Entlieben für Anfänger von Bibbsch (Jensen/Jared) ================================================================================ Kapitel 2: Teil 2 ----------------- Zuerst ging auch alles gut und ganz nach Jareds Plan. Jensen gewöhnte sich an die neuen Regelungen, Jared gewöhnte sich an den neuen Jensen und jedes Flattern im Bauch und jedes Aussetzen seiner Gedanken schob Jared auf die Nachwirkungen des Jensen, in den er sich verliebt hatte. Und Jared war sich sicher, wenn er nur noch ein bisschen Geduld hatte, dann würden auch diese Nachwirkungen bald verschwunden sein. Es funktionierte sogar wirklich wunderbar. Die Genauigkeit, mit der sich Jensen an die Regeln hielt, machte Jared deutlich, wie viel er Jensen bedeutete, und wie wichtig es Jensen war, dass es seinem besten Freund bald wieder besser ging. Und der Gedanke, wie sehr sich Jensen um ihn bemühte, zauberte Jared ein warmes Gefühl in sein Inneres. Ja, Jared hatte wahrhaftig das Gefühl, dass sein Plan aufging, und er war durchaus zufrieden damit. Er hatte das Gefühl, wenn Jensen sich so genau an das hielt, was sie ausgemacht hatten, dann konnte gar nichts schief gehen. Und Jensen hielt sich sogar so genau an die Abmachungen, dass er nicht nur nicht mehr über Jareds Witze lachte, Körperkontakt vermied und keinen Blickkontakt mehr aufbaute, nein, er war sogar regelrecht mürrisch und schlecht gelaunt in Jareds Gegenwart. Und Jared freute sich darüber, weil das einerseits bedeutete, dass Jensens Gesichtszüge sich auf eine so interessante Art und Weise anspannten, dass Jared sie am liebsten stundenlang studiert hätte – natürlich nur aus Forschungszwecken – und andererseits, dass seine eigene Genesung schneller voranschreiten konnte. Wirklich, es lief gut. Jared versicherte sich das selbst gern immer wieder, denn wenn man etwas oft genug wiederholte, dann wurde es ja bekanntermaßen irgendwann wahr. Es lief zumindest gut bis zu diesem einen Abend. Das Telefon klingelte und sofort warf Jared einen Blick auf die Uhr. Es war 22.14 Uhr, was bedeutete, dass es nicht Jensen sein konnte, der anrief – Regel 16 besagte, dass sie nach 22 Uhr nicht mehr miteinander telefonieren durften – und so nahm Jared ganz unbedarft den Hörer ab. Es war Misha. „Hey Jared! Jensen hat Jim, Mark und mich zu sich eingeladen, du weißt schon, auf der Terrasse sitzen, Bier trinken, schlechte Witze reißen und so. Und wir haben uns gefragt, wo du bei diesem Anlass bleibst!“ Jared dachte für einen Moment nach. Die Abende mit Jensen, Jim und Misha, und seit neuestem auch mit Mark, waren immer sehr amüsant gewesen. Da noch andere Personen anwesend waren, bestand auch keine Gefahr, Regel 4 – niemals zu zweit alleine in einem Raum sein – zu verletzen. Und auch die anderen Regeln aus Jareds Regelwerk schienen nicht in Gefahr zu sein. Es würde seinem Heilungsprozess sicher nicht abträglich sein, wenn er also zusagte. „Gut, ich bin dabei!“, antwortete er schließlich. „Du beeilst dich besser, herzukommen, Mark hat diese unglaublich tollen Schokoladenkekse mitgebracht, du weißt schon, die mit der Milchcremefüllung, und wenn du nicht schnell genug da bist, dann sind die leer!“ Das war tatsächlich ein Argument, sich zu beeilen, denn diese Kekse waren wirklich unglaublich lecker, und in Anbetracht der Tatsache, dass Jensen sie ebenfalls unglaublich lecker fand, konnte Jared sich gut vorstellen, dass sie alle weg waren, bevor er bei Jensen ankam. Jared stand vor Jensens Haustür und klingelte. Er hatte sich wirklich sehr beeilt, und sein einziger Gedanke war, unbedingt noch einen von diesen Keksen abzubekommen – doch als sich die Haustüre öffnete, traf Jared der Schlag: Jensen verstieß im Augenblick gegen drei verschiedene Regeln! 10.) Nicht mehr diese engen, dunklen Jeans tragen. 12.) Nichts mehr essen, das Schokoladenspuren um die Lippen hinterlässt. Und zu guter letzt: 9.) Jared nicht länger als fünf Sekunden intensiv anschauen. Letzteres war verbunden mit einem äußerst überraschten Ausdruck auf Jensens Gesicht, weshalb es vielleicht nur halb angerechnet werden durfte, trotzdem war es ein Regelverstoß. Jared konnte nicht fassen, dass Jensen nach all den Tagen, in denen er erfolgreich jede Regel eingehalten hatte, ausgerechnet jetzt gegen gleich drei von ihnen verstieß! „Jensen!