Zeitlos -♠- von TommyGunArts (100 Storys -1-) ================================================================================ Kapitel 40: Ausgeweidet -> Krimi-Aktion --------------------------------------- Als Detective Eli Peers am Tatort eintraf, hatten seine Kollegen ganze Arbeit damit geleistet, jegliche Spuren zu verwischen. Sie waren einfach kopflos drauf losgerannt, waren mit ihren dreckigen Straßenschuhen über das Laminat gesprintet, in Eile und Panik, und hatten somit der Spurensicherung einen freien Tag verschafft, denn diese hatte nun nichts mehr zu sichern. Hier und da hatte sich jemand übergeben müssen, weshalb es nicht nur unerträglich nach Blut, sondern auch nach Erbrochenem stank. Aber weil dies noch nicht schlimm und dumm genug gewesen wäre, hatte einer der Neuen plötzlich das Gefühl gehabt, die von oben bis unten aufgeschlitzte Frau, deren Gedärme sich im ganzen Raum verteilten, könnte noch am Leben sein, war zu ihr gehechtet und hatte sie sowohl angepackt, als auch hin und her bewegt. Nun fragte sich Eli, was er hier noch tun sollte, schließlich hatte er keine brauchbaren Hinweise mehr. »Leute!«, hatte er beinah geschrieen, als er das Elend gesehen hatte. »Wie stellt ihr euch das vor? Sollen wir jetzt raten, was geschehen ist? Wild spekulieren? Wir haben nichts mehr, außer einer verstümmelten Leiche, an der jetzt deine DNA klebt, Jonny!« Der kleine Jonny zuckte zusammen. Er war noch in der Ausbildung, hätte aber genug Verstand besitzen müssen, um zu wissen, dass man eine Leiche nicht bewegt, und dass eine Frau, deren Organe überall verstreut sind, für gewöhnlich nicht mehr leben kann. Eli atmete tief durch und begann dann in ruhigem Ton: »Gut, damit müssen wir nun irgendwie zurechtkommen. Fangen wir mit der Frage an, die wir vielleicht sogar klären können: Wie ist sie gestorben?« Sein Team sah ihn erst verwundert an, blickte zur Leiche, dann zu den Gedärmen. Schließlich ergriff einer von ihnen – der erfahrene Tom - das Wort: »Die Schnittwunden deuten darauf hin, dass sie mit einem sehr scharfen Messer – mein Gott, vielleicht sogar mit einem Schwert – aufgeschlitzt wurde. Die Schnitte sind tief und fein, deshalb denke ich an einen schwertähnlichen Gegenstand. Wären die Wunden ausgefranst, müsste der Gegenstand stumpf sein, aber die Schnitte sind absolut sauber, beinah skalpellartig.« Eli nickte. Das war schon einmal ein Anfang. »Aber die Tatwaffe habt ihr noch nicht entdeckt?« »Nein, Boss. Zur Zeit klappern wir noch die Mülltonnen der Umgebung ab«, warf der schwitzende Jonny stotternd ein. Wieder nickte Eli. Dann machte er ein paar vorsichtige Schritte um die Leiche herum. »Wissen wir schon, wer die Gute ist?«, fragte er beiläufig, während er die Schnittstellen inspizierte. Sie waren tatsächlich absolut sauber, was untypisch für einen Mord aus Affekt war. Es musste sich also um einen geplanten Mord handeln. Einen Mord aufgrund von jahrelangem Hass vielleicht. »Ja, ihr Name ist Jennifer O´Neil, sie ist 25 Jahre und dies ist ihre Wohnung. Sie lebt allein, hat keine Verwandten und arbeitet…«, Tom stoppte kurz und blätterte eine Seite seines Notizblocks weiter, »im Städtischen Krankenhaus als Assistenzärztin. Die Nachbarn haben beobachtet, wie sie öfter mit einem Mann von der Arbeit nach Hause kam. Bei diesem handelt es sich scheinbar um den Chefarzt der Chirurgischen Abteilung. Die Nachbarn haben auch bemerkt, dass es in letzter Zeit öfter zu Spannungen zwischen den beiden gekommen ist.