Der Zirkusjunge von -ladylike- (Von Seiltänzern und schwarzen Haaren ...) ================================================================================ Zettelchen ---------- Und weiter gehts :) ____________________________________ Zettelchen Fina bellt lautstark und zerrt an der Leine. Ihr Schwanz wedelt freudig hin und her, als sie Jessi, Linda und Jerome mit den Zirkushunden auf sich zukommen sieht. „Heyooo“, ruft Jessi und winkt, während sie von einem schwarzen Pudel fast von den Füßen gerissen wird – ja, ich rede von den Riesenpudelviechern, nicht von den kleinen, süßen mit den Knopfaugen. „Na, wie geht’s?“ Neben mir fasst Jamil die Leine fester und versucht, seine Hündin zurück zu halten, die Jessis Pudel freudig entgegenhüpft. „Alles gut, und bei euch?“, erwidert mein bester Freund lächelnd, der erst meine Schwester und dann Linda und Jerome begrüßt, die hinter ihr herdackeln. Mein neuer Klassenkamerad lächelt und lässt sich von Fina einmal quer über die Wange lecken: „Och, ganz in Ordnung, solange dein Liebling mich nicht noch umbringt.“ „Keine Sorge, so böse war sie noch nie. Sonst wäre ich schon lange tot“, grinse ich. Allgemeines Gelächter, dann machen wir uns auf den Weg zum Park. „Neeein, gib sie her!!“ Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wie ich es geschafft habe, meine Angst vor öffentlicher Blamage innerhalb von ein paar Minuten zu überwinden, aber anscheinend habe ich es geschafft – immerhin renne ich gerade meine Tasche jagend hinter Jerome her und schreie dabei ungefähr so laut wie Jessi, wenn ich sie durchkitzele. Das ernsthafteste Problem an der ganzen Sache ist allerdings, dass ich die Kondition einer Kartoffel habe und daher auch nach zehn Minuten meine Tasche nicht zurückerobern kann. Himmel, ich sollte mir … „Daniel, du solltest dir mal Gedanken um deine sportlichen Aktivitäten machen!“, lacht Jerome, bevor er gnädigerweise stehen bleibt, um mir mein Eigentum zurückzugeben. Hechelnd stemme ich mich mit den Händen auf den Knien ab. „Hahahaha, du … du hast ja auch ständig … Training! Nich jeder … macht … ständig Sport … wie du!“ „Merk ich!“ Zu meinem Leidwesen nicht nennenswert auf der Puste, lässt Jerome sich neben Jamil auf den Boden fallen, der Linda und Jessi zuguckt, die sich seit ungefähr einer Stunde damit beschäftigen, die Hunde zu unterhalten. Sprich: Die rennen lachend und stöckchenwerfend durch die Gegend und sehen dabei noch bescheuerter aus als ich auf Taschenjagd. „Vielleicht solltest du mal mit mir mittrainieren.“ „… Bitte was?“ Entsetzt starre ich ihn an. Ich? Training? Zirkus? … Der will mich jetzt verarschen, oder? Ich sehe auch so aus, als könnte ich Ewigkeiten an Trapezen baumeln und mich so verknoten, dass ich letztendlich akrobatisch ansehlich in der Luft hänge. Ooooder – noch besser – auf dünnen Seilen drei Meter über dem Boden durch die Manege rennen. Sicherlich. „Ähm … nee?“ „Warum nicht?“ „Hast du nicht grad selbst indirekt gesagt, dass meine Kondition ziemlich am Arsch ist? Und wenn du dann auch noch mit einbeziehst, wie viel Erfahrung ich voraussichtlich mit Akrobatik habe, dann weißt du, warum ich ein Training mit dir nie überleben würde.“ „Ach Quatsch, so schlimm ist das gar nicht.“ Er lacht spitzbübisch, lehnt sich nach hinter und legt sich ins Gras. „Du würdest das schaffen. Also, machst du mit?