“ Jareds Stimme war ganz hysterisch vor Enttäuschung und Wut. „Du darfst doch nicht mehr diese Jeans hier tragen! Schon gar nicht zu diesem weißen, verdammt engen Shirt! Und diese Kekse – du hast einen verfluchten Schokoladenrand um deine Lippen! Und –“ „Moooooment mal!“ Jensen schien seine überraschte Starre überwunden zu haben und war seinerseits selbst nicht schlecht wütend. „Ich wusste gar nicht, dass du herkommst! Und wenn ich nicht damit rechne, dich zu treffen, dann kann ich doch anziehen und essen, was ich will! Was machst du überhaupt hier?“ „Wenn du’s genau wissen willst: Misha hat gesagt, ich soll herkommen. Aber wenn du nicht willst, dass ich hier bin, dann kann ich ja auch wieder gehen!“ „Pah! Wieso sollte ich denn nicht wollen, dass du hier bist? Ich mache mir nur Sorgen, dass du eine von deinen blöden Regelungen brichst!“ „Ach, jetzt sind sie auf einmal blöd?! Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, dass –“ „Jensen? Ist das Jared oder die bestellte Pizza?“, hörte man auf einmal Mishas Stimme von der Terrasse her. „Es ist Jared!“, rief Jensen und stieß danach ein zorniges Schnauben aus. Seine Gesichtszüge spannten sich dabei genau so an, wie Jared es faszinierend fand und er merkte, dass er soeben vergessen hatte, was er sagen wollte. Von der Terrasse hörte man erneut Mishas Stimme: „Dann sag ihm, dass er schnell kommen soll! Wir haben nur noch drei Kekse!“ Jensens und Jareds Diskussion war somit vorläufig unterbrochen worden und die beiden gesellten sich zu den anderen auf die Terrasse (wobei sie natürlich gegen Regelung 4 verstießen, weil sie zu zweit und ohne Anwesenheit von anderen Personen durch mehrere Räume von Jensens Haus laufen mussten, um auf die Terrasse zu gelangen), wo Jared tatsächlich gerade noch so den letzten Keks abbekam. Und mal abgesehen davon, dass Jared Mühe hatte, sich auf die Gespräche, die sie führten, zu konzentrieren und dass er sich gelegentlich ermahnen musste, nicht immer fasziniert auf Jensens Fingerknöchel zu starren, die sich weiß abhoben, weil Jensen sich zu fest an seiner Bierflasche klammerte, war alles genau so, wie es nun einmal an solchen Abenden lief. Im Allgemeinen war die Stimmung also gelöst, Mark erzählte Anekdoten aus seinem Leben, Misha machte sich über Mark lustig, Jim begann nach seinem dritten Bier zu lallen, und nach seinem vierten zog er sich zurück auf Jensens Hollywoodschaukel, wo man einige Minuten später sein Schnarchen hören konnte, Jensen gab den perfekten Gastgeber, versorgte alle mit Bier, Chips, Tellern für die Pizza, die sie bestellt hatten, und räumte alles zu gegebener Zeit wieder auf, wenn ihm der Gartentisch zu voll wurde, und Jared verbrachte die eine Hälfte der Zeit damit, Jensen zu beobachten, und die andere Hälfte, mit Witzen, Sprüchen und Geschichten die anderen zu erheitern. Alles also wie immer. Irgendwann entschied Mark, dass Jims Schnarchen die Geräuschkulisse zu sehr dominierte und entschloss sich deshalb, Jim nach Hause zu fahren und danach selbst in sein trautes Heim zurückzukehren. Jared hatte sich beim Herkommen zurechtgelegt, dass er natürlich gehen musste, bevor er mit Jensen alleine wäre, also wartete er ab, bis Misha und Jensen das dreckige Geschirr in die Küche brachten und machte sich dann in aller Stille auf den Weg zur Haustür, von wo aus er „Ich gehe dann jetzt!“ rufen wollte, um nicht ganz ohne Verabschiedung gegangen zu sein. Aber Misha kam ihm zuvor. Schon als Jared durch die Terrassentür trat, hörte er, wie Misha rief: „Tschüss, ihr beiden!“ Dann fiel die Haustür zu. In diesem Moment wurde Jared alles klar: Misha musste irgendwie von den Regelungen und von Jareds Gefühlen erfahren haben, deswegen hatte er Jared hierher gelockt und machte sich jetzt aus dem Staub! Es war alles eine riesige Verschwörung! Und obwohl Jared auf Anhieb kein triftiger Grund einfiel, wie Misha von der Sache erfahren haben könnte und warum er jetzt so etwas Grausames und Herzloses tun sollte wie Jared seinen Gefühlen und Jensen zu überlassen, war ihm klar, dass Misha ein Verräter war. Misha arbeitete gegen ihn, jawohl! Die Ausweglosigkeit seiner Situation ließ Jared bewegungslos im Türrahmen der Terrassentür verharren und er dachte krampfhaft darüber nach, was er nun tun konnte. Noch bevor er zu irgendeinem Entschluss kam, betrat Jensen das Wohnzimmer, in das die Terrassentür führte