« Und da hatten sie den ersten Verdächtigen. Das Skalpell konnte er von der Arbeit problemlos mitgenommen haben und ein Motiv hatte er auch. Hach, Liebe war doch immer ein Motiv! »Wurde der Verdächtige schon festgenommen?« »Ja, Boss. Zurzeit sitzt er in Untersuchungshaft. Aber er weinte und beteuerte er sei es nicht gewesen, als wir ihn mitnahmen«, meldete sich nun der großgewachsene Simon zu Wort, der bislang geschwiegen hatte. »Natürlich heult er! Das lenkt den Verdacht doch von ihm – meint er jedenfalls!«, widersprach Tom und machte ebenfalls ein paar Schritte um den Leichnam. »Richtig. Alles deutet auf ihn hin«, pflichtete auch Jonny stotternd bei. Der Anblick der Leiche schien ihn wahrhaftig mitzunehmen. Er schwitzte permanent und wusste auch nicht recht, wohin mit seinen Händen. Mal hatte er sie in der Hosentasche, dann vor der Brust verschränkt. »Wir sind nicht hier, um Verdächtige schuldig zu sprechen! Außerdem bleibt ja noch immer die Möglichkeit, dass er es gar nicht war, ihr Schlauberger! Was ist, wenn…« Eli brach mitten im Satz ab. Etwas hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Bislang hatte er angenommen die Gedärme seien aufgrund der Schnitte herausgefallen. Doch die Verteilung ebendieser sagte ihm, dass sie vielmehr herausgezogen worden waren. »Sie ist ausgeweidet worden«, stellte er erschrocken fest und rieb sich die Stirn. »Vermutlich war sie schon tot, als man ihr die Gedärme aus dem Leib zog. Zumindest muss sie betäubt gewesen sein. Simon, lass einen von diesen DNA-Spinnern kommen. Der soll einen Toxikologischen Test machen und ein paar Proben wegen fremder DNA und so weiter mitnehmen. Dann bitte ich um eine Gelelektrophorese usw. Das volle Programm halt! Ach, der weiß schon, was er zu tun hat! Jonny und Dan, ihr beiden geht von dem Chirurgen eine DNA-Probe einholen und bringt die dann zu dem Fritzen, der hier gleich antanzen wird, wenn Simon den denn mal anruft. Worauf wartet ihr noch?«, fauchte Eli und die drei zogen ab. »Und dich würde ich bitten die Telefonate der Frau zu checken. Prüf die Nummern, die Nachrichten, lass ihren PC überprüfen, frag die Nachbarn nach Besuch. Und ich will jeden, der Verdächtig erscheint und ein Motiv hat auf dem Revier sehen! Bring mir was brauchbares, Kumpel.« Tom nickte, klopfte Eli auf die Schulter und verließ den Raum. Eli machte sich daran, die Wohnung zu durchsuchen, fand jedoch nichts außer jeder Menge Schlaftabletten und eine Hand voll Valium. Wenn der nette Chirurg sie schon nicht ermordet hatte, dann hatte er sie zumindest mit Pillen versorgt. Was für ein Arschloch!, dachte er. Nutzt ihre Sucht, um sie ins Bett zu kriegen. Darüber konnte er nur den Kopf schütteln. Im Laufe des Tages war der DNA-Spinner eingetroffen und hatte die Proben entnommen. Eli durchsuchte die Leiche, um auch die restlichen nutzlosen Spuren zunichte zu machen, fand aber nichts. Trotzdem hatte er beim Betrachten der verstümmelten Frau das Gefühl, etwas fehlte, doch er wusste nicht was. Als wollten ihre verkrampften Finger ihm etwas sagen, was er nicht verstand. Drei Stunden, nachdem Eli sein Team losgeschickt hatte, rief Tom an. »Ich habe hier einen wütenden Ex-Freund, der ihr schon seit Jahren immer wieder aufgelauert hat. Ein typischer Stalker, der nie verkraftet hat, dass sie ihn abserviert hat.« Tom lachte leise. »Dann wäre da noch eine Krankenschwester, der unser Opfer das Leben anscheinend schwer gemacht hat. Unsere Leiche ist wohl auch nicht so unschuldig. Naja, jedenfalls ist mir zu Ohren gekommen, dass die Krankenschwester schon eine ganze Weile auf Rache aus ist und ihr der Tod von Jennifer O´Neil nur Recht wäre. Aber jetzt halt dich fest!