“ Aaach, das war jetzt wirklich sein Ernst?? Meine letzte Hoffnung, er könnte mich gerade echt verarscht haben, wird erst verschwindend gering und dann verschwindet sie komplett, als er leise auflacht. „Ja, bevor du was sagst, ich meinte das ernst.“ Wuaah, er kann meine Gedanken lesen! … Grusel. Hilfesuchend werfe ich einen Blick auf Jamil, der nur mit den Schultern zuckt und mich angrinst. Toller bester Freund, wirklich. Da denke ich immer, er kann mir aus der Patsche helfen, wenn ich ihn brauche und was macht er, wenn ich tatsächlich in der Patsche hocke? Er zuckt mit den Schultern und grinst. Super. Bravo. Daniel, du musst dich jetzt selbst um deine Rettung küm- „Ich glaube, er würde ganz gerne mal mitmachen.“ What the fuck?? Aha, ist klar: Erst hilft er mir nicht und dann reitet er mich noch mehr in die Scheiße … So langsam frage ich mich tatsächlich, warum ich nochmal mit diesem Menschen so bedingungslos befreundet bin. Jerome setzt sich auf, strahlt erst Jamil, dann mich an. „Echt jetzt? Cool!“ Ich mache gerade den Mund auf, als mir das Wort abgeschnitten wird, noch bevor ich auch nur einen Ton gesagt habe: „Boaaah, ich kann nicht mehr! Himmel, die sind so anstrengend!“ Dramatisch seufzend lehnt Jessi sich gegen meine Schulter und hält sich die Seiten. Sie klingt, als wäre sie gerade zu Fuß die Strecke der Tour de France abgelaufen – innerhalb von drei Stunden. Ihre Haare sind gespickt mit Blättern, die sie sich zugezogen hat, während sie durch Büsche und Gestrüpp des münstereigenen Dschungels gehopst ist und sie hat vor Anstregung ungefähr die Farbe, die mein Gesicht annimmt, wenn ich mit irgendwem mit unbekanntes reden soll. „Was redet ihr denn gerade so Schönes?“ „Das würde mich auch mal interessieren!“ Lina kniet sich zu uns und krault Fina hinter den Ohren, die mit Jessi zu uns gestoßen ist. „Es geht um Daniel und seine Sportfreudigkeit. Jessi, könntest du ihm bitte sagen, dass ihm ein Training mit mir definitiv gut tun würde?“ Neeein, frag sie nicht! Ich weiß doch, dass sie sich nie auf meine Seite schlagen wird – ist sie doch der Meinung, mich oft zu meinem Glück zwingen zu müssen. Und hier stehen sogar gleich zwei Glückserlebnisse in Aussicht: Einerseits helfe ich meiner Fitness auf die Sprünge und zweitens verhilft mir dieses Training zu einem Nachmittag mit Jerome. Warum also zögern? Hmm … lass mich überlegen … Weil ich mich komplett zum Affen machen werde? Weil ich nach diesem Tag nie wieder in der Lage sein werde, Jerome in die Augen zu sehen, ohne rot anzulaufen? Aber wie ich meine kleine Schwester kenne, kümmern sie solche „Nichtigkeiten“ wenig. Hahahahahahaha, wie schön. Was habe ich prophezeit? Man hat es wirklich geschafft! Ich sitze in der Manege, in Sportkleidung, und warte darauf, dass Jerome vom Klo zurückkommt. Warum habe ich mich bloß auf diese schreckliche Blamage eingelassen? Ich sehe es schon kommen: Am Ende dieses Tages sitze ich deprimiert und schokoladefressend auf meinem Bett und habe keine Ahnung, wie ich je aus dieser Schmach wieder auftauchen kann. „Los, aufstehen. Wir müssen uns aufwärmen, bevor wie anfangen!“ Unsanft werde ich hochgerissen und vergesse, irritiert von der plötzliche schlechten Laune Jeromes, beinahe, meinen Stand zu stabilisieren. „Was?