It's not so easily. von PartyPoison ================================================================================ Kapitel 1: It's not so easily. ------------------------------ Mit einer routinierten Handbewegung zog er den Schlüsselbund aus seiner rechten Jackentasche und sperrte die Tür auf, durch welche er in das kleine Treppenhaus gelangte. Es war schmal, fast schon zu schmal und grau, kühl, unpersönlich. Wollte man möglichst preiswert, möglichst nah an der Stadt wohnen, durfte man keine hohen Ansprüche stellen. Zumindest war es nicht so versifft, wie etliche andere Häuser in dieser Wohngegend. Es war in Ordnung, für ihren Zweck reichte es vollkommen aus. Müde schleppte Thomas sich die Treppenstufen hinauf. Er hatte einen langen Arbeitstag hinter sich und sehnte sich nur noch nach der durchgesessenen Couch im Wohnzimmer und einer Pizza aus der Tiefkühltruhe; aufgewärmt, versteht sich. Noch während er in Gedanken sein reichlich verdientes Abendessen aus dem Ofen holte, kam plötzlich jemand laut polternd die Treppen hinuntergestürmt. Rücksichtslos drängte sich ein junger Mann an ihm vorbei und rempelte den Schwarzhaarigen dabei so heftig an, dass dieser ins Straucheln geriet. "HEY! Pass doch auf!", rief er ihm verärgert hinterher, doch der andere beachtete ihn kein Stück, sodass irgendwann lediglich das Geräusch einer ins Schloss fallenden Tür zu hören war. Tom seufzte bloß und schüttelte den Kopf, ehe er seinen Weg fortsetzte und schließlich die gewünschte Wohnungstür erreichte. Zu seiner Verwunderung stand diese sperrangelweit offen. "Was zum...? MATT?!" Irritiert schloss der Fotograf die Tür und blickte sich anschließend suchend nach seinem Mitbewohner um. Seit knapp zwei Jahren teilte er sich nun schon mit seinem besten Freund, einem Musikstudenten, die Wohnung. Sie verstanden sich prima, alles funktionierte reibungslos, zumindest was ihr Zusammenleben anging. Der Rest...naja. Was Matthews Studium betraf, verlief alles optimal, es macht ihm Spaß, er war ein guter Schüler und äußerst talentiert. Allerdings machten ihm die Studiengebühren zu schaffen, die er mit seinem Halbtagsjob kaum abbezahlen konnte, womit es ihm ebenso unmöglich war, etwas zur Miete dazuzusteuern. Das schlechte Gewissen, welches ihn deshalb plagte, konnte ihm Thomas stets nur durch langwierige Diskussionen herausreden; das hieß, er versuchte es wenigstens, denn klappen tat es in den seltensten Fällen. Der Schwarzhaarige hingegen war als freischaffender Fotograf tätig. Er ließ sich für Veranstaltungen buchen, öffentliche wie private und erstellte, auf Anfrage hin, Bilder von Menschen, Gegenständen... je nachdem. Wie Matt liebte er seine Tätigkeit über alles, doch hatte auch diese ihren Haken. Bekam er keine Aufträge, blieb das Geld aus. Der heutige war der erste nach fast zweieinhalb Monaten gewesen; ein Eimer Wasser für ein brennendes Zweifamilienhaus. Mit der Miete waren sie bereits ein gutes viertel Jahr im Rückstand und hatten dafür bereits etliche Mahnungen kassiert; obendrein stand Toms Auto in der Werkstatt, die Bremsleitungen mussten gerichtet, die Reperatur somit gezahlt werden. Es war zum Verzweifeln. In der Küche angekommen entdeckte er schließlich seinen jüngeren Kameraden. Der Blauhaarige stand mit dem Rücken gegen die Arbeitsfläche gelehnt, das Gesicht in den Händen vergraben und rührte sich nicht. Erst als Tom ihn ansprach, blickte er auf. Er hatte geweint, das konnte man deutlich an den roten Rändern unter seinen Augen erkennen. "Matt?", wiederholte der Größere besorgt. "Alles in Ordnung...?" Matthew senkte den Blick. „Setz dich.“, meinte er vollkommen emotionslos. Als keine weitere Erklärung folgte, tat Tom wie ihm geheißen und ließ sich, wenn auch skeptisch, auf einen der Stühle sinken. Der Student nahm etwas von der Ablage und legte es vor dem anderen auf den Tisch. "Lies." Zögerlich griff Tom nach dem Papier, ein Brief wie es aussah, faltete es auseinander und stockte. "RÄUMUNGSBESCHEID?!" Ungläubig sah er zu seinem Mitbewohner rüber. Dieser nickte nur stumm. "Aber wir- Wieso?! Das ist doch-" Wütend klatschte er den Brief auf die Tischplatte. "Das kann er nicht machen! Er kann uns doch nicht einfach vor die Tür setzen!" Stöhnend ließ er sich zurücksinken, fuhr sich über das Gesicht und atmete tief durch. "Pass auf... ich rufe ihn morgen an und werde um Aufschub bitten... Vielleicht lässt er uns bleiben, wenn wir ihm wenigstens...die Hälfte zahlen. Wenn du dein Geld bekommst, dann-" „Kein Geld.“, murmelte der Blauhaarige. “Es wird kein Geld mehr geben, Tom. Mein Chef hat mir gestern gekündigt.“ „Was?!...wieso hat er- und wieso hast du nichts gesagt? Ich meine...