« Er machte eine dramatische Pause und leitete seine folgenden Worte mit einem kleinen Trommelwirbel ein. »Sie war auf einer Sexseite angemeldet, so ein SM-Kram. Da hat sie öfter mit jemandem gechattet, der sich >EvilYoung22< nennt. In seinen Nachrichten sagte er, er wolle sie bei lebendigem Leibe aufschlitzen. Sieht nach unserem Mann aus, was?« »Weißt du schon, wer sich hinter dem Namen verbirgt?«, wollte Eli wissen, der sich gerade auf den Weg zum Revier machte. »Nein, ich hab Steve die Aufgabe zugeteilt, weiter nachzuforschen. Ich fahre jetzt aufs Revier. Vielleicht kriegen wir ja aus den Verdächtigen was raus.« »Gut, wir sehen uns gleich.« Eli legte auf und fuhr los. Tom war etwas eher da als Eli und erwartete ihn schon am Haupteingang. »Da bist du ja endlich! Ich dachte schon ich muss die Verdächtigen alleine befragen. Sind ja inzwischen alle da. Vielleicht ist ja auch der gute >EvilYoung22< unter ihnen. Wer weiß?« Eli schwieg einen Moment und sie gingen hinein. »Dieser Fall geht mir auf die Nerven. Ich habe das Gefühl es fehlt etwas.« Tom strich sich über sein kurzgeschorenes Haupt und rückte die schmale Brille zurecht. Dann warf er seinem Freund einen verwunderten Blick zu. »Wie meinst du das?« »Vielleicht haben wir etwas übersehen?« »Vielleicht aber auch nicht. Ich habe alles genau gecheckt. Die Nachbarn haben nur den Stalker gesehen, die Kollegen nur das mit der Krankenschwester. Und Telefonate hatte sie auf ihrem Haustelefon nur zwei geführt und die mit dem Chirurgen. Wie auch immer, ich habe jedenfalls veranlasst, dass die Verdächtigen alle in einen Raum kommen. Dann will ich sie mit der SM-Seite konfrontieren und ihre Reaktionen sehen. Vielleicht bringt uns…« »Moment!«, unterbrach Eli ihn und blieb wie angewurzelt stehen. Jetzt fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. »Was ist mit ihrem Handy? Jede Frau in ihrem Alter hat ein Handy. Und ich wette darauf, dass auch sie eines hat! Der Tox-Test wird mit Sicherheit ergeben, dass sie unter Valium stand, das ich in der Wohnung gefunden habe. Und weil sie zu zugedröhnt war, um sich zu wehren, musste sie sich anderweitig helfen und griff zum Handy.« Deshalb auch die gekrümmten Finger. Nur weil die Leiche bewegt worden war, konnte er nicht mehr erkennen, dass die Hand eigentlich in der Hosentasche gewesen war, um das Mobiltelefon herauszuangeln. »Das bedeutet, dass der Mörder das Handy vom Tatort entfernt hat… Ich werde die Nummer herausfinden, dann können wir es hoffentlich orten«, meinte Tom und machte sich an die Arbeit. Finde das Handy und du findest den Mörder, dachte Eli, während er in Richtung Cafeteria ging. Die Verdächtigen sollten ruhig noch ein wenig ausharren, sich vielleicht sogar gegenseitig zur Wahrheit drängen, aber er brauchte jetzt erst einmal einen schwarzen Kaffee und eine kleine Auszeit. Den Kaffee bekam er, die Auszeit nicht, denn seine Gedanken ließen ihm keine Ruhe. Er ging noch einmal die Verdächtigen durch: Der Chirurg, der die süchtige Jennifer O´Neil höchstwahrscheinlich mit Pillen versorgt und im Gegenzug das Ausleben seiner (kranken) Fantasien verlangt hatte; der Stalker, der es nicht ertragen konnte, den Chirurgen bei seiner Geliebten zu sehen und nicht sich selbst; Die Krankenschwester, die immerzu gemobbt wurde und zu guter Letzt der geheimnisvolle >EvilYoung22<, der eine ganz eigene Person sein konnte, oder einer von den bereits genannten. Doch noch bevor Eli sich den Kopf darüber zerbrechen konnte, tauchte Tom in der Cafeteria auf. Verdutzt stand Eli auf. »Du bist schon fertig?