“, keuche ich erschrocken, doch anstatt einem freundliche Lächeln erhalte ich nur einen kalten Blick. „Du hast mich verstanden. Also hopp!“ Ich ziehe unsicher die Schultern hoch und schiele aus dem Augenwinkel in der Manege umher, auf der Suche nach jemandem, der mich aus dieser Situation befreien könnte, doch hier ist niemand. Die Manege liegt da, leer, wie eine Pralinenschachtel, die jemand leergegessen hat und die ohne neuen Inhalt wenig attraktiv wirkt. „Wir fangen an mit ein paar Dehnübungen.“ Dehnübungen sind gut! Was er da mit mir veranstaltet, ist eher ein Programm, das man mit Sträflingen oder Soldaten durchführen würde, nicht mit einem armen, unschuldigen Jungen wie mir. Ich habe ja nichts dagegen, meine Handgelenke kreisen zu lassen – mit den Armen ist das ja auch kein wirkliches Problem. Schrecklich anstrengend wird es erst, wenn man mich dazu zwingt, mit gestreckten Beinen die Handflächen auf den Boden zu drücken, Bauchmuskeln zu stärken, während ich auf dem Boden liegend die Beine anhebe und so weiter, und so weiter. Jetzt gerade verzweifle ich daran, mit gegrätschten Beinen in der Manege sitzend den Oberkörper auf dem Boden abzulegen. Es ist zum Mäusemelken, wenn man sich dagegen Jerome ansieht, der mit dieser Übung keinerlei Probleme zu haben scheint: Seine Bewegungen sind geschmeidig wie die einer Katze, er wirkt nicht einmal angestrengt. Ganz im Gegenteil. Es sieht beinahe so aus, als würde es ihn langweilen. Seine Gesichtszüge sind völlig entspannt, seine Augen sind geschlossen, dünne schwarze Strähnchen fallen ihm ins Gesicht. Mein Gedanke, dass Jerome wunderschön ist, klingelt leise in meinem Kopf herum und hätte ich nicht schon gewusst, dass ich ihn verknallt/verliebt bin, hätte ich mir mindestens eine Ohrfeige verpasst. Ich beobachte ihn verträumt, wie sein Haar unter seinem Atem leicht bebt, ein kleines Lächeln zieht meine Mundwinkel nach oben – und dann öffnet Jerome die Augen. Schneller als iBlali das Wort ‚Hallo‘ aussprechen kann, schießt mir das Blut in den Kopf. Peinlich! Verdammt peinlich! „Ist was?“ Neeeein, er hat es bemerkt! Scheiße! „Ähm … nein … Ist nichts.“ „Schön. Ich hab das Seil vorerst nur einen Meter über dem Boden gespannt, damit du dir nicht alle Knochen brichst.“ Oh Mann, zum Glück, wenigstens das bleibt mir erspart. Unsicher trete ich von einem Fuß auf den anderen, weiß nicht, was ich tun soll. Ich fühle mich unwichtig, verstehe nicht, was Jerome auf einmal hat. Vorgestern im Park war er fröhlich, nett und zum Spaß haben aufgelegt. Heute ist er missmutig und unfreundlich, als hätte er überhaupt keinen Bock auf mich. Was soll das bloß? Es war doch seine Idee, mit mir zu trainieren! … Hab ich irgendwas falsch gemacht, ihn verärgert, ohne dass ich etwas davon mitbekommen habe? „Sobald du auf dem Seil stehst, darfst du nicht mehr nach unten gucken, sonst ist der Kopf nicht mehr gerade und du kommst aus dem Gleichgewicht. Stattdessen such dir einen Punkt am anderen Ende, am besten in Augenhöhe. Und Körperspannung nicht vergessen.“ Ich beobachte interessiert, wie Jerome auf das Seil tritt, nicht eine Sekunde den Blick senkt, sondern geradeaus läuft, ohne auch nur ein Fitzelchen zu wackeln. Wow. Okay, mein ohnehin schon sehr angeknackstes Selbstbewusstsein erleidet nun den endgültigen Bruch, wenn ich das mal anmerken darf. „Jetzt du.