“ Matthew schüttelte den Kopf und lächelte verbittert. „Ich dachte ich kriege das irgendwie auf die Reihe. Ich dachte, ich würde das Geld zusammenbekommen, dann wäre das Problem gelöst...fürs erste.“ Daran war er ja nun ganz offiziell gescheitert. „Wie hast du dir das vorgestellt, ohne Job?“ Verständnislos mustere der Schwarzhaarige seinen Mitbewohner, ehe es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. Oh mein Gott. „Der Typ...Matt, bitte sag nicht, du hast-“ „NEIN! Spinnst du?!“ Entsetzt sah Matthew ihn an. „Ich habe nicht mit ihm- Das- das ist...“ Wiederlich. Einfach wiederlich. Dass Tom soetwas von ihm dachte... „Traust du mir das wirklich zu?“ Der Fotograf schüttelte den Kopf und seufzte. „Ich habe mir nur Sorgen gemacht, okay? Wer war das überhaupt? Und wieso hast du da...so....“ Er gestikulierte mit den Händen in der Luft herum und deutete dann auf seinen Hals. Die helle Haut des Studenten zierte, nein, verunstaltete ein großer, dunkelroter Fleck, dessen Ursprung mehr als nur eindeutig war. Verlegen zog Matthew den Kragen seines Pullover ein Stück höher, schaffte es jedoch nicht das Mal durch den Stoff zu verdecken. „Das war ein Studienkollege.“, begann er leise zu erklären. Es war ihm sichtlich unangenehm, darüber zu sprechen. „Er ist im selben Semester wie ich. Heute mittag hat er mich gefragt, ob ich ihm bei seinem Projekt helfen könnte, meinte sogar er würde dafür bezahlen und naja....ich dachte, da wir jeden Cent brauchen...Ich habe ihm zugesagt. Vor ein paar Stunden stand er dann vor der Tür, wir haben gearbeitet...“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf die zahlreichen Notenblätter, die über den Tisch verstreut lagen. „Und...irgendwann..hat...hat er mich einfach geküsst. Er wollte mir an die Wäsche, also habe ich ihn rausgeschmissen.“ „Oh.“ „Ja, oh.“ Der Blauhaarige ging zum Tisch hinüber und setzte sich lautlos. Thomas starrte schweigend auf den Brief. Eine Weile lang war lediglich das leise Ticken der Wanduhr zu hören. Matt schluckte. „Sag was...“, flüsterte er mit brüchiger Stimme und sah sein Gegenüber abwartend an. „Was denn?“, erwiderte dieser ruhig. „Irgendwas.“ „Hm.“ „Tom...“ „Keine Ahnung, ich hab Hunger.“ „Du hast Hunger?! Klasse! Schön zu wissen!“ Aufgebracht gestikulierte Matt mit dem Armen. „Ich habe auch Hunger, aber weißt du was? Ich habe gerade ANDERE Probleme!“ „Hm.“ „Hör auf damit!“ „Mit was?“ „MIT WAS???!!! VERDAMMT, TOM!!! Wir stehen übermorgen auf der Straße! Dir ist das echt alles egal, oder?! Toll! Du hast deinen verdammten Job ja auch noch! Du musst keine scheiß Studiengebühren zahlen und kannst-“ „MATT! HALT DIE KLAPPE!“ Der Jüngere zuckte überrascht zusammen und senkte beschämt den Blick auf seine Hände. Tom schrie ihn normalerweise nicht an. Tom schrie nie... Matthew biss sich auf die Unterlippe und kämpfte gegen die erneut aufsteigenden Tränen an. Dem Älteren entging dies natürlich nicht. Leise seufzend stand er auf und ließ sich vor seinem Mitbewohner in die Hocke sinken, legte eine Hand auf die Matts. „Hey...beruhig dich...Mir ist das ganz und gar nicht egal. Denk nicht mal dran, dass ich dich im Stich lassen würde. Matt, wir sind doch Freunde. Wir schaffen das, okay? Gemeinsam.“ Sacht drückte er die schmale Hand des anderen. Dieser nickte schwach und sah schließlich, nach kurzem Zögern, auf. Eine Träne rann seine Wange hinab, was Thomas mitleidig schmunzeln ließ. „Nun hör schon auf...“, flüsterte er und wischte dem Kleineren sanft die nassglänzende Spur aus dem Gesicht. „Wir ziehen hier einfach aus. So übel ist das vielleicht gar nicht. Ich sehe zu, dass ich Arbeit bekomme, du suchst einen neuen Job und dann wird alles wieder gut. Keine Sorge.“ Vorsichtig zog er Matthew in seine Arme und drückte ihn in tröstender Geste an sich. „Beruhig dich, ich koche uns Tee.“, meinte er schließlich, ließ von dem Blauhaarigen ab und erhob sich. Er wandte sich der Küchenzeile zu, räumte dort zwei Tassen aus dem Schrank und setzte Wasser auf. Nachdem der Tee aufgegossen war, reichte er eines der Porzellangefäße an Matt weiter, bevor er wieder diesem gegenüber Platz nahm. Erneut herrschte Stille zwischen ihnen, doch die Spannung war reiner Erschöpfung gewichen. „Ich habe heute Mittag einen Bekannten getroffen.“, fing Thomas irgendwann ruhig an. “Und...naja, er sucht zur Zeit ein oder zwei Mitbewohner. Ich werde ihn morgen mal anrufen...vielleicht haben wir ja Glück.“ Matthew trank vorsichtig einen Schluck von der dampfenden Flüssigkeit und seufzte. „Wie heißt dein Bekannter?“, fragte er leise, den Blick auf die vielen verstreuten Notenblätter vor sich gerichtet. Tom spielte gedankenverloren am Schild des Teebeutels herum, während er antwortete. „Dominic. Dominic Howard.“ - the End ? - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)