« »Jap! Ich habe die Nummer. War ganz einfach. Komm mit, wir gehen zu den Verdächtigen.« Eli Peers trank den letzten Schluck Kaffee und machte sich dann auf den Weg. »Ich befrage, du guckst dir die Reaktionen an?« Tom nickte, kramte nach seinem Handy und tippte die Nummer von einem Zettel ein, den er in Händen hielt. Eli wusste, dass dies die Nummer des gesuchten Handys war. Und er wusste auch, dass das Mobiltelefon für die Ortung eingeschaltet sein musste, was Tom gerade testete. Inzwischen hatten sie den Verhörraum erreicht, in dem sich die Verdächtigen befanden. Dan und Jonny hatten sich ebenfalls in dem Raum eingefunden und nahmen gerade DNA-Proben. Tom hielt sich das Telefon ans Ohr und bedeutete Eli mit einem Nicken, er könne schon eintreten. Als er hineinkam trafen ihn verwirrte, wütende und verängstigte Blicke. Doch alle schwiegen sie, wartend auf das, was Eli zu sagen hatte. »Guten Tag. Mein Name ist Detective Peers und ich trage die Ermittlungen in dem Fall O´Neil. Meine Kollegen haben Sie sicher schon informiert, warum Sie hier sind. Ich bitte Sie um Ihr Verständnis, aber wir müssen Sie vorerst in Gewahrsam nehmen. Des Weiteren sind wir auf neue Erkenntnisse gestoßen. Unter anderem sind wir an…« Er stockte. Er warf Tom einen Blick durch das Spiegelglas zu. Und ohne sein Gesicht zu sehen, wusste er, dass dieser erschrocken und mit offenem Mund dastand, denn das hatten sie beide nicht erwartet. Leise, aber gut Hörbar ertönte das Klingeln eines Handys. Eines Handys, das allen bei der Aufnahme auf dem Revier hätte abgenommen werden müssen. Jetzt wussten sie, wer der Mörder war. __________________________________________________________________ Und allmählich begann das alles auch einen Sinn zu ergeben. Die ersten, die am Tatort waren, waren die Mitglieder seines Teams gewesen, die es geschafft hatten, die größten Spuren unbrauchbar zu machen. Und einer seines Teams, der junge Jonny, hatte geglaubt die Tote würde noch leben. Eli hatte es auf seine Unerfahrenheit geschoben, doch in Wahrheit gehörte dies zu Jonnys Plan. Er hatte in seiner Eile die Frau zu töten und dem Wahn vergessen, dass er das Handy am Tatort gelassen hatte. Er hatte es ihr zwar entrissen, dann aber am Boden liegen gelassen. Wahrschein waren darauf noch Nachrichten gespeichert, die ihn enttarnt hätten, wäre das Handy in die Hände der Polizei geraten. Deshalb machte er einen kleinen Aufstand und steckte unbemerkt das Handy in die Tasche, aus der es nun anfing zu Klingeln. Wegen des Valiums konnte sie kaum reagieren und hatte deshalb auch später noch die Hand in der Tasche gehabt, bis Jonny schließlich ihre Leiche bewegt hatte. Jonny, der noch gar nicht wusste, wie ihm geschah, wurde verhaftet. Es dauerte nicht lange, da gestand er den Mord. Er berichtete davon, dass er eigentlich auf der Suche nach einem sexuellen Abenteuer war, nur, dass das Sexuelle ihn später nicht mehr interessierte, da die Gewaltfantasien ihn viel mehr befriedigten. Und als die Fantasien ihm nicht mehr genügten brach er bei Jennifer O´Neil ein, deren Adresse er über die Polizei ermitteln konnte. Er wusste anfangs nicht recht, was er mit ihr tun wollte, doch als er sie high auf dem Boden liegen sah, war ihm klar, dass er sie töten würde. Das Skalpell, das er auf dem Nachttisch in einem kleinen Koffer fand, der dem Chirurgen gehörte, diente ihm dabei als Mordwaffe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)