“ Eine Augenbraue erwartungsvoll hochgezogen sieht er mich an, scheint noch immer wenig begeistert von unserem gemeinsamen Training. Das Drahtseil zittert schon, bevor ich mit einem Fuß vollständig stehe, doch ich schlucke das bekannte Gefühl der Unsicherheit herunter und beginne, mein Gewicht zu verlagern. Weiter, weiter, weiter … Kaum stehe ich auf einem Fuß, ziehe ich automatisch den zweiten nach, beginne zu schwanken, rudere wild mit den Armen – und lande auf dem Hintern, mitten in den Sägespänen. Hinter mir ertönt ein spöttisches Lachen, Jerome packt mich unter den Achseln, zieht mich hoch. „Kleiner, so wird das nichts. Du darfst nur einen Fuß auf dem Seil haben, dann hast du mehr Möglichkeiten die Gleichgewichtsveränderung auszugleichen. Verstehst du?“ Zum ersten Mal meine ich, ein winziges Heben seines linken Mundwinkels entdeckt zu haben, traue mich jedoch nicht, ihn darauf anzusprechen. Stattdessen nicke ich eifrig und beiße mir auf die Unterlippe, während ich es nochmal versuche. Dieses Mal konzentriere ich mich auf mein Gewicht, bemühe mich, nicht zu viel auf einmal zu verlagern, sondern ausgeglichen und langsam „aufzusteigen“. Und siehe da: Es klappt! Die Arme als Hilfestellung benutzend und einen Punkt in den Zuschauerreihen fixierend, schaffe ich es tatsächlich ohne Absprung über das Seil. Jerome taucht neben mir auf. „Nicht schlecht, Kleiner. Noch ein bisschen öfter und wir können höher werden.“ „Meinst du?“ „Ich rede von ungefähr 50 Zentimetern, also ja, ich meine.“ Dieses Mal lächelt er wirklich. Eine Stunde später bin ich völlig fertig, während Jerome noch nicht einmal wirklich Anstrengung an den Tag legt – jedoch wesentlich bessere Laune hat – und habe meinen Gleichgewichtssinn erheblich aufgebessert. Jetzt habe ich gerade geduscht und sitze Jerome gegenüber in seinem Wohnwagen. In der Mitte des kleinen Tischs steht eine Schale mit Gummibärchen, ich trinke gerade mein drittes Glas Wasser. „Na, so schlimm? Immer noch nicht wieder auf der Höhe?“ „Nich so ganz, nee“, murmele ich und schütte des letzten Schluck in meinen Rachen. „Aber es macht Spaß.“ Selbstzufrieden verschränkt mein Gegenüber die Arme vor der Brust. „Ich hab gesagt, dass es dir gut tun wird.“ „Jetzt weiß ich’s ja.“ „Weißt du, was ich jetzt weiß?“ „Nein?“ „Du bist gar nicht so extrem schüchtern, wie ich dachte.“ Bin ich nicht? Ohh, doch, bin ich. Glaube mir, mein Lieber, könntest du gerade meine Nervosität messen, dein Messgerät würde vor Überlastung zerspringen. „Sag mal“, fährt er fort, was hältst du von einem Film?“ Er sieht mich fragend an und ich habe fast das Gefühl, es ist keine Frage, sondern eher eine Bitte. Wenn auch eine nicht offensichtliche, sehr unterschwellige Bitte. „Wieso Film?“, gebe ich zurück und schaue meinerseits fragend zurück. „Keine Ahnung. Ist so schön entspannend nach dem Training.“ Er grinst. Haaaaha, jetzt muss ich aber lachen. Als wenn er sich entspannen muss! Er ist ja nicht mal angespannt, der Arsch! … Okay, Jerome ist kein Arsch, das nehme ich zurück, aber trotzdem. „Okay, meinetwegen, aber ich such aus!“ „Alles klar, Kleiner.“ Gespielt entrüstet ziehe ich einen Flunsch. „Und hör endlich auf, mich so zu nennen.“ „Ich wird mir bei Gelegenheit was Besseres einfallen lassen!