara. Wir klammern diese Tatsache vorerst aus, aber ich möchte sie nicht vergessen, falls unsere andere Spur ins Leere führen sollte.“ Der Doktor nickte und tat, wie Sasori wünschte. Der Rothaarige selbst stutzte: „Das Königreich Japan... ich hatte noch gar nicht in Betracht gezogen, dass es einen solch entfernten Ursprung haben könnte...“ Er blickte auf. „Deidara, ich glaube es ist an der Zeit, erneut die Bibliothek Londons aufzusuchen.“ Eine Stunde später saßen die beiden Ermittler, wie so oft in den vergangenen Tagen, im Lesesaal und durchstöberten diverse literarische Werke, lediglich mit dem Unterschied, dass sich die Inhalte mit dem asiatischen Königreich und seiner Kunst, Kultur und Theologie beschäftigten. Deidara hatte sich selbstlos dazu bereit erklärt, die Bildbände zu durchforsten, während Sasori einen Text nach dem anderen überflog. Wieder gingen die Stunden fast spurlos an ihnen vorüber. Es war bereits kurz vor Sonnenuntergang, als Deidara plötzlich durch den gesamten Lesesaal rief: „Sasori, ich habe es! Das Symbol!“ Der Rothaarige sprang ohne zu zögern auf, ließ achtlos seine Lektüre zu Boden fallen und schaute dem Blonden über die Schulter. Und tatsächlich: auf einer Seite des Buches war eine große Abbildung des gesuchten Symbols zu erkennen. Der Kreis, in dem ein nach unten gerichteten gleichschenkliges Dreieck integriert war. Stolz klopfte Sasori Deidara auf die Schulter und lächelte seit Tagen mal wieder frohen Mutes und aufrichtig: „Das haben Sie toll gemacht, Doktor. Ein Hinweis, der bedeutender nicht sein könnte.“ Er legte seinen Finger auf den Text, der sich am unteren Rand der Abbildung befand und raunte: „Jetzt müssen wir lediglich mehr Informationen über diese Religion besorgen, die sich Jashinismus nennt.“ Am späten Abend kehrten sie zwar mit nicht allzu ausführlichen Informationen zurück, dennoch war insbesondere Sasori wieder guter Dinge. Es ging weiter, er hatte den Faden, den er verloren glaubte, endlich wiedergefunden. Alles am Jashinismus passte zu den Taten, die in London und ganz Britannien geschehen waren: das Symbol, das Ritual, die Bedeutung des Blutes und des Herzens. Einzig die Auswahl der Opfer wirkte auf den Rothaarigen noch völlig willkürlich. Die Abstände zwischen den Taten waren ebenso verwirrend, wie scheinbar zusammenhangslos. Doch ein neuer Funken Hoffnung keimte in ihm auf, es würde nun lediglich eine Frage der Zeit sein, bis er des Rätsels Lösung in Händen hielt. Auch Deidara legte sich an diesem Abend frohen Mutes zu Bett. Sein Freund schien endlich aus der depressiven und zurückgezogenen Laune heraus zu sein. Und als er nach Tagen die lieblichen Klänge der Violine leise aus dem Nebenzimmer vernahm, entschwand er lächelnd in einen tiefen und ruhigen Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)