und vor Schreck machte Jared einen Schritt zurück. Sonst hätten sie sich ja zu zweit alleine in einem Raum befunden, und das ausgerechnet jetzt, wo Jensen diese verdammt engen Jeans trug und dieses weiße T-Shirt, das – Moment mal. Direkt auf der Höhe von Jensens Bauchnabel befand sich ein etwa faustgroßer, nasser Fleck, der vermutlich vom Spülwasser stammte. Gebannt stellte Jared fest, dass das T-Shirt an dieser Stelle an Jensens Bauch festklebte und dass der Stoff auf magische Weise plötzlich sehr durchsichtig geworden war. Und Jared wollte seinen Blick davon abwenden, er wollte wirklich – aber es ging nicht. „Uhm... Jensen...? Würde es dir was ausmachen – ? Dein weißes Shirt ist nass, das verstößt gegen Regel 7...“ Jensen sah Jared an, dann sah er an sich herunter. Jared hatte große Schwierigkeiten, diesen Blick zu deuten, weil seine eigenen Augen immer noch auf das durchsichtige Stück Stoff fixiert waren. Doch dann wurde dieser Anblick gestört, weil – und Jared schnappte hektisch nach Luft, weil er nicht fassen konnte, was um Himmels willen Jensen da tat! – Jensen sein Shirt einfach auszog und es achtlos zu Boden fallen ließ. Jared war überwältigt von diesem Anblick. Jensens Oberkörper war der perfekteste, den er kannte, und jedes Mal, wenn Jared ihn sah, fand er ihn perfekter – falls das überhaupt möglich war. Jared hatte große Mühe, „Jensen – Regel 3!“ herauszupressen, denn eigentlich bekam er keine Luft mehr, oder er hatte zumindest vergessen, wie man atmete. Außerdem zitterten seine Knie und sein Puls stieg in ungeahnte Höhen. Aber wie es aussah, dachte Jensen nicht im Traum daran, auch nur noch eine einzige Regel zu befolgen. Mit schnellen Schritten durchquerte er das Wohnzimmer und blieb direkt vor Jared stehen. „Jay“, raunte er leise und blickte Jared ohne auch nur zu blinzeln in die Augen. Garantiert länger als fünf Sekunden. Viel länger. Und Jared wäre gern einen Schritt zurückgetreten, oder zwei, oder viele, ja, am liebsten wäre er weggerannt, aber seine Beine zitterten inzwischen so heftig, dass er es nicht wagte, sich auch nur einen Zentimeter von der Stelle zu bewegen. „Wenn du mir sagst, ins Gesicht sagst, dass deine bescheuerten Regeln auch nur ein bisschen funktionieren, dann halte ich mich dran, so lange, wie du willst. Wenn aber nicht...“ Diese Option ließ Jensen offen, aber Jared wagte es gar nicht, sich vorzustellen, was dann wohl passieren würde. Jetzt schon litt er Höllenqualen, und er wusste nur, dass er wesentlich weniger gezittert hatte und wesentlich mehr Luft bekommen hatte, als Jensen seine Regeln befolgt hatte. Es galt jetzt also: Alles oder Nichts. Leben oder Ersticken. Und Jared entschied sich für Leben. „Meine Regeln funktionieren“, brachte er mit letztem Atem hervor. „Das heißt also...“, folgerte Jensen, „dass du nicht mehr in mich verliebt bist?“ Jared hätte diese Frage gerne bejaht, aber dafür hatte er nun wirklich keinen Atem mehr übrig. Ein paar Sekunden herrschte Schweigen, sie starrten einander nur an. Dann drehte Jensen sich abrupt um, klaubte sein Shirt vom Boden und zog es sich wieder an. Jared war froh darum, denn so bekam er endlich wieder Luft. „Du bist ein Dummkopf, Jared Padalecki.“ Jensen schüttelte den Kopf. „Warum hast du nicht einmal daran gedacht, dass ich deine Gefühle erwidern könnte? Warum hast du mich nicht einmal gefragt? Nun gut, bis vor ein paar Tagen habe ich das selbst nicht gewusst, aber in den letzten Wochen ist mir klar geworden, wie gerne ich über deine Witze lache, und wie gerne ich dich umarme, und wie gerne ich mit dir telefoniere, auch noch nach 22 Uhr. Aber du hättest doch wenigstens fragen müssen, was ich fühle.“ Und plötzlich stand Jensen schon wieder so nah und Jared bekam schon wieder keine Luft. Was fiel diesem verdammten Mistkerl denn ein, so etwas zu sagen, wo doch Regel 11 eindeutig jede Zuneigungsbekundung, die Jared falsch verstehen konnte, verbot?! „Ach, und noch was“, flüsterte Jensen, der inzwischen nur noch Zentimeter von seinem Gesicht entfernt war. „Du hast die Regel vergessen, in der steht, dass ich dich nicht küssen darf...“ Und dann küsste er Jared. Mit diesen herrlich weichen, warmen Lippen. Und jetzt, wo Jared so darüber nachdachte, hatte Jensen recht: Diese Regel gab es tatsächlich nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)