“ Lachend deutet er in Richtung Schrank. „DVDs sind da drin!“ Ich habe mich für ‚Mr. and Mrs Smith‘ entschieden und lehne jetzt an einem der Fenster, ein Kissen im Rücken. Jerome liegt neben mir, achtet jedoch so wenig auf mich, dass ich mich zu mindestens 100% überflüssig fühle. Wie ein paar kleine Sauerstoff-Atömchen im großen, weiten Universum. Ein richtig tolles Feeling, echt. Schüsse fallen, die beiden werten Ehepartner schreien sich an, und ich? Ich hocke da, starre auf den Bildschirm und versuche zu ignorieren, dass ich gerade neben meinem neusten Traummann sitze – was mir eher schlecht als recht gelingt. Eine Pointe kommt, Jerome lacht kurz, ich spüre das Beben seines Körpers an meiner Seite. Er hört auf, der Film ist das einzig Laute in diesem Raum, aber ich höre nicht zu. Ich fühle nur, habe kein Ohr für Laute, alles ist leise, ganz leise. „Du lachst ja gar nicht. Ist irgendwas?“ Erschrocken fahre ich aus meiner Traumwelt auf, schüttele automatisch den Kopf. „N- nein, es ist nichts. Wirklich.“ „Gut. Sonst sagst du Bescheid, ja?“ „Klar.“ Ich würde nichts sagen müssen. Wie sollte ich in so einer angenehmen Situation auch nur auf die Idee kommen, den Moment zu zerstören? Der nächste Morgen beginnt damit, dass ich im Klassenzimmer auf Cleo treffe, die Jamil kurzerhand missbraucht, um sich über Sabrina lustig zu machen, die an unserer Schule die Rolle übernimmt, die man sonst für das totale Klischee hält: Das Biest. Die arrogante Zicke mit meterdicken Schminkschichten und einem Augenaufschlag, der jeden Typen, der über einen IQ in der Höhe eines Brötchens verfügt und sich davon irritieren lässt, dass kalte Augen manchmal so verdammt lieb wirken können. Meine beste Freundin jedenfalls ist das personifizierte Grauen für unsere Lieblingszicke: Sie ist außergewöhnlich, beliebt und hat mehr Talente als Lady GaGa Outfits im Kleiderschrank. Und das ist auch einer der vielen Gründe, aus denen die beiden sich gerne bekriegen. Zwar sind sie nicht mehr so kindisch, dass sie sich Streiche spielen oder irgendwelche Gerüchte streuen, aber hinterrücks lassen sie kein gutes Haar an der anderen. „Mfg, mit freundlichen Grüßen“, piepst Cleo gerade so hoch, dass sie ein nahestehendes Glas hochwahrscheinlich zerstört hätte, „die Welt liegt mir zu Füßen, denn ich steh drauf!“ Mit einer affigen Handbewegung wirft sie sich das Haar über die Schulter, dann hakt sie sich übertrieben lächelnd bei Jamil ein. „Komm Kevin, wir müssen unbedingt in die Stadt, damit du wieder meine ganzen Tüten tragen kannst. Außerdem muss ich unbedingt zu diesem tollen Laden, der Müllsackkleider verkauft! Das wird nämlich die allerheißeste neue Mode des Jahres, weißt du?“ Kevin ist Sabrinas Zwillingsbruder und meist ihr männliches Ebenbild. Auch er ist eingebildet, nur mindestens zehnmal so intelligent wie seine Schwester. „Oh, hallo Patrizia!“ Zuckersüß lachend und mit gekonntem Hüftschwung tänzelt Cleo auf mich zu und haucht mit Küsschen auf die Wangen. „Schön dich zu sehen. Hast du schon gehört? Müllsäcke sind gerade ganz weit oben auf der Mode-Hot-List!“ Ich grinse, lege meine Schultasche ab und erwidere gespielt erstaunt: „Ach wirklich, Sabrina? Das klingt aber, als hätten wir eine Verabredung mit der Müllkippe. Second-hand ist ja immer billiger.“ Jamil beißt sich auf die Unterlippe, um einen Lachanfall zu verhindern, Jerome taucht hinter Cleo auf und schlingt ihr die Arme um den Bauch. „Okay, okay, ich glaub dir das mit der Schauspielerei! Du kannst wieder Cleo werden, Süße!“ „Ich heiße nicht Cleo, Jeri, mein Name ist Sabrina!“ Aha, interessant, meine beste Freundin ist schon dazu übergegangen, ihn bei seinem Spitznamen zu nennen! Gut zu wissen … „Habe ich eben meinen Namen gehört?“ Die Stimme kommt aus meinem Rücken und den Worten folgt der süßliche Geruch nach Fruchtshampoo. Ich kann die klimpernden, stark geschminkten Augen schon vor mir sehen, noch bevor ich mich umdrehe – und augenblicklich zurückweiche, als ich bemerke, dass Ms Mode so dicht hinter mir steht, dass meine Nase beinahe ihren Busen berührt. Sie trägt ein babyblaues Kleidchen, das mir für die Schule ein bisschen sehr knapp vorkommt, zusammen mit beigefarbenen Römersandalen. In ihren Ohren stecken goldene Kreolen und ihr schulterlanges haselnussbraunes Haar hängt ihr in Fransen in die Stirn, eine schneeweiße Jacke hängt über ihrem Arm. „Ja, wir haben uns gefragt, mit wie vielen Lehrern du wohl schon das Bett geteilt hast, um nicht hängen zu bleiben.“ Mit einem bittersüßen Lächeln setzt Cleo sich auf einen Tisch, baumelt mit den Beinen. „Vielleicht könnte ich das ja auch mal ausprobieren, in Mathe steht meine Note ziemlich auf der Kippe.“ Sabrina erwidert das Lächeln ebenso scheinheilig. „An sich ist das wirklich keine schlechte Methode, aber für ein Mädchen von gutem Hause, wie ich es bin, wäre das lediglich eine bösartige Rufschädigung. Aber eine kleine Emo-Schlampe im Bett, das könntest du Herrn Werner sicher anbieten. Der mag es EMOtional.“ „Interessant. Schön, dass du das weißt, wenn du selbst noch nie mit ihm Bett warst.“ Daraufhin klappt Sabrinas Mund auf, ihre Augen weiten sich und ich bin mir beinahe sicher, dass sie gleich an die Decke geht. Meine beste Freundin allerdings grinst nur. „Überleg dir, wie scharf du aufs eigene Tor schießt, Zuckerpüppchen.“ Elegant hüpft Cleo von dem Tisch und läuft zu ihrem Sitzplatz hinüber, genau in dem Moment, in dem Herr Werner, einer unserer liebenswerten Referendare, das Klassenzimmer betritt. Während ich in meiner Tasche nach meinen Mathe-Sachen suche, bemerke ich, dass die halbe Klasse mit einem unterdrückten Lachanfall kämpf – wahrscheinlich haben sie mitgehört, was bei der Lautstärke eben nicht verwunderlich ist. „Guten Morgen allerseits“, begrüßt uns Herr Werner und streicht sich mit der Hand durch das kurze blonde Haar. „Bitte nehmt eure Hausaufgaben raus, wir haben heute Einiges zu tun.“ Sabrina hebt die Hand. „Ja, Sabrina?“ Lächelnd streicht sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „Sind sie eigentlich ein sehr emotionaler Mensch?“ Wie vorhin betont sie die Silbe ‚emo‘ mehr als deutlich, doch ihr Lächeln wirkt ein wenig menschenfreundlicher als das honigsüße Falschgrinsen im Gespräch mit Cleo. „Sabrina, ich wüsste nicht, was dich das angeht, aber wenn du möchtest, darfst du gerne die erste Aufgabe vortragen.“ Einen Schmollmund ziehend gehorcht Sabrina, trägt die Aufgabe vor und widmet sich anschließend einem angeregten Gespräch mit Lisa Marie. Ich hingegen beobachte so unauffällig wie möglich Jerome, der sogar aufzupassen scheint. Interessiert macht er sich Notizen, blättert in seinem Buch herum und immer wenn er sich meldet und Herr Werner ihn drannimmt, versinke ich in den Klängen seiner melodischen Stimme. Ja, ich bin verschossen, verliebt, verknallt. Nennt es, wie ihr wollt! Egal was, man kann ein fettes VERDAMMT davor setzen. Verdammt verschossen, verdammt verliebt und verdammt verknallt! Gerade lacht er über eine Bemerkung Antons und sein ganzer Körper bebt leicht, das dunkle Haar fällt ihm in die Augen. Ich weiß, dass das extrem kitschig klingt, aber er ist so schön, dass ich sterben könnte. Auf der Stelle. Einfach umkippen. Auch wenn ich keine Ahnung habe, was das bringen würde. Verträumt zeichne ich mit meinem Bleistift Kreise und Spiralen auf kariertes Papier. Mal kleinere, mal größere, im Hintergrund murmelt Herr Werner irgendeinen Mischmasch aus unverständlichen Silben, viel zu leise, als dass ich ihn verstehen könnte. „Daniel? Heeheey, Daniel!“ Jemand rüttelt mich an der Schulter, ich schrecke auf und wende mich Jamil zu, der mich wissend anlächelt. „Na, am Träumen von Mr Right? Ich glaub, der hat dir ein Zettelchen geschickt. Hier.“ Mein bester Freund drückt mir einen kleinen weißen Zettel in die Hand, bevor er sich wieder seinem Heft widmet. Meine Finger zittern leicht, als ich das Stück Papier auseinanderfalte. Hey, du :) Training gestern war lustig. Wiederholungsbedarf? Muss gleich nach der Stunde zum Arzt, kann mich nicht mit dir unterhalten. Ruf mich an: 0152 22538508 Freu mich, Jerome :D Mein Herz setzt kurz aus, dann beginnt es, einen Hampelmann nach dem anderen zu machen. Es zappelt in meiner Brust herum, als ob es sich selbstständig machen wollte. Schnell schnappe ich mir einen Stift, drehe den Zettel um und schreibe meine Antwort: Alles klar, mach ich. Ich ruf dich nach der Schule an, okay? Bis dann, Daniel „Und?“, fragt Jamil, sobald er den Zettel auf den Weg zurück geschickt hat. „Was wollte er?“ Ich muss strahlen wie ein Honigkuchenpferd, denn mein bester Freund beginnt wohlwollend zu lächeln, noch bevor ich ihm von dem Inhalt der Nachricht erzählt habe. „Er will sich mit mir treffen. Ein zweites Training! Jamil, das ist sowas wie ein Date!“ Zu meinem Glück schaffe ich es sogar, relativ leise zu bleiben, ansonsten hätte ich mich wohl ziemlich zum Affen gemacht. „Glückwunsch, Kleiner! Und pass ja auf, dass du mir nicht zum blauäugen Liebestrottel.“ Schnell wuschelt er mir einmal durchs Haar, dann guckt er wieder nach vorn. _____________________________ Hallo, ihr Lieben!! Ich hoffe, ihr hattet Spaß an diesem Kapitel und hinterlasst mir ein paar klene Sätzchen. Es würde mich natürlich sehr interessieren, was ihr für gut haltet und wo ihr noch Verbesserungsbedarf seht. Übrigens will ich mich jetzt mal eineln bei jedem bedanken, der die Geschichte favorisiert hat und gegebenenfalls auch einen Kommentar hinterlassen hat. Bisher hab ich mich ja nur "oberflächlich" bedankt. Also, gaaaanz liebes Dankeschön an: - -Black-Pearl - -Karma- - Alix - Azalee - ChocolateDream - eden-los - Jeschi - Kaito- - Regenwurm - Salix - Shunya - twain - Twilight_of_Darkness - xXMomokoXx und PsychoCulture Und ein noch viel größeres extra Dankeschön an Salix, da sie mir so viele Infos zukommen lässt, was Seiltanzen und Zirkus angeht!! Lieben